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Stefan Schmid / 87.190.244.

48 (2020-03-17 15:19)

Regina Kempen Interkulturelle


Trainings planen
Svenja Schumacher
Anna Maria Engel

und durchführen
Lisa Hollands

Grundlagen und Methoden


Interkulturelle Trainings planen und durchführen
Stefan Schmid / 87.190.244.48 (2020-03-17 15:19)

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Aus R. Kempen, S. Schumacher, A. M. Engel und L. Hollands: Interkulturelle Trainings planen und durchführen (9783840930294) © 2020 Hogrefe Verlag, Göttingen.
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Regina Kempen
Svenja Schumacher
Anna Maria Engel
Lisa Hollands

Interkulturelle Trainings
planen und durchführen
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Grundlagen und Methoden

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Dr. Regina Kempen, geb. 1985. Studium der Psychologie in Freiburg. 2016 Promotion. Aktuell wissenschaftliche Mit­
arbeiterin an der Universität Würzburg und – mit Schwerpunkt Interkulturelle Wirtschaftspsychologie – an der Universität
Osnabrück. Außerdem Leitung der Weiterbildung „Interkulturelle TrainerIn“ an der Universität Osnabrück und freiberuf­
liche Tätigkeit als Organisationsberaterin und Trainerin für interkulturelle Kompetenz.

M. Sc. Svenja Schumacher, geb. 1989. Studium der Psychologie an der Universität Osnabrück und der University of West­
minster, London. Aktuell wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Arbeits­ und Organisationspsychologie an der Universität
Osnabrück mit Schwerpunkt Interkulturelle Wirtschaftspsychologie, Tätigkeit als Dozentin in der Weiterbildung „Interkul­
turelle TrainerIn“ an der Universität Osnabrück und freiberufliche Organisationsberaterin sowie interkulturelle Trainerin.

Dipl.-Psych. Anna Maria Engel, geb. 1986. Studium der Psychologie an der Universität Osnabrück. 2012–2017 Projekt­
koordinatorin des Interkulturellen Mentorings der Universität Osnabrück. 2013 – 2015 wissenschaftliche Mitarbeiterin in
der Begabungsförderung. Aktuell Tätigkeit als wissenschaftliche Mitarbeiterin im LearningCenter der Hochschule Osnabrück,
Dozentin in der Weiterbildung „Interkulturelle TrainerIn“ an der Universität Osnabrück und freiberufliche Organisations­
beraterin sowie Trainerin für interkulturelle Kompetenz, Selbstmanagement und Resilienz.

M. Sc. Lisa Hollands, geb. 1991. Studium der Psychologie an der Universität Osnabrück und der San Diego State Univer­
sity, Kalifornien. Seit 2017 Tätigkeit als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Professur für Wirtschaft und Ethik der Uni­
versität Vechta und freiberufliche Organisationsberaterin und Trainerin in den Bereichen Selbstmanagement, Nachhaltig­
keit und interkulturelle Kompetenz.

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Satz: ARThür Grafik­Design & Kunst, Weimar
Format: PDF
1. Auflage 2020
© 2020 Hogrefe Verlag GmbH & Co. KG, Göttingen
(E-Book­ISBN [PDF] 978-3-8409-3029-4; E-Book­ISBN [EPUB] 978-3-8444-3029-5)
ISBN 978-3-8017-3029-1
https://doi.org/10.1026/03029-000

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Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  9

2 Kulturverständnis und Interkulturelle Kompetenz  . . . . . . . . . . . . . . . . . .  11


2.1 Kultur  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  12
2.1.1 Holistische Perspektive . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  12
2.1.2 Analytische Perspektive . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  13
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2.1.3 Integration der holistischen und analytischen Perspektive . . . . . . . . . . . .  13


2.2 Exemplarische Kulturmodelle  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  14
2.2.1 Das Zwiebelmodell  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  14
2.2.2 Das Pyramidenmodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  16
2.2.3 Das Eisbergmodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  17
2.3 Kulturdimensionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  19
2.3.1 Kulturdimensionen nach Hall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  20
2.3.2 Kulturdimensionen nach Hofstede . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  23
2.3.3 Die GLOBE-Studie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  24
2.4 Kulturmodelle im weiteren Sinne . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  25
2.4.1 Die Ebenen von Kultur nach Erez und Gati . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  26
2.4.2 Das KPS-Modell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  27
2.4.3 Das Schnittmengenmodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  28
2.4.4 Der (umgekehrte) Kulturschock . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  29
2.5 Interkulturelle Kompetenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  32
2.5.1 Strukturelle Perspektive  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  32
2.5.2 Prozessperspektive . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  35
2.5.2.1 Das Modell der Entwicklung interkultureller Sensibilität
nach Bennett (1986) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  35
2.5.2.2 Das Prozessmodell der interkulturellen Kompetenz nach Deardorff
(2006)  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  36
2.6 Stereotype und Vorurteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  38

3 Erfolgsfaktoren interkultureller Trainings  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  42


3.1 Auftragsklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  43
3.2 Einbettung und Passung der Methoden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  45
3.3 Transfersicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  49

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6 Inhaltsverzeichnis

4 Lernpsychologische Grundlagen interkultureller Trainings:


Didaktische Modelle  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  51
4.1 Das PITT-Modell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  54
4.2 Die WERT-Methodik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  55
4.3 Das Sandwich-Prinzip  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  57
4.4 Die Themenzentrierte Interaktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  59
4.5 Umsetzung der didaktischen Modelle: Beispiel für einen Trainingsplan . .  62
4.5.1 Anwendung des PITT-Modells und der WERT-Methodik . . . . . . . . . . . . . . .  64
4.5.2 Anwendung des Sandwich-Prinzips . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  64
4.5.3 Anwendung der themenzentrierten Interaktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  65

5 Methoden interkultureller Trainings . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  70


5.1 Übungen für den Einstieg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  70
5.1.1 Kennenlernen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  71
5.1.1.1 Auf und Ab . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  72
5.1.1.2 Bingo . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  74
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5.1.1.3 Das Dreieck der Gemeinsamkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  76


5.1.1.4 Das Mitbringsel  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  78
5.1.1.5 Regenbogenfische . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  80
5.1.1.6 Kunterbunt – Welch eine Vielfalt!  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  81
5.1.1.7 Pinocchio . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  83
5.1.2 Erwartungsabfrage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  84
5.1.2.1 Bildergalerie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  84
5.1.2.2 Erwartungsverwerter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  86
5.1.2.3 Impulsbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  88
5.1.3 Gruppeneinteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  90
5.1.3.1 Puzzlespaß – setzt euch zusammen! . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  90
5.1.3.2 Quasselsalat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  92
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5.1.3.3 Zu
5.1.3.3 ZuTisch,
Tisch,
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Übungen koscher‫שר‬
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5.2.1 Energizer  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  98
Eine
Eine flexible
DieÜbung
flexible
5.2.1.1 Übung
Post geht zurzur Gruppeneinteilung,
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die
Teilnehmenden
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5.2.1.2 Elefantenwaschen  sich. in .Kleingruppen
. .in . . . . . . . . . . . . . zusammen
. Kleingruppen . . . . . . . . . . anhand
. .zusammen . . . . . . . .von
. anhand . . .gleichen
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. . . . .  100landestypischen
Lebensmitteln.
Lebensmitteln.
5.2.1.3 Kulturball . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  101
5.2.2 Icebreaker . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  103
Dauer
Dauer
5.2.2.1 Das Zauberviereck  55bis . . .10
bis . .Minuten
.10 . Minuten
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  103
5.2.2.2 Streichhölzerübung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  105
Gruppengröße
Gruppengröße Flexibel
Flexibel
5.2.2.3 Tanzraum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  106
Material
Material
5.2.2.4 Typisch …! . . . . .Lebensmittel . . . . . . . . . . . . .oder
.Lebensmittel . . . . Süßigkeiten
. oder . . . . . . . . . . .aus
. .Süßigkeiten . . . unterschiedlichen
. aus . unterschiedlichen Kulturen
. . . . . . . . . . . . . .  108 Kulturenggf.
ggf.mit
mit
5.2.2.5 Die Wahl-Nuss .Koscher- . . . . . . . . und
.Koscher- . . .Halal-Zertifikat,
. .und . . . . . . . . . . . . . . . .Kiste
. Halal-Zertifikat, . . . . oder
.Kiste . . . .Beutel
. .oder .Beutel
. . . . . . . .  110
5.2.2.6 Was sehe ich? Was denke ich? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  112
Ziele
Ziele Einteilung
Einteilungvon
vonKleingruppen
Kleingruppen

Inhaltliche
InhaltlicheThemen
Themen --

Besonderheiten
Besonderheiten Auf
Aufmögliche
möglicheNahrungsmittelunverträglichkeiten
Nahrungsmittelunverträglichkeitender
derTeilnehmenden
Teilnehmenden
achten
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Durchführung
Durchführung ZuZuBeginn
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Stelle
darauf
daraufhinzuweisen,
hinzuweisen,dass dassdasdasEssen
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nochnicht
nichtverzehrt
verzehrtwerden
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ein
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Geduld
Interkulturelle geübt
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Trainings werden
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Hogrefe Verlag, Göttingen.

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gleiche
Inhaltsverzeichnis 7

5.2.3 Strukturierter Austausch  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  114


5.2.3.1 Aufstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  114
5.2.3.2 Speed-Dating . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  116
5.2.3.3 Vier Ecken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  118
5.2.3.4 Walk ’n’ Write . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  120
5.2.3.5 World Café . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  122
5.2.4 Rollenspiele und Simulationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  124
5.2.4.1 Abgestempelt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  124
5.2.4.2 Albatros . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  126
5.2.4.3 Begegnung der Kulturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  129
5.2.4.4 Das Flughafenspiel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  133
5.2.4.5 Global Playing . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  136
5.2.4.6 Gruppencode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  138
5.2.4.7 Konversationsknigge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  141
5.2.4.8 Moonies & Sunnies . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145
5.2.4.9 Reise nach Sharahad . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  147
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5.2.5 Planspiel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  150


5.2.6 Critical Incidents . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  153
5.2.7 Cultural Assimilator . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  157
5.2.8 Selbsteinschätzungsfragebogen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  160
5.2.9 Introspektion  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  162
5.2.9.1 Diskriminierung im Alltag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  162
5.2.9.2 Handel der Wertvorstellungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  164
5.2.9.3 Mein Ausweis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  170
5.2.9.4 Mein Portrait . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  171
5.2.9.5 Was mir lieb und teuer ist . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  173
5.2.9.6 Werteauktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  176
5.2.9.7 Wertequadrat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  178
5.2.10 Perspektivwechsel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  180
5.2.10.1 Die Karten werden neu gemischt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  180
5.2.10.2 Die Überfahrt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  182
5.2.10.3 In der Mitte der Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  185
5.2.10.4 Mein Rahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  188
5.2.10.5 Wunderkammer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  190
5.2.10.6 Taxiübung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  192
5.3 Übungen für den Abschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  196
5.3.1 Take-Home . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  196
5.3.1.1 Ein Geschenk für dich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  196
5.3.1.2 Rückendusche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  198
5.3.1.3 Wunschbaum oder Baum der Erkenntnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  199
5.3.2 Feedback . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  201

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8 Inhaltsverzeichnis

5.3.2.1 Fingerfeedback . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  201


5.3.2.2 Hands up . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  203
5.3.2.3 Papierkorb und Schatzkästlein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  204
5.3.2.4 Streichholzfeedback . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  206
5.3.2.5 Viel oder wenig . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  207
5.3.2.6 Wetterbericht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  209

6 Anwendung in der Praxis: Beispielhafte Trainingskonzepte . . . . . . . . . .  211


6.1 Interkulturelles Training zur Vorbereitung von Auslandsfreiwilligen . . . .  211
6.2 Interkultureller Teamworkshop „Erfolgreich in der interkulturellen
Zusammenarbeit“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  220
6.3 Interkulturelles Mentoring-Programm „Kulturen begegnen“ . . . . . . . . . . .  233
6.4 Train the Trainer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  245

Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  262
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Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  269
Methodenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271
Übersicht über die Materialien auf der CD-ROM . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 276

Die CD-ROM enthält PDF-Dateien zahlreicher Materialien, die bei der Durchführung der
Übungen verwendet werden können. Die PDF-Dateien können mit dem Programm
Acrobat© Reader (eine kostenlose Version ist unter https://acrobat.adobe.com/de/de/
acrobat/pdf-reader.html erhältlich) gelesen und ausgedruckt werden.

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1 Einleitung

Interkulturelle Trainings boomen. Ob zur generellen Sensibilisierung für kulturelle


Unterschiede und Gemeinsamkeiten, zur Unterstützung und Begleitung multikul­
tureller Arbeitsgruppen, zur Vorbereitung von Auslandsaufenthalten oder zur Un­
terstützung von Fachkräften oder Ehrenamtlichen im Umgang mit Migrant_innen
und Geflüchteten – interkulturelle Trainings finden in vielfältigen Kontexten An­
wendung. Für die Planung, Durchführung und Auswertung sind dabei verschie­
dene Aspekte zentral. Neben fundierten inhaltlichen Konzepten zum Verständnis
Stefan Schmid / 87.190.244.48 (2020-03-17 15:19)

von Kultur und interkultureller Kompetenz sowie persönlicher und fachlicher Qua­
lifikation der Trainer_innen spielt eine gelungene didaktische Planung sowie der
adäquate und zielgruppenspezifische Einsatz verschiedener Trainingsmethoden
eine entscheidende Rolle.

Das Ziel dieses Buches ist es, Schritt für Schritt durch die Planung und die Durch­
führung eines interkulturellen Trainings zu führen. Dazu gilt es zunächst, das
theoretische Fundament zu legen und die zentralen Inhalte eines interkulturellen
Trainings zu bestimmen. Themen wie Kulturverständnis, Kulturmodelle, kultu­
relle Dimensionen oder interkulturelle Kompetenz werden daher in diesem Buch
kompakt und anwendungsbezogen dargestellt (vgl. Kap. 2). Darüber hinaus wer­
den verschiedene Erfolgsfaktoren interkultureller Trainings benannt (vgl. Kap. 3),
die in der Planung berücksichtigt werden sollten. Was macht beispielsweise eine
gute Auftragsklärung aus? Wie kann der Transfer eines Trainings unterstützt wer­
den? In der Schritt-für-Schritt-Planung eines interkulturellen Trainings kommt
außerdem etablierten didaktischen Modellen eine besondere Bedeutung zu (vgl.
Kap. 4). Erst mithilfe dieser Modelle werden einzelne Methoden in ein stimmiges
Gesamtkonzept integriert.

Den Hauptteil bildet die praxisnahe Darstellung verschiedener etablierter und


neuerer Methoden, die in interkulturellen Trainings zum Einsatz kommen (vgl.
Kap. 5). Auf einen Blick werden die dazu notwendige Vorbereitung, die erforder­
lichen Rahmenbedingungen (z. B. Material, Gruppengröße etc.), die konkrete
Durchführung und die Auswertung im Detail präsentiert. Im Sinne eines „Metho­
denkoffers“ bietet diese Zusammenstellung eine bunte Auswahl von in der Praxis
erprobten Methoden und Übungen für unterschiedliche Trainingsphasen. Ange­
hende und erfahrene Trainer_innen sowie andere Interessierte sind eingeladen,

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10 Kapitel 1

sich aus dieser Auswahl selbst ein – für sie, die Zielgruppe und den Trainingskon­
text – passendes Trainingskonzept zusammenzustellen.
Um diese individuelle Zusammenstellung der Trainingsmethoden zu erleich­
tern, finden sich abschließend beispielhafte interkulturelle Trainingskonzepte
aus unterschiedlichen Anwendungskontexten (vgl. Kap. 6). Neben den vermit­
telten Inhalten und den verwendeten Methoden wird dabei insbesondere auch
auf konkrete Erfahrungen im Prozess und „Lessons Learned“ aus der prakti­
schen Durchführung eingegangen.
Dieses Buch soll Freude an verschiedenen Methoden interkultureller Trainings
vermitteln und zu Kreativität und Ausprobieren im Umgang mit den beschriebe­
nen Methoden und Inhalten anregen. Im Feld ähnlicher Manuale und Trainings­
leitfäden hebt es sich dabei durch verschiedene Merkmale ab:
1. Der Fokus liegt auf den psychologischen Aspekten der Interkulturalität. So basiert
das hier beschriebene Verständnis von Kultur und interkultureller Kompetenz
auf Erkenntnissen der interkulturell-psychologischen Forschung. Auch die Dar­
Stefan Schmid / 87.190.244.48 (2020-03-17 15:19)

stellung der zentralen didaktischen Modelle greift lernpsychologische Grund­


lagen auf.
2. Das Buch verbindet einen wissenschaftlichen Anspruch mit einer klaren Praxis­
orientierung. Das dargestellte Kulturverständnis berücksichtigt dabei den ak­
tuellen Forschungsstand und bietet Trainer_innen gleichzeitig eine zusam­
menfassende Darstellung notwendiger Inhalte, um interkulturelle Trainings
inhaltlich anspruchsvoll und theoretisch fundiert zu gestalten.
3. Ein besonderer Schwerpunkt liegt auf der strukturellen Einbettung der einzel­
nen Methoden. Dazu ist die Auflistung der Methoden nicht nur konsequent an­
hand des Trainingsprozesses strukturiert, sondern darüber hinaus auch mit
möglichen Lernzielen versehen, die sich aus den Facetten interkultureller Kom­
petenz ergeben.
4. Es werden verschiedene erfolgskritische Momente zur Gestaltung interkulturel­
ler Trainings in den Vordergrund gestellt. Dabei kommt der Passung der Metho­
den zur jeweiligen Zielgruppe, zum individuellen Trainingsauftrag und zum ent­
sprechenden Trainingssetting eine besondere Rolle zu.
Dieses Buch soll eine kompakte Einstiegslektüre, praxisnahe Anleitung, umfas­
sende Methodenfundgrube, anregende Inspiration und ein verlässliches Nachschla­
gewerk sein.

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2 Kulturverständnis
und Interkulturelle Kompetenz

Interkulturelle Kompetenz wird zunehmend bedeutsamer, um in der heutigen Le­


bens- und Arbeitswelt erfolgreich zu agieren. Durch Globalisierung und Interna­
tionalisierung sowie wachsende Migrationstendenzen wird das Umfeld, in dem wir
uns bewegen, zunehmend kulturell diverser (Adler & Gundersen, 2008; Hoskins &
Sallah, 2011; Johnson, Lenartowicz & Apud, 2006; Stehr, 2011) und birgt damit
neue Herausforderungen. Insbesondere im Arbeitskontext verfolgen Unterneh­
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men zunehmend internationale Ziele und die kulturelle Diversität in der Beleg­
schaft nimmt zu (Adler & Gundersen, 2008). Dies führt auch zu stärkerer Zusam­
menarbeit in multikulturellen Teams, welche unter den richtigen Bedingungen eine
bessere Problemlösefähigkeit zeigen sowie kreativer, innovativer und anpassungs­
fähiger sein können als monokulturelle Teams (z. B. Stahl, Maznevski, Voigt & Jon­
sen, 2009; Watson, Kumar & Michaelsen, 1993). Das kann sich wiederum positiv
auf die Leistung der einzelnen Mitarbeitenden und des Teams insgesamt auswir­
ken (van Knippenberg, De Dreu & Homan, 2004). Die vielen unterschiedlichen
Perspektiven in einem multikulturellen Team bergen aber auch Herausforderun­
gen. So kann es unter anderem zu vermehrten Konflikten und Kommunikations­
missverständnissen (Adler & Gundersen, 2008) sowie zu einem verringerten Zu­
sammengehörigkeitsgefühl und unzureichender Weitergabe von Informationen
kommen (Srikanth, Harvey & Peterson, 2016). Um solche negativen Konsequenzen
möglichst zu vermeiden, ist insbesondere die interkulturelle Kompetenz der Team­
mitglieder und der Führungskraft wichtig für den Erfolg der gesamten Gruppe.
Interkulturelle Kompetenz hat jedoch nicht nur im Arbeitsumfeld an Relevanz ge­
wonnen, sondern auch in der Bildung (z. B. an Hochschulen und Universitäten;
Schumann, 2007) und in vielen anderen Bereichen des alltäglichen Lebens (Tho­
mas, 2009). Vor diesem Hintergrund ist es wichtig, zunächst zu definieren, wie
Kultur und interkulturelle Kompetenz verstanden werden. Die hier vorgestellten
Modelle und theoretischen Grundlagen von Kultur und interkultureller Kompetenz
sollen daher zunächst einen Eindruck vermitteln, was aus psychologischer Sicht
unter dem Konzept Kultur verstanden werden kann. Zudem können diese Modelle
in interkulturellen Trainings eingesetzt werden, um eine Annäherung an das Thema
Kultur im Allgemeinen zu ermöglichen und schließlich auch die eigene kulturelle
Identität zu reflektieren. Die in Kapitel 5 beschriebenen Methoden interkultureller

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12 Kapitel 2

Trainings lassen sich mit diesen Modellen verknüpfen. Hier werden Anregungen
dazu gegeben, welches Modell sich im Anschluss an welche (erfahrungsorientierte)
Methode theoretisch einbetten lässt. Auch die in Kapitel 6 beschriebenen Beispiele
für interkulturelle Trainings veranschaulichen den Einsatz dieser Modelle und wie
diese im Training eingesetzt werden können, um sich dem Begriff Kultur zu nä­
hern und den Teilnehmenden eine Möglichkeit zu geben, ihre eigene kulturelle
Prägung sowie die Prägung anderer besser zu verstehen.

2.1 Kultur
Die Bandbreite der verschiedenen Verständnisse des Kulturbegriffs darzustellen
oder Kultur abschließend zu definieren, übersteigt bei weitem den Anspruch die­
ses Buches. Im vorliegenden Beitrag soll vielmehr der Fokus auf ein (wirtschafts-)
psychologisches Verständnis von Kultur gelegt werden – ohne dabei andere wert­
volle Perspektiven zu negieren.
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Zum besseren Verständnis der Entstehung von Kultur soll hier einleitend auf Par­
sons’ (1951) Konzept des Strukturfunktionalismus verwiesen werden. Vereinfa­
chend reduziert lässt sich mit Parsons der Grundgedanke eines funktionalistischen
Kulturbegriffs ableiten. In diesem Verständnis entsteht die Kultur einer Gruppe als
Reaktion auf Anforderungen aus ihrer Umwelt. Kultur ist damit eine Anpassungs­
leistung einer Gruppe. Bezogen auf Kultur in Organisationen formuliert Schein
(1985) ein ähnliches Verständnis, wenn er postuliert, dass Muster von geteilten
Grundannahmen, Werthaltungen und Normen innerhalb einer Gruppe über die
Zeit hinweg mit dem Ziel der Bewältigung von Problemen der äußeren Anpassung
und der inneren Integration entstehen. Äußere Anpassung kann beispielsweise
nötig werden durch geografische, klimatische, politische oder andere Einflüsse auf
eine Gruppe. Ein kulturfunktionalistischer Blick kann in interkulturellen Trainings
hilfreich sein, um zu einem vertieften Verständnis kultureller Unterschiede und
Gemeinsamkeiten zu kommen, da aus diesem Verständnis heraus stets die Funk­
tionalität und die Entstehung kultureller Merkmale mitgedacht werden. Darüber
hinaus kann das Konzept Kultur grundsätzlich aus zwei verschiedenen Blickwin­
keln betrachtet werden, die jeweils einen eigenen Zugang zum Kulturbegriff impli­
zieren: aus der holistischen Perspektive und aus der analytischen Perspektive.

2.1.1 Holistische Perspektive


Die holistische Perspektive folgt dem Ansatz der Kulturpsychologie in anthropo­
logischer Tradition. Sie versucht dabei Kultur als „umfassende Totalität“ (Kroe­
ber & Kluckhohn, 1952) ganzheitlich zu verstehen und extensiv zu beschreiben
(Heine, 2008). Unter Kultur wird hier ein kollektives Orientierungssystem ver­

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Kulturverständnis und Interkulturelle Kompetenz 13

standen, welches menschliches Verhalten in der Gestaltung von Lebenswelten lei­


tet und welches sich über Generationen hinweg manifestiert hat (Kluckhohn &
Kelly, 1945). Dabei umfasst Kultur zum einen Wissen, Überzeugungen und Tra­
ditionen sowie gelernte Verhaltensmuster (Kroeber & Kluckhohn, 1952), die von
Generation zu Generation weitergegeben werden (Barnouw, 1973). Kultur hat also
für eine Gesellschaft eine ähnliche Funktion wie das Gedächtnis für Individuen
(Kluckhohn, 1954). Zum anderen manifestiert Kultur sich auch in beobachtbaren,
konkreten Merkmalen des gesellschaftlichen Lebens (Kroeber & Kluckhohn, 1952).
Herskovits (1948) definiert Kultur demnach als den Teil der Umwelt, der vom Men­
schen erschaffen wurde. Solche kulturellen Symbole oder Artefakte sind zum Bei­
spiel institutionelle Strukturen, Gesetze, Kunst, Literatur oder Architektur.

2.1.2 Analytische Perspektive


Die analytische Perspektive folgt dem Ansatz der interkulturellen Psychologie,
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welche versucht, das Konzept Kultur stärker in seine einzelnen Facetten (z. B. ein­
zelne Wertedimensionen) zu unterteilen. Hierdurch sollen verschiedene kultur­
bedingte Einflüsse identifiziert werden, um Verhalten zu erklären und Vorhersa­
gen zu ermöglichen. Kultur wird dabei als eine „kollektive Programmierung des
Geistes“ beschrieben, die eine Gruppe von Menschen von einer anderen unter­
scheidet (Hofstede, 1991). Unter dieser „kollektiven Programmierung des Geis­
tes“ versteht Hofstede (1991) psychologische Ähnlichkeiten innerhalb einer Gruppe
von Menschen. Diese psychologischen Ähnlichkeiten können sich in gemeinsa­
men Werten, Normen, Verhaltensweisen, Bedeutungszuweisungen und Grund­
annahmen ausdrücken (Ashkanasy & Jackson, 2001; Erez, 1994). Diese verschie­
denen Bestandteile von Kultur existieren dabei nicht einfach nebeneinander,
sondern werden unterschiedlich stark sichtbar und bewusst (Hofstede, 1980;
Schein, 1985).

2.1.3 Integration der holistischen und analytischen


Perspektive
Wenn man beide Perspektiven – die holistische und analytische – betrachtet, las­
sen sich insbesondere drei Gemeinsamkeiten finden, die im Rahmen dieses Buches
als Arbeitsdefinition von Kultur dienen sollen:
• Kultur ist etwas Geteiltes (z. B. Traditionen, Regeln, Normen, Werte oder An­
nahmen) zwischen einer Gruppe von Menschen.
• Kultur wird von Generation zu Generation weitergegeben.
• Kultur existiert auf unterschiedlichen Ebenen. Es werden zunächst sichtbare kul­
turelle Artefakte (z. B. Kunst, Literatur, Architektur, politische Strukturen, Klei­
dung, Essen, Traditionen, Rituale) beschrieben. Weiterhin werden nicht direkt

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14 Kapitel 2

sichtbare Elemente (z. B. Werte, Überzeugungen) und unsichtbare, unbewusste


Elemente (z. B. Grundannahmen) von Kultur genannt.
Selbstverständlich haben beide Perspektiven im Kontext interkultureller Trainings
ihre Berechtigung und erfüllen eine eigene inhaltliche und didaktische Funktion.
Zu Beginn eines Trainings bietet es sich an, den Kulturbegriff zu thematisieren und
dabei beide Perspektiven vorzustellen und mit den Teilnehmenden die jeweiligen
Vor- und Nachteile der Perspektiven zu diskutieren. Je nachdem aus welcher Per­
spektive Kultur betrachtet wird, kann jedoch im Training auch ein unterschiedli­
cher Schwerpunkt gesetzt werden. Folgt man primär der holistischen Perspektive,
kann dies helfen, den Teilnehmenden den umfassenden Einfluss von Kultur auf
jegliches Miteinander zu vermitteln und die Notwendigkeit hervorheben, kultu­
relle Einflussfaktoren stets einzubeziehen und in der Breite zu betrachten. Wenn
diese Perspektive auch sehr komplex ist, so kann ihre gesamtheitliche Betrachtung
insbesondere im Trainingsverlauf immer wieder Denkanstöße zur Einordnung von
bestimmten Verhalten oder Sachverhalten liefern. Im Rahmen der holistischen
Perspektive bieten sich Übungen an, die die generelle Stärkung der Unterschieds­
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sensibilität der Teilnehmenden zum Ziel haben (z. B. die Übungen Die Wahl-Nuss,
vgl. Kap. 5.2.2.5; Abgestempelt, vgl. Kap. 5.2.4.1; Die Karten werden neu gemischt, vgl.
Kap. 5.2.10.1). Häufig werden in interkulturellen Trainings jedoch Modelle oder
bildhafte Schemata verwendet, die der analytischen Perspektive folgen (z. B. das
Zwiebelmodell nach Hofstede, das Pyramidenmodell nach Schein oder das Eis­
bergmodell nach Bolten). Der Vorteil dieser Darstellungen kann darin liegen, dass
sich Kultur so Schritt für Schritt „entpacken“ lässt und sich die Teilnehmenden des
Trainings den eher impliziten Aspekten von Kultur über sichtbare Aspekte annä­
hern können. Übungen, die sich eher der analytischen Perspektive zuordnen las­
sen, sind zum Beispiel Handel der Wertvorstellungen (vgl. Kap. 5.2.9.2) oder Wer­
teauktion (vgl. Kap. 5.2.9.6).

2.2 Exemplarische Kulturmodelle


Exemplarisch sollen im Folgenden drei Kulturmodelle aus der analytischen Pers­
pektive beschrieben werden, die im Rahmen eines interkulturellen Trainings Ein­
satz finden können.

2.2.1 Das Zwiebelmodell


In diesem Kulturmodell nach Hofstede (2001) werden vier Ebenen der Kultur be­
schrieben (vgl. Abb. 1). Im Kern stehen Werte, die für eine Kultur besonders wich­
tig sind. Diese Werte wirken sich auf die äußeren Ebenen der symbolischen Zwie­
bel aus. Sie beeinflussen zunächst, welche Routinen, Traditionen oder Rituale

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Kulturverständnis und Interkulturelle Kompetenz 15

ausgebildet werden. Weiterhin bilden sich bestimmte Heldenfiguren aus, die die
Werte einer Kultur repräsentieren. Diese Held_innen fungieren als Vorbilder, an
denen sich adäquates Verhalten orientiert. Heldenfiguren können dabei sowohl Na­
tionalheld_innen sein oder aber, aus einer Geschichte oder einfach Personen aus
dem näheren Umfeld – z. B. Eltern oder Großeltern –, die man für sich selbst zum
Vorbild nimmt. Schließlich wirken sich die Werte auch auf der äußersten Ebene auf
Symbole und Artefakte im Alltag aus (z. B. Kleidung, Essen). Alle Ebenen zusam­
men bestimmen so das Handeln eines Individuums oder einer kulturellen Gruppe.

Beispiel

Der Wert Pünktlichkeit im Inneren der Zwiebel wirkt sich auf die verschiede­
nen anderen Zwiebelschichten aus. Beispielsweise kann es zur Routine werden,
seine Arbeitswoche zu planen oder sich Termine mit Freund_innen immer schon
10 Minuten früher in den Kalender einzutragen. Held_innen könnten für eine
Person, der Pünktlichkeit wichtig ist, zum Beispiel Arbeitskolleg_innen oder
Freund_innen sein, die stets pünktlich sind. Symbole dafür, dass eine Person auf
Stefan Schmid / 87.190.244.48 (2020-03-17 15:19)

Pünktlichkeit achtet, wären zum Beispiel das Tragen einer Armbanduhr oder
das Mitführen eines Taschenkalenders. Diese Elemente zusammen bestimmen
so das Verhalten einer Person, nämlich dass sie zum vereinbarten Zeitpunkt zu
Aktivitäten oder Verabredungen erscheint.
<p_h_chapter_title ohne Nummer manuell eintragen> 1

Symbole

Held_innen

Routinen

Verhalten Werte

Abbildung 1: Das Zwiebelmodell nach Hofstede (2001)

Abbildung 1

Abbildung 1: Das Zwiebelkulturmodell nach Hofstede (2001)

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16 Kapitel 2

2.2.2 Das Pyramidenmodell


Im Pyramidenmodell nach Schein (1985) existieren drei Ebenen von Kultur (vgl.
Abb. 2). Auf der obersten Ebene befinden sich sichtbare Strukturen und Prozesse,
die einer Kultur zu eigen sind (Artefakte). Auf dieser Ebene lässt sich Kultur be­
obachten und greifbar machen. Auf der zweiten Ebene befinden sich kulturelle
Werte, die eine Gruppe teilt. Diese Werte liegen allen sichtbaren, greifbaren Ele­
menten der Kultur zugrunde und beeinflussen diese. Dabei können sie bewusst
sein oder unbewusst das Verhalten oder die Gestaltung von Prozessen und Struk­
turen steuern. Auf der untersten, dritten Ebene sind die Grundannahmen veror­
tet. Diese sind nicht bewusst und unsichtbar, beeinflussen aber wiederum, wel­
che Werte als wichtig erachtet werden.

Beispiel

Beispiele für sichtbare kulturelle Artefakte können die Architektur von Gebäu­
den, Begrüßungsrituale oder das Verhalten beim Busfahren sein sowie auch in­
Stefan Schmid / 87.190.244.48 (2020-03-17 15:19)

stitutionelle Strukturen (z. B. Politik, Bildung). Diese greifbaren Strukturen wer­


den von der darunterliegenden Ebene der Werte beeinflusst. So kann zum
Beispiel der Wert Fortschritt dazu führen, dass eine Bank bei der Architektur
ihres Hauptsitzes besonders auf moderne Baukunst oder eine ausgefallene In­
nenarchitektur setzt. Schließlich spielen auch die Grundannahmen eine Rolle
dabei, welche Werte und Artefakte sich in einer Kultur ausbilden. Beispiels­
weise könnte die Grundannahme, dass alle Menschen gleichwertig sind, dazu
führen, dass der Wert Hilfsbereitschaft in einer Kultur besonders ausgeprägt
ist. Dies könnte sich auf Artefaktebene zum Beispiel in einer Vielzahl karitati­
2 ver Einrichtungen
Kapitel 1 oder ehrenamtlicher Initiativen zeigen.

Sichtbare Strukturen
und Prozesse

Artefakte

Bewusst

Werte

Unbewusst

Grundannahmen

Abbildung 2: Das Pyramidenmodell nach Schein (1985)

Abbildung 2

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Kulturverständnis und Interkulturelle Kompetenz 17

2.2.3 Das Eisbergmodell


In der Trainingspraxis wird oft ein der Pyramide nach Schein (1985) sehr ähnli­
ches Modell verwendet: das Eisbergmodell (Bolten, 2007; vgl. Abb. 3). Hierbei
soll durch die Metapher des Eisberges auf anschauliche Weise deutlich gemacht
werden, dass – so wie nur der kleinste Teil des ganzen Eisberges sichtbar ist – nur
ein kleiner Teil von Kultur sichtbar wahrgenommen wird (perceptas: kulturelle
Artefakte). Ein Großteil des Eisberges ist jedoch unter der (Wasser-)Oberfläche
zu finden und somit unsichtbar. Parallel dazu sind viele Aspekte von Kultur nicht
direkt wahrnehmbar (conceptas: immaterielle Aspekte). Diese zweite Ebene un­
tergliedert Bolten (2007), analog zu Schein (1985), in Werte und Normen, die
bewusst werden können, und Grundannahmen, die unbewusst bleiben. Diese
unteren Ebenen werden dann als Erklärungsansatz für kulturelle Artefakte auf
der ersten Ebene genutzt (Bolten, 2007). Weiterhin kann das Modell des Eis­
berges deutlich machen, dass kulturelle Missverständnisse oder „Zusammen­
stöße“ häufig auf der unteren Ebene der Werte und Grundannahmen angesie­
Stefan Schmid / 87.190.244.48 (2020-03-17 15:19)

delt sind.

Beispiel

Dinge, die über der „Wasseroberfläche“ angesiedelt sind, sind sichtbare Mani­
festationen innerhalb einer Kultur, wie zum Beispiel Kleidung, Architektur,
Musik, Institutionen oder die Art und Weise, wie Feste gefeiert werden. Unter­
halb der „Wasseroberfläche“ befinden sich zum einen Werte, wie zum Beispiel
Bescheidenheit, Hilfsbereitschaft oder Erfolgsstreben und zum anderen Grund­
annahmen, wie beispielsweise, dass eine Person alles erreichen kann, wenn sie
nur hart genug dafür arbeitet.
Kulturelle Missverständnisse können entstehen, wenn jemand die sichtbaren
Elemente zwar wahrnimmt, die Gründe für ein bestimmtes Handeln aber nicht
versteht oder sie – auf Basis der eigenen Werte und Grundannahmen – fehl­
interpretiert. So kann es passieren, dass beispielsweise Familienfeste für eine
Person eine starke Priorität haben, da sie sich als Teil dieses Kollektivs versteht
und dies mit gewissen Erwartungen und gegenseitiger Unterstützung verbun­
den ist. Für eine andere Person könnte dies nicht von so hoher Bedeutung sein,
da sie sich primär als Individuum versteht und eigene oder arbeitsbezogene
Termine präferiert.

Kulturmodelle lassen sich im Rahmen eines interkulturellen Trainings gut einset­


zen, um sich dem Verständnis von Kultur der Teilnehmenden zu nähern und die­
ses mit Wissen anzureichern. Die Modelle sind zumeist grafisch einfach darzu­
stellen und können somit auch gut an der Flipchart vermittelt bzw. gemeinsam
erarbeitet werden. Damit bieten sie einen theoretischen Rahmen, der sich mit der

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18 Kapitel 2 <p_h_chapter_title ohne Nummer manuell eintragen> 3

perceptas

conceptas
Stefan Schmid / 87.190.244.48 (2020-03-17 15:19)

Abbildung 3: Das Eisbergmodell nach Bolten (2007)

Lebensrealität und den Erfahrungen der Teilnehmenden füllen lässt. Beispiels­


weise bietet es sich an, im Plenum oder in Einzelarbeit einen eigenen kulturellen
Eisberg zu gestalten und mit konkreten Beispielen der Teilnehmenden zu „befül­
len“ (vgl. Beispieltraining in Kap. 6.1). In ähnlicher Weise können die Teilnehmen­
den gebeten werden, ihre eigene „Kulturzwiebel“ zu gestalten und sich diese in
Kleingruppen gegenseitig vorzustellen (vgl. Beispieltraining in Kap. 6.4). Somit
können die Modelle im Training einen guten Anstoß zur Diskussion darüber lie­
fern, was Kultur eigentlich ist und woraus sie besteht. Außerdem können sie eine
Reflexion der eigenen kulturellen Prägung auslösen. Dabei ist es wichtig im Hin­
terkopf zu behalten, dass diese Modelle immer nur eine sehr starke Vereinfachung
des sehr komplexen Konstruktes Kultur darstellen können. In Trainings helfen sie
den Teilnehmenden aber vor allem, einen guten Einstieg in das Thema zu finden,
insbesondere
Abbildung 3: dann,
Das wenn wenig
Eisbergmodell Vorerfahrung
nach Bolten (2007) mit dem Thema im Allgemeinen
vorhanden ist. Tabelle 1 bietet eine Übersicht der beschriebenen analytischen Kul­
turmodelle.

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Kulturverständnis und Interkulturelle Kompetenz 19

Tabelle 1: Übersicht über exemplarisch beschriebene Kulturmodelle

Name
Referenz Kurzbeschreibung
des Modells

Zwiebel­ Hofstede Ebenen: 4


modell (2001)
Kernaussage: Kulturelle Werte stehen im Kern und
wirken sich auf das Ausbilden von Routinen sowie
auf die Wahl von Heldenfiguren und Symbolen aus.
Alle Ebenen des Modells gemeinsam prägen das
Verhalten eines Menschen.

Pyramiden- Schein Ebenen: 3


modell (1985)
Kernaussage: Unbewusste Grundannahmen liegen
bewussten Werten zugrunde, die sich wiederum in
sichtbaren Strukturen und Prozessen (Artefakte
genannt) manifestieren.
Stefan Schmid / 87.190.244.48 (2020-03-17 15:19)

Eisberg­ Bolten Ebenen: 2


modell (2007)
Kernaussage: Wahrnehmbare Aspekte von Kultur lie-
gen über der (Wasser-)Oberfläche und können daher
beschrieben werden. Die meisten kulturellen Aspekte
(z. B. Werte und Grundannahmen) befinden sich je-
doch unter der (Wasser-)Oberfläche und sind nicht
(einfach) beobachtbar.

2.3 Kulturdimensionen
Wie oben beschrieben, stehen Werte im Zentrum vieler gängiger Kulturmodelle.
Um in der Trainings- und Arbeitspraxis das globale Wertekonstrukt weiter diffe­
renzieren und „entpacken“ zu können, hat sich die Arbeit mit Werte- und Kultur­
dimensionen etabliert. Kulturdimensionen beschreiben psychologische Aspekte
(Verhalten und Erleben) von Menschen in unterschiedlichen Kulturen. Dabei ord­
nen sie unterschiedliche kulturelle Präferenzen für Verhalten oder Werte und fas­
sen diese zusammen. Kulturelle Dimensionen können in interkulturellen Trainings
eingesetzt werden, um unterschiedliches Verhalten in Bezug auf ein bestimmtes
Thema (z. B. Kommunikation, Hierarchie, Führung) zu beleuchten und das Ver­
ständnis für diesbezügliche kulturelle Unterschiede zu schärfen. Dabei können
sich die Teilnehmenden zum einen selbst verorten und zum anderen eine Ein­
schätzung ihrer eigenen Werte in Bezug zu anderen Kulturen setzen. Aus solchen

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20 Kapitel 2

Beobachtungen lässt sich zunächst ein Bewusstsein für die unterschiedlichen kul­
turellen Interpretationen einer Situation schaffen. Anschließend können Möglich­
keiten des kompetenten Verhaltens in interkulturellen Situationen reflektiert und
entwickelt werden. Bei einem solchen Ansatz sollte unbedingt darauf geachtet
werden, dass die Teilnehmenden eines Trainings nicht vorschnell eine Stereotypi­
sierung vornehmen. Kulturelle Dimensionen – sowie auch die Verortung verschie­
dener Kulturen auf diesen Dimensionen – bilden lediglich eine Verhaltenstendenz
im Mittel ab, sie sollten jedoch nicht als absoluter Wert interpretiert werden.
Im Folgenden werden exemplarisch drei prominente Modelle von Kulturdimen­
sionen näher vorgestellt: Edward T. Hall, Geert Hofstede und die GLOBE-Studie.

2.3.1 Kulturdimensionen nach Hall


Edward T. Hall (1963, 1976, 1983; Hall & Hall, 1990) beschreibt insgesamt vier
kulturelle Dimensionen, die das menschliche Verhalten in der Kommunikation
Stefan Schmid / 87.190.244.48 (2020-03-17 15:19)

mit anderen beeinflussen: die Proxemik (Raumorientierung), die Kontextorien­


tierung, die Zeitorientierung und die Informationsgeschwindigkeit.
Die Dimension Proxemik (Raumorientierung; Hall, 1963) beschreibt das Bedürfnis
nach Raum oder Platz, den eine Person subjektiv benötigt. In einigen Kulturen wird
der persönliche Raum enger gezogen, wodurch man sich in Situationen, die durch
Nähe zu anderen geprägt sind, wohler fühlt. In anderen Kulturen fällt der persönli­
che Raum größer aus, wodurch mehr Abstand zu anderen Menschen gehalten wird.
Dies bedeutet auch, dass manche Kulturen eher kontaktarm, andere dagegen eher
kontaktreich kommunizieren. In kontaktarmen Kulturen wird Körperkontakt mög­
lichst vermieden und eine gewisse Distanz in der Interaktion mit anderen gehalten.
In kontaktreichen Kulturen hingegen steht man näher beieinander und Berührun­
gen werden als Kommunikationsmedium genutzt. Marquardt und Greenberg (2012)
definiert Zonen, die verschiedene Distanzen beschreiben, in denen Menschen sich
bewegen (vgl. Abb. 4). So umfasst die intime Zone einer Person einen Radius von
ca. 0,5 Meter. Die persönliche Distanz beträgt ca. 0,5 bis 1,0 Meter. Diese beiden
Bereiche empfindet eine Person dabei als ihren eigenen Raum. Wenn andere in die­
sen Raum eindringen, kann es zu unangenehmen Gefühlen und Reaktionen kom­
men. Familienmitglieder und romantische Partner_innen können auch in die Intim­
sphäre eindringen, während Freund_innen, Kolleg_innen und Bekannte bis zur
persönlichen Zone vordringen dürfen. An die intime und die persönliche Distanz
schließt sich die soziale Distanz an, welche für weniger enge Kontakte reserviert ist.
Sie umfasst einen Abstand von 1,0 bis 4,0 Meter. Hiernach beginnt die öffentliche
Distanz, z. B. für fremde Personen oder öffentliche Veranstaltungen. Das Einhalten
der Distanzen ist immer auch beeinflusst durch den Kontext, in dem eine Person
sich befindet. So ist es in einer vollen Straßenbahn zu Stoßzeiten notwendig, eine
geringere Distanz zu anderen Personen einzuhalten als sonst.

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4 Kapitel 1 Kulturverständnis und Interkulturelle Kompetenz 21

Öffentliche Distanz (unbegrenzt)

Soziale Distanz (1–4 m)

Persönliche Distanz (0,5–1 m)

Intime Distanz (0–0,5 m)


Stefan Schmid / 87.190.244.48 (2020-03-17 15:19)

Abbildung 4: Distanzen nach Marquardt und Greenberg (2012)

Hinweis
Eine Übung, die interpersonelle Distanzen für die Teilnehmenden im Training erfahr-
Abbildung bar
4 macht, ist die Übung Tanzraum (vgl. Kap. 5.2.2.3). Dabei werden unterschiedlich
große Distanzen zwischen Akteur_innen ausprobiert sowie Komfortzonen ausge-
testet und reflektiert. Die Übung eignet sich gut, um das Gefühl der Grenzüberschrei-
tung erlebbar zu machen und in einen Aushandlungsprozess mit Interaktionspart-
ner_innen zu treten.

Die Dimension
Abbildung 4:
Kontextorientierung (Hall, 1976; vgl. Abb. 5) unterscheidet, ob eine
Distanzen nach Hall (1966)
Kultur Informationen eher explizit und direkt oder eher indirekt übermittelt. Eine
explizite Weitergabe von Informationen kann dann erfolgen, wenn nicht von einem
gemeinsamen impliziten Kontext von Handlungsregeln und Normen ausgegan­
gen wird (Low-context-Kulturen). Als Beispiele für Low-context-Kulturen können
die skandinavische oder auch die deutsche Kultur angeführt werden. In diesen
Kulturen steht die Sachorientierung in einer Diskussion zumeist im Vordergrund.
Es wird erwartet, dass die Gesprächspartner_innen sehr direkt, offen und ehrlich
ihre Meinungen vertreten. Auch wird es als respektvoll angesehen, wenn man zu­
gibt, etwas nicht zu wissen oder nicht zu schaffen. Die Beziehungsebene steht
dabei nicht im Vordergrund bzw. wird nicht so stark tangiert.
Eine indirekte Weitergabe von Informationen bedeutet dagegen, dass weitere wich­
tige Informationen für das Verständnis der Botschaft im Kontext verortet werden
(High-context-Kulturen). Die chinesische, japanische oder türkische Kultur sind
Beispiele für High-context-Kulturen. Hier steht die Beziehung zwischen den Ge­

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22 Kapitel 2

sprächspartner_innen im Vordergrund und persönliche Befindlichkeiten werden


berücksichtigt. Die Beziehung soll nicht gefährdet werden, weshalb Probleme oder
Herausforderungen taktvoll und diskret gelöst werden und diplomatische Strate­
gien genutzt werden, um insbesondere negative Informationen zu übermitteln. Da
eine direkte Aussprache negativer Inhalte als unhöflich angesehen wird, wird in
diesen Kulturen ein direktes Nein eher vermieden, um Gesprächspartner_innen
nicht vor den Kopf zu stoßen. <p_h_chapter_title ohne Nummer manuell eintragen> 5

High-context-Kulturen

n
ne
io
at
rm
fo
In
n
ne
te

n
al

ne
th

io
en

at
t

rm
ex
Stefan Schmid / 87.190.244.48 (2020-03-17 15:19)

Bedeutung
fo
nt

In
Ko

n
im

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ge

m
er
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üb
M

an
ge
en
M

Low-context-Kulturen

Abbildung 5: Kommunikation in High- und Low-context-Kulturen nach Hall (1976)

Die Dimension Zeitorientierung (Hall, 1983) beschreibt, ob eine Kultur Zeit eher
als linear
Abbildung 5 begreift, sodass sie in Einheiten unterteilt und verplant werden kann
(monochrone Zeitorientierung), oder ob eine Kultur Zeit eher als zyklisch versteht,
wobei diese in größeren, fließenden Abschnitten wahrgenommen wird (poly­
chrone Zeit­orientierung). In letzterem Fall wird das genaue Zeitmanagement nicht
als wichtig oder möglich angesehen und der Fokus liegt häufig auf mehreren Auf­
gaben oder Sachverhalten zur selben Zeit.

Schließlich beschreiben Hall und Hall (1990) die Dimension Informationsgeschwin­


Abbildung
digkeit. 5:
Dabei Kommunikation insie
differenzieren High- und Low-context-Kulturen
Kulturen, nach Hall für
in denen eine Präferenz (1976)
den schnel­
len Austausch von Informationen herrscht, von Kulturen, in denen der Austausch
von Informationen mehr Zeit in Anspruch nimmt. Beispiele für schnelle Informa­
tionsgeschwindigkeit sind etwa das Durchlesen von Schlagzeilen verschiedenster
Medien nach einem Ereignis, während ein Beispiel für den langsamen Austausch
von Informationen eine Präferenz dafür sein kann, sich bei einem Tee persönlich
mit seinem Gegenüber auszutauschen.

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Kulturverständnis und Interkulturelle Kompetenz 23

2.3.2 Kulturdimensionen nach Hofstede


Der niederländische Forscher Geert Hofstede hat sich mit der Frage beschäftigt,
ob es auf dem kulturellen Level soziale Axiome gibt, die über viele verschiedene
Länder hinweg existieren, deren Ausprägungen sich aber unterscheiden und was
dies für Konsequenzen für den Arbeitsalltag hat. Dazu erhob er bei der Firma IBM
zwischen 1967 und 1973 in 41 Ländern Daten und wertete diese in Hinblick auf
mögliche gemeinsame Kulturdimensionen aus. Diese Studie war die erste, die eine
derart große Anzahl verschiedener Kulturen miteinbezog. Zunächst identifizierte
Hofstede (1980) vier Kulturdimensionen: Individualismus vs. Kollektivismus, Mas­
kulinität vs. Femininität, Unsicherheitsvermeidung und Machtdistanz. Im Laufe
der Zeit ergänzte er noch die Dimensionen Langzeit- vs. Kurzzeitorientierung und
Genuss vs. Zurückhaltung. Im Folgenden werden die Dimensionen näher beleuch­
tet:
• Individualismus vs. Kollektivismus unterscheidet, ob in Kulturen individuelle In­
teressen und die Unabhängigkeit jeder einzelnen Person im Vordergrund ste­
Stefan Schmid / 87.190.244.48 (2020-03-17 15:19)

hen oder ob enge soziale Netzwerke aufgebaut werden und stark zwischen In-
und Outgroup unterschieden wird.
• Maskulinität vs. Femininität unterscheidet Kulturen, in denen Leistung, Erfolg,
Wettbewerb und Durchsetzungsvermögen geschätzt werden (maskuline Kul­
turen) von Kulturen, in denen Lebensqualität, Beziehungen zu anderen, Für­
sorge, Hilfsbereitschaft und Solidarität im Vordergrund stehen (feminine Kul­
turen).
• Unsicherheitsvermeidung beschreibt die Tendenz, ungewisse oder zweideutige
Situationen als bedrohlich wahrzunehmen. Regeln können helfen, diese Bedro­
hung abzuschwächen, indem sie Normen, Strukturen und Prozesse schaffen,
um besser mit solchen Situationen umzugehen. Kulturen mit hoher Unsicher­
heitsvermeidung stehen Innovationen und Veränderungen eher skeptisch ge­
genüber.
• Machtdistanz beschreibt die Akzeptanz dafür, dass Macht innerhalb einer
Gruppe, Gesellschaft oder Organisation ungleich verteilt ist. Bei hoher Macht­
distanz wird Hierarchie und Ungleichheit toleriert und als legitim angesehen,
wohingegen bei geringer Machtdistanz die Ungleichheit so gering wie möglich
sein sollte und einer Rechtfertigung bedarf.
• Langzeit- vs. Kurzzeitorientierung unterscheidet Kulturen, die lange im Voraus
relativ statische Pläne schmieden, von Kulturen, die sich eher flexibel auf neue
Situationen einstellen.
• Genuss vs. Zurückhaltung unterscheidet die Tendenz, das Leben in vollen Zügen
zu genießen, Spaß zu haben und grundlegende und natürliche menschliche Be­
dürfnisse zu befriedigen, von der Überzeugung, dass eine solche Bedürfnisbe­
friedigung durch strenge soziale Normen geregelt werden sollte.

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24 Kapitel 2

2.3.3 Die GLOBE-Studie


Die Global Leadership and Organizational Effectiveness Studie (GLOBE; House,
Javidan & Dorfman, 2001) entwickelte eine empirisch begründete Theorie, wel­
che Führungsverhalten über verschiedene Kulturen hinweg erklärt und wichtige
kulturelle Einflussvariablen für die Effektivität von Führungsverhalten untersucht.
Mittels des Einsatzes vielfältiger Methoden, wie z. B. Fragebögen und Medienana­
lysen, wurden neun Kulturdimensionen und sechs Führungsstile identifiziert. Die
GLOBE-Studie ist dabei die bisher umfassendste Länderstudie in Bezug auf den
Einfluss kultureller Dimensionen auf Führungsverhalten. Die Kulturdimensionen
werden im Folgenden beschrieben:
• Machtdistanz: Ähnlich wie bei Hofstede (2001), beschreibt diese Dimension
die Erwartung und Übereinstimmung innerhalb einer Gesellschaft oder Orga­
nisation, dass Macht ungleich verteilt ist.
• Unsicherheitsvermeidung: Die GLOBE-Studie legt hier die Definition nach Hof­
stede (2001) zugrunde, der in dieser Dimension das Ausmaß des Versuches be­
Stefan Schmid / 87.190.244.48 (2020-03-17 15:19)

schreibt, die Unvorhersagbarkeit zukünftiger Gegebenheiten durch Regeln,


Normen und Vorschriften einzuschränken.
• Institutioneller Kollektivismus beschreibt das Ausmaß, in dem Loyalität gegen­
über einer Gruppe und das kollektive Verteilen von Ressourcen durch institu­
tionelle Praktiken belohnt werden.
• In-group-Kollektivismus beschreibt das Ausmaß, in dem Einzelpersonen Loya­
lität, Stolz und Solidarität in Bezug auf ihre Familien sowie Institutionen, denen
sie angehören, zeigen (Triandis, 1995).
• Geschlechtergleichheit beschreibt die Einstellung, zu welchem Ausmaß Männer
und Frauen innerhalb einer Gesellschaft gleichwertig behandelt werden sollten.
• Durchsetzungsvermögen beschreibt das Ausmaß von Aggressivität und Standhal­
ten in Interaktionen mit anderen.
• Humanorientierung beinhaltet Werte wie Gerechtigkeit, Altruismus, Großzü­
gigkeit und Fürsorge (Kluckhohn & Strodtbeck, 1961).
• Zukunftsorientierung beschreibt die Tendenz, sich an der Vergangenheit, Ge­
genwart oder Zukunft zu orientieren (Kluckhohn & Strodtbeck, 1961).
• Leistungsorientierung wird abgeleitet aus dem Leistungsmotiv nach McClelland
(1961) und beschreibt das Streben nach Erfolgserlebnissen durch die eigene er­
brachte Leistung.

Kulturdimensionen lassen sich in Trainings dazu einsetzen, die Thematik kulturell


bedingter unterschiedlicher Präferenzen in Verhalten oder Arbeitsweisen vertieft
zu bearbeiten. Der theoretische Mehrwert geht hier also über ein reines Grundver­
ständnis davon, was Kultur ist, hinaus und widmet sich spezifischen Aspekten (Di­
mensionen), auf welchen sich verschiedene kulturelle Gruppen unterscheiden. Kul­
turdimensionen lassen sich nicht nur im Training präsentieren, sondern es kann

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Kulturverständnis und Interkulturelle Kompetenz 25

auch aktiv mit ihnen gearbeitet werden, indem sich die Teilnehmenden beispiels­
weise selbst auf den Kulturdimensionen einschätzen und ihre persönliche Präfe­
renz mit anderen ihrer Nationalkultur oder anderer Kulturen vergleichen. Ein Bei­
spiel dazu gibt das Training, das in Kapitel 6.2 beschrieben ist. Des Weiteren eignen
sich Kulturdimensionen dazu, einen theoretischen Rahmen für das Verständnis
von eventuell auftretenden Missverständnissen in multikulturellen Gruppen zu
schaffen. Die Teilnehmenden können sich so auf einer anderen Ebene mit poten­
ziellen Konflikten auseinandersetzen, unterschiedliche Perspektiven besser ver­
stehen lernen und dies als Ausgangspunkt nehmen, um gemeinsame Kompromisse
und Lösungen zu entwickeln. Tabelle 2 bietet einen Überblick über die vorgestell­
ten Kulturdimensionen.

Tabelle 2: Übersicht über Kulturdimensionen

Name Referenz Kurzbeschreibung


Stefan Schmid / 87.190.244.48 (2020-03-17 15:19)

Kultur­ Hall Bestandteile/Phasen: 3


dimensionen (1976)
Kernaussage: Kultur ist die Basis für Kommunikation
nach Hall
und beeinflusst die Art und Weise, wie wir uns in
Interaktionen mit anderen verhalten.

Kultur­ Hofstede Bestandteile/Phasen: zunächst 4, erweitert auf 6


dimensionen (2001)
Kernaussage: Kulturdimensionen beschreiben
nach Hofstede
grundlegende Einstellungen und Verhaltensweisen,
in denen sich Kulturen unterscheiden.

Kultur­ House Bestandteile/Phasen: 3


dimensionen et al.
Kernaussage: Kulturdimensionen beschreiben
nach GLOBE (2001)
grundlegende Einstellungen und Verhaltensweisen,
in denen sich Kulturen unterscheiden und die Füh-
rungsverhalten und -erfolg beeinflussen.

2.4 Kulturmodelle im weiteren Sinne


Neben den oben dargestellten Kulturmodellen im engeren Sinne und den Ansät­
zen zur Beschreibung kultureller Dimensionen, können je nach Zielsetzung und
Anlass des Trainings auch weitere Kulturmodelle in interkulturellen Trainings Ver­
wendung finden. Diese beschreiben die Bedeutung von Kultur im Kontext ande­
rer Einflussfaktoren auf menschliches Verhalten bzw. thematisieren mögliche Re­
aktionen im Umgang mit anderen Kulturen.

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26 Kapitel 2

2.4.1 Die Ebenen von Kultur nach Erez und Gati


Das Modell verschiedener kultureller Ebenen von Erez und Gati (2004; vgl. Abb. 6)
beschreibt verschiedene Wirkungsbereiche von Kultur. Hierbei steht das Indivi­
duum, welches sich zunächst durch ein eigenes kulturelles Selbstbild auszeichnet,
im Mittelpunkt. Jede Person ist dabei aber immer auch Teil verschiedener sozia­
ler Instanzen, wie z. B. Gruppen, Organisationen, Nationen oder, auf ganz abs­
trakter Ebene, der Welt. Jede dieser sozialen Instanzen hat wiederum eine eigene
Kultur, von der jede zugehörige Person Teil ist. So wirken sich zum einen die kul­
turellen Einflüsse der verschiedenen sozialen Instanzen, zu denen eine Person ge­
hört, auf das kulturelle Selbstbild der Person aus (Top-down-Prozess). Umgekehrt
gestaltet jede Person wiederum auch die Kulturen der sozialen Instanzen mit (Bot­
tom-up-Prozess). Die Vermittlung des Modells in Trainings kann verdeutlichen,
dass jede Person Teil verschiedener Subkulturen ist, die ihre kulturelle Identität
prägen. So lassen sich u. a. auch Unterschiede zwischen Personen einer vermeint­
lich „gleichen“ kulturellen Gruppe interpretieren. Des Weiteren kann dieses Mo­
Stefan Schmid / 87.190.244.48 (2020-03-17 15:19)

dell einen Ansatzpunkt bieten, um in interkulturellen Begegnungen nicht nur nach


Unterschieden, sondern auch nach Gemeinsamkeiten zu suchen. So kann z. B. ein_e
Erasmus-Student_in einer anderen Nationalkultur angehören als Studierende des
Gastlandes, gemeinsam ist ihnen jedoch die Kultur der Universität, an der sie stu­
dieren. Eine Übung, die sich gut mit diesem Modell verknüpfen lässt, ist die Übung
Das Dreieck der Gemeinsamkeiten (vgl. Kap. 5.1.1.3). Ein Beispiel, wie dieses Modell
6 in Trainings
Kapitel 1 eingesetzt werden kann, findet sich in Kapitel 6.4.

Globale Kultur

Nationalkultur

Organisationskultur

Gruppenkultur

Individuelle
Kultur

Abbildung 6: Die Ebenen von Kultur nach Erez und Gati (2004)

Abbildung 6

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Abbildung 6: Ebenen von Kultur nach Erez und Gati (2004)
Kulturverständnis und Interkulturelle Kompetenz 27

2.4.2 Das KPS-Modell


Das KPS-Modell (Leenen, Groß & Grosch, 2002; vgl. Abb. 7) beschreibt drei Arten
von Einflussfaktoren – Kultur, Persönlichkeit und Situation –, welche auf das Ver­
halten in jeder interkulturellen Interaktion einwirken. Das Modell eignet sich zur
Exploration dieser Einflussfaktoren (Bosse, 2010) und verdeutlicht dabei, dass
Kultur nur einer von mehreren Einflussfaktoren ist, die auf unser Erleben und Ver­
halten wirken. Somit kann das Modell dazu genutzt werden, die Bedeutung von
Kultur zu relativieren, wenn aus dem Bewusstsein für kulturelle Einflüsse der Er­
klärungswert von Kultur auf das menschliche Verhalten überschätzt wird.

Beispiel

Eine Situation, in der eine Person in einem fremden Land im morgendlichen


Berufsverkehr nach dem Weg fragt und von einer anderen Person nur eine vage
Antwort erhält, kann aus allen drei Perspektiven des KPS-Modells betrachtet
und erklärt werden. Aus der kulturellen Perspektive kann es sich bei der ande­
Stefan Schmid / 87.190.244.48 (2020-03-17 15:19)

ren Person beispielsweise um eine Person gehandelt haben, die den Weg auch
nicht kannte, vor deren kulturellem Hintergrund es aber kulturell unangemes­
sen wäre, keine Antwort zu geben. Auf der persönlichen Ebene kann eine mög­
liche Erklärung darin liegen, dass die andere Person gestresst war oder nicht
besonders hilfsbereit eingestellt ist. Vielleicht war auch die Situation – die an­
dere Person befand sich wahrscheinlich auf dem Weg zur Arbeit und hatte des­
wegen wenig Zeit – verantwortlich für den Ausgang ohne
<p_h_chapter_title der Interaktion.
Nummer manuell eintragen> 7

Kulturelle Persönliche
Perspektive K P Perspektive

Situative Perspektive

Abbildung
Abbildung 7 KPS-Modell nach Leenen, Groß und Grosch (2002)
7: Das

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Abbildung 7: Das KPS-Modell nach Leenen, Groß und Grosch (2002)


28 Kapitel 2

Es lassen sich folglich unterschiedliche Begründungen für den Hergang menschli­


cher Begegnungen finden und der kulturelle Einfluss auf das Verhalten sollte somit
immer im Gesamtkontext anderer Einflussfaktoren betrachtet werden. Weiterhin
kann das Modell verdeutlichen, dass die Zugehörigkeit zu einer Kultur nicht be­
deuten muss, dass alle Personen aus dieser Kultur immer auf die gleiche Art und
Weise handeln.

Hinweis

Das KPS-Modell eignet sich insbesondere, um den Möglichkeitsraum an Erklärun-


gen für kritische interkulturelle Situationen zu erweitern, sodass es beim Einsatz
von Critical Incidents (vgl. Kap. 5.2.6) oder dem Cultural Assimilator (vgl. Kap. 5.2.7)
entweder direkt zu Beginn oder aber beim Debriefing eingeführt und vorgestellt wer-
den kann. Auch kann es sinnvoll sein, das Modell als ein Rahmenmodell zu Beginn
eines Trainings zu präsentieren, wie dies beispielsweise im Rahmen des in Kapitel
6.3 vorgestellten interkulturellen Mentoring-Programms erfolgt.
Stefan Schmid / 87.190.244.48 (2020-03-17 15:19)

2.4.3 Das Schnittmengenmodell


Das Schnittmengenmodell (vgl. Göbel & Hesse, 2004; vgl. Abb. 8) thematisiert
hilfreiche Haltungen im Aufeinandertreffen unterschiedlicher Kulturen. Grund­
anliegen des Modells ist dabei zu verdeutlichen, dass in interkulturellen Begeg­
nungen keine vollständige Anpassung an eine andere Kultur notwendig ist, son­
dern dass vielmehr eine gemeinsame Handlungs- und Kommunikationsbasis
gefunden werden sollte, die dazu befähigt, potenziell auftretende Konflikte zu
lösen (Göbel & Hesse, 2004). So geht es für Individuen nicht darum, eine an­
8 Kapitel 1

Eigene Dritte Fremde


Kultur Kultur Kultur

Abbildung 8: Das Schnittmengenmodell nach Göbel und Hesse (2004)

Abbildung 8

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Kulturverständnis und Interkulturelle Kompetenz 29

dere Kultur zu übernehmen oder das eigene kulturelle Bezugssystem aufzuge­


ben. Vielmehr steht die „produktive Gestaltung des Zusammenlebens mit einer
anderen Kultur“ (Göbel & Hesse, 2004, S. 821) im Zentrum und führt zu inter­
kulturellem Verstehen (Camilleri & Malewska-Peyre, 1997; Thomas, Kinast &
Schroll-Machl, 2000). Das Resultat ist die Entstehung einer sogenannten „drit­
ten Kultur“ (Göbel & Hesse, 2004, S. 821). Diese findet sich zwischen der eige­
nen und der anderen Kultur (Göbel & Hesse, 2004), sodass beide kulturellen
Orientierungssysteme synergetisch genutzt werden können (Thomas, Kinast &
Schroll-Machl, 2000).

Hinweis

In einem interkulturellen Training kann das Schnittmengenmodell eingesetzt wer-


den, um die Spannung zwischen den zwei Grundsätzen der Gleichheit und der Ak-
zeptanz kultureller Andersartigkeit (vgl. Auernheimer, 2001) zu verdeutlichen. Ziel
ist es, Neugier für die Unterschiede zwischen Kulturen zu entwickeln und gleichzei-
Stefan Schmid / 87.190.244.48 (2020-03-17 15:19)

tig die Konstruktion der gemeinsamen Deutungsmuster zu fördern. Dies kann ins-
besondere durch erfahrungsorientierte, spielerische Übungen unterstützt werden,
die positiven Affekt generieren und den Erkenntnisgewinn eher „nebenbei“ entste-
hen lassen. Beispiele hierfür sind die Übung Regenbogenfische (vgl. Kap. 5.1.1.5)
oder die Übung Zu Tisch, bitte! (vgl. Kap. 5.1.3.3). Auch kann das Modell als zugrunde
liegendes Modell für ein gesamtes Training fungieren (vgl. Kap. 6.3).

2.4.4 Der (umgekehrte) Kulturschock


Der Begriff des Kulturschocks bezeichnet die Vorstellung, dass die Konfrontation
mit einer neuen Kultur potenziell zu einer individuellen Krise führen kann, die
eine verwirrende Erfahrung darstellt (Oberg, 1960). Diese resultiert insbesondere
aus der Tatsache, dass die Bedeutung neuer kultureller Stimuli zu Beginn noch
nicht erschlossen und neue Erfahrungen missverstanden werden können (Adler,
1975). Im Rahmen des Kulturschock-Begriffes werden die Auswirkungen solcher
ungewohnten Erfahrungen gebündelt (Zhou, Jindal-Snape, Topping & Todman,
2008). Einerseits umfasst das Konzept eine Form der Entfremdung, bei der die
emotionalen Reaktionen von Gefühlen der Hilflosigkeit über Reizbarkeit bis hin
zur Angst vor Betrug, Verletzung oder Missachtung reichen (Adler, 1975). Ande­
rerseits beschreibt es darüber hinaus mögliche Wege, wie das Einleben in eine
neue Kultur (besser) gelingen kann (Adler, 1975). Der Begriff des Kulturschocks
wurde ursprünglich von Lysgaard (1955) geprägt und anschließend u. a. von Oberg
(1960) weiterentwickelt. Dabei werden fünf Phasen beschrieben, die im Laufe
eines Auslandsaufenthaltes durchlaufen werden (vgl. Abb. 9): Euphorie (Honey­
moon), Entfremdung (Alienation), Eskalation (Culture Shock), Annäherung (Re­
covery) und Verständigung (Adjustment).

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30 Kapitel 2 <p_h_chapter_title ohne Nummer manuell eintragen> 9

Gastland Herkunftsland

Euphorie Euphorie Verständigung


Honeymoon Honeymoon Adjustment

Verständigung
Adjustment Annäherung
Entfremdung Entfremdung Recovery
Alienation Alienation
Annäherung
Recovery

Eskalation (Kulturschock) Umgekehrter Kulturschock


Culture shock Reverse culture shock
Stefan Schmid / 87.190.244.48 (2020-03-17 15:19)

Abbildung 9: Das Schema des Kulturschocks und umgekehrten Kulturschocks adaptiert nach
Lysgaard (1955), Oberg (1960) und Gullahorn und Gullahorn (1963)
Abbildung 9

Die Phase der Euphorie ist geprägt durch die Freude auf etwas Neues. In der da­
rauffolgenden Phase der Entfremdung treten Kontaktschwierigkeiten auf, für die
die Person sich selbst die Schuld gibt, woraufhin es in der Phase der Eskalation zu
Schuldzuweisungen in Bezug auf die Gastkultur und zu einer übersteigerten Auf­
wertung der eigenen Kultur kommt. Schließlich werden in der Phase der Annähe­
rung Konflikte als Missverständnisse erkannt, was die Grundlage dafür bildet, dass
in der Phase der Verständigung die „kulturellen Spielregeln“ verstanden und ge­
lernt werden. Auch nach der Rückkehr in die eigene Kultur wird dieser Prozess er­
Abbildung 9: Das Schema des Kulturschocks und umgekehrten Kulturschocks adaptiert nach
neut durchlaufen (Gullahorn & Gullahorn, 1963). Dabei kommt es erneut zu einem
Lysgaard (1955), Oberg (1960) und Gullahorn und Gullahorn (1963)
Stadium der Euphorie – über das Nachhausekommen, das Wiedersehen mit Fa­
milie und Freunden. Es schließt sich auch hier eine Phase der Entfremdung und
schließlich des umgekehrten Kulturschocks an – die Erwartungen, dass alles gleich
geblieben sei, wurden nicht erfüllt, die Person hat sich selbst ebenfalls verändert.
Schließlich gilt es auch nach der Rückkehr, den Kulturschock zu verarbeiten, sich
wieder an die eigene Kultur anzunähern und darin einzufinden.

In der Verwendung des Konzeptes ist es wichtig darauf zu achten, dass es nicht
als alleinige Erklärung für Schwierigkeiten während eines interkulturellen Auf­
enthalts verstanden werden darf (Furnham & Bochner, 1982). Weiterhin kön­
nen die verschiedenen Phasen sich individuell unterschiedlich gestalten (Ward,
Bochner & Furnham, 2005). Es kann aber durchaus hilfreich sein, sich vor einem

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Kulturverständnis und Interkulturelle Kompetenz 31

Auslandsaufenthalt auf potenziell auftretende Konflikte und Schwierigkeiten


vorzubereiten und sich mit den verschiedenen Phasen und deren individuellen
Symptomen vertraut zu machen (Zhou et al., 2008). Schließlich kann es auch
helfen, ein Bewusstsein dafür zu schaffen, dass intensive interkulturelle Begeg­
nungen ebenfalls zu individuellen Veränderungen führen. So kann die Kennt­
nis des Phänomens des (umgekehrten) Kulturschocks helfen, den notwendigen
Veränderungsprozess frühzeitig aktiv zu gestalten und hilfreiches Bewältigungs­
verhalten auf den Ebenen Emotion, Kognition und Verhalten zu eruieren (Ward
et al., 2005). Ein (umgekehrter) Kulturschock lässt sich beispielsweise mithilfe
der Methode der Critical Incidents (vgl. Kap. 5.2.6) oder der Übung Gruppencode
(vgl. Kap. 5.2.4.6) thematisieren. Eine weitere mögliche Übung, die hilft, sich
mit dem Thema Kulturschock auseinanderzusetzen, ist Das Mitbringsel (vgl.
Kap. 5.1.1.4). Tabelle 3 fasst die hier dargestellten Kulturmodelle im weiteren
Sinne zusammen.
Stefan Schmid / 87.190.244.48 (2020-03-17 15:19)

Tabelle 3: Übersicht über Kulturmodelle im weiteren Sinne

Name Referenz Kurzbeschreibung

Ebenen Erez & Bestandteile/Phasen: 5


von Kultur Gati
Kernaussage: Kultur existiert auf unterschiedlichen
(2004)
Ebenen. Die eigene kulturelle Identität wird beein-
flusst durch Gruppen-, Organisations-, nationale
sowie globale Kultur und umgekehrt.

KPS-Modell Leenen Bestandteile/Phasen: 3


et al.
Kernaussage: Kulturelle, personale und situative
(2002)
Verhaltenseinflüsse bestimmen jede interkulturelle
Begegnungssituation.

Schnitt­ Göbel & Bestandteile/Phasen: 3


mengen­modell Hesse
Kernaussage: Ziel interkultureller Trainings ist nicht
(2004)
die vollständige Anpassung an die jeweils andere
Kultur, sondern das Finden einer gemeinsamen
Handlungs- und Kommunikationsbasis.

(Umgekehrter) Oberg Bestandteile/Phasen: 5


Kulturschock (1960)
Kernaussage: Das Einleben in eine neue Kultur
sowie auch die Rückkehr in die eigene Kultur kön-
nen potenziell zu einer Krise führen, die antizipiert
und bewältigt werden muss.

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32 Kapitel 2

2.5 Interkulturelle Kompetenz


Wie aus den oben beschriebenen Modellen bereits deutlich wird, kommt in der
Begegnung verschiedener Kulturen, die unterschiedliche Verhaltens- und Kommu­
nikationsregeln mitbringen, der interkulturellen Kompetenz beider Interaktions­
partner_innen eine besondere Bedeutung zu. Zunächst beschreibt interkulturelle
Kompetenz die Fähigkeit, auf Basis des eigenen Wissens, eigener Einstellungen
und Fertigkeiten angemessen und erfolgreich mit Personen der jeweils anderen
Kultur zu kommunizieren und zu interagieren (Deardorff, 2006; Lonner, 2013).
Interkulturelle Kompetenz hilft nicht nur in der Interaktion mit Menschen, die
einer anderen Kultur angehören, sondern auch, sich in einer ungewohnten kultu­
rellen Umgebung zurechtzufinden (Wilson, Ward & Fischer, 2013).

Ähnlich der Breite der Konzeptualisierung des Kulturbegriffes, unterscheiden sich


spezifische Definitionen interkultureller Kompetenz in vielen Teilen stark (Chiu,
Lonner, Matsumoto & Ward, 2013). Insbesondere gibt es wenig Übereinstimmung
darüber, was wichtige Antezedenzien, Kernbestandteile und Konsequenzen von
Stefan Schmid / 87.190.244.48 (2020-03-17 15:19)

interkultureller Kompetenz sind. Im Folgenden soll interkulturelle Kompetenz aus


zwei Perspektiven näher betrachtet werden: der strukturellen Perspektive und der
Prozessperspektive (Spitzberg & Changnon, 2009). Beide Perspektiven können
im interkulturellen Training einen Mehrwert liefern und sich gegenseitig befruch­
ten. So legt die strukturelle Perspektive einen Fokus auf wichtige Kompetenzen,
die interkulturell kompetentes Verhalten ausmachen, während die Prozesspers­
pektive den Entstehungsprozess beleuchtet, den Menschen auf dem Weg zu in­
terkultureller Kompetenz durchlaufen.

2.5.1 Strukturelle Perspektive


Strukturansätze beschreiben interkulturelle Kompetenz als ein Set von Kompe­
tenzen, welches Personen zu erfolgreichem interkulturellen Agieren befähigt. Ziel
aus dieser Perspektive ist es, die Kernelemente von interkultureller Kompetenz zu
identifizieren und zu beschreiben.

Einer der ersten Ansätze der strukturellen Perspektive stammt von Spitzberg und
Cupach (1984). Sie benennen als fundamentale Dimensionen interkultureller
Kompetenz kulturelles Wissen (z. B. über kulturelle Werte oder über Land und
Leute), erlernte Fertigkeiten (z. B. angemessene verbale und nonverbale Kommuni­
kation, Ausdruck) sowie Persönlichkeit und Motivation (z. B. Bereitschaft interkul­
turell zu kommunizieren, wenig interkulturelle Angst). Aufbauend auf diesem Mo­
dell stellten Howard-​Hamilton, Richardson und Shuford (1998) ihr Modell der
Komponenten interkultureller Kompetenz auf, in dem sie als Kernelemente Wis­
sen (z. B. über die eigene kulturelle Identität, über Gemeinsamkeiten und Unter­

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Kulturverständnis und Interkulturelle Kompetenz 33

schiede zu anderen Kulturen), Fertigkeiten (z. B. Selbstreflexion, Perspektivüber­


nahme) und Einstellungen (z. B. Risikofreude, Gleichheit) benennen.
Eine weitere Unterscheidungsmöglichkeit innerhalb der Komponenten interkul­
tureller Kompetenz ist die nach affektiven, kognitiven und behavioralen (verhaltens­
bezogenen) Aspekten. So beschreiben Ang, van Dyne, Koh, Ng, Templer, Tay und
Chandrasekar (2007) beispielsweise das kognitive Konzept der kulturellen Intel­
ligenz, welches definiert ist als die Fähigkeit eines Individuums in einer kulturell
diversen Umgebung effektiv zu funktionieren. Die Autoren benennen dabei me­
takognitive kulturelle Intelligenz, kognitive kulturelle Intelligenz, motivationale kul­
turelle Intelligenz und behaviorale kulturelle Intelligenz als Subfacetten des Kon­
zepts. In einem Versuch die Einstellungs- und Verhaltensperspektive zu vereinen,
sprechen Chen und Starosta (2000) von interkulturellem Bewusstsein (kognitiv),
interkultureller Geschicklichkeit (behavioral) und interkultureller Sensibilität (af­
fektiv) als Kernbestandteile von interkultureller Kompetenz. In einem ähnlichen
Ansatz unterscheidet Barmeyer (2005) zwischen affektiven (z. B. Empathie, Tole­
ranz oder Ethnorelativismus), kognitiven (z. B. Wissen über andere Kulturen oder
Stefan Schmid / 87.190.244.48 (2020-03-17 15:19)

kulturelle Werte) und behavioralen Aspekten interkultureller Kompetenz. Tabelle 4


gibt einen Überblick über die verschiedenen strukturellen Ansätze zur Beschrei­
bung interkultureller Kompetenzen.

Tabelle 4: Übersicht über zentrale Dimensionen interkultureller Kompetenz aus struktureller


Perspektive

Art der Spitzberg Howard- Ang et al. Chen Barmeyer


Dimension & Cupach Hamilton (2007) & Starosta (2005)
(1984) et al. (1998) (2000)

Kognitiv Kulturelles Wissen • Meta­ Inter­ Kognitive


Wissen kognitive kulturelles Aspekte
kulturelle Bewusst-
Intelligenz sein
• Kognitive
kulturelle
Intelligenz

Affektiv Persön- Ein­ Motiva­ Inter­ Affektive


lichkeit stellungen tionale kulturelle Aspekte
und Moti- kulturelle Sensibili-
vation Intelligenz tät

Behavioral Erlernte Fertig­ Behaviorale Inter­ Behaviorale


Fertig­ keiten kulturelle kulturelle Aspekte
keiten Intelligenz Geschick-
lichkeit

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34 Kapitel 2

Betrachtet man diese Vielfalt an Modellen interkultureller Kompetenz wird die


Notwendigkeit eines integrativen Modells deutlich. So versuchte Deardorff (2006),
ein übergreifendes Verständnis von interkultureller Kompetenz zu entwickeln, um
deren Kernbestandteile zu identifizieren. Dazu nutzte sie die DELPHI-Methode,
in der sie mehrere Expert_innen einlud, ihre Perspektiven auf interkulturelle Kom­
petenz zu teilen und eine gemeinsame Basis für ein geteiltes Verständnis zu fin­
den. Obwohl diese sich in ihren Meinungen deutlich unterschieden, einigten sie
sich schließlich auf folgende Definition:
Interkulturelle Kompetenz ist die Fähigkeit effektiv und angemessen in interkulturellen
Situationen zu kommunizieren basierend auf dem eigenen interkulturellen Wissen, Fer­
tigkeiten und Einstellungen. (Deardorff, 2006, S. 247–248)

Daraus entwickelte Deardorff (2006) ein Pyramidenmodell interkultureller Kom­


petenz (vgl. Abb. 10), welches aus notwendigen Einstellungen (z. B. Respekt, Of­
fenheit, Neugier und Entdeckungsfreude), Wissen, Verständnis und Fertigkeiten
(z. B. kulturelles Bewusstsein, Wissen über die Kultur, kulturspezifische Informa­
Stefan Schmid / 87.190.244.48 (2020-03-17 15:19)

tionen, soziolinguistisches Bewusstsein), erwünschten internalen Ergebnissen (z. B.


Anpassungsfähigkeit, Flexibilität, Ethnorelativismus und Empathie) und erwünsch­
10 ten externalen
Kapitel 1 Ergebnissen (z. B. sich effektiv und angemessen verhalten) besteht.

Erwünschtes
externales
Ergebnis

Erwünschtes
internales Ergebnis

Fertigkeiten Wissen und Verständnis

Notwendige Einstellungen

Abbildung 10: Das Pyramidenmodell der interkulturellen Kompetenz nach Deardorff (2006)

Aus der strukturellen Perspektive betrachtet kann man als minimale Übereinkunft
Abbildungzwischen
10 den unterschiedlichen Autor_innen somit annehmen, dass interkultu­

Abbildung 10: Pyramidenmodell der interkulturellen Kompetenz nach Deardorff (2006)

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Kulturverständnis und Interkulturelle Kompetenz 35

relle Kompetenz aus kognitiven, affektiv/einstellungsbezogenen und behaviora­


len Dimensionen besteht (Deardorff 2006).

Eine Möglichkeit, interkulturelle Kompetenz aus struktureller Perspektive zu mes­


sen, bietet die Interkulturelle Kompetenzskala in deutscher Sprache (Engel & Kem­
pen, 2018). Diese misst mittels 24 Items die fünf Faktoren interkulturelle Offen­
heit (affektiv/einstellungsbezogen), Verhaltensflexibilität (behavioral), Respekt
für andere Kulturen (affektiv/einstellungsbezogen), interkulturelles Wissen (kog­
nitiv) und interkulturelle Selbstreflexivität. In interkulturellen Trainings kann diese
Skala beispielsweise zur Selbsteinschätzung der Teilnehmenden eingesetzt oder
als Einstieg in die Thematisierung von Aspekten interkultureller Kompetenz ge­
nutzt werden (vgl. Kap. 5.2.8). Anhand der Ergebnisse können so eigene Hand­
lungs- und Lernfelder identifiziert werden.

2.5.2 Prozessperspektive
Stefan Schmid / 87.190.244.48 (2020-03-17 15:19)

Eine andere Betrachtungsweise interkultureller Kompetenz versteht diese als


Prozess, in dem sich Personen auf einem Kontinuum interkultureller Kompetenz
stetig fortentwickeln. Prozessmodelle beschreiben somit verschiedene Entwick­
lungsstadien interkultureller Kompetenz. Sie gehen davon aus, dass vermehrte in­
terkulturelle Interaktion mittels Perspektivübernahme, interkultureller Lernpro­
zesse und der Orientierung am jeweils anderen zu interkultureller Kompetenz
führt (Spitzberg & Changnon, 2009). Im Folgenden soll zunächst das Modell der
Entwicklung interkultureller Sensibilität nach Bennett (1986) beschrieben wer­
den. Daran anknüpfend wird die Weiterentwicklung des Modells von Deardorff
(2006) vorgestellt, welches als Synthese zwischen Struktur- und Prozessmodell
verstanden werden kann.

2.5.2.1 Das Modell der Entwicklung interkultureller Sensibilität


nach Bennett (1986)
Das Modell von Bennett (1986; vgl. Abb. 11) beschreibt die Entwicklung interkul­
tureller Sensibilität in sechs Phasen. Zu Beginn des Prozesses hat das Individuum
typischerweise ein ethnozentrisches Weltbild und durchläuft die Verleugnungs­
phase (kulturelle Unterschiede werden negiert), Abwehrphase (Bedrohung durch
fremde Kultur, Wahrnehmung eigener Kultur als einzig richtige) und Minimie­
rungsphase (kulturelle Unterschiede werden heruntergespielt). In der zweiten
Hälfte des Prozesses ändert sich das Weltbild des Individuums hin zu einer eth­
norelativen Perspektive. Hier durchläuft das Individuum die Phasen Akzeptanz
(Akzeptanz anderer Kulturen als gleichwertig), Anpassung (Fähigkeit sich an
fremde Kulturen anzupassen) und Integration (Selbsterfahrung ermöglicht es zwi­
schen verschiedenen Kulturen zu wechseln).

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36 Kapitel 2 <p_h_chapter_title ohne Nummer manuell eintragen> 11

Erfahrung von Unterschiedlichkeit

Verleug- Mini- Anpas- Inte-


Abwehr Akzeptanz
nung mierung sung gration

Ethnozentrische Phase Ethnorelative Phase

Abbildung 11: Modell interkultureller Sensibilität nach Bennett (1986)

2.5.2.2 Das Prozessmodell der interkulturellen Kompetenz


Abbildung 11
nach Deardorff (2006)
Basierend auf ihrer oben beschriebenen Arbeit (vgl. Kap. 2.5.1) entwickelte Dear­
Stefan Schmid / 87.190.244.48 (2020-03-17 15:19)

dorff (2006) ihr Konzept der interkulturellen Kompetenz weiter zu einem Pro­
zessmodell (vgl. Abb. 12), in dem die Einflüsse und das Zusammenspiel der ein­
zelnen Bestandteile interkultureller Kompetenz dargestellt sind.
So sollte eine Person zunächst bestimmte Einstellungen (z. B. Neugier, Respekt, Of­
fenheit) mit in die Interaktion bringen. Diese Einstellungen führen zur Motivation,
12 die Situation
Kapitel 1 interkulturell kompetent zu meistern. Diese Motivation wird weiter­

Wissen
Fertigkeiten

Person
Abbildung 11: Modell interkultureller Sensibilität nach Bennett (1986)

Internales
Einstellungen Prozessorientierung Ergebnis

Interaktion
Externales
Ergebnis

Abbildung 12: Prozessmodell der interkulturellen Kompetenz nach Deardorff (2006)

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Interkulturelle TrainingsKompetenz nach Deardorff
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Kulturverständnis und Interkulturelle Kompetenz 37

hin durch das Wissen (z. B. über die eigene oder Fremdkultur) und die Fertigkeiten
(z. B. Beobachten, Analysieren, Interpretieren) der Person beeinflusst. Zusammen­
genommen führen die Einstellungen und das Wissen sowie die Fertigkeiten der Per­
son zu einem externalen Ergebnis, z. B. zu angemessener Kommunikation und einem
effektiven Meistern der interkulturellen Situation. Gleichzeitig bewirken Einstel­
lungen, Wissen und Fertigkeiten aber auch eine Entwicklung innerhalb der Person,
sodass diese anpassungsfähiger, flexibler und empathischer wird und ein eher eth­
norelatives Weltbild entwickelt (internales Ergebnis). Diese Veränderung innerhalb
der Person kann wiederum das externale Ergebnis (z. B. erfolgreiches Meistern der
Situation) beeinflussen. Das Modell beschreibt also mehrere Wirkrichtungen, die
gleichzeitig stattfinden und sich gegenseitig beeinflussen.
Tabelle 5 fasst die beschriebenen Modelle der interkulturellen Kompetenz zusam­
men. Im Rahmen eines Trainings können diese verschiedenen Modelle interkul­
tureller Kompetenz dem/der Trainer_in einerseits als Grundlage der Zusammen­
Stefan Schmid / 87.190.244.48 (2020-03-17 15:19)

Tabelle 5: Übersicht der exemplarisch beschriebenen Modelle interkultureller Kompetenz

Name Referenz Kurzbeschreibung

Pyramiden­ Deardorff Perspektive: Struktur


modell der (2006) Komponenten: 5
interkulturellen
Kompetenz Kernaussage: Notwendige Einstellungen wirken
sich auf Wissen und Verständnis sowie Fertig­
keiten aus, was zu erwünschten internalen Er­
gebnissen und schließlich erwünschten externalen
Ergebnissen führt.

Modell inter- Bennett Perspektive: Prozess


kultureller (1986) Komponenten: 6 Phasen
Sensibilität
Kernaussage: Bei der Ausbildung interkultureller
Kompetenz werden zunächst drei ethnozentrische
Phasen (Verleugnung, Abwehr, Minimierung) und
dann drei ethnorelative Phasen (Akzeptanz,
Anpassung, Integration) durchlaufen.

Prozessmodell Deardorff Perspektive: Prozess


der inter­ (2006) Komponenten: 4
kulturellen
Kompetenz Kernaussage: Interkulturelle Kompetenz entwi-
ckelt sich über vier Prozessschritte: förderliche
Einstellungen, individuelles Wissen, ein internales
Ergebnis und ein externales Ergebnis
(z. B. gelungene Kommunikation).

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38 Kapitel 2

stellung verschiedener Methoden und der Gesamtkonzeption eines Trainings


dienen. So kann beispielsweise darauf geachtet werden, dass in Anlehnung an Dear­
dorff (2006) sowohl Aspekte der Wissensvermittlung, als auch der Einstellungsän­
derung und des Verhaltens (im Sinne des externalen Ergebnisses) ausgewogen ver­
mittelt und in den Übungen bzw. Inputs berücksichtigt werden. Andererseits können
die Modelle den Teilnehmenden auch explizit vorgestellt werden. So kann beispiels­
weise im Plenum oder in Einzelarbeit eine Einschätzung vorgenommen werden, in
welcher Phase nach dem Modell von Bennett (1986) sich die Teilnehmenden selbst
sehen. Es kann auch hilfreich sein, die interkulturelle Kompetenz der Teilnehmen­
den mit Selbsteinschätzungsfragebögen (vgl. Kap. 5.2.8) zu Beginn eines Trainings
zu erfassen, um für die verschiedenen Aspekte von interkultureller Kompetenz zu
sensibilisieren. Dazu bietet sich z. B. die deutschsprachige Skala zur Erfassung in­
terkultureller Kompetenz von Engel und Kempen (2018) an.

2.6 Stereotype und Vorurteile


Stefan Schmid / 87.190.244.48 (2020-03-17 15:19)

Weitere zentrale Themen und Inhalte interkultureller Trainings betreffen die Ent­
stehung und den Umgang mit Stereotypen und Vorurteilen. Ohne dieses breite
Feld umfassend behandeln und der Komplexität der Begriffe gerecht werden zu
können, sollen im Folgenden einige Grundbegriffe und -gedanken kurz vorgestellt
werden.
Der Begriff des Stereotyps wurde von Lippmann (1922) eingeführt, der damit „Bil­
der in den Köpfen“ bezeichnete und Stereotype als die Überzeugung definierte,
dass bestimmte Attribute für eine Gruppe charakteristisch sind. Sie beinhalten
eine unbewusste, teils automatische Zuordnung von Eigenschaften zu Personen
(Thomas, 2006). Stereotype haben einen überwiegend kognitiven Charakter (Pe­
tersen & Dietz, 2006). Sie sind gewissermaßen „geistige Schubladen“ unserer
Wahrnehmung, die eine Vereinfachung der Wahrnehmung mit sich bringen und
dazu dienen, eine erste, grobe Orientierung zu schaffen. Stereotype erleichtern
alltägliche Interaktionen mit unbekannten Personen und entlasten die Wahrneh­
mung. Eng verwandt mit Stereotypen ist der Begriff des Vorurteiles, der jedoch eine
stärkere emotionale Komponente beinhaltet. Thomas (2006) definiert Vorurteile
als „Einstellungs- und Beurteilungsmuster, bestehend aus einem vorgefassten,
emotional gefärbten, durch neue Erfahrungen oder Informationen schwer verän­
derbaren und für allgemeingültig und wahrhaftig erachteten, generalisierten Ur­
teil über soziale Sachverhalte, das ohne differenzierende Begründung als gegeben
betrachtet wird“ (S. 3). Sie bieten damit ein starres, inflexibles, aber Sicherheit ver­
mittelndes Ordnungssystem.
Als mögliche Funktionen von Stereotypen und Vorurteilen nennt Thomas (2006)
entsprechend eine Orientierungsfunktion (Vereinfachung der Wahrnehmung),

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Kulturverständnis und Interkulturelle Kompetenz 39

eine Anpassungsfunktion (z. B. an neue Lebenssituationen), eine Abwehrfunk­


tion (z. B. von Schuldgefühlen und Selbstkritik), eine Selbstdarstellungsfunktion
(im Falle positiver Vorurteile über die eigene Gruppe), eine Abgrenzungs- und
Identitätsfunktion (im Sinne der Stärkung der eigenen Gruppe) und eine Steue­
rungs- und Rechtfertigungsfunktion (Rechtfertigung von Verhalten gegenüber
Individuen). Aufgrund dieser verschiedensten Funktionen und ihrer starken Ver­
ankerung in Wahrnehmungs- und Bewertungsprozessen sind Stereotype und Vor­
urteile sehr veränderungsresistent. Problematisch ist dabei, dass Stereotype und
Vorurteile stets eine Vereinfachung der Realität beinhalten und nur einen sehr
selektiven Informationsverarbeitungsprozess zulassen. Daher gilt es, ihre Entste­
hung und Wirkung in der interkulturellen Kommunikation und Interaktion zu re­
flektieren.
Stereotype und Vorurteile können sowohl positiv als auch negativ konnotiert sein.
So können Stereotype positive und negative Zuschreibungen von Eigenschaften
zu Individuen umfassen. Auch die Bewertungen und emotionalen Färbungen von
Vorurteilen können positiver oder negativer Natur sein. Ein in diesem Zusammen­
Stefan Schmid / 87.190.244.48 (2020-03-17 15:19)

hang hilfreiches Modell zum Zusammenspiel von positiven Vorurteilen (auch Tu­
genden genannt) und negativen Vorurteilen und ihrer Wirkung auf das Individuum
stellt das Werte- und Entwicklungsquadrat von Helwig (1967) bzw. Schulz von Thun
(2003) dar (vgl. Abb. 13). Die Grundaussage dieses Modells beinhaltet, dass hin­
ter jeder Untugend oder Schwäche einer Person oder Gruppe eine Tugend bzw.
eine positive Eigenschaft steht, wobei Untugenden Übersteigerungen („des Guten
zu viel“) der Tugenden darstellen. Gleichzeitig gehört zu jeder Tugend eine soge­
nannte Schwestertugend, die der Tugend erst dazu verhilft, ihre konstruktive
Wirkung zu entfalten, indem sie als Gegengewicht zur eigentlichen Tugend fun­
giert.
Aus der abwertenden Übertreibung der Schwestertugend ergeben sich häufig je­
doch Vorurteile oder Stereotype gegenüber anderen Gruppen. Diese abwerten­
den Übertreibungen stehen dann in diametralem Gegensatz zueinander. Beispiels­
weise kann eine Person, die sich selbst die Tugend Sparsamkeit zuschreibt bzw.
für die Sparsamkeit einen hohen Wert darstellt (Person A), eine andere Person
(Person B) leicht als verschwenderisch wahrnehmen. Aus der Perspektive von Per­
son B, die sich selbst als großzügig beschreibt, wird Person A ihrerseits ggf. als gei­
zig wahrgenommen. Neben dieser Vorwurfsrichtung des Wertequadrats bietet die­
ses Modell auch eine Entwicklungsrichtung. Eine Übersteigerung der Sparsamkeit
(Geiz) kann im dialektischen Gegensatz von der Schwestertugend Großzügigkeit
profitieren und eine Übersteigerung der Großzügigkeit (Verschwendung) von der
Schwestertugend Sparsamkeit. Eine übertrieben sparsame oder geizige Person
profitiert so beispielsweise von mehr Großzügigkeit, während eine übertrieben
großzügige oder verschwenderische Person von einer Entwicklung hin zu mehr
Sparsamkeit profitiert.

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40 Kapitel 2 <p_h_chapter_title ohne Nummer manuell eintragen> 13

Tugend Schwestertugend
z. B. Sparsamkeit dialektischer Gegensatz z. B. Großzügigkeit
entwertende Übertreibung

entwertende Übertreibung
Vo
(„Des Guten zu viel“)

(„Des Guten zu viel“)


rw
ur
f sr
ic
En

ht
tw

un
ic

g
kl
un
gs
r ic
ht
un
g

Vorurteil Vorurteil
Stefan Schmid / 87.190.244.48 (2020-03-17 15:19)

diametraler Gegensatz z. B.
z. B. Geiz
Verschwendung

Abbildung 13: Das Werte- und Entwicklungsquadrat nach Helwig (1967) und Schulz von Thun
(2003)

Abbildung 13
In einem interkulturellen Training bietet sich dieses Modell an, um Zusammen­
hänge zwischen eigenen Werten und Tugenden sowie möglichen abwertenden
Vorurteilen gegenüber anderen Gruppen aufzudecken (vgl. Kap. 5.2.9.7, Übung
Wertequadrat). Auch kann der Impuls hilfreich sein, bei der Wahrnehmung einer
subjektiv negativen Eigenschaft einer Person oder einer Gruppe stets die dahin­
terliegende Tugend und die Verbindung zur eigenen interkulturellen Prägung in
Abbildung 13: Das Werte- und Entwicklungsquadrat nach Helwig (1967) und Schulz von Thun
den Blick zu nehmen.
(2003) Das Modell kann darüber hinaus persönliches Entwicklungs­
potenzial aufzeigen, indem es deutlich macht, dass ein eigenes Vorurteil gegen­
über einer anderen Gruppe oder einer Person auch ein Spiegel des eigenen Selbst
und des eigenen Entwicklungsbedarfes ist. Dies ist dann der Fall, wenn die eigene
Einstellung „des Guten zu viel“ ist und die jeweilige Schwestertugend verstärkt
übernommen werden sollte. So werden andere Gruppen beispielsweise eher im
Sinne eines Vorurteils als verschwenderisch charakterisiert, wenn die eigene Ein­
stellung tendenziell geiziger ist.
Zum generellen Abbau von Stereotypen und Vorurteilen bieten verschiedene Dis­
ziplinen Ansätze. So sollte aus kognitionspsychologischer Perspektive ein Fokus
auf kognitiven Trainings zur Wahrnehmungs- und Urteilsdifferenzierung liegen.
Aus einstellungstheoretischer Perspektive kann der Abbau von Stereotypen und
Vorurteilen beispielsweise über Kommunikation, inhaltliche Argumentation oder
über die gezielte Vermittlung von Information über vorurteilsbehaftete Gruppen

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Kulturverständnis und Interkulturelle Kompetenz 41

erfolgen. Lerntheoretische Ansätze sehen hingegen beispielsweise das Lernen an


„vorurteilsfreien Modellen“ und deren Nachahmung als möglichen Weg zum
Abbau von Stereotypen und Vorurteilen (Thomas, 2006). Für ein interkulturelles
Training, welches Stereotype und Vorurteile thematisiert, lohnt sich also der Ein­
bezug unterschiedlicher Herangehensweisen und verschiedener disziplinärer Per­
spektiven. Zur konstruktiven Bearbeitung von Stereotypen und Vorurteilen, aber
auch der anderen hier vorgestellten theoretischen Modelle aus dem Themenbe­
reich Kultur und interkulturelle Kompetenz spielt darüber hinaus die Berücksich­
tigung wichtiger Erfolgsfaktoren interkultureller Trainings und die passende di­
daktische Aufbereitung eine zentrale Rolle.
Stefan Schmid / 87.190.244.48 (2020-03-17 15:19)

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3 Erfolgsfaktoren interkultureller Trainings

Zur erfolgreichen Planung und Durchführung interkultureller Trainings tragen


neben der adäquaten Auswahl geeigneter Inhalte und der sorgfältigen didakti­
schen Planung verschiedene weitere Rahmenbedingungen bei. Dazu zählen eine
gute Auftragsklärung im Vorfeld des Trainings sowie die zielgruppenspezifische
Auswahl und Anpassung der unterschiedlichen Methoden. Zur Sicherung der
Nachhaltigkeit des im Training Erlernten und Erfahrenen sollten zudem Überle­
gungen angestellt werden, wie der Transfer in den eigenen Arbeits- bzw. Lebens­
Stefan Schmid / 87.190.244.48 (2020-03-17 15:19)

kontext erfolgen kann und was die Übertragung der Inhalte erleichtert.
Eine Einordnung eines einzelnen Trainings in übergreifende Prozesse einer Or­
14 ganisation
Kapitel 1 veranschaulicht das Modell des Trainingsprozesses nach Landy und Conte

Bedürfnis­
bestimmung

• Analyse der
Organisation
• Analyse von Auf­
gaben, Wissen,
Fähigkeiten und
Fertigkeiten
• Analyse der
Teilnehmenden

Entwicklung Ebenen der


Ziele des Trainings Evaluation
des Trainings Trainingsvalidität

• Auswahl von Entwicklung Validität


Methoden der Evaluations­ des Trainings
• Design des kriterien
Trainings­ Validität
programms des Transfers

Validität innerhalb
der Organisation
Nutzung von
Training Evaluations­ Validität zwischen
modellen Organisationen

Abbildung 14: Trainingsprozess nach Landy und Conte (2016)

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Erfolgsfaktoren interkultureller Trainings 43

(2016, vgl. Abb. 14). Dieses Modell verdeutlicht verschiedene Erfolgsfaktoren in­
terkultureller Trainings, die insbesondere in der Vor- und Nachbereitung des ei­
gentlichen Trainings liegen.

Dem Trainingsprozessmodell zufolge werden zunächst die Bedürfnisse des Auf­


traggebenden bestimmt. Dazu zählen Anforderungen der Organisation, der Teil­
nehmenden und deren Arbeit (Aufgabe, Wissen, Fähigkeiten, Fertigkeiten etc.)
sowie die Ziele, die mit dem Training verfolgt werden sollen.

Daran schließt sich die Entwicklung des Trainingskonzeptes (Methoden, Anzahl


der Module etc.) an, bevor es zur eigentlichen Durchführung des Trainings kommt.
Anschließend wird dieses anhand entsprechender Evaluationsmodelle und der
Erfolgskriterien aus der Entwicklungsphase evaluiert. Die Wirkung des Trainings
kann dabei auf unterschiedlichen Ebenen sichtbar werden: positive Bewertung
des Trainings selbst, erfolgreicher Transfer in den Arbeitsalltag sowie positive Ef­
fekte innerhalb und über die Organisation hinaus.
Stefan Schmid / 87.190.244.48 (2020-03-17 15:19)

3.1 Auftragsklärung
Um ein Training optimal auf die Bedürfnisse des Auftraggebenden und der Teil­
nehmenden ausrichten zu können, ist im Sinne der Abklärung der Bedürfnisse
der Organisation eine umfassende Auftragsklärung im Vorfeld der Durchfüh­
rung des Trainings essenziell. Als grobe Orientierung, z. B. bei Erstanfragen am
Telefon, kann sich dabei an den drei „A“ (von Schlippe, 2003) orientiert wer­
den:
• Anlass: „Was ist der Anlass für die Durchführung des Trainings? Welche (aktu­
ellen) Entwicklungen haben dazu geführt, dass ein Training geplant wird?“
• Anliegen: „Was soll mit dem Training verbessert/verändert werden? Was soll
nach dem Training anders sein als vor dem Training? Was sind die Ziele?“
• Auftrag: „Was ist der konkrete Auftrag an den Trainer oder die Trainerin?“

Weitere mögliche Fragen zur Klärung des Auftrages in einem ausführlicheren Ge­
spräch sind in Tabelle 6 zusammengestellt.

Tabelle 6: Wichtige Fragen bei der Planung interkultureller Trainings (in Anlehnung an deve-
loop GmbH Systemische Organisationsberatung, 2018)

Informatio- • Was ist das Aufgabenfeld/die Branche der Organisation?


nen über die • Wie viele Mitarbeitende gibt es?
Organisation • Wie ist die Struktur?
• Ist die Belegschaft (kulturell) divers?
• Gibt es Mitarbeitende in anderen Ländern?

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44 Kapitel 3

Tabelle 6: Fortsetzung

Ziele des • Gab es einen konkreten Anlass für das interkulturelle Training?
Trainings • Wurde der Bedarf bei den Teilnehmenden erhoben? Wenn ja, wie?
• Gibt es eine Möglichkeit, selbst eine Bedarfserhebung zu
machen? Wenn ja, wie?
• Soll das Training in ein übergeordnetes Qualifizierungs­
programm eingebettet sein? Wie sieht dieses aus?
• Gibt es schon Erfahrungen mit interkulturellen Trainings?
Wie waren diese Erfahrungen?
• Was soll nach dem interkulturellen Training anders/besser sein?
• Gibt es Möglichkeiten, die Erreichung der Ziele zu überprüfen?
• Welche Form von Evaluation ist möglich?
Teil­ • Wie viele Teilnehmende gibt es?
nehmende • Aus welchen Ländern/Kulturen kommen sie?
• Auf welcher Sprache soll das Training durchgeführt werden?
• Wie sind die Sprachkenntnisse der Teilnehmenden in dieser
Stefan Schmid / 87.190.244.48 (2020-03-17 15:19)

Sprache?
• Welches Vorwissen und welche Vorerfahrungen haben die
Teilnehmenden?
• Welche Aufgaben und Arbeitsfelder haben die Teilnehmenden?
• Wie gut kennen sich die Teilnehmenden?
• Nehmen die Teilnehmenden freiwillig teil?
• Welche Methoden sind bei den Teilnehmenden ggf. schon
bekannt? Welche Methoden sind möglich?

Organi­ • Wie und durch wen erhalten die Teilnehmenden welche Informa-
satorisches tionen über die Veranstaltung (Ausschreibungstext, Einladungs-
mail)?
• Wann genau soll das Training stattfinden?
• Wie sind die Dauer und der Aufbau des Trainings geplant?
• Wer organisiert das Training intern? Wer ist Ansprech­
partner_in vor Ort?
• Wo soll das Training stattfinden?
• Welche Materialien sind vorhanden? (Flipchart, Metaplanwand,
Moderationskoffer etc.)
• Wie soll die Dokumentation des Trainings aussehen? Ist ein
Fotoprotokoll erwünscht?
• Welche Vor- und Nachbereitungsmaßnahmen sind möglich?
• Wie viel Budget steht für die Gesamtmaßnahme zur Verfügung?
• Wie sehen die vertraglichen Rahmenbedingungen für den/die
Trainer_in aus?

Diese Liste möchte zur Auftragsklärung erste Anregungen geben und auf kritische
Punkte in der Auftragsklärung hinweisen. Sie ist weder erschöpfend, noch ist die

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Erfolgsfaktoren interkultureller Trainings 45

Klärung aller Fragen in allen Auftragssettings notwendig. Erfahrungsgemäß kann


die frühzeitige Klärung der genannten Fragen jedoch hilfreich sein, um den Ar­
beitsaufwand für den/die Trainer_in abzuschätzen und ein entsprechendes Ange­
bot zu erstellen. Das beispielhafte Train-the-Trainer-Seminar in Kapitel 6.4 greift
auch das Thema Auftragsklärung auf.

3.2 Einbettung und Passung der Methoden


Ein zentraler Erfolgsfaktor interkultureller Trainings ist die Passung der verwende­
ten Methoden zur Zielgruppe des Trainings. Bei der Zusammenstellung der Metho­
den und der didaktischen Planung eines Trainings sollte daher stets bedacht wer­
den, wie sich die Trainingsgruppe zusammensetzt und welchen (kulturellen)
Hintergrund die einzelnen Teilnehmenden haben. Im Rahmen der Auftragsklä­
rung sind dabei die Fragen, die die Teilnehmenden betreffen, besonders wichtig.
Darüber hinaus sollte stets auch die Passung von Anlass des Trainings, angestreb­
Stefan Schmid / 87.190.244.48 (2020-03-17 15:19)

ten Zielen und verwendeten Methoden berücksichtigt werden.

In ihrem Methodenwürfel verbinden Fowler und Blohm (2004) verschiedene Typen


interkultureller Trainings (kulturallgemeines Training, kulturspezifisches Trai­
ning, kulturelle Interaktion) mit der Methode des Lernens (kognitiv/lernen durch
Wissensverbreitung, aktiv/lernen durch Interaktion, interkulturell/lernen durch
interkulturelle Zusammenarbeit) sowie verschiedenen Zielen eines Trainings (ko­
gnitiv, affektiv und verhaltensbezogen; vgl. Abb. 15). Die zugrundeliegende Idee
beschreibt das notwendige Zusammenspiel dieser drei Aspekte, damit ein Trai­
ningselement erfolgreich sein kann. Das heißt, es muss eine Passung entstehen
zwischen dem Trainingssetting, den Zielen und den ausgewählten Methoden. Zum
Beispiel könnte man in einem Vorbereitungstraining für Expatriates, die beruflich
nach China ausreisen, das kognitive Ziel verfolgen, Wissen über die Geschichte
des Landes zu vermitteln. Um dieses Ziel zu erreichen, kann nun eine kognitive
Methode gewählt werden, wie z. B. ein Vortrag oder Film. Wenn es allerdings eher
darum geht, ein verhaltensbezogenes Ziel zu erreichen, z. B. wie man sich wäh­
rend eines Geschäftsessens in China verhalten sollte, könnte eine aktive Methode
wie ein Rollenspiel gewählt werden, um dieses Verhalten tatsächlich zu üben.

Zur erfolgreichen Einbettung einer Methode gehört neben deren bewusster Aus­
wahl auch die ausführliche Auswertung im Rahmen eines Debriefings oder einer
angeleiteten Reflexion durch die Teilnehmenden. So kann sichergestellt werden,
dass die Teilnehmenden ihre Erfahrungen strukturiert austauschen, vom Lernge­
winn der anderen Teilnehmenden profitieren und einen Transfer auf die eigene
Lebenswirklichkeit schaffen können. Es ist hilfreich, sich für Auswertungsfragen
im Rahmen des Debriefings an zwei Grundrichtungen zu orientieren. Erstens sollte
dazu von offenen Fragen zu spezifischen Fragen vorgegangen werden (z. B. von

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46 Kapitel 3 <p_h_chapter_title ohne Nummer manuell eintragen> 15

Interaktion von Kulturen

Kulturspezifisch

Verhaltens-
bezogene Ziele
Behaviorale Ziele

Affektive Ziele
Allgemein

Kognitive Ziele

Lernen durch Lernen durch Lernen durch


Stefan Schmid / 87.190.244.48 (2020-03-17 15:19)

Verteilen Interaktion interkulturelle


Zusammenarbeit

Kognitive Aktive Interkulturelle


Methoden Methoden Methoden

Abbildung 15: Der Methodenwürfel nach Fowler und Blohm (2004)

„Wie haben Sie die Übung erlebt?“ zu „Was haben Sie in dieser spezifischen Phase
der Übung gedacht/gefühlt?“). Zweitens sollte versucht werden, von der konkre­
ten Erfahrung in der Übung einen Transfer zu eigenen Erfahrungen bzw. Situatio­
nen aus dem Alltag zu schaffen, also immer weiter von den Erfahrungen während
der Übung zu abstrahieren. Um ein breites Spektrum an Erfahrungen abzudecken,
sollten dabei
Abbildung 15: sowohl kognitive
Methodenwürfel alsFowler
nach auch emotionale sowie verhaltensbezogene As­
und Blohm (2004)
pekte abgedeckt werden.
Grundsätzlich kann man sich für das Debriefing an drei zentralen Auswertungs­
fragen orientieren:
1. Was ist passiert? Welche Erfahrungen wurden gemacht?
2. Wie wurde die Übung erlebt? Welche Interpretationen und Emotionen spielten
dabei eine Rolle? Was waren Gedanken, Gefühle und Verhaltensweisen in spe­
zifischen Situationen?
3. Was bedeuten die in der Übung gemachten Erfahrungen für die Praxis, bei­
spielsweise für eine interkulturelle Begegnungssituation? Was nehmen die Teil­
nehmenden aus der Übung mit? Welche Parallelen sehen sie zu ihrem Alltag?
Gerade im interkulturellen Setting und bei der Durchführung in gemischtkultu­
rellen Gruppen kann darüber hinaus die kulturelle Prägung der Teilnehmenden eine
bedeutende Rolle spielen (Fowler & Blohm, 2004). Unterschiede in der Präferenz

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Erfolgsfaktoren interkultureller Trainings 47

für bestimmte Methoden oder Widerstände bei bestimmten Übungen können aber
selbstverständlich auch persönlichkeits- und erfahrungsbedingt sein. So unter­
scheiden sich beispielsweise die (kulturell geprägten) Erwartungen hinsichtlich
des im Training praktizierten Kommunikationsstils sehr stark (Fowler & Blohm,
2004). Während in einigen Kulturkreisen erwartet wird, möglichst schnell „zum
Punkt zu kommen“ und Fakten zu transportieren, gilt der Kommunikationsstil in
anderen Kulturen als eher indirekt (vgl. die Kulturdimension Kontextorientierung
nach Hall, 1976, in Kap. 2.3.1). Dementsprechend unterscheiden sich die Präfe­
renzen für bestimmte Methoden. Teilnehmende, die eine Präferenz für einen di­
rekten Stil haben, zeigen dann unter Umständen größere Widerstände bei aus­
tausch- oder erfahrungsbasierten Methoden.

Angst vor Gesichtsverlust ist ein weiterer zentraler Aspekt, der bei der didaktischen
Planung eines Trainings unbedingt beachtet werden sollte. Wie eingangs beschrie­
ben stehen im Fokus eines interkulturellen Trainings häufig die Selbstbeobach­
tung und -reflexion. Methoden interkultureller Trainings arbeiten dabei häufig mit
einem Überraschungsmoment, das darauf abzielt, die eigene kulturell geprägte
Stefan Schmid / 87.190.244.48 (2020-03-17 15:19)

Wahrnehmung kritisch zu hinterfragen (vgl. die Übung Was sehe ich? Was denke
ich?, Kap. 5.2.2.6 oder Albatros, Kap. 5.2.4.2). Für Teilnehmende mit starker Angst
vor Gesichtsverlust können derartige Übungen sehr aversiv sein. In diesem Fall
sollte besonders deutlich gemacht werden, dass es sich bei der in der Übung her­
vorgerufenen Reaktion um normale und im alltäglichen Kontext häufig funktio­
nale Interpretations-, Deutungs- und Reaktionsmuster handelt.

In ähnlicher Weise können sich kulturell geprägte Erwartungen auf das Verhal­
ten in Simulationsübungen auswirken. In einigen Kulturen ist die Einhaltung von
Regeln ein zentrales Element (Gelfand, Nishii & Raver 2006). Teilnehmenden
mit starker Regelorientierung ist es besonders wichtig, die in der Simulation vor­
gegebenen Regeln strikt einzuhalten, während andere Teilnehmende womög­
lich eher bereit sind, die Regeln für sich anzupassen oder sich über sie hinwegzu­
setzen. Der Einsatz von Simulationsübungen oder Rollenspielen (vgl. Kap. 5.2.4)
verlangt daher Flexibilität in Bezug auf die Durchsetzung der Regeln je nach kul­
tureller Zielgruppe.

Bei der Auswahl einzelner Methoden ist darüber hinaus unbedingt zu beachten, in­
wiefern eine Methode möglicherweise das Bedürfnis nach unterschiedlichen Körper­
distanzen verletzt (vgl. die Kulturdimension Proxemik nach Hall, 1963, in Kap. 2.3.1).
Die Nicht-Einhaltung einer als adäquat wahrgenommenen Distanz kann demnach
starkes Unwohlsein hervorrufen. Dies ist insbesondere bei Übungen zu beachten,
die verlangen, dass die Teilnehmenden sich berühren (z. B. bei Energizer- oder
Teamkooperationsübungen). Gerade in Gruppen, die sich noch nicht gut kennen,
kann es daher ratsam sein, auf diese Art von Übungen zunächst zu verzichten oder
deren Einsatz und die mögliche Grenzüberschreitung für einige Teilnehmende
bewusst zu thematisieren.

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48 Kapitel 3

Kulturelle Einflüsse können außerdem eine Auswirkung haben auf großen oder
geringen Respekt vor Autoritätspersonen (oder gegenüber dem/der Trainer_in),
eine Präferenz für Gruppenaktivitäten gegenüber Einzelarbeiten, das Bedürfnis
nach Harmonie oder Zusammenarbeit gegenüber Spaß am Wettkampf oder auf
unterschiedliche Zeitorientierungen (Fowler & Blohm, 2004). Gegebenenfalls
muss die Wahl der Methoden oder der geplante Ablauf eines Trainings auch an
diese Besonderheiten angepasst werden.

Aber auch die Reaktionen der Teilnehmenden in der Debriefingphase können sich kul­
turbedingt unterscheiden. Einige Teilnehmende reagieren emotionaler und expres­
siver, während sich andere eher zurückhalten. Als Trainer_in gilt es, sich auf beide
Reaktionsmuster einzustellen und bei der Auswertung einer Übung einen Aus­
tausch aller Erfahrungen zu ermöglichen und alle Wahrnehmungen anzuhören und
– ohne zu werten – stehen zu lassen.

Insgesamt gilt es, in der Gestaltung des Trainings immer wieder auf verschiedene
Art und Weise eine Balance zu finden. Zunächst eine Balance zwischen Aktivitä­
Stefan Schmid / 87.190.244.48 (2020-03-17 15:19)

ten und Methoden, die die Teilnehmenden fordern und ihre „Komfortzone“ er­
weitern und damit eine Selbsterfahrung ermöglichen, und Aktivitäten und Me­
thoden, die ihnen ein Kompetenzerleben ermöglichen. Trimpop und Meynhardt
(1999) sprechen in diesem Zusammenhang auch von der Balance zwischen Heraus­
forderung und Kontrolle. Demnach sollten sich Methoden und Aktivitäten, die die
Teilnehmenden in ihrer Selbsterfahrung fordern, abwechseln mit solchen, die eher
der Selbstvergewisserung und dem Aufbau von Sicherheit dienen. Bei dem Aus­
tausch der Teilnehmenden während des Debriefings sollte dabei stets deutlich
werden, dass andere Teilnehmende ähnliche Erfahrungen machen und die Wahr­
nehmung individueller Grenzen ein wichtiges Lernmoment ist. Dabei spielen auch
die (anfänglichen) Widerstände der Teilnehmenden eine große Rolle, die mög­
lichst in der Auswertung einer Methode bzw. des Trainings thematisiert werden
sollten. Widerstände der Teilnehmenden können sich beispielsweise gegen die
thematisierten Inhalte („Wieso sitze ich überhaupt hier?“), die verwendeten Me­
thoden oder auch die Trainer_innen („Sie sollten mal eine Woche meinen Job ma­
chen …!“) richten (Uske, Scheitza, Düring-Hesse & Fischer, 2014). Eine Balance
gilt es darüber hinaus jedoch auch zu finden zwischen dem Anknüpfen an inhalt­
liche und methodische Aspekte, die den Teilnehmenden bereits bekannt sind, und
dem Einführen neuer Inhalte und Methoden.

Ein Training sollte optimalerweise so gestaltet sein, dass es den Teilnehmenden


die notwendige psychologische Sicherheit vermittelt, um sich auf eine Lernerfah­
rung einzulassen, und sie gleichzeitig ausreichend fordert, sich auf Neues und Un­
bekanntes einzustellen. Es kann dann auch als „sicherer Hafen“ bezeichnet wer­
den, der einen geschützten und fehlerfreundlichen Rahmen zum Ausprobieren
von neuen Verhaltensweisen bietet. Bei den Überlegungen zur Planung eines in­
terkulturellen Trainings und der Auswahl der Methoden sollte also bedacht wer­

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Erfolgsfaktoren interkultureller Trainings 49

den, dass ein Training stets auch die Stärkung der Teilnehmenden als Ziel hat. So
fassen Salas und Cannon-Bowers (2001) als Design-Elemente guter Trainings die
folgenden zusammen (vgl. dazu auch Kap. 4):
1. Die klare Festlegung von Inhalten und Zielen
2. Das konkrete Demonstrieren von Inhalten
3. Die Möglichkeiten, direkte Erfahrungen (in der Praxis) zu machen
4. Feedback, Reflexion und Stärkung
Um diesen Rahmen zu schaffen, ist es wichtig, die Atmosphäre des Trainings be­
wusst zu gestalten. Dazu gehören beispielsweise auch die Rahmenbedingungen
und die Gestaltung des Raumes. Unter Umständen kann es hilfreich sein, sich mit
der Trainingsgruppe zu Beginn auf bestimmte Rahmenbedingungen im Sinne von
„Spielregeln“ für die weitere Zusammenarbeit im Rahmen des Trainings zu eini­
gen und beispielsweise festzulegen, dass das Gesagte im Raum bleibt und Offen­
heit und Reflexion erwünscht sind.
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3.3 Transfersicherung
Der Transfer eines interkulturellen Trainings bezieht sich darauf, inwiefern das
Wissen, die Einstellungen und das Verhalten, die im Training erworben wurden,
im eigenen (Berufs-)Kontext angewendet werden können, ob sie auf andere Kon­
texte generalisiert werden können und ob der Lernerfolg auch über längere Zeit
anhält (Baldwin & Ford, 1988). Der Trainingstransfer wird dabei von drei Haupt­
merkmalen beeinflusst. Dazu zählen zunächst Merkmale der Teilnehmenden wie
Fähigkeiten, Persönlichkeitseigenschaften oder Motivation. Darüber hinaus spielt
die Arbeitsumgebung eine entscheidende Rolle, beispielsweise die Unterstützung
durch den Vorgesetzten und die Möglichkeit zur Anwendung des Gelernten.
Schließlich lässt sich aber auch durch die Gestaltung des Trainings (etwa durch
die Vermittlung passender Inhalte und die Verwendung angemessener Methoden)
der Transfererfolg erhöhen.
Baldwin und Ford (1988) formulieren verschiedene Empfehlungen, wie die Trai­
ningsgestaltung den Lerntransfer erhöhen kann. Dazu gehört beispielsweise die
selbstständige Formulierung von Lernzielen durch die Teilnehmenden, die Mög­
lichkeit, am Modell zu lernen, die bewusste Auseinandersetzung mit eigenen Feh­
lern und die Variabilität der Übungsmöglichkeit. Letztere bedeutet, dass ein be­
stimmter inhaltlicher Aspekt möglichst in verschiedenen Übungen adressiert
werden sollte.
Eine zentrale Herausforderung des interkulturellen Trainings ist es daher, den Trans­
fer der Inhalte bereits im Training vorzubereiten und für die Teilnehmenden zu er­
leichtern. Der Transfersicherung sollte daher bei der Planung eines Trainings aus­
reichend Zeit eingeräumt werden. Ein einfaches Element zur Transfersicherung

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50 Kapitel 3

umfasst zunächst die Thematisierung des Transfers im Debriefing einzelner Übungen.


Dazu kann nach konkreten Beispielen aus dem Arbeitsalltag gefragt werden oder
thematisiert werden, auf welche Situationen aus dem eigenen Arbeitsalltag sich die
Erfahrung einer Übung übertragen lässt. Dazu bietet sich auch die Methode des zir­
kulären Fragens an (z. B. Simon & Rech-Simon, 2009), in der die Teilnehmenden
gebeten werden, sich beispielsweise in die Perspektive ihrer Klient_innen oder Kol­
leg_innen (die nicht am Training teilgenommen haben) zu versetzen und aus ihrer
Perspektive die zentralen Erkenntnisse einer Übung zu formulieren.
Der Transfer des Erlernten kann aber auch durch konkrete Methoden als einzel­
ner Block in das Training eingebaut werden. Dabei können die Teilnehmenden
entweder in Einzelarbeit oder in Gruppenarbeit gebeten werden, die Anwendung
des Gelernten in ihrem Arbeitskontext zu planen. Um die Wahrscheinlichkeit der
Anwendung zu erhöhen, kann auch im Sinne einer paradoxen Intervention (Kriz,
2007) zunächst erarbeitet werden, welche Faktoren im eigenen Arbeitsalltag es
verhindern würden, dass ein Transfer gelingt, um dann daraus abzuleiten, auf wel­
che Aspekte für den erfolgreichen Transfer besonders geachtet werden sollte.
Stefan Schmid / 87.190.244.48 (2020-03-17 15:19)

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass sowohl die Auftragsklärung als auch
die zielgruppenspezifische Auswahl der Methoden und Überlegungen zur Trans­
fersicherung den Erfolg eines interkulturellen Trainings maßgeblich beeinflussen
und daher in der Planung stets mit bedacht werden sollten. Um die didaktische
Planung eines Trainings weiter zu konkretisieren, gibt das folgende Kapitel einen
Überblick über zentrale didaktische Modelle und lernpsychologische Grundlagen
interkultureller Trainings.

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4 Lernpsychologische Grundlagen
interkultureller Trainings:
Didaktische Modelle

Lernen bezeichnet einen „Veränderungsprozess, (…) der als Ergebnis individueller


Erfahrung auftritt“ (Mazur, 2006, S. 20). Dieser Prozess kann zu relativ überdau­
ernden Verhaltensveränderungen (Steiner, 2006) oder zum „Aufbau und [zur]
fortlaufende[n] Modifikation von Wissensrepräsentationen“ führen (Steiner, 2006,
Stefan Schmid / 87.190.244.48 (2020-03-17 15:19)

S. 163). Einfacher gefasst bedeutet Lernen „eine Veränderung des Erlebens und
Verhaltens aufgrund von individuellen Erfahrungen in bzw. mit der Umwelt“ (Plass­
mann & Schmitt, 2007). Der Aspekt des Erlebens schließt somit ebenfalls Einstel­
lungsänderung und Selbstreflexivität mit ein. Damit die individuellen Verände­
rungsprozesse im Rahmen eines (interkulturellen) Trainings gelingen, gilt es einige
lernpsychologische Grundlagen in der Trainingskonzeption zu berücksichtigen,
um entwicklungsförderliche Lernumgebungen zu gestalten.

Didaktische Modelle sind die theoretische Grundlage zur konzeptuellen Ausge­


staltung von Trainings. Sie dienen auf der Metaebene als handlungsleitender Ori­
entierungsrahmen, um Gestaltungsmöglichkeiten im Training selbst oder bei der
Trainingskonzeption aufzuzeigen und ihre Auswirkungen zu reflektieren. Im Spe­
zifischen fungieren sie als Strukturierungshilfe bei der Erstellung von Trainings
und der Auswahl von Methoden und bieten Hinweise für hilfreiche Haltungen.
Somit helfen sie einerseits, potenzielle Schwierigkeiten zu antizipieren und in die
Planung einzubeziehen. Andererseits ermöglichen sie es, die Lernbedingungen
so zu gestalten, dass Lernen leichter und abwechslungsreicher gelingen kann. Auch
dienen sie dem Verständnis und der Erklärung von Abläufen und Zusammenhän­
gen und können so genutzt werden, um das Geschehen im Training selbst mit den
Teilnehmenden zu reflektieren und flexibel Anpassungen vorzunehmen.

In der Trainingsliteratur findet sich eine Vielzahl didaktischer Modelle, sodass


im Folgenden nur einige Modelle exemplarisch vorgestellt werden sollen, wel­
che sich in der eigenen Trainingskonzeption – insbesondere auch bei interkultu­
rellen Trainings – bewährt haben. Hierbei gilt die Prämisse: Es ist wichtig, sich
auf ein oder mehrere didaktische Modelle als Überbau für die spezifische Kon­
zeption zu beziehen, wohingegen es nicht zentral erscheint, welches spezifische

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52 Kapitel 4

Modell gewählt wird. Von Bedeutung ist vielmehr die Passung zwischen Modell
und Trainer_in, aber natürlich auch die Abstimmung und gegebenenfalls Anpas­
sung des Modells an die Trainingsziele, das übergeordnete Thema des Trainings
und die individuelle Bedürfnislage der Teilnehmenden (vgl. Trainingsprozess­
modell, Kap. 3.2).

Für die Gestaltung von Trainings bietet es sich an, Lernen aus sozial-konstrukti­
vistischer Perspektive (z. B. Gergen, 1985) zu betrachten. Dabei wird Lernen ver­
standen als „ein konstruktiver und selbstgesteuerter Prozess (…), der vom Lernen­
den eine aktive Wissenskonstruktion erfordert“ und immer ein „situatives und
soziales Geschehen“ (Konrad, 2014, S. 13) darstellt. Dabei lohnt ein Blick auf die
einzelnen Bestandteile der Definition, um diese in der Praxis handlungsleitend
nutzen zu können und so den Lernprozess positiv zu unterstützen.

Lernen als konstruktiver Prozess


Stefan Schmid / 87.190.244.48 (2020-03-17 15:19)

Lernen findet durch die Konstruktion von Wissen statt. Es gibt keine Abbildung
der äußeren Realität im Menschen, sondern der bzw. die Lernende konstruiert
die Wirklichkeit (vgl. Reich, 2010). Das heißt, neu zu erwerbendes Wissen muss
an bereits vorhandene Wissensstrukturen angegliedert werden und auf Basis der
bereits vorhandenen Erfahrungen interpretiert werden. Hier setzen die verschie­
denen im Folgenden dargestellten Phasenmodelle (PITT-Modell und WERT-Me­
thodik) an. Das PITT-Modell (Hoberg, 1988) und die WERT-Methodik (Kuhl, Solz­
bacher & Zimmer, 2017) teilen den Aufbau von Trainings in einzelne Phasen, die
alle innerhalb eines Trainings beachtet und bearbeitet werden sollen. Sie geben
somit mögliche Bestandteile und Gliederungen eines Trainings vor. Dabei versu­
chen sie in der ersten Phase einer Trainingssequenz stets eine Anbindung an be­
reits vorhandene Wissensstrukturen zu schaffen, indem die eigene (praktische)
Erfahrung der Teilnehmenden als Ausgangspunkt dient.

Lernen als aktiver Prozess


Lernen findet nur durch aktive Beteiligung der Lernenden statt (Funk, Kuhn, Skiba,
Spaniel-Weise & Wicke, 2014). Grundlagen für eine solche Beteiligung sind das
Interesse und die Motivation der Lernenden am Lerngegenstand oder am Lern­
prozess selbst (z. B. Schiefele & Streblow, 2006). Dieser Aspekt wird sowohl in den
jeweils ersten Phasen der Phasenmodelle (PITT-Modell und WERT-Methodik)
als auch im Sandwich-Prinzip (Wahl, 2013) durch die Berücksichtigung sogenann­
ter Gelenkstellen zur Vorbeugung möglicher Widerstände fokussiert. Das Sand­
wich-Prinzip (Wahl, 2013) fokussiert auf Momente im Training, die bei der Pla­
nung besonders beachtet werden sollten, um die Teilnehmenden thematisch und
gruppendynamisch einzubeziehen und somit potenzielle Widerstände zu vermei­
den.

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Lernpsychologische Grundlagen interkultureller Trainings: Didaktische Modelle 53

Lernen als selbstgesteuerter Prozess


Jeder Lernprozess erfordert ein gewisses Ausmaß an Selbststeuerung und Kon­
trolle der Lernenden über den eigenen Lernprozess (Mandl & Krause, 2001). Wer­
den die Lernenden als Akteur_innen des eigenen Lernprozesses verstanden, so
fordert dies auch eine entsprechende Haltung aufseiten der Trainer_innen, wel­
che sehr stark die individuellen Bedürfnisse der Teilnehmenden im Blick hat und
flexibel auf diese eingeht. Natürlich hängt das Ausmaß der Kontrolle durch die
Teilnehmenden immer von der Lernsituation und Lernumgebung ab (Mandl &
Krause, 2001). Hier kommen sowohl die themenzentrierte Interaktion (TZI; Cohn,
2009) als auch die WERT-Methodik ins Spiel. Die im Folgenden herausgegriffe­
nen Aspekte der TZI nehmen dabei die sozial-interaktiven Prozesse und die damit
verbundenen Herausforderungen innerhalb der Gruppe und mit den Trainer_innen
in den Blick, indem Grundlagen der sozialen Interaktion anhand von vier Fakto­
ren beschrieben werden. Die WERT-Methodik fokussiert insbesondere die Selbst­
bestimmung der Lernenden.
Stefan Schmid / 87.190.244.48 (2020-03-17 15:19)

Lernen als situativer Prozess


Lernen findet immer in einem bestimmten Kontext statt und ist in gewisser Weise
daran gebunden. Um aber auch in anderen Kontexten angewendet werden zu
können, bedarf es einer Loslösung, welche im Rahmen eines Trainings aktiv un­
terstützt werden sollte (vgl. auch Kap. 3.3 Transfersicherung). Dies wird in den
Phasenmodellen (PITT-Modell und WERT-Methodik), aber auch im Sandwich-
Prinzip in der Gelenkstelle D thematisiert.

Lernen als sozialer Prozess


Lernen ist nicht nur ein individueller Prozess, sondern findet immer vor dem Hin­
tergrund soziokultureller Rahmenbedingungen statt und ist daher häufig in einen
sozialen Kontext eingebettet (z. B. de Witt, 2011). Somit handelt es sich immer um
einen sozialen Prozess. „Nach dieser Perspektive sind es Austausch, Diskussion und
soziale Strukturen, die es den Beteiligten ermöglichen, ihre Expertise auf eine na­
türliche Weise zu entwickeln und sie mit ihrer täglichen Arbeit zu verknüpfen“ (Kon­
rad, 2014, S. 19). Dies spiegelt sich im Sandwich-Prinzip wider, welches den Über­
gang zwischen individuellem und kollektivem Lernen fokussiert. Auch zeigt sich
damit die Relevanz der die TZI mit ihrem Fokus auf die sozial-interaktiven Prozesse.
Aufbauend auf diesen grundlegenden Annahmen werden im Folgenden einige di­
daktische Modelle beschrieben. Dabei werden zuerst zwei Phasenmodelle vorge­
stellt: Das PITT-Modell (Hoberg, 1988) und die WERT-Methodik (Kuhl et al.,
2017). Daraufhin wird auf das Sandwich-Prinzip (Wahl, 2013) näher eingegangen,
um schließlich Aspekte der TZI (Cohn, 2009) darzustellen, welche insbesondere
mögliche Haltungen der Trainer_innen fokussiert.

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54 Kapitel 4

4.1 Das PITT-Modell


Im PITT-Modell (Hoberg, 1988; vgl. Abb. 16) werden unterschiedliche Phasen des
Verstehens und des Aneignens eines neuen Sachverhalts gegenübergestellt: Pro­
blematisieren, Informieren, Trainieren und Transferieren. Die Reihenfolge die­
ser Phasen stellt, dem Modell zufolge, einen hinreichend differenzierten Ablauf
dar, sie kann aber auch in vermischter Form oder abgewandelter Sequenz erfol­
gen. Dabei wiederholen sich die Phasen in Abhängigkeit der Anzahl an einzelnen
Trainingseinheiten. Das Modell ist vergleichbar mit dem Ansatz des Accelerated
Learning (AL; Meier, 2000), wobei sich die Benennung der Phasen unterscheidet
(laut AL: Planen, Präsentieren, Praktizieren und Produzieren).
Die erste Lehrphase wird im PITT-Modell als Problematisieren bezeichnet. Hier
verdeutlicht der/die Trainer_in die Relevanz und den Praxisbezug eines Themas
und stellt so den Bezug zwischen Thema und Teilnehmenden her. Diese Phase
dient der Sensibilisierung und fokussiert auf das Erfahren und affektive Reaktio­
nen. Ziel dieser Phase ist es, den Teilnehmenden ein sinnbezogenes Lerngerüst in
Stefan Schmid / 87.190.244.48 (2020-03-17 15:19)

Form von Sinn („Warum?“) und Zweck („Wozu?“) zur Verfügung zu stellen. Auch
dient diese Phase dazu, einen Überblick über die wichtigsten Trainingsinhalte zu
geben, damit eine Landkarte zur Orientierung in dem neuen Lerngebiet zur Ver­
fügung steht. Die praktische Umsetzung kann zum Beispiel durch kurze Präsenta­
tionen oder Videos oder auch durch kleine erlebnisaktivierende Übungen erfolgen.
In der zweiten Lehrphase des Informierens geht es um die Vermittlung oder Erar­
beitung von Sachinformationen, die die Erfahrung aus der Problematisierungs­
phase kognitiv so untermauern, dass ein gutes Verständnis und eine Anwendung
möglich werden. In dieser Phase kann neben einem Input durch den/die Trainer_
in auch die aktive oder interaktive Beteiligung der Teilnehmenden umgesetzt wer­
den, sodass diese sich auf strukturierte Art und Weise Inhalte selbst erarbeiten.
Methoden sind hier unter anderem die Gruppen-, Partner-, oder Einzelarbeit an­
hand von Leitfragen oder schriftlichem Material.
Die nächste Lehrphase fokussiert das Trainieren und die Verknüpfung von kogni­
tiven und behavioralen Aspekten. In der vertieften inhaltlichen Auseinanderset­
zung werden Informationen bewertet, mit eigener Erfahrung verglichen, erprobt
und durch Üben wiederholt. Durch die Anwendung werden überdies im Idealfall
noch vorhandene Wissens- und Verständnislücken geschlossen. Somit werden die
Anwendungssicherheit und das dauerhafte Behalten der Informationen gefestigt.
Beispiele für die Umsetzung sind Rollenspiele und weitere praktische Übungen.
Die letzte Phase des Transferierens widmet sich der Einordnung des neuen Wis­
sens und Könnens in den größeren Zusammenhang. Dabei steht die Übertragung
des Gelernten in den eigenen (beruflichen) Alltag im Fokus. Das heißt, auch in
dieser Phase geht es um die Verbindung von kognitiven und behavioralen Aspek­
ten. Um den Transfer zu erleichtern und abzusichern, ist es notwendig, dass die­

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Lernpsychologische Grundlagen interkultureller Trainings: Didaktische Modelle 55

ser bereits im Training angebahnt wird (vgl. auch Kap. 3.3). Dies kann beispiels­
weise durch Musterlösungen, Fallarbeit, aber auch die Arbeit mit inneren und
16 äußeren
Kapitel 1 Widerständen geschehen.

Problematisieren

Informieren

Trainieren
Stefan Schmid / 87.190.244.48 (2020-03-17 15:19)

Transferieren

Abbildung 16: Das PITT-Modell nach Hoberg (1988)

Abbildung 16
4.2 Die WERT-Methodik
Im erfahrungsbasierten Lernzyklus (z. B. Kolb, 1984; Kolb & Kolb, 2005; vgl. Abb. 17)
wird Lernen als unmittelbare, praktische Auseinandersetzung mit einem Lernge­
genstand gesehen. Auch in diesem Modell wird eine Abfolge vier verschiedener
Lernphasen beschrieben: konkrete Erfahrung, reflektierende Beobachtung, abs­
trakte Begriffsbildung und aktives Experimentieren. Laut Lehmann (2010) ist es
zwar wichtig, dass alle vier Phasen des Lernzyklus tangiert werden. Dabei ist aber
keine feste Reihenfolge zu durchlaufen. Das heißt, die Reihenfolge der Abhandlung
ist flexibel. An dieser Stelle setzt die darauf aufbauende WERT-Methodik (Kuhl
Abbildung 16: PITT-Modell nach Hoberg (1988)
et al., 2017) an, indem sie die Begrifflichkeiten des Modells – Wissen, Erleben, Re­
flexion und Transfer – in einfachere und damit für die Teilnehmenden besser greif­
bare Begrifflichkeiten übersetzt. Zudem werden die einzelnen Bestandteile durch
Symbole angereichert. Dies ermöglicht, dass Trainer_innen den Teilnehmenden
die eigene Vorgehensweise explizit machen und sie an der Methodenwahl teilha­
ben lassen. So bietet es sich an, zu Beginn eines Trainings die zugrundeliegende
Methodik sowie die Relevanz der einzelnen Bestandteile zu erläutern.
Die konkrete Erfahrung wird als Ausgangspunkt für das Lernen gesehen. Folglich
sollte innerhalb eines Trainings der Möglichkeitsraum geschaffen werden, aktiv
und selbsttätig Erfahrungen zu machen. Schlüsselfaktor für die Wirksamkeit einer

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56 Kapitel 4

solchen Erfahrung ist die aktive Beteiligung und die Wahrnehmung von daraus
resultierenden Gedanken und Gefühlen. Die WERT-Methodik spricht vom zen­
tralen Baustein Erleben und nutzt das Symbol des Bauches. In der praktischen Um­
setzung sind hier beispielsweise vor allem erfahrungsbasierte praktische Übun­
gen, aber auch entsprechend inhaltlich angebundene Energizer und Icebreaker zu
nennen. Durch metaphorische Situationen wird Raum für mögliche Differenzer­
fahrungen geschaffen, welche ein potenzielles Umlernen in sich bergen (vgl.
Meyer-Drawe, 2010) und auf der Ebene des Gewahrens, Spürens und Merkens
(Abraham & Müller, 2010) stattfinden.
Daran anschließend bedarf es einer reflektierenden Beobachtung. Es geht darum, die
Erfahrung zu beobachten, zu reflektieren und zu bewerten. Im Baustein Reflexion,
symbolisiert durch einen Kopf, ist das Ziel, dass die Teilnehmenden die aufgewor­
fenen Anregungen, Erlebnisse und Wissensbestandteile auf die eigene Person
beziehen und deren Bedeutung für sich selbst einschätzen,
<p_h_chapter_title denn manuell
ohne Nummer neue Wissens-,
eintragen> 17
Stefan Schmid / 87.190.244.48 (2020-03-17 15:19)

Konkrete Erfahrung
Erleben

Aktives Reflektierende
Experimentieren Beobachtung
Transfer Reflexion

Abstrakte
Begriffsbildung
Wissen

Abbildung 17: Erfahrungsbasierter Lernzyklus nach Kolb (1984) bzw. Kolb und Kolb (2005) erwei-
tert durch die Symbole und Begrifflichkeiten der WERT-Methodik (Kuhl et al., 2017)

Abbildung 17: Erfahrungsbasierter Lernzyklus nach Kolb (1984) erweitert durch die Symbole
und Begrifflichkeiten der WERT-Methodik (Kuhl et al., 2017)

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Lernpsychologische Grundlagen interkultureller Trainings: Didaktische Modelle 57

Erlebens- und Erfahrungsentitäten werden erst durch persönliche Relevanz und


Auseinandersetzung nachhaltig wirksam (vgl. auch Lehmann, 2010). Dies kann
praktisch durch eine Vielzahl von Methoden von einer stillen Arbeitsphase, über
die Frage nach Beobachtungen und Feedbackrunden bis hin zum Verfassen eines
Berichts oder von Beobachtungs- und Lerntagebüchern erfolgen.
In der Folge kommt es zur abstrakten Begriffsbildung, das heißt der Einordnung des
Erfahrenen in bekannte und neue Theorien, sowie das Anknüpfen an bestehende
Wissensbestandteile. Dieser Schritt bildet die Grundlage für spätere Generalisie­
rungen und das Speichern des Erfahrenen. Hier steht das Ohr als Metapher für
den Baustein des Wissens, denn es gilt, den Teilnehmenden durch Input Modelle,
Theorien und Fakten zu präsentieren.
Schließlich geht es beim aktiven Experimentieren darum, das Gelernte auszupro­
bieren und die Umsetzung von neu erworbenem Wissen und Fertigkeiten im All­
tag zu planen. Der Baustein Transfer fokussiert daher die Anregung und Beglei­
tung des Übertrags in den Alltag und nutzt dafür das Symbol von Hand und Fuß.
Stefan Schmid / 87.190.244.48 (2020-03-17 15:19)

Dies kann durch Fallstudien und Rollenspiele angebahnt und durch Zeit für die
konkrete Planung unterstützt werden.

4.3 Das Sandwich-Prinzip


Im Fokus des Sandwich-Prinzips (z. B. Wahl, 2013; vgl. Abb. 18) steht die Abwechs­
lung zwischen Phasen des kollektiven Lernens in Form von Wissensvermittlung
durch den/die Trainer_in und Phasen des individuellen Lernens, in denen eine sub­
jektive Aneignung sowie Auseinandersetzung, Analyse und Bewertung stattfin­
den. Während das kollektive Lernen durch die Präsentation von Expertise geprägt
ist, kann das individuelle Lernen in vielfältiger Form wie z. B. in Murmelgruppen
oder in Zweierdiskussionen erfolgen.
Zentral für das Gelingen des Lernens ist die Berücksichtigung von sogenannten
Gelenkstellen. Dies sind Übergangsstellen oder Schnittstellen, welche neben dem
Beginn und Ende eines Trainings vor allem die Übergänge zwischen individuel­
len und kollektiven Lernphasen (Gelenkstelle B und C) markieren. Diese Gelenk­
stellen sollten in der Moderation besonders berücksichtigt werden, um die Teil­
nehmenden auf die verschiedenen Arbeitsphasen vorzubereiten und um möglichen
Widerständen aufseiten der Teilnehmenden adäquat zu begegnen. Konkret gilt
es, die Moderation an diesen Stellen gut vorzubereiten und zu überlegen, welche
Informationen an diesen Stellen notwendig sind, damit den Teilnehmenden der
Einstieg in die neue Arbeitsphase erleichtert oder überhaupt angemessen ermög­
licht wird. Dies ist die Voraussetzung, um Motivation und Interesse zu wecken
oder aufrechtzuerhalten und so eine aktive Beteiligung der Teilnehmenden zu un­
terstützen.

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58 Kapitel 4

Als Gelenkstelle A wird der Einstieg in die Trainingssequenz betitelt. Hier sollten
die Teilnehmenden in geeigneter Weise beim Ankommen und Anknüpfen an zu
behandelnde Themen und Inhalte unterstützt werden. Der Einstieg sollte Aufmerk­
samkeit wecken und Motivation erzeugen. Dies wird, neben einer freundlichen Be­
grüßung, erreicht durch sogenannte Eyecatcher oder durch Advance Organizer (vgl.
Kadmon, Strittmatter-Haubold, Greifeneder, Ehlail & Lammerding-Köppel, 2008).
Eyecatcher verdeutlichen die Relevanz des Themas. Es handelt sich beispielsweise
um ein spektakuläres Bild oder einen aktuellen Zeitungsartikel. Advance Organizer
dienen einer transparenten Darstellung dessen, was auf die Teilnehmenden im
Laufe der Veranstaltung zukommen wird. Durch eine schematische oder grafische
Darstellung wichtiger Begriffe wird so der gesamtlogische Zusammenhang der
Trainingssequenz deutlich.

Gelenkstelle B bezeichnet den eloquenten Übergang in die individuellen Arbeits­


phasen, wohingegen die Gelenkstelle C nach dem Abschluss der individuellen Ar­
beitsphase auftritt. In Abhängigkeit der Länge des Trainings und der Anzahl der
einzelnen Trainingseinheiten treten die beiden Gelenkstellen abwechselnd mehr­
Stefan Schmid / 87.190.244.48 (2020-03-17 15:19)

fach hintereinander auf. Bei Gelenkstelle B ist dabei ein dezidierter und klarer Ar­
beitsauftrag (z. B. Zeitrahmen, Ziele, Aufeinanderfolge von Teilschritten) von
hoher Relevanz, um Widerstände der Teilnehmenden zu vermeiden und diese
beim Einstieg in das individuelle aktive Arbeiten zu unterstützen. Hierzu zählen
auch die Ausgabe von Arbeitsmaterialien und die Gruppenaufteilung.

Nach den individuellen Arbeitsphasen kommt Gelenkstelle  C ins Spiel, wenn es


darum geht, das Lernen der Teilnehmenden wieder zu synchronisieren, um ge­
meinsam weiterzuarbeiten. Die in der individuellen Arbeitsphase erarbeiteten Er­
gebnisse sollten jetzt in der Gruppe geteilt werden. Dabei kann eine Präsentation
der Ergebnisse der einzelnen Arbeitsgruppen erfolgen. Wichtig ist es, dass Redun­
danzen und Langatmigkeit vermieden werden. Alternativen sind eine exemplari­
sche Erörterung durch einige Teilnehmende oder das Einbringen von Fragen oder
Anregungen. Abgeschlossen wird diese Phase im Idealfall mit einer dynamischen
Ergebnispräsentation, an die sich entweder ein erneuter Arbeitsauftrag für eine
weitere Phase individuellen Lernens oder eine Phase kollektiven Lernens mit Wis­
sensvermittlung anschließen.

Gelenkstelle D markiert den Ausstieg einer Trainingseinheit und damit die letzte
Möglichkeit, um offene Fragen zu beantworten und Missverständnisse zu klären.
Es erfolgt ein inhaltlicher Abschluss und überdies anwendungsorientierte Trans­
fersicherung des neuen Wissens in den Alltag. Auch kann und sollte an dieser
Stelle das Feedback der Teilnehmenden eingeholt und der Lernprozess gemein­
sam reflektiert werden. Beispiele sind ein Blitzlicht im gesamten Plenum oder die
Erstellung von individuellen Mindmaps durch die Teilnehmenden. Zudem gilt es
auf der praktischen Ebene, die ausgegebenen Materialien einzusammeln und die
Teilnehmenden zu verabschieden.

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18 Kapitel 1 Lernpsychologische Grundlagen interkultureller Trainings: Didaktische Modelle 59

Einstieg und Begrüßung


Gelenkstelle A A

Spezifischer Arbeitsauftrag

Gelenkstelle B B

Individuelles Lernen

Gelenkstelle C C

Dynamische Ergebnispräsentation

Ausstieg

Gelenkstelle D D
Stefan Schmid / 87.190.244.48 (2020-03-17 15:19)

Abbildung 18: Das Sandwich-Prinzip nach Wahl (2013)

Abbildung 18

4.4 Die Themenzentrierte Interaktion


Das Modell der themenzentrierten Interaktion (TZI, z. B. Cohn, 2009) dient als
Grundlage für soziale Interaktion und persönliche Entwicklung. Anders als die
oben dargestellten didaktischen Modelle ist die TZI nicht primär als Methodik zu
verstehen, sondern beschreibt vielmehr eine Haltung des oder der Trainer_in bzw.
verschiedene Komponenten, deren Balance in einem Lernsetting gewahrt sein
sollte. Ausganspunkt der TZI sind drei Axiome, welche sich auf die Ganzheitlich­
keit des Menschen,
Abbildung seine Freiheitnach
18: Das Sandwich-Prinzip undWahl
Verantwortung
(2013) sowie auf die Menschlich­
keit und den Schutz der Schöpfung beziehen (Langmaack & Braune-Krickau,
2010). Die Axiome wirken sich auf die Postulate der TZI und auf konkrete Regeln
für die Kommunikation im Arbeits- oder Lernprozess aus. Dazu zählen beispiels­
weise die folgenden Regeln:
• Sich selbst in seinen Aussagen zu vertreten (per „ich“ und nicht per „wir“ oder
„man“ zu sprechen)
• Beim Stellen einer Frage zu erläutern, warum gefragt wird und was die Frage
persönlich bedeutet
• Authentisch in der Kommunikation zu sein
• Seitengespräche als Signale aufzunehmen
• Nur eine Person sprechen zu lassen
• Die Signale des eigenen Körpers zu beachten
• Aussagen in Form eines Dreischrittes zu formulieren („Ich nehme wahr, dass
… und das bedeutet für mich … und deshalb will ich … tun“)

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60 Kapitel 4

Neben diesen Regeln stellt die TZI darüber hinaus das sogenannte Vierfaktoren­
modell (vgl. Abb. 19) vor. Dabei verdeutlicht der Begriff „themenzentriert“, dass
das Thema im Mittelpunkt steht und während eines Trainings nicht aus dem Fokus
<p_h_chapter_title ohne Nummer manuell eintragen> 19
geraten sollte.

ES

Globe

Thema

WIR ICH
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Abbildung 19: Das Vierfaktorenmodell der themenzentrierten Interaktion nach Cohn (2009)

Abbildung 19
Nach der TZI ist es wichtig, dass das Thema der jeweiligen Themeneinheit von
dem Bestandteil ES, das heißt dem übergeordneten inhaltlichen Thema, welches
es im Rahmen des Trainings zu behandeln gilt, zu unterscheiden ist. So kann es
sich beim übergeordneten inhaltlichen Thema (ES) zum Beispiel um interkultu­
relle Kompetenz handeln, in dessen Rahmen die Themeneinheit „Arbeit an Ste­
reotypen und Vorurteilen“ behandelt wird. Das Thema drückt somit die spezifi­
schen (Lern-)Ziele innerhalb einer Trainingseinheit aus.
Daneben ist mit dem ICH die teilnehmende Person gemeint, während sich das
WIR auf die Interaktionen in der Gruppe der Teilnehmenden bezieht. Das ICH
kann beispielsweise durch die Frage adressiert werden, was die einzelne Person
mit ins Training bzw. die Themeneinheit einbringt, was für das Gelingen des Pro­
zesses förderlich sein kann oder in welcher Form sie etwas zu dem Training bei­
trägt. Das19:
Abbildung WIRVierfaktorenmodell
kann dadurch eine Rolle spielen, dass
der themenzentrierten lernförderliche
Interaktion Aspekte für
nach Cohn (2009)
die Gruppe erfragt und gesammelt werden. Methoden, die mehr auf Einzelarbeit
und individueller Reflexion (z. B. individuellen Leitfragen) basieren, adressieren
tendenziell stärker das ICH, während Methoden, die viel Interaktion mit und in
der Gruppe voraussetzen, eher das WIR adressieren.
GLOBE wiederum ist die Bezeichnung für die Umgebung der stattfindenden Grup­
penprozesse, d. h. es gilt hinderliche und förderliche Rahmenbedingungen sowie
relevante Bedürfnisse der Umgebung zu berücksichtigen, damit die Lernergeb­
nisse umgesetzt werden können. Dies können soziale, ökologische, ökonomisch-
technisch-räumliche oder zeitliche Bedingungen sein.

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Lernpsychologische Grundlagen interkultureller Trainings: Didaktische Modelle 61

Da alle genannten Bestandteile gleichwertig sind und sich gegenseitig beeinflussen,


ist es die Aufgabe eines/einer Trainer_in, die Methoden bei der Trainingskonzeption
so zu wählen, dass eine dynamische Balance zwischen den Bestandteilen entsteht. So
sollte während des Trainings selbst immer wieder anhand des Modells reflektiert
werden, wo sich die Gruppe gerade befindet und zu überprüfen, ob jeder Bestand­
teil und auch jede Verbindung, d. h. das Zusammenspiel oder die Interaktion zweier
Bestandteile gleichmäßig vertreten ist. Gleichmäßig bedeutet jedoch nicht zwangs­
weise, dass sie in jeder Trainingseinheit mit gleichen Zeit- und Kräfteanteilen vor­
kommen (müssen). Damit ist vielmehr gemeint, dass die/der Trainer_in die Aufmerk­
samkeit besonders auf denjenigen Faktor lenkt, der eine Zeit lang am wenigsten
beachtet wurde und dadurch die dynamische Balance hält. Tabelle 7 gibt einen Über­
blick über die vorgestellten didaktischen Modelle bzw. Haltungen.

Tabelle 7: Übersicht der exemplarisch beschriebenen didaktischen Modelle

Name Referenz Kurzbeschreibung


Stefan Schmid / 87.190.244.48 (2020-03-17 15:19)

PITT-­ Hoberg Fokus: Phasen eines Trainings


Modell (1988) Bestandteile/Phasen: 4
Kernaussage: Beim Aufbau von Trainings sind einzelne
Phasen zu beachten, um affektives Erleben (P) mit
Wissen (I) zu verknüpfen und neue Verhaltensweisen
einzuüben (T) und in die eigene Lebenswelt zu über­
tragen (T).

WERT-­ Kuhl et al. Fokus: Phasen eines Trainings


Methodik (2017) Bestandteile/Phasen: 4
Kernaussage: Durch das Explizieren der Trainingsphasen
können Teilnehmende an der Wahl der passenden
Reihen­folge der Trainingsphasen beteiligt werden.

Sandwich- Wahl Fokus: Gelenkstellen


Prinzip (2013) Bestandteile/Phasen: 4
Kernaussage: Zentral ist die Berücksichtigung von
Übergängen zwischen verschiedenen Lernphasen, um
möglichen Widerständen aufseiten der Teilnehmenden
adäquat zu begegnen.

Themen­ Cohn Fokus: sozial-interaktive Prozesse


zentrierte (2009) Bestandteile/Phasen: 5
Interaktion
Kernaussage: Da sich Thema, Inhalt, Teilnehmende und
(TZI)
Rahmenbedingungen gegenseitig beeinflussen, ist es
zentral eine dynamische Balance zwischen diesen im
Training aufrecht zu erhalten.

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62 Kapitel 4

4.5 Umsetzung der didaktischen Modelle:


Beispiel für einen Trainingsplan
Zum Abschluss der Darstellung soll an dieser Stelle ein Beispielablaufplan eines
interkulturellen Trainings unter Berücksichtigung der oben beschriebenen didak­
tischen Modelle vorgestellt werden (vgl. Tab. 8). Dieser Beispielablaufplan dient
als Hilfestellung bei der konkreten Umsetzung der didaktischen Modelle in eige­
nen Trainings. Dabei erfüllt der Trainingsplan zweierlei Funktionen: Er unterstützt
einerseits die Planung eines didaktisch sinnvollen Trainings, andererseits ist er ein
wichtiges Hilfsmittel zur Orientierung bei der eigentlichen Trainingsdurchführung.

Grundsätzlich gilt hier, dass die Kategorien des Ablaufplans an die individuellen
Bedürfnisse und den Kontext des Trainings angepasst werden können und soll­
ten. Auch kann der Ablaufplan bei zunehmender Übung deutlich weniger diffe­
renziert ausfallen. Wird das Training von mehreren Trainer_innen durchgeführt,
kann es hilfreich sein, zu vermerken, welche Person die Führung und damit die
Stefan Schmid / 87.190.244.48 (2020-03-17 15:19)

Hauptverantwortung für einen Trainingsabschnitt übernimmt. Um den Beispielab­


laufplan verständlicher zu machen, werden im Folgenden die im Beispielablauf­
plan verwendeten Begriffe kurz erläutert.

Das übergeordnete Thema des Trainings, welches das ES im Rahmen des TZI-
Modells darstellt, ergibt sich meist aus den Absprachen mit dem/der Auftragge­
ber_in oder der durchführenden Institution. Eng mit dem Thema verknüpft sind
die Lernziele eines Trainings. Ein Lernziel wird verstanden als „angestrebtes End­
verhalten“ (Knoll, 2007; S. 66) oder als die „sprachlich artikulierte Vorstellung
über ein gewünschtes Lernergebnis“ (Meyer, 2007; S. 193). Das Lernziel des ge­
samten Trainings wird hier in Anlehnung an Strewe (2010) als Richtziel bezeich­
net. Um in der Vielfalt möglicher Methoden die geeigneten auszuwählen und nicht
„im Eifer des Gefechtes“ das eigentliche Ziel aus den Augen zu verlieren, ist es
hilfreich, sich vor Beginn der Feinplanung eines Trainings die übergeordnete Frage
zu stellen „Wozu soll das Training dienen?“.

Neben der Orientierung am Richtziel ist es notwendig, ein Training auch immer
an dem vorgegebenen Zeitrahmen auszurichten. Somit gibt die Spalte Zeit/Dauer
eine Schätzung an, wie lange die geplante Durchführung einer Aktivität voraus­
sichtlich dauert. Neben der Dauer der Übungen sollte darüber hinaus ein indivi­
dueller Zeitplan mit konkreten Uhrzeiten ergänzt werden. Dies hilft in der Trai­
ningsdurchführung dabei, die Uhrzeit im Auge zu behalten.

Bei der Planung eines Trainings sollte unbedingt auch die didaktische Strukturie­
rung kritisch hinterfragt werden. Das heißt, es gilt immer wieder die Frage zu stel­
len, ob die notwendigen Phasen bzw. Aspekte der didaktischen Modelle zeitlich
passend verortet sind. Aus diesem Grunde gibt die zweite Spalte Didaktik die Mög­
lichkeit, diese Phasen oder Aspekte zu notieren. In der Gesamtschau der vorge­

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Lernpsychologische Grundlagen interkultureller Trainings: Didaktische Modelle 63

stellten Modelle wird ersichtlich, ob eine logisch stringente Sequenzierung der


verschiedenen Phasen erfolgt (vgl. PITT-Modell und WERT-Methodik), in der alle
Phasen in ausreichender Balance vertreten sind (vgl. TZI) und die Übergänge zwi­
schen den Phasen eloquent eingeleitet werden (vgl. Sandwich-Prinzip). In den Ka­
piteln 4.5.1 bis 4.5.3 wird die Anwendung der didaktischen Modelle anhand des
beispielhaften Ablaufplans erläutert.

In der dritten Spalte des Ablaufplans sollten das Lernziel bzw. der Lerninhalt ver­
merkt werden. So sollte vor dem Einsatz jedes Trainingselementes und entspre­
chender Methoden die Frage geklärt sein, warum genau dieses Trainingselement
durchgeführt werden soll. Die dahinterliegende Frage lautet: „Was ist das Lernziel
eines jeweiligen Trainingselementes?“, „Was sollten die Teilnehmenden nach
einem Trainingselement kennen, können oder wissen, was sie vorher nicht oder
nicht so gut kannten, konnten oder wussten?“. Durch die ständige Orientierung an
dieser Frage als Handlungsleitung wird der von der TZI geforderten Themenzen­
trierung in der Praxis Rechnung getragen. Aus der Festlegung der Lernziele ergibt
sich direkt die Frage nach den Lerninhalten: „Welche Themen und Inhalte sind ge­
Stefan Schmid / 87.190.244.48 (2020-03-17 15:19)

eignet, um diese Lernziele zu erreichen und sollten daher Gegenstand des Trai­
nings sein?“ Neben den Vorgaben des Auftraggebers können einige Überlegungen
bei der Beantwortung dieser Frage hilfreich sein (vgl. Strewe, 2010). Dazu kann
das eigene Wissen zur Thematik berücksichtigt, aber auch der Kenntnisstand der
jeweiligen Teilnehmenden antizipiert werden. Auch ist die Aktualität des Themas
für die Akzeptanz der Teilnehmenden von Bedeutung und sollte daher kritisch hin­
terfragt werden. Darüber hinaus sollten Gegenargumente sowie Diskussionspunkte
der Teilnehmenden bedacht werden. Schließlich ist im interkulturellen Kontext
auch die jeweilige Kultur der Teilnehmenden zu berücksichtigen (vgl. Kap. 3.2).

Bei der Auswahl der Methode sollte zum einen die jeweilige Sozialform festgelegt,
also die Art der Zusammenarbeit der Teilnehmenden definiert werden. Arbeiten
die Lernenden individuell, in Gruppen zu mehreren Personen, zu zweit, im Ple­
num? Hier dient erneut das Rahmenmodell der themenzentrierten Interaktion als
Hilfestellung, um die geeignete Sozialform zu wählen, welche die dynamische Ba­
lance verschiedener Lernformen unterstützt. Zudem sollten hier unbedingt mög­
liche Gelenkstellen, welche im Sandwich-Prinzip formuliert werden, antizipiert und
vorbereitet werden. Darüber hinaus sollte bedacht werden, welche Tätigkeiten die
Teilnehmenden und die/der Trainer_in im entsprechenden Trainingselement aus­
führen (z. B. Instruktionen geben, Gruppenarbeit begleiten etc.). Wird eine Me­
thode zum ersten Mal durchgeführt, kann es sinnvoll sein, sich Besonderheiten in
Bezug auf die geplanten Sozialformen und Trainer_innen- und Teilnehmenden-
Aktivitäten in der letzten Spalte Kommentare zu notieren.

In der Spalte Materialien/Medien wird festgelegt, mit welchen Materialien gearbei­


tet wird und welche Medien sinnvoll einsetzbar sind. Diese Spalte dient insbeson­
dere der Überprüfung, welche Materialien besorgt und bereitgelegt werden müs­

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64 Kapitel 4

sen. Auch kann sie bei der Durchführung dabei helfen, die geeigneten Materialien
zur Hand zu haben.
Schließlich können in der letzten Spalte Kommentare zusätzlich Besonderheiten no­
tiert werden, die für die erfolgreiche Durchführung der Methoden von Relevanz
sind. Diese Spalte kann ganz individuell verwendet werden, indem zum Beispiel
eigene Schwierigkeiten und individuelle Absprachen oder Besonderheiten bei den
Teilnehmenden festgehalten werden. Sie gewinnt speziell auch bei der Optimie­
rung eines Trainings an Bedeutung, da hier Problematiken, die bei einer ersten
Durchführung aufgetreten sind, für eine weitere Realisierung notiert und damit er­
innert und potenziell umgangen werden können.

4.5.1 Anwendung des PITT-Modells und der WERT-Methodik


Das in Tabelle 8 dargestellte interkulturelle Training hat das Richtziel, Bewusstsein
für Stereotype und Vorurteile zu schaffen und den eigenen Umgang mit diesen zu
reflektieren. Im beispielhaften Ablaufplan sind alle Phasen des PITT-Modells bzw.
Stefan Schmid / 87.190.244.48 (2020-03-17 15:19)

der WERT-Methodik umgesetzt. Nachdem der Gruppe Zeit gegeben wurde, sich zu
finden (durch die Methode Bingo, vgl. Kap. 5.1.1.2) und sich durch eine Erwar­
tungsabfrage an das Thema anzunähern, wird über den Ablaufplan hinweg fast
die idealtypische Reihung der beiden Phasenmodelle eingehalten. So wird durch
die Methode des Zaubervierecks (vgl. Kap. 5.2.2.1) ein Erfahren der Problemstellung
ermöglicht, welche in vielen Fällen mit einer affektiven Reaktion verbunden ist (Pro­
blematisieren nach PITT/Erleben nach WERT). Im Anschluss erfolgt die Bereitstel­
lung von Theoriewissen (Informieren nach PITT/Wissen nach WERT), welches die
soeben gemachte Erfahrung mit Theorie untermauert. Die Übung Werte­quadrat
(vgl. Kap. 5.2.9.7) dient primär dem Abgleich der metaphorischen Erlebnissituation
aus der Übung des Zaubervierecks mit eigenen Erfahrungen und bezieht somit die
eigene Person mit ein (Trainieren nach PITT/Reflexion nach WERT). Aufgrund der
Komplexität der Übung zum Wertequadrat, wird im Anschluss erneut ein theoreti­
scher Input eingeschoben (Informieren nach PITT/Wissen nach WERT). An dieser
Stelle weicht das vorliegende Training leicht von der idealtypischen Reihenfolge
der Phasen ab. Schließlich wird die letzte Phase des Transfers in den (Arbeits-)All­
tag (Transferieren nach PITT/Transfer nach WERT) gleich zweimal thematisiert –
durch das Aufspannen der eigenen Wertequadrate und die entsprechende Einbet­
tung der Übung Erwartungsverwerter (vgl. Tab. 8, Kommentarspalte).

4.5.2 Anwendung des Sandwich-Prinzips


Im Beispiel beginnt das Training mit einer Begrüßung und einer transparenten Dar­
stellung der Agenda des Tages, sodass die Gelenkstelle A, ein motivierender Ein­
stieg in das Training, umgesetzt wird. In jedem Abschnitt des Trainings findet dar­
über hinaus sowohl individuelles als auch kollektives Lernen statt, was die Relevanz

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Lernpsychologische Grundlagen interkultureller Trainings: Didaktische Modelle 65

der Übergänge und somit die Berücksichtigung der Gelenkstellen B und C als Rah­
mung eines jeden Methodenblocks notwendig macht. Dies geschieht in den meis­
ten Fällen durch eine Anmoderation zu Beginn (Gelenkstelle B) und eine Abmode­
ration zum Abschluss des Blocks (Gelenkstelle C). Um der Gelenkstelle B, d. h. dem
Übergang in individuelle Arbeitsphasen, adäquat Rechnung zu tragen, gilt es, alle
relevanten Informationen und Hinweise zu geben, damit im Idealfall der Übergang
so gebahnt ist, dass die Teilnehmenden arbeitsfähig sind. In der Abmoderation (Ge­
lenkstelle C) werden die gesammelten Erkenntnisse aus den Kleingruppen oder der
Einzelarbeit wieder ins Plenum getragen, sodass die Erkenntnisse der Gesamtgruppe
zugänglich sind und gegebenenfalls in den weiteren Rahmen eingeordnet werden
können. Das Training schließt mit einer sehr intensiven Berücksichtigung der Ge­
lenkstelle D ab, was in Form des Rückbezugs auf die Erwartungsabfrage, das Ein­
holen von Feedback und einer Verabschiedung erfolgt.

4.5.3 Anwendung der themenzentrierten Interaktion


Stefan Schmid / 87.190.244.48 (2020-03-17 15:19)

In dem vorliegenden Ablaufplan werden verschiedene Bestandteile des Vierfakto­


ren-Modells der TZI berücksichtigt. So wird zum Beispiel durch die Methode des
Bingos (vgl. Kap. 5.1.1.2) die Gruppe und damit das WIR in den Fokus genommen,
was gerade bei einem potenziell sensiblen Thema wie dem der Stereotype trotz
eines nur kurzen Trainingszeitraumes nicht vernachlässigt werden sollte. Diesem
Aspekt wird in dem vorliegenden Trainingsplan auch dadurch Rechnung getragen,
dass ganz am Ende mit der Methode der Rückendusche (vgl. Kap. 5.3.1.2) noch ein­
mal die Verbindung aus WIR-ICH fokussiert wird. Bei dem Input, beispielsweise
zu Stereotypen, wird das THEMA vermittelt, während das Aufspannen eigener
Wertequadrate auf die einzelnen Personen (das ICH) fokussiert. Dies ist insbeson­
dere wichtig, weil es sich hierbei um sehr persönliche Inhalte handeln kann. Da
das Thema „Stereotype und Vorurteile“ eine in sich abgeschlossene Einheit ergibt,
kann auf eine Einbettung in die größere Themenstellung der Interkulturalität (ES)
aufgrund der Kürze des Trainings verzichtet werden. Dennoch findet im gewissen
Rahmen eine Verknüpfung statt, wenn die Erwartungen abgefragt und „verwer­
tet“ werden (ICH-ES) sowie das Feedback zum Training eingeholt wird (WIR-ES).
Der GLOBE-Aspekt sowie die genannten Haltungen und Kommunikationsregeln
der TZI werden implizit über die gesamte Dauer des Trainings berücksichtigt,
indem geeignete Rahmenbedingungen geschaffen werden, die zur Offenheit und
konstruktiven Atmosphäre unter den Teilnehmenden im Rahmen eines interkul­
turellen Trainings beitragen. Es ist zu beachten, dass je nach Fokus der Auswer­
tungsfragen und der Ausrichtung der Trainer_innen in einer Übung immer auch
unterschiedliche Aspekte des Vierfaktorenmodells adressiert werden können. Eine
eindeutige Zuordnung von Übungen zu Aspekten des Vierfaktorenmodells ist daher
nur bedingt sinnvoll. Die im beispielhaften Ablaufplan vorgenommene Zuordnung
ist nur als erläuterndes Beispiel zu verstehen.

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66
Tabelle 8: Beispielhafter Ablaufplan – Interkulturelles Training zum Thema Stereotype und Vorurteile (Struktur adaptiert nach Strewe, 2010)
Kapitel 4

Zeit/Dauer Didaktik Lernziel/ Methode Materialien/ Kommentare


Lerninhalt Medien

09:00 bis 09:15 Uhr/ Gelenkstelle A Begrüßung Flipchart-Ständer


15 Minuten des Sandwich- und Flips
Prinzips

09:15 bis 09:30 Uhr/ WIR nach TZI Kennenlernen Übung Bingo Pro Person: Betonen, dass an dem Bingo deut­
15 Minuten der Gruppe (vgl. Kap. 5.1.1.2) Bingozettel, Stift lich wird, wie kulturell versiert und
zum Ausfüllen, evtl. heterogen die Gruppe ist, um gute
kleiner Gewinn Bedingungen für Offenheit zu
schaffen

09:30 bis 10:00 Uhr/ ICH-ES nach TZI Erwartungs­ Erwartungs­abfrage Metaplanwand und Achtung: Auf eine bestimmte An­
5 Minuten zur Samm- abfrage auf Moderations- Stecknadeln zahl der Erwartungen beschrän­
lung, 25 Minuten karten mit max. drei ken, da sonst sehr lang und nicht
Pro Person: drei
Vorstellung im Plenum Erwartungen pro zu erfüllen
Moderationskarten,
Person
einen Stift zum Hinweis, dass eine Erwartung pro
Beschriften Moderationskarte aufgeschrieben
werden soll

Erläuterung auf einen Satz be­


schränken, da sonst sehr lange
Vorstellung1

Pause (15 Minuten)

1 ACHTUNG: Hierbei handelt es sich um die erste Gelenkstelle C, bei der es die Aufgabe des/der Trainer_in ist, Redundanzen und Langatmigkeit zu vermei­
den.

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Tabelle 8: Fortsetzung

Zeit/Dauer Didaktik Lernziel/ Methode Materialien/ Kommentare


Lerninhalt Medien

10:15 bis 10:35 Uhr/ ICH-Thema nach Unumgäng­ Übung Pro Person: eine Achtung: Bei der Festlegung der
20 Minuten TZI, Problematisie- lichkeit und Das Zauber­viereck Moderationskarte Dauer der Übung den Spagat
ren nach PITT bzw. Relevanz von (vgl. Kap. 5.2.2.1) oder ein Blatt zwischen Frustration und echter
Erleben nach WERT Stereotypen Papier Irritation beachten

10:35 bis 11:00 Uhr/ Thema nach TZI, Input zu Stereo­ Präsentation,
25 Minuten Informieren nach typen inkl. ihrer Beamer, Notebook,
PITT bzw. Wissen Relevanz Pointer
nach WERT

Pause (15 Minuten)

11:15 bis 11:30 Uhr/ WIR nach TZI Bewusst­werden Übung Drei unterschiedli-
15 Minuten von Vorurteilen Zu Tisch, bitte! – che Arten Bonbons
koscher & halal à 4 Stück, Hut
(vgl. Kap. 5.1.3.3)

11:30 bis 12:30 Uhr/ WIR-Thema nach Übung Metaplanwand und Achtung: Da es hier um das
60 Minuten TZI, Trainieren Wertequadrat Stecknadeln Sammeln nicht unbedingt sozial
nach PITT bzw. Re- (vgl. Kap. 5.2.9.7) erwünschter Inhalte geht, ist es
5 Minuten zur Samm- Pro Gruppe:
flexion nach WERT notwendig, eine vertrauensvolle
lung der Tugenden und je 10 Moderations-
Atmosphäre zu unterstützen und
10 Minuten Diskussion, karten in Grün
die TN darin zu bestärken, offen zu
(deutsche Tugen-
10 Minuten zur Samm- sein.
den) und Rot (Vor­
lung der Vorurteile und
urteile gegenüber Wichtig ist, dass die Moderations­
35 Minuten Diskussion
Ausländer_innen) karten in einem ersten Schritt
unkommentiert angeheftet werden.
Lernpsychologische Grundlagen interkultureller Trainings: Didaktische Modelle
67

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68
Tabelle 8: Fortsetzung

Zeit/Dauer Didaktik Lernziel/ Methode Materialien/ Kommentare


Kapitel 4

Lerninhalt Medien

Mittagspause (60 Minuten)

13:30 bis 13:50 Uhr/ Thema nach TZI, Umgang Input zum Werte- Metaplanwand, Achtung: Beschriftete Moderati­
20 Minuten Informieren nach mit eigenen quadrat Metaplanpapier onskarten vorbereiten und vorher
PITT bzw. Wissen Vorurteilen und Stecknadeln, schauen, welche gefundenen
nach WERT Moderations­marker, Tugenden und Stereotype sich gut
vier beschriftete eignen
Moderationskarten

13:50 bis 14:15 Uhr/ ICH nach TZI, Aufspannen Papier und Stifte Hier ist es wichtig, dass die TN
25 Minuten Transferieren nach eigener Werte­ ermutigt werden, wirklich eigene
PITT bzw. Transfer quadrate Vorurteile zu wählen, da der Effekt
nach WERT so intensiver ist.

Pause (15 Minuten)

14:30 bis 15:00 Uhr/ ICH-ES, im Ausstieg Übung Moderations­karten Hier bietet sich ein Plenums­
30 Minuten Anschluss WIR Erwartungs­ aus Erwartungs­ gespräch an, ob und wie jede_r für
nach TZI, Trans­ verwerter abfrage, Box sich die (fehlenden) Dinge im Alltag
ferieren nach (vgl. Kap. 5.1.2.2) angehen kann.
PITT bzw. Transfer
nach WERT,
Gelenkstelle D
des Sandwich-
Prinzips

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Tabelle 8: Fortsetzung

Zeit/Dauer Didaktik Lernziel/ Methode Materialien/ Kommentare


Lerninhalt Medien

15:00 bis 15:15 Uhr/ WIR-ES nach TZI, Ausstieg Übung In Abhängigkeit der noch
15 Minuten Gelenkstelle D des Fingerfeedback vorhandenen Zeit ggf. eine
Sandwich-­ (vgl. Kap. 5.3.2.1) Auswahl an Fingern treffen
Prinzips

15:15 bis 15:30 Uhr/ ICH-WIR nach TZI Übung Kreppband Hier ist es wichtig, dass nur posi­
15 Minuten Rückendusche tive Dinge rückgemeldet werden,
Pro Person: ein DIN-
(vgl. Kap. 5.3.1.2) die als Ressource für die jeweilige
A4-Blatt, einen Stift
Person dienen können.

15:30 bis 15:45 Uhr/ WIR nach TZI, Klären offener Flip
15 Minuten Gelenkstelle D Fragen, Dank für
des Sandwich- aktive Teilnahme
Prinzips und Verabschie-
dung

Anmerkungen:  TN = Teilnehmende, TZI = Themenzentrierte Interaktion nach Cohn (2009; vgl. Kap. 4.4); PITT = PITT-Modell (Hoberg, 1988; vgl. Kap. 4.1); WERT = WERT-Methodik
(Kuhl et al., 2017; vgl. Kap. 4.2). Wo nicht explizit anders vermerkt, wird jeder Block zu einem spezifischen Lerninhalt durch den/die Trainer_in umschlossen von einer An­moderation
zu Beginn (Gelenkstelle B) und einer Abmoderation zum Abschluss des Blocks (Gelenkstelle C).
Lernpsychologische Grundlagen interkultureller Trainings: Didaktische Modelle
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5 Methoden interkultureller Trainings

Die folgende Zusammenstellung von Methoden interkultureller Trainings soll als


Inspiration für die Planung und die Durchführung von interkulturellen Trainings
dienen. Sie bietet für die einzelnen Prozessschritte eines Trainings verschiedene
Methoden zur Auswahl, sodass auf dieser Basis ein individuelles Trainingskon­
zept zusammengestellt werden kann. Selbstverständlich können aber auch nur
einzelne Übungen als Ergänzung eines bestehenden Trainingskonzeptes genutzt
werden. Für die individuelle Zusammenstellung eines Trainings sei an dieser Stelle
Stefan Schmid / 87.190.244.48 (2020-03-17 15:19)

auf den in Kapitel 4.5 vorgestellten Ablaufplan zur Planung eines Trainings sowie
auf die Trainingsbeispiele in Kapitel 6 verwiesen.

Die Übungen werden im Detail erklärt. Die zur Durchführung der Übungen not­
wendigen Materialien können von der beiliegenden CD-ROM direkt ausgedruckt
oder leicht selbst hergestellt bzw. bezogen werden. Bei klassischen Methoden des
interkulturellen Trainings, die beispielsweise auf eine bestimmte Zielkultur ange­
passt werden müssen (z. B. die Arbeit mit dem Cultural Assimilator, vgl. Kap. 5.2.7),
wird die Methode auf allgemeiner Ebene vorgestellt. Für die konkrete Durchfüh­
rung müssen die jeweiligen Inhalte nach Bedarf angepasst werden.

Die Methoden sind im Folgenden grundsätzlich nach den Prozessschritten Ein­


stieg, Hauptteil und Abschluss geordnet und orientieren sich damit am zeitlichen
Ablauf eines Trainings. Der Fokus liegt dabei auf Übungen, die für ein interkultu­
relles Training angepasst, oder auf solchen, die explizit für ein interkulturelles
Training entwickelt wurden.

Innerhalb der groben Prozessschritte Einstieg, Hauptteil und Abschluss sind die
Methoden geordnet nach der im Training durchgeführten Aktivität bzw. der me­
thodischen Technik.

5.1 Übungen für den Einstieg


In diesem Abschnitt sind verschiedenen Übungen aufgeführt, die zu Beginn eines
interkulturellen Trainings oder einer Trainingssequenz eingesetzt werden können
und die in der Regel nicht viel Zeit erfordern. Dies sind zum einen Übungen, die

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Methoden interkultureller Trainings 71

das Kennenlernen der Teilnehmenden untereinander fördern oder vertiefen, und


zum anderen Übungen, die als Einstieg in ein Training genutzt werden können,
um die Erwartungen der Teilnehmenden abzufragen. Außerdem werden verschie­
dene Übungen vorgeschlagen, die der Einteilung von Kleingruppen im Vorfeld
von Gruppenarbeiten dienen.

5.1.1 Kennenlernen
Hierbei handelt es sich um Übungen, die das Kennenlernen der Teilnehmenden
untereinander, aber auch das Kennenlernen des/der Trainer_in zum Ziel haben.
Das Spektrum reicht dabei von Übungen, bei denen die Teilnehmenden sich eher
zurückhalten bis zu Übungen, die sehr spielerisch und interaktiv gestaltet sind.
Viele der Übungen lassen sich dabei an eine spezifische Fragestellung eines inter­
kulturellen Trainings anpassen und können damit auch als inhaltlicher Einstieg
genutzt werden.
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5.1.1.1 Auf und Ab

Auf und Ab

Ein kurzes, niederschwelliges erstes Kennenlernen – es werden Aussagen vor­


gelesen, zu denen die Teilnehmenden ihre Zustimmung signalisieren, indem
sie aufstehen.

Dauer 5 bis 10 Minuten


Gruppengröße 10 bis 20 Personen
Material Stühle
Ziele Kennenlernen der anderen Teilnehmenden
Inhaltliche Kennenlernen, Kommunikation, Bewegung, Auflockerung
Themen
Besonderheiten –
Die Teilnehmenden sitzen im Kreis und der/die Traine­r_in
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Durchführung
liest nacheinander verschiedene Aussagen vor. Die Teilneh­
menden zeigen ihre Zustimmung zu einer Aussage, indem sie
sich von ihrem Stuhl erheben. Anschließend setzen sich alle
wieder und es wird die nächste Aussage vorgelesen.

Beispiele
  1. Ich wurde geboren … 13. Ich wohne mehr als
  2. … in Deutschland. 5 Stunden entfernt.
  3. … in einem anderen Land. 14. Ich habe ein Kind.
  4. Ich habe ein Geschwister­ 15. Ich habe zwei Kinder.
kind. 16. Ich habe drei Kinder.
 5. Ich habe zwei Geschwister. 17. Ich habe mehr als drei
  6. Ich habe drei Geschwister. Kinder.
  7. Ich habe mehr als drei 18. Ich habe schon einmal
Geschwister. länger als drei Monate
  8. Ich habe eine Ausbildung im Ausland gelebt.
gemacht. 19. … in Europa.
  9. Ich habe studiert. 20. … in Nord­amerika.
10. Ich studiere noch. 21. … in Südamerika.
11. Ich wohne ca. 15 Minuten 22. … in Afrika.
entfernt. 23. … in Asien.
12. Ich wohne ca. 1 Stunde 24. … in Australien oder
entfernt. Neuseeland.
Hinweise Die Liste der Aussagen kann themen- und trainingsspezifisch
erweitert werden.

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Methoden interkultureller Trainings 73

Varianten Es können auch die Teilnehmenden gebeten werden, reihum


selbst Statements zu nennen.
Debriefing –
Mögliche Im Anschluss an diese Übung kann das Modell der verschiede­
theoretische nen Ebenen von Kultur von Erez und Gati (2004; vgl. Kap. 2.4.1)
Einbettung
thematisiert werden. So kann beispielsweise darauf eingegan­
gen werden, dass Zugehörigkeiten zu verschiedenen Gruppen
auf unterschiedlichen Ebenen des Modells geteilt werden (z. B.
Studium, Eltern-Sein etc.), ohne dass dies der klassischen Auf­
fassung von Nationalkultur entspricht.
Stefan Schmid / 87.190.244.48 (2020-03-17 15:19)

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74 Kapitel 5

5.1.1.2 Bingo

Bingo

Diese dynamische Kennenlernübung nutzt das Prinzip des Spieles Bingo. Die
Kästchen des Bingozettels müssen dabei mit Namen von Personen gefüllt wer­
den, die bestimmte Eigenschaften haben. Die Übung kann für verschiedene
Themen (z. B. Diversität, interkulturelle Erfahrungen) adaptiert werden.

Dauer 15 bis 20 Minuten


Gruppengröße Flexibel (15 bis 200 Personen)
Material Vorbereitete Bingozettel und einen Stift pro Person
Ziele Kennenlernen der anderen Teilnehmenden, Einstieg ins Thema
Inhaltliche –
Themen
Besonderheiten –
Stefan Schmid / 87.190.244.48 (2020-03-17 15:19)

Durchführung Jede_r Teilnehmende erhält einen eigenen Bingozettel und


einen Stift. Die Aufgabe der Teilnehmenden ist es, für jedes
Kästchen des Bingozettels eine Person zu finden, die die ent­
sprechende Aussage oder Eigenschaft erfüllt (z. B. „Finde eine
Person, die eine Sprache spricht, die du nicht sprichst.“). So­
bald der/die Trainer_in ein Signal gibt, versuchen alle, pas­
sende Teilnehmende zu finden und diese um deren Unter­
schrift im entsprechenden Kästchen zu bitten. Wer zuerst vier
Unterschriften in einer Reihe hat, darf laut „Bingo“ rufen.
Hinweise Die folgende Beispielversion eines Bingospieles mit interkul­
turellem Bezug ist auf der CD-ROM zum Ausdrucken enthal­
ten. Diese kann selbstverständlich frei an das Thema des eige­
nen Trainings angepasst werden.
Varianten Themen, für die diese Übung adaptiert werden könnte, wären
z. B.:
• Diversität: z. B. „… eine Person, die wichtige Dimensionen
von Diversität nennen kann“ oder „… eine Person, die drei
Argumente für mehr Diversität in einer Organisation kennt“
• Auslandsvorbereitung: z. B. „… eine Person, die ihr zukünf­
tiges Gastland schon bereist hat“, „… eine Person, die die
Sprache deines Gastlandes spricht“ oder „… eine Person,
die schon einmal einen Kulturschock erlebt hat“
Debriefing –
Mögliche –
theoretische
Einbettung

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Methoden interkultureller Trainings 75

Anleitung Bingo
Gehe im Raum herum und finde Personen, die den Anforderungen in den Käst­
chen entsprechen. Für jedes Kästchen soll eine Person gefunden werden, die dann
in dem entsprechenden Kästchen unterschreibt bzw. die Antwort einträgt. Wer
vier Kästchen in einer Reihe ausgefüllt hat – waagerecht, senkrecht oder diagonal
– ruft laut „Bingo!“. Je mehr Bingos, desto besser. Denk daran, dass es Ziel des
Spieles ist, die anderen Teilnehmenden kennenzulernen – deshalb unterhalte dich
ruhig ein wenig mit ihnen, auch wenn du schon die Unterschrift hast!

Finde eine Person, die …

… eine Sprache … schon einmal … an gleicher … „Danke“ auf


spricht, die du auf jedem Konti­ Stelle in der Ge­ sechs verschie­
nicht sprichst. nent der Erde schwisterreihen­ denen Sprachen
war. folge kommt wie sagen kann.
du. (Beweisen!)
Stefan Schmid / 87.190.244.48 (2020-03-17 15:19)

… mindestens ein … ein typisches … eine andere … schon einmal


Jahr außerhalb Gericht aus ihrer Staatsangehörig­ ein kulturelles
des eigenen Hei­ Kultur kochen keit hat als du. Missverständnis
matlandes gelebt kann. erlebt hat. (Was
hat. ist da passiert?)
… ein Sprichwort … etwas für ihre … andere auf … in einem
aus einer ande­ Kultur Typisches sechs verschie­ Mehrgeneratio­
ren Sprache trägt. denen Sprachen nenhaushalt lebt.
kennt. begrüßen kann.
(Beweisen!)
… das Wort „In­ … eine Geste aus … in einem Land … das gleiche
terkulturalität“ einem anderen war, in dem du Hobby hat wie
flüssig rückwärts Land kennt. noch nie warst. du. (Welches?)
buchstabieren
kann.
(Beweisen!)

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76 Kapitel 5

5.1.1.3 Das Dreieck der Gemeinsamkeiten

Das Dreieck der Gemeinsamkeiten (in Anlehnung an Dürrschmidt et al., 2017)

Eine Kennenlernübung, die sich gut für Gruppen eignet, in denen sich einzelne
Teilnehmende bereits kennen und andere noch nicht. In Dreiergruppen erar­
beiten die Teilnehmenden sowohl Aspekte, die sie gemeinsam haben, als auch
solche, die sie voneinander unterscheiden.

Dauer 20 bis 30 Minuten


Gruppengröße Flexibel
Material Flipchartpapier, Stifte
Ziele Kennenlernen der anderen Teilnehmenden
Inhaltliche –
Themen
Stefan Schmid / 87.190.244.48 (2020-03-17 15:19)

Besonderheiten –

Durchführung Zu Beginn werden Kleingruppen von drei Personen gebildet.


Jede Gruppe bekommt den Auftrag, ein Flipchartpapier zu ge­
stalten und dieses später vorzustellen. Auf dem Papier befin­
det sich ein Dreieck, dessen Ecken mit den Namen der drei
Personen beschriftet werden. Die Ecken stehen jeweils für
etwas, dass jede_n Teilnehmende_n einzigartig in der Gruppe
macht (z. B. „Person A kann besonders gut kochen“). Die Li­
nien, welche die Eckpunkte verbinden, stellen Gemeinsam­
keiten zwischen zwei Teilnehmenden dar („Was haben Per­
son A und Person B gemeinsam?“). In die Mitte des Dreiecks
sollte etwas geschrieben werden, das alle drei Personen (A, B,
C) verbindet.
Nachdem die Gruppen sich zunächst ausgetauscht und Ge­
meinsamkeiten sowie Besonderheiten dargestellt haben, wird
jedes Team gebeten, sich anhand des resultierenden Posters
vorzustellen.
Hinweise Es kann der Hinweis gegeben werden, dass der Kreativität in
der Gestaltung des Posters keine Grenzen gesetzt sind und
gerne ebenfalls gemalt und gezeichnet werden darf.
In interkulturellen Gruppen kann die Übung auch genutzt wer­
den, um kulturübergreifende verbindende Elemente heraus­
zuarbeiten.

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Methoden interkultureller Trainings 77

Varianten –
Debriefing –
Mögliche Im Anschluss an diese Übung kann das Schnittmengenmo­
theoretische dell (vgl. Kap. 2.4.3) thematisiert werden. Dabei kann insbe­
Einbettung
sondere herausgearbeitet werden, welche (zuvor noch unbe­
kannten) Gemeinsamkeiten es zwischen den Teilnehmenden
gibt, die im Sinne einer „dritten Kultur“ interpretiert werden
können.
Stefan Schmid / 87.190.244.48 (2020-03-17 15:19)

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78 Kapitel 5

5.1.1.4 Das Mitbringsel

Das Mitbringsel

Eine Übung, die die Teilnehmenden bereits vorab auf das Thema des Trainings
einstimmt – die Teilnehmenden werden gebeten, einen Gegenstand mitzubrin­
gen, der für ihre kulturelle Identität steht. In Kleingruppen tauschen sie sich zu
ihren Gegenständen aus.

Dauer 10 bis 15 Minuten


Gruppengröße Flexibel
Material Mitgebrachter Gegenstand
Ziele Kennenlernen der anderen Teilnehmenden, inhaltlicher Ein­
stieg
Inhaltliche Flexibel, z. B. kulturelle Prägung, Kulturschock
Themen
Stefan Schmid / 87.190.244.48 (2020-03-17 15:19)

Besonderheiten Diese Übung erfordert eine Vorabkommunikation mit den


Teilnehmenden
Durchführung Jede_r Teilnehmende wird im Vorhinein gebeten, einen Ge­
genstand mitzubringen, der seine/ihre kulturelle Identität wi­
derspiegelt. In Kleingruppen soll anschließend jeder Gegen­
stand vorgestellt und erläutert werden. Hierbei ist es frei
überlassen, wie persönlich diese Erläuterung gestaltet wird.
Hinweise Oft ist es hilfreich, kurz vorher noch einmal eine Erinnerung
per E-Mail zu versenden, damit alle Teilnehmenden an das
Mitbringen des Gegenstandes denken.
Varianten Gegenstände raten
Falls sich die Gruppe bereits kennt oder das Training einem
Folgetermin entspricht, kann folgende Variante durchgeführt
werden: Die Gegenstände werden vor der Übung geheim ein­
gesammelt, sodass niemand über die Zugehörigkeit Bescheid
weiß. Anschließend werden alle Mitbringsel aufgestellt und
jede_r nimmt sich einen Gegenstand, von dem sie/er denkt zu
wissen, zu welcher Person dieser gehört. Haben alle einen Ge­
genstand ausgewählt, nennt jede_r ihre/seine Zuordnung mit
einer Begründung. Die genannte Person nimmt anschließend
Stellung dazu, ob der Gegenstand zu ihr gehört. Falls ja, be­
kommt sie ihren Gegenstand wieder – falls nicht wird das Mit­
bringsel erneut in die Mitte gestellt. Die ausgewählte Person
sagt zunächst nicht, welcher Gegenstand stattdessen zu ihr
gehört. Ganz zum Schluss nehmen sich alle Teilnehmenden,
deren Gegenstand nicht zugeordnet wurde, ihren Gegenstand

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Methoden interkultureller Trainings 79

wieder aus der Mitte. Je nach Zeitressourcen kann jede_r Teil­


nehmende bei Erhalt des eigenen Gegenstands zum Hinter­
grund Stellung nehmen.
Heimwehpflaster
Mithilfe dieser Methode kann auch die Eingewöhnung in ein
neues kulturelles Umfeld thematisiert werden. In diesem Fall
kann die Auswahl des Gegenstands anhand folgender Fragen
erfolgen:
• Was hast du aus deiner Heimat bzw. von zu Hause mit in
die neue kulturelle Umgebung gebracht?
• Was hilft und unterstützt in schwierigen Situationen im Aus­
land?
Für diese Variante ist es besonders wichtig, eine vertrauens­
volle Atmosphäre zu schaffen, in der sich die Teilnehmenden
öffnen können. In diesem Zusammenhang kann es hilfreich
sein, wenn der/die Trainer_in selbst etwas mitbringt, zu dem
Stefan Schmid / 87.190.244.48 (2020-03-17 15:19)

er/sie etwas erzählen kann.


Debriefing Im Debriefing kann thematisiert werden, wie leicht oder
schwer es den Teilnehmenden gefallen ist, einen Gegenstand
auszuwählen und warum. Es kann außerdem angesprochen
werden, wie „prototypisch“ der Gegenstand von Teilnehmen­
den der gleichen oder einer anderen Herkunftskultur einge­
schätzt wird und woran das liegt.

Für die Variante Heimwehpflaster


Als Debriefing bietet es sich an, einen kurzen Tandem-Spa­
ziergang durchzuführen, bei dem sich die Teilnehmenden zu
zweit austauschen, was für sie hilfreiche Strategien in schwie­
rigen (Heimweh-)Situationen sind. Der Austausch kann sich
an folgenden Leitfragen orientieren:
• Wie äußert sich Verwirrung, Desorientierung und Heim­
weh bei mir? Mit welchen Emotionen sind diese Zustände
verbunden? Wie kann das Gegenüber sie erkennen?
• Auf welchem Wege darf ich Kontakt zum Gegenüber auf­
nehmen, wenn ich seine oder ihre Hilfe benötige?
• Welches Verhalten des Gegenübers würde mir in dieser Si­
tuation helfen?
Mögliche Für die Variante Heimwehpflaster können im Anschluss an die
theoretische Übung die Phasen eines (umgekehrten) Kulturschocks (vgl.
Einbettung
Kap. 2.4.4) vorgestellt und erläutert werden. Dabei können
die Teilnehmenden gebeten werden, eigene Beispiele aus den
geführten Gesprächen für die einzelnen Phasen zu ergänzen.

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80 Kapitel 5

5.1.1.5 Regenbogenfische

Regenbogenfische

Eine spaßige Kennenlernübung, auch für Gruppen, die sich bereits kennen – in
verschiedenen Runden kleben sich die Teilnehmenden zu Leitfragen Klebezet­
tel auf den Rücken. Anschließend stellen sie sich anhand der Zettel vor und
kommentieren diese.

Dauer 20 bis 30 Minuten


Gruppengröße 10 bis 20 Personen
Material Stifte, viele Post-it-Zettel in drei Farben
Ziele Kennenlernen der anderen Teilnehmenden
Inhaltliche Selbst- versus Fremdwahrnehmung
Themen
Besonderheiten –
Stefan Schmid / 87.190.244.48 (2020-03-17 15:19)

Durchführung Zu Beginn werden die Teilnehmenden aufgefordert, durch


den Raum zu gehen und den anderen Teilnehmenden „Fisch­
schuppen“ in Form von Post-it-Zetteln auf den Rücken zu kle­
ben. Dabei soll nicht gesprochen werden. Es gibt verschiedene
Runden, welche durch verschiedene Farben der Post-its re­
präsentiert werden.
In der ersten Runde lautet die Leitfrage „Das weiß ich schon
über dich“ (z. B. „Lebt in Osnabrück“). In der zweiten Runde
sollen Schuppen angeklebt werden zur Leitfrage „Das würde
ich gerne von dir wissen“ (z. B. „Was machst du beruflich?“). In
der dritten Runde (optional) lautet die Instruktion „Wilde (aber
wertschätzende) Spekulation über dich“ (z. B. „Fan von Helene
Fischer“). Im Anschluss dürfen die Teilnehmenden die Fisch­
schuppen abnehmen und diese der Reihe nach im Plenum kom­
mentieren. Dabei dürfen sie selbst entscheiden, auf welche Zet­
tel sie eingehen und welche sie lieber unkommentiert lassen.
Hinweise –
Varianten –
Debriefing 1. Was war neu für euch?
2. Wie fühlt es sich an, mit einer „wilden Spekulation“ über
sich selbst konfrontiert zu sein?
Mögliche –
theoretische
Einbettung

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Methoden interkultureller Trainings 81

5.1.1.6 Kunterbunt – Welch eine Vielfalt!

Kunterbunt – Welch eine Vielfalt!

In dieser Übung werden fleißig Bonbons und Geschichten ausgetauscht – die


Teilnehmenden tauschen sich immer zu zweit zu verschiedenen Leitfragen
aus. Verschiedene Bonbons stehen dabei für die unterschiedlichen Leitfra­
gen.

Dauer 10 bis 15 Minuten


Gruppengröße Flexibel
Material Bonbons in verschiedenen Farben
Ziele Kennenlernen der anderen Teilnehmenden, Einstieg ins
Thema
Inhaltliche –
Themen
Stefan Schmid / 87.190.244.48 (2020-03-17 15:19)

Besonderheiten Gegebenenfalls Nahrungsmittelunverträglichkeiten sowie


Speisevorschriften der Teilnehmenden berücksichtigen
Durchführung Zu Beginn greift jede_r eine Handvoll Bonbons in verschiede­
nen Farben (z. B. Smarties, Kaugummikugeln) aus einer Dose.
Jede_r Teilnehmende sollte von jeder Farbe mindestens ein
Bonbon haben, mehrere sind aber auch erlaubt. Der/die Trai­
ner_in erklärt, welche Farbe im Folgenden für welche Frage
oder welches Thema steht:
• Blau = ein favorisiertes Buch oder ein favorisierter Film
• Orange = eine prägende interkulturelle Erfahrung
• Grün = ein favorisiertes Urlaubsland
• Braun = ein Wort aus einer anderen Sprache, das einem ge­
fällt
• Rot = ein favorisiertes Essen aus einer anderen Kultur
• Gelb = Wild Card – erzähl, was immer du magst
Nach der Erläuterung der Farben sollen die Teilnehmenden
herumgehen und beim Zusammentreffen mit einer oder zwei
Personen kurz anhalten und sich zu zweit oder zu dritt aus­
tauschen. Jede_r erzählt nun etwas passend zur Farbe eines
der Bonbons. Dieses Bonbon darf anschließend gegessen
(oder behalten) werden. Im Anschluss wird gewechselt. Es
geht so lange weiter, bis alle Bonbons verspeist wurden. Es
muss immer etwas anderes erzählt werden – auch bei der glei­
chen Farbe des Bonbons!

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82 Kapitel 5

Hinweise Alternativ können auch andere Zuordnungen oder Fragen für


die Farben der Bonbons gewählt werden, die zu den Inhalten
des Trainings passen.
Varianten Die Übung kann beispielsweise auch zur Reflexion einer Trai­
ningsreihe oder eines Projektes genutzt werden. Die Fragen
können dann z. B. lauten: „Was war ein Aha-Effekt für dich?“,
„Was war dein persönliches Highlight?“ oder „Was möchtest
du im Hinterkopf behalten?“.
Debriefing –
Mögliche –
theoretische
Einbettung
Stefan Schmid / 87.190.244.48 (2020-03-17 15:19)

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Methoden interkultureller Trainings 83

5.1.1.7 Pinocchio

Pinocchio

Die Teilnehmenden erzählen sich gegenseitig vier Dinge von- bzw. übereinan­
der. Dabei sollten drei Informationen Tatsachen sein und eine erfunden. An­
schließend raten die anderen Teilnehmenden, welche der gehörten Geschich­
ten nicht wahr ist.

Dauer 20 bis 30 Minuten


Gruppengröße Flexibel
Material –
Ziele Kennenlernen der anderen Teilnehmenden
Inhaltliche –
Themen
Besonderheiten –
Stefan Schmid / 87.190.244.48 (2020-03-17 15:19)

Durchführung Zunächst finden sich alle Teilnehmenden zu zweit zusammen.


Der Auftrag ist, sich gegenseitig vier Dinge voneinander zu
erzählen. Dies können Erlebnisse (z. B. „Ich war mal in … und
da ist mir … passiert“), Tatsachen (z. B. „Ich habe noch zwei
Geschwister“) oder auch Hobbys („Ich spiele Querflöte“) sein.
Drei der Informationen sollten der Wahrheit entsprechen,
eine sollte erfunden sein. Der/die Partner_in soll jeweils erra­
ten, welche Geschichte gelogen ist.
Anschließend gilt es, die jeweils andere Person vor der gesam­
ten Gruppe anhand der Geschichten vorzustellen. Nun wird
erneut geraten, welcher Aspekt die Lüge sein könnte. Alle Teil­
nehmenden werden so reihum vorgestellt.
Hinweise –
Varianten Eine Variante für größere Gruppen besteht darin, Aussagen
über ein Team zu finden, von denen jeweils eine Aussage nicht
der Wahrheit entspricht. Diese kann z. B. lauten „Eine_r von
uns hat schon einmal einen Yoga-Kurs in Indien besucht/in
Mexiko eine Fischvergiftung gehabt/in Paraguay eigene Ana­
nas gezüchtet“. Anschließend werden die drei Aussagen im
Plenum vorgestellt und die anderen Teilnehmenden müssen
raten, welcher Satz nicht der Wahrheit entspricht.
Debriefing –
Mögliche –
theoretische
Einbettung

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5.1.2 Erwartungsabfrage
Diese Übungen thematisieren die Erwartungen der Teilnehmenden an das Trai­
ning. Teilweise können diese Übungen auch dazu genutzt werden, bei einer ab­
schließenden Evaluation eines Trainings, die Erwartungen erneut zu reflektieren
und zu prüfen, inwiefern diese erfüllt wurden.

5.1.2.1 Bildergalerie

Bildergalerie

Eine Erwartungsabfrage anhand von Bildern oder Postkarten: Jede_r Teilneh­


mende wählt eine Bild- oder Postkarte aus, die zu den Erwartungen an das Trai­
ning passt, und erläutert diese anschließend im Plenum.

Dauer 15 bis 20 Minuten


Stefan Schmid / 87.190.244.48 (2020-03-17 15:19)

Gruppengröße Flexibel
Material Post- oder Bildkarten
Ziele Erwartungen an ein Training abfragen
Inhaltliche –
Themen

Besonderheiten Die Bilder können mit Bezug zum Thema des Trainings ge­
wählt werden
Durchführung Der/die Trainer_in bereitet diverse Postkarten oder Bilder
vor, die verschiedene Motive abbilden. Diese werden sicht­
bar auf den Boden oder einen Tisch gelegt. Dann erhalten
alle Teilnehmenden Zeit, sich eine Postkarte oder ein Bild
auszusuchen, welches die Erwartungen an das Training am
ehesten widerspiegelt. Die Teilnehmenden sollen sich hier­
bei erst überlegen, welche Postkarte oder welches Bild sie
auswählen möchten, und dieses aber erst an sich nehmen,
wenn der/die Trainer_in ein Zeichen gibt. Somit hat jede_r
genug Zeit, alle Motive in Ruhe anzuschauen. Anschließend
zeigen alle reihum die gewählte Karte oder das gewählte Bild
und erläutern, welches ihre Erwartungen an den Tag bzw.
das Training sind.
Hinweise –

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Methoden interkultureller Trainings 85

Varianten Die Übung muss nicht unbedingt nur zur Erwartungsabfrage


genutzt werden. Sie kann beispielsweise auch zwischendurch
im Training eingesetzt werden, um die aktuelle Stimmung der
Teilnehmenden zu erfragen. Bei Bedarf kann auch eine spe­
zifische Leitfrage zur Auswahl der Motive gestellt werden, z. B.
„Welche Postkarte drückt die aktuelle Herausforderung im
Team am besten aus?“ oder „Welche der Postkarten sagt etwas
über das Thema Auslandsaufenthalte aus?“. Als weitere Vari­
ante können statt der Bilder oder Postkarten auch kleine Tier­
figuren, Legomännchen oder Symbole verwendet werden.
Debriefing –
Mögliche –
theoretische
Einbettung
Stefan Schmid / 87.190.244.48 (2020-03-17 15:19)

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86 Kapitel 5

5.1.2.2 Erwartungsverwerter

Erwartungsverwerter

Diese Übung ermöglicht die Überprüfung von Erwartungen an ein Training auf
spielerische Art und Weise. Die zuvor auf Karten festgehaltenen Erwartungen
der Teilnehmenden werden von Person zu Person weitergegeben. Die Teilneh­
menden behalten die Erwartungen in der Hand, die noch nicht erfüllt wurden.
Im Anschluss werden diese kurz besprochen.

Dauer 20 bis 25 Minuten


Gruppengröße 10 bis 20 Personen
Material Stifte, Karten für Erwartungsabfrage, Box
Ziele Überprüfen, inwiefern zuvor geäußerte Erwartungen an das
Training erfüllt wurden
Stefan Schmid / 87.190.244.48 (2020-03-17 15:19)

Inhaltliche –
Themen

Besonderheiten Diese Methode funktioniert nur, wenn zu Beginn des Semi­


nars Erwartungen explizit (mit Karten) abgefragt werden.
Durchführung Zu Beginn des Trainings werden die Erwartungen der Teil­
nehmenden an das Training auf Karten gesammelt. Pro Karte
sollte eine Erwartung notiert werden. Jede_r Teilnehmende
bekommt anschließend kurz Zeit, ihre/seine Erwartungen im
Plenum zu benennen. Die Karten können anschließend bei­
spielsweise an einer Metaplanwand gesammelt werden. Nach
Abschluss des Trainings oder einer Trainingseinheit werden
die Teilnehmenden gebeten, sich in einer Reihe aufzustellen.
Jetzt werden die Karten aus der Erwartungsabfrage einzeln
von Person zu Person weitergegeben. Jede_r Teilnehmende
liest die Karte durch und überlegt, ob diese Erwartung bereits
erfüllt wurde oder noch nicht. Falls die Erwartung schon er­
füllt wurde, wird die Karte an die nächste Person weiterge­
geben. Am Ende der Reihe steht eine Box, in der alle „erfüll­
ten“ Erwartungen gesammelt werden. Falls eine Erwartung
noch nicht erfüllt wurde, dann behält der/die Teilnehmende
die Karte in der Hand. Wenn alle Karten durchgegeben wor­
den sind, werden alle Erwartungen, die die Teilnehmenden
in den Händen halten, kommentiert und gesammelt. Bei Be­
darf kann anschließend auch noch eine Priorisierung vorge­
nommen werden.

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Hinweise Diese Übung eignet sich vor allem für längere Seminareinhei­
ten, wenn noch Flexibilität besteht, den restlichen Plan an die
„übrig gebliebenen“ Erwartungen anzupassen.
Varianten –
Debriefing –
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88 Kapitel 5

5.1.2.3 Impulsbegriff

Impulsbegriff (in Anlehnung an Deutsches Kinderhilfswerk, 2016)

Eine Knobelübung zur Erwartungsabfrage – die Teilnehmenden benennen


ihre Erwartungen an ein Training. Dabei müssen die Erwartungen jeweils mit
einem Buchstaben eines vorher festgelegten Impulsbegriffs (z. B. KULTUR)
beginnen.

Dauer 15 bis 20 Minuten


Gruppengröße Maximal 15 Personen
Material Metaplanwand, Metaplanpapier mit vorbereitetem Impuls­
begriff, Stifte, Moderationskarten, Stecknadeln
Ziele Erwartungen an ein Training abfragen
Inhaltliche –
Stefan Schmid / 87.190.244.48 (2020-03-17 15:19)

Themen

Besonderheiten –

Durchführung Vor dem Training bereitet der/die Trainer_in ein Plakat mit
einem „Impulsbegriff “ zum Thema der Veranstaltung vor
(z. B. KULTUR). Dieser Begriff wird in Großbuchstaben senk­
recht oder waagerecht auf das Plakat geschrieben.
Die Teilnehmenden erhalten dann die Aufgabe, sich allein
bzw. zu zweit über die Erwartungen an das Training Gedan­
ken zu machen und diese auf Moderationskarten festzuhal­
ten (je ein Begriff pro Karte, pro Person maximal drei Karten).
Dabei müssen die notierten Erwartungen jeweils mit einem
Buchstaben des Impulsbegriffs beginnen.

Beispiel für den Impulsbegriff  KULTUR


Hier könnte eine Erwartung für den Buchstaben „K“ „Kennen­
lernen der Seminargruppe“ heißen.
Die Teilnehmenden kommen nacheinander nach vorne, pin­
nen ihre Erwartungen an die Metaplanwand und erläutern
diese kurz.
Hinweise Bei einer hohen Anzahl an Teilnehmenden kann die Methode
kürzer gehalten werden, indem die Anzahl der Karten pro Per­
son begrenzt wird.
Varianten –

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Debriefing Am Ende des Trainings (gegebenenfalls auch zwischendurch)


können die Erwartungen wieder angeschaut werden, um zu
identifizieren, welche Erwartungen erfüllt bzw. nicht erfüllt
wurden.
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5.1.3 Gruppeneinteilung
Diese (häufig recht kurzen) Übungen dienen der Einteilung von Kleingruppen.
Die verwendeten Symbole oder Motive können meist leicht auf das Thema des
Trainings oder eine bestimmte Zielkultur angepasst werden.

5.1.3.1 Puzzlespaß – setzt euch zusammen!

Puzzlespaß – setzt euch zusammen!

Kurzweilige Gruppeneinteilung anhand von kleinen Bildausschnitten – die Teil­


nehmenden erhalten jeweils ein Puzzleteil und müssen die anderen Personen
finden, mit denen sie das Puzzle zusammensetzen können.

Dauer 5 Minuten
Gruppengröße Flexibel
Stefan Schmid / 87.190.244.48 (2020-03-17 15:19)

Material Verschiedene Bilder in Teile zerschnitten, Schachtel


Ziele Einteilung von Kleingruppen
Inhaltliche –
Themen

Besonderheiten Die Bilder können an das Thema des Trainings angepasst wer­
den
Durchführung Zur Vorbereitung zerschneidet der/die Trainer_in Bilder mit
interkulturellem Bezug (z. B. Reisefotos, Bilder von Sehens­
würdigkeiten) in Teile. Die Bilder können dabei an die Thema­
tik der Trainingseinheit angepasst werden. Die entstandenen
Schnipsel werden anschließend umgekehrt in eine Schachtel
oder auf einen Tisch gelegt.
Jede_r Teilnehmende wird nun gebeten, einen Papierschnip­
sel zu ziehen. Anschließend sollen die Teilnehmenden das
entsprechende Puzzle zusammenzusetzen. Diejenigen, deren
Schnipsel ein gemeinsames Puzzle ergeben, bilden dann eine
Kleingruppe.
Hinweise Für die Vorbereitung als Tipp: Die Anzahl unterschiedlicher
Bilder bestimmt die Anzahl unterschiedlicher Kleingruppen.
Die Anzahl an Schnipseln eines Bildes bestimmt die Mitglie­
derzahl pro Kleingruppe.

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Methoden interkultureller Trainings 91

Varianten Statt zusammengehörender Bilderschnipsel kann auch mit


einzelnen zusammengehörenden Bildern gearbeitet werden
– z. B. Sprache oder Schriftzeichen (z. B. Arabisch, Chinesisch
usw.) und passende Sehenswürdigkeiten.
Debriefing –
Mögliche –
theoretische
Einbettung
Stefan Schmid / 87.190.244.48 (2020-03-17 15:19)

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92 Kapitel 5

5.1.3.2 Quasselsalat

Quasselsalat

Bei dieser Übung wird es kurz laut – die Teilnehmenden finden sich anhand von
gleich klingenden, aber unterschiedlich geschriebenen Begriffen in Kleingrup­
pen zusammen.

Dauer 5 Minuten
Gruppengröße Ab 10 Personen
Material Beschriftete Zettel, Beutel oder Kiste
Ziele Einteilung von Kleingruppen
Inhaltliche –
Themen

Besonderheiten Die Begriffe sollten an die sprachlichen Kenntnisse der Teil­


Stefan Schmid / 87.190.244.48 (2020-03-17 15:19)

nehmenden angepasst sein


Durchführung Zu Beginn Zettel mit unterschiedlichen Schreibweisen eines
Begriffes beschriften (z. B. „Kirsche“, Kürrsche“ und „Kier­
sche“). Dies kann auch ein Begriff sein, der inhaltlich zum
Training passt (z. B. „Vielfalt“, „Fielfalt“ o. Ä.). Wichtig ist nur,
dass die unterschiedlichen Schreibweisen einen ähnlichen
Klang beim Sprechen erzeugen. Anschließend werden die Zet­
tel gefaltet und jede_r Teilnehmende darf einen Zettel ziehen.
Nachdem alle gezogen haben, erklärt der/die Trainer_in, dass
sich die Personen mit dem gleichen Begriff zusammenfinden
sollen. Sobald er/sie ein Zeichen gibt, sollen alle Teilnehmen­
den den gezogenen Begriff laut rufen. Zunächst entsteht dann
oft Verwirrung, da alle Teilnehmenden einen ähnlich klingen­
den Begriff rufen. Die Teilnehmenden erkennen dann aber
meist selbst, dass sie sich in den Gruppen zusammenfinden
sollen, deren Schreibweise des Begriffes identisch ist.
Hinweise Für die Vorbereitung als Tipp: Die Anzahl unterschiedlicher
Gruppen entspricht der Anzahl verschiedener Schreibwei­
sen des Begriffes (A). Die Anzahl an Mitgliedern pro Klein­
gruppe ist gleich der Anzahl an Zetteln mit gleicher Schreib­
weise des Begriffes (B). Die insgesamt benötigte Anzahl an
Zetteln ist gleich A × B.

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Methoden interkultureller Trainings 93

Varianten Theoretisch kann die Übung statt mit unterschiedlich geschrie­


benen Versionen eines Begriffes auch mit unterschiedlichen
Wörtern gespielt werden. So könnten thematische Schwer­
punkte der Gruppenarbeit bereits eingeleitet werden. Aller­
dings hat die Originalversion den Vorteil, dass zwischen den
Teilnehmenden kommuniziert werden muss, um die unter­
schiedliche Schreibweise zu identifizieren. Zudem besitzt sie
oft einen witzigeren Charakter durch den zunächst verwirren­
den Effekt – rufen wirklich alle das Gleiche?
Debriefing –
Mögliche –
theoretische
Einbettung
Stefan Schmid / 87.190.244.48 (2020-03-17 15:19)

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94 Kapitel 5

5.1.3.3Zu
5.1.3.3 ZuTisch,
Tisch, bitte!
bitte! –– koscher
koscher ‫ & כּשר‬halal
halal ‫ﺣﻼل‬
Zu Tisch, bitte! – koscher ‫ & כּשר‬halal ‫( ﺣﻼل‬in Anlehnung an Engel & Neugebauer, 2018)
5.1.3.3
5.1.3.3ZuZuTisch,
Zu Tisch,bitte!
Tisch, bitte!––
bitte! –koscher
koscher‫שרר‬ ‫&כּכּש‬&halal
& halal‫ﺣﺣﻼﻼلل‬
(in Eine flexible
Anlehnung an Übung
Engel & zur Gruppeneinteilung,
Neugebauer, 2018) die immer wieder neu variiert werden kann – die
Zu
ZuTisch,
Tisch,bitte!
bitte!––koscher
koscher‫שרר‬‫&כּכּש‬&halal
halal‫(ﺣﺣﻼﻼلل‬in
(in Anlehnung
Anlehnungan
an Engel
Engel&&Neugebauer,
Neugebauer,2018)
2018)
Teilnehmenden finden sich in Kleingruppen zusammen anhand von gleichen landestypischen
Eine flexible Übung zur Gruppeneinteilung, die immer wieder neu variiert wer­
Eine
Eineflexible Übung
ÜbungzurzurGruppeneinteilung,
flexibleLebensmitteln.Gruppeneinteilung,die dieimmer
immerwieder
wiederneu
neuvariiert
variiertwerden
werdenkann
kann––die
die
den kann – die Teilnehmenden finden sich in Kleingruppen zusammen anhand
Teilnehmenden
Teilnehmenden finden
von gleichen
findensich
sichin
inKleingruppen
Kleingruppenzusammen
zusammenanhand
anhandvon
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gleichenlandestypischen
landestypischen
Dauer landestypischen 5Lebensmitteln.
bis 10 Minuten
Lebensmitteln.
Lebensmitteln.
5 bis 10 Minuten
DauerGruppengröße Flexibel
Dauer
Dauer 55bis
bis10
10Minuten
Minuten
Gruppengröße
Material Flexibel
Lebensmittel oder Süßigkeiten aus unterschiedlichen Kulturen ggf. mit
Gruppengröße
Gruppengröße Flexibel
Flexibel
Material LebensmittelKoscher- und Halal-Zertifikat,
oder Süßigkeiten Kiste oderKultu­
aus unterschiedlichen Beutel
Material
Material ren ggf. mit Koscher-
Lebensmittel
Lebensmittel oder und Halal-Zertifikat,
oderSüßigkeiten
Süßigkeiten aus Kiste oder Beutel
ausunterschiedlichen
unterschiedlichen Kulturen
Kulturenggf.
ggf.mit
mit
Ziele Einteilung von Kleingruppen
Ziele Koscher-
Koscher-und
Einteilung von Halal-Zertifikat,
und Halal-Zertifikat,Kiste
Kleingruppen Kisteoder
oderBeutel
Beutel
Inhaltliche Themen -
Ziele
Ziele Inhaltliche –Einteilung
Einteilungvon
vonKleingruppen
Kleingruppen
Stefan Schmid / 87.190.244.48 (2020-03-17 15:19)

Themen
Besonderheiten Auf mögliche Nahrungsmittelunverträglichkeiten der Teilnehmenden
Inhaltliche
Inhaltliche Themen
Themen --
Besonderheiten Auf möglicheachten
Nahrungsmittelunverträglichkeiten der Teilneh­
Besonderheiten
Besonderheiten menden
Auf achten
Aufmögliche
möglicheNahrungsmittelunverträglichkeiten
NahrungsmittelunverträglichkeitenderderTeilnehmenden
Teilnehmenden
Durchführung Zu Beginn ziehen die Teilnehmenden ihren „Leckerbissen“ aus einer
Durchführung achten
Zuachten
Beginn ziehen die Teilnehmenden ihren „Leckerbissen“
undurchsichtigen Kiste oder einem Beutel. Hilfreich ist es, an dieser Stelle
aus einer undurchsichtigen Kiste oder einem Beutel. Hilfreich
Durchführung
Durchführung Zu
Zu Beginn
Beginn
ist es, an dieserziehen
ziehen
darauf die
die
Stelle Teilnehmenden
Teilnehmenden
hinzuweisen, dass ihren
darauf hinzuweisen, ihren
das „Leckerbissen“
„Leckerbissen“
Essen
dass noch
das Essennicht aus
auseiner
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verzehrt
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undurchsichtigen
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nicht verzehrt Kiste
Kiste oder
oder
Geduld
werden einem
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geübt
und einBeutel.
Beutel.
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Hilfreich
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ist
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noch
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werden muss. Nachdem alle gezogen haben, erklärt der/die nicht
nicht
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verzehrt
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darf
dass und
und gleiche
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Geduld geübt
geübtwerden
Teilnehmenden,
Lebensmittel oder dass
werden muss.
sichNachdem
muss.
Nahrungsmittel gleiche einer
Nachdem alle
Lebensmit­gezogen
gezogenhaben,
allegemeinsamen haben, Kategorie zu einer
tel oder
erklärt
erklärtder Nahrungsmittel
deroderoder
Gruppe die einer
Trainer_in
Trainer_inden
diezusammenfinden gemeinsamen
denTeilnehmenden,
Teilnehmenden, Kategorie dass zu
dasssich
sollen. Die Teilnehmenden sichgleiche
gleiche
bekommen nun Zeit,
einer Gruppeum
Lebensmittel
Lebensmittel zusammenfinden
oder
oder odersollen.
Nahrungsmittel
Nahrungsmittel
Partner_in einer
einer
Gruppe Die Teilnehmenden
gemeinsamen
gemeinsamen
zu finden. Die Übung Kategorie
Kategorie zu
zueiner
ist beendet,einerwenn alle
bekommen
Gruppe nun
Gruppezusammenfinden Zeit, um Partner_in oder Gruppe zu finden.
sich gefunden sollen.
zusammenfinden sollen.Die
haben –Die Teilnehmenden
dannTeilnehmenden
heißt es zu den bekommen
bekommen nun
neuen GruppennunZeit,
Zeit,
„Zu Tisch,
Die Übung ist beendet, wenn alle sich gefunden haben – dann
um
umPartner_in
Partner_in oder
oder Gruppe
Gruppe zu
zu finden.
finden. Die
Die
bitte!“ und diese beginnen mit ihrer Aufgabe. Übung
Übung ist
ist beendet,
beendet, wenn
wenn alle
alle
heißt es zu den neuen Gruppen „Zu Tisch, bitte!“ und diese
sich
sich gefunden
gefunden haben
haben ––dann
dannheißtheißtes eszu zuden
denneuenneuenGruppen
Gruppen„Zu „ZuTisch,
Tisch,
Hinweise beginnen mitFür ihrer Aufgabe. bietet sich ein Einkauf in einem türkischen Supermarkt
Durchführung
bitte!“
bitte!“und unddiesediesebeginnen
beginnenmit mitihrer
ihrerAufgabe.
Aufgabe.
Hinweise an, in dem
Für die Vorbereitung türkische
bietet sich ein Süßigkeiten
Einkauf inverkaufteinem türki­ werden. Diese sind häufig
Hinweise
Hinweise Für
FürDurchführung
schen Durchführung
Supermarkt
bereitsan, bietet
bietet sich
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demsich ein
einEinkauf
Einkauf
türkische
aber auch alsinin einem
Süßigkeiten türkischen
türkischenSupermarkt
einemverkauft
koscher gekennzeichnet. Supermarkt
werden.
an,
an,in indem Diese
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türkische
türkische bereits als
Süßigkeiten
Süßigkeiten halal, aber
verkauft
verkauft werden.auchDiese
werden. als ko­
Diese sind
sindhäufig
häufig
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bereits gekennzeichnet.
bereitsals alshalal
halal aber
aberauch
Als Einkaufstipp:auchals koscher
koschergekennzeichnet.
als■dito■Die gekennzeichnet.
Anzahl der benötigten Lebensmittel (z.B. 15
Lebensmittel für 15 Personen) setzt sich zusammen aus der Anzahl zu
Als
AlsEinkaufstipp:
Einkaufstipp: ■dito■Die
bildender ■dito■Die Anzahl
Anzahlder
Kleingruppen der
bzw. benötigten
der AnzahlLebensmittel
benötigten Lebensmittel
verschiedener (z.B.
(z.B. 15
15
Kategorien an
Lebensmittel
Lebensmittel für
für 15
15 Personen)
Personen) setzt
setzt sich
sich zusammen
zusammen aus
aus
Lebensmitteln mal der Anzahl an Mitgliedern pro Kleingruppe bzw. der der
der Anzahl
Anzahl zu
zu
bildender
bildenderKleingruppen
Kleingruppen
Anzahl der Produkte bzw.
bzw.der Anzahl
Anzahlverschiedener
derinnerhalb verschiedener Kategorien
Kategorienan
einer Lebensmittelkategorie an (z.B. jeweils
Lebensmitteln
Lebensmitteln fünfmal
mal der
derAnzahl
Süßigkeiten Anzahl ausan Mitgliedern
andrei
Mitgliedern
Kategorien pro Kleingruppe
profür Kleingruppe bzw.
eine Einteilungbzw.der der drei
von
Anzahl
Anzahlder derProdukte
Produkte
Kleingruppen innerhalb
à fünfeiner
innerhalb einer Lebensmittelkategorie
Lebensmittelkategorie(z.B.
Personen).■ (z.B.jeweils
jeweils
fünf
fünfSüßigkeiten
Süßigkeitenaus ausdreidreiKategorien
Kategorienfür füreine
eineEinteilung
Einteilungvon vondrei
drei
Varianten Lebensmittel können gleichzeitig koscher und halal sein. In diesem Fall
Kleingruppen
Kleingruppenààfünf fünfPersonen).■
Personen).■
kann man (1.) mit klaren Kennzeichnungen arbeiten oder (2.) eine dritte
Varianten
Varianten Lebensmittel
Lebensmittel können
können
Gruppe gleichzeitig
gleichzeitig
namens „koscher koscher
koscherundund und halal
halal“halal sein.
sein.In
aufmachen. Indiesem
diesem Fall
Zusätzlich Fall können
kann
kannman man(1.) (1.) mit
mitklaren
weitere klaren Kennzeichnungen
Kennzeichnungen
Kategorien geöffnet werden arbeiten
arbeiten oder
oder(2.)
als koscher eine
(2.)und
eine dritte
dritte
halal, bspw. die
Gruppe
Gruppenamens namens „koscher
„koscher und
und halal“
halal“ aufmachen.
aufmachen. Zusätzlich
Zusätzlich
Perspektive des Hinduismus. Hier ist es wichtig, zwischen vegetarischen können
können
weitere
weitereKategorien
Kategorien
Lebensmittelngeöffnet
geöffnet werden
werdenals
(“shakahari”; alskoscher
koscherund
शाकाहार&) und
und halal,
nichtbspw.
halal, bspw. die
die
vegetarischen
Perspektive
Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauchdes
Perspektive desHinduismus.
Hinduismus.
bestimmt Hier
Formist
Hier
und darf in keiner ist es
eswichtig, und anzwischen
wichtig,
vervielfältigt zwischen
Dritte vegetarischen
vegetarischen
weitergegeben werden.
(“masahari”;
Aus R. Kempen, S. Schumacher, A. M. Engel und L. Hollands: Interkulturelle मांसund
Trainings planen ाहार&) zu unterscheiden,
durchführen (9783840930294) ©welche durch
2020 Hogrefe Verlag,ein grünes
Göttingen.
Lebensmitteln (“shakahari”;शाकाहार&)
Lebensmitteln(“shakahari”; शाकाहार&)und undnichtnichtvegetarischen
vegetarischen
respektive ein rotes Zeichen gekennzeichnet werden können.
erklärt der oder die Trainer_in den Teilnehmenden, dass sich gleiche
Lebensmittel oder Nahrungsmittel einer gemeinsamen Kategorie zu einer
Lebensmittel oder Nahrungsmittel einer gemeinsamen Kategorie zu einer
Gruppe zusammenfinden sollen. Die Teilnehmenden bekommen nun Zeit,
Gruppe zusammenfinden sollen. Die Teilnehmenden bekommen nun Zeit,
um Partner_in oder Gruppe zu finden. Die Übung ist beendet, wenn alle
um Partner_in oder Gruppe zu finden. Die Übung ist beendet, wenn alle
sich gefunden haben – dann heißt es zu den neuen Gruppen „Zu Tisch,
sich gefunden haben – dann heißt es zu den neuen Gruppen „Zu Tisch,
bitte!“ und diese beginnen mit ihrer Aufgabe.
bitte!“ und diese beginnen mit ihrer Aufgabe.
Hinweise Für Durchführung bietet sich ein Einkauf in einem türkischen Supermarkt
Hinweise Für Durchführung bietet sich ein Einkauf in einem türkischen Supermarkt
an, in dem türkische Süßigkeiten verkauft werden. Diese sind häufig
an, in dem türkische Süßigkeiten verkauft werden. Diese sind häufig
bereits als halal aber auch Methoden
als koscher gekennzeichnet.
bereits als halal aber auch als koscher gekennzeichnet.
interkultureller Trainings 95

Als Als Einkaufstipp:


Einkaufstipp: ■dito■Die
Die Anzahl der Anzahl der benötigten
benötigten LebensmittelLebensmittel (z.B. 15
Als Einkaufstipp: ■dito■Die Anzahl der benötigten Lebensmittel (z.B. 15
(z.  Lebensmittel
B. 15 Lebensmittelfürfür
1515
Personen)
Personen) setzt
setztsich
sichzusammen
zusammen aus der Anzahl zu
Lebensmittel für 15 Personen) setzt sich zusammen aus der Anzahl zu
aus der Anzahl zu bildender Kleingruppen bzw. der Anzahl Kategorien an
bildender Kleingruppen bzw. der Anzahl verschiedener
bildender Kleingruppen bzw. der Anzahl verschiedener Kategorien an
Lebensmitteln
verschiedener mal der
Kategorien Anzahl an Mitgliedern
an Lebensmitteln mal der pro Kleingruppe bzw. der
Anzahl
Lebensmitteln mal der Anzahl an Mitgliedern pro Kleingruppe bzw. der
an Mitgliedern pro Kleingruppe bzw. der Anzahl der Produkte
Anzahl der Produkte innerhalb einer Lebensmittelkategorie (z.B. jeweils
Anzahl dereiner
innerhalb Produkte innerhalb einer Lebensmittelkategorie
Lebensmittelkategorie (z. B.für
jeweils Sü­ (z.B. jeweils
fünf Süßigkeiten aus drei Kategorien eine fünf
Einteilung von drei
fünf Süßigkeiten
ßigkeiten aus dreiaus drei Kategorien
Kategorien für einefürEinteilung
eine Einteilung von drei
von drei
Kleingruppen à fünf Personen).■
Kleingruppen ààfünf
Kleingruppen fünfPersonen).
Personen).■
Varianten Lebensmittel können gleichzeitig koscher und halal sein. In diesem Fall
Lebensmittel
Varianten
Varianten Lebensmittel können
könnengleichzeitig
gleichzeitigkoscher
koscherundundhalal
halalsein.
sein.InIn diesem Fall
diesemkann man
Fall kann (1.)
manmit(1.)
klaren
mit Kennzeichnungen
klaren arbeiten
Kennzeichnungen ar­oder (2.) eine dritte
kann man (1.) mit klaren Kennzeichnungen arbeiten oder (2.) eine dritte
beitenGruppe namens „koscher und halal“ aufmachen. Zusätzlich können
Gruppeoder (2.)
namens eine dritte
„koscher und Gruppe
halal“namens „koscher und
aufmachen. Zusätzlich können
halal“weitere Kategorien
aufmachen. geöffnet
Zusätzlich könnenwerden
weitereals koscher und
Kategorien ge­ halal, bspw. die
weitere Kategorien geöffnet werden als koscher und halal, bspw. die
öffnetPerspektive
werden als des
koscher und halal,
Hinduismus. bspw.
Hier diewichtig,
ist es Perspektive
zwischen vegetarischen
Perspektive
des des Hinduismus.
Hinduismus. Hier ist
Hier ist es wichtig, es wichtig,
zwischen zwischen vegetarischen
vegetarischen
Lebensmitteln (“shakahari”; शाकाहार&) und nicht vegetarischen
Lebensmitteln (“shakahari”; शाकाहार&)) und
Lebensmitteln („shakahari“; und nicht
nicht vegetarischen
vegetari­
(„masahari“; मांसाहार&)) zu
schen(“masahari”; zu unterscheiden,
unterscheiden,welche
welche durch ein grünes
durch
(“masahari”; मांसाहार&) zu unterscheiden, welche durch ein grünes
Stefan Schmid / 87.190.244.48 (2020-03-17 15:19)

ein grünes respektive


respektive ein rotes
ein rotes Zeichen
Zeichen gekennzeichnet
gekennzeichnet wer­ können.
werden
respektive
können.ein rotes Zeichen gekennzeichnet
Die werden
Auswahl derkönnen.
Lebensmittel kann
den Die Auswahl der Lebensmittel kann letztendlich ganz freiletztendlich gan
gestaltet wer
Die Auswahl derletztendlich
Lebensmittel kann letztendlich ganz frei
indem z.B.gestaltet indem z.B.
werden,
länderspezifische länderspezifische
Lebensmittel Lebensmittel64 zum Eins
Auswahl der Lebensmittel kann ganz
Die frei gestaltet
Auswahl werden,
der Lebensmittel kann letztendlich ganz frei ge­ zum Einsatz kommen. 64
indem z.B.
m z.B. länderspezifische länderspezifische
Lebensmittel Lebensmittel
staltetkommen.
zum Einsatz werden,zumindem
Einsatz z. Bkommen.
. länderspezifische Lebensmittel
Debriefing Debriefing
Durch das Konsumieren Durch von das KonsumierenLebensmitteln,
unbekannten von unbekannten Lebensm
schafft die
zum Einsatz kommen.
ng Durch das Konsumieren von unbekannten Lebensmitteln, schafft die Übung ein positives Gefühl von einer kurzen interk
ch das Konsumieren von unbekannten Lebensmitteln, schafft dieÜbung ein positives Gefühl von einer kurzen interkulturellen Begegnun
Durch
einerdas Konsumieren
Zudemvon unbekannten Zudem Lebensmitteln,
kann sie darauf aufmerksam
dass es garmachen, dass
Debriefing
ng ein positivesÜbung
Gefühlein vonpositives Gefühl
einer kurzen von
interkulturellen kurzen interkulturellen
Begegnung. kann Begegnung.
sie darauf aufmerksam machen, nicht so einfa
Zudem kann sie darauf schafft
aufmerksam die Übung ein positives Gefühl von einer
ist,Land kurzen
in einem inter­
fremdenSpeisevorschriften
Land den eigenenund Speisevors
em kann sie darauf aufmerksam machen, es garmachen,
dasskulturellen nicht so dassist,es
einfach
Begegnung.
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einemnicht so einfach
fremden
Zudem kann siegewohnheiten
den eigenen
darauf aufmerksam
-
ist, in einem fremden Land den eigenen Speisevorschriften
gewohnheiten und -
zu folgen. zu folgen.
n einem fremden Land den eigenen Speisevorschriften machen, dass undes- gar nicht so einfach ist, in einem fremden
gewohnheiten
ohnheiten zu folgen. zu folgen.
MöglicheLandtheoretische
den eigenen Mögliche theoretischeund -gewohnheiten zu
Speisevorschriften
e theoretische folgen.
Einbettung Hintergrundinformationen: Alles, was dem jüdisc
Mögliche Einbettung Hintergrundinformationen: Hintergrundinformationen:
Alles, was dem jüdischen Alles, was
Ge­dem jüdischen Gesetz zufolge
ng Hintergrundinformationen: Alles, was dem jüdischen Gesetzgenutzt
produziert, zufolge produziert,
und zubereitet genutzt und zubereitet wird, gilt als „
ntergrundinformationen: Alles, was dem jüdischen
theoretische Gesetz
setz zufolge zufolge
produziert, genutzt und zubereitet wird, gilt wird,
als gilt als „koscher“ (‫)כּשר‬. Das
Einbettung Gegenteil davon istislamischen
„trefe“ (‫רײף‬Speisevorschriften
‫)ט‬. Die islamische
oduziert, genutzt produziert,
und zubereitet genutzt
wird,undgiltzubereitet
als „koscher“ wird,
(‫שר‬gilt
‫)כּ‬.als
Das„koscher“
Das Gegenteil(davon
Gegenteil ‫ר‬davon
‫)כּש‬. Das
ist
ist„trefe“
„trefe“ ((‫)טרײף‬. ). Die
Die
unterteilen Lebensmittel
in ‫ﺣﻼل‬in „halal“ (rein;(unrein;
‫ )ﺣﻼل‬un
genteil davon ist Gegenteil
„trefe“ (‫ײף‬davon
‫)טר‬. Dieistislamischen
„trefe“ (islamischen
‫רײף‬Speisevorschriften
‫)ט‬. Die islamischen Speisevorschriften
unterteilen
Speisevorschriften Lebensmittel
unterteilen in „halal“
Lebensmittel (rein; ) und „haram“
unterteilen Lebensmittel ‫م‬ ‫ا‬
‫ﺮ‬ ‫ﺣ‬ ).
terteilen Lebensmittel in „halal“ (rein; ‫ﺣﻼل‬in „halal“
„halal“
) und (rein; ‫ )ﺣﻼل‬und
(rein;(unrein;
„haram“ „haram“
‫„ﺣﺮام‬haram“
). (unrein; ).
(unrein;
‫)ﺣ‬. ‫م‬‫ا‬‫ﺮ‬ ‫ﺣ‬ ).
Die Übung kann mit dem Schnittmengenmodell (vgl. Kap.
2.4.3) verbunden werden. Die ÜbungEs hilftkann mitDiedemÜbung
zu verdeutlichen,
kann mit dem Schnittmengenmodell
Schnittmengenmodell
dass nie­ (vgl. Kap. 2.4.3) (
verbunden werden. Es hilft zu verdeutlichen, das
e Übung kann mitDie dem Übung kann mit dem Schnittmengenmodell
Schnittmengenmodell mand sich2.4.3)
(vgl. Kap. (vgl. Kap.
verbunden
einer fremden Kultur2.4.3)
werden.
vollständig Es hilft zu verdeutlichen,
anpassen kann dass niemand sich eine
fremden Kultur vollständig
kann oderanpassen
muss. kann oder m
rbunden werden.verbunden werden. Es hilft
Es hilft zu verdeutlichen, zu verdeutlichen,
oder
dass muss. sich einer
niemand dass niemand
fremden sich vollständig
Kultur einer anpassen
fremdenanpassen
emden Kultur vollständig Kultur vollständig
kann oderanpassen
muss. kann oder muss.

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96 Kapitel 5

5.2 Übungen für den Hauptteil


Für die Übungen des Hauptteils sind in der Darstellung der einzelnen Metho­
den die angestrebten Ziele der entsprechenden Methoden aufgeführt. Diese
orientieren sich an den Aspekten interkultureller Kompetenz nach Engel und
Kempen (2018). So definieren Engel und Kempen in Anlehnung an Deardorffs
Pyramidenmodell (2006; vgl. Kap. 2.5.1) vier übergeordnete Bereiche interkul­
tureller Kompetenz: Einstellungen (Offenheit und Respekt), kulturelles Wissen,
Verhaltensflexibilität und Selbstreflexivität. Diese Zielbereiche werden wie folgt
definiert:
• Einstellungen: In Anlehnung an Barmeyer (2005) handelt es sich um die affek­
tive, emotionale Einstellung gegenüber der Fremdkultur. Darunter sind bei­
spielsweise Offenheit einer Person in einer interkulturellen Interaktion und Re­
spekt für Gedanken und Verhalten von Personen aus anderen Kulturen gefasst
(Engel & Kempen, 2018).
• Kulturelles Wissen: Dies ist die kognitive, also die Kenntnisse betreffende (vgl.
Stefan Schmid / 87.190.244.48 (2020-03-17 15:19)

Barmeyer, 2005) Dimension interkultureller Kompetenz. Sie bezieht sich auf


das Wissen über andere Kulturen, aber auch auf Kulturmodelle und -dimensi­
onen allgemein.
• Verhaltensflexibilität: Bei diesem Bereich steht die flexible Anpassung des eige­
nen Verhaltens an die kulturellen Gegebenheiten im Fokus, um in einer fremd­
kulturellen Situation wirksam sein zu können.
• Selbstreflexivität: Interkulturelle Selbstreflexivität ist die Fähigkeit eines Indivi­
duums zu reflektieren, was er/sie über seine/ihre eigene Kultur und daraus re­
sultierende Implikationen für interkulturelle Kommunikations- und Konflikt­
situ­a­tio­nen weiß (Auernheimer, 2002; Rohr, 2002).
Demnach lassen sich die Methoden folglich danach klassifizieren, ob sie primär
auf eine Änderung in den Einstellungen abzielen, ob sie vorrangig Wissen vermit­
teln, ob sie hauptsächlich auf die Erhöhung der Verhaltensflexibilität abzielen oder
eher die Selbstreflexivität der Teilnehmenden stärken möchten. Mischformen der
verschiedenen Zielsetzungen sind dabei selbstverständlich möglich und als sol­
che in der Zuordnung der Methoden gekennzeichnet. Zusätzliche Zielsetzungen
stehen dabei in der entsprechenden Spalte der Methodendarstellung in Klammern
hinter der hauptsächlichen Zielsetzung.
Die Darstellung der Methoden enthält meist eine ausführliche Beschreibung der
einzelnen Prozessschritte sowie Anregungen für das Debriefing. Die Darstellung
und Länge dieser Anregungen können dabei in Abhängigkeit der einzelnen Me­
thoden unterschiedlich ausfallen. Während für einige Methoden viele potenzielle
Debriefingfragen aufgeführt werden, kommen andere Methoden mit deutlich we­
niger Fragen aus. Natürlich können geeignete Debriefingfragen auch von einer
Methode auf andere Methoden übertragen werden. Grundsätzliche Hinweise zum
Debriefing finden sich in Kapitel 3.2.

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Methoden interkultureller Trainings 97

Wenn eine Methode zum ersten Mal durchgeführt wird, kann es hilfreich sein,
sich genau an den hier beschriebenen Vorgaben in der Beschreibung der Metho­
den zu orientieren, da diese den Vorschlägen in der relevanten Literatur sowie
dem Erfahrungswissen der Autorinnen entsprechen. Wichtig ist jedoch, kritisch
zu überdenken, ob in Bezug auf die jeweiligen Gegebenheiten, Thematik, Ziel­
gruppe oder Gruppendynamik ggf. Anpassungen vorzunehmen sind. Für erfahre­
nere Trainer_innen sind die Methoden als Anregungen gedacht, um sie flexibel
einzusetzen und ggf. nach Bedarf abzuändern. Ein kreativer Umgang mit den Vor­
schlägen ist ausdrücklich erwünscht.
Stefan Schmid / 87.190.244.48 (2020-03-17 15:19)

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98 Kapitel 5

5.2.1 Energizer
Energizer-Übungen dienen der körperlichen und mentalen Aktivierung für zwi­
schendurch oder nach Pausen. Je nach Zusammensetzung und Präferenzen der
Gruppe können diese mehr oder weniger interaktiv gestaltet werden.

5.2.1.1 Die Post geht ab

Die Post geht ab (in Anlehnung an Apacki, 1991)

Diese Übung ist ein schnelles Platzwechselspiel anhand von Städtenamen zum
Warmwerden und Aktivieren.

Dauer 10 bis 15 Minuten


Gruppengröße 10 bis 20 Personen
Material Stühle
Stefan Schmid / 87.190.244.48 (2020-03-17 15:19)

Ziele Aktivierung
Inhaltliche –
Themen
Besonderheiten –
Durchführung Zunächst wird ein Stuhlkreis gebildet, der einen Stuhl weni­
ger enthält, als es Teilnehmende gibt. Die Teilnehmenden sit­
zen im Kreis. Die Person, die keinen Stuhl hat, steht in der
Mitte. Sie ist der Postillion. Jetzt nennt jede_r der Teilnehmen­
den einen Städtenamen, auch der Postillion. Gleichzeitig ver­
suchen alle, sich möglichst viele Städtenamen der anderen
Teilnehmenden zu merken. Danach beginnt der Postillion und
ruft möglichst viele der genannten Städte auf, z. B. mit: „Die
Post geht ab von Madrid nach Berlin, London, Porto, Vene­
dig, Warschau, …“
Ist die Person mit der Aufzählung fertig oder ihr fällt nichts mehr
ein, klatscht sie in die Hände. Jede_r, dessen Städtename ge­
nannt wurde, muss nun aufstehen und den Platz wechseln. Auch
der Postillion sucht sich einen Platz. Wer keinen Platz findet,
spielt in der nächsten Runde den Postillion. Es sollten immer
mindestens drei Städtenamen genannt werden. Das Spieltempo
soll bewusst schnell sein, damit alle in Bewegung kommen.
Hinweise Zur Übung ist eine zweite Runde der Nennung der Städte­
namen am Anfang zu empfehlen.

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Methoden interkultureller Trainings 99

Varianten Die Übung kann auch mit Ländernamen durchgeführt wer­


den. Falls die Gruppe sehr divers ist, bietet sich auch der Ge­
burtsort bzw. die Heimatstadt der Teilnehmenden an.
Debriefing –
Mögliche –
theoretische
Einbettung
Stefan Schmid / 87.190.244.48 (2020-03-17 15:19)

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100 Kapitel 5

5.2.1.2 Elefantenwaschen

Elefantenwaschen

Eine kurze Pantomimeübung mit ungewöhnlicher Darstellung und Aha-Effekt


– zwei freiwillige Teilnehmende erhalten den Auftrag, pantomimisch das Wa­
schen eines Elefanten darzustellen.

Dauer 5 Minuten
Gruppengröße 10 bis 20 Personen
Material –
Ziele Einstellungen
Inhaltliche Kulturelle Prägung
Themen
Besonderheiten Für die Durchführung der Variante mehr Zeit einplanen
Stefan Schmid / 87.190.244.48 (2020-03-17 15:19)

Durchführung Zwei Teilnehmende werden gebeten, sich freiwillig zu mel­


den. Sie erhalten von dem/der Trainer_in vor der Tür die In­
struktion: Sie sollen vor der Gruppe pantomimisch darstel­
len, wie es aussehen könnte, einen Elefanten zu waschen.
Der Elefant selbst darf allerdings nicht dargestellt werden.
Wieder im Raum stellen sie die Pantomime dar und der Rest
der Gruppe rät. Im Anschluss dürfen die Pantomimedarstel­
ler_innen die Lösung nennen.
Hinweise –
Varianten Wenn mehr Zeit zur Verfügung steht, kann eine an „Stille
Post“ angelehnte Abwandlung der Übung eingesetzt werden.
Hierbei spielt immer ein Paar einem anderen Paar die Szene
vor. Das zuschauende Paar wird anschließend zum vorspie­
lenden Paar. Die letzten zwei Teilnehmenden, welche die
Szene beobachten, müssen erraten, was dargestellt wird. Es
bietet sich hierbei an, dass die Gruppe zunächst bis auf zwei
Teilnehmende den Raum verlässt. Fortlaufend wird somit
immer ein neues Paar in den Raum geholt.
Debriefing 1. Welche Erfahrungen haben die beiden „Schauspieler_in­
nen“ gemacht?
2. Was war schwierig? Warum?
3. Warum sind die anderen (nicht) auf die Lösung gekommen?
Mögliche –
theoretische
Einbettung

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Methoden interkultureller Trainings 101

5.2.1.3 Kulturball

Kulturball

Drei Bälle bringen die Gruppe ganz schön durcheinander! Die Bälle stehen für
unterschiedliche kulturelle Zugehörigkeiten und sollen nach einem bestimm­
ten Muster im Kreis weitergegeben werden.

Dauer 5 bis 10 Minuten


Gruppengröße Flexibel
Material Drei unterschiedliche Bälle
Ziele –
Inhaltliche Kulturelle Prägung
Themen
Besonderheiten –
Stefan Schmid / 87.190.244.48 (2020-03-17 15:19)

Durchführung Alle Teilnehmenden stellen sich in einen Kreis. Es werden nun


drei Bälle nach bestimmten Regeln im Kreis weitergegeben
oder geworfen. Zunächst erläutert der/die Trainer_in, dass der
erste Ball die Kultur der Herkunftsfamilie oder der eigenen Fa­
milie symbolisiert, in der man sich normalerweise gut aus­
kennt und sich der Werte und Gepflogenheiten sicher ist. Der/
die Trainer_in gibt diesen Ball an die Person rechts neben sich
mit der Aufforderung, den Ball gegen den Uhrzeigersinn wei­
terzugehen. Der Ball wird einmal herumgegeben. Dann wird
erläutert, dass der zweite Ball die Kultur des aktuellen Arbeits­
platzes symbolisiert. Diese Kultur hat ihre eigenen Regeln. Der
zweite Ball wird nun einem beliebigen Teilnehmenden im
Kreis zugeworfen, der/die den Ball wiederum an eine_n ande­­
re_n Teilnehmende_n weiterwirft. Die Teilnehmenden werden
gebeten, sich die Reihenfolge einzuprägen. Im Anschluss daran
wird der Ball wieder in genau dieser Reihenfolge im Kreis ge­
worfen. Anschließend werden beide Bälle zusammen in den
Kreis gegeben, d. h. der erste Ball wird gegen den Uhrzeiger­
sinn weitergereicht und der zweite Ball in der vorher festge­
legten Reihenfolge geworfen. Schließlich erläutert der/die
Trainer_in, dass der dritte Ball die Kultur eines Gastlandes
symbolisiert. Dieser letzte Ball kennt keine Reihenfolge, son­
dern wird kreuz und quer herumgeworfen. Als letztes versucht
die Gruppe, alle Bälle gleichzeitig nach ihren jeweiligen Re­
geln weiterzugeben oder -zuwerfen.
Hinweise –

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102 Kapitel 5

Varianten Es kann variiert werden, wofür die einzelnen Bälle stehen


(z. B. für die Kultur der eigenen Familie, der Organisation oder
der Nationalkultur).
Debriefing Was kann die Übung über Kultur aussagen? (z. B. Komplexi­
tät, hohe Anforderung, mit verschiedenen Kulturen gleichzei­
tig umzugehen)
Mögliche Die Übung kann mit dem Modell der verschiedenen Ebenen
theoretische von Kultur von Erez und Gati (2004; vgl. Kap. 2.4.1) in Bezie­
Einbettung
hung gesetzt werden. So kann hier der Einfluss unterschied­
licher kultureller Gruppen und Ebenen angesprochen werden.
Stefan Schmid / 87.190.244.48 (2020-03-17 15:19)

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Methoden interkultureller Trainings 103

5.2.2 Icebreaker
Icebreaker-Übungen sind als Einstieg zum Thema Kultur, Stereotype, Wahrneh­
mung oder zu einzelnen kulturellen Wertedimensionen geeignet.

5.2.2.1 Das Zauberviereck

Das Zauberviereck

Eine kurze Übung, welche ein Denken außerhalb der normalen Muster erfor­
dert: Die Teilnehmenden sollen aus einem Viereck durch das Hinzufügen einer
Linie drei Dreiecke erzeugen. Wer knackt das Rätsel?

Dauer 10 Minuten
Gruppengröße Flexibel
Stefan Schmid / 87.190.244.48 (2020-03-17 15:19)

Material Papier, Stifte


Ziele Einstellungen (Selbstreflexivität)
Inhaltliche –
Themen

Besonderheiten –

Durchführung Die erste Aufgabe ist, dass die Teilnehmenden ein Viereck
malen sollen. Anschließend sollen aus diesem mittels einer
Linie zwei Dreiecke erzeugt werden. Mit einem einfachen Dia­
gonalstrich durch ein Quadrat meistert die Mehrzahl der Teil­
nehmenden diese Aufgabe meist schnell.

Die zweite Aufgabe lautet: „Male ein Viereck und erzeuge mit
einer geraden Linie drei Dreiecke“. Der/die Trainer_in wartet
nun ab, bis die Teilnehmenden auf die Lösung kommen. Er/
sie kann sich die ersten Lösungsversuche auch individuell zei­
gen lassen, um somit den anderen Teilnehmenden länger eine
Chance zu geben, eine eigene Lösung zu entwickeln. Die rich­
tige Lösung erfordert das Denken außerhalb des normalen
Musters und sieht22 Kapitel 1
z. B. wie folgt aus:

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104 Kapitel 5

Hinweise Bei der Übung ist es sehr wichtig, lange genug abzuwarten,
sodass wirkliche Irritation auftreten kann. Es sollte jedoch
nicht zu lange abgewartet werden, um die Gruppe oder Ein­
zelne nicht zu frustrieren.
Varianten –
Debriefing –
Mögliche –
theoretische
Einbettung
Stefan Schmid / 87.190.244.48 (2020-03-17 15:19)

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Methoden interkultureller Trainings 105

5.2.2.2 Streichhölzerübung

Streichhölzerübung

Eine kurze Quizübung mit unerwarteter Auflösung – die Teilnehmenden sollen


augenscheinlich die Anzahl von Streichhölzern nennen, müssen jedoch nicht
auf die Streichhölzer, sondern auf die Anzahl der gezeigten Finger achten.

Dauer 5 Minuten
Gruppengröße Flexibel
Material Streichhölzer
Ziele –
Inhaltliche –
Themen

Besonderheiten –
Stefan Schmid / 87.190.244.48 (2020-03-17 15:19)

Durchführung Alle Teilnehmenden stehen um einen Tisch herum. Der/die


Trainer_in legt Streichhölzer in verschiedenen Kombinatio­
nen und Formen auf den Tisch. Dabei fragt er/sie in die Runde
„Welche Zahl ist das?“. Gleichzeitig legt er/sie unauffällig bei
jeder neuen Kombination eine unterschiedliche Anzahl an
Fingern auf den Tisch. Diese Anzahl ist letztlich ausschlagge­
bend für die richtige Antwort. Diejenigen, die glauben die Lö­
sung zu kennen, dürfen sich hinsetzen.
Hinweise Das Spiel kann so gespielt werden, dass die ersten Teilneh­
menden, die die Lösung wissen, diese dem/der Trainer_in per
Flüstern mitteilen. Somit wird überprüft, ob die Lösung rich­
tig ist und dennoch bleiben die Spannung und der Spaß des
Ratens für die anderen zunächst noch erhalten.
Varianten –
Debriefing –
Mögliche –
theoretische
Einbettung

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106 Kapitel 5

5.2.2.3 Tanzraum

Tanzraum

Diese Übung verdeutlicht die Wirkung von Nähe und Distanz „am eigenen Leib“.
Die Teilnehmenden werden aufgefordert, sich zu zweit aufeinander zuzubewe­
gen und dabei die Nähe des Partners/der Partnerin über unterschiedliche Sig­
nale zu steuern.

Dauer 15 bis 20 Minuten


Gruppengröße 10 bis 20 Personen
Material –
Ziele Selbstreflexivität, (Verhalten)
Inhaltliche Empathie, Körpergefühl, Körperdistanzen
Themen
Besonderheiten Es sollte genügend Platz vorhanden sein
Stefan Schmid / 87.190.244.48 (2020-03-17 15:19)

Durchführung Die Teilnehmenden werden gebeten, sich in zwei Reihen ge­


genüber aufzustellen und sich einander zuzuwenden. Jede_r
Teilnehmende sollte ein Gegenüber in der anderen Reihe
haben. Der Abstand zwischen den Reihen sollte hierbei min­
destens vier Meter betragen. In der ersten Runde wird die
Reihe A gebeten, auf die Reihe B zuzugehen. Die Teilnehmen­
den aus Reihe B sollen deutlich „Stopp“ sagen, wenn das Ge­
genüber aus Reihe A stehenbleiben soll. Dann geht Reihe A
zurück auf die Anfangsposition. Im Anschluss geht Reihe B
auf Reihe A zu und Reihe A sagt „Stopp“.
Für die nächste Runde wechselt eine Person aus Reihe A ans
andere Ende der Reihe A, sodass die ganze Reihe eine Posi­
tion aufrückt und jede_r Teilnehmende ein neues Gegenüber
hat. Nach jeder weiteren Runde wird ebenfalls durchgewech­
selt. In der zweiten Runde soll mit einer Bewegung „Stopp“
signalisiert werden (ohne zu sprechen). In der dritten Runde
soll mit der Mimik „Stopp“ signalisiert werden (ohne zu spre­
chen). In der vierten Runde soll nur mit den Augen „Stopp“
signalisiert werden (ohne zu sprechen). In der letzten Runde
dürfen die Teilnehmenden die Variante auswählen, mit der
sie sich am wohlsten gefühlt haben.
Hinweise Es ist sehr wichtig, auf den kulturellen Hintergrund der Teil­
nehmenden zu achten. Der/die Trainer_in sollte unbedingt
erwähnen, dass sensibel auf das Gegenüber reagiert werden
sollte und dass alle sofort stehenbleiben sollten, sobald sie das
Gefühl haben, der anderen Person zu nah zu kommen.

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Methoden interkultureller Trainings 107

Varianten –
Debriefing 1. Welche Erfahrungen hast du mit den verschiedenen Vari­
anten gemacht? Was hat am besten funktioniert?
2. Welche kulturellen Umgangsformen lassen sich entdecken?
(z. B. die Hand reichen, um die Person auf genau dem Ab­
stand zu halten, der in unserem Kulturkreis als angenehm
empfunden wird)
Mögliche Im Anschluss an diese Übung bietet es sich an, die kulturel­
theoretische len Dimensionen nach Hall zu thematisieren (vgl. Kap. 2.3.1).
Einbettung
Diese Dimensionen können dazu zunächst durch den/die
Trainer_in vorgestellt werden. Dann können die Teilnehmen­
den gebeten werden, ihre eigenen Erfahrungen aus der Übung
auf die Dimension der Proxemik zu beziehen oder ggf. von
Erfahrungen im Umgang mit unterschiedlichen Körperdistan­
zen zu berichten.
Stefan Schmid / 87.190.244.48 (2020-03-17 15:19)

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108 Kapitel 5

5.2.2.4 Typisch …!

Typisch …!

Eine gute Einstiegsübung zur Thematisierung von pauschalisierenden Urteilen


– in Kleingruppen erarbeiten die Teilnehmenden Aspekte, die sie für „typisch“
für eine bestimmte Zielkultur halten. Im Plenum werden die Ergebnisse an­
schließend diskutiert.

Dauer 45 Minuten
Gruppengröße 8 bis 30 Personen
Material Material zum Malen oder Basteln für die Gruppen
Ziele Selbstreflexivität, Einstellungen, (Wissen)
Inhaltliche Stereotype
Themen
Stefan Schmid / 87.190.244.48 (2020-03-17 15:19)

Besonderheiten –
Durchführung Zunächst teilt der/die Trainer_in die Teilnehmenden in zwei
Kleingruppen ein (bei einer sehr großen Gruppe können auch
vier bis sechs Kleingruppen gebildet werden). Die Kleingrup­
pen bekommen den Auftrag, sich Gedanken zu machen, was
„typisch deutsch“ oder „typisch“ für eine andere Nationalkul­
tur ist. Eine der Kleingruppen bekommt dabei den Auftrag,
alle sichtbaren Aspekte wie Essen, Sprache, Architektur, Klei­
dung und Eigenschaften festzuhalten. Die andere Kleingruppe
soll sich auf die unsichtbaren Aspekte konzentrieren. Beispiele
hierfür sind Werte, Glaubenssätze, Annahmen, Einstellungen
und Wahrnehmungen. Beide Gruppen sollen auf einem Pos­
ter alles festhalten, was ihnen dazu einfällt. Hierbei können
sie kreativ arbeiten – schreiben, malen und basteln sind er­
laubt. Die Teilnehmenden erhalten hierzu ca. 20 Minuten Zeit.
Anschließend präsentieren beide Gruppen ihre Poster im Ple­
num und die gesammelten Ideen werden diskutiert.
Hinweise Am besten arbeiten die Kleingruppen für die kreative Phase
in verschiedenen Räumen, damit die Ideen erst zum Schluss
geteilt werden. Handelt es sich um eine gemischtkulturelle
Gruppe, ist es hierbei wichtig, dass die Kleingruppen in Bezug
auf die Nationalitäten gut durchmischt sind, damit es zum
Austausch über Fremd- und Eigenperspektive kommen kann.
Varianten Die Übung lässt sich problemlos auch für verschiedene Kul­
turen durchführen, wenn es z. B. um die Vorbereitung von Teil­
nehmenden für einen Auslandsaufenthalt geht.

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Methoden interkultureller Trainings 109

Debriefing Im Debriefing kann auf Widerstände der Teilnehmenden, eine


Kultur auf wenige Aspekte zu reduzieren, eingegangen wer­
den. Außerdem sollte thematisiert werden, dass einzelne Teil­
nehmende wahrscheinlich unterschiedliche Wahrnehmungen
der jeweiligen Kultur haben und dass es sich stets um verein­
fachende Zuschreibungen handelt. So sollte auch die kultu­
relle Varianz innerhalb einer Nationalkultur besprochen wer­
den bzw. auf die Pluralität von Kultur eingegangen werden.
Mögliche Im Anschluss an die Übung kann sehr gut auf das Pyramiden­
theoretische modell (Schein, 1985; vgl. Kap. 2.2.2) und das Eisbergmodell
Einbettung
(Bolten, 2007; vgl. Kap. 2.2.3) eingegangen werden. Beispiels­
weise kann auf eine Flipchart ein Eisberg gezeichnet und das
Modell kurz vorgestellt werden. Die Teilnehmenden können
dann gebeten werden, die von ihnen genannten Aspekte über
oder unter der Wasseroberfläche des Eisberges zu verorten.
Im Plenum können dann Implikationen des Modells gemein­
Stefan Schmid / 87.190.244.48 (2020-03-17 15:19)

sam erarbeitet werden (z. B. Konflikte entstehen bei Punkten,


die unterhalb der Wasseroberfläche liegen) und Beispiele an­
hand der Erfahrungen der Teilnehmenden gesammelt wer­
den.

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110 Kapitel 5

5.2.2.5 Die Wahl-Nuss

Die Wahl-Nuss

Eine Übung, die das genaue Hinsehen schulen kann – die Teilnehmenden wer­
den aufgefordert, eine Walnuss zunächst eingehend zu betrachten und diese
dann aus einer größeren Menge Nüsse herauszusuchen. Zur Überraschung der
Teilnehmenden gelingt dies meist.

Dauer 20 Minuten
Gruppengröße Flexibel
Material Flipchart, Walnüsse, Kiste oder Tüte
Ziele Einstellungen
Inhaltliche Stereotype, Schulung der Wahrnehmung
Themen
Stefan Schmid / 87.190.244.48 (2020-03-17 15:19)

Besonderheiten –

Durchführung Zu Beginn werden an einer Flipchart Eigenschaften einer Wal­


nuss gesammelt (z. B. runzelig, braun etc. …). Anschließend
erhält jede_r eine eigene Walnuss. Alle Teilnehmenden wer­
den gebeten, die Walnuss genauestens zu inspizieren und sich
ihre individuellen Merkmale einzuprägen. Jede_r soll schließ­
lich der Walnuss einen Namen geben, um sie zu personalisie­
ren. Der/die Trainer_in sammelt im Anschluss die Walnüsse
ein und legt sie in eine Kiste oder Tüte. Diese wird kräftig ge­
schüttelt und dann werden die Walnüsse auf dem Boden vor
der Gruppe ausgebreitet. Alle Teilnehmenden werden nun ge­
beten, sich ihre Walnuss herauszusuchen – ihre Wahl-Nuss.
Hinweise –
Varianten –
Debriefing 1. Wie sicher bist du, dass du die richtige Wahl(-nuss) getrof­
fen hast?
2. Worauf basiert deine Sicherheit?
Anschließend sollte auf die Parallelen zwischen den Walnüs­
sen und der Individualität von Menschen hingearbeitet wer­
den.
3. Sind alle Walnüsse gleich? Haben sie dieselbe Struktur?
4. Haben sie die gleiche Form oder Farbe?
5. Was macht eine Walnuss aus?
6. Wann identifiziere ich sie als Walnuss?

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Methoden interkultureller Trainings 111

Es sollte der Bogen gesponnen werden zu Stereotypen, die


zwischen Menschen unterschiedlicher Kulturen, Länder oder
Geschlechter herrschen. Was bedeutet dies für eine Gruppe?
Es kann außerdem darauf eingegangen werden, wie sich die
erste Einschätzung der Eigenschaften von Walnüssen (meist
recht wenige Eigenschaften) weiter ausdifferenziert, wenn
man sich mit der individuellen Nuss (oder Person) beschäf­
tigt.
Mögliche Im Anschluss an diese Übung bietet sich ein Input zu Vorurtei­
theoretische len und Stereotypen an (vgl. Kap. 2.6). Beispielsweise können,
Einbettung
basierend auf den Ergebnissen der Übung, sowohl Funktionen
von Stereotypen und Vorurteilen als auch ein gelungener Um­
gang mit diesen erarbeitet und z. B. an der Flipchart gesammelt
werden.
Stefan Schmid / 87.190.244.48 (2020-03-17 15:19)

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112 Kapitel 5

5.2.2.6 Was sehe ich? Was denke ich?

Was sehe ich? Was denke ich?

Diese Übung zeigt, wie schwierig es ist, Wahrnehmung und Interpretation von­
einander zu trennen. Die Teilnehmenden notieren in zwei Runden zu mehr­
deutigen Bildern ihre Antworten zur Frage „Was sehe ich?“ und anschließend
zu „Was denke ich?“. Im Anschluss werden vorher erstellte Beschreibungen
bzw. Auflösungen zum Inhalt der Bilder gelesen.

Dauer 30 Minuten
Gruppengröße 10 bis 20 Personen
Material Plakate oder Brown Paper, Bilder, schwarze und bunte Stifte
Ziele Einstellungen, (Selbstreflexivität, Wissen)
Inhaltliche Kulturelle Prägung von Wahrnehmung
Themen
Stefan Schmid / 87.190.244.48 (2020-03-17 15:19)

Besonderheiten Die Auswahl passender Bilder ist aufwendig


Durchführung Die Bilder werden jeweils in die Mitte eines Plakates oder
eines Brown Papers gelegt. Die Teilnehmenden werden auf­
gefordert, ohne zu sprechen mit einem schwarzen Stift neben
die Bilder zu schreiben, was sie sehen. Die Teilnehmenden
gehen im Anschluss weiter zum nächsten Plakat, bis sie auf
alle Plakate etwas geschrieben haben.
In der zweiten Runde werden die Teilnehmenden gebeten,
mit einem bunten Stift aufzuschreiben, was sie zu dem Bild
denken.
Wenn alle fertig sind, werden die Plakate vorgelesen (erst
schwarz, dann bunt). Im Anschluss werden die Bilder herum­
gedreht und die Beschreibung auf der Rückseite vorgelesen.
Die Beschreibung enthält detaillierte Informationen zum Hin­
tergrund des Bildes.
Hinweise Es ist wichtig, für diese Übung Bilder auszuwählen, die einen
mehrdeutigen Charakter haben (z. B. ein brennender Wald,
der aussieht wie ein Sonnenuntergang, Müll auf einem Feld,
der als Erosionsschutz fungiert, oder der Verkauf von Plas­
tikteilen, die als Rohstoffe gehandelt werden).
Varianten –
Debriefing 1. Wie unterscheiden sich die Kommentare in Schwarz von
denen in Bunt?
2. Warum war es schwierig, nur bei der Wahrnehmung zu blei­
ben und nicht direkt zu interpretieren?

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Methoden interkultureller Trainings 113

3. Was genau hat die Interpretation ausgelöst?


4. Was waren die Gedanken, als die „echte“ Beschreibung des
Bildes vorgelesen wurde?
5. Was bedeutet das für den Umgang mit Bildern und Wahr­
nehmung?
Mögliche –
theoretische
Einbettung
Stefan Schmid / 87.190.244.48 (2020-03-17 15:19)

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114 Kapitel 5

5.2.3 Strukturierter Austausch


Übungen zum strukturierten Austausch ermöglichen das direkte und strukturierte
Gespräch unter den Teilnehmenden anhand von individuell variierbaren Leitfragen.

5.2.3.1 Aufstellung

Aufstellung

Hier werden Meinungen und Positionen räumlich ausgedrückt – die Teilneh­


menden werden gebeten, sich zu bestimmten Fragen im Raum aufzustellen.

Dauer 30 bis 60 Minuten


Gruppengröße 5 bis 30 Personen
Material –
Selbstreflexivität, (Einstellungen)
Stefan Schmid / 87.190.244.48 (2020-03-17 15:19)

Ziele
Inhaltliche Diskussion, Kommunikation
Themen
Besonderheiten Dauer abhängig von Anzahl behandelter Aussagen
Durchführung Der/die Trainer_in erklärt den Raum zur „Karte“ für die fol­
gende Aufstellung und benennt, wo die Antworten auf die nun
folgenden Fragen verortet sein sollen. Dann gibt er/sie Fragen
oder Satzanfänge vor, nach denen sich alle Teilnehmenden po­
sitionieren sollen (z. B. „Heute geht es mir ...“ mit den Optio­
nen „gut“ in einer Ecke des Raumes, „blendend“ in einer an­
deren Ecke usw.). Die Teilnehmenden stellen sich dann in die
passende Ecke. Dabei können auch Zwischenpositionen einge­
nommen werden. Anschließend folgt die nächste Frage oder
der nächste Satzanfang mit neuen Antwortoptionen, die im
Raum verortet werden.
Hinweise Diese Übung kann auch gut genutzt werden, um den Wissens­
stand oder die Einstellung der Teilnehmenden gegenüber
einer Thematik zu erfahren. Darauf aufbauend kann der wei­
tere Verlauf des Trainings angepasst werden.
Varianten Es besteht auch die Möglichkeit, den Raum als geografische
Karte zu nutzen und Norden, Süden, Osten und Westen darin
zu bezeichnen. Dann können die Teilnehmenden sich bei­
spielsweise nach Wohnort oder Geburtsort aufstellen. Im Fall
eines Trainings zur Auslandsvorbereitung kann diese „Karte“
auch genutzt werden, um das jeweilige Gastland der Teilneh­
menden abzufragen und darzustellen.

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Methoden interkultureller Trainings 115

Weitere mögliche Fragestellungen


• „Mit Kultur (oder interkultureller Kompetenz, Diversität
etc.) habe ich mich schon viel beschäftigt – habe ich mich
bislang wenig beschäftigt.“
• „Ich habe schon oft kulturelle Missverständnisse erlebt –
ich habe bislang selten kulturelle Missverständnisse erlebt.“
• „Zu den Inhalten von gestern habe ich noch viele Fragen –
zu den Inhalten von gestern ist mir alles soweit klar.“
Debriefing –
Mögliche –
theoretische
Einbettung
Stefan Schmid / 87.190.244.48 (2020-03-17 15:19)

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116 Kapitel 5

5.2.3.2 Speed-Dating

Speed-Dating

Diese kurzweilige Übung macht sich das Gesprächsprinzip eines Speed-Dating-


Formats zunutze. Die Teilnehmenden tauschen sich zu zweit aus und wechseln
nach kurzer Zeit den/die Gesprächspartner_in.

Dauer 15 Minuten
Gruppengröße 10 bis 30 Personen
Material Evtl. Themenzettel, Hut oder Kiste
Ziele Wissen
Inhaltliche Kennenlernen, Diskussion, Kommunikation
Themen

Besonderheiten Je nach Thema oder Anzahl der Runden mehr Zeit einplanen
Stefan Schmid / 87.190.244.48 (2020-03-17 15:19)

Durchführung Zu Beginn bilden die Teilnehmenden zwei gleich große Kreise


– einen Innenkreis, der nach außen blickt und einen Außen­
kreis, der nach innen blickt. Falls die Anzahl an Teilnehmen­
den ungerade ist, sollte der/die Trainer_in mitmachen. Zu­
nächst ertönt Musik und alle beginnen im Kreis zu laufen. Die
Teilnehmenden im Außenkreis bewegen sich hierbei im
Uhrzeigersinn – die Teilnehmenden im Innenkreis entge­
gengesetzt. Stoppt die Musik, bleiben alle stehen und der/
die Trainer_in gibt ein Thema oder eine Frage vor. Um den
spielerischen Charakter zu fördern, kann auch ein Thema aus
einem Hut oder einer Kiste gezogen werden. Dieses Thema
wird nun von jedem gegenüberstehenden Paar diskutiert. Er­
tönt die Musik nach einer Minute erneut, laufen alle weiter
und wechseln somit beim nächsten Stopp den/die „Dating­
partner_in“.
Der Themenauswahl sind keine Grenzen gesetzt. Von sehr
freien Themen wie „Mein schönstes interkulturelles Erlebnis“
bis zu möglicherweise trainingsspezifischen Themen zur in­
haltlichen Einführung (z. B.: „Das verstehe ich unter interkul­
tureller Kompetenz“, „Kultur lässt sich für mich am besten de­
finieren als ...“ oder „An dieser Stelle begegnen mir in meinem
Alltag Stereotype und Vorurteile ...“) kann alles gewählt wer­
den.

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Methoden interkultureller Trainings 117

Hinweise Bei mehreren Themenrunden oder älteren Teilnehmenden


können ebenfalls Stuhlkreise gebildet werden, die bei den
Redephasen genutzt werden können.
Varianten –
Debriefing –
Mögliche –
theoretische
Einbettung
Stefan Schmid / 87.190.244.48 (2020-03-17 15:19)

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118 Kapitel 5

5.2.3.3 Vier Ecken

Vier Ecken

Wo kann ich meine Meinung am besten einordnen? Die Teilnehmenden signa­


lisieren Zustimmung oder Ablehnung zu einer Aussage durch Aufstellung in
den vier Ecken eines Raumes.

Dauer 10 bis 20 Minuten


Gruppengröße Flexibel
Material Evtl. Karten zur Kennzeichnung der Ecken
Ziele Selbstreflexivität, (Einstellungen)
Inhaltliche –
Themen

Besonderheiten Dauer je nach Anzahl der Thesen


Stefan Schmid / 87.190.244.48 (2020-03-17 15:19)

Durchführung Die vier Ecken des Raumes werden mit den folgenden Ant­
worten versehen:
• Ich stimme zu
• Ich stimme nicht zu
• Ich bin neutral
• Ich habe keine Meinung
Der/die Trainer_in stellt anschließend eine These auf (z. B.
„Interkulturelle Kompetenz lässt sich messen“, „Kultur lässt
sich ganz klar definieren“, „Je mehr Auslandserfahrung eine
Person hat, desto höher ist ihre interkulturelle Kompetenz“,
„Jeder Mensch hat Vorurteile“). Die Teilnehmenden sollen
sich entsprechend ihrer Meinung dazu in einer der Ecken
positionieren. Anschließend sollen sie mittels Argumenta­
tion versuchen, die Teilnehmenden aus anderen Ecken zum
Wechsel in die eigene Ecke zu überzeugen.
Hinweise Die Thesen können genutzt werden, um in ein Thema einzu­
führen und die Positionen der Teilnehmenden dazu zu erfah­
ren. Sie können aber auch innerhalb von Einheiten eingesetzt
werden, um gezielt provokativ zu agieren oder zu polarisieren
– z. B. beim Thema Vorurteile.

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Methoden interkultureller Trainings 119

Varianten Falls es gewünscht ist, dass die Teilnehmenden sich positio­


nieren, bietet sich Folgendes an: In bestimmten Runden kön­
nen vor oder nach der Positionierung die Ecken „Da habe ich
keine Meinung“ und „Ich bin neutral“ einfach geschlossen
werden.
Debriefing –
Mögliche –
theoretische
Einbettung
Stefan Schmid / 87.190.244.48 (2020-03-17 15:19)

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120 Kapitel 5

5.2.3.4 Walk ’n’ Write

Walk ’n’ Write

Nachdenken, schreiben, herumlaufen und sich von den Aussagen der anderen
Teilnehmenden inspirieren lassen – bei dieser Übung dürfen die Teilnehmen­
den sich schriftlich auf großen Plakaten zu Leitfragen austauschen.

Dauer 20 bis 30 Minuten


Gruppengröße Maximal 25 Personen
Material Stifte, Metaplanpapier, Metaplanwände
Ziele –
Inhaltliche Diskussion, Kommunikation
Themen

Besonderheiten Dauer ist abhängig von der Anzahl der Leitfragen und Plakate
Stefan Schmid / 87.190.244.48 (2020-03-17 15:19)

Durchführung Drei oder mehr Metaplanwände werden mit Papier bespannt.


Oben darauf werden verschiedene Leitfragen oder Satzan­
fänge geschrieben (z. B. „Kultur ist für mich ...“, „Interkultu­
relle Kompetenz bedeutet für mich …“).
Der/die Trainer_in bittet die Teilnehmenden, von Metaplan­
wand zu Metaplanwand zu gehen und ihre spontanen Ge­
danken zu den Fragen bzw. Satzanfängen auf das Brown
Paper zu schreiben. Dann dürfen die Teilnehmenden weiter­
gehen zur nächsten Metaplanwand. Beim Schreiben darf
auch auf Aspekte Bezug genommen werden, die bereits von
anderen Teilnehmenden auf der Metaplanwand notiert wur­
den.
Wichtig ist, dass die Übung ohne Sprechen abläuft. Im An­
schluss können die Metaplanpapiere im Plenum vorgelesen
werden. Der/die Trainer_in kann dann auch nochmals nach
Ergänzungen oder Kommentaren fragen.
Hinweise Damit sich die Teilnehmenden ausreichend konzentrieren
können und sich nicht gegenseitig ablenken, sollte darauf hin­
gewiesen werden, bis zum Schluss das Schweigen zu wahren.
Gegebenenfalls kann es hilfreich sein, die Teilnehmenden zu
bitten sich hinzusetzen, wenn sie fertig sind.

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Varianten Inhaltlich lässt sich Walk ’n’ Write auf vielzählige Themen an­
wenden und adaptieren. Falls keine Metaplanwände zur Ver­
fügung stehen, können auch Flipcharts auf Tische gelegt und
beschrieben werden.
Debriefing –
Mögliche –
theoretische
Einbettung
Stefan Schmid / 87.190.244.48 (2020-03-17 15:19)

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122 Kapitel 5

5.2.3.5 World Café

World Café (in Anlehnung an The World Café Community, 2002)

Diese Übung folgt der Devise „Die besten Gespräche entstehen am Kaffee­
tisch“. An verschiedenen Tischen besprechen die Teilnehmenden jeweils vor­
gegebene Themen. Zwischendurch werden die Tische gewechselt. Die Ergeb­
nisse werden auf der „Tischdecke“ (einem großen Papier auf dem Tisch) notiert.

Dauer 20 bis 30 Minuten


Gruppengröße Flexibel
Material Stifte, großes Papier
Ziele –
Inhaltliche –
Themen
Stefan Schmid / 87.190.244.48 (2020-03-17 15:19)

Besonderheiten Dauer ist abhängig von der Anzahl der Runden

Durchführung Drei (oder mehr) verschiedene Tische werden mit je einem


großen Papier ausgestattet. Die Papierbögen werden je mit
einer der Fragestellungen beschriftet. Der/die Trainer_in er­
klärt zu Beginn, dass im Folgenden drei Gesprächsrunden von
je ca. 5 bis 10 Minuten Dauer stattfinden werden. An jedem
Tisch finden sich ca. gleich viele Teilnehmende zusammen,
die über den vorgegebenen Aspekt diskutieren. Die Ideen zu
der Fragestellung sollen hierbei auf dem Blatt dokumentiert
werden.
Nach Ablauf der Zeit für eine Runde wird ein Signal gegeben
und alle Teilnehmenden bis auf eine_r – der/die Gastgeber_in
der nächsten Runde – gehen weiter. Diese_r gibt den „Neuan­
kömmlingen“ die wesentlichen Gedanken der Vorrunde wei­
ter. Nach der nächsten Diskussion sollte diese Person ihre
Rolle abgeben und ebenfalls weiterziehen. Auf diese Art und
Weise werden drei Runden durchgeführt. Anschließend kön­
nen die Ergebnisse im Plenum vorgestellt werden.
Hinweise Das World Café möchte sich die Tatsache zunutze machen,
dass die besten Ideen im Rahmen eines Seminars oder einer
Tagung häufig beim Kaffee zwischendurch entstehen. Daher
kann der Rahmen der Übung gerne an eine „echte“ Kaffee­
pause erinnern (Tassen mit an den Tisch nehmen, Kekse be­
reitstellen, Kaffeehausmusik auflegen).

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Methoden interkultureller Trainings 123

Im World Café sollte folgende „Etikette“ gelten:


• Den Fokus darauf legen, was wichtig ist
• Eigene Ansichten und Sichtweisen beitragen
• Genaues Zuhören
• Ideen verbinden und weiterspinnen
• Aufmerksamkeit auf die Entdeckung neuer Erkenntnisse
und tiefergehende Fragen
• Spielen, kritzeln, malen und auf die Tischdecke schreiben
ist erwünscht!
Varianten Das World Café lässt sich insgesamt vielseitig einsetzen. Jeg­
liche Themen, die zur Exploration und Diskussion gestellt
werden sollen, sind hierbei interessant. Dies kann z. B. die
Frage nach interkulturellen Herausforderungen im eigenen
Arbeitsfeld sein, nach bereichernden interkulturellen Lern­
erfahrungen oder nach Vor- und Nachteilen der Zusammen­
arbeit in multikulturellen Arbeitsgruppen.
Stefan Schmid / 87.190.244.48 (2020-03-17 15:19)

Falls die Methode zur Diskussion von Themen genutzt wer­


den soll, ist zu bedenken, dass sie explorativ ist. Daher ist sie
nicht geeignet, wenn sich bereits im Vorfeld eine bestimmte
Lösung herauskristallisiert hat. Ebenso wenig sollte man sie
für eine detaillierte Umsetzungsplanung nutzen.
Selbstverständlich kann auch die Anzahl der Tische und Run­
den flexibel variiert werden. Ebenso kann es den Teilnehmen­
den freigestellt werden, ob sie die Tische wechseln möchten
oder nicht.
Debriefing –
Mögliche –
theoretische
Einbettung

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124 Kapitel 5

5.2.4 Rollenspiele und Simulationen


In Rollenspielen und Simulationen wird die Interaktion verschiedener Kulturen
simuliert. Außerdem werden die Inhaltsbereiche der kulturellen Prägung, Wahr­
nehmung und Deutung thematisiert. Teilweise enthalten sie auch umfassendere
Informationen, z. B. zu den Werten einer bestimmten Kultur, die simuliert wird.

5.2.4.1 Abgestempelt

Abgestempelt (in Anlehnung an DGB-Bildungswerk Thüringen e. V., 2008)

Eine gute Übung, um Stereotype direkt zu erleben und die Erfahrung des „Ab­
gestempelt-Seins“ zu machen – die Teilnehmenden bekommen Aufkleber mit
bestimmten Rollen oder Eigenschaften auf die Stirn geklebt. Diese sind somit
nur für die anderen Teilnehmenden sichtbar. In verschiedenen Interaktions­
situationen erleben sie, wie es ist, auf ein Merkmal reduziert zu sein.
Stefan Schmid / 87.190.244.48 (2020-03-17 15:19)

Dauer 30 Minuten
Gruppengröße Flexibel
Material Mit Rollen beschriftete Aufkleber oder Klebeband, Stifte
Ziele Selbstreflexivität, (Einstellungen, Verhalten)
Inhaltliche Stereotype und Pauschalisierungen
Themen

Besonderheiten –

Durchführung Jede_r Teilnehmende bekommt zu Beginn einen Aufkleber


auf die Stirn dessen Aufschrift für ihn/sie unbekannt ist. Die
„Stempel“ beinhalten Eigenschaften, Rollenbilder oder Kom­
binationen aus beidem, wie z. B. introvertiert, charmant, be­
rühmt, chinesischer Tourist, Geflüchteter, spricht kein Deutsch,
blind, nett o. Ä. Anschließend laufen alle durch den Raum und
sollen, wenn sie anderen begegnen, verschiedene Aufgaben
erfüllen. Hierzu zählt: sich gegenseitig begrüßen, sich über
das Wetter unterhalten, sich voneinander verab­schieden, sich
über Politik unterhalten, um ein Foto bitten o. Ä.
Nach diversen Begegnungen kommen alle im Plenum zu­
sammen und überlegen, was auf ihren Aufklebern gestanden
haben könnte. Zum Abschluss ziehen alle ihre Aufkleber ab
und verlassen ihre Rollen.

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Hinweise Falls es insgesamt sehr viele Teilnehmende sind, bietet es sich


für den Schluss an, mehrere kleine Gruppen zu bilden. Da die
Übung häufig als emotional sehr intensiv erlebt wird, sollte
ausreichend Zeit für das Debriefing und die Auswertung ein­
geplant werden.
Varianten Statt der oben genannten „Alltagsbegegnungen“ kann die
Gruppe auch eine gemeinsame Aufgabe erhalten, z. B. ein
Nachbarschaftsfest zu organisieren oder eine Delegationsreise
zu planen.
Debriefing Bei Teilnehmenden mit einer „schwachen“ Rolle anfangen:
1. Wie hast du dich gefühlt? Wie war die Übung für dich?
2. Wie hat sich dein Verhalten in der Rolle geändert? Wie das
deiner Mitspielenden?
3. Wie haben die Rollen die Dynamik insgesamt beeinflusst?
4. Wie wurde die Dominanz der Stärkeren im Laufe der Übung
Stefan Schmid / 87.190.244.48 (2020-03-17 15:19)

verstärkt?
5. Wurden schwächere Teilnehmende wiederum immer schwä­
cher?
Mögliche Im Anschluss an die Übung kann ein theoretischer Input zu
theoretische Stereotypen und Vorurteilen gegeben werden (vgl. Kap. 2.6).
Einbettung
Dazu sollten die Begriffe zunächst definiert und dann ihre
Funktionen vorgestellt werden. In Rückbezug auf die Übung
kann dann im Dialog mit den Teilnehmenden erarbeitet wer­
den, was hilfreiche Strategien für den Umgang mit Stereo­
typen und Vorurteilen sind.

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126 Kapitel 5

5.2.4.2 Albatros

Albatros (in Anlehnung an Gochenour, 1993)

Der Klassiker unter den interkulturellen Übungen – die Teilnehmenden beob­


achten eine Interaktion eines Paares auf der Insel Albatros und beschreiben
und interpretieren diese. Die Übung kann sehr eindrücklich zeigen, mit wel­
cher „kulturellen Brille“ wir die Welt sehen – und bewerten.

Dauer 60 bis 90 Minuten


Gruppengröße 6 bis 30 Personen
Material Schale mit Erdnüssen (Essen), Tücher, Stuhlkreis, Flipchart
und Stifte
Ziele Einstellungen, (Selbstreflexivität)
Kulturelle Prägung, Zusammenhang von Wahrnehmung und
Stefan Schmid / 87.190.244.48 (2020-03-17 15:19)

Inhaltliche
Themen Interpretation
Besonderheiten Wenn irgendwie möglich, sollte die Männerrolle von einem
Mann gespielt werden und ein ausgewogenes Geschlechter­
verhältnis in der Gruppe vorliegen.
Durchführung Zu Beginn sitzen alle Teilnehmenden im Kreis und der/die
Trainer_in erklärt, dass heute eine Reise zur Insel Albatros ge­
plant ist. Zwei freiwillige Personen – eine weibliche und eine
männliche – werden zunächst vor die Tür geführt und für ihre
Rollen als Insel Bewohner_innen instruiert und vorbereitet.
Alternativ können der/die Trainer_in und ein_e Rollenspieler_
in diese Funktion übernehmen.
Anschließend kommen die beiden Personen wieder herein
und tragen Tücher um ihre Körper gebunden. Der Mann be­
tritt vor der Frau den Raum und die Frau läuft hinter ihm. Sie
gehen einige Runden im Innenkreis der Teilnehmenden und
summen dabei vor sich hin. Der Mann geht zu den männli­
chen Teilnehmenden, die ihre Beine überkreuzt haben, und
stellt diese nebeneinander auf den Boden. Die Frau macht das
Gleiche bei den Frauen. Anschließend setzt der Mann sich auf
einen Stuhl und die Frau kniet neben ihm nieder. Sie reicht
ihm eine Schale mit Erdnüssen und er isst einige. Er gibt die
Schale zurück an die Frau. Auch sie isst einige der Nüsse und
stellt die Schale dann zur Seite. Nachdem der Mann der Frau
die Hand in den Nacken gelegt hat, beugt sie sich nach vorne

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Methoden interkultureller Trainings 127

und berührt mit ihrer Stirn den Boden. Sie verweilt einige Zeit
in dieser Position. Diese Sequenz wird dreimal wiederholt.
Zuletzt lächeln die beiden sich an, nicken einander zu und er­
heben sich. Danach wiederholen die beiden wieder die An­
fangsrituale: Sie gehen summend einige Runden, stellen die
Beine der Teilnehmenden auf den Boden und verlassen an­
schließend den Raum.

Die beiden Teilnehmenden kehren ohne Tücher in den Raum


zurück. Der/die Trainer_in bittet nun die Gruppe zunächst zu
beschreiben, was sie beobachtet hat. Die Beobachtungen wer­
den auf einer Flipchart festgehalten. Es sollte darauf geachtet
werden, dass nur Beobachtungen geäußert werden. Auf einer
zweiten Flipchart können dann Interpretationen gesammelt
werden (Was ist das für eine Kultur?). Die Gruppe kann au­
ßerdem gefragt werden, ob sie gerne auf der Insel Albatros
leben möchte.
Stefan Schmid / 87.190.244.48 (2020-03-17 15:19)

Zum Schluss klärt der/die Trainer_in über die Kultur der Al­
batros auf. Die Kultur der Albatros ist eine matriarchale Kul­
tur. Zufriedenheit wird dort durch Summen ausgedrückt. Ihr
Glaube gebührt der Göttin der Erde. Daher werden Besucher_
innen immer geehrt, indem sie beide Füße auf den Boden ge­
stellt bekommen. Frauen haben besonderen Kontakt zur Göt­
tin. Sie bringen der Erde Leben. Zu ihrem Schutz verkosten
die Männer die Erdnüsse als Erste und gehen immer vor den
Frauen. Die Frauen besitzen zudem das Recht, auf der Erde
zu sitzen, da sie der Göttin näherstehen. Durch die Hand des
Mannes im Nacken und das Berühren des Bodens mit der
Stirn, kann auch der Mann Kontakt zur Göttin aufnehmen.
Das Nicken symbolisiert das Einverständnis der Frau. Sie darf
zudem Männer und Frauen berühren, der Mann nur seines­
gleichen. Im Anschluss beginnt das Debriefing.
Hinweise Es sollte vor Beginn der Übung darauf hingewiesen werden,
dass sich Teilnehmende, die die Übung bereits kennen, bei
der Interpretation zurückhalten sollten.
Varianten Es kann zusätzlich eine Runde eingebaut werden, in der die
Anwesenden ebenfalls von den Erdnüssen essen dürfen. Die
Männer werden dann von der Albatrosfrau „gefüttert“, die
Frauen dürfen sich selbst eine Erdnuss nehmen. Sie werden
(nonverbal) darauf hingewiesen, dass nach dem Essen ein
„mmmh“ erfolgen sollte.

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128 Kapitel 5

In einer anderen Variante kann eine Sequenz eingebaut wer­


den, in der sich das Albatrospaar eine weitere Frau aussucht.
Kriterium sollten hierbei möglichst große Füße sein. Das Paar
sollte sich nonverbal darauf verständigen und einer Frau aus
der Runde deutlich machen, dass erwartet wird, dass sie sich
auf die andere Seite des Mannes auf den Boden setzt. In der
Auswertung kann dann besonders darauf eingegangen wer­
den, wie sich diese „auserwählte“ Person gefühlt hat.
Debriefing Es sollte diskutiert werden, welche Annahmen und Einschät­
zungen zu den Fehlinterpretationen geführt haben. Wahrneh­
mung und Interpretation sollen kritisch beleuchtet werden.
Grundsätzlich können zwei Dinge herausgearbeitet werden.
1. Die Schwierigkeit, Wahrnehmungen von Interpretationen
zu trennen, da dies meist gleichzeitig erfolgt.
2. Die eigene kulturelle Prägung bei der Interpretation.
Stefan Schmid / 87.190.244.48 (2020-03-17 15:19)

Es kann auch darauf eingegangen werden, dass die Katego­


rien „oben“ und „unten“ für uns häufig auch mit bestimmten
Werten assoziiert sind. Es können auch die Listen mit den
Wahrnehmungen und Interpretationen durchgegangen wer­
den in Hinblick auf Interpretationen, die sich in sprachlichen
Feinheiten verbergen (z. B. „die Frau muss auf dem Boden sit­
zen“). Die Schlussfolgerung sollte nicht so weit gehen, dass
Diskriminierung, Unterdrückung und Hierarchie durch Kul­
tur gegeben sind und hingenommen werden müssen.
Mögliche Im Anschluss an die Übung kann mit den Teilnehmenden die
theoretische Wirkung der eigenen „kulturellen Brille“ thematisiert werden.
Einbettung
Dabei kann darauf eingegangen werden, dass Wahrnehmung
immer auch kulturgebunden und damit „gefiltert“ ist. Hilfrei­
che Strategien zum Umgang damit sind, den automatisierten
Bewertungsprozess von Situationen zu unterbrechen, die ei­
gene Irritation zu präzisieren und nach anderen Einflussfak­
toren auf die Situation zu suchen.

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5.2.4.3 Begegnung der Kulturen

Begegnung der Kulturen (in Anlehnung an die Übung Bafa Bafa von Shirts, 1977)

In dieser Übung treffen unterschiedliche kulturelle Regeln aufeinander. Drei


Gruppen erhalten jeweils eine eigene, kulturspezifische Rollenbeschreibung.
Anschließend sollen die Gruppen ein Thema gemeinsam diskutieren. Jetzt wird
es spannend ...

Dauer 45 bis 60 Minuten


Gruppengröße 6 bis 30 Personen
Material Skripte (A, B, C)
Ziele Verhalten, (Selbstreflexivität, Einstellungen)
Inhaltliche Missverständnisse, kulturelle Regeln
Themen
Stefan Schmid / 87.190.244.48 (2020-03-17 15:19)

Besonderheiten Drei Gruppenräume oder genügend Platz, um sich im Raum


zu verteilen
Durchführung Der/die Trainer_in teilt die gesamte Gruppe in drei Kleingrup­
pen (A, B und C) auf. Jede Gruppe erhält ein Kulturskript, auf
dem typische Verhaltensweisen und Werte ihrer Kultur be­
schrieben sind. Anschließend bekommen die Teilnehmenden
Zeit, sich die Skripte durchzulesen und sie innerhalb ihrer
Kleingruppe einzuüben. Es bietet sich hierbei an, die Grup­
pen auf verschiedene Räume oder Orte im Freien zu vertei­
len. Der/die Trainer_in sollte die Gruppen beim Einüben der
Skripte in den Räumen aufsuchen, um Fragen zu klären und
potenzielle Schwierigkeiten anzusprechen.
Anschließend finden sich die Gruppen wieder zusammen. Die­
ses Zusammentreffen sollte unter einem bestimmten Thema
stattfinden. Hier kann sich auch etwas individuell für die
Gruppe Passendes oder Aktuelles ausgedacht werden. Bei­
spielsweise könnte das Zusammentreffen die Kaffeepause auf
dem Kongress zum Thema „Die Universität der Zukunft in
ihren internationalen Zusammenhängen“ sein. Dabei wird
allen drei Gruppen eine bestimmte Thematik, über die disku­
tiert werden soll, vorgegeben, wie zum Beispiel „Mehr Frauen
in die Forschung“. Jede_r Teilnehmende sollte sich aktiv an der
Diskussion beteiligen und möglichst viel Kontakt zu Mitglie­
dern aus anderen Kulturen aufnehmen. Bis der/die Trainer_in
das Ende der Übung einleitet und zur Reflexion auffordert,

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130 Kapitel 5

darf dabei die Rolle nicht verlassen werden. Während dieser


Begegnung ist es die Aufgabe der Trainer_innen, die Interak­
tionen zu beobachten und sich Notizen zu machen.
Hinweise Die Kulturskripte befinden sich auf der beiliegenden CD-ROM
zum Ausdrucken.
Varianten –
Debriefing   1. Wie hast du dich insgesamt gefühlt?
  2. Fiel es dir leicht, eine andere Kultur als deine eigene zu
praktizieren?
  3. Beschreibe bitte kurz, wie du dich im Laufe des Treffens
verhalten hast.
  4. Wann hast du dich besonders wohl gefühlt?
  5. Wie haben sich die anderen verhalten?
  6. Was ist beim Zusammentreffen passiert?
  7. Wann hast du dich besonders unwohl gefühlt?
Stefan Schmid / 87.190.244.48 (2020-03-17 15:19)

  8. Was hat dich am meisten verwirrt?


  9. Hast du schon einmal eine ähnliche Situation erlebt?
10. Was war in dieser Situation hilfreich, um mit den Missver­
ständnissen umzugehen?
Mögliche Weiterführende Literatur
theoretische Sullivan, S. E. & Duplaga, E. A. (1997). The Bafa Bafa simula­
Einbettung
tion: Faculty experiences and student reactions. Journal of
Management Education, 21 (2), 265–272.

Kulturskripte

Kultur A
Verhalten
• Sehr offen und freundlich auf alle anderen zugehen
• Innerhalb der eigenen Gruppe intensiven Körperkontakt pflegen, im Umgang
mit anderen eher wenig Körperkontakt suchen
• Sehr offener, intensiver Blickkontakt mit allen anderen
• Sehr gerne und sehr viel reden
• Eher laute Sprechweise
• Wenn du eine Meinung hast, lässt du dich nur schwer von etwas anderem über­
zeugen
• Du versuchst mit möglichst vielen Personen, auch gleichzeitig, Kontakt zu
haben

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Methoden interkultureller Trainings 131

• Bevorzugte Themen bei informellen Treffen: eher oberflächliche Themen wie


Wetter, Sport, das Essen etc.; außerdem redest du sehr gerne über Religionen
und religiöse Themen
• In deiner Kultur gilt es als höflich, beim Trinken zu schlürfen
Werte
• Frauen sind einflussreicher und mächtiger
• Leistung und Arbeit sind sehr wichtig

Kultur B
Verhalten
• Ziemlich zurückhaltend im Umgang mit anderen
• Kein Körperkontakt mit anderen
• Direkter Blickkontakt mit Fremden gilt als unhöflich
• In Gesprächen gehst du sehr positiv und bestätigend mit deinem/r Gesprächs­
partner_in um und machst viele Komplimente
Stefan Schmid / 87.190.244.48 (2020-03-17 15:19)

• Du konzentrierst dich auf deine Gesprächspartner_innen und führst längere,


intensivere Gespräche
• In solchen intensiven Gesprächen redest du gerne viel und ausschweifend, an­
sonsten redest du eher wenig
• Bevorzugte Themen bei informellen Treffen: dein persönliches Leben und deine
persönlichen Erfahrungen und das persönliche Leben und die persönlichen Er­
fahrungen deines/deiner Gesprächspartner_in (z. B. Familie, Hobbys etc.)
• Da du kulinarischen Genüssen sehr zugeneigt bist, stürzt du dich auf die ange­
botenen Speisen und Getränke
Werte
• Männer und Frauen sind gleich einflussreich und wichtig
• Familie und der Genuss des Lebens stehen im Vordergrund
• Wichtig ist die persönliche Meinung von Einzelnen, nicht die Meinung der
Gruppe

Kultur C
Verhalten
• Aktiv intensiven Körperkontakt mit allen anderen suchen
• Offener Blickkontakt
• In Gesprächen gehst du kritisch mit der Meinung und den Aussagen von Ge­
sprächspartner_innen um, bleibst aber immer sehr höflich
• Du sprichst ziemlich leise
• Mit Fremden redest du gerne viel, bei Mitgliedern deiner eigenen Gruppe hörst
du auch gerne mal zu

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132 Kapitel 5

• Bevorzugte Themen bei informellen Treffen: Berufliche und fachliche Themen;


über Persönliches redest du eigentlich nur mit Mitgliedern deiner Gruppe
• Da Höflichkeit in deiner Kultur sehr wichtig ist, sorgst du immer zuerst dafür,
dass deine Gesprächspartner_innen gut mit Essen und Trinken versorgt sind,
bevor du dich um dein eigenes leibliches Wohl kümmerst
Werte
• Männer sind einflussreicher und mächtiger
• Arbeit und Lebensgenuss sind gleich wichtig
• Wichtig ist die Meinung der Gruppe und nicht die Meinung von Einzelnen
Stefan Schmid / 87.190.244.48 (2020-03-17 15:19)

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Methoden interkultureller Trainings 133

5.2.4.4 Das Flughafenspiel

Das Flughafenspiel (in Anlehnung an Losche, 2003)

Eine kurze Rollenspielübung, die unterschiedliche Begrüßungsarten aufeinan­


dertreffen lässt – die Teilnehmenden erhalten Rollenkarten mit unterschiedli­
chen Begrüßungsritualen. Anschließend bewegen sie sich im Raum und füh­
ren die jeweiligen Begrüßungsformen durch.

Dauer 10 bis 15 Minuten


Gruppengröße Flexibel
Material Karten für interkulturelle Begegnungssituationen
Ziele Verhalten, (Einstellungen, Wissen)
Inhaltliche Interkulturelle Begegnungen
Themen
Stefan Schmid / 87.190.244.48 (2020-03-17 15:19)

Besonderheiten –

Durchführung Jede_r Teilnehmende erhält zu Beginn eine Karte mit der Zu­
ordnung zu einer (fiktiven) Kultur sowie der Beschreibung des
entsprechenden Begrüßungsrituals, z. B.:
• Du gehörst zu den Deutschen. Du grüßt so: Händeschüt­
teln mit der rechten Hand.
• Du gehörst zu den Bewohner_innen von Arrakan. Du grüßt
so: den Leib vorbeugen und die Hände über dem Kopf fal­
ten.
• Du gehörst zu den Inder_innen. Du grüßt so: die Handflä­
chen vor der Brust aneinanderlegen und sich leicht vorbeu­
gen.
Im Folgenden werden die Teilnehmenden gebeten, sich vor­
zustellen, sie seien gerade an einem Flughafen gelandet und
würden nun dort in der Wartehalle das erste Mal auf ihre Kol­
leg_innen treffen, bevor sie gemeinsam eine internationale
Konferenz besuchen. Als Botschafter_innen ihres Landes be­
grüßen sie nun die anderen Anwesenden. Dabei dürfen sie
den anderen ihr Begrüßungsritual nicht auf der Karte zeigen
oder mitteilen.
Hinweise Dieses Rollenspiel kann auch flexibel als Energizer eingesetzt
werden. Die Begrüßungskarten finden sich zum Ausdrucken
auch auf der beiliegenden CD-ROM.

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134 Kapitel 5

Varianten Als Alternative können die Karten auch genau doppelt ver­
wendet werden. Die Aufgabe für die Teilnehmenden besteht
dann darin, auf ein Zeichen so schnell wie möglich ihre_n
Partner_in zu finden. Dabei dürfen die Teilnehmenden nicht
verbal miteinander kommunizieren. Sie finden nur durch
nonverbale Kommunikation zueinander, indem sie das jewei­
lige Begrüßungsritual mit der anderen Person durchführen.
Das dauert so lange, bis alle ihre Partner_innen gefunden
haben.
Debriefing 1. Wie hast du dich insgesamt gefühlt? Wann hast du dich be­
sonders wohl bzw. besonders unwohl gefühlt?
2. Fiel es dir leicht, die Begrüßung einer anderen Kultur bei­
zubehalten? Was machte es leicht? Was machte es schwer?
3. Hast du Grenzüberschreitungen erlebt? Wie bist du damit
umgegangen?
4. Was hat dich am meisten verwirrt?
Stefan Schmid / 87.190.244.48 (2020-03-17 15:19)

Mögliche –
theoretische
Einbettung

Begrüßungskarten

Du gehörst zu den Bewohner_innen


Du gehörst zu den Deutschen.
von Arrakan.
Du grüßt so:
Du grüßt so:
Händeschütteln mit der rechten
Den Leib verbeugen und die Hände
Hand
über dem Kopf falten

Du gehörst zu den Bewohner_innen


der Philippinen.
Du gehörst zu den Inder_innen.
Du grüßt so:
Du grüßt so:
Sich tief verbeugen, eine oder beide
Handflächen vor der Brust aneinan­
Hände auf die Wangen legen und
derlegen und sich leicht verbeugen
einen Fuß mit gebogenem Knie em­
porheben

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Methoden interkultureller Trainings 135

Du gehörst zu den Bewohner_innen


Du gehörst zu den Bewohner_innen
Südfrankreichs.
von Malawi.
Du grüßt so:
Du grüßt so:
Küsschen rechts, Küsschen links und
Händeklatschen
nochmal Küsschen rechts

Du gehörst zu den Insulaner_innen


auf Lamurec, einer in der Nachbar­
schaft der Philippinen gelegenen Du gehörst zu den Insulaner_innen
Insel. auf Socotra.
Du grüßt so: Du grüßt so:
Die Hand oder den Fuß derjenigen Küssen der Schultern
Person, die du grüßt, fassen und
Stefan Schmid / 87.190.244.48 (2020-03-17 15:19)

damit das Gesicht reiben.

Du gehörst zu den Bewohner_innen Du gehörst zu den Äthiopier_innen.


von Horse Island.
Du grüßt so:
Du grüßt so: Das Gegenüber bei der rechten Hand
Sich mit dem Bauch auf die Erde fassen und diese zum eigenen Mund
legen bringen

Du gehörst zu den Bewohner_innen


der Marianischen Inseln.
Du gehörst zu den Lapp_innen.
Du grüßt so:
Du grüßt so:
Die Hand auf den Bauch der Person
Nasen fest aneinander drücken
legen, der du Achtung zeigen möch­
test

Du gehörst zu den Avenis. Du gehörst zu den Österreicher_in­


nen.
Du grüßt so:
Einander ins Ohr blasen und den Du grüßt so:
Bauch mit der Hand reiben Handkuss

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136 Kapitel 5

5.2.4.5 Global Playing

Global Playing (in Anlehnung an Kumbruck & Derboven, 2005)

Ein nonverbales Karten- oder Würfelspiel mit besonderen Herausforderungen


– die Teilnehmenden spielen an unterschiedlichen Tischen und stellen erst nach
und nach fest, dass sie unterschiedliche Regeln befolgen.

Dauer 45 bis 60 Minuten


Gruppengröße 16 bis 35 Personen, je nach Variante
Material Spielregeln, 4 bis 5 Skatkartenspiele oder Würfel, 4 bis 5 Vierer­
gruppentische
Ziele Verhalten, (Selbstreflexion, Einstellungen)
Inhaltliche Kulturelle Regeln, Konflikte
Themen
Stefan Schmid / 87.190.244.48 (2020-03-17 15:19)

Besonderheiten –

Durchführung Zunächst sollen die Teilnehmenden an vier Gruppentischen


Platz nehmen, sodass sich vier ca. gleich große Gruppen bil­
den. Anschließend erläutert der/die Trainer_in, dass im Fol­
genden Kartenspiele gespielt werden, für die jedoch keine Vor­
kenntnisse erforderlich sind. Das Spielen erfolgt nonverbal. Auf
den Tischen liegen Zettel mit den Regeln des Spiels. Die Kar­
tenspiele werden nun ausgeteilt und alle bekommen Zeit, sich
einzulesen. Es wird dann zunächst eine Proberunde gespielt,
damit sich jede_r an die Regeln gewöhnen kann. Dann werden
die Blätter mit den Regeln wieder eingesammelt. Es folgen die
„Turnierrunden“ – der/die Gewinner_in jeder Runde muss je­
weils weiterziehen zum nächsten Tisch. Mit Abschluss der letz­
ten Runde darf wieder gesprochen und die Karten dürfen weg­
gelegt werden. Es folgt zuletzt die Reflexion (siehe Debriefing).
Hinweise Die Spielregeln befinden sich zum Ausdrucken auch auf der
beiliegenden CD-ROM.
Varianten Das Spiel kann auch als Würfelversion gespielt werden. Es
kann auch so abgewandelt werden, dass der/die Verlierer_in
zum nächsten Tisch weiterzieht.
Debriefing 1. Wie hast du die Übung erlebt?
2. Was hat das Zusammenspiel erschwert?
3. Wie hast du dich gefühlt? Wie hast du dich gefühlt, als deine
Regeln von anderen nicht beachtet wurden?

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Methoden interkultureller Trainings 137

4. Wie war es, wenn ein „Neuling“ an den Tisch kam?


5. Hat sich irgendwo eine „neue“ Regel an einem Tisch durch­
gesetzt?
6. Was hat das Erlebte mit der Wirklichkeit zu tun?
7. Hast du schon einmal eine vergleichbare Erfahrung gemacht?
Hat dich die Übung an ein früheres Erlebnis erinnert?
Mögliche –
theoretische
Einbettung

Die Regeln2 des Kartenspiels

• Tisch 1: Alle Spieler_innen erhalten sieben Karten. Die erste Person legt eine
Karte. Die nächste muss dieselbe Zahl bzw. dasselbe Bild oder etwas mit einem
höheren Wert legen. Kreuz ist Trumpf. Dieses Blatt kann jederzeit gelegt wer­
Stefan Schmid / 87.190.244.48 (2020-03-17 15:19)

den und auf dieses kann jede andere gewünschte Karte gelegt werden. Wer gar
nichts legen kann, muss eine Karte vom Stapel nehmen. Wer als erstes keine
Karten mehr hat, hat gewonnen. Der/die Gewinner_in eines Spieles muss wei­
terziehen zum nächsten Tisch.
• Tisch 2: Alle Spieler_innen erhalten sieben Karten. Die erste Person legt eine
Karte. Die nächste muss dieselbe Farbe legen oder Herz. Herz ist Trumpf. Damit
kann eine neue Farbe gewählt werden, die auf den Stapel zu legen ist. Wer gar
nichts legen kann, kann bis zu dreimal eine Karte vom Stapel nehmen. Wer als
erstes keine Karten mehr hat, hat gewonnen. Der/die Gewinner_in eines Spiels
muss weiterziehen zum nächsten Tisch.
• Tisch 3: Alle Spieler_innen erhalten sieben Karten. Die erste Person legt eine
Karte. Die nächste muss dieselbe Zahl bzw. dasselbe Bild oder etwas mit einem
niedrigeren Wert legen. Karo ist Trumpf. Dieses Blatt kann jederzeit gelegt wer­
den und auf dieses kann jede andere gewünschte Karte gelegt werden. Wer gar
nichts legen kann, kann eine Karte vom Stapel nehmen. Wer als erstes keine
Karten mehr hat, hat gewonnen. Der/die Gewinner_in eines Spieles muss wei­
terziehen zum nächsten Tisch.
• Tisch 4: Alle Spieler_innen erhalten sieben Karten. Die erste Person legt eine
Karte. Die nächste muss dieselbe Farbe legen oder Pik. Pik ist Trumpf. Damit
kann eine neue Farbe gewählt werden, die auf den Stapel zu legen ist. Wer gar
nichts legen kann, muss drei Karten vom Stapel nehmen. Wer als erstes keine
Karten mehr hat, hat gewonnen. Der/die Gewinner_in eines Spieles muss wei­
terziehen zum nächsten Tisch.

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138 Kapitel 5

5.2.4.6 Gruppencode

Gruppencode

Diese Übung ermöglicht eine kurze Erfahrung der Ausgrenzung aus einer
Gruppe. Zwei Teilnehmende werden gebeten, den Raum zu verlassen. Wenn
sie wieder zur Gruppe zurückkommen, müssen sie einen vorher festgelegten
„Code“ der Gruppe erraten und umsetzen.

Dauer 45 Minuten
Gruppengröße 8 bis 30 Personen
Material Zettel und Stift für Beobachter_innen
Ziele Verhalten, (Einstellungen)
Inhaltliche Zugehörigkeit und Ausgrenzung
Themen
Stefan Schmid / 87.190.244.48 (2020-03-17 15:19)

Besonderheiten –

Durchführung Zunächst wird die Gruppe in ein bis drei Beobachter_innen,


zwei bis drei „Neulinge“ und den Rest der Teilnehmenden,
die im Raum bleiben, geteilt. Es kann z. B. gefragt werden, wer
eine Herausforderung erleben möchte (= Neulinge) und wer
die Situation lieber von außen betrachten möchte (= Beobach­
ter_innen). Anschließend gehen die Beobachter_innen und die
Neulinge aus dem Raum. Der/die Trainer_in erklärt den Ver­
bliebenen die Regeln, die in der fiktiven Kultur der Gruppe im
Raum herrschen und befolgt werden müssen, um Teil der
Gruppe zu werden. Diese sind:
1. Auf Augenhöhe mit Gesprächspartner_innen begeben (z. B.
hinsetzen, wenn die andere Person sitzt)
2. Begrüßen
3. Offene Fragen stellen
Werden diese Regeln von den Neulingen bei ihrer Ankunft im
Raum nicht beachtet, werden diese ignoriert. Damit das Ig­
norieren leichter fällt, soll sich die Gruppe ein Thema überle­
gen, über welches sie sich in diesem Fall unterhalten kann.
Anschließend werden die Beobachter_innen hereingeführt
und erhalten einen Zettel zur späteren Reflexion. Den Neu­
lingen wird erklärt, dass es ihre Aufgabe ist, Kontakt mit der
Gruppe im Raum aufzubauen. Sie sollen sich hierzu eine ent­
sprechende Strategie überlegen. Dann werden sie in den
Raum geführt und die Simulation beginnt.

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Methoden interkultureller Trainings 139

Die Simulation sollte ca. 20 Minuten dauern. Es folgt zunächst


eine Einzelreflexion und dann ein Gespräch im Plenum (siehe
Debriefing).
Hinweise Da diese Übung – insbesondere von Personen mit Mobbing-
oder Ausgrenzungserfahrungen – sehr intensiv erlebt werden
kann, ist eine besondere Aufmerksamkeit der Trainer_innen
für die Bedürfnisse und Gefühle der Teilnehmenden un­be­
dingt ratsam. Es sollte überdies Zeit für Nachbesprechungen
auch mit einzelnen Beteiligten eingeplant werden.
Varianten Die Gruppe im Raum kann sich alternativ auch ein anderes
Zielverhalten überlegen, das von den Neulingen erwartet
wird. In einer weiteren Variante kann die Gruppe im Raum
aufgefordert werden, den Neulingen über ein akustisches Si­
gnal (z. B. Summen) einen Hinweis zu geben, was das erwar­
tete Verhalten ist. Leises Summen heißt dann beispielsweise
Stefan Schmid / 87.190.244.48 (2020-03-17 15:19)

„kalt“ bzw. „falsch“, lauteres Summen „warm“ bzw. „rich­


tig“.
Debriefing Zunächst werden die Teilnehmenden gebeten, die Übung ein­
zeln anhand von den folgenden Leitfragen zu reflektieren.
Diese Leitfragen stehen auf der beiliegenden CD-ROM zum
Ausdrucken zur Verfügung.
An die Neulinge
• Was habt ihr gefühlt und gedacht, als ihr die Aufgabe be­
kommen habt?
• Welche Strategie habt ihr euch überlegt, bevor ihr in die
Gruppe gegangen seid?
• Wie habt ihr euch gefühlt, als ihr nicht beachtet wurdet?
• Habt ihr herausgefunden, welchen Code die Gruppe hatte?
• Wie habt ihr euch als „Neue“ gefühlt?
Übertragt eure Gefühle und Beobachtungen einmal auf Men­
schen, die neu in ein Land einreisen.
• Was fällt euch da ein?
• Was kann hier hilfreich sein?
An die Gruppe
• Wie habt ihr euch als Gruppe gefühlt?
• Wie habt ihr die Gruppe und die einzelnen Gruppenmit­
glieder erlebt?
• Welche Gefühle hattet ihr im Blick auf die „Neuen“?

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140 Kapitel 5

Übertragt eure Gefühle und Beobachtungen einmal auf Men­


schen, die neu in ein Land einreisen.
• Was fällt euch da ein?
• Was kann hier hilfreich sein?
An die Beobachter_innen
• Wie habt ihr die „Neuen“ wahrgenommen? Was war auf­
fällig?
• Wie hat sich die Gruppe verhalten?
• Was ist für euch die zentrale Erkenntnis aus der Außen­
sicht?
Übertragt eure Gefühle und Beobachtungen einmal auf Men­
schen, die neu in ein Land einreisen.
• Was fällt euch da ein?
• Was kann hier hilfreich sein?
Im Plenum wird die Simulation anschließend gemeinsam re­
Stefan Schmid / 87.190.244.48 (2020-03-17 15:19)

flektiert. Dazu werden zunächst die Beobachter_innen befragt:


• Welche Beobachtungen habt ihr gemacht? Wie haben sich
die Neulinge verhalten? Was konnte man bei der Gruppe
beobachten?
Wenn möglich wird dann die Aufgabe für die Neulinge aufge­
löst.
Anschließend werden die „Neulinge“ befragt:
• Was war eure ursprüngliche Strategie? Ist diese aufgegan­
gen?
• Wie habt ihr euch gefühlt, als ihr von der Gruppe ignoriert
wurdet?
Zuletzt wird die Gruppe im Raum befragt:
• Wie habt ihr die Simulation erlebt?
• Wie fühlte es sich an, die Neulinge bewusst zu ignorieren?
• Habt ihr schonmal eine ähnliche Erfahrung gemacht?
Mögliche Im Anschluss an die Übung können die Themen Ausgrenzung,
theoretische Zugehörigkeit und Integration im Plenum besprochen werden.
Einbettung
Darüber hinaus besteht auch die Möglichkeit, im Anschluss die
Phasen eines Kulturschocks (vgl. Kap. 2.4.4) zunächst an der
Flipchart vorzustellen und dann (basierend auf den Erfahrun­
gen mit der Übung) hilfreiche Strategien zum Umgang mit
einem Kulturschock zu erarbeiten und ebenfalls an der Flip­
chart zu sammeln.

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5.2.4.7 Konversationsknigge

Konversationsknigge (in Anlehnung an Thiagarajan & van den Bergh, 2014)

Verschiedene Instruktionen führen hier zu Herausforderungen im Gespräch –


die Teilnehmenden erhalten unterschiedliche Instruktionen, wie sie sich wäh­
rend einer Gesprächssituation verhalten sollen. Dann sollen sie mit anderen
Teilnehmenden eine Konversation zu einem beliebigen Thema führen. Im An­
schluss wird geraten, wer welche Instruktion hatte.

Dauer 20 bis 30 Minuten


Gruppengröße 4 bis 40 Personen (empfohlen 15 bis 30)
Material Konversationskarten, Pfeife, Uhr
Ziele Verhalten, (Einstellungen)
Inhaltliche Kommunikation, interkulturelle Begegnung
Stefan Schmid / 87.190.244.48 (2020-03-17 15:19)

Themen

Besonderheiten Freier Platz ist notwendig für Bewegung

Durchführung Zunächst werden die Konversationskarten verteilt und die


Teilnehmenden gebeten, diese durchzulesen. Die Konversa­
tionskarten enthalten Instruktionen, wie zum Beispiel:
• Es ist unhöflich zu schreien, sprich weich. Flüstere. Selbst
wenn andere dich nicht hören können, hebe nicht deine
Stimme.
• Es ist wichtig, deinen Enthusiasmus zu zeigen. Unterbrich
die Gespräche, um deine Ideen mitzuteilen. Vergiss nicht,
es ist unhöflich, deine Gedanken zurückzuhalten.
• Sei du selbst! Verhalte dich, wie du es auch auf einer nor­
malen informellen Party tun würdest.
Wenn keine Fragen bestehen, können die Konversationskar­
ten verdeckt von den Teilnehmenden verwahrt werden. An­
schließend finden die Teilnehmenden sich in Gruppen von
vier bis sechs Personen zusammen. Innerhalb dieser Gruppen
sollten sich die Teilnehmenden möglichst noch nicht so gut
kennen. Die Teilnehmenden haben nun fünf Minuten Zeit,
sich über ein Thema der Wahl – z. B. Politik, Sport, TV-Serien,
Bücher oder den Sinn des Lebens – zu unterhalten. Hierbei ist
die Aufgabe, die Instruktion der jeweiligen Konversations­
karte einzuhalten, diese jedoch den anderen nicht mitzutei­
len.

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142 Kapitel 5

Nach Ablauf der fünf Minuten beendet der/die Trainer_in die


Gespräche und die Teilnehmenden werden aufgefordert, neue
Gruppen zu bilden. Dann beginnt ein neues Gespräch.
Nach Abschluss von zwei bis drei Runden sollen die Teilneh­
menden die Gespräche Revue passieren lassen und überle­
gen, welche Instruktion ihre Mitspielenden gehabt haben
könnten. Im Anschluss dürfen im Plenum Vermutungen dar­
über geäußert werden, jedoch ohne dass die anderen Teilneh­
menden diese bestätigen oder verneinen. Der/die Trainer_in
weist darauf hin, dass es auch eine Konversationskarte gab,
auf der „Sei du selbst“ stand. Auch hier dürfen Vermutungen
geäußert werden, wer diese Instruktion erhalten hatte. Zu­
letzt teilt jede_r mit, welche Instruktion er/sie bekommen hat
und wessen Vermutung dazu am nächsten lag.
Hinweise Die Konversationskarten zur Instruktion befinden sich auf der
Stefan Schmid / 87.190.244.48 (2020-03-17 15:19)

beiliegenden CD-ROM zum Ausdrucken. Bei einer geringeren


Anzahl an Teilnehmenden als 12 Personen muss sichergestellt
werden, dass sich die „Sei du selbst“-Karte unter den ausgege­
benen Karten befindet. Manchmal bietet es sich an, ein Ge­
sprächsthema vorzugeben, da es dann für die Teilnehmenden
leichter ist, sich zu unterhalten und gleichzeitig ihrer Instruk­
tion zu folgen. Die Themen können pro Runde variiert werden.
Varianten • Jede_r Teilnehmende erhält eine unterschiedliche Instruk­
tion.
• Es gibt jeweils zwei Teilnehmende mit der gleichen Instruk­
tion. Diese sollen sich gegenseitig finden.
Debriefing 1. Was ist passiert?
Welche Themen wurden besprochen? Was waren die Unter­
schiede in den Runden? Warum denkst du, kam es zu diesen
Unterschieden? Kamst du in Versuchung, deine Instruktion
mitzuteilen? Lagst du mit deinen Vermutungen bzgl. der Ins­
truktionen anderer richtig?
2. Wie hast du dich gefühlt?
Während der Übung – beim Abschluss? Wann hast du dich am
meisten geschämt? Wegen dir selbst oder jemand anderem?
Wer war am unverschämtesten? Du oder jemand anderes?
3. Was wäre, wenn …?
… diese Gespräche nur mit jeweils einer anderen Person statt­
gefunden hätten?

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Methoden interkultureller Trainings 143

... diese Gespräche 45 statt 5 Minuten lang gewesen wären?


... du gebeten worden wärst, ein Arbeitstreffen mit den ande­
ren zu veranstalten?
... das Thema der Gespräche vorgegeben worden wäre?
... du eine andere Instruktion bekommen hättest in der zwei­
ten Runde?
Mögliche Als theoretische Einbettung besteht die Möglichkeit, auf die
theoretische Kulturdimensionen nach Hall (vgl. Kap. 2.3.1) einzugehen.
Einbettung
Dazu können die Dimensionen zunächst, z. B. anhand einer
Flipchart, präsentiert werden. Im Anschluss können die Teil­
nehmenden gebeten werden, eigene Beispiele oder passende
Erfahrungen aus der Übung zu benennen.

Konversationskarten3
Stefan Schmid / 87.190.244.48 (2020-03-17 15:19)

Es ist unhöflich, mit mehr als einer


Es ist unhöflich, zu schreien, sprich Person gleichzeitig zu reden. Sprich
weich. Flüstere. Selbst wenn andere immer nur mit einer Person, die nah
dich nicht hören können, hebe nicht bei dir steht, um ein privates
deine Stimme. Gespräch zu führen. Sprich nicht zu
allen als Gruppe.
Es ist unhöflich, nahe bei anderen
Personen zu stehen – bewahre
Es ist unhöflich, abseits zu stehen.
Distanz. Bleib so weit entfernt, dass
Stell dich nah an die anderen heran,
mindestens eine Armlänge zwischen
sodass du sie nahezu berühren
dir und dem/der Nächsten besteht.
kannst. Wenn jemand weggeht, geh
Wenn jemand dir nahekommt, gehe
noch näher heran.
so weit zurück, bis der gewünschte
Abstand erreicht ist.
Es ist freundlich, seine Gedanken
und Gefühle ohne jegliche
Sei du selbst! Verhalte dich, wie du es Hemmungen mitzuteilen – mache
auch auf einer normalen informellen diverse Selbstoffenbarungsaussagen.
Party tun würdest. Beschreibe deine intimen Gefühle
über verschiedene Themen. Stelle
persönliche Fragen.

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144 Kapitel 5

Es ist wichtig, deinen Enthusiasmus


Es ist höflich, jemandes Nähe zu
zu zeigen. Unterbrich die Gespräche,
suchen. Berühre den Arm oder die
um deine Ideen mitzuteilen. Vergiss
Schulter von den Personen, mit
nicht, es ist unhöflich, deine
denen du sprichst.
Gedanken zurückzuhalten.

Es ist unhöflich, impulsiv zu


Es ist unhöflich, direkt und taktlos zu
sprechen. Wenn eine andere Person
sein. Sprich abstrakt und
dich etwas fragt, zähle langsam bis
thematisiere Dinge nur indirekt.
sieben und antworte erst dann.

Es ist wichtig, die Aufmerksamkeit


Es ist unhöflich, andere Leute
von anderen zu erlangen, bevor man
anzustarren. Vermeide
spricht. Schnipse über dem Kopf mit
Augenkontakt. Schau auf den Boden
einer Hand, sobald du etwas sagen
oder die Schuhe der anderen Person
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möchtest oder jemand dich etwas


und niemals in deren Gesicht.
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5.2.4.8 Moonies & Sunnies

Moonies & Sunnies (Losche, 2003)

Ein nonverbales Rollenspiel, bei dem zwei Gruppen sehr unterschiedliche und
gegensätzliche Verhaltensweisen zeigen. In einem Aufeinandertreffen der
Gruppen entstehen dadurch ungewohnte oder konflikthafte Situationen.

Dauer 30 bis 40 Minuten


Gruppengröße 6 bis 40 Personen
Material Beschreibungen der kulturellen Regeln für die Kleingruppen
(Verhaltensinstruktionen)
Ziele Selbstreflexivität, Einstellungen
Inhaltliche Kommunikation, interkulturelle Begegnung
Themen
Stefan Schmid / 87.190.244.48 (2020-03-17 15:19)

Besonderheiten –

Durchführung Zunächst werden die Teilnehmenden in zwei Kleingruppen


aufgeteilt, die in verschiedene Räume (oder an unterschied­
liche Orte im Freien) gebracht werden. Die zwei Kleingrup­
pen – die Moonies und die Sunnies – erhalten nun spezifische
Verhaltensinstruktionen und haben zehn Minuten Zeit, um
sich diese anzueignen und einzuüben. Diese umfassen An­
weisungen nach der Art „Moonies begrüßen sich, indem sie
sich gegenseitig auf den Rücken klopfen“ oder „Moonies zei­
gen ihre Erheiterung, indem sie sich auf die Nase tippen, aber
nicht durch Lachen“.
Nach dieser Übungsphase treffen beide Kleingruppen wieder
zusammen. Die Teilnehmenden sollen nun unter Einhaltung
der Regeln miteinander kommunizieren. Das Thema sollte
dabei an den Rahmen des Trainings angepasst werden (z. B.
„Diversität am Arbeitsplatz“). Anschließend findet das De­
briefing statt.
Hinweise Die genauen Verhaltensinstruktionen für die Kleingruppen
finden sich in Losche (2003).
Varianten Anstelle eines Zusammentreffens können sich die Gruppen
auch gegenseitig besuchen. In dieser Variante würden die Be­
suchenden nicht ihre Rolle spielen, sondern nur beobachten,
wie sich die Gastgebenden verhalten. Sie sollen dann probie­
ren, möglichst viele Verhaltensweisen zu entschlüsseln.

Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form vervielfältigt und an Dritte weitergegeben werden.
Aus R. Kempen, S. Schumacher, A. M. Engel und L. Hollands: Interkulturelle Trainings planen und durchführen (9783840930294) © 2020 Hogrefe Verlag, Göttingen.
146 Kapitel 5

Debriefing 1. Welche Verhaltensweisen konntest du beobachten?


2. Welche Dimensionen der Kommunikation tauchen auf
(nonverbal, verbal, Nähe/Distanz …)?
3. Wie hast du dich bei den verschiedenen Verhaltensweisen
gefühlt?
4. Was hast du generell empfunden?
Mögliche Im Anschluss an diese Übung können die verschiedenen Kul­
theoretische turdimensionen nach Hall (1963; vgl. Kap. 2.3.1) thematisiert
Einbettung
werden. Zum Beispiel kann darauf eingegangen werden, wel­
che Erfahrungen die Teilnehmenden mit unterschiedlichen
Körperdistanzen oder indirekter/direkter Kommunikation ge­
macht haben.
Stefan Schmid / 87.190.244.48 (2020-03-17 15:19)

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Methoden interkultureller Trainings 147

5.2.4.9 Reise nach Sharahad

Reise nach Sharahad (in Anlehnung an Darg, 1999)

Ein Rollenspiel mit der fiktiven Kultur der Sharahadianer, die sehr ungewöhn­
liche Verhaltensweisen und Kommunikationsmuster zeigt. Die Besonderheit –
Teilnehmende mit unterschiedlichen Rollen sollen ein gemeinsames Projekt
aushandeln.

Dauer 30 bis 40 Minuten


Gruppengröße 4 bis 5 Personen pro Gruppe (mehrere Gruppen möglich)
Material Instruktionen
Ziele Selbstreflexivität, Einstellungen
Inhaltliche Kommunikation, interkulturelle Begegnung, Verhandeln
Themen
Stefan Schmid / 87.190.244.48 (2020-03-17 15:19)

Besonderheiten –

Durchführung Die Teilnehmenden werden in Gruppen mit je 4 bis 5 Perso­


nen aufgeteilt. Jede Gruppe sollte aus zwei „Deutschen“ und
zwei bis drei „Sharahadianer_innen“ bestehen.
Die Deutschen und die Sharahadianer_innen werden anschlie­
ßend in zwei unterschiedliche Räume gebracht. Die jeweili­
gen Instruktionen werden ausgeteilt und die Teilnehmenden
instruiert, sich mit ihrer Rolle und ihrem Auftrag vertraut zu
machen. Zu den Eigenheiten der Sharahadianer_innen zählt
z. B., dass sie sehr stolz darauf sind, expressiv zu sprechen und
auf persönliche und enge Weise mit anderen zu interagieren.
Dies beinhaltet unter anderem, intensiven Augenkontakt zu
halten und in geringer Distanz zu der Person zu stehen, mit
der man spricht. Der/die Trainer_in übt insbesondere mit den
Sharahadianer_innen deren Kultur ein (z. B. Nähe, intensiver
Augenkontakt, Mischung von persönlichen und Geschäftsthe­
men etc.). Betont wird den Deutschen gegenüber insbeson­
dere die Aufgabe, dass sie ein gutes Geschäft abschließen sol­
len und dafür die sharahadianische Kultur intensiv beobachten
und sich ggf. daran adaptieren sollen.
Beide Gruppen werden im Anschluss wieder in einen Raum
gebeten. Sie treffen nun aufeinander und beginnen ihre Ver­
handlungen (15 bis 20 Minuten).

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148 Kapitel 5

Hinweise Falls die Verhandlungen ins Stocken kommen, erinnert der/


die Trainer_in die Deutschen daran, dass die Sharahadianer_
innen ihre Fragen eventuell auf ihre kulturell spezifische Art
beantworten. Es sollte betont werden, dass beide Seiten sich
gegenseitig Respekt zeigen sollten, auch wenn kein Geschäfts­
abschluss getroffen werden kann.
Die Instruktionen der Übung („Amerikaner_innen“ vs. „Sha­
rahadianer_innen“) finden sich unter dem folgenden Link:
https://globaledge.msu.edu/content/academy/​exercisessimu­
lations/journey_to_sharahad.pdf
Varianten Die Originalvariante beschreibt „Amerikaner_innen“ statt
„Deutsche“. Das Thema der Verhandlungen und die jeweilige
Instruktion sollte an die Zielgruppe angepasst werden, um si­
cherzustellen, dass die Teilnehmenden sich auch inhaltlich in
die Verhandlungssituation hineinversetzen können.
Stefan Schmid / 87.190.244.48 (2020-03-17 15:19)

Debriefing 1. Für die Deutschen:


Welche kulturellen Unterschiede hast du in der Diskussion
mit den Sharahadianer_innen erlebt?
Mögliche Antworten: nonverbale Kommunikation (Nähe, in­
tensiver Blickkontakt), Werte (Bescheidenheit, Mischung von
privaten und geschäftlichen Themen, Vermeidung Verspre­
chen einzugehen)
2. Für die Sharahadianer_innen:
Was haben die deutschen Gäste gemacht, was du als verwir­
rend oder frustrierend wahrgenommen hast?
Mögliche Antworten: Deutsche brechen kulturelle Normen
(z. B. Nähe, kein Blickkontakt, Forderung nach definitiven
Aussagen bzgl. der Zukunft, keine Mischung privater und ge­
schäftlicher Themen)
3. Für alle:
Was sind die Implikationen einer solchen Übung für die Rea­
lität?
Mögliche Antworten: unterschiedliche Kulturen haben unter­
schiedliche Regeln und Normen, interkulturelle Kommunika­
tion bedeutet Bewusstsein und Anpassung an neue kulturelle
Muster, viele Kommunikationsmuster, die wir nutzen, sind
nicht universell.

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Methoden interkultureller Trainings 149

Mögliche Nach dieser Übung bietet sich ein theoretischer Bezug zu den
theoretische Themen interkulturelle Kommunikation (insbesondere Nähe/
Einbettung
Distanz, nonverbale Kommunikation; vgl. Kulturdimensionen
nach Hall, Kap. 2.3.1) und kulturelle Werte (z. B. Langzeit-/
Zukunftsorientierung; vgl. Kulturdimensionen nach Hofstede
und GLOBE-Studie, Kap. 2.3.1 und 2.3.3) an.
Beispielsweise können die Antworten auf die Auswertungs­
fragen zunächst an der Flipchart festgehalten werden. Die the­
oretischen Modelle können dann (z. B. per Flipchart oder per
PowerPoint-Präsentation) vorgestellt werden. In einem letz­
ten Schritt können dann beide Flipcharts parallel betrachtet
werden und die Teilnehmenden gebeten werden, eigene Ant­
worten zu benennen, die möglicherweise auf die vorgestell­
ten Kulturdimensionen zurückgeführt werden können.
Stefan Schmid / 87.190.244.48 (2020-03-17 15:19)

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150 Kapitel 5

5.2.5 Planspiel
Ein Planspiel ist ein komplexes, interaktives Spiel, welches auf der lebensnahen
Simulation einer Situation aus dem wirklichen Leben basiert. Die Teilnehmenden
übernehmen dabei bestimmte Rollen, treffen aus dieser Rolle heraus Entschei­
dungen und erhalten Feedback zu den Konsequenzen ihres Handelns.

Planspiel

Hier kann man so richtig eintauchen und einen Sachverhalt von verschiedenen
Seiten intensiv beleuchten. Ein Planspiel ist eine (zeit-)intensive Übung zur Si­
mulation komplexer realer Systeme, die in unzähligen Varianten durchgeführt
werden kann.

Dauer 60 Minuten bis mehrere Tage


Gruppengröße Mindestens 15 bis 20 Personen
Stefan Schmid / 87.190.244.48 (2020-03-17 15:19)

Material Rollenanweisungen, Beschreibung der Szenarios usw.


Ziele Wissen, Einstellungen, Selbstreflexivität, Verhalten
Inhaltliche Kommunikation, Kreativität, Kooperation, Reflexion, Trans­
Themen fer
Besonderheiten Charakteristika sind stark abhängig von der Ausgestaltung
dieser Methode.
Durchführung Ein Planspiel versetzt die Teilnehmenden in eine fiktive Situ­
ation, die ein vereinfachtes Abbild eines realen Problems ist.
Während mehrerer Spielrunden machen sich die Teilnehmen­
den mit der Situation vertraut, führen Verhandlungen und fäl­
len konkrete Entscheidungen. Daraus entsteht dann jeweils
eine neue Ausgangslage für die nächste Spielrunde. In der
Transferphase werden die Erfahrungen aus dem Planspiel re­
flektiert (Ulrich, 2003).
Aus Platzgründen können die einzelnen Phasen eines Plan­
spiels hier nur kurz skizziert werden. Die weiterführende Li­
teratur (vgl. mögliche theoretische Einbettung) enthält aus­
gearbeitete Planspiele mit interkulturellem Bezug.
1. Einführung
• Einführung in die Planspielmethode: Worum geht es? Wie
funktioniert das Spiel? Was ist der Zeitrahmen?
• Darstellung der Zielsetzung der Simulation (z. B. Einfühlen
in die verschiedenen Akteure, Vertiefung des Wissens zu
einem Themenbereich)

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Methoden interkultureller Trainings 151

• Rollenverteilung und organisatorische Fragen


• Einarbeitung in die Rollen (Verteilen von Hintergrund­
informationen zu den Rollen, Einarbeitung zu den Interes­
sen und Möglichkeiten der jeweiligen Gruppe)
• Hintergrundinformationen zum jeweiligen inhaltlichen
Thema
2. Simulation
• Wechselseitige Interaktions- und Entscheidungsprozesse
der verschiedenen Rollen oder Gruppen
• Verschiedene Aktionsformen möglich, z. B. Diskussionen
und Interaktionen, Beratungen, Verhandlungen, Geschäfte
etc.
3. Auswertung und Transfer
• Persönliche Ebene: Welche Erfahrungen wurden im Spiel­
verlauf gemacht? Welche Erkenntnisse wurden gewonnen?
Stefan Schmid / 87.190.244.48 (2020-03-17 15:19)

Wurden die Lernziele erreicht?


• Inhaltliche Ebene: Vergleich der Ergebnisse mit der Reali­
tät: Welche offenen Fragen sind entstanden? Wo besteht
noch Informationsbedarf? Was sind Handlungsoptionen in
der Realität?

Hinweise • Es sollte genügend Zeit zur Verfügung stehen.


• Besonders der Reflexionsphase kommt eine wichtige Be­
deutung zu.
• Es sollten angemessene Räumlichkeiten vorhanden sein.
• Der/die Trainer_in sollte den Gruppen permanent zur Ver­
fügung stehen, einerseits um auf den zeitlichen Rahmen
zu achten, andererseits um thematische Hilfestellung zu
geben und sicherzustellen, dass jede Gruppe weiß, was ihr
Auftrag in der jeweiligen Phase ist.
Varianten In einer Variante des Planspiels können die Teilnehmenden die
Erfahrungen von Geflüchteten in verschiedenen Kontinenten
nachempfinden und die Routen der Migration bzw. Flucht auf
einem Spielbrett nachverfolgen. Jede Person schlüpft dabei in
die Rolle eines/einer Geflüchteten und versucht, in ein ande­
res Land zu gelangen. Zusätzlich gibt es verschiedene Quizfra­
gen zu beantworten sowie unvorhersehbare Ereignisse, die den
Geflüchteten Steine in den Weg legen (weitere Informationen
unter: https://www.secours-catholique.org/actualites/en-route-​
avec-les-migrants-un-jeu-a-telecharger).

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152 Kapitel 5

Debriefing 1. Bist du mit dem Ergebnis zufrieden? Wenn ja, warum?


Wenn nicht, warum nicht?
2. Wie hast du den Spielverlauf empfunden?
3. Konntest du die Interessen deiner Rolle vertreten?
4. Konntest du die Argumente deiner Rolle in der Diskussion
einbringen?
5. Als wie fiktiv hast du das Szenario empfunden?
6. Wie hast du die Zusammenarbeit zwischen den anderen
Parteien wahrgenommen?
Mögliche Weiterführende Literatur zu einer Simulation zum Thema
theoretische Nachhaltigkeit: Ulrich, M. (2003). Mit Planspielen Nachhaltige
Einbettung
Entwicklung erleben! Der Beitrag der Planspielmethodik zur Bil­
dung über Nachhaltigkeit. Verfügbar unter: http://www.ucs.ch/
service/download/docs/artikelpsnaha.pdf
Stefan Schmid / 87.190.244.48 (2020-03-17 15:19)

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Methoden interkultureller Trainings 153

5.2.6 Critical Incidents


Critical Incidents enthalten Beschreibungen kritischer interkultureller Begeg­
nungssituationen. Im Zentrum dieser Technik stehen die Beschreibung einer kon­
kreten Situation und der Verhaltensweisen der beteiligten Personen sowie die Kon­
sequenzen der Situation.

Critical Incidents (nach Flanagan, 1954)

Fast ein Muss für jedes Training, das an den Erfahrungen der Teilnehmenden
andocken will – die Teilnehmenden formulieren selbst „kritische“ Ereignisse
in interkulturellen Begegnungssituationen auf Basis ihrer eigenen Erfahrungen
und tauschen sich anschließend darüber aus. Critical Incidents sind in vielfäl­
tigen Varianten einsetzbar.

Dauer 30 bis 60 Minuten


Stefan Schmid / 87.190.244.48 (2020-03-17 15:19)

Gruppengröße 9 bis 20 Personen


Material Instruktionen
Ziele Verhalten, Selbstreflexivität, (Einstellungen)
Inhaltliche Kulturelle Missverständnisse und Herausforderungen, eigene
Themen Erfahrungen der Teilnehmenden
Besonderheiten –

Durchführung Critical Incidents beschreiben typischerweise Situationen in­


terkultureller Begegnungen, in denen es zu einem Missver­
ständnis oder Konflikt auf Basis widersprüchlicher Werte, Re­
geln und Normen kommt. Diese werden oft aufgrund von
fehlendem Verständnis und Wissen über die andere Kultur
falsch interpretiert. Mithilfe dieses kulturellen Wissens sind
sie jedoch einfach zu erklären.
Critical Incidents beinhalten dabei zunächst eine Beschrei­
bung dessen, was passiert ist, sowie eine Beschreibung der af­
fektiven und Verhaltensreaktion der beteiligten Personen.
Wichtig dabei ist, dass sie nicht die kulturellen Unterschiede
beschreiben, die zu dem Ereignis geführt haben. Vielmehr ist
es Ziel der Übung, die Critical Incidents zu reflektieren, um
die zugrundeliegenden Ursachen herauszuarbeiten und mög­
liche Ursachen und Lösungen für den Critical Incident zu dis­
kutieren und zu erarbeiten.

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154 Kapitel 5

Implementierung

Zu Beginn werden die Teilnehmenden gebeten, über eine


„kritische“ Situation nachzudenken, die ihnen selber wider­
fahren ist (z. B. weil es sich um ein Missverständnis, einen
Konflikt handelt, sie daraus etwas gelernt haben oder sich
oft daran erinnern müssen). Diese Situation sollen sie ent­
lang bestimmter Leitfragen beschreiben. Diese können z. B.
lauten:
1. Was ist in der Situation passiert?
2. Wie glaubst du, haben sich die beteiligten Personen in der
Situation gefühlt?
3. Warum glaubst du, ist das so?
4. Wie haben die beteiligten Personen in der Situation re­
agiert?
5. Warum glaubst du, dass die Personen so reagiert haben?
Stefan Schmid / 87.190.244.48 (2020-03-17 15:19)

Die Situationen können dann auf einem Blatt oder einer Kar­
teikarte bzw. Moderationskarte notiert werden (je nach Va­
riante). Ein Beispiel für einen Critical Incident könnte Fol­
gen­des enthalten:

„[Ein russischer Student] kommt in Deutschland an und fährt


direkt vom Flughafen zur Hochschule. Dort sucht er zunächst
das International Office auf. Frau Dietz, die Mitarbeiterin im
International Office, ist irritiert, da der Student mit seinem
gesamten Gepäck in der Tür steht. Sie fragt ihn, wo er wohnen
wird. Er erwidert sichtlich verwundert, dass er sich weder um
eine Wohnung noch um eine vorübergehende Unterkunft, bei­
spielsweise ein Hotel, gekümmert hat. Er ist davon ausgegan­
gen, dass das International Office ihm eine Unterkunft besorgt
hat und er nun dort einziehen kann. Frau Dietz ist fassungs­
los.“ (Hiller, 2016, S. 18)

Anschließend werden die Critical Incidents gesammelt und


vorgestellt. Dies kann auf verschiedene Weise geschehen (siehe
Varianten). Die Teilnehmenden sollen nun zunächst beschrei­
ben, was sich in der Situation ereignet hat. Anschließend re­
flektieren sie, welche Ursachen zum Verlauf der Situationen
beigetragen haben und was mögliche Lösungen für die Situ­
ation sind. Der/die Verfasser_in kann dann ggf. berichten, wie
die Situation in der Realität ausgegangen ist bzw. welche Lö­
sungen sie oder er gefunden hat.

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Methoden interkultureller Trainings 155

Hinweise Die Methode der Critical Incidents eignet sich besonders gut
dafür, mit realen Beispielen interkultureller Begegnungen der
Teilnehmenden zu arbeiten. So gewinnt die Beschäftigung
mit dem Thema an persönlicher Relevanz und die Übertra­
gung in den Alltag fällt leichter. Insbesondere für Gruppen,
die im Alltag zusammenarbeiten, bietet sich die Methode an,
um an Situationen aus dem realen Arbeitsleben anzusetzen.
In Abhängigkeit von der Zielgruppe kann man die Critical In­
cidents auch anonym abfragen (z. B. per Online-Befragung vor
dem Training oder durch anonymes Ausfüllen, Sammeln und
Präsentieren während des Trainings).
Während der Diskussion sollte der/die Trainer_in als Mode­
rator_in auftreten und alle Teilnehmenden ermutigen, ihre
Ideen und Interpretationen beizusteuern. Bei Bedarf können
Hinweise gegeben werden (wie z. B. auf den kulturellen Hin­
Stefan Schmid / 87.190.244.48 (2020-03-17 15:19)

tergrund der beteiligten Personen hinzuweisen).


Varianten • Der/die Trainer_in sammelt die verschriftlichten Critical
Incidents und liest diese laut vor. Anschließend diskutie­
ren die Teilnehmenden mögliche Ursachen und Lösungs­
strategien. Der/die Verfasser_in bleibt anonym, außer er/
sie möchte sich zu der Situation äußern. Dieser Vorgang
kann mit mehreren Critical Incidents wiederholt werden.
• Die Teilnehmenden verfassen ihre Critical Incidents und
finden sich anschließend in Kleingruppen von drei bis vier
Personen zusammen. Sie stellen sich gegenseitig ihre Cri­
tical Incidents vor und wählen einen aus, um diesen der
Gesamtgruppe zu präsentieren. Die Präsentation kann in
Form eines kurzen Rollenspiels (eher erfahrungsbasiert)
oder eines Vortrags erfolgen. Darauf folgt das Debriefing
des Critical Incidents. Dieser Vorgang wiederholt sich für
alle Kleingruppen.
• Die Critical Incidents werden gesammelt und einer oder
mehrere werden zufällig an Kleingruppen von drei bis vier
Personen vergeben. Diese sollen die Ursachenanalyse ge­
mäß von dem/der Trainer_in vorgegebenen Instruktionen
durchführen und über mögliche Lösungen diskutieren. Im
Plenum werden dann die Ergebnisse präsentiert und dis­
kutiert.

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156 Kapitel 5

Mögliche Vor oder nach der Durchführung dieser Übung können z. B.
theoretische die Kulturdimensionen nach Hofstede (vgl. auch Kap. 2.3.2)
Einbettung
vorgestellt werden. Die Teilnehmenden können gebeten wer­
den zu überlegen, welche Kulturdimension der jeweiligen Si­
tuation zugrunde liegt bzw. aufgrund welcher (kultureller)
Unterschiede oder Erwartungen die kritische Situation ent­
standen ist.
Zahlreiche Beispiele für Critical Incidents finden sich hier:
• Internetseite des Projekts Mehrsprachigkeit und Multikultu­
ralität im Studium: www.mumis-projekt.de
• Hiller, G. G. (2016). Eine Frage der Perspektive. Critical Inci­
dents aus Studentenwerken und Hochschulverwaltung. 30 Fall­
beispiele aus der Praxis mit 93 interkulturellen Einschätzun­
gen von Studierenden und Mitarbeitenden. Für Alltag und
Trainings. Berlin: Deutsches Studentenwerk.
Stefan Schmid / 87.190.244.48 (2020-03-17 15:19)

Weiterführende Literatur
Barmeyer, C. & Franklin, P. (Hrsg.). (2016). Intercultural man­
agement: A case-based approach to achieving complementarity
and synergy. New York: Palgrave Macmillan.

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Methoden interkultureller Trainings 157

5.2.7 Cultural Assimilator


Im Rahmen des Cultural Assimilators werden in der Art eines Quiz kritische in­
terkulturelle Situationen vorgestellt und anschließend verschiedene Antwortmög­
lichkeiten bzw. Erklärungen für die Situation präsentiert.

Cultural Assimilator

Ein weiterer Klassiker der interkulturellen Trainingsmethoden, der in vielfäl­


tigen Varianten und für verschiedene Zielkulturen vorliegt, ist der Cultural
Assimilator. Es werden kritische interkulturelle Situationen vorgestellt und
anschließend verschiedene Antwortmöglichkeiten bzw. Erklärungen für die
Situation präsentiert, die ähnlich einem Quiz gelöst werden können.

Dauer Pro Beispiel ca. 2 bis 3 Minuten


Gruppengröße Flexibel
Stefan Schmid / 87.190.244.48 (2020-03-17 15:19)

Material Buch/Text oder Computer


Ziele Wissen
Inhaltliche Kulturspezifische Inhalte
Themen
Besonderheiten –

Durchführung Der Cultural Assimilator arbeitet mit einer Ansammlung von


Critical Incidents. Jeder Critical Incident wird mit einer Reihe
von Antwortmöglichkeiten vorgestellt. Eine dieser Antwort­
möglichkeiten passt am besten zu der beschriebenen Situation
und die Teilnehmenden müssen sich entscheiden, welche sie
für richtig halten. Anschließend erhalten sie eine positive oder
negative Rückmeldung zu ihrer Antwort. Im Falle einer com­
putergestützten Durchführung geschieht dies automatisch. Bei
einer richtigen Antwort erscheint das nächste Fallbeispiel. An­
dernfalls bekommen die Teilnehmenden erneut die Chance,
eine andere Antwortalternative auszuwählen. In der Rückmel­
dung wird erklärt, wie die vorgestellte Situation aus kulturspe­
zifischer Sicht zu interpretieren ist.
Innerhalb der Auswahl der Fallbeispiele können verschiedene
Lebensbereiche abgedeckt und somit eine Sensibilisierung
für diverse interkulturelle Situationen gefördert werden. Die
Critical Incidents können der Literatur entnommen werden
(vgl. Varianten). Denkbar ist auch eine Konstruktion durch
den/die Trainer_in. Die eigenständige Konstruktion ist jedoch
sehr aufwändig.

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158 Kapitel 5

Ein Beispiel für einen Critical Incident aus Rehbein, Thomas


und Steinhuber (2009, S. 52–53), Abdruck mit freundlicher
Genehmigung des Verlags Vandenhoeck & Ruprecht:

Das Geschäftsessen
Herr Linbrunner ist seit vielen Jahren Geschäftsführer einer
Versicherungsgesellschaft in Barcelona. Immer wieder erlebt
er Situationen wie die folgende. Herr Linbrunner hat von sei­
nem spanischen Geschäftspartner, Herrn Torres, ein Angebot
unterbreitet bekommen und wird nun von diesem zum Essen
eingeladen. Er selbst ist gut vorbereitet, hat das Angebot ge­
naustens studiert und ist gespannt auf die Verhandlungen. Im
Restaurant unterhalten sich die beiden Geschäftspartner über
die Familie, ihre Hobbys und Fußball, nur nicht über das An­
gebot. Herr Linbrunner wird nervös und denkt sich, Herr Tor­
res will doch etwas von mir, warum sagt er denn nichts. Er
Stefan Schmid / 87.190.244.48 (2020-03-17 15:19)

wartet aber weiterhin geduldig ab. Nach eineinhalb Stunden


erwähnt sein spanischer Geschäftspartner mehr beiläufig das
Angebot, ohne aber eine ernsthafte Verhandlung zu beginnen.
Herr Linbrunner ist überrascht und versteht nicht, warum
Herr Torres nicht schon viel früher auf das Geschäft zu spre­
chen kam.

Wie ist das Verhalten des spanischen Geschäftspartners zu er­


klären?
a) Herr Torres ist genauso gespannt wie Herr Linbrunner. Da
er es unhöflich findet, sofort und direkt beim Essen die Ver­
tragsverhandlung zu beginnen, wartet er darauf, dass Herr
Linbrunner die Initiative ergreift.
b) Das Angebot wollte Herr Torres beim Essen nicht verhan­
deln. Miteinander essen gehen ist für Spanier eine freund­
schaftliche Geste. Dabei werden keine geschäftlichen De­
tails erörtert und verhandelt, da in Spanien Berufliches von
Privatem getrennt wird.
c) Herr Torres ist ebenfalls sehr angespannt beim Geschäfts­
essen. Um seine Nervosität zu verbergen, lenkt er das Ge­
spräch bei Tisch auf allgemeine und persönliche Themen.
d) Herr Torres will Herrn Linbrunner als potenziellen Ge­
schäftspartner erst einmal als Person kennenlernen. Er
möchte mehr über ihn erfahren, da ihm das Geschäft sehr
wichtig ist.
(In diesem Beispiel ist Antwort d die passendste Erklärung.)

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Methoden interkultureller Trainings 159

Hinweise Vorteile des Cultural Assimilator sind die einfache Einsetz­


barkeit sowie Zeit- und Kosteneffizienz, wenn es um die Vor­
bereitung auf eine fremde Kultur geht. Jedoch sollte beachtet
werden, dass die Situationen nicht immer relevant für die Ziel­
personen sind. Der Cultural Assimilator kann gut genutzt wer­
den, um den thematischen Einstieg zu einer spezifischen Kul­
tur zu gestalten.
Varianten Alexander Thomas hat unter dem Titel „Beruflich in ...“ zahl­
reiche Cultural Assimilators veröffentlicht, die neben den
einzelnen Fallbeispielen auch umfassende Hintergrundin­
formationen zu den jeweiligen zugrunde lie