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46. Jahrgang DSB 09/2022

DATENSCHUTZ-
BERATER
Ihr zuverlässiger Partner für Datenschutz und Datensicherheit

Chefredakteur: Dr. Carlo Piltz


Schriftleitung: Prof. Dr. Alexander Golland, Tilman Herbrich, Philipp Quiel, Laurenz Strassemeyer

Editorial
Philipp Quiel
Das Missbrauchsverbot im Kontext von Art. 15 DSGVO Seite 217

Stichwort des Monats


Joerg Heidrich
Disruption des Rechts Seite 218

Datenschutz im Fokus
Dr. Markus Lang
Zeit für ein Datenschutz-Audit? – Notwendigkeit, ­Verantwortlichkeit und Umfang Seite 222
Andreas Schmidt
Einsichtsrecht des Vorgesetzten in Personalakten Seite 227
Philipp Müller-Peltzer
Künstliche Intelligenz und Datenschutzrecht: Ein Blick auf die neue KI-Verordnung Seite 230
Dr. Olaf Koglin und Jessica Preiß
Folgen der Vergabekammer-Entscheidung zu Microsoft 365: Klausel 14 der SCC
und Wege zum Einsatz in der Praxis Seite 234
Dr. Johanna M. Kirschnick und Dominik Hoidn
B2B-Leads rechtskonform benutzen Seite 238

Aktuelles aus den Aufsichtsbehörden


Interview mit Dr. Stefan Brink, Landesbeauftragter für den Datenschutz und
die Informationsfreiheit in ­Baden-Württemberg Seite 242

Rechtsprechung
Pia Schirmer und Laura Braun
Irisches Berufungsgericht zur Zweckänderung bei Videoüberwachungsmaßnahmen Seite 244
Gerhard Deiters
EuGH zu Art. 9 Abs. 1 ­DSGVO: Sind nun „alle“ Daten ­besondere Kategorien
personenbezogener Daten? Seite 247
Heiko Markus Roth
Das „latente Risiko“ eines externen Datenzugriffs als Ausschlusskriterium im
Vergabeverfahren Seite 250
Corinna Bernauer
„Stress und Sorge“ als Schaden – das OLG Köln zum Schmerzensgeldanspruch
aus Art. 82 Abs. 1 ­DSGVO Seite 253

Nachrichten Seite 219


ISSN 0170-7256
Datenschutz im Fokus

Dr. Markus Lang

Zeit für ein Datenschutz-Audit? – Notwendigkeit,


­Verantwortlichkeit und Umfang
Anlässe für ein Datenschutz-Audit kann es viele geben: Datenschutzvorfälle im Unternehmen, Verlautbarungen von
Aufsichtsbehörden, Gerichtsentscheidungen oder der „Geburtstag der ­DSGVO“ im Mai eines jeden Jahres. In der
Praxis besteht jedoch oft Unklarheit darüber, ob es eine allgemeine Pflicht zur Vornahme von Datenschutz-Audits
gibt und wenn ja, wer diese Pflicht zu erfüllen hat und in welchem Umfang solche Audits durchzuführen sind. Diese
Fragen werden im vorliegenden Beitrag beantwortet.

Pflicht oder Kür? Schließlich sind regelmäßige Kontrollen der technischen


„Audit“ in der D ­ SGVO und organisatorischen Maßnahmen als Pflicht des Date-
Die D­ SGVO enthält weder eine Vorschrift mit dem Begriff nimporteurs verankert in den Modulen I bis III der Stan-
„Audit“ noch eine explizite Verpflichtung im Sinne einer dardvertragsklauseln für die Übermittlung personenbezo-
systematischen Untersuchung und Bewertung der Verar- gener Daten in Drittländer, die geeignete Garantien gem.
beitung personenbezogener Daten sowie der Maßnahmen, Art. 46 Abs. 2 lit. c ­DSGVO sein können. Das geht einher mit
die zur Gewährleistung des Datenschutzes getroffen wur- der Verpflichtung, dem Datenexporteur Kontrollmöglich-
den. Allerdings müssen die nach der D ­ SGVO zu ergreifen- keiten in Bezug auf die Einhaltung der in den Klauseln ver-
den technischen und organisatorischen Maßnahmen einbarten Pflichten einzuräumen, soweit es sich um eine
(TOM) überprüft und aktualisiert werden. Diese Regelung Übermittlung von Verantwortlichen an Auftragsverarbei-
in Art. 24 Abs. 1 Satz 2 D
­ SGVO hat zwar genau genommen ter (Modul II) und eine Übermittlung zwischen Auftrags-
lediglich eine fest- und klarstellende Wirkung. Die zwin- verarbeitern (Modul III) handelt. Eine entsprechende Ver-
gende Notwendigkeit, einmal getroffene Maßnahmen bei pflichtung – allerdings für den Datenexporteur – enthält
Bedarf anzupassen oder zu ergänzen, folgt bereits aus auch Modul IV für die Übermittlung von Auftragsverarbei-
Art. 24 Abs. 1 Satz 1 D
­ SGVO. Die Überprüfung und Aktuali- tern an Verantwortliche.
sierung sind untrennbar mit der fortlaufenden Umset-
zungspflicht gem. Art. 24 Abs. 1 Satz 1 D
­ SGVO verbunden. Erforderlichkeit
Nach dieser Vorschrift haben Verantwortliche – risikoba- Die Pflicht zur Überprüfung und etwaigen Aktualisierung
siert – geeignete TOM umzusetzen, um eine datenschutz- der TOM steht gem. Art. 24 Abs. 1 Satz 2 ­DSGVO unter dem
rechtskonforme Verarbeitung sicherzustellen und hierfür Vorbehalt der Erforderlichkeit („erforderlichenfalls“). Eine
den Nachweis erbringen zu können. Die Nachweispflicht Überprüfung der Maßnahmen ist erforderlich, wenn sich
konkretisiert die Rechenschaftspflicht nach Art. 5 Abs. 2 die tatsächlichen oder rechtlichen Rahmenbedingungen
­DSGVO, wonach der Verantwortliche die Einhaltung der ändern oder geändert haben. Relevant sein können Ände-
Datenschutzgrundsätze gem. Art. 5 Abs. 1 D ­ SGVO nach- rungen der Rechtslage durch
weisen können muss. • neue oder geänderte Vorschriften,
• Rechtsprechung,
Die übergreifende Verpflichtung gem. Art. 24 ­DSGVO, die • aufsichtsbehördliche Entscheidungen zur Rechtmäßig-
ergriffenen TOM zu überprüfen und ggf. zu aktualisieren, keit einer Verarbeitung und
wird in Art. 32 Abs. 1 lit. d D
­ SGVO als Einzelpflicht in Bezug • die Ausübung der Befugnisse durch die Aufsichtsbehör-
auf die Sicherheit der Verarbeitung konkretisiert: Es muss den, z. B. Abhilfe- und Genehmigungsbefugnisse gem.
ein Verfahren zur regelmäßigen Überprüfung, Bewertung Art. 58 Abs. 2 und 3 D
­ SGVO.
und Evaluierung der Wirksamkeit der TOM zur Gewähr-
leistung der Sicherheit der Verarbeitung geben. Diese kon- In tatsächlicher Hinsicht können insbesondere Änderun-
kretisierte Pflicht gilt gem. Art. 32 Abs. 1 ­DSGVO auch für gen bei der konkreten Verarbeitung – z. B. in Bezug auf die
Auftragsverarbeiter und ist als solche nach Art. 28 Abs. 3 Art der Daten, den Umfang der Verarbeitung, die Einschal-
Satz 2 lit. c D
­ SGVO zwischen Verantwortlichen und Auf- tung oder den Wechsel eines Auftragsverarbeiters – sowie
tragsverarbeitern zwingend zu vereinbaren. Im Kontext (sicherheits-)technische Entwicklungen einen Überprü-
der Regelungen zur Auftragsverarbeitung sieht Art. 28 fungsbedarf auslösen.
Abs. 3 Satz 2 lit. h ­DSGVO außerdem vor, dass Auftragsver-
arbeiter Überprüfungen ermöglichen müssen, damit der Wer? (Verpflichtete)
Verantwortliche sich fortlaufend von der Ordnungsmäßig- Es obliegt dem Verantwortlichen, im Rahmen des Art. 32
keit der Auftragsverarbeitung überzeugen kann. Abs. 1 lit. d ­DSGVO auch dem Auftragsverarbeiter und bei

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Datenschutz im Fokus

Datenübermittlungen in Drittländer auf der Grundlage von bereiche oder das ganze Unternehmen umfassen. Aller-
Standardvertragsklauseln – je nach Konstellationen – den dings ist auch für die Planung und Durchführung anlassun-
Datenimporteuren und den Datenexporteuren, erstens die abhängiger Audits eine Schwerpunktsetzung im Hinblick
Umstände festzustellen, die einen Überprüfungsbedarf aus- auf Prozesse, Produkte/Services oder Organisationseinhei-
lösen, und zweitens zu entscheiden, ob eine Anpassung ten zu empfehlen. Das erfordert keine strikte Trennung
oder Ergänzung bestehender Maßnahmen angezeigt ist. dieser Bereiche. Eine isolierte Herangehensweise ist auf-
grund der inhaltlichen Überschneidungen häufig auch gar
Die Pflichten des Verantwortlichen und des Auftragsverar- nicht möglich und nicht sinnvoll, was auch die folgenden
beiters zur Überprüfung dürfen nicht verwechselt werden Beispiele für eine Schwerpunktsetzung erkennen lassen:
mit der eigenständigen Überwachungspflicht betrieblicher • Prozesse zum Löschen von Daten, ggf. differenziert nach
Datenschutzbeauftragter, die diesen in Art. 39 Abs. 1 lit. b Kategorien der betroffenen Personen (Kunden, Beschäf-
­DSGVO als originäre Aufgabe zugewiesen ist. Es ist aller- tigte etc.);
dings zulässig, betriebliche Datenschutzbeauftragte bei • Prozess für Datenschutzverletzungen;
Audits zur Beratung im Rahmen ihres gesetzlichen Man- • Datenverarbeitung im Online-Bereich, ggf. differenziert
dats heranzuziehen. Damit gehen jedoch weder die recht- nach Website, Social-Media-Anwendungen etc.;
liche Pflicht noch die Verantwortlichkeit für deren Durch- • Auftragsverarbeitung, ggf. Auswahl bestimmter Verar-
führung auf die Datenschutzbeauftragten über. beitungen oder Auftragsverarbeiter oder Differenzierung
nach Art und Umfang der Verarbeitung;
Was? (Gegenstand) • Datenverarbeitung durch bestimmte Organisationsein-
Die Überprüfungs- und Aktualisierungspflicht nach Art. 24 heiten wie Vertrieb, Personal etc.;
Abs. 1 Satz 2 D
­ SGVO umfasst die nach der D ­ SGVO zu er- • Sicherheitstechnische Aspekte im Rahmen von cloudba-
greifenden Maßnahmen, die technischer und organisato- sierten Verarbeitungen;
rischer Art sein sollen. Im Rahmen der konkretisierten • Datenschutzmanagement des Unternehmens.
Einzelpflicht nach Art. 32 Abs. 1 lit. b ­DSGVO handelt es
sich speziell um Maßnahmen zur Gewährleistung der Si- Wie? (Vorgehen)
cherheit der Verarbeitung. Der Begriff der „technischen Regelmäßige Überprüfung
und organisatorischen Maßnahmen“ wird in der ­DSGVO Die Pflicht, die ergriffenen TOM zu überprüfen und ggf. zu
nicht definiert, obwohl er auch an anderen Stellen mehr- aktualisieren, lässt sich nicht durch einmaliges Handeln
fach verwendet wird, z. B. in Art. 5 Abs. 1 lit. e und Art. 28 erfüllen, sondern ist eine dauerhafte Verpflichtung. Das
Abs. 1. Es gibt lediglich eine punktuelle Erläuterung an- bedeutet: Bei sich ändernden Rahmenbedingungen, auf-
hand von Beispielen in ErwGr. 78 Satz 2 und 3 zur D ­ SGVO. grund derer eine Anpassung oder Ergänzung der TOM an-
Der Begriff der technischen und organisatorischen Maß- gezeigt ist, muss eine entsprechende Aktualisierung der
nahmen ist ein Ober- und Sammelbegriff, der weit auszu- Maßnahmen erfolgen. Daher ist unter Risikogesichtspunk-
legen ist. Eine eindeutige Zuordnung und Unterscheidung ten, eine regelmäßige Überprüfung der ergriffenen TOM zu
zwischen technischen Maßnahmen einerseits und organi- empfehlen.
satorischen Maßnahmen andererseits ist nicht in jedem
Fall möglich und mit Blick auf den Regelungszweck auch Während Art. 32 Abs. 1 lit. d ­DSGVO als konkretisierte Ein-
nicht nötig, da die gesetzlichen Vorgaben in Bezug auf die zelpflicht in Bezug auf die Sicherheit der Verarbeitung so-
Art der Maßnahmen keinen Unterschied machen. wohl für Verantwortliche als auch Auftragsverarbeiter eine
regelmäßige Überprüfung vorsieht, enthält die übergrei-
Was konkret als Gegenstand des Audits bestimmt werden fende Verpflichtung des Verantwortlichen gem. Art. 24
sollte, hängt zunächst davon ab, ob es ein anlassbezogenes Abs. 1 ­DSGVO keine entsprechende Vorgabe. Art. 24 Abs. 1
oder anlassunabhängiges Audit ist. Der Gegenstand eines ­DSGVO schreibt auch keinen bestimmten oder regelmäßi-
anlassbezogenen Audits ergibt sich zwangsläufig aus dem gen Prüfrhythmus vor. Das ändert allerdings nicht daran,
Aspekt, der sich geändert hat. Gibt es bspw. neue oder ge- dass es Sache des Verantwortlichen und mit Blick auf die
änderte Positionen der Datenschutzaufsicht oder Ge- eigene Pflicht gem. Art. 32 Abs. 1 lit. d ­DSGVO auch Sache
richtsentscheidungen  – z. B. zu Anforderungen an be- des Auftragsverarbeiters ist, relevante Änderungen der
stimmte Verarbeitungen, Maßnahmen oder Prozesse wie rechtlichen und tatsächlichen Rahmenbedingungen, also
die Erteilung einer Auskunft nach Art. 15 D ­ SGVO – sollte etwaige Umstände festzustellen, die einen Überprüfungs-
sich das Audit aus Gründen der Zweckmäßigkeit auf die- und Änderungsbedarf hinsichtlich der TOM auslösen kön-
sen Punkt beschränken. Im Übrigen kann der Gegenstand nen. Das wird ohne eine gewisse Regelmäßigkeit und Dau-
eines Audits frei bestimmt werden. erhaftigkeit kaum möglich sein. Für Verantwortliche ist
eine regelmäßige Überprüfung schließlich auch mit Blick
Datenschutz-Audits können eine bestimmte oder mehrere auf die Rechenschaftspflicht („Accountability“) gem. Art. 5
Verarbeitungen, Anwendungen, Systeme, Unternehmens- Abs. 2 ­DSGVO angezeigt.

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Datenschutz im Fokus

Daher sollte die Durchführung regelmäßiger Audits ein Fragenkatalog kann daher für eine übergreifende Überprü-
Element des Datenschutzmanagements sein. Dabei sind fung der Datenschutzkonformität im Unternehmen als
die Zeiträume für Datenschutz-Audits risikoorientiert zu eine Art „Basis-Audit“ genutzt werden. Es lassen sich aber
bestimmen und hierzu insbesondere die Art der personen- auch einzelne Fragen herausgreifen und Teil-Audits für die
bezogenen Daten, die Kategorien und Anzahl der betroffe- entsprechenden Themenkomplexe durchführen.
nen Personen sowie der Umfang der Verarbeitung zu be-
rücksichtigen. Allgemeingütige Empfehlungen wie „alle ein Für Datenschutz-Audits wird zuweilen auch eine an die
bis zwei Jahre“ stehen diesem risikobasierten Ansatz ent- ISO-Management-Methodik und den entsprechenden Leit-
gegen. Die festgelegten Zeiträume müssen im Ergebnis zu faden zur Auditierung von Managementsystemen (ISO
keinem starren Prüfrhythmus führen, z. B. wenn zwischen- 19011:2018) angelehnte Vorgehensweise in Betracht gezo-
zeitlich andere Umstände eine Überprüfung vor dem ge- gen. Das kann von Vorteil sein, wenn ein Datenschutz-Ma-
planten Zeitpunkt ausgelöst haben. nagementsystem nach ISO/IEC 27701 installiert wurde.
Abgesehen davon sollte in Abhängigkeit von den konkre-
Umfang ten Gegebenheiten  – wie z. B. der Etablierung von
Der Umfang eines Datenschutz-Audits muss ebenfalls dem ISO-Standards im Unternehmen und insbesondere auch
Risiko der Verarbeitung angemessen sein. Die Detailtiefe dem konkreten Gegenstand des Datenschutz-Audits – im
von Audits ist wie deren Häufigkeit auf der Grundlage des Einzelfall entschieden werden, ob ein solches Vorgehen
in Art. 24 Abs. 1 Satz 1 ­DSGVO verankerten risikobasierten tatsächlich geeignet ist. Hierbei ist zu beachten, dass der
Ansatzes zu bestimmen, der auch bei der Festlegung der Gegenstand einer Auditierung nach ISO 19011:2018 die
TOM zum Tragen kommt. Der gesetzlich notwendige Um- Managementsysteme sind, also – lediglich – die Prozesse,
fang einer Überprüfung der Maßnahmen hängt also von mit denen sichergestellt wird, dass die jeweiligen Anforde-
den Risiken ab, die von der Verarbeitung ausgehen. Die bei rungen wirksam umgesetzt werden.
der Risikoabwägung zu berücksichtigenden Aspekte wer-
den in Art. 24 Abs. 1 Satz 1 D­ SGVO genannt: Art, Umfang, Integration in das Datenschutz- und Informations­
Umstände und Zweck der Verarbeitung sowie Eintritts- sicherheitsmanagement
wahrscheinlichkeit und Schwere der Risiken für die Rechte Ein regelmäßiges Datenschutz-Audit muss nicht zwingend
und Freiheiten natürlicher Personen. Für die konkretisier- als ganz neuer oder separater Prozess aufgesetzt und
te Einzelpflicht in Bezug auf Sicherheit werden in Art. 32 durchgeführt werden. Vielmehr kann und sollte das Audit
Abs. 1 D­ SGVO außerdem noch der Stand der Technik und mit vorhandenen oder geplanten Datenschutzmanage-
die Implementierungskosten aufgeführt. Darüber hinaus ment-Prozessen verknüpft werden, um unnötigen Auf-
sollten bei der Konzeption von Datenschutz-Audits auch wand zu vermeiden und Synergien nutzen zu können. Das
Art, Umfang, Ergebnis und Zeitpunkt bereits erfolgter gilt nicht nur für die gesetzlich explizit vorgeschriebenen
Maßnahmen zur Umsetzung und Überprüfung der Überprüfungen, z. B. für Verarbeitungen, die Gegenstand
­DSGVO-Vorgaben bedacht werden. einer Datenschutz-Folgenabschätzung sind (Art. 35 Abs. 11
­DSGVO). Für diese Fälle hat der Gesetzgeber die in Art. 24
Methodik Abs. 1 ­DSGVO festgeschriebene Pflicht von Überprüfungen
Das Vorgehen bei einem Datenschutz-Audit unterscheidet nochmals aufgegriffen und bereits konkretisiert. Vielmehr
sich grundsätzlich nicht davon, wie andere Audits durch- lässt sich die Durchführung von Datenschutz-Audits auch
geführt werden. Regelmäßig bietet sich ein Mix aus Doku- sehr gut mit Prozessen rund um das Verzeichnis von Ver-
mentensichtung, Vor-Ort-Prüfung und Befragung an. Dabei arbeitungstätigkeiten verknüpfen oder in diese integrieren.
können standardisierte Fragebogen und Checklisten eine Besteht ein – zu empfehlender – Prozess für eine regelmä-
gute Arbeitshilfe sein. Ihr Einsatz stellt sicher, dass alle re- ßige Überprüfung und Aktualisierung der im Verzeichnis
levanten Aspekte berücksichtigt werden, die erhobenen enthaltenen Angaben, sollte er auch die Überprüfung der
Informationen sich relativ einfach analysieren lassen und Geeignetheit der TOM umfassen oder zumindest damit
gewisse inhaltliche Audit-Standards im Unternehmen eta- verknüpft sein. Weitergehende Aspekte eines Daten-
bliert und genutzt werden können. Bei der Frage nach dem schutz-Audits  – wie z. B. die Überprüfung der Rechts-
Inhalt und Aufbau solcher Fragebogen und Checklisten grundlage – können sich daran anschließen.
können u. a. die von einigen Datenschutzaufsichtsbehör-
den veröffentlichten Fragebogen hilfreich sein, z. B. vom Aufgrund der inhaltlichen Überschneidungen bietet sich
Bayerischem Landesamt für Datenschutz (www.lda.bayern. grundsätzlich auch eine Verknüpfung mit den Prozessen
de/media/pruefungen/201810_rechenschaftspflicht_fra- des Informationssicherheitsmanagements an. Dabei sind
gebogen.pdf). Das Beispiel der bayerischen Aufsicht deckt die jeweils spezifischen Besonderheiten zu berücksichti-
die wesentlichen Vorgaben der D ­ SGVO ab, z. B. Datenschut- gen, indem die hierfür erforderlichen gesonderten Be-
zorganisation, rechtskonforme Verarbeitung, Rechte der trachtungen und Teilprozessschritte vorgesehen werden.
betroffenen Personen und Datenschutzverletzungen. Der Diese besondere Herausforderung besteht allerdings nicht

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Datenschutz im Fokus

nur in Bezug auf Audits, sondern bei der Verknüpfung von externen und internen Prüfern des Auftragsverarbeiters,
Datenschutz- und Informationssicherheitsmanagement z. B. der Revision. Die Entscheidung, wie im konkreten Fall
insgesamt. vorzugehen ist, muss auf Basis des risikobasierten Ansat-
zes erfolgen. Dabei ist wieder auf die in Art. 24 Abs. 1 Satz 1
Folgemaßnahmen ­DSGVO genannten und bereits oben aufgegriffenen Fakto-
Führt ein Audit zu dem Ergebnis, dass die getroffenen TOM ren abzustellen.
nicht mehr i. S. d. Art. 24 Abs. 1 Satz 1 ­DSGVO bzw. Art. 32
Abs. 1 D
­ SGVO geeignet sind, müssen die Maßnahmen ak- Nicht ausreichend ist es, sich ausschließlich auf mehr oder
tualisiert werden. Diese Aktualisierung kann zu einer Än- weniger allgemeine Aussagen des Auftragsverarbeiters zu
derung oder Anpassung bestehender oder zur Einführung verlassen, z. B. „regelmäßige Audits mit Zertifizierung; zu-
neuer und zusätzlicher Maßnahmen führen. Auf diese Wei- letzt 2021“. Es sollte zumindest die entsprechende Doku-
se kann sichergestellt und der Nachweis erbracht werden, mentation angefordert und eingesehen werden. Bei dieser
dass die Verarbeitung gem. den ­DSGVO-Vorgaben erfolgt. Vorgehensweise können bspw. konkret der Gegenstand und
Umfang des Audits, die Person und Institution des Auditors
Es ist auch möglich, dass bestehende Maßnahmen infolge sowie die Art eines etwaigen Zertifikats festgestellt werden.
einer Überprüfung eingeschränkt oder ganz zurückgenom- Im Extremfall – wie ihn der Autor dieses Beitrags in seiner
men werden. Das kann bspw. der Fall sein, wenn aufgrund Beratungspraxis erleben musste – kann bei der Kontrolle
geänderter rechtlicher oder tatsächlicher Rahmenbedin- der Dokumentation sogar zum Vorschein kommen, dass ein
gen bestimmte Risiken in Bezug auf die konkrete Verarbei- Audit tatsächlich nur mittelbar oder gar keine Aspekte des
tung personenbezogener Daten entfallen oder geringer Datenschutzes zum Gegenstand hatte, weil ein allgemeines
geworden sind. Es ist z. B. denkbar, dass die Notwendigkeit Qualitätsaudit oder ein Umweltaudit durchgeführt wurde.
eines Transfer Impact Assessment (TIA) für Übermittlun-
gen in ein bestimmtes Drittland aufgrund eines neuen An- Zertifizierung
gemessenheitsbeschlusses entfällt. Maßstab und Grenze Art. 42 ­DSGVO sieht für Verantwortliche und Auftragsver-
zugleich ist in jedem Fall die Feststellung, dass die Verar- arbeiter die Möglichkeit vor, die Einhaltung der ­DSGVO bei
beitung weiterhin gem. den Vorgaben der D ­ SGVO erfolgt. Verarbeitungsvorgängen in einem gesetzlich festgelegten
Verfahren durch eine externe Stelle zertifizieren zu lassen.
Sonderfall: Auftragsverarbeitung Das in diesem Rahmen letztlich zu durchlaufende Audit ist
Der Verantwortliche ist auch im Fall einer Auftragsverarbei- von dem in diesem Beitrag behandelten Datenschutz-Au-
tung alleiniger Adressat der Pflicht, geeignete TOM gem. dit abzugrenzen. Die Zertifizierung nach Art. 42 D ­ SGVO
Art. 24 Abs. 1 Satz 1 D
­ SGVO zu ergreifen. Auftragsverarbei- wird freiwillig sein (Abs. 3) und mindert nicht die Verant-
ter haben zwar eigene gesetzliche und vertragliche Pflich- wortung des Verantwortlichen und des Auftragsverarbei-
ten gem. Art. 32 und Art. 28 Abs. 3 Satz 2 lit. c und h ­DSGVO ters für die Einhaltung der D ­ SGVO (Abs. 4). Es bleibt also
einschließlich der Pflicht zur regelmäßigen Überprüfung, bei sämtlichen Pflichten nach der ­DSGVO einschließlich
Bewertung und Evaluierung der Wirksamkeit der TOM zur der Überprüfung und Aktualisierung der TOM gem. 24
Gewährleistung der Sicherheit der Verarbeitung. Ungeach- Abs. 1 Satz 2 D
­ SGVO und Art. 32 Abs. 1 lit. d DSGVO sowie
tet dieser eigenen Pflichten sind Auftragsverarbeiter nicht des entsprechenden Nachweises durch Verantwortliche
Adressat der Vorgaben von Art. 24 ­DSGVO. Das korrespon- und Auftragsverarbeiter. Allerdings wird eine  – bislang
diert zum einen mit der Pflicht des Verantwortlichen, nur noch nicht verfügbare – Zertifizierung nach Art. 42 ­DSGVO
mit Auftragsverarbeitern zusammenzuarbeiten, die hinrei- u. a. als Nachweis für die Erfüllung dieser Pflichten heran-
chende Garantien für geeignete technische und organisato- gezogen werden können.
rische Maßnahmen bieten (Art. 28 Abs. 1 D ­ SGVO), und zum
anderen mit den gesetzlichen Vorgaben für den Inhalt eines Sanktionen
Vertrags über eine Auftragsverarbeitung. Dieser Vertrag Ein Verstoß des Verantwortlichen gegen seine Überprü-
muss u. a. verbindliche Vorgaben zu den TOM und deren fungs- und Aktualisierungspflicht nach Art. 24 Abs. 1 Satz 2
Überprüfung enthalten (Art. 28 Abs. 3 Satz 2 lit. b, c und h ­DSGVO kann für sich genommen nicht nach Art. 83 Abs. 4
­D SGVO). Der Verantwortliche muss die Überprüfung und 5 ­DSGVO sanktioniert werden. Art. 24 ­DSGVO ist an-
durchführen oder von einem Beauftragten durchführen las- ders als die weiter konkretisierenden Vorschriften Art. 25 ff.
sen und angezeigte Aktualisierungen der TOM herbeifüh- ­DSGVO nicht in den Bußgeldkatalogen aufgeführt. Es ist
ren, um seiner Pflicht aus Art. 24 Abs. 1 ­DSGVO zu genügen. jedoch nicht ausgeschlossen, dass Aufsichtsbehörden im
Rahmen ihrer Befugnisse gem. Art. 58 Abs. 2 lit. d ­DSGVO
Die Überprüfung muss nicht zwangsläufig als Vor-Ort- Anweisungen zur Einhaltung von Art. 24 ­DSGVO erteilen,
Kontrolle stattfinden. Sie kann bspw. auch remote und z. B. die Überprüfung der TOM, und bei Nichtbefolgen gem.
durch Vorlage von Dokumenten erfolgen. Hierzu eignen Art. 83 Abs. 5 lit. e oder Abs. 6 ­DSGVO eine Geldbuße ver-
sich insbesondere Sicherheitskonzepte und Berichte von hängen.

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Datenschutz im Fokus

Zudem kann das Fehlen eines Verfahrens zur Überprü- chendes Verfahren vorzusehen, die in Bezug auf die Sicher-
fung, Bewertung und Evaluierung der Wirksamkeit der heit der Verarbeitung gesetzlich in Art. 32 Abs. 1 lit. d
TOM zur Gewährleistung der Sicherheit der Verarbeitung ­DSGVO und im Kontext der Auftragsverarbeitung sowie
sowohl bei Verantwortlichen als auch bei Auftragsverar- der Datenübermittlung in Drittländer auf der Grundlage
beitern nach Art. 83 Abs. 4 lit. a ­DSGVO mit Geldbußen von von Standardvertragsklauseln als vertragliche Pflichten
bis zu 10 Mio. EUR oder 2 % des gesamten weltweit erziel- vorgesehen sind.
ten Jahresumsatzes des vorangegangenen Geschäftsjahres
sanktioniert werden. Aufgrund der abstrakten Vorgaben Eine systematische Untersuchung und Bewertung der Ver-
mit einer Vielzahl unbestimmter Rechtsbegriffe, mit denen arbeitungsprozesse einschließlich der Schutzmaßnahmen
die Pflichten gem. Art. 32 Abs. 1 ­DSGVO normiert sind, und sind jedoch erforderlich, um die umfangreichen ­DSGVO-
aufgrund der Notwendigkeit einer Abwägung wird in der Pflichten erfüllen zu können. Das gilt im besonderen Maße
Praxis regelmäßig eine konkretisierende Anordnung der für den Verantwortlichen, der nur auf diese Weise eine da-
Aufsichtsbehörde gem. Art. 58 Abs. 2 ­DSGVO vorausgehen, tenschutzrechtskonforme Verarbeitung sicherstellen und
deren Nichtbefolgung gem. Art. 83 Abs. 5 lit. e und Abs. 6 den Nachweis hierfür erbringen kann. Darüber hinaus
­DSGVO bußgeldbewehrt ist. können Datenschutz-Audits auch dabei helfen, die Daten-
schutzorganisation kontinuierlich zu verbessern.
Schließlich kann die Nichtdurchführung von Daten-
schutz-Audits mittelbar zu Sanktionen führen, wenn tech- Wann ein Datenschutz-Audit angezeigt ist und wie ein sol-
nische und organisatorische Maßnahmen aufgrund geän- ches konkret aufzusetzen und durchzuführen ist, hängt
derter Rahmenbedingungen nicht mehr geeignet sind, weil von mehreren Faktoren ab. Dazu zählen u. a. der Umfang
sie im Laufe der Zeit – z. B. in Form von Audits – nicht über- und die Art der Verarbeitung, aber auch Art, Umfang, Er-
prüft und entsprechend angepasst wurden. Stellt die Auf- gebnis und Zeitpunkt bereits erfolgter Maßnahmen zur
sicht fest, dass die u. a. in Art. 25 ­DSGVO und Art. 32 D
­ SGVO Umsetzung der D­ SGVO-Vorgaben.
konkretisierten TOM nicht geeignet sind, ist dies ein buß-
geldbewehrter Verstoß nach Art. 83 Abs. 4 lit. a ­DSGVO. Datenschutz-Audits müssen nicht als separater Prozess
Entsprechendes gilt für die Kontrollen der TOM, die für aufgesetzt werden und sollten grundsätzlich als ein we-
Vereinbarungen über eine Auftragsverarbeitung und in den sentliches Element im Datenschutzmanagement imple-
Standardvertragsklauseln für die Übermittlung personen- mentiert sein.
bezogener Daten in Drittländer vorgeschrieben sind.

Fazit Autor: Dr. Markus Lang ist selbständiger


Rechtsanwalt in Düsseldorf mit den
Die D
­ SGVO enthält keine explizite Verpflichtung zu einem Tätigkeitsschwerpunkten Daten-
„Audit“ im Sinne einer systematischen Untersuchung und schutz- und IT-Recht (www.daten-
schutzrecht-praxis.de). Er ist zertifi-
Bewertung der Verarbeitung personenbezogener Daten zierter Datenschutzbeauftragter und
sowie der Maßnahmen, die zur Gewährleistung des Daten- Datenschutzauditor sowie Lehrbeauf-
schutzes getroffen wurden. Es gibt lediglich konkretisierte tragter an der Hochschule Düsseldorf
(Business Analytics).
Einzelpflichten, regelmäßige Kontrollen bzw. ein entspre-

DSGVO – BDSG – TTDSG


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