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Todesbräute
Thriller
Prolog
1. Kapitel
3. Kapitel
4. Kapitel
6. Kapitel
»Hallo.«
Es war nur ein Traum. Oder? »Hallo.«
Bailey hob den Kopf und stöhnte, als sich der
Raum zu drehen begann. Nein, kein Traum. Es
war ein Flüstern, und es kam von der anderen
Seite der Wand. Sie zwang sich auf Hände und
Knie und würgte, als die Übelkeit sie wie ein
Vorschlaghammer traf. Doch nichts kam
heraus, denn sie hatte seit einer Ewigkeit
nichts gegessen. Oder getrunken. "Wie lange?
Wie lange bin ich hier? »Hallo.« Wieder das
Flüstern.
Kein Traum. Wirklich. Bailey kroch zur Wand
und brach dort zusammen. Sie sah, wie sich
der Boden an der Mauer bewegte, nur ein
wenig. Ein Teelöffel voll. Sie biss die Zähne
zusammen und fegte den Schmutz zur Seite.
Und berührte etwas Festes. Sie zog scharf die
Luft ein, als sich der Finger bewegte und mit
ein wenig Dreck von ihrer Seite verschwand.
»Hallo«, flüsterte sie. Der Finger erschien
erneut, und als sie ihn berührte, brach ein
Schluchzer aus ihrer Kehle. »Nicht weinen«,
flüsterte die Stimme. »Er hört Sie sonst. Wer
sind Sie?«
»Bailey.«
»Bailey Crighton?«
Bailey hielt den Atem an. »Sie kennen mich?«
»Ich bin Reverend Beardsley.«
Wades Brief. Der Brief mit dem Schlüssel, den
er jedes Mal von ihr verlangte, wenn er sie aus
der Zelle holte. Wenn er sie ... »Warum sind
Sie hier?«
»Aus demselben Grund wie Sie, nehme ich
an.«
»Aber ich habe nichts gesagt. Nichts. Ich
schwör's.« Ihre Stimme bebte.
»Sch. Bleiben Sie ruhig, Bailey. Sie sind
stärker, als er glaubt. Und ich auch.«
»Wie hat er von Ihnen erfahren?«
»Keine Ahnung. Ich bin zu Ihrem Haus
gefahren. Gestern Morgen. Ihre Stiefschwester
war dort.«
»Alex?« Wieder stieg ein Schluchzen in ihr
auf, aber sie kämpfte es nieder. »Sie ist
hergekommen? Sie ist wirklich
hergekommen?«
»Sie sucht Sie, Bailey. Sie hat Hope bei sich.
Das Mädchen ist in Sicherheit.«
»Mein Baby.« Nun kamen die Tränen, aber sie
flössen stumm. »Sie haben ihr wahrscheinlich
nichts gesagt, oder?« Sie hörte die Anklage in
ihrer Stimme, aber sie konnte nicht anders.
Er schwieg eine ganze Weile. »Nein. Ich
konnte nicht. Es tut mir leid.«
Sie hätte »Ich verstehe« sagen müssen, aber
sie hatte keine Energie für höfliche Heuchelei.
»Haben Sie es ihm gesagt?« »Nein.«
Sie zögerte. »Was hat er mit Ihnen gemacht?«
Sie hörte, wie er tief Luft holte. »Nichts, was
ich nicht überstehen würde. Und mit Ihnen?«
Sie schloss die Augen. »Ebenso. Aber ich ...
ich weiß nicht, wie lange ich noch
durchhalte.« »Seien Sie stark, Bailey. Für
Hope.«
Hope braucht mich. Das Mantra würde sie
noch eine Weile länger aufrecht halten.
»Können wir irgendwie fliehen?« »Wenn mir
etwas einfällt, sage ich es Ihnen.« Dann
verschwand sein Finger, und sie hörte das
Rieseln, als er das Loch wieder zustopfte.
Sie tat dasselbe auf ihrer Seite und kroch zu
der Stelle zurück, an der sie vorher gelegen
hatte. Alex hat Hope. Hope ist in Sicherheit.
Das war das Einzige, was wirklich zählte.
Alles andere ... Vielleicht bin ich an allem
anderen selbst schuld.
8. Kapitel
9. Kapitel
10. Kapitel
11. Kapitel
12. Kapitel
13. Kapitel
»Bailey.«
Bailey hörte Beardsleys Flüstern, so wie sie es
auch die letzten fünf Male gehört hatte. Ich bin
hier. Bitte helfen Sie mir. Die Worte bildeten
sich in ihrem Kopf, doch sie bekam sie nicht
heraus. Jeder Muskel in ihrem Körper tat weh
und war verkrampft. Mehr. Sie brauchte mehr.
Verdammt, er hatte ihr das angetan. Mochte er
dafür in der Hölle schmoren. »Bailey.«
Sie beobachtete, wie sich vier Finger unter der
Wand hervorschoben. Beardsley hatte noch ein
wenig Mörtel aus der Wand gekratzt.
Hysterisches Lachen stieg in ihr auf. Sie waren
gefangen. Sie würden hier sterben. Aber jetzt
konnte Beardsley ihr wenigstens zum
Abschied winken. Die Finger verschwanden.
»Bailey. Still. Sonst kommt er.« Er kommt
sowieso. Sie schloss die Augen und betete,
sterben zu dürfen.
14. Kapitel
15. Kapitel
17. Kapitel
18. Kapitel
19. Kapitel
20. Kapitel
»Liebe Bailey,
nachdem ich es so lange probiert habe, ist es
mir endlich gelungen. Ich bin verwundet und
werde sterben. Keine Sorge, ein Kaplan ist bei
mir, und er wird mir die Beichte abnehmen.
Allerdings glaube ich nicht, dass Gott mir
vergibt. Ich habe mir ja nicht einmal selbst
vergeben.
Vor Jahren hast du mich gefragt, ob ich Alicia
getötet habe. Meine Antwort lautete nein, und
das tut sie noch immer. Aber ich habe andere
Dinge getan, und Vater auch. Ich denke,
einiges davon ahnst du. Anderes nicht, und das
ist auch gut so.
Ich war nicht allein. Die anderen wollen
natürlich nicht, dass es herauskommt. Zuerst
waren wir sieben, dann sechs, dann fünf.
Wenn ich sterbe, bleiben also immer noch vier
übrig, die das Geheimnis teilen. Sie leben in
ständiger Angst und beobachten sich
gegenseitig misstrauisch, müssen sich stets
fragen, wer als Erster zusammenbricht. Wer
als Erster den Mund aufmacht.
Ich schicke dir einen Schlüssel. Trag ihn unter
keinen Umständen bei dir. Verstecke ihn, wo
er sicher ist. Falls man dich je bedroht, sagst
du, du würdest den Schlüssel den Behörden
übergeben. Aber nicht der Polizei, wenigstens
nicht der in Dutton. Der Schlüssel enthüllt ein
Geheimnis, das sie alle unbedingt bewahren
wollen. Einige würden dafür viel Geld zahlen,
die anderen morden. Zwei wurden deswegen
bereits ermordet.
Ich werde dir die Namen der vier nicht
nennen, denn dann würdest du dich
gezwungen sehen, sie anzuzeigen. Falls du das
tust, bist du so tot wie ich, deswegen ist der
Schlüssel deine Lebensversicherung. Ich weiß,
dass du noch in unserem alten Haus wohnst,
weil du hoffst, dass Dad zurückkommt. Aber
das wird er nicht.
Dad ist kein guter Mensch, auch wenn du es
dir immer sehnlichst gewünscht hast. Falls du
ihn triffst, gib ihm den Brief. Falls nicht,
verbrenne ihn. Und lass Dad los. Überlasse es
ihm, sich mit Drogen und Alkohol selbst
umzubringen, aber erlaube ihm nicht, dich
mitzuziehen. Verlasse das Haus. Verlasse
Dutton. Und trau um Gottes willen
niemandem.
Vor allem mir nicht. Ich habe dein Vertrauen
nicht verdient, obwohl Gott weiß, dass ich
nun, da ich im Sterben liege, alles versuche,
mich deiner würdig zu erweisen.
Nimm Hope, verlasse Dutton und schau nicht
zurück. Versprich mir das. Und versprich mir,
dass du dir ein gutes Leben aufbaust. Such
Alex. Sie ist die Einzige, die von deiner
Familie übrig geblieben ist. Ich habe es dir nie
gesagt, aber ich liebe dich.«
»Liebe Alex,
ich weiß, dass es dir seltsam vorkommt, nach
all den Jahren diesen Brief von mir zu
bekommen, aber ich habe nicht viel Zeit. Bitte
nimm diesen Schlüssel und verstecke ihn an
einem sicheren Ort. Falls mir etwas geschieht,
dann kümmere dich bitte um Hope. Sie ist
meine geliebte Tochter und meine zweite
Chance. Ihretwegen und durch sie bin ich jetzt
seit fünf Jahren clean. Ihret- und deinetwegen.
Du warst der einzige Mensch, der noch für
mich da war, als ich ganz unten war. Du
wolltest mir helfen. Und du sollst wissen, dass
ich tatsächlich Hilfe bekommen habe und
Hope gesund und ganz normal zur Welt
gekommen ist. In den vergangenen Jahren
wollte ich dich tausendmal anrufen, aber ich
habe mich geschämt, weil ich das letzte Mal,
als wir uns sahen, Mist gebaut habe. Ich kann
nur hoffen, dass du mir verzeihst, aber falls
nicht, dann nimm dich bitte trotzdem Hopes
an. Du bist die Einzige, der ich meine Tochter
anvertrauen kann. Bitte verstecke den
Schlüssel. Und erzähle niemandem, dass du
ihn hast. Falls ich ihn brauche, rufe ich dich
an.«
22. Kapitel
23. Kapitel
24. Kapitel
25. Kapitel
Todesbräute (Broschiert)
von Karen Rose (Autor)
Preis: EUR 16,60
Broschiert: 648 Seiten
Verlag: Droemer Knaur (14. März 2009)
Sprache: Deutsch
ISBN-10: 3426663538
ISBN-13: 978-3426663530
Originaltitel: Scream for me