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Sexuelle Erregung

Robert J. Stoller, MD

• Die sexuelle Erregung hängt von einem Szenario ab, das die Person, die
erregt werden soll, seit ihrer Kindheit geschrieben hat. Die Geschichte ist
ein Abenteuer, eine als Fiktion getarnte Autobiografie, in der der
Held/die Heldin entscheidende intrapsychische Konflikte, Geheimnisse,
Erinnerungen an tatsächliche traumatische Ereignisse und die Auflösung
dieser Elemente in einem Happy End versteckt, das am besten durch ei-
nen Orgasmus gefeiert wird. Die Funktion der Fantasie besteht darin, die-
se schmerzhaften Erfahrungen in ein Vergnügen - einen Triumph - zu
verwandeln. Um die Erregung - die Schwingung zwischen der Angst vor
der Wiederholung des ursprünglichen Traumas und der Hoffnung auf ei-
nen diesmal angenehmen Ausgang - zu verstärken, führt man in die Ge-
schichte Risikoelemente (Annäherungen an das Trauma) ein, die Lange-
weile verhindern sollen, und Sicherheitsfaktoren (unterschwellige Signa-
le an den Erzähler, dass die Risiken nicht wirklich gefährlich sind). Die
sexuelle Fantasie kann anhand der Tagträume einer Person (einschließ-
lich der in Zeitschriften, Büchern, Theaterstücken, Fernsehen, Filmen
und offener Pornografie gewählten), des Masturbationsverhaltens, der
Objektwahl, des Vorspiels, der Techniken des Geschlechtsverkehrs oder
des Verhaltens nach dem Geschlechtsverkehr untersucht werden.
(Arch Gen Psychiatry 33: 899-909, 1976)

Es hat mich überrascht, dass es in letzter Zeit fast keine Fachliteratur gibt, die
sich mit der Frage beschäftigt, warum ein Mensch sexuell erregt wird. Natür-
lich gibt es unzählige Studien über dieses verlockend vage Wort "Sexualität":
über die Biologie der Fortpflanzung, über Männlichkeit und Weiblichkeit, Ge-
schlechterrollen, exotische Glaubensvorstellungen, Mythologie, Sexualität in
der Kunst, rechtliche Fragen, Bürgerrechte, Definitionen, Auseinandersetzun-
gen über Diagnosen, Beschreibungen von Fehlentwicklungen, Ausarbeitungen
zur Psychodynamik, veränderte Behandlungstechniken, Verhütung, Abtrei-
bung, Lebensstile, transsexuelle Operationen, freies und experimentelles Tier-
verhalten, Motorik, Pornographie, veränderte Altersgrenzen für den Eintritt
der Menarche und den Verlust der Jungfräulichkeit, Masturbationsraten, For-
schungsmethodik, Brautpreis, Exogamie, Inzest bei Affen und Menschen, Cou-
vade, Genetik, Endokrinologie, Existenzialismus, Religion, statistische Studien
über die äußeren Genitalien, Vorspiel, Nachspiel bei Aktivität, Dauer, Größe,
Geschwindigkeit, Entfernung, metrisches Gewicht und Seemeilen; Ge-
schlechtskrankheiten, Aperturen, Schwangerschaft, Berdache, Moral, Heirats-
bräuche, Subinzision, medizinische Ethik, Sexismus, Rassismus, Feminismus,
Kommunismus und Priapismus; Sikkim, Schweden, Polynesien, Melanesien,
Mikronesien, Indonesien und alle Stämme Afrikas und Arabiens; Gesäß, Eier,
Brüste, Blutversorgung, Nervenversorgung, Hypothalamusversorgung, Brutto-
sozialprodukt, Pheremone, Implantate, Plateaus, Beißen, Quetschen, Reiben,
Schwingen; nackt und bekleidet, hier und dort, Ausgänge und Eingänge, groß
und klein, auf und ab, rein und raus. Aber keine sexuelle Erregung. Seltsam.
Es gibt noch ein weiteres Problem: Selbst der Begriff "sexuelle Erregung" ist
ungenau; weder "sexuell" noch "Erregung" sind präzise, und wenn man beides
zusammen verwendet, weiß man vielleicht nicht genau, was gemeint ist. "Se-
xuell" hat so viele Verwendungen, dass wir selbst die äußeren Grenzen dessen,
was ein anderer mit dem Wort andeutet, kaum erfassen können; bezieht er
sich auf "männlich" oder "weiblich" oder "Männlichkeit" und "Weiblichkeit"
oder "Erotik" oder "Geschlechtsverkehr" oder "sinnliche, nicht erotische Lust"
oder "Lebenskraft"? Ähnlich verhält es sich mit dem Wort "Erregung"; es ist
nicht wirklich ein Affekt, sondern eher das, was einen Affekt färben kann. "Er-
regung" kann ohne nähere Beschreibung auf eine erwünschte oder uner-
wünschte Eigenschaft hinweisen. Es ist ein gegenwärtiger Zustand, der eine
zukünftige Erwartung in sich trägt. Aber welches Vergnügen wird erwartet,
welche Gefahr wird erwartet; welche Risiken können auftreten und welche
Hoffnungen, sie zu vermeiden, werden in das unterschwellige Bewusstsein
eingebaut? Für mich bedeutet "Erregung" eine Erwartung, bei der man sehr
schnell zwischen der Erwartung einer Gefahr und einer etwa gleichwertigen
Erwartung der Vermeidung einer Gefahr wechselt, und in manchen Fällen, wie
bei der Erotik, die Gefahr durch Vergnügen ersetzt. Sicherlich ist die Erregung
ein mentaler Zustand, d. h. eine wahrgenommene komplexe Empfindung, die
man als Produkt der Fantasie empfindet (vergangene Erfahrungen, die erin-
nert und neu erfunden werden, um ein Bedürfnis zu erfüllen).
Da sich die Sitten ändern und Sex ein Thema des offenen Diskurses ist, werden
wir vielleicht praktische Gründe für ein präziseres Vokabular finden; aber bis
jetzt hat unsere Sprache nur dazu geführt, dass verwandte, aber unterschiedli-
che sinnliche und emotionale Zustände verwischt wurden. "Lust" bedeutet
dumpfe, geistlose Erregung; "Erotik" impliziert eher "Fähigkeit" als "Vorhan-
densein"; "Begehren", "Drang", "Appetit", "Sehnsucht", "Verlangen", "Wol-
len", "Begehren" und "Bedürfnis" sind etwas vage und können sich auf Zu-
stände beziehen, in denen die Anatomie und Physiologie des Körpers noch
nicht aktiv sind; "Wollust" ist zu rund und schwülstig, um den meisten Um-
ständen gerecht zu werden; "Lüsternheit" und "Geilheit" sind zu schmutzig;
"Konkupiszenz" und "Fleischlichkeit" sind zu biblisch; "Libido", zu vage; "se-
xy", zu niedlich; "geil" ist gut, aber umgangssprachlich und nur für einen anti-
zipatorischen Zustand nützlich; "heiß" ist real, aber zu provokativ für wissen-
schaftlichen Anstand; "Lüsternheit", zu kichernd; "Leidenschaft" oder, noch
ohnmächtiger, "Ekstase", zu opernhaft oder, wie "Inbrunst", "Verliebtheit"
und "Glut", zu literarisch; "Schwellung", zu objektiv und anatomisch; "Stimu-
lation" deutet mehr auf die Ursache als auf die daraus resultierenden Gefühle
hin; "Reaktion" ist zu objektiv. "Erregung" ist nahe dran; der neue Slangaus-
druck "erregt" ist vielleicht noch näher dran.
Aber ich möchte nur auf unsere Unbeholfenheit hinweisen, ohne das entspre-
chende Vokabular zu erfinden. Dieser Beitrag dient vielmehr dazu, meine Vor-
stellungen darüber zu überprüfen, welche gemeinsamen Nenner im Geist, un-
abhängig von Kultur und Zeit, sexuelle Erregung hervorrufen.
Zur Erinnerung: Es geht hier nur um sexuelle Erregung. Ich werde mich nicht
mit Zuständen wie Schönheit, Männlichkeit, Anmut, Perfektion der körperli-
chen Erscheinung, den von einer Gesellschaft verkündeten Idealen des Charak-
ters oder der Anatomie oder anderen Attributen befassen, die zwar lobens-
wert, edel oder heilig sein mögen, aber keineswegs notwendigerweise Erre-
gung auslösen. Man kann sogar davon ausgehen, dass diese letzteren Eigen-
schaften, wenn sie eindeutig als würdig empfunden werden, die sexuelle Erre-
gung dämpfen, wenn sie nicht dazu verleiten, sie zu besudeln. Der Inbegriff
dieser traurigen Situation ist, dass für die meisten Menschen genau die Eigen-
schaften eines anderen, die ein Gefühl der Liebe erzeugen, der Fähigkeit zur
Lust entgegenstehen.
Es ist besonders wichtig, dass man bei der Lektüre dieses Textes auch daran
denkt, dass ich nur von Erregung spreche, nicht von Befriedigung; beides ist
ganz und gar nicht dasselbe. Aber trotz all dieser Vokabelübungen wissen wir
immer noch nicht genau, welche Form der Erregung gemeint ist, wenn man
von "sexueller Erregung" spricht. Bezieht sie sich nicht auf die Zeit der Vor-
freude vor dem Akt, auf den sinnlichen Aufbau während des Aktes, auf die ge-
nitalen Empfindungen allein, auf die nichtgenitalen Empfindungen allein oder
auf die erotische Beteiligung des ganzen Körpers?
Bei der Beantwortung solcher Fragen geht es kaum um Leben und Tod, aber es
würde dem Diskurs helfen, wenn wir uns über diese interessante menschliche
Aktivität klarer werden könnten. Mein Bemühen um Genauigkeit entspringt
nicht der Liebe zur Pedanterie, sondern vielmehr der Hoffnung, dass wir uns
klarer über diese verschiedenen Zustände subjektiven Erlebens verständigen
und darüber hinaus mehr über deren Wesen erfahren können. So unterschei-
det sich beispielsweise die "sexuelle Erregung" eines impotenten Voyeurs von
der eines fetischistischen Cross-Dressers, der eine Erektion hat, während er
Frauenkleider streichelt, oder von der zitternden, diffusen, aber intensiven,
nicht-genitalen Körpererregung einer Frau, die sich sadistische Übergriffe vor-
stellt. Diese Zustände unterscheiden sich physiologisch, in den Fantasien, die
sie begleiten, in den Tagträumen, die ihnen jahrelang vorausgingen, und in
den früheren Lebensereignissen, die für jeden dieser Menschen eine erotische
Erfahrung aus dem machten, was für einen anderen nicht erotisch ist. Aber
wenn der Begriff "sexuelle Erregung" für alle verwendet wird, ohne dass auch
eine vollständige Beschreibung des subjektiven Erlebens erfolgt, wird nicht
genug kommuniziert. Tatsächlich verdunkelt der Begriff meist ungewollt un-
ser Verständnis dessen, was mental vor sich geht.

Die fast nicht existierende Literatur


Es gibt Tausende von Büchern und Artikeln zum Thema "Sexualität", doch in
der mir bekannten psychiatrischen Literatur findet sich fast kein einziger Ar-
tikel, der sich mit dem Thema Erregung befasst (außer indirekt, wie in den
Studien von Schmidt und Sigusch), die zeigen, dass Männer und Frauen sich in
ihrer Fähigkeit, erregt zu werden, immer ähnlicher werden (1-3), oder in den
Untersuchungen, die für die Commission on Obscenity and Pornography (4) durch-
geführt wurden; der eine Artikel, den ich kenne, behandelt das Thema nur an-
satzweise, aber nicht vollständig (5). Die Dynamik der Erregung wird in psy-
choanalytischen Werken nur am Rande behandelt (z. B. mit einer Anekdote,
die von einer Erregungsepisode berichtet, oder mit einer Studie über die Dy-
namik der Perversion, aber nicht über die erlebte Erregung).
So habe ich gerade mehrere Dutzend Bücher und Artikel gelesen, die in der
Masse dazu dienen, einen Überblick über die (englischsprachige) anthropolo-
gische Literatur der letzten Generation zu geben. Obwohl die zahllosen Be-
schreibungen, Diskussionen, Theorien und Hypothesen uns Wissen und Ver-
ständnis über die Faktoren gebracht haben, die zur sexuellen Erregung beitra-
gen, hören diese Werke mit ihrer Untersuchung an dem Punkt auf, an dem die
Erregung des Individuums beginnt: Obwohl die Einflüsse der Anatomie und der
Umwelt (wie Mythologie, Bräuche und die Einstellung der Familie) gut berück-
sichtigt werden, wird der Geist nicht untersucht. Ausgeblendet wird der geis-
tige Inhalt der sexuellen Erfahrung eines Individuums; warum oder wie die
eigenen Vorlieben gerade bei dieser Person zu sexueller Erregung führen, oder
was jemand dachte, fühlte oder sich vorstellte, wenn er sexuell erregt war und
was ihn oder sie erregte. Natürlich gibt es Andeutungen oder kurze Beschrei-
bungen, aber keine ausführliche Studie. Das Folgende, das ich zufällig gefun-
den habe, als ich auf der Suche nach etwas anderem war, kann für diese nützli-
chen, nicht systematisierten Daten stehen.
Margaret Mead geht in verschiedenen Schriften, vor allem aber in ihrem Buch Male and Fe-
male, über die nackten Zahlen solcher Berichte hinaus und legt nahe, dass menschliche Ge-
sellschaften in Bezug auf sexuelle Erregung zwei Polaritäten aufweisen. Die eine ist eine
Tendenz zur erotischen Spezifität, so dass die sexuelle Erregung von bestimmten Bedingun-
gen abhängt. Der weibliche Nacken in den japanischen Überlieferungen des letzten Jahr-
hunderts ist ein Beispiel für eine solche kulturelle Besonderheit, während intersexuelles
Baden und Nacktheit angeblich keine solche Konnotation hatten. Bei den Ute-Indianern, die
dieser Autor [Opler] untersucht hat, wird behauptet, dass die weiblichen Brüste keine sexu-
elle Bedeutung haben. Andererseits wurde beschrieben, dass positive sexuelle Erregung,
einschließlich homosexueller Erregung, durch ein breites und vielfältiges Spektrum unspe-
zifischer Quellen stimuliert wird. (6: S. 253)

Mir sind jedoch zwei Forschungsteams bekannt, die genau ins Schwarze ge-
troffen haben. Das erste, die Soziologen Gagnon und Simon (7), befasst sich mit
den Skripten, die Menschen in ihren Köpfen erstellen, um sich zu erregen. Die
zweite Gruppe, Abel und Mitarbeiter (8), misst mit einem Schallkopf die Ver-
änderung der Penisgröße und findet auf geniale Weise heraus, welche Elemen-
te im vollständigen Skript einer Person erregend sind und welche nicht.
Ich möchte eine Hypothese aufstellen, die die Ideen dieser Forscher erweitert:
Das Thema in Drehbüchern, die sexuelle Erregung erzeugen, ist der Wunsch,
jemandem zu schaden. Und ich füge hinzu, dass man, da Drehbücher bewusste
Tagträume sind, auch die unbewussten Fantasien kennen muss, um die sexuel-
le Erregung besser zu verstehen.
Methodische Probleme
Sexuelle Erregung ist schwer zu untersuchen. Sie kann (noch) nicht mit Frage-
bögen oder gar durch massive Befragung von Bevölkerungsgruppen unter-
sucht werden (obwohl Schmidt und Sigusch in der Nähe sind). Solche Arbeiten,
wie sie von den Kinsey-Leuten durchgeführt wurden, liefern zwar aussagekräf-
tige Daten, sagen uns aber nicht, warum John von Marys Strümpfen oder
Mgbubu von Djalas Gesäß erregt wird, oder warum in der westlichen Gesell-
schaft Männer von Frauenkleidern erregt werden können, während dies bei
Frauen mit Männerkleidung fast unbekannt ist, oder warum Knöchel oder Fü-
ße oder Augenbrauen oder Hautfarbe oder Haarverteilung, die in einem Jahr -
oder Jahrhundert - erregend sind, in einem anderen nur ein Witz sind. Frage-
bögen und Masseninterviews liefern solche Daten nicht, ebenso wenig wie die
psychoanalytische Theorie am anderen Pol der Untersuchung. Es ist merk-
würdig, dass ein so starkes, intensives, gefährliches, befriedigendes Erlebnis
wie sexuelle Erregung - das sogar im eigenen Leben der Forscher von zentraler
Bedeutung war - nicht zu mehr Untersuchungen Anlass gibt.
Darüber hinaus glaube ich, dass die meisten Forscher noch nicht in der Lage
sind, sich dieser Frage anzunehmen; ohne psychodynamische Interessen ha-
ben sie nicht nur keine Möglichkeit, subjektive Zustände auszuloten, sondern
einige haben sogar die Peinlichkeit riskiert, zu leugnen, dass solche existieren.
Manchmal wird dieses Versagen verschleiert, indem das Problem an die Phy-
siologen verwiesen wird, mit der Unterstellung, dass das Auftreten einer Epi-
sode sexueller Erregung nur eine Frage der Hormone, des Nervensystems und
der Anatomie ist; oder an die Behavioristen mit ihrem Glauben, dass im richti-
gen Moment die zufällige Assoziation von Erregung mit einem Objekt oder ei-
nem sexuellen Stil die Reize miteinander verbindet; oder an die Tierpsycholo-
gen, die nicht verpflichtet sind, sich mit der Erfahrung des Selbstseins ihrer
Probanden auseinanderzusetzen. Im Privatleben wissen die Forscher, dass die-
se Erklärungen nicht zu ihrer eigenen Geschichte passen, aber seltsamerweise
wird in Veröffentlichungen die subjektive Erfahrung ignoriert, als ob der For-
scher sein eigenes Selbst nicht erlebt hätte.

Fantasie als entscheidendes Datum


Man könnte also sagen, dass die Techniken zur Sammlung von Daten über ge-
sellschaftliche, kulturelle, subkulturelle, familiäre und biologische Einflüsse
auf die sexuelle Erregung kompetent sind und die bereits gesammelten Daten
von wesentlichem Wert sind; aber der nächste Schritt, der den Forscher in die
Psyche führt - die subjektive Erfahrung - wurde noch nicht getan. Für mich
liegt das fehlende Glied, der entscheidende Hinweis, in der detaillierten Unter-
suchung der erotischen Fantasie, der bewussten Tagträume, die sich die Men-
schen erzählen oder in der realen Welt leben, sowie der unbewussten Fantasie,
der privaten, idiosynkratischen, unerkannten Bedeutung, die die Menschen
ihrem Verhalten und den Objekten, an denen sie ihr Verhalten ausleben, bei-
messen. Vielleicht stehen solche Studien an letzter Stelle, weil sie am schwie-
rigsten durchzuführen sind. Die Daten sind schwer zu erheben; wir wissen,
dass bewusste und unbewusste Fantasien am besten funktionieren, wenn sie
durch Geheimhaltung, Verschleierung und Verdrängung geschützt sind, und
eher von Schuld, Scham und Hass als von einfacher, freudiger Lust angetrieben
werden. Außerdem sind die Daten schwer zu validieren (z. B. sieht kein außen-
stehender Beobachter jemals einen psychoanalytischen Austausch, geschweige
denn eine Fantasie).
Bis vor kurzem war die Erforschung der sexuellen Erregung mit schweren
Mängeln behaftet; das Wesentliche der wissenschaftlichen Methode, die Not-
wendigkeit direkt beobachteter Daten, konnte nicht eingehalten werden. Als
sich die Zeiten jedoch soweit änderten, dass Pioniere es wagen konnten, be-
gann die naturalistische Erforschung der sexuellen Erregung mit der revoluti-
onären Arbeit von Masters und Johnson. So wie es wichtig ist zu messen, wie
ein Körper reagiert, ist es nicht auch von Nutzen zu wissen, was die Menschen,
die Körper bewohnen, erleben? Dieses Forschungsproblem hat zwei Teile. Der
erste besteht darin, eine Methode zur Messung eines mentalen Zustands zu
finden, der eine starke Ladung von Fantasie enthält. Zweitens geht es darum,
eine neutrale Umgebung zu schaffen, die es dem Forscher ermöglicht, ein sub-
jektives Phänomen objektiv zu betrachten, ohne dass diese Umgebung selbst
an dem beobachteten Phänomen teilnimmt und es dadurch verzerrt. Die Stu-
dien von Masters und Johnson wurden wahrscheinlich dadurch möglich, dass
diese Forscher zwischen den Probanden und den Beobachtern eine dreidimen-
sionale Fantasie - das Labor - einfügten, die allen die Schuldgefühle und Ängste
nahm, indem sie sagte, dass erotische Fantasien nicht vorhanden sein sollten.
Die Objektivität veränderte somit den offensichtlichen Inhalt der Fantasien
der Versuchspersonen, indem sie bewusste Fantasien (Tagträume) oder Ein-
stellungen zu Sexualpartnern so gut wie aus dem Raum entfernte und die
Macht solcher Fantasien reduzierte. Die Regeln unserer Kultur machen immer
noch jede andere Einstellung unerträglich.
Es gibt noch ein weiteres Thema, das mit der Fantasie zusammenhängt, aber
nicht gleichbedeutend mit ihr ist, und das wir eines Tages ebenfalls untersu-
chen müssen, wenn wir die sexuelle Erregung verstehen wollen: die zwi-
schenmenschliche Kommunikation, die die Fantasie aus uns selbst heraus und
in eine andere Person hinein trägt, indem sie mit den Fantasien der anderen
Person in Kontakt tritt und die Teilnehmer anregt. Aber wie kann man Men-
schen beobachten, die sich gegenseitig ihre Erregung mitteilen? Wenn es
schon unanständig war, dass Masters und Johnson die physische Seite der Er-
regung und des Vergnügens im Labor untersuchten, dann muss man sich vor-
stellen, welche Erschütterungen in der Gesellschaft noch stattfinden müssen,
bevor ein tugendhafter Forscher die Signale, die den Prozess in Gang setzen
und verstärken, in vivo untersuchen würde. Hier ist ein Vorschlag, der viel-
leicht nur teilweise Daten liefert, aber andererseits den Forscher vor dem Ge-
fängnis bewahren könnte: Studieren Sie die Pornografie. Keiner außer den
Pornographen hat auf dem Gebiet gearbeitet, das ich jetzt diskutiere, obwohl
ihr Ziel intuitiv darin besteht, die Dynamik zu verstehen, um Erregung zu er-
zeugen, während unser Ziel darin besteht, diese Intuitionen nur intellektuell
zu manifestieren.

Fragen für die naturalistische Forschung


Obwohl wir die Verallgemeinerungen der Sexualität für eine Kultur kennen
sollten (z. B. Kriterien der sexuellen Schönheit, der Kosmetik und Kleidung,
der Tabus), sagen diese uns nicht genau, was im Kopf einer bestimmten Person
vor sich geht. Im Folgenden werden repräsentative, aber keineswegs erschöp-
fende Fragen und Perspektiven genannt, die Forscher zur sexuellen Erregung
untersuchen könnten.
Pornografie. - Gibt es in der Kultur, in der Sie arbeiten, Pornografie oder gibt
es pornografische Entsprechungen? Mit "Pornografie" meine ich Material, das
(offen oder heimlich) für diejenigen zur Verfügung gestellt wird, die sexuelle
Stimulation durch Darstellungen von Sexualobjekten und erotischen Situatio-
nen erfahren und nicht durch die Objekte und Situationen selbst. Bei diesem
Material kann es sich um Schriften, Zeichnungen, Gemälde, Skulpturen, Kera-
miken und Ähnliches handeln, um private Darbietungen, die aufgezeichnet
oder gesprochen werden, um Darbietungen für ein Publikum wie Rezitationen,
Theaterstücke, Tänze, religiöse Riten und um Darbietungen, an denen man
selbst beteiligt ist.
Physische Merkmale. - Hier bitten wir unsere Forscher, im Gegensatz zur
anthropologischen Literatur, zwischen Kriterien für Schönheit und Kriterien
für Anziehung zu unterscheiden.
(Ein hässlicher Mann kann faszinierend sein; manche Männer bevorzugen eine
Frau mit einem amputierten Bein.) Wir wollen also etwas über lustfördernde
und ästhetische Ideale anatomischer Konfigurationen wissen: Genitalien; se-
kundäre Geschlechtsmerkmale, Größe, Masse, Muskeln, Fett, Haarverteilung
(Menge, Farbe), Stimme, Hautqualität und -farbe; besondere idiosynkratische
Merkmale der Kultur (wie gefesselte Füße im alten China oder Skarifikationen
in Afrika); bisexuelle Qualitäten; das Bedürfnis, Definitionen von Männlichkeit
und Weiblichkeit in entgegengesetzte Extreme zu treiben, gegenüber Unisex-
Trends.
Ausschmückungen. - Kleidung, Kosmetika, Schmuck, Tätowierungen und an-
dere Verzierungen, die das anatomische Erscheinungsbild verändern - was
sind sie; wie werden sie verwendet; welche Verwandlungen sollen sie bewir-
ken? (Bei Verwandlungen denke ich an Verkleidungen, Korrekturen, Verstär-
kungen, Intensivierungen, Übertreibungen, Verkleinerungen, Mystifizierun-
gen, Verlockungen oder Effekte, die bestimmte anatomische Teile hervorhe-
ben, indem sie andere verdecken, z. B. Büstenhalter, um die Brustform zu ver-
ändern, Hüllen, Puder, um die Hautfarbe aufzuhellen, Sonnenbräune, hauch-
dünne Kleidung, um Offenbarungen zu suggerieren, die nicht ganz sichtbar
sind.) Gibt es negative Verzierungen, wie z. B. gefesselte Brüste, Penisbe-
schneidung, Beschneidung, Klitoris- oder Schamlippenamputation?
Körperstile. - Bewegungsstile, wie Gehen, Laufen, Tanzen, Sitzen, Stehen, Lie-
gen, unter welchen Umständen werden welche Haltungen eingenommen?
Tabus zur Steigerung der Erregung. - Wahrscheinlich ist das Tabu in sol-
chen Fällen nur partiell und in dieser Kultur mit etwas verbunden, von dem
man erwartet, dass es vergnüglich und gefährlich ist. Damit verbunden sollte
(vielleicht) eine andere Perspektive sein: die Verwendung von Gefahr als Zu-
tat, die in erotische Situationen eingebracht wird, um die Erregung zu stei-
gern. Wie wird die Gefahr moduliert, so dass es nicht zu viel ist, was Angst und
Ohnmacht erzeugt, und nicht zu wenig, was zu Gleichgültigkeit oder Lange-
weile führen könnte? Eine Untersuchung der sexuellen Tabus kann auch Auf-
schluss über die sexuellen Fantasien einer Kultur geben. Ob diese tabubehafte-
ten Fantasien in die sexuellen Tagträume der Menschen eingewoben sind, ist
schwer zu ermitteln, aber einen Versuch wert.
Die Sprache. - Dies ist nicht ganz dasselbe wie Pornografie, wenn auch ver-
wandt. Wird die Sprache (meist gesprochen, vielleicht seltener geschrieben)
nicht nur zum Werben, sondern gerade zur Stimulierung der sexuellen Erre-
gung verwendet? Wann wird sie verwendet, zu Beginn, während des Vorspiels,
während des Geschlechtsverkehrs selbst? Was wird gesagt?
Tagträume. - Können Forscher genaue Informationen über Tagträume erhal-
ten, die ihre Probanden zur Erregung verwenden? Diese Kategorie ist mit der
Pornografie verwandt, die meines Erachtens nichts anderes ist als formalisier-
tes Tagträumen, bei dem man sich auf dem Markt die Tagträume aussuchen
kann, die man wahrnimmt (mit einem zusätzlichen Erregungsimpuls, weil der
Tagtraum von jemand anderem erfunden wurde, was ihm die Illusion der Rea-
lität verleiht, statt des eher mageren Bewusstseins, nur die eigene Fantasie zu
sein).
Selbstbefriedigung. - Die Selbstbefriedigung ist der Mechanismus, der die
Tagträume in Gang setzt. Manchmal, wenn der Forscher das Szenario des Tag-
traums nicht erfassen kann, weil es zu peinlich ist, es zu erzählen, oder weil es
nicht bewusst ist, kann man ein Gefühl für den zugrundeliegenden Tagtraum
durch die Masturbationstechniken bekommen, die der Proband anwendet oder
sich verbietet. Im letzteren Fall muss man feststellen, ob das Fehlen einer
Technik darauf zurückzuführen ist, dass sie verboten ist, dass man kein Inte-
resse daran hat oder dass sie in dieser Gesellschaft unbekannt ist.
Unterschwellige Kommunikation. - Ich denke hier an subtile, nonverbale
erotische Informationsübermittlung, wie z. B. der Ausdruck von Emotionen
mit Augen und Gesicht, Veränderungen der Stimmmodulation und des Tim-
bres, Veränderungen der Atmung und ähnliches, die alle auf Veränderungen
der Erregung hinweisen können. Was davon macht jemanden an, was macht
ihn aus, was macht ihm Angst, was signalisiert unmittelbare Lust, was Zärt-
lichkeit?
Anschauen und Angeschaut werden. - Welche Körperteile sind erregend;
welche Techniken der Entblößung oder Bedeckung; welche Umstände (z. B.
kann der Anblick eines anatomischen Teils in einer bestimmten Umgebung
nicht erregend sein, während derselbe Teil an derselben Person in einer ande-
ren Umgebung erregend ist); welche Frustrationen und Erlaubnisse in der
Kindheit mindern oder verstärken Voyeurismus und Exhibitionismus; welche
Unterschiede gibt es zwischen den Geschlechtern in Bezug auf das, was man
zeigen kann und was man anschauen kann?
Erotik von Körperteilen. - Welche Körperteile können erregend stimuliert
werden; welche Stimulationstechniken sind am wahrscheinlichsten erregend?
Langeweile. - Dies hängt mit den oben genannten Fragen zusammen, denn das
Gegenteil von Erregung ist Langeweile. Wir sollten jedoch spezifische Fragen
stellen, um herauszufinden, wie schnell, unter welchen Umständen und mit
welchen Personen sich eine Person langweilt.
Andere geschlechtsbezogene Affekte. - Wann und warum treten Ekel, Wut,
Angst, Grausamkeit, Freude am Schmerz und erotisierte Angst in erotischen
Situationen auf?
Unterschiedliche Erwartungen in Bezug auf Erregung. - Was darf man in
dieser Kultur in Bezug auf Zärtlichkeit, Liebe, Intensität, Potenz (Grad und
Ausdauer), Vorspiel, Arten des Geschlechtsverkehrs (z. B. Stellungen), extra-
genitalen Geschlechtsverkehr, Erlaubnis zum Orgasmus, Nachspiel (z. B. Strei-
cheln oder Reden im Vergleich zum Einschlafen oder Aufstehen und Wegge-
hen), wiederholte Aufführungen erwarten; was sind die berechtigten Erwar-
tungen in verschiedenen Altersstufen; mit Liebhabern; mit Ehepartnern? Wel-
che Unterschiede gibt es zwischen Jungen und Mädchen, Männern und Frau-
en, zwischen Menschen mit unterschiedlichem finanziellen, religiösen oder
politischen Status?
Abweichungen. - Die kulturübergreifende Literatur ist in dieser Hinsicht ver-
ständlicherweise dürftig. Es handelt sich offensichtlich um ein Thema, über
das die Menschen an den meisten Orten nicht so leicht sprechen; ein fremder
Beobachter wird diese Informationen wahrscheinlich nicht erhalten. Aber oh-
ne diese Daten kann man die Sexualität nicht verstehen.
Wir werden für alle oben genannten Kategorien wissen wollen, ob, wie, wann
und warum sich Männer von Frauen, Reiche von Armen, Gebildete von weni-
ger Gebildeten, Anarchisten von Republikanern, Könige vom Pöbel unter-
scheiden. Und gibt es noch andere Gruppen von Menschen innerhalb der Kul-
tur, die sich durch unterschiedliche Reaktionen in einer der Kategorien aus-
zeichnen? Für mich bedeutet das Fehlen solcher Daten, insbesondere über be-
wusste und unbewusste Fantasien, dass wir weniger über die menschliche Se-
xualität wissen, als wir sollten.
Eine Theorie der sexuellen Erregung
Selbst in der psychoanalytischen Literatur, in der es ausführliche Diskussio-
nen über die Ursprünge und die Dynamik anderer Affekte gibt und aus der ich
einen Großteil der folgenden Diskussion beziehe, gibt es keine Theorie der se-
xuellen Erregung. Es ist an der Zeit, es zu versuchen. Der folgende Versuch ist
bestenfalls unvollständig; in wesentlichen Teilen mag er falsch sein. Aber er
kann als ein Anfang dienen, gegen den man andere Daten und Hypothesen set-
zen kann. (Um die Schwächen meiner Argumentation nicht zu verschleiern,
werde ich die Ideen nicht in die psychoanalytische Sprache übersetzen.)
Bei der Aufstellung dieser Theorie gehe ich von zwei Gegebenheiten aus: phy-
siologische Mechanismen und die chronische, institutionalisierte "Charakter-
struktur" einer Gesellschaft. (Letztere braucht für unsere Zwecke nur dann
herangezogen zu werden, wenn ihr Vorhandensein psychische Aktivität in ei-
nem Individuum hervorruft.) Mit anderen Worten: Diese Theorie versucht nur,
die psychischen Faktoren zu beschreiben, die im Individuum wirken. Da diese
Ideen aus meiner Arbeit der letzten etwa 15 Jahre hervorgegangen sind, könn-
ten sie von Anfang an verzerrt sein. Hätte diese Forschung als Studie über se-
xuelle Erregung begonnen, wäre sie vielleicht anders ausgerichtet gewesen;
stattdessen ist sie das Produkt der beiden miteinander verflochtenen Bereiche
der Sexualität, die ich im Laufe der Jahre untersucht habe: die Entwicklung
von Männlichkeit und Weiblichkeit (Geschlechtsidentität) und, in den letzten
Jahren, Perversion. Im Laufe der Zeit führte das erste zum zweiten, und beide
brachten mich dann zu diesem dritten - der sexuellen Erregung. (In einem
kürzlich erschienenen Werk habe ich einige der Ideen erörtert, die jetzt aufge-
griffen werden sollen; dies geschieht hier erneut, um meine derzeitige Über-
zeugung zu unterstreichen, dass die zu beschreibenden Mechanismen für die
sexuelle Erregung der meisten Menschen gelten, nicht nur für diejenigen, die
leicht als pervers zu erkennen sind.) Im Folgenden wird die Logik, die sich aus
dieser Arbeit entwickelt hat, kurz dargestellt: Wenn keine besonderen physio-
logischen Faktoren vorliegen (z. B. ein plötzlicher Anstieg der Androgene in
einem der beiden Geschlechter) und abgesehen von den offensichtlichen Ef-
fekten, die sich aus der direkten Stimulierung erotischer Teile ergeben, ist
Feindseligkeit, offen oder versteckt, das, was sexuelle Erregung erzeugt und
verstärkt, und ihr Fehlen führt zu sexueller Indifferenz und Langeweile. Diese
Dominanz der Feindseligkeit in der Erotik versucht, Kindheitstraumata und
Frustrationen, die die Entwicklung von Männlichkeit und Weiblichkeit (Ge-
schlechtsidentität) bedrohen, rückgängig zu machen. Die gleiche Art von Dy-
namik, wenn auch in unterschiedlicher Mischung und Ausprägung, findet sich
bei fast allen Menschen, sowohl bei den als pervers bezeichneten als auch bei
den nicht so bezeichneten.
Ich kam zu diesen Schlussfolgerungen, als ich, wie viele andere auch (z. B.
Freud), nach einer Linie auf dem Kontinuum des Sexualverhaltens suchte und
scheiterte, die "normal" von "pervers" trennen könnte. Als ich mir dann die
Erscheinungsformen sexueller Erregung oder die Verlockungen dazu anschau-
te, die von der Gesellschaft insgesamt akzeptiert werden, wie sie sich in Un-
terhaltungsmedien, Werbung, Büchern, Witzen und Cartoons, Zeitungen und
Zeitschriften sowie in der Massenpornografie offenbaren, kam ich zu dem
Schluss, dass die im Folgenden zu beschreibenden Mechanismen entweder
nicht auf die Perversionen beschränkt sind oder dass die meisten Menschen
pervers sind (wie andere, eher zynisch eingestellte Menschen schon lange sa-
gen). Wie Sie es ausdrücken wollen, bleibt Ihnen überlassen; die Beweise für
beide Aussagen sind dieselben.
Nachfolgend also die psychischen Faktoren, die bei Perversionen vorhanden
sind und von denen ich in meiner Arbeit bisher glaube, dass sie zu sexueller
Erregung im Allgemeinen beitragen: Feindseligkeit, Geheimnis, Risiko, Illusion,
Rache, Umkehrung von Trauma oder Frustration in Triumph, Sicherheitsfak-
toren und Entmenschlichung (Fetischisierung). Wir können die Fetischisie-
rung als Schlüsselprozess verwenden und am besten damit beginnen, sie als
Entmenschlichung zu bezeichnen; ich übersetze das in der Überzeugung, dass
der Fetisch für einen Menschen steht (und nicht nur, wie manchmal gesagt
wird, für einen fehlenden Penis). Ein sexuell erregender Fetisch kann, wie wir
wissen, ein unbelebtes Objekt, ein lebendes, aber nicht menschliches Objekt,
ein Teil eines Menschen (in seltenen Fällen sogar des eigenen Körpers), ein
Attribut eines Menschen (hier ist man etwas unsicherer, da man ein Attribut
nicht in der Hand halten kann) oder sogar ein ganzer Mensch sein, der nicht
als er selbst, sondern als Abstraktion wahrgenommen wird, etwa als Vertreter
einer Gruppe und nicht als eigenständige Person (z. B. "alle Frauen sind
Schlampen", "alle Männer sind Schweine"). Das Wort "Entmenschlichung" be-
deutet nicht, dass die menschlichen Attribute vollständig entfernt werden,
sondern nur reduziert werden, so dass der Fetisch seinen Besitzer immer noch
an die ursprüngliche (nun verdrängte) menschliche Verbindung erinnert.
Folglich verleiht die gleiche Bewegung (wie eine Wippe), die den Menschen
entmenschlicht, dem Fetisch eine menschliche Qualität.
Warum tun Menschen dies denen an, die sie vielleicht lieben? In erster Linie,
so vermute ich, ist die Entmenschlichung ein Rückgriff auf die frühesten Sta-
dien der Entwicklung, bevor die Dinge "vermenschlicht" werden. Der Säugling,
so nehmen die meisten von uns an (wer weiß das schon?), begreift eine Klasse
von Objekten um ihn herum zunächst nicht als Menschen; erst allmählich ver-
dichten sich die Attribute zu der komplexen Abstraktion einer eigenständigen,
ganzen Person, die wie er selbst ist. Wenn dieses Bewusstsein entsteht, wird
seine Entwicklung nicht von der Realität aufgehalten, sondern weitet sich, vor
allem in der kindlichen Fantasie, auf Nicht-Menschen aus: Tiere, Pflanzen, un-
belebte Dinge. Die Anthropomorphisierung ist bei Kleinkindern allgegenwärtig
und (in dieser Form) nicht pathologisch, d. h. ein solcher Animismus tritt auf,
ohne durch intrapsychischen Schmerz und das Bedürfnis, Konflikte zu lösen,
motiviert zu sein.
Diese Fähigkeit zur Vermenschlichung ist jedoch nicht absolut. Sie variiert von
Zeit zu Zeit im Leben eines Menschen und auch von Mensch zu Mensch. Bei
schwer behinderten oder autistischen Menschen ist sie kaum vorhanden, und
bei schizoiden Menschen oder Psychopathen ist sie stark gestört. Selbst bei
Menschen - den meisten von uns -, die die Fähigkeit entwickeln, zu wissen,
dass der andere ein Mensch ist und wie wir selbst, ist sie anfällig für Rück-
schritte. Wenn meine Theorie stimmt, können nur diejenigen pervers sein, die
Menschen als Menschen wahrnehmen können, denn diese Wahrnehmung ist
offensichtlich notwendig, um den Akt der Entmenschlichung durchzuführen.
Ein Kind, das in der Realität mehr oder weniger wehrlos gegenüber denen ist,
die es bedrohen oder ihm tatsächlich Schaden zufügen, kann Fantasien erfin-
den, die das Gleichgewicht wiederherstellen oder sogar den Angreifer (in der
Fantasie) das erleiden lassen, was das Kind in der Realität getan hat: Rache. Gibt
es eine reinere Form der Rache als die, dem Angreifer das gleiche Trauma oder
die gleiche Frustration zuzufügen, die man selbst erleiden musste? Die Folte-
rung des Objekts in der Fantasie wird noch exquisiter, wenn man es zur Un-
menschlichkeit oder zum Teilobjekt degradiert. Man löscht diese Person also
nicht einfach aus, sondern lässt sie weiter existieren, aber ihrer menschlichen
(d. h. wertvollen) Eigenschaften beraubt (was Kinder glauben, wenn sie trau-
matisiert sind). Denn ein Kind spürt, dass diejenigen, die ihm Schmerzen zufü-
gen, dies zum Teil tun, um die eine oder andere Eigenschaft seines
Menschseins zu zerstören.
Die Entstehung eines Fetischs setzt sich also aus mehreren Prozessen (Fanta-
sien) zusammen: (1) Eine Person, die einem Schaden zugefügt hat, soll mit ei-
nem ähnlichen Trauma bestraft werden. (2) Das Objekt wird seiner Mensch-
lichkeit beraubt. (3) Ein nichtmenschliches Objekt (unbelebt, tierisch oder ein
Teilaspekt eines Menschen, wie eine Brust oder ein Penis) wird mit der
Menschlichkeit ausgestattet, die der Person, an der man sich rächen will, ge-
stohlen wurde. Auf diese Weise wird der Mensch entmenschlicht und das
Nicht-Menschliche vermenschlicht. (4) Der Fetisch wird gewählt, wenn er eine
Eigenschaft hat, die dem geliebten, benötigten, traumatisierenden Objekt äh-
nelt. Der vollendete, komplizierte Mechanismus (Fantasie) wird an das (menta-
le) Bild des nicht-menschlichen Objekts angehängt ("hineingesteckt") und
wertet es zu einem Humanoiden auf, dem gegenüber man keinen Hass zu emp-
finden braucht. Es ist nun ein Fetisch, während der Mensch, der bestraft wird,
neutralisiert wurde und bewusst nicht mehr so wichtig ist, nicht mehr voll-
ständig als die Person gesehen wird, die er oder sie ist. So werden, wie wir
noch einmal aufgreifen werden, Frustration und Trauma in Triumph umgewandelt,
und in der Fantasie wird das Opfer der Kindheit gerächt und zum erotisch er-
folgreichen Sieger. Ein Beispiel:
Eine Patientin, für die seit ihrer Kindheit die Angst vor Demütigung jeden ihrer Schritte
bestimmte, sagte, dass ihr schönster Moment beim Geschlechtsverkehr nicht ihr Orgasmus
sei, sondern früher, kurz bevor ihr Partner kommt, wenn sie weiß, dass er sich jetzt nicht
mehr beherrschen kann. Spät in der Analyse ertappte sie sich zum ersten Mal bei dem Be-
wusstsein, dass sie mit ihrem Körper alles tat, was nötig war, um zu garantieren, dass ihr
Liebhaber immer vorzeitig ejakulieren würde.

Die folgenden Fantasien, jede von einer anderen Frau, die (durch zufälliges
Umblättern; es gibt Dutzende weiterer solcher Fantasien) aus einem Buch über
die sexuellen Fantasien von Frauen entnommen wurden, veranschaulichen
diese Entmenschlichung und ihren Nutzen für die rachsüchtige Umkehrung
des Traumas; Männer als Klasse sind der Fetisch. Ich glaube nicht, dass diese
Fantasien exotisch sind, sondern eher, dass sie denen unzähliger Frauen glei-
chen.
1. Ich bin sehr mutig und aggressiv in meinen Fantasien. In der Tat, ich übernehme die Füh-
rung. In meinen Fantasien geht es immer um junge Männer.... Ich glaube, der Grund dafür,
dass ich mir vorstelle, dass der Mann 15 oder 20 Jahre jünger ist als ich, ist, dass ich dann
weniger Angst vor ihm habe. Eigentlich ist er immer jemand, der noch Jungfrau ist, oder
kurz davor. Jemand, der nicht wirklich weiß, worum es geht - das Schlafzimmer, verstehst
du -, so dass es an mir liegt, es ihm beizubringen, und nichts, was er tun wird, kann mich
überraschen oder beunruhigen. Er ist nur ein Junge.... Fantasien nutzen sich ab; irgendwie
verlieren sie schließlich ihre erotische Ladung. Also muss man sich neue ausdenken. (Es
folgt eine lange Beschreibung, wie sie ihn bei einem Strip-Poker ausspielt, ihn in sexuelle
Erregung versetzt, ihn mit Händen und Füßen ans Bett fesselt und ihn dann bearbeitet.) 2.
Manchmal, wenn ich masturbiere, ist da diese reizende Person, die natürlich mein Liebha-
ber ist, und er versammelt einen Haufen reizender Herren, die mich unbedingt ficken wol-
len.... Es scheint, dass es in meiner Fantasie immer diese Typen gibt, die unbedingt an mich
herankommen wollen.... 3. Wenn ich masturbiere, stelle ich mir die verschiedensten Dinge
vor. Manchmal kommt ein Mann an die Tür, der etwas verkauft, und ich bitte ihn herein.
Während er dort steht und seine Fuller-Bürsten oder was auch immer präsentiert, beginne
ich, mich zu streicheln. Er schaut zu, offensichtlich erregt, und es fällt ihm immer schwerer,
sein Verkaufsgespräch fortzusetzen. Ich ziehe mich aus und beginne zu masturbieren, wäh-
rend ich seine Bemühungen beobachte, sich zu beherrschen. Er ist in einem echten Zustand,
und ich bin natürlich sehr cool - in gewisser Weise, aber ich werde auch sehr erregt....
Manchmal ändere ich die Handlung; ich mache keinen Versuch, den Mann zu verführen
oder zu ermutigen. Aber wenn er erst einmal im Haus ist, kann er meinem ganz besonderen
Charme nicht widerstehen und vergewaltigt mich, direkt im Wohnzimmer.

Das Quälen von Männern ist zwar nicht das einzige Thema in diesen veröffent-
lichten Tagträumen, aber es ist ein dominierendes. Und selbst ohne Informati-
onen über die Frauen, die diese Fantasien geäußert haben, ist das Thema der
Umkehrung von Frustration und Trauma leicht zu erkennen.
Das andere erotische Thema, das bei Frauen in unserer Kultur vielleicht am
beliebtesten ist, ist das masochistische. Wie können wir den Triumph im Lei-
den des Masochismus finden? Hier ein Beispiel:
Meine erste sexuelle Fantasie entstand kurz nach der Pubertät. Ich war etwa elf oder zwölf.
Nachts lag ich im Bett und stellte mir vor, ich würde im Wald spazieren gehen. Ein fremder
Mann folgte mir, und als ich weglaufen wollte, fing er mich ein und schlug mich. Jede Nacht
durchlief ich Varianten dieses Themas - der Mann überwältigte mich, nahm mich mit und
zwang mich, Dinge gegen meinen Willen zu tun. Der sexuelle Teil war eher verschwommen.
Ich hatte in dem Alter keine klaren Vorstellungen davon. Indem ich vor dem Einschlafen
darüber nachdachte, konnte ich mich dazu bringen, auch davon zu träumen. Später ging die
Fantasie dahin, dass ich in den Osten verschleppt und als Sklave verkauft wurde. Es gab un-
endlich viele Möglichkeiten für diese Geschichte, denn ich wurde nacheinander von mehre-
ren Männern gekauft und verkauft. Gelegentlich fantasiere ich immer noch darüber. Meine
Fantasien fallen natürlich eher in die Kategorie "Zurschaustellung" im Sinne von Erniedri-
gung als von Angeberei. (10: S. 152-153)

Der Machtkampf findet sich auch bei Männern. Ein Beispiel: Ein männlicher
Patient beschrieb, was möglicherweise ein gemeinsamer Faktor bei der Erre-
gung derjenigen ist, die erbaut sind, wenn sie andere masturbieren sehen. Da
er seine eigene Masturbation für schmutzig und ein Zeichen von Schwäche
hielt, war es für ihn die größte Erregung, einer Frau dabei zusehen zu dürfen,
wie sie sich bei der Selbstbefriedigung gehen ließ; er fühlte sich dadurch kurz-
zeitig überlegen.
Millet (11), die diese Machtfragen treffend als "Sexualpolitik" bezeichnet hat,
beginnt ihr Buch mit einem Zitat von Henry Miller, das für das anatomische
Herumschwappen steht, das viele Männer in ihrer Pornografie schätzen:
Ich würde sie bitten, mir das Bad zu bereiten. Sie tat so, als würde sie zögern, aber sie tat es
trotzdem. Eines Tages, als ich in der Wanne saß und mich einseifte, bemerkte ich, dass sie
die Handtücher vergessen hatte. "Ida", rief ich, "bring mir ein paar Handtücher!" Sie kam
ins Bad und reichte sie mir. Sie trug einen seidenen Bademantel und ein Paar Seidenstrümp-
fe. Als sie sich über die Wanne beugte, um die Handtücher auf die Ablage zu legen, rutschte
ihr Bademantel auf. Ich rutschte auf meine Knie und vergrub meinen Kopf in ihrem Muff. Es
ging so schnell, dass sie keine Zeit hatte, sich zu wehren oder auch nur so zu tun, als ob sie
sich wehren wollte. Im Nu hatte ich sie in der Wanne, mit Strümpfen und allem. Ich streifte
den Bademantel ab und warf ihn auf den Boden. Die Strümpfe ließ ich an - so sah sie noch
lasziver aus, mehr der Cranach-Typ. Ich legte mich zurück und zog sie auf mich. Sie war wie
eine läufige Hündin, biss mich überall, keuchte, keuchte, zappelte wie ein Wurm am Haken.
Als wir uns abtrockneten, beugte sie sich vor und begann an meinem Schwanz zu knabbern.
Ich setzte mich auf den Wannenrand und sie kniete zu meinen Füßen und glotzte ihn an.
Nach einer Weile zwang ich sie, aufzustehen, sich zu bücken und es ihr von hinten zu be-
sorgen. Sie hatte eine kleine saftige Fotze, die mir wie ein Handschuh passte. Ich biss ihr in
den Nacken, in die Ohrläppchen, in die empfindliche Stelle an ihrer Schulter, und als ich
mich zurückzog, hinterließ ich den Abdruck meiner Zähne auf ihrem schönen weißen
Arsch. Kein einziges Wort wurde gesprochen.

Es wäre interessant, Idas Version dieses Austauschs zu hören.


Wahrscheinlich ist nur ein Analytiker in der Lage, genügend Informationen zu
erhalten, um unter die Oberfläche solcher Tagträume zu gelangen, denn man
kann davon ausgehen, dass nur wenige Menschen beim ersten Erzählen alle
Details einer erotischen Fantasie nennen, geschweige denn die bewussten oder
unbewussten Motive für die Wahl dieser Details. Aber mit fortschreitender Be-
handlung und zunehmendem Verständnis werden einige Details, die für das
imaginäre Auge des Patienten verschwommen waren, allmählich klarer, oder
der Handlungsstrang ändert sich, so dass bestimmte Elemente betont werden
und andere wegfallen. Hier ist der am häufigsten verwendete Tagtraum einer
Frau in der Analyse:
Ein grausamer Mann, der Direktor, ein Nazi-Typ mit Stiefeln und Peitsche, leitet das Ge-
schehen. Sie besteht darin, dass die Patientin von hinten (nicht anal) von einem Hengst
vergewaltigt wird, der von einer Stute, die in einiger Entfernung jenseits des Ortes, an dem
die Patientin kauert, zur Raserei erregt worden ist. In einem Kreis um die Peripherie herum
stehen vage wahrgenommene Männer, ausdruckslos, masturbierend, während sie sich ge-
genseitig, die Direktorin und die Patientin ignorieren. Sie ist zum Vergnügen dieser Männer
da, einschließlich des Direktors, der, obwohl er eine Erektion hat, keinen Kontakt zu ihr
aufnimmt; ihre Funktion ist es, zu unerträglicher sexueller Erregung und Lust gezwungen
zu werden und sich dabei vor diesen Männern lächerlich zu machen. Sie ist versklavt in
dieser obszönen Zurschaustellung von Demütigung, weil sie bei diesen ansonsten gefühllo-
sen Männern eine Erektion hervorruft; sie stehen mit phallischer, brutaler Gleichgültigkeit
da. Was sie erregt, ist jedoch nicht diese Szene allein, denn wenn sie sich wirklich ereignen
würde, würde sie natürlich Entsetzen und nicht Vergnügen empfinden. Vielmehr resultiert
ihre Erregung aus dem Wissen, dass sie, die in der realen Welt masturbiert, nicht buchstäb-
lich dieselbe ist wie "sie", die leidende Frau in der Geschichte. In der Geschichte wird sie
gedemütigt, in der Realität ist sie in Sicherheit.

Mit der Zeit verblasste diese Fantasie, als ihre masochistischen Bedürfnisse
nachließen. Zuvor jedoch nahm der Direktor, ein Mann unbestimmten Alters,
je nach Analyse die Züge ihrer Mutter, ihres Vaters, ihrer Tante, der grausa-
men, aber begehrten Jungen ihrer Jugend und vor allem meiner selbst an; erst
spät in der Behandlung sah sie ihn genau an und entdeckte so, dass sein Alter
schon immer mit dem ihren übereinstimmte. Diese Klärung des visuellen Bil-
des fand statt, als sie entdeckte, dass ihr Leiden ihr eigenes Verdienst war und
nicht das Ergebnis ihres Schicksals, von Männern grausam behandelt zu wer-
den, und dass sie ihren Masochismus nutzte, um uns andere verrückt zu ma-
chen. Erst dann wusste sie auch, dass der Direktor sie selbst war. Es mag Sie
daher nicht überraschen, dass sie bis zum Ende der Behandlung nie einen Or-
gasmus beim Geschlechtsverkehr als Folge dessen erreichte, was der Mann tat.
Stattdessen schaffte sie dies selbst. Sie schaffte dies, indem sie auf den Penis
ihres Partners masturbierte, wie es ihre Fantasie verlangte, und ihn ignorierte,
während er grimmig weitermachte, oder sie übernahm, nachdem der Mann
fertig war, die Befriedigung selbst. Nur wenn sie die masochistische Fantasie
verstanden hatte, kam sie beim aktiven Geschlechtsverkehr und durch die
Handlungen ihres Liebhabers zum Orgasmus.
Dieses Fragment dient nicht nur zur Veranschaulichung der Dynamik in der
Theorie, sondern auch dazu, meine Überzeugung darzustellen, dass diese Art
von Material anderen vertraut sein wird, nicht merkwürdiger zum Beispiel als
das, was in der Praxis eines jeden Analytikers auftaucht, was darauf hinweist,
dass der Gebrauch dieser Mechanismen weit verbreitet ist.
Diesen Eindruck gewinnt man auch aus populären Zeitschriften zur Sexualauf-
klärung. (Es mag für manche eine Steigerung der Erregung bedeuten, wenn
Pornographie in ein wissenschaftliches Gewand gekleidet wird.) Auch wenn
die Redakteure die von den Lesern eingesandten erotischen Fantasien um-
schreiben oder vielleicht sogar einige erfinden, können wir davon ausgehen,
dass sie dabei die Gedanken ihres Publikums kennen und dass die Briefe, ob
echt oder nicht, die Fantasien der Abonnenten berühren. Obwohl wir die fol-
genden Zeilen nur aus einer solch verdächtigen Quelle erhalten, wird der In-
halt den meisten von uns nicht als selten vorkommen:
Ich habe einen Stammkunden - zweimal pro Woche - der mich dafür bezahlt, dass ich ihn
eine Vergewaltigung durchführen lasse. Das ist die einzige Möglichkeit für ihn, es zu tun.
Normalerweise läuft die Szene folgendermaßen ab. Ich bin sehr schick gekleidet, so wie er
sich eine Bibliothekarin vorstellt: Tweedrock, weiße Bluse, Slip und "vernünftige" Schuhe.
Mein Haar ist zu einem Dutt hochgesteckt und ich trage eine Brille. Ich sitze in meinem
Zimmer und lese ein Buch, als er klopft. Als ich die Tür öffne, zieht er eine Pistole (in Wirk-
lichkeit ein Plastikmodell) und zwingt mich zurück in die Mitte des Zimmers neben das
Bett. Ich flehe ihn an, mich nicht zu töten, und sage ihm, dass er sich alles nehmen kann,
was er will, nur mich nicht verletzen darf.
Je mehr ich bettle, desto mehr erregt er sich und sagt mir mit leiser Stimme, ich solle still
sein. Dann reißt er mir die Brille vom Kopf und sagt mir, ich solle mein Haar herunterlassen.
Ich fange an zu schluchzen, aber langsam, ganz langsam entferne ich die Haarnadeln, die
mein Haar hochhalten.
Schließlich fallen meine Haare, die eigentlich sehr lang sind, über mein Gesicht und meine
Schultern, während ich ihn weiter anflehe, mir nicht weh zu tun. "Ziehen Sie jetzt Ihre Blu-
se aus", sagt er und seine Stimme wird lauter. Als ich mich weigere, drückt er mir die Pistole
ins Gesicht, und ich knöpfe langsam - immer noch weinend - die Bluse auf und ziehe sie aus.
Dann den Rock und den Slip, wobei ich jedes Mal protestiere und er mich jedes Mal mit sei-
ner Waffe bedroht.
Inzwischen habe ich nur noch einen BH und einen Strumpfgürtel an, Strümpfe und Schuhe.
Kein Höschen, und er sagt immer: "Ha, ich wusste schon immer, dass dein Typ heimlich mit
sich selbst spielt." Aber meine einzige Reaktion ist, zu weinen und zu versuchen, meinen
Körper zu verstecken. Dann schiebt er mich zurück aufs Bett, und mit der Waffe auf meinen
Hinterkopf gerichtet, nimmt er die BH-Haken ab und dreht mich um. Als der BH abfällt,
kann ich sehen, dass er eine volle Erektion in seiner Hose hat.
Während ich mich langsam ausziehe, öffnet er seinen Hosenschlitz. Ich schreie auf, aber als
mein Mund offen ist, packt er meinen Kopf und zwingt seinen Penis in meinen Mund, wäh-
rend er gleichzeitig die Waffe auf meine Schläfe richtet. Ich beginne, ihn zu saugen, aber
nach ein paar Sekunden stößt er mich zurück auf das Bett und klettert auf mich. Ich versu-
che, ihn von mir zu stoßen, rolle ihn weg, schließe meine Beine, stoße gegen sein Gesicht,
schreie. Doch allmählich überwältigt er mich, drückt meine Arme nach unten und dringt in
mich ein. Als er beginnt, in mich einzudringen und wieder herauszukommen, wechseln
meine Ausdrücke von Angst und Entsetzen zu zunehmender Freude, und wenn er kommt -
was nie sehr lange dauert -, täusche ich einen Orgasmus vor, drücke ihn näher an mich her-
an, wirbele auf dem Bett herum und stöhne.
Nachdem er diese Szene mehrmals gespielt hatte, erzählte er mir, dass er Angst davor hatte,
wirklich jemanden zu vergewaltigen, und dass dies mit einer Prostituierten die einzige
Möglichkeit war, den Zwang zu reduzieren. Ich sei die Einzige, die die Rolle zu seiner eige-
nen Zufriedenheit spielen könne.
Seitdem haben wir die Routine variiert. Manchmal komme ich als Hausfrau im Schürzen-
rock zur Tür, manchmal als kleines Mädchen. Einmal hat er mich sogar mit einem Messer
von der Straße geholt. Damals hatte ich wirklich Angst, und das war das einzige Mal, dass
ich wirklich einen Orgasmus hatte, denn er ließ das Messer die ganze Zeit über nicht los.
Und ich bin nicht die einzige Nutte, die solche Freier hat. Mehrere meiner Freundinnen
machen verschiedene Handlungen durch, aber alle simulieren auf die eine oder andere Wei-
se eine Vergewaltigung. Wenn es uns nicht gäbe, würden diese Typen da draußen wirklich
Leute vergewaltigen und vielleicht sogar jemanden umbringen. (12: S. 56-57)

Nach dieser Beschreibung der Entmenschlichung können wir nun zu anderen


Mechanismen übergehen, die meiner Meinung nach zur sexuellen Erregung
beitragen. Behalten Sie die These im Hinterkopf, dass die Erregung das unmit-
telbare Ergebnis bewusster und unbewusster Fantasien ist, die man am besten
versteht, wenn man den Prozess als die Entfaltung eines Szenarios betrachtet,
das im Laufe des Lebens geschrieben und immer weiter verfeinert wird. Bisher
habe ich gesagt, dass dieses Drehbuch geschaffen wird, um Frustrationen,
Traumata und intrapsychische Konflikte zu verarbeiten, und damit eine zent-
rale psychoanalytische These, dass diese schmerzhaften Erfahrungen die Ursa-
che für Perversionen sind, auf die normative Welt ausgedehnt. An dieser Stelle
möchte ich, ohne dies näher auszuführen, aber dennoch als notwendigen Teil
der Argumentation, auf die von Analytikern seit Freud gesammelten Daten
und ausgearbeiteten Theorien hinweisen: Kastrationsangst, Penisneid, die Fan-
tasie der phallischen Frau und tatsächliche Körperverletzungen tragen zur se-
xuellen Fehlentwicklung, insbesondere zum Fetischismus, bei (siehe insbeson-
dere die Referenzen 13-15). Ich verzichte darauf, auf diese Dinge einzugehen,
um mich darauf zu konzentrieren, wie die Fantasie mit Feindseligkeit umgeht -
mit Feindseligkeit, die man als gegen sich selbst gerichtet empfindet, und mit
dem Vergeltungshass, den man dann auf andere richtet -, um Erregung zu er-
zeugen.
Aufgrund des Machtgefälles kann sich das Kind in der realen Welt nicht gut
gegen seine Angreifer (meist die Eltern) wehren und tröstet sich daher mit der
Fantasie, vor allem mit dem Szenario, einer bewusst erzählten Geschichte, ei-
nem Tagtraum. Der Tagtraum dient dazu, das Selbstgefühl (die Existenz) als
Mann oder Frau zu bewahren, das Machtgleichgewicht zwischen Kind und An-
greifer wiederherzustellen, die erotische Fähigkeit zu bewahren und Rache zu
üben. Somit befinden wir uns von Anfang an inmitten eines Austauschs von
Feindseligkeit. ("Feindseligkeit" bedeutet, dass man Aggressionen gegen ein
Objekt richtet, um ihm zu schaden; unter bestimmten Umständen wird "Feind-
seligkeit" besser als "Zorn", "Wut" oder "Hass" wiedergegeben, die alle den
Wunsch implizieren, Schaden anzurichten.) Kommen wir nun zu den anderen
Komponenten der Erregung.
Erstens: das Geheimnis. Wie wird es in das Drehbuch eingebaut, so dass es zur
Erregung beiträgt? Nehmen wir als Beispiel die Mode, die beim Menschen uni-
versell ist. Es scheint, dass in allen Gesellschaften etwas getan wird, um das
Aussehen des nackten Körpers zu verändern, um ihn weniger so erscheinen zu
lassen, wie er ist, um seine Attraktivität zu erhöhen.
Selbst in Gesellschaften, in denen alle Menschen nackt sind, gibt es Gelegen-
heiten, bei denen ein Körperteil verhüllt werden muss. Oft dienen Verhüllun-
gen nicht nur der Verhüllung, sondern auch ästhetischen, aber nicht eroti-
schen Impulsen. Sie werden zu Schmuck, d. h. ihr Nutzen wird durch Kunst
(Zweideutigkeit), religiöse Rituale oder Tabus eingeschränkt. Oder die Körper
werden durch Tätowierungen, Skarifizierungen, Farben, Kosmetika oder Frisu-
ren verändert, um diese Anforderungen zu erfüllen. Manchmal werden diese
Effekte aber auch erzeugt, um sexuelle Erregung zu erzeugen. Wenn dies dort
der Fall ist, wo die Kleidung keinen großen Teil des Lebens ausmacht, dann
muss man sich vor Augen halten, wie viele weitere Tricks in Gesellschaften wie
der unseren möglich sind, wo (unabhängig von den anderen Funktionen, die
die Mode haben mag) Kleidung auch dazu dienen kann, verlockende Mischun-
gen aus Verbergen und Enthüllen, aus Verkleiden, Verzerren, Versprechen
und Verweigern zu erzeugen. Wenn diese widersprüchlichen Gefühle in der
Summe vorhanden sind, spürt der empfängliche Beobachter diese Vibration
(Schwingung), die man Erregung nennt.
In sexuellen Beziehungen, ob real oder eingebildet, wechseln sich Pathologien
ab, oder das Geschäft endet; in unserer Gesellschaft greift die Ausbildung der
Männer im verbotenen Schauen mit dem Wissen der Frauen über sich selbst
als Menschen, die erlauben sollen, was sie verbieten sollen, ineinander. Eine
Frau, keine Patientin, erzählt die folgende Geschichte:
Seit ihrer Kindheit wusste sie, dass es ihre Berufung war, Nonne zu werden.
Die Entscheidung fiel ihr leicht, und so begann sie als Teenager ihre Ausbil-
dung. Obwohl ihre anderen Geschwister heirateten und Kinder bekamen, und
obwohl sie große Freude an Kindern hatte, fühlte sie sich erfüllt, wenn sie sich
um die Kinder anderer kümmerte. Sie hätte gerne eigene Kinder gehabt, fühlt
sich aber nicht benachteiligt, weil sie mit Neffen und Nichten und durch ihre
Arbeit für die Kirche ihren mütterlichen Impulsen nachkommen konnte. Ihr
Wunsch, Mutter zu werden, war nicht mit sexuellem Verlangen verbunden;
obwohl sie die sexuelle Erregung der Menschen versteht, hat sie sie bis vor ei-
nigen Jahren nie selbst erlebt. Damals, in ihren Vierzigern, wechselte ihr Or-
den von der traditionellen Kleidung zu kürzeren Röcken, die ihre Beine zeig-
ten. Seitdem sie zum ersten Mal einen solchen Rock angezogen hat, leidet sie
unter anhaltender, bewusster sexueller Erregung, wenn sie in der Öffentlich-
keit einen Rock trägt. Sie lächelt reumütig, als sie dies beschreibt, und sagt,
dass sie jetzt wenigstens den Vorteil hat, etwas über das Leiden zu wissen und
ihr Leiden als ein Geschenk an Gott nutzen kann.
In diesen Situationen - die voyeuristischen und exhibitionistischen Wechsel-
spiele sind wahrscheinlich überall präsent - geht das Geheimnis, mit dem um-
gegangen wird, von der sexuellen Anatomie aus: primäre und sekundäre Ge-
schlechtsmerkmale. (Ich brauche die umfangreiche psychoanalytische Litera-
tur über die verhängnisvollen Folgen der anatomischen Unterschiede zwi-
schen den Geschlechtern nicht zu zitieren.)
Es ist jedoch nicht nur so, dass man sich in der Vergangenheit vor dem Ge-
heimnisvollen gefürchtet hat, sondern dass man heute paradoxerweise dafür
sorgt, dass das Geheimnisvolle erhalten bleibt. Es darf zwar nicht zu viel Gefahr
suggerieren (das Risiko darf nicht zu hoch sein), aber wenn der Anschein (die
Fassade) des Geheimnisses nicht aufrechterhalten wird, schwindet die Erre-
gung. (Dieses Spiel mit dem Geheimnis vermittelt jedoch nur die Illusion, dass
das Geheimnis harmlos ist, denn in der Tiefe bleibt die Gefahr bestehen. Das
Rätsel um den Körper der anderen Person wurde nie gelöst. Man hat sich le-
diglich selbst etwas vorgemacht, indem man der Autor seines eigenen Tag-
traums war und glaubte, die Risiken zu kontrollieren. Für viele Menschen ist
jede Begegnung mit einem noch nicht fetischisierten Objekt und für manche
auch jede Episode der Erregung eine Konfrontation, eine Rückkehr zur Ge-
fahr).
Es ist wichtig, dass man sich das Mysterium als einen Besitz vorstellt, den das
Objekt, z. B. eine aufreizende Frau, nicht bereitwillig aufgeben wird. Die Erre-
gung hängt also von der Überzeugung ab, dass man gewaltsam etwas aufdeckt,
was einem nicht zusteht. Ändert sich die Gestalt von geheimnisvoll zu ver-
traut, hat er den Zweck seiner Feindseligkeit verloren, wenn die Vertrautheit
darauf zurückzuführen ist, dass sein Objekt die Vision freiwillig preisgibt.
(Dies wird an anderer Stelle ausführlicher erörtert.) Eine ganze Industrie (Fo-
tografien von nackten Frauen) basiert auf dieser Dynamik, und man kann da-
von ausgehen, dass die Herausgeber nervös werden müssen, wenn nur noch
wenig visuell aufgedeckt wird. Wir warten auf den nächsten Durchbruch.
Ich vermute derzeit (das heißt, der nächste ist noch vorsichtiger), dass das
Management von Geheimnissen eine größere Rolle bei der sexuellen Erregung
von Männern spielt als bei Frauen. Die meisten Gesellschaften haben es so ein-
gerichtet, dass ein männlicher Körper für Mädchen und Frauen weniger ge-
heimnisvoll ist als ein weiblicher Körper für Jungen und Männer, da die Teile
zur Besichtigung offen sind. Was jedoch den weiblichen Körper betrifft, so sol-
len Männer nicht nur keine Brüste und Genitalien sehen, sondern sie müssen
sich auch mit dem riesigen reproduktiven Inneren mit seinen unvorstellbaren
Dimensionen und seiner Macht auseinandersetzen, ohne Hoffnung, es zu be-
sitzen oder zu verstehen. (Diese Probleme sind Ihnen unter dem Begriff "Kast-
rationsangst" bekannt.)
Es scheint also, dass das Schwanken, das die Erregung im Geheimnis ausmacht,
zwischen Wissen und Nichtwissen, Sehen und Nichtsehen, Sicherheit und Ge-
fahr liegt. Eine Funktion einer selbst geschriebenen Geschichte besteht darin,
dafür zu sorgen, dass sich die Gefahr im Mysterium von einer Unbekannten,
die man nicht kontrollieren kann, in eine Gefahr verwandelt, die vom Dreh-
buchautor kontrolliert wird, der weiß, dass er die Verantwortung trägt und
das Mysterium in sein eigenes Drehbuch geschrieben hat.
Um diese Überlegungen fortzuführen, sollten wir das Wort "Gefahr" in "Risi-
ko" ändern. Risiko impliziert eine Gefahr, bei der die Erfolgschancen abge-
schätzt werden können (wieder diese Qualität der Schwingung, die in "Span-
nung" impliziert ist). Das Problem bei der Konstruktion eines erotischen Tag-
traums ist, wie man das Gefühl des Risikos in der Geschichte aufrechterhalten
und gleichzeitig das tatsächliche Risiko minimieren kann. Also schreibt man
Sicherheitsfaktoren hinein, die die Gefahr auf die Illusion der Gefahr reduzieren.
In der gröbsten Form geschieht dies, indem man sich Ereignisse ausmalt, die
man in der Realität nie wagen würde. Eine Patientin träumte jahrelang genüss-
lich davon, dass ihr Gesäß und ihr Anus sexuell benutzt wurden, obwohl sie bei
jedem tatsächlichen Geschlechtsverkehr Angst hatte, dass ihr Anus penetriert
werden könnte. Die Perversion Masochismus veranschaulicht diese Illusion
des Risikos besonders deutlich. Masochisten wählen sehr sorgfältig aus, wer
ihnen Schmerzen zufügt, wie das geschieht, welche Körperteile stimuliert
werden sollen, und (sehr sorgfältig konstruiert) wird das Drehbuch so abge-
spielt, dass der Masochist die Kontrolle über die Handlung hat - wann das Ge-
schäft beginnt und endet und was und wie viel getan wird.
Daraus folgt, dass diese Mechanismen (Risiko, Illusion und Geheimnis) nicht
nur bei der Wahl der Objekte, die man in seinen Tagträumen verwendet, son-
dern auch bei der Wahl der Objekte in der realen Welt zum Tragen kommen.
Natürlich sind reale Menschen nicht immer vollständig manipulierbar; man
muss also mit Bedacht auswählen und selbst dann auf das Spiel mit den Risiken
achten, damit es nicht aus dem Ruder läuft. Die Auswahl derjenigen, die wir
lieben oder von denen wir begeistert sein werden, ist nicht nur eine Frage der
Chemie und des Geistesblitzes. Zum Beispiel:
Als Tochter eines mächtigen, brutalen, aufregenden, gut aussehenden, beruflich brillanten,
aber gescheiterten Mannes und einer distanzierten, zurückgezogenen Frau, die sie nicht vor
den Wutausbrüchen ihres faszinierenden Vaters schützte, war die Patientin, eine unverhei-
ratete, 20-jährige Studentin, nur von jenen Männern erregt, die gut aussahen, deren Körper
groß und hart waren, die männlich waren, weil ihr Stil heterosexuell, potent, intensiv und
auf Sex ausgerichtet war, die intelligent, gebildet, finanziell gut situiert und beruflich er-
folgreich waren und die sich auf sie konzentrierten, ohne Rücksicht auf ihre anderen
Freundinnen - mit anderen Worten, der Traummann vieler amerikanischer Frauen. Sie er-
kannte jedoch (und verlor im Laufe der Zeit ihre Besessenheit von solchen Männern), dass
sie vor jeder Affäre festgestellt hatte, dass der Mann fast unsichtbare, aber fatale Schwä-
chen hatte. Trotz bemerkenswerter Leistungen hatten alle einen Unterton von Verzweif-
lung; weil sie ihre eigenen Standards der beruflichen Leistung kompromittiert hatten; weil
sie nach ihrer eigenen Moral jemand anderem schadeten, indem sie sich ihr zuwandten;
weil sie nicht in der Lage waren, die Liebe, die sie für sie empfanden, offen auszudrücken;
und, was für ihre Erregung entscheidend war, weil sie ihr Wissen, dass sie litten, zur Schau
stellten. Sie konnte einen solchen Mann am anderen Ende des Raumes erkennen, noch be-
vor er ihr vorgestellt wurde.

Zu Beginn der Behandlung war sie sich nur dieses unheimlichen Gefühls be-
wusst, wenn "ich diesen Mann (zum ersten Mal) ansehe und erregt werde"; der
Mikropunkt bewusster Wahrnehmung, der so viel von dem, was in den Köpfen
der Menschen während intensiver emotionaler Erfahrungen vor sich geht,
verdichtet und verschleiert. Ihre Erregung war in diesem großen Moment
nicht erotisch, sondern eher eine wache, scharfe, kraftvolle Erwartung. Den-
noch, so erfuhren wir mit der Zeit, war die Checkliste in diesem Moment un-
bewusst abgearbeitet worden: die Attribute summiert, der Haarriss, die irrepa-
rable Schwäche eingeschätzt (vielleicht war es nur eine kurze Aufregung, die
seine Gelassenheit unterbrach), und ihre eigenen Stärken abgeglichen, so dass
die Risiken, die seiner phallischen Natur innewohnten, bereits in diesem ers-
ten Augenblick als geringer erkannt wurden als ihre Fähigkeit, ihn zu besie-
gen. Ihr Vater hatte sich ihrer Kontrolle entzogen, und das war so furchtbar
gewesen, dass sie, als sie in der Pubertät lernte, Intelligenz, Stärke, Selbstsi-
cherheit und gutes Aussehen zu nutzen, ein Mittel entdeckte, um das Trauma,
das dennoch unaufhörlich rückgängig gemacht werden musste, endlos zu ma-
chen. Ihre sexuelle Erregung hing davon ab, dass sie sich Männer aussuchte,
die stark genug schienen, um gefährlich zu sein (die Illusion des Risikos), aber
ihre unbewusste Planung garantierte ihr, dass sie sich diejenigen aussuchte,
denen sie überlegen war.
Ein anderes Beispiel:
Eine Frau hat einen Priester verführt und ihn dann dazu gebracht, sie zu heiraten. Seitdem
sind alle ihre Liebhaber Priester, die sie verführt, bevor sie das Priesteramt verlassen. Sie
erregen sie nicht mehr, wenn sie Ex-Priester werden. (Der Fall eines Kollegen; jeder hat wei-
tere Beispiele.) Bei der Beurteilung von Risiken dürfen wir nicht unsere eigenen Kriterien
zugrunde legen; was wir für zu riskant halten, ist es für jemand anderen vielleicht nicht,
wenn wir denken, dass der Masochist Gefahr läuft, sich selbst zu schaden, d. h. seinem
Selbst, nicht seinem Körper, wenn er sich Schmerzen aussetzt. Reale Risiken, wie die Gefahr
für Leib und Leben, für den sozialen Status, den Erfolg, die Freiheit, die Ehre oder den Beruf,
können in das Sexualverhalten eingebaut sein, aber ich denke, bei genauer Betrachtung
wird deutlich, dass in der Algebra der Gefahr die realen Risiken, z. B. die Wahrscheinlich-
keit, dass der Exhibitionist erwischt wird, nicht die Risiken sind, die man vermeiden muss.
Im Falle des Exhibitionisten beispielsweise besteht das Risiko darin, dass Frauen ihn als un-
männlich empfinden, und allein die Tatsache, dass man einen Aufruhr verursacht und ver-
haftet werden könnte, ist nicht nur keine Gefahr für die eigene Ruhe, sondern wird sogar
zum Beweis dafür, dass man wirklich einen Penis hat, der die Angst der anderen auslöst. Bei
der sexuellen Erregung sind die Gefahren, denen man sich stellen muss, intrapsychischer
Natur, und die Risiken, die man eingeht, werden ebenfalls kontrolliert, so dass es letztlich
um die innere Welt geht. Wenn die äußere Realität ins Spiel kommt, wird sie gewählt, weil
sie den Proportionen entspricht, die die Fantasie verlangt.

Wenn das Mysterium und das ihm innewohnende Risiko abnehmen, treten
Langeweile oder Gleichgültigkeit ein. Normative Beispiele: Die Fähigkeit eines
bestimmten pornografischen Werks, die Aufmerksamkeit des Publikums zu
halten, nimmt bei der zweiten Betrachtung rapide ab; Spanner starren ihre
Frauen nicht an; ein Quadratzentimeter Oberschenkel in einem Salon ist grö-
ßer als ein Hektar am Strand; Bühnenmanager in Striplokalen lesen die Sport-
seite, während sich die Show abspielt; die meisten Paare, heterosexuelle, ho-
mosexuelle, ein Fetischist und seine neueste Strumpfhose, werden langweilig.
Eine Frau (keine Patientin) spricht aus, was Forscher bestätigt haben:
Wenn man anfängt, ein schmutziges Buch zu lesen, kann man allein durch den Gedanken
daran sehr erregt werden. Die schmutzigen Wörter haben etwas für sich. Aber wenn man
das ganze Buch liest oder mit einem zweiten Buch beginnt, verliert es etwas: dieselben Wor-
te und dieselbe Handlung, immer wieder dasselbe. Man sagt einfach: "Das kenne ich alles
schon." Man legt es einfach zur Seite.

Und wenn man dort lebt, wo man vor dem Schlimmsten der endlosen, zufälli-
gen, wahren Geheimnisse, Risiken und Traumata der realen Welt geschützt ist,
wächst der Hunger nach Aufregung - Drachenfliegen, Zigarettenrauchen, Pak-
te mit dem Teufel, Glücksspiel, halluzinatorische Drogen, Bankraub, Kunst, Pa-
piere, die ohne angemessene Daten geschrieben wurden. Die meisten Men-
schen, die das haben können, können ruhige Zufriedenheit nicht lange ertra-
gen.

Datenerfassung
An dieser Stelle muss ich mich einem Problem des Schreibstils stellen, das be-
reits in diesem Artikel deutlich wird: Wie kann man Daten überzeugend sam-
meln? Es wurden keine Populationsstudien durchgeführt, keine Statistiken
angewandt. Anekdoten, Zitate und Eindrücke sind interessante, aber unsichere
Grundlagen für die Theorie; ein Appell an das Allgemeinwissen ist bestenfalls
ein Notbehelf. Aber auch wenn dies kaum zu einem Gefühl der Überzeugung
führt und schon gar nicht Hypothesen beweist, schlage ich vor, dass Sie sich
bei der Lektüre die Daten vor Augen halten, die da draußen in der Gesellschaft
liegen, nicht gesammelt, aber in endloser Fülle.
Indem ich den Leser auffordere, die unzähligen Formen sexuellen Verhaltens,
die er kennt, zu überprüfen, möchte ich verhindern, dass man sich hinter Be-
griffen wie "das Normale" oder "das Heterosexuelle" versteckt, wenn letzteres
als Synonym für "normal" verwendet wird. Ich behaupte (und das ist keine
große Neuigkeit), dass, wenn man die Welt durchforstet, die Bereiche, die als
normal angesehen werden, schrumpfen und nur wenige übrig bleiben, die
durch eine Untersuchung, die über eine einfache grobe Inspektion hinausgeht,
in Frage gestellt werden müssen. Man wird bald sehen, dass nach den eigenen
Kriterien zum Beispiel Pornografie in der Regel seltsam aussieht; man könnte
öffentlich behaupten, dass seine eigenen normal sind, aber die meisten Men-
schen sind einsichtiger, wenn sie allein sind. Ich vermute, dass, wenn man sei-
ne Aufgabe gewissenhaft erfüllt, die "Daten" der Normalität auf Verallgemei-
nerungen, Klischees, Volksmärchen, Anekdoten über Vorbilder, denen man
selten begegnet, oder letzte Erklärungen des Unglaubens hinauslaufen wer-
den. (Ein Kollege, der diese Theorie der Erregung zum ersten Mal hörte, sagte:
"Ich kann diese Erklärung einfach nicht glauben! Ich habe mich noch nie
feindselig gefühlt, wenn ich erregt war", ein Argument, das in der offenen
Arena des Diskurses schwer zu widerlegen ist).
Anstelle von sorgfältig zusammengetragenen Daten kann man sich also auf
Beispiele wie Pornografie beziehen (vielleicht sollte sich der Leser an dieser
Stelle an Pornografie wenden, die nicht erregend ist, denn dann kann man die
Diskrepanz, die einem das Seltsame bewusst macht, am besten spüren); die
Verwendung von Mode; den erotischen Wert, den Menschen auf anatomische
Teile eines anderen legen, wobei die Person, die mit diesen Teilen verbunden
ist, abgewertet oder ignoriert wird; Sexismus; bewusste erotische Tagträume;
das Bedürfnis, als Sexualpartner nur bestimmte eingeschränkte Kategorien
von Menschen zu wählen (oder die Unfähigkeit, bestimmte Menschen zu wäh-
len, die für andere verlockend sind); der Voyeurismus von Männern in nicht
nackten Kulturen; der Masochismus von Frauen in "zivilisierten" Kulturen; die
Allgegenwart unverkennbarer sexueller Entgleisungen; die schnell einsetzen-
de Gleichgültigkeit und Langeweile; das Bedürfnis vieler Männer, sich schnell
vom Körper einer Frau zu entfernen, mit der sie intim waren; die Angst, der
Ekel oder der Neid, den die meisten Menschen gegenüber dem Körper des an-
deren Geschlechts empfinden. Wenn sich diejenigen, die sexuelle Erregung
erforschen wollen, in Zukunft nicht mehr mit Verallgemeinerungen zu sol-
chen Themen wie den oben genannten zufrieden geben, sondern nach Details
fragen (was wird getan, mit wem, wo, was wird gewollt, was wird gedacht und
was wird gefühlt), dann prophezeie ich, dass die Permutationen der Feindse-
ligkeit viel häufiger zu finden sein werden, als heute zugegeben wird. Dann
sollten wir der Antwort auf die nächste Frage näher kommen, nämlich ob sol-
che Mechanismen universell oder nur allgegenwärtig sind.
Wenn wir diese Details kennen, werden wir vielleicht nachsichtiger oder wer-
den uns unserer Heuchelei bewusst, wenn wir, wie in den Gesetzbüchern, be-
haupten, dass alle Arten von Verhaltensweisen, die anderen nicht schaden,
massiv bestraft werden müssen.
Wir versuchen, die abartigen Leute als Sündenböcke für den Rest von uns hin-
zustellen, aber jeder - ob Analytiker oder nicht -, der erotische Gedanken
sammelt, weiß, dass viele Bürger, bekennend heterosexuell, auffallend normal
(nicht nur die U-Bahn-Frotteure, erotischen Erbrecher, Schafliebhaber,
Koprophilen oder schmutzigen Telefonierer) auch von Hass erfüllt sind und
wünschen, wenn nicht planen, anderen zu schaden: chacun à son mauvais goût.

Schlussfolgerungen
Sexuelle Erregung wird in unterschiedlichem Maße durch (1) den allgemeinen
physiologischen Zustand, (2) die Stimulierung der erotischen Zonen und (3)
die Fantasie hervorgerufen. In diesem Artikel habe ich mich nur mit dem drit-
ten Punkt beschäftigt. (Es sei jedoch angemerkt, dass wir uns bewusst sind,
dass die Punkte 1 und 2 nicht immun gegen eine Beeinflussung durch die Fan-
tasie sind. Denken Sie zum Beispiel daran, wie Ekel den Widerstand gegen ero-
tische Berührungen erhöhen kann. Eine Frau kommt zum Orgasmus, wenn sie
ihre Brustwarzen streichelt, sie wird beim Vorspiel intensiv erregt, wenn ihr
Liebhaber das Gleiche tut, findet es aber bei ihrem Mann unerträglich [nicht
erotisch]). Die sexuelle Fantasie kann anhand der Tagträume einer Person
(einschließlich der in Zeitschriften, Büchern, Theaterstücken, Fernsehen, Fil-
men und offener Pornografie gewählten), des Masturbationsverhaltens, der
Objektwahl, des Vorspiels, der Technik des Geschlechtsverkehrs oder des Ver-
haltens nach dem Geschlechtsverkehr untersucht werden. Kaum sichtbar, aber
dennoch studierbar, sind in den genauen Details (die kaum jemand zu sam-
meln versucht) dieser manifesten Versionen der Fantasie, so meine These,
Denkmäler, die zur Erinnerung an schmerzhafte Erfahrungen und Beziehun-
gen in der Kindheit und Jugend errichtet wurden9 , sowie, im Laufe des Le-
bens, unaufhörliche Änderungen des Drehbuchs, um maximale Wirksamkeit
zu erzielen. Die Funktion der Fantasie besteht darin, diese schmerzhaften Er-
fahrungen in Vergnügen umzuwandeln, während die Details der früheren
Traumata und Frustrationen in der Fantasie eingebettet bleiben, damit man
die Umkehrung des Traumas in Triumph endlos wiederholen kann. Um die Er-
regung (die Schwingung zwischen der Angst, dass sich die ursprünglichen
Traumata wiederholen, und der Hoffnung auf einen diesmal angenehmen Aus-
gang) zu verstärken, führt man in die Geschichte Elemente des Risikos (Annä-
herungen an das Trauma) und Sicherheitsfaktoren (unterschwellige Signale an
den Erzähler, dass die Risiken nicht wirklich gefährlich sind) ein. Geschieht
dies nicht, stellt sich Gleichgültigkeit oder Langeweile ein.
Um es noch einmal zu wiederholen: Sexuelle Erregung hängt von einem Sze-
nario ab. Die Person, die erregt werden soll, ist der "Schriftsteller", der seit
seiner Kindheit an der Geschichte arbeitet. Die Geschichte ist ein Abenteuer, in
dem der Held/die Heldin Risiken eingeht, denen er/sie entkommen muss. Als
Fiktion getarnt, handelt es sich um eine Autobiografie, in der entscheidende
innerpsychische Konflikte, Erinnerungen an tatsächliche Ereignisse und die
Auflösung all dieser Elemente in einem Happy End, das am besten durch einen
Orgasmus gefeiert wird, versteckt sind. Die Figuren werden ausgewählt, weil
sie wichtigen Personen der Kindheit ähneln (auch wenn sie in der Regel nicht
mit ihnen identisch sind), z. B. sich selbst, den eigenen Eltern und Geschwis-
tern. Meistens wird der Autor zum Regisseur und verlagert die Handlung in die
Welt realer Menschen oder anderer Objekte; diese werden ausgewählt, weil sie
nach Ansicht des Autors/Regisseurs die bereits in die Rolle geschriebenen Kri-
terien erfüllen. (Prostituierte zum Beispiel stehen denjenigen zur Verfügung,
die keine besseren Mittel für die Besetzung haben.) Wenn die ausgewählten
Charaktere ziemlich genau in die Rollen passen, funktionieren sie. Sie sollten
jedoch einen Hauch von Unvorhersehbarkeit in ihrem Verhalten haben; das
schafft die Illusion von Risiko. Wenn sie gleichbleibend vorhersehbar sind,
langweilen sie einen; halten sie sich hingegen nicht eng genug an die ihnen
zugewiesene Rolle, entsteht Unruhe und sie werden ausgetauscht.
Zum jetzigen Zeitpunkt meiner Arbeit bin ich davon überzeugt, dass diese
Verwendung eines Handlungsstrangs eine Tatsache ist, keine Metapher, und
dass sie (mit einigen bewussten und einigen unbewussten Elementen, für man-
che Menschen mehr und für manche weniger) für die meisten Menschen gilt.
Weniger sicher ist, wie stark Feindseligkeit und ihre Permutationen, insbeson-
dere Rache, in jeder Episode sexueller Erregung vorkommen. Vielleicht wird
sich Folgendes als richtig erweisen: Wenn man auf einem Kontinuum in Rich-
tung eines geringeren Einsatzes von Mechanismen der Feindseligkeit fort-
schreitet, bewegt man sich vom Bizarren (Psychotischen) über die Charakter-
störungen, die wir als Perversionen diagnostizieren, bis in den Bereich des
Normativen, wo die Mechanismen, die die Erregung antreiben, durch Feindse-
ligkeit angetrieben werden, wo aber auch Zuneigung und die Fähigkeit zur
Nähe gedeihen.
Am anderen Ende des Kontinuums befindet sich eine kleine Gruppe zufriede-
ner Menschen, die (selbst in der Fantasie) liebevolle, nicht feindselige Bezie-
hungen zu einer anderen Person genießen und die nicht so viel Angst vor In-
timität haben, dass sie die andere Person fetischisieren müssen. Für sie ist es
eine Person; sie müssen sie nicht entmenschlichen. Wenn Feindseligkeit in ih-
rer Erregung vorhanden ist, ist sie mikroskopisch klein (wie in Freuds Konzept
der Signalangst) und dennoch, keineswegs bewiesen, wesentlich. Allerdings
(und das ist eine große Warnung) sollte man die geringe Menge, die einen Tag-
traum antreibt, nicht mit dem viel größeren Grad an Feindseligkeit gleichset-
zen, der für feindselige Handlungen in der realen Welt erforderlich ist. Ich
fürchte, dass einige Leser sich an dem Wort "Feindseligkeit" aufhängen und
meinen, es sei zu stark, um die minimale Aktivität zu beschreiben, die in der
sexuellen Erregung, die viele erleben, vorhanden ist. Ich stimme zu; wenn es
ein sanfteres Wort gibt, wäre es besser. (Aber bitte sagen Sie nicht "Aggressi-
on". Für mich impliziert das einfach eine Bewegung oder Handlung und muss
nicht wie "Feindseligkeit" eine Richtung angeben. "Feindseligkeit" macht
deutlich, dass die "Aggression" zielgerichtet ist, auf jemanden gerichtet, der
geschädigt werden soll.) Wie lautet das Wort für nur ein Flüstern von Feindse-
ligkeit?
Die Idee, dass Feindseligkeit zu einem zentralen Merkmal in einem vielleicht
harmlosen, unvermeidlichen Teil der menschlichen Erfahrung wird, zeigt sich
auch beim Humor und seiner körperlichen Befriedigung, dem Lachen. Wie
Freud schon vor langer Zeit feststellte (16), kann Humor nicht ohne eine ge-
wisse implizite Feindseligkeit existieren. Man denke nur an den Slapstick, über
den wir alle lachen können; überträgt man die gleiche amüsante Handlung auf
ein reales Ereignis auf der Straße, so sieht man die Feindseligkeit, die vorhan-
den sein muss, um Humor zu erzeugen. Humor ist, wie die sexuelle Erregung,
eine Feindseligkeit, die durch Toleranz gedämpft und begünstigt wird, und er
bedient sich, denke ich, der gleichen Mechanismen - Geheimnis, Risiko, Um-
kehrung des Traumas - wie die sexuelle Erregung, um zu triumphieren. (Viel-
leicht gilt das sogar für alle Erregungen, Übergangsriten, Mythen und Wun-
der.)
Diejenigen Leser haben mich missverstanden, die meinen, ich würde sagen,
dass Liebe, Zuneigung, Großzügigkeit, Fürsorge und andere manchmal nicht
feindselige Eigenschaften nicht zur sexuellen Erregung beitragen können. Ich
glaube, dass sie es tun, vermute aber, dass sie es nur bei wenigen Menschen
tun. (Ein wichtiges Thema für meine künftige Arbeit ist die Frage, wie diejeni-
gen vorgehen, die mit Lust, Freude und Liebe zurechtkommen, ohne von Me-
chanismen der Rache und Erniedrigung gestützt zu werden.) Bei den meisten
Menschen bedrohen diese letzten süßen Bedingungen lediglich die Fähigkeit
zur Befriedigung und sind mit einem Verlust und nicht mit einer Steigerung
von Erregung und Vergnügen verbunden.
Wenn diese Dynamik typisch für sexuelle Erregung ist, dann müssen wir die
Vorstellung ertragen, dass sexuelle Lust bei den meisten Menschen von neuro-
tischen Mechanismen abhängt. Das mag diejenigen, die "normal" nicht mit
normativ gleichsetzen, nicht erschrecken; aber es ist enttäuschend.
Nach meiner Theorie ist sexuelle Erregung nur ein weiteres Beispiel für das,
was andere schon seit Jahrtausenden sagen, nämlich dass der Mensch keine
besonders liebevolle Spezies ist und dass dies besonders dann der Fall ist,
wenn er Liebe macht. Das ist schade.
Referenzen
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chological Works of Sigmund Freud (Standard Edition). London, Hogarth Press,
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