43w. wurde in Gleichgestalt der Menschen. »Gleichgestalt« (gr. homoioma) drückt Gleich-
heit in bestimmten Dingen aus, aber nicht völlige Gleichheit. Christus wurde Mensch, aber
ohne die Sündennatur des Menschen.
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Über die Präexistenz von Jesus Christus in der zweiten Person der Gottheit,
dem Logos, haben wir in der letzten Diskussionsrunde nachgedacht. In Jo-
hannes 1:14 nennt uns Johannes in schlichten Worten die Tatsache, dass
dieser ewige Logos Fleisch d.h. Mensch geworden ist. Dies beinhaltet eine
Entäusserung, ein sich selbst Erniedrigen. Der Schöpfer nimmt Gestalt des
Geschöpfes an und verhüllt seine glänzende Herrlichkeit. Die meisten Men-
schen seiner Zeit erkannten Ihn nicht, wer Er wirklich war. Sie sahen nur
den Zimmermann aus Nazareth. Die meisten Menschen sehen in Jesus nur
einen guten, vorbildlichen Menschen und Religionsstifter.
Die Entäusserung, wie sie in Philipper 2 beschrieben ist, hat die Frage auf-
geworfen, ob der Logos Bereiche Seiner göttlichen Eigenschaften im Him-
mel zurückgelassen hat. Die so genannte kenotische44 Theologie bejaht
dies. Die orthodoxe Theologie hat dies aber immer verneint. Jesus Christus
hat als Sohn Gottes mit Seiner göttlichen Natur alle Seine göttlichen Eigen-
schaften und ist somit völlig wesensgleich mit Gott dem Vater und Gott dem
Heiligen Geist.
Im AT ist das Kommen Gottes in der Gestalt des Messias durch die Jung-
frauengeburt bereits angekündigt. Im so genannten Protoevangelium45 le-
sen wir die Worte Gottes:
Und ich will Feindschaft setzen zwischen dir und der Frau, zwischen dei-
nem Samen46 und ihrem Samen: Er wird dir den Kopf zertreten, und du
wirst ihn in die Ferse stechen. 1 Mos 3:15
Der entscheidende Ausdruck ist in «ihrem Samen». In jedem anderen Falle
ist immer die Rede vom Samen des Mannes. Samen als bildlicher Ausdruck
für Nachkommen. Hier verwendet der Geist Gottes bewusst «ihren» und
dies in Einzahl, nämlich als der Nachkomme Evas, der Frau. Der zukünftige
Retter ist somit von der Frau, jedoch nicht von männlichen Samen.
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Ich will den Ratschluss des Herrn verkünden; er hat zu mir gesagt: »Du
bist mein Sohn, heute habe ich dich gezeugt. Ps 2:7
In Psalm 2 nimmt David das Thema der geistlichen Sohnschaft des von
Gott abhängigen Königs auf. Prophetisch hat der Geist Gottes durch ihn
von Jesus Christus gesprochen. Gott der Vater sagt hier zum Logos, vo-
rausschauend auf den wunderbaren Moment der jungfräulichen Zeugung
durch die Kraft des Heiligen Geistes in Maria: «Du bist mein Sohn, heute
habe ich dich gezeugt». Ab diesem Moment der Zeugung besteht die Be-
ziehung von Vater und Sohn, die willentliche Unterordnung und Abhängig-
keit (siehe dazu 1 Kor 11:3). Sein unendliches göttliches Wesen ist nun
vereint mit der endlichen menschlichen Natur.
Darum wird euch der Herr selbst ein Zeichen geben: Siehe, die Jungfrau
wird schwanger werden und einen Sohn gebären und wird ihm den Na-
men Immanuel (was übersetzt Gott mit uns heisst) geben. Jes 7:14
Diese Prophezeiung wurde mehr als 700 Jahre vor der Geburt Jesu dem
Jesaja gegeben. Die Jesaja-Schriftrolle, welche in Qumran gefunden
wurde, ist eine Abschrift, welche mehr als 100 Jahre vor Christus geschrie-
ben wurde. Somit ist bewiesen, dass dieser Vers nicht durch Christen spä-
ter angepasst worden ist. Namen sagten in der Antike immer etwas über
den Charakter bzw. den Wunsch der Eltern über ihr Kind aus. Der Sohn
Gottes erhielt den Rufnamen Jesus (siehe Mt 1:21), was aus dem Hebräi-
schen abgeleitet «Gott (Jahwe) ist Retter» bedeutet. Immanuel ist sozusa-
gen ein Beiname, welcher Seine Gottheit ausdrückt. Es ist nicht nur, dass
Jesus besonders von Gott gesegnet war und durch seinen Präsenz ge-
wisse Eigenschaften Gottes sichtbar und nahe geworden sind oder der Se-
gen Gottes besonders erfahrbar wurde. Nein, Immanuel heisst, dass Gott
selbst unter den Menschen wohnte. Ein für uns nicht vollständig fassbares
Wunder.
Ein weiterer indirekter Hinweis auf die Jungfrauengeburt liegt im Fluch, wel-
cher Gott auf Jechonja47 gelegt hat:
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So spricht der Herr: Schreibt diesen Mann auf als kinderlos, als einen
Mann, der sein Leben lang nicht gedeihen wird; ja, keiner seiner Nach-
kommen wird gedeihen, dass er auf dem Thron Davids sitzen und weiter-
hin über Juda herrschen könnte! Jer 22:30
In der Genealogie von Joseph erscheint Jechonja (Mt 1:11). Da Joseph
aber nur der legale und nicht der biologische Vater ist, hat sich diese Pro-
phetie auf wundersame Weise erfüllt.
Im NT wird die Jungfrauengeburt sowohl von Lukas als auch Matthäus klar
bezeugt:
Im sechsten Monat aber wurde der Engel Gabriel von Gott in eine Stadt
Galiläas namens Nazareths gesandt, zu einer Jungfrau, die verlobt war
mit einem Mann namens Joseph, aus dem Haus Davids; und der Name
der Jungfrau war Maria. Und der Engel kam zu ihr herein und sprach: Sei
gegrüsst, du Begnadigte! Der Herr ist mit dir, du Gesegnete unter den
Frauen! Als sie ihn aber sah, erschrak sie über sein Wort und dachte dar-
über nach, was das für ein Gruss sei. Und der Engel sprach zu ihr: Fürchte
dich nicht, Maria! Denn du hast Gnade bei Gott gefunden. Und siehe, du
wirst schwanger werden und einen Sohn gebären; und du sollst ihm den
Namen Jesus geben. Dieser wird gross sein und Sohn des Höchsten ge-
nannt werden; und Gott der Herr wird ihm den Thron seines Vaters David
geben; und er wird regieren über das Haus Jakobs in Ewigkeit, und sein
Reich wird kein Ende haben. Maria aber sprach zu dem Engel: Wie kann
das sein, da ich von keinem Mann weiss? Und der Engel antwortete und
sprach zu ihr: Der Heilige Geist wird über dich kommen, und die Kraft
des Höchsten wird dich überschatten. Darum wird auch das Heilige,
das geboren wird, Gottes Sohn genannt werden. Lk 1:26-35
Maria war wie alle anderen Menschen mit einer sündhaften Natur48 behaf-
tet. Sie war jedoch gerechtfertigt durch den aufrichtigen Glauben in den
wahren Gott. Sie lebte auch in praktischer Gottesfurcht und innerer Ge-
meinschaft mit Gott. Sie wurde von Gott für diesen speziellen Dienst aus-
erwählt und sie ist dadurch zu einer speziell gesegneten Frau geworden (Lk
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1:42). Es ist aber wichtig nochmals festzustellen, dass eine Lehre der un-
befleckten Empfängnis49 falsch ist. Die Bibel gibt keinen Anhaltspunkt, dass
Maria von der Erbsünde frei geblieben sei. Sie selbst anerkannte im be-
kannten Magnificat50, dass Gott der Herr ihr Retter ist, welchen sie ja bei
sündlosem Zustand nicht benötigen würde:
Und Maria sprach: Meine Seele erhebt den Herrn, und mein Geist freut
sich über Gott, meinen Retter, Lk 1:46b-47
Später im Aufbau und der Ausbreitung der Gemeinde hatte sie keinen spe-
ziellen Auftrag mehr. Sie ist auch nicht in den Himmel aufgefahren51, son-
dern starb wie alle anderen Jünger auch. Jetzt ist sie in der Schar der er-
lösten Seelen im Himmel und hat keinen vermittelnden Auftrag. Unser ein-
ziger Mittler zwischen Menschen und Gott ist und bleibt Jesus Christus (1
Tim 2:5). Wir dürfen auch nicht zu ihr beten. Wir beten gemäss den Anwei-
sungen in der Bibel zu Gott, Gott dem Vater und zu Jesus Christus.
Sie war verlobt mit Joseph. Und da sie beide rein vor Gott sein wollten,
hatten sie auch noch keine sexuelle Vereinigung. Maria war sehr wohl «auf-
geklärt», wie die Kinder entstehen und auf die Welt kommen. Deshalb auch
die berechtigte Frage, wie das denn gehen sollte, da sie ja noch Jungfrau
war. Da wird ihr geoffenbart, dass die Zeugung übernatürlich, d.h. durch
Gottes Geist erfolgt. Wie das genetisch funktionierte wird uns nicht offen-
bart und ich denke, dass wir dies auch nicht wissen müssen. Tatsache ist,
dass Jesus vollständig Mensch ist.
49Wie sie die römisch-katholische Kirche anhand von Traditionen seit dem 10. Jahrhundert
und der Erhebung zum Dogma durch Papst Pius IX 1854 lehrt.
50Aus dem lateinischen «Magnificat anima mea Dominum»: meine Seele preist den Herrn;
ein Lobgesang von Maria in Lukas 1:46-55.
51Diese falsche Lehre ist erstmals im 6. Jahrhundert bezeugt und wurde 1950 von Papst
Pius XII als kirchliches Dogma der röm.-kath. Kirche erhoben. Es wird jährlich am 15.Au-
gust gefeiert.
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Jesus ist der einzige Mensch, bei welchen die Sünde nicht als Erbe mitge-
geben wurde. Nur so konnte er als das makellose Lamm52 das Opfer für
uns werden.
Und sie gebar ihren Sohn, den Erstgeborenen, und wickelte ihn in Win-
deln und legte ihn in die Krippe, weil für sie kein Raum war in der Her-
berge. Lk 2:7
Der Schöpfer des Universums, durch welchen und für welchen alles er-
schaffen ist gemäss Kolosser 1:16, liegt als bedürftiges Kind in Windeln
gewickelt in einer Futterkrippe. Es gab keinen Platz für Ihn. Wie tragisch auf
der einen Seite. Andererseits welche Wunder der Erniedrigung.
Der Bericht von Matthäus zeigt dieselbe Begebenheit mehr aus Sicht von
Joseph. Dass er nicht der Vater war, zeigt sich in seiner Absicht, sich von
Maria zu trennen.
Die Geburt Jesu Christi aber geschah auf diese Weise: Als nämlich seine
Mutter Maria mit Joseph verlobt war, noch ehe sie zusammengekommen
waren, erwies es sich, dass sie vom Heiligen Geist schwanger geworden
war Aber Joseph, ihr Mann, der gerecht war und sie doch nicht der öffent-
lichen Schande preisgeben wollte, gedachte sie heimlich zu entlassen.
Während er aber dies im Sinn hatte, siehe, da erschien ihm ein Engel des
Herrn im Traum, der sprach: Joseph, Sohn Davids, scheue dich nicht,
Maria, deine Frau, zu dir zu nehmen; denn was in ihr gezeugt ist, das
ist vom Heiligen Geist. Sie wird aber einen Sohn gebären, und du sollst
ihm den Namen Jesus geben, denn er wird sein Volk erretten von ihren
Sünden. Dies alles aber ist geschehen, damit erfüllt würde, was der Herr
durch den Propheten geredet hat, der spricht: »Siehe, die Jungfrau wird
schwanger werden und einen Sohn gebären; und man wird ihm den Na-
men Immanuel geben«, das heisst übersetzt: »Gott mit uns«. Als nun Jo-
seph vom Schlaf erwachte, handelte er so, wie es ihm der Engel des
Herrn befohlen hatte, und nahm seine Frau zu sich; und er erkannte sie
52 Siehe die Stellen zur Sündlosigkeit Jesu: Joh 8:46; 2. Kor 5:21; Hebr 4:15; 1. Petr 2:22.
Bezüglich des Opferlammes werden wir in einer späteren Diskussionsrunde uns noch ver-
tieft unterhalten.
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nicht, bis sie ihren erstgeborenen Sohn geboren hatte; und er gab ihm
den Namen Jesus. Mt 1:18-25
Nicht nur heute glauben viele Menschen nicht, dass Jesus übernatürlich
durch Gott selbst gezeugt worden ist. Auch zurzeit Jesu dachten wohl die
meisten, dass Joseph und Maria die sexuelle Vereinigung vorweggenom-
men hatten und dann, als ein Kind unterwegs war, geheiratet haben. Dies
kommt indirekt in der Anspielung der führenden Juden zum Ausdruck:
Wir sind doch schliesslich nicht im Ehebruch gezeugt worden. Joh 8:41b53
Jesus macht ihnen klar, dass ihr rebellisches Herz zeigt, dass sie geistliche
Kinder des Teufels sind. Um sich zu rechtfertigen, zeigen sie ihren Vorzug
gegenüber Jesus auf: ‘Wir sind ehelich gezeugt worden, du aber unehelich,
was willst du uns denn überhaupt sagen.’»
53
Übers. «Hoffnung für Alle»
54Obschon Joseph nicht der biologische Vater ist, waren er und Maria zum Zeitpunkt der
Geburt Jesu verheiratet, womit Jesus legal und nicht etwa adoptierter Sohn von Joseph
wurde.
55Siehe dazu den Stammbaum im Kap. 1, welcher von Abraham ausgehend über die Kö-
nigslinie Davids und Salomons geht.
56 Isai (Jesse, hebr. Jischaj) ist der Vater von David.
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die Zeit der Geburt Jesu und deren Begleitumstände aus Sicht von
Joseph bzw. mit dem Interesse am Königtum.
Markus: Jesus als unermüdlicher Diener Gottes. Das Evangelium
spricht die Geburt und Kindheit Jesu nicht an, sondern startet direkt
mit dem öffentlichen Dienst.
Lukas: Jesus als Mensch, Sohn des Menschen, Sohn Davids nach
menschlicher Abstammung57, Sohn von Maria. Die Kapitel 1 und 2
gehen auf die Umstände der Geburt von Jesu aus Sicht der Maria
ein, um zu zeigen, dass Jesus wahrer Mensch ist. Kapitel 3 gibt uns
bezeichnenderweise den Stammbaum Jesu über Maria zurück bis
zu Adam, dem ersten direkt von Gott erschaffenen Menschen, wie-
der.
Johannes: Jesus als Sohn Gottes. In diesem Evangelium werden
keine Details zur Geburt gegeben, sondern die Feststellung, dass
der ewige Logos (2. Person der Gottheit) Fleisch (d.h. Mensch) ge-
worden ist.
Es ist wie in einer Zeugenaussage zu einem Unfall. Jeder Beteiligter hatte
einen anderen Blickwinkel und nahm das Geschehene z.T. anders wahr.
Scheinbare Widersprüche lassen sich dabei meist einfach durch einen
Blickwechsel erklären. Dazu ist zu erwähnen, dass die Schreiber der Evan-
gelien nicht einen Polizeibericht verfassten, sondern geführt durch den Hei-
ligen Geist das niederschrieben, was für den Charakter des Evangeliums
relevant ist.
Die Menschwerdung Jesus ist ein einzigartiges und einmaliges Wunder.
Wir können dies mit dem Verstand nicht völlig erfassen. Der ewige Logos
Gottes wurde Mensch womit Jesus Christus sowohl 100% Mensch als auch
100 % Gott ist. Eine Person jedoch zwei unvermischte Naturen, die unbe-
grenzte göttliche und die begrenzte menschliche. Seine Menschwerdung
ist unmittelbar mit dem Zweck Seines Lebens verbunden:
57Über Maria ist Jesus auch Sohn Davids, jedoch nicht über die Königslinie (siehe Lk.
3:23-38).
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Und der Engel sprach zu ihnen: Fürchtet euch nicht! Denn siehe, ich ver-
kündige euch grosse Freude, die dem ganzen Volk widerfahren soll. Denn
euch ist heute in der Stadt Davids der Retter geboren, welcher ist Chris-
tus, der Herr. Lk 2:10-11
Ich bin nicht gekommen, Gerechte zu berufen, sondern Sünder58 zur
Busse. Mk 2:17b
… denn der Sohn des Menschen ist gekommen, um zu suchen und zu
retten, was verloren ist. Lk 19:10
… ich bin gekommen, damit sie das Leben haben und es im Überfluss
haben. Joh 10:10b
Ich bin als ein Licht in die Welt gekommen, damit jeder, der an mich
glaubt, nicht in der Finsternis bleibt. Joh 12:46
Auf die Funktion als Retter werden wir in der Passion Christi vertieft zu
sprechen kommen.»
58
Gemäss Römer 3:10-18 sind wir alle Sünder, es gibt keine Gerechte, nur solche, welche
durch den verfinsterten Verstand sich in ihren eigenen Augen gerecht sehen.
59Die Ansicht, dass die Schreiber der biblischen Schriften (so genannte Autographen)
göttlich inspiriert wohl ihren eigenen Stil hatten, jedoch im Inhalt ohne Fehler waren. In den
späteren Abschriften haben sich wohl Abschreibfehler eingeschlichen. Die Textkritik kann
uns hier aber einen guten Dienst erweisen und wir dürfen sagen, dass wir heute zu ca.
99% den ursprünglichen Text in Händen halten.
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ren Argumentationen gehe ich davon aus, dass die Heiligen Schriften gött-
lich inspiriert (siehe 2 Tim 3:14-17) und wahr sind. Betrachten wir die zent-
ralen Prophezeiungen Jesajas auf den Messias hin:
Darum wird euch der Herr selbst ein Zeichen geben: Siehe, die Jungfrau
wird schwanger werden und einen Sohn gebären und wird ihm den Na-
men Immanuel geben. Jes 7:14
Denn ein Kind ist uns geboren, ein Sohn ist uns gegeben; und die Herr-
schaft ruht auf seiner Schulter; und man nennt seinen Namen: Wunder-
barer, Ratgeber, starker Gott, Ewig-Vater (Begründer/Vater der ewig an-
dauernden Zeit), Friedefürst. Jes 9:5
Und es wird ein Zweig hervorgehen aus dem Stumpf Isais60 und ein
Schössling hervorbrechen aus seinen Wurzeln. Und auf ihm wird ruhen
der Geist des Herrn, der Geist der Weisheit und des Verstandes, der Geist
des Rats und der Kraft, der Geist der Erkenntnis und der Furcht des Herrn.
Jes 11:1-2
Das Buch Jesaja wird zu Recht das Evangelium im AT genannt. Es spricht
in überschwänglichen Worten prophetisch vom kommenden Messias, wel-
cher in menschlicher Abstammung Sohn Davids ist und gleichzeitig Imma-
nuel (Gott mit uns), starker Gott, Ewig-Vater, was Begründer oder Schöpfer
der geschaffenen und nun ewig andauernden Zeit meint. In der Zeugung
durch den Heiligen Geist ist der Logos im Menschen Jesus Christus Sohn
Gottes geworden. In freiwilliger Abhängigkeit und inniger Beziehung durch-
drungen durch die Agape61-Liebe.
Das Evangelium von Johannes fokussiert speziell auf den Aspekt der Gott-
heit von Jesus als Sohn Gottes.
Niemand hat Gott je gesehen; der eingeborene Sohn, der im Schoss des
Vaters ist, der hat Aufschluss [über ihn] gegeben. Joh 1:18
Es heisst hier nicht, «der im Schoss des Vaters war». Es ist in Gegenwart
geschrieben. In der göttlichen Natur war Jesus seit der Zeugung als der
60
Isai war Vater von David.
61 aus dem griechischen Wort für aufopfernde, selbstlose Liebe: Agape
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Jesus spricht zu ihm: Du hast es gesagt! Überdies sage ich euch: Künftig
werdet ihr den Sohn des Menschen sitzen sehen zur Rechten der Macht
und kommen auf den Wolken des Himmels! Mt 26:64
Daniel sah den erhöhten Sohn des Menschen, welcher kommen wird, um
die Herrschaft sichtbar für alle zu übernehmen. Jesus hat vor der jüdischen
Elite klar auf die Stelle in Daniel Bezug genommen und den messianischen
Titel für sich in Anspruch genommen. Sie konnten es nicht fassen, dass der
Messias zuerst als der leidende, erniedrigte Sohn des Menschen gekom-
men ist. Er ist jedoch von Gott bestimmt, Richter über die Lebendigen und
Toten zu sein (Apg 10:42). Bevor Er aber als verherrlichter Mensch richten
wird, hat Er die Erniedrigung und den Dienst für uns auf sich genommen:
Denn auch der Sohn des Menschen ist nicht gekommen, um sich dienen
zu lassen, sondern um zu dienen und sein Leben zu geben als Lösegeld
für viele. Mk 10:45
Und Jesus sprach zu ihm: Die Füchse haben Gruben, und die Vögel des
Himmels haben Nester; aber der Sohn des Menschen hat nichts, wo er
sein Haupt hinlegen kann. Lk 9:58
… denn der Sohn des Menschen ist gekommen, um zu suchen und zu
retten, was verloren ist. Lk 19:10
Bevor Jesus erhöht werden konnte, kam Er, um uns zu dienen. Er nahm
nichts in Anspruch, was Ihm eigentlich gehörte. Alle Schreiber der Evange-
lien zeigen immer wieder mit einfachen Worten auf die Menschheit Jesu. Er
hatte Hunger (Mt 21:18), war müde (Joh 4:6), weinte (Joh 11:35): ein
Mensch wie wir und doch ganz anders, nämlich ohne Sünde (1Pe 2:22):
Und ihr wisst, dass Er erschienen ist, um unsere Sünden hinweg zuneh-
men; und in ihm ist keine Sünde. 1 Joh 3:5
Denn er hat den, der von keiner Sünde wusste, für uns zur Sünde ge-
macht, damit wir in ihm [zur] Gerechtigkeit Gottes würden. 2 Kor 5:21
Denn wir haben nicht einen Hohenpriester, der kein Mitleid haben könnte
mit unseren Schwachheiten, sondern einen, der in allem versucht worden
ist in ähnlicher Weise [wie wir], doch ohne Sünde. Hebr 4:15
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‘Sohn des Menschen’ ist somit ein Titel für Jesus, um einerseits seine voll-
kommene Menschheit auszudrücken und andererseits aber auch darauf
hinzuweisen, dass Er jetzt und für alle Zukunft als auferstandener Mensch
Herrscher und Richter aller Menschen ist.»
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vor deinem Angesicht; dein Thron soll auf ewig fest stehen! 2 Sam 7:8-
16
Jesaja führt in 11:1-5 die Prophezeiung weiter aus und zeigt, dass dieser
Herrscher geisterfüllt und gerecht herrschen und richten wird. Micha, ein
Weggefährte Jesajas, zeigt auf den Geburtsort hin, welcher in Matthäus
bestätigt wird (Mt 2:6):
Und du, Bethlehem-Ephrata, du bist zwar gering unter den Hauptorten
von Juda; aber aus dir soll mir hervorkommen, der Herrscher über Israel
werden soll, dessen Hervorgehen von Anfang, von den Tagen der Ewig-
keit her gewesen ist. Mi 5:1
Gleichzeitig scheint das Geheimnis der Verbindung vom menschlichen mit
dem göttlichen durch. Er ist der Ewige, der nicht erschaffene, der immer
seiende.
Matthäus zeigt in seinem Evangelium speziell auf den Sohn Davids hin:
Geschlechtsregister Jesu Christi, des Sohnes Davids, des Sohnes Ab-
rahams. Mt 1:1
Und die Volksmenge, die vorausging, und die, welche nachfolgten, riefen
und sprachen: Hosianna dem Sohn Davids! Gepriesen sei der, welcher
kommt im Namen des Herrn! Hosianna in der Höhe! Mt 21:9
Die Juden zurzeit Jesu sehnten sich nach Befreiung von der ungerechten
Knechtschaft unter den Römern. Der Titel ‘Sohn Davids’ verband die Hoff-
nung des Volkes auf den mächtigen und gerechten König aus der Königs-
dynastie von David.
Sohn Davids spricht somit speziell vom Anspruch auf den Königsthron des
Volkes Gottes. Matthäus hat speziell dieses Thema im Fokus. Die Abstam-
mung wird im ersten Kapitel belegt, die Qualitäten und Beweise seines An-
spruchs aufgrund seiner moralischen Qualitäten und der göttlichen Kraft
und Weisheit werden ab Kapitel fünf ausgeführt.
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Der Titel ‘Sohn Davids’ war somit eng mit der Messias-Erwartung verbun-
den. Jesus Christus ist der verheissene Messias62, was aus dem hebräi-
schen übersetzt Gesalbter heisst. Deshalb sagen wir auch Jesus Christus,
da Christos das griechische Wort für Gesalbter ist. Im AT wurden die Amts-
träger dreier Ämter gesalbt:
König
Priester
Prophet
Jesus kam als der rechtmässige König der Juden (Mt 1:1,6; 2:2,6), wurde
aber abgelehnt und verworfen. Er ist in der jetzigen Zeit der König der Her-
zen, d.h. König eines jeden, welcher sich freiwillig Ihm unterwirft. Erst bei
seiner zweiten Wiederkunft wird Er den Thron Davids öffentlich besteigen.
Niemand kann sich Ihm dann widersetzen. Er wird dann aber nicht nur Kö-
nig der Juden, sondern König der Könige (Offb 19:11-16) sein.
Jesus ist aber auch unser Hohepriester und Er ist der Prophet. In der nächs-
ten Diskussionsrunde werden wir uns näher damit beschäftigen.»
62 Messias ist das griechische Wort, welches das hebräische Wort Maschiach transkribiert
(die griechische Sprache kennt den ‘sch’-Laut nicht).
63 Siehe z.B. das Penrose-Dreieck de.wikipedia.org/wiki/Penrose-Dreieck
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Als ein anderes Beispiel mag die Heilung des Gelähmten in Mk 2:1-12 die-
nen. Jesus wurde in Seiner menschlichen Natur wahrgenommen, wie Er
unter den Menschen war und predigte. Da wird ein Gelähmter von seinen
Freunden durch das Dach vor Jesus heruntergelassen. Er spricht auf Basis
Seiner göttlichen Natur und Autorität Vergebung aus: «Sohn, deine Sünden
sind dir vergeben». Die Schriftgelehrten reagierten in ihrem Inneren ihrer
Logik gehorchend. Sie sahen nur den Menschen Jesus, Sünden kann aber
nur Gott vergeben. Dann heisst es: «sogleich erkannte Jesus in seinem
Geist, dass sie so bei sich dachten». Auch hier ist die göttliche Natur er-
sichtlich, nur Gott kann echt Gedanken lesen. Als Beweis Seiner Göttlich-
keit befiehlt er dem Lahmen, aufzustehen und mit der Liegematte auf dem
Arm nach Hause zu gehen.
Über all die Jahrhunderte bis heute ist diese für unseren Glauben wesentli-
che Lehre der einen Person und zwei unvermischten Naturen angefochten
worden. Im nachfolgenden seien die Variationen kurz dargelegt:
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Stellvertretendes Opfer
Jeder einzelne Mensch ist vor Gott schuldig geworden. Der Weg zu Gott ist
durch die Sünde verbaut. Paulus fasst es so zusammen:
Denn es ist kein Unterschied; denn alle haben gesündigt und verfehlen
die Herrlichkeit, die sie vor Gott haben sollten. Röm 3:22b-23
Sünde führt zur Knechtschaft und letztendlich zum Tod. Seit Anbeginn
zeigte Gott das Prinzip der Stellvertretung. Damit Adam und Eva bekleidet
sein konnten, tötete Gott Tiere, um aus deren Fell Bekleidung anzufertigen
(1 Mos 3:21). Kain und Abel wussten um das stellvertretende Opfer (1 Mos
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4). Wer kann nun das stellvertretende Opfer für uns Menschen sein? Da wir
aus Fleisch und Blut sind, muss das Opfer Mensch sein. Da die Verfehlung
gegen Gott ist und alle Menschen umfasst, muss dieses Opfer ewige Di-
mensionen aufweisen, was auf Gott selbst hinweist. Somit folgt, dass das
einzige würdige und gültige Opferlamm sowohl ein Mensch ohne Sünde als
auch Gott selbst sein muss.
Da nun die Kinder an Fleisch und Blut Anteil haben, ist er gleichermassen
dessen teilhaftig geworden, damit er durch den Tod den ausser Wirksam-
keit setzte, der die Macht des Todes hatte, nämlich den Teufel, und alle
diejenigen befreite, die durch Todesfurcht ihr ganzes Leben hindurch in
Knechtschaft gehalten wurden. Hebr 2:14-15
Der primäre Grund war somit der Dienst an uns allen, nämlich sein heiliges
Leben für uns hinzugeben:
Denn auch der Sohn des Menschen ist nicht gekommen, um sich dienen
zu lassen, sondern um zu dienen und sein Leben zu geben als Löse-
geld für viele. Mk 10:45
Das ‘Lösegeld’ meint den Preis, mit dem ein Schuldiggewordener von sei-
ner Strafe befreit werden konnte.
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68 siehe Kapitel 6
69
Sachwalter, Beistand
70Fussnote der Schlachter 2000: «Andere Übersetzung: gleichartig (von homoios); d.h.
gleich in einigen Gesichtspunkten, aber nicht in allem und völlig: Christus war vollkomme-
ner Mensch, aber ohne die menschliche Sündennatur».
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2.8 Zusammenfassung
Gerne fasse ich, Amadeus, die wichtigen und spannenden Ausführungen
zur Menschwerdung zusammen. Jesus Christus ist eine einmalige Person:
Seit Ewigkeit sind Gott Vater, Sohn (Logos) und Heiliger Geist.
In der Zeit an einem bestimmten Ort (Nazareth) wurde der Mensch
Jesus in der Jungfrau Maria durch den Heiligen Geist gezeugt.
Damit hat der ewige Logos einen menschlichen Leib erhalten, mit
welchem Er sich für ewig verbunden hat.
Darum spricht er (der Christus) bei seinem Eintritt in die Welt: »Opfer und
Gaben hast du nicht gewollt; einen Leib aber hast du mir bereitet. An
Brandopfern und Sündopfern hast du kein Wohlgefallen. Da sprach ich:
Siehe, ich komme — in der Buchrolle steht von mir geschrieben —, um
deinen Willen, o Gott, zu tun!« Hebr 10:5-7, zitiert von Ps 40:7-9
Die Person Jesus Christus ist somit einmalig, da sie sowohl die gött-
liche Natur (welche schon immer da war) nebst der menschlichen
Natur unvermischt und unverändert hat.
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Für unser Erforschen bleibt ein gewisses Geheimnis, welches wir im Glau-
ben staunend betrachten und anbeten.
Persönliche Fragen
In welchen Punkten ist Ihr Verständnis von der Person von Jesus in den
vorherigen Ausführungen herausgefordert worden? Wo sind Sie nicht ein-
verstanden? Der Autor nimmt gerne Fragen und Anregungen entgegen.
Welche Auswirkungen auf Ihre Beziehung zu Gott haben diese Erkenntnis?
Inwiefern bereichern die Eigenschaften unseres Herrn Jesus Ihre Anbe-
tung?
Versuchen Sie aus der Schrift weitere moralische Schönheiten des Soh-
nes des Menschen herauszuarbeiten. Was möchten Sie nachahmen?
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