Abb. 3
Kooperative Dokumentation ei-
Ein häufig während der Arbeitsphase zu beob- aufgegriffen werden, indem die Kinder, die an
nes Kindergartenkindes (links) achtendes Phänomen ist die so genannte „Ide- der gleichen Sache gearbeitet haben, ihr Vorge-
und eines Schulkindes (rechts). enwanderung“ (Lee 2010, 23), bei der die Idee hen erläutern und dabei vergleichen, an wel-
eines Kindes von einem anderen Kind (oder chen Stellen sich Gemeinsamkeiten, aber auch
mehreren anderen Kindern) aufgegriffen und Unterschiede finden.
unter Umständen sogar weitergedacht wird.
Dies kann in der abschließenden Plenumsrunde Angeleitetes Arbeiten
INFOKASTEN Anregungen zur Beobachtung/zu Impulsfragen Während beim freien Umgang mit den Materiali-
33Baut/legt das Kind gegenständlich? en explizit die Handlungen und Produkte der
33Baut/legt das Kind symmetrische Gegenstände, Formen oder Gebäude? Kinder Ausgangspunkt der pädagogischen Inter-
Hält es begonnene Symmetrien ein? Kann es die gebaute/gelegte Struk- vention sind, bilden beim angeleiteten Umgang
tur erklären? Arbeitsaufträge den Ausgangspunkt für die Ak-
33Lassen sich Bau-/Legeprinzipien erkennen? Hält das Kind begonnene tivität der Kinder und damit den Bezugspunkt
Bau-/Legeprinzipien ein? Kann es seine Bau-/Legeprinzipien erklären? für die Reflexion im direkten Gespräch oder der
33Baut/legt das Kind flächig oder dreidimensional? Abschlussrunde. Eine Möglichkeit, das Arbeiten
33Baut das Kind unterschiedlich hohe Türme, die es in Beziehung zueinan- der Kinder mit Impulsen anzuregen, besteht da-
der setzt? rin, ihnen Karteikarten mit Forscheraufträgen
33Zählt das Kind die Würfel/Muggelsteine? Wie geht es bei der Anzahlbe- zur Verfügung zu stellen. Mögliche Forscherauf-
stimmung vor (alle Würfel, Muggelsteine einzeln zählen, Teilelemente auf träge lassen sich aus den „Anregungen zur Be-
einen Blick erfassen, in Schritten zählen, Bündel/Reihen zählen)? obachtung“ (Infokasten) entwickeln, z. B. „Lege
33Beim Umgang mit Würfeln: Kennt das Kind die Würfelbilder oder zählt es ein Muster und lass es von deinem Partner fort-
die Augenzahl aus? Baut das Kind Muster? Hält es die Muster-Regelmä- setzen. Hättest du das Muster genauso fortge-
ßigkeit ein? Basieren die Muster auf der Farbwahl, auf den Würfelbildern setzt? Findet (gemeinsam) eine andere passen-
oder auf einer Kombination aus beidem? de Fortsetzung für das Muster.“
33Kann das Kind ein Muster nachlegen? Während bei dieser Form des angeleiteten Ar-
33Erkennt das Kind die Regelmäßigkeit, nach der ein Muster erstellt wurde? beitens die Kinder einer Lerngruppe unter-
33Kann das Kind ein Muster verbal beschreiben? schiedlichen Aufgaben nachgehen, gibt es auch
33Kann das Kind ein Muster fortsetzen? die Möglichkeit, mit allen dasselbe Thema zu
behandeln, das anschließend gemeinsam reflek-
Einstieg
Als Einstieg werden den Kindern Musteranfänge
mit den Materialien präsentiert. Gemeinsam
wird besprochen, was das Besondere ist (die
Wiederholung) und welche Möglichkeiten zur
Fortsetzung die Kinder finden. Oftmals gibt es
keine eindeutige Fortsetzung eines Musters. Je
nach Gesprächsverlauf kann dies bereits in die-
ser Einstiegsphase thematisiert werden. Abb. 4 Eine Schmetterlingsvorlage regt zu symmetrischem Auslegen an.
So gibt es z. B. für den folgenden Musteran-
fang viele verschiedene Fortsetzungsvari- aber auch eigene Muster erfunden werden, die
anten, u. a. anschließend der Partner fortsetzt. In einem
Zwischenaustausch wird über aufgetretene Pro-
1. bleme und Erkenntnisse berichtet. Ggf. kann
ein fehlerhaftes Muster gemeinsam analysiert
2. und korrigiert werden. Im zweiten Teil der Ar-
beitsphase werden die Kinder angehalten, ihre
3. Muster noch einmal in Hinblick auf deren Re-
gelmäßigkeit hin zu überprüfen und anschlie-
Bei den ersten beiden Beispielen handelt es ßend zu dokumentieren (Abb. 5).
sich um sich wiederholende Musterfolgen, beim
dritten Beispiel um eine wachsende Musterfolge
(vgl. Lüken 2012, 29 ff.). Die Kinder sind gefor-
dert, ihre eigene Musterfortsetzung verständlich
und nachvollziehbar zu erklären. Sie üben sich
dabei explizit im Beschreiben und Argumentie-
ren und lernen, erkannte Regeln zu verbalisie-
ren. Umgekehrt müssen sich die anderen Schü-
lerinnen und Schüler in das Denken des
Erklärenden hineinversetzen, um dessen Mus-
terfortsetzung verstehen zu können.
Arbeitsphase
In der Arbeitsphase erfinden die Kinder mit den
Materialien (Muggelsteine und Spielwürfel) ei-
gene Muster. Dabei sollen sie die Regelmäßig-
keit in der Musterbildung im Blick haben. Sie
können in dieser Phase in Partnerarbeit arbei-
ten, indem sie beispielsweise gemeinsam ein
Muster erfinden und dabei über verschiedene
Varianten ins Gespräch kommen. Es können Abb. 5 Ein gelegtes Muster wird dokumentiert.
INFOKASTEN Material
Spielwürfel
Muggelsteine
Reflexion Literatur
In einer abschließenden Reflexionsrunde wer- 33Devlin, K.: Muster der Mathematik: Ordnungsgesetze
den aufgetretene Probleme besprochen und ge- des Geistes und der Natur. Heidelberg/Berlin 1997
klärt. Eine Möglichkeit ist, noch einmal ein feh- 33Hengartner, E. u. a.: Lernumgebungen für Rechen-
lerhaftes Muster zu korrigieren, eine andere, ein schwache bis Hochbegabte. Natürliche Differenzie-
rung im Mathematikunterricht. Zug 2010
angefangenes Muster fortzusetzen. Im Ge-
33KMK – Ständige Konferenz der Kultusminister der
sprächsverlauf wird auf die Thematisierung und Länder in der Bundesrepublik Deutschland (Hrsg.).:
die dadurch erfolgende Verfestigung des An- Bildungsstandards im Fach Mathematik für den Pri-
spruchs auf Regelmäßigkeit in der Musterbil- marbereich. München/Neuwied 2005
dung geachtet. Dabei darf die Bedeutung dieser 33Lee, K.: Kinder erfinden Mathematik. Gestaltendes
Reflexionsrunde nicht unterschätzt werden: Das Tätigsein mit gleichem Material in großer Menge.
Thematisieren und Reflektieren der Aktivität Weimar/Berlin 2010
trägt zu einem nachhaltigen Lernen bei. 33Lüken, M.: Muster und Strukturen im mathemati-
schen Anfangsunterricht. Grundlegung und empiri-
sche Forschung zum Struktursinn von Schulanfän-
Anmerkung Fazit gern. Münster 2012
Die in diesem Beitrag vorge- 33Meyer, H.: Was ist guter Unterricht. Berlin 2004, 97
stellten Ideen resultieren 33Kindern das Denken in Mustern zu vermitteln, 33Royar, T./Streit, Chr.: MATHElino. Kinder begleiten
aus dem Projekt MATHElino ist ein grundlegendes Ziel des Mathematik- auf mathematischen Entdeckungsreisen. Seelze
der Pädagogischen Hochschule 2010
unterrichts.
Freiburg (http://www.mathe 33Schütte, S./Rathgeb-Schnierer, E./Rechtsteiner-
lino.com). Das Projekt wird Merz, Ch./Brugger, B., herausgegeben von Schütte,
gefördert von der Robert- 33Lernumgebungen ermöglichen das gemeinsa-
S.: Die Matheprofis. Offene Lernumgebungen. Leh-
Bosch-Stiftung und der me Lernen zu einem Thema auf unterschiedli- rermaterialien. München 2010
Joachim-Herz-Stiftung. chem Niveau. 33Wittmann, E. Ch./Müller, G. N.: Muster und Struktu-
ren als fachliches Grundkonzept. In: Walther, G.
Autorin 33Wesentlicher Bestandteil des Lernens ist das u. a. (Hrsg.): Bildungsstandards für die Grundschule:
Dr. Dinah Reuter, (gemeinsame) Reflektieren, bei dem durch Do- Mathematik konkret. Berlin 2007
PH Freiburg, IMBF, kumentation und Kommunikation erkannte Zu-
Kunzenweg 21, sammenhänge erneut thematisiert und dadurch
79117 Freiburg gefestigt werden.