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Sehnsucht… wir kennen sie und fühlen sie! Aber was überhaupt ist sie?

Was bedeutet es sich


nach etwas zu sehnen? Handelt es sich um etwas Greifbares oder Fühlbares? Ist es etwas
Schönes? Der Duden definiert Sehnsucht als ein „inniges, schmerzliches Verlangen nach
jemandem oder etwas“. Schon immer gab es Sehnsucht, aber wohl nie so stark wie in der
literarischen Epoche der Romantik. Die Romantiker sehnten sich nach einer unbekannten, fernen
und fantasievollen Welt, zurückgezogen von der gesellschaftlichen und industriellen Realität, in
welcher sie lebten. Dieses Verlangen brachten sie in ihrer Kunst und Literatur zum Ausdruck. Als
gutes Beispiel gilt das Gedicht „Sehnsucht“ von 1834, in welchem der Vater der Romantik, Joseph
Eichendorf, diesen Kerngedanken der Romantik aufgreift.

Im Gedicht handelt es sich um ein lyrisches Ich das in einer lauen Nacht im Sommer an einem
Fenster steht und von seiner Perspektive aus verträumt in eine andere Realität hineinblickt und
diese beschreibt was es sehen und hören kann: das Horn einer vorbeifahrenden Postkutsche
ertönt und in der zweiten Strophe, sieht das lyrische Ich zwei Wanderer, deren Gesang es in der
zweiten und dritten Strophe wiedergibt.. Dabei ist in allen drei dieStrophen die Sehnsucht im
lyrischen Ich zu erkennen, in diese beschriebene Welt hineinzutreten.  Du brauchst eine kurze
Inhaltsangabe, in der du eng am Inhalt des Gedichts, ohne Interpretation, bleibst. Das wäre
hier. Danach interpretierst du schon zu viel.

Das Gedicht besteht aus drei Oktetten, die jeweils zwei Kreuzreime beinhalten und wie folgt
auftreten: ABAB CDCD. Der formale Aufbau ist als Gesamtes also einfach und harmonisch, wie
bei vielen anderen Werken der Romantik. Die Einfachheit in den Versen der romantischen
Gedichte galt auch als Darstellung dieser einfacheren schöneren Welt, die der Realität der
Menschen damals so weit entfernt ist, wo alles harmonisch und simpler ist und die Reime
ineinander verschmelzen, zu einer einfachen doch edlen Poesie.
In der ersten Strophe steht das lyrische Ich an einem Fenster und schaut von diesem heraus in
die Ferne (vgl.V2-3). Dabei merken wir das das lyrische Ich diese Ferne mit Verlangen betrachtet.
Das Fenster von welchem es herausschaut, stellt metaphorisch das Fenster in eine Traumwelt
dar, durch welches das lyrische Ich aus seinem Haus der Gefangenschaft sehnend herausschaut.
Es handelt sich hier um eine bildliche Darstellung, also eine Metapher, die eng mit dem
Reisemotiv der Romantik in Verbindung steht. Wie bei den Romantikern, ist das lyrische Ich von
einem gewissen “Fernweh“ dominiert, also von einem intensiven Wunsch ins Ferne und
Unbekannte aufzubrechen, um der Realität hinter dem Fenster zu entkommen.
Interessanterweise stellte auch der Künstler der Romantik Caspar David Friedrich in seinem
Gemälde „Frau am Fenster“ (1822) dieses gleiche Bild dar, des Menschen an der Schnittstelle
zwischen Realität und Irrealität, wie Eichendorf in der ersten Strophe seines Gedichts. 
typische Szene der Romantik (Person am Fenster)

Als das lyrische Ich nun in Vers 4 das Posthorn aus der Ferne hört (vgl. V.4), denkt es sich „Ach,
wer da mitreisen könnte“ (V.7). Das fast schmerzvolle „Ach“ bringt das Melancholische, Leidende
und Sehnende des lyrischen Ichs hervor. Leider ist dies nur ein Wunsch und eine
unwahrscheinliche Vorstellung, was auch die Nutzung des Konjunktiv 2 erklärt. Der Drang kann
also nicht erfüllt werden, was paradoxerweise genau dies das ist, was die Intensität und
Sehnsucht am Leben hält und weshalb das Herz des lyrischen Ich’s im „Leib entbrennt“ (V.5). Die
Emotionen des lyrischen Ichs “kochen“ und nun brennt dessen Herz vor Schmerz und Leid, weil
das lyrische Ich weiß, dass es nicht mitreisen darf oder kann.

In der darauffolgenden Strophe betrachtet das lyrische Ich nun „zwei junge Gesellen“ (V.9) die
miteinander laufen und zeitgleich über die Natur singen (vgl. V.9-11).
Zwei deutliche Merkmale der Romantik sind in dieser Strophe wiederzufinden: Die Natur und die
Musik. Es ist die Rede von Brunnen und Wäldern die „rauschen“ (V.14 und 23) und
mittelalterlichen Instrumenten wie die „Laute“ (V.22). Es geht bei den Klängen hauptsächlich
darum, die harmonische und romantische Stimmung und Atmosphäre der dargestellten Natur
zum Ausdruck zu bringen. Die Gesellen singen von der traumhaften Natur und geben dem
lyrischen Ich so ein klangvolles Bild von dem, wonach es lechzt, aber was es nicht leben kann.
Und natürlich wirkt alles viel idyllischer, verherrlichter und magischer, wenn es mit der Kunst der
Musik vermittelt wird. - Gegenwelt „Mittelalter“

In der anschließenden Strophe zählt das lyrische Ich weiter all die Elemente der Natur auf, von
welchen die beiden Gesellen der vorherigen Strophe singen. Nun geht es aber um eine vom
Menschen geschaffene Natur, wie bei „Marmorbildern“ (V.17) und „Gärten“ (V.18). Es wird
zudem von „Palästen“ gesungen in welchen „Mädchen am Fenster lauschen“ (V.21). Das gleiche
Motiv der träumenden und faszinierten Person am Fenster, der ersten Strophe, findet also
seinen Weg zurück. Erwähnenswert ist zudem das Wort „lauschen“, das impliziert, dass es sich
um etwas heimliches handelt, was die Mädchen eigentlich nicht mithören dürften. Doch
trotzdem ist der Wunsch und die Sehnsucht, sich in diese Welt hinein zu hören grösser, sodass
die eigentliche Unerreichbarkeit und Entfernung zur eigenen Welt zur Seite gestellt wird.
Paradoxerweise sind diese Unerreichbarkeit und Fremdheit genau diesdas, was die Situation so
“Lauschens Wert“ und verlockend macht.

Die literarische Epoche Romantik macht sich im Gedicht weiterhin an einem starken Grundzug
deutlich - die Nachtthematik, die sich durch die ganze Literarische Epoche zieht und in
zahlreichen Gedichten ein zentrales Thema ist. Die Romantiker zeigten eine gewisse Faszination
für die Nacht, da sie für sie einen magischen Zeitraum darstellt, wo sich die festen Umrisse lösen
und wo Fantasie und Träume Platz finden. Es war eine Zuflucht ,von der monotonen alltäglichen
Realität, die tagsüber geschah, und gleichzeitig ein Eintauchen ins Unbekannte, Mysteriöse und
Fremde.
Nicht aus Zufall ist der Schauplatz für die Handlungen dieses Gedichts die Nacht, um genauer zu
sein, eine „prächtigen Sommernacht“ (V.8 und 24). Und obwohl die Nacht grau und dunkel
scheinen kann, strahlt ein Licht. Es „scheinen (…) die Sterne“ (V.1) und der „Mondschein“ (V.20)
ist auch anwesend. Diese Lichterscheinungen Lichtmetaphorik tragen in sich eine besonders
symbolische Bedeutung, da sie eine Erlösung und Erleuchtung der bitteren Dunkelheit sind.
Ähnlich sahen die Romantiker die Kunst als Erlösung und Erleuchtung des bitteren Lebens.

In Rückblick auf die Frage „Was ist Sehnsucht?“, können wir nun feststellen, dass für das lyrische
Ich, für Eichendorf und für wohl alle Romantiker, die Sehnsucht das intensive Begehren und
Verlangen nach dem ist, was nicht real ist und nie real sein wird. Es ist die tiefe Verkörperung des
Unglücklichseins im eigenen Leben. Eichendorf präsentiert genau diese Sehnsucht in seinen
Versen, mittels einer starken bildlichen Sprache und den zahlreichen epochentypischen
Merkmalen.

Liebe Sofia,
eine schöne Arbeit!
Noch zu beachten: historischen Kontext miteinbeziehen, z.B. wenn du von der Realität sprichst.
Das sind 1-2 Sätze, die aber erklären, weshalb sich die Menschen in eine andere Welt flüchten
wollten.
Inhaltsangabe nicht vergessen! (siehe im Text)

Inhalt: ++
Sprache: ++

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