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Musikalische Akustik Version 2016

Kapitel 1

Die Begriffe Akustik und Schall

1.1 Die Wissenschaft „Akustik“

Akustik ist die Wissenschaft vom Schall [Dic97]. Sie umfasst unter anderem Schaller-
zeugung und -ausbreitung, sowie auch biologische und psychologische Auswirkungen des
Schalls. In seiner zweiten Bedeutung beschreibt der Begriff „Akustik“ auch die klangli-
chen Eigenschaften eines Raumes. Das „American National Standards Institute (ANSI)“
bzw. die „Acoustical Society of America (ASA)“ geben in ANSI/ASA S1.1-2013 [ANS13]
folgende Definition:

acoustics1 (a) Science of sound, including its production, transmission, and effects,
including biological and psychological effects.
(b) Those qualities of a room that, together, determine its character with respect
to auditory effects.

Anders ausgedrückt umfasst die Akustik alle Erscheinungen, die durch den Gehörsinn
vermittelt werden. Ein strenges Einteilungsprinzip für die Akustik gibt es nicht, da in
ihr nicht nur physikalische, sondern auch physiologische und psychologische Probleme
vorliegen [KW98]. Stark vereinfacht lässt sich die Akustik demnach in drei grundsätzliche
Teilbereiche gliedern (siehe Abb. 1.1):
1
Verwendung als Adjektiv:

acoustic, acoustical Qualifying adjectives meaning containing, producing, arising from, actuated by,
related to, or associated with sound. Acoustic is used when the term being qualified designates
something that has the properties, dimensions, or physical characteristics associated with sound
waves; acoustical is used when the term being qualified does not designate explicitly something
that has such properties, dimensions, or physical characteristics.
Note 1: Examples that should use the qualifying adjective acoustic are impedance, inertance, load
(radiation field), output (sound power), energy, wave, medium, signal, absorptivity, and
transducer.
Note 2: Examples not having the requisite physical characteristics and that therefore should use
the qualifying adjective acoustical are: society, method, engineer, school, glossary, symbol,
problem, measurement, point of view, end-use, device, and standard.
Note 3: Generic terms are usually modified by acoustical, whereas acoustic applies to terms with
specific technical implication.

Robert Höldrich, Marian Weger IEM - KUG 1


Kapitel 1. Die Begriffe Akustik und Schall Musikalische Akustik

Die physikalische Akustik befasst sich insbesondere mit mechanischen Schwingungen


im Frequenzbereich zwischen 16 Hz (untere Hörgrenze) und 20.000 Hz (obere Hörgren-
ze), die sich in einem elastischen Medium (z.B. Luft) wellenförmig ausbreiten und im
menschlichen Gehör Schallempfindungen hervorrufen können.
Die physiologische Akustik befasst sich mit dem Aufbau und der Funktionsweise des
Gehörorgans, insbesondere mit dem Hörvorgang. Untersucht wird der Weg der Schall-
schwingungen über den Antransport (Äußeres-, Mittel- und Innenohr), die Umwandlung
in elektrische Aktionspotentiale und die neuronale Verarbeitung dieser Informationen bis
zur Hörempfindung.
In der Psychoakustik (psychologischen Akustik) werden die Zusammenhänge zwischen
physikalischen Schallreizen (z.B. Schallintensität, Frequenz, Spektrum) und den durch
sie hervorgerufenen Hörempfindungen (z.B. Lautheit, Tonhöhe, Klangfarbe) untersucht.

Schallquelle Schallausbreitung Schallaufnahme Schallempfindung


physikalische Akustik physiolog. Akustik Psychoakustik

Abbildung 1.1: Weg des Schalls von der Schallquelle zum Schallempfänger

In der Wissenschaft ist jedoch eine genauere Einteilung notwendig. Nach dem „Physics
and Astronomy Classification Scheme (PACS)“2 wird das Gebiet der Akustik in die
folgenden Teilbereiche gegliedert:
• General linear acoustics
• Nonlinear acoustics
• Aerodynamics and atmospheric sound
• Underwater sound
• Ultrasonics, quantum acoustics, and physical effects of sound
• Transduction; acoustical devices for the generation and reproduction of sound
• Structural acoustics and vibration
• Noise: its effects and control
• Architectural acoustics
• Acoustical measurements and Instrumentation
• Acoustic signal processing
• Physiological acoustics
• Psychological acoustics
2
PACS: http://journals.aps.org/PACS

2 IEM - KUG Robert Höldrich, Marian Weger


Musikalische Akustik 1.1. Die Wissenschaft „Akustik“

• Speech production

• Speech perception

• Speech processing and communication systems

• Music and musical instruments

• Bioacoustics

Da sich diese Teilbereiche jeweils mehr oder weniger stark überschneiden, lässt sich auch
hierfür kein striktes Einteilungsprinzip anwenden. Das „Wheel of Acoustics“ von Lindsay
[Lin64] stellt einen Versuch dar, die Teilgebiete der Akustik sinnvoll zu strukturieren und
übergeordneten Themenbereichen zuzuordnen (siehe Abb. 1.2).

Abbildung 1.2: „Lindsay’s wheel of acoustics“. [Pie89]

Die musikalische Akustik ist in dieser Darstellung überhaupt nicht enthalten. Genauer
gesagt basiert die musikalische Akustik auf einer Vielzahl der genannten Teilgebiete.

Robert Höldrich, Marian Weger IEM - KUG 3


Kapitel 1. Die Begriffe Akustik und Schall Musikalische Akustik

1.2 Definitionen des Schalls


Je nach Betrachtungsschwerpunkt (physiologisch, psychologisch oder physikalisch) er-
geben sich für den Schall unterschiedliche Definitionen:
Im physikalischen Sinne: „Schall sind mechanische Schwingungen und Wellen eines
elastischen Mediums. Das Medium kann z.B. Luft (Luftschall), Wasser (Wasserschall)
oder ein Festkörper (Körperschall) sein. Dem Ohr wird Schall durch das Medium Luft
vermittelt.“ [Dic97]
Im subjektiven Sinne: „Liegen diese Schallwellen im Hörbereich, haben sie also Fre-
quenzen zwischen etwa 16 Hz und 16 kHz3 , so spricht man von Hörschall,
liegen ihre Frequenzen unter 16 Hz, spricht man von Infraschall,
liegen sie über 16 kHz, von Ultraschall.“ [Dic97]
Definition nach ANSI/ASA S1.1-2013 [ANS13]:
sound (a) Oscillation in pressure, stress, particle displacement, particle velocity, etc.,
propagated in a medium with internal forces (e.g., elastic or viscous), or the su-
perposition of such propagated oscillation.
(b) Auditory sensation evoked by the oscillation described in (a).
Note 1: Not all sounds evoke an auditory sensation, e.g., ultrasound or infrasound.
Not all auditory sensations are evoked by sound, e.g., tinnitus.
Note 2: The medium in which the sound exists is often indicated by an appropriate
adjective, e.g., air-borne, water-borne, or structure-borne.

3
nach DIN 1320. Häufiger ist jedoch die Festlegung der oberen Hörgrenze bei 20 kHz.

4 IEM - KUG Robert Höldrich, Marian Weger


Musikalische Akustik Version 2016 Literatur

Literatur

[ANS13] ANSI/ASA, Hrsg. American National Standard ANSI/ASA S1.1-2013. Acou-


stical Terminology. 2013. url: http://exploresound.org/acoustical-
terminology/ (besucht am 19. 09. 2016).
[Dic97] Michael Dickreiter. Handbuch der Tonstudiotechnik. K. G. Saur, 1997.
[KW98] U. Kilian und C. Weber, Hrsg. Lexikon der Physik. Spektrum Akademischer
Verlag, 1998.
[Lin64] R. B. Lindsay. „Wheel of Acoustics“. In: The Journal of the Acoustical Society
of America 36 (1964), S. 2242.
[Pie89] A.D. Pierce. Acoustics: An Introduction to Its Physical Principles and Appli-
cations. Acoustical Society of America, 1989.

Robert Höldrich, Marian Weger IEM - KUG 5

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