Philosophische Fakultät
Wintersemester 2022/2023
(Seminararbeit)
Mentor Student:
November, 2022
Einleitung
Das Thema dieser Seminararbeit ist Explizite Derivation des Substantivs. Die Derivation, auch
(Wort-)Ableitung genannt, ist eine Methode der Wortbildung. Dabei wird der Wortstamm
eines Wortes so abgeleitet, dass ein neues Wort entsteht. Es können sowohl Substantive,
Adjektive als auch Verben abgeleitet werden. Hierbei kann sich die Wortart, aber auch die
Bedeutung eines Wortes verändern. Die Derivation, oder auch (Wort-)Ableitung, gehört zu
den wichtigsten Wortbildungsmitteln im Deutschen. Eine Derivation besteht meist aus einem
Basismorphem (Wortstamm eines Wortes) und mindestens einem Affix (Präfix und/oder
Suffix). Mithilfe der Nutzung von Präfixen (Vorsilben) und Suffixen (Nachsilben) können neue
Wörter gebildet werden. Somit ergibt sich folgende "Formel":
Eine Derivation mittels Voranstellen eines Präfixes nennt man Präfixableitung. Bei solchen
Präfixableitungen ändert sich meist die Bedeutung des Wortes:
fahren → verfahren
schön → Schönheit
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Grundsätzliches
Es werden zunächst die produktiven heimischen (nativen) Suffixe(worunter auch –er, -ei) in
alphabetischer Reihenfolge(mit gewissen Ausnahmen: Diminierung und Movierung werden
zusammenfassend beschrieben, -ler und –ner im Anschluβ an -er) behandelt: anschlieβend
Fremdsuffixe, onymische (darunter auch die deonymischen –bold, -ian, -ke, -rich) sowie
unproduktive, soweit noch in Wortbildungstypen vertreten.
Heimische Suffixe
Das Suffix –e
1) Verbale Basis; Feminina: Umlaut nur selten
1.1) Inifinitivstamm, schwache und starke Verben, simplizische und kom- plexe Basis - V-
D(e); P, V D(e); Pa, V D(e). Nicht von Verben auf -ier-en, doch Anprobe-anprobieren. WB: auf
der Grundlage der durch das Verb bezeichneten Tätigkeit gibt die WBK an a),Ort - Bleiche,
Bleibe, Kippe, Schwemme.
b).Gegenstand/Gerät - Binde, Fähre, Liege, Pfeife, Picke; Rinne, Stampfe, Wiege; darunter
speziell Küchen-, Haushaltgeräte - Anrichte, Durchrei- che, Hänge, Plätte, Reibe.
Eine Reihe von Derivaten ist stark kompositionsaktiv als Zweitglied: Buchsta- ben-, Ideen-,
Reihen-, Spielfolge; Farben-, Formen-, Harmonie-, Mengenlehre u. v. a.
1.2) Verbale Wortgruppe als Basis - S-V D(e); WB: Prozeß oder,Gerät': Schneeschmelze,
Vogelscheuche, Erdbeerpflücke (TZ 1980). 1.3.) Abgelauteter Verbstamm (Präteritalstamm)
als Basis; Strukturen und WB prinzipiell wie unter (1.1). Ort und Gegenstand vorwiegend bei
plizischer Basis (Gosse gießen, Grube, Stiege, Triebe Vichweide, Weg zur Viehweide'); Prozeß
vorwiegend bei komplexer Basis (Ab-, Ein-, Entnahme, Aus-, Vergabe, Vorwegnahme);
verbale Wortgruppe als Basis meist phraseo- logisch: Inbetrieb-, Inanspruch-, Inbesitz-,
Inangriff-, Bezugnahme. Die Derivation schwacher Maskulina als Nomina agentis von ver-
baler Basis ist heute unproduktiv; vgl. der Schenk(e)- schenken, Bo- te bieten (Prät. bot),
Schütze schießen (Verhältnis von -tz- und -B- wie bei Hitze - heiß, s. u.); ferner Nach-,
Vorfahr(e), Nachkomme.
2) Adjektivische Basis
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Schnelle (meist mit Präposition: in / mit größerer / auf die Schnelle; in Komposita: Blitzes-,
Gedanken-, Sekundenschnelle), Schwä- che, Stärke.
Die e-Derivate sind teilweise zugunsten von Derivaten auf -heit / -keit/ -igkeit eingeschränkt
worden; bisweilen stehen beide noch - meist semantisch differenziert - nebeneinander:
Höhe - Hoheit, Schwäche Schwachheit, Süße - Süßigkeit. Die Finster(e),Finsternis', die Wilde
Wildnis noch bei. Nicht üblich sind -e-Derivate von Adjektiven mit auslautendem Stamm auf
-e (bange, böse, feige, müde u. a.) sowie von zahlreichen Adjektiven, deren substantivische
Derivation durch -heit / -keit / igkeit erfolgt (barsch, bieder, bitter, blind, brav, derb, dumpf,
echt, gesund, klug u. v. a.) oder zu denen auf andere Weise gebildete Abstrakta gehören, wie
alt - Alter, arm - Armut, jung - Jugend, reich - Reichtum, schwanger - Schwangerschaft
3) Substantivische Basis
4) Adverbiale Basis
5) Über die Kombination mit dem Präfix Ge- vgl. 2.5. 6) Über -e zur Bildung movierter
Feminina vgl. 2.3.2.21.
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2) Substantivische Basis als Personen- bzw. auf Personen übertragene Tier- bezeichnung.
WB:,Art und Weise des Verhaltens (auch Ergebnis solches Verhaltens) wie die durch das
Substantiv bezeichnete Person, in der Regel pejorativ: Eselei, Ferkelei, Flegelei, Kumpelei,
Teufelei; auch mit komplexer Basis: Amtsschim- melei - S (S,, F, S,) D(ei), Eulenspiegelei.
3) Substantivische Basis als Sachbezeichnung ergibt einen selteneren Typ von Kollektiva:
Staffel-ei, Titel-ei.
4) In einigen Fällen mit Fugenelement -er- entsprechend dem Pluralzei- chen: Bücher-ei
(Ort'), Kinder-ei (Verhalten), Länder-ei (Kollektivum), dazu auch Vielweiber-ei- (Pron-S), F.
D(ei).
5) Aus WBK wie in ist -elei als Suffixvariante zur Bildung desub-stantivischer WBK mit
pejorativer Konnotation gelöst worden: Eifersüchtelei, Eigenbrötelei, Fremdwörtelei,
Philosopheleien
6) Aus WBK wie in 1) und 4) hat sich analog -elei auch die Suffixva- riante -erei entwickelt,
ebenfalls vorwie- gend mit pejorativer Konnotation: Dieberei, Lumperei, Schlafmützerei.
7) Verbale Basis, in der Regel pejorative Prozeßbezeichnung, überwie- gend auf -erei;
abgesehen von wenigen Fällen (z. B. Meckerei), gehört -er nicht zum Verbstamm: Brüllerei,
Heulerei, Esserei.
Suffix -el
Im Unterschied zum Diminutivsuffix -el ist das hier zu be- handelnde -el allenfalls nur
schwach produktiv. Doch sind entsprechende Typen im Wortschatz noch reihenhaft
vertreten. Die WBK sind Maskulina.
1) Verbale Basis. WB:,Gerät, mit dem die durch das Verb bezeichnete Tätigkeit ausgeübt
werden kann (Nomina instrumenti) - Deckel (-decken), Hebel, Schlägel (auch: Schlegel), von
stechen sowohl Stichel als auch Stachel; Stößel.
2) Substantivische Basis Heute unproduktiv. Der Typ mit der WB Zugehörigkeit ist noch
vertreten in Einzelfällen wie Ärmel zu Arm, Eichel (als seltenes Femininum) zu Eiche, Mündel
(mit dem Neutrum der Diminutiva) zu ahd. mhd. munt (vgl. Vor-mund).
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Das Suffix -er
Das Suffix -er ist an mehreren Modellen mit hoher Produktivität beteiligt, einschließlich der -
heute zu selbständigen Suffixen gewordenen - Suffixer- weiterungen -ler und -ner. Es bildet
ausschließlich Maskulina. In wenigen Fällen zeigt Umlautdifferenzierung heute semantische
Unterschiede an: Hocker,Sitzmöbel ohne Lehne' - Höcker Wölbung auf dem Körper von
Mensch und Tier', Schlager - Schläger, anders Drucker (zu drucken) - Drük- ker (zu drücken);
vgl. ferner Bürger - Habs-, Luxemburger, Häscher - Ef- fekthascher, Träger, Jäger - aber
Befrager, Neinsager
1) Verbale Basis: Nur starke und schwache Verben; vorwiegend simpli- zische, gelegentlich
auch komplexe Basis. WB: Person, die die durch das Verb bezeichnete Tätigkeit ausübt
(Nomen agentis).
2) Substantivische Basis : Die denominale -er-Derivation wird bisweilen als nicht mehr
produktiv ange- sehen doch diese Feststellun- gen sind einzuschränken.
Es gibt auch zahlreiche Fälle, in denen die Interfigierung -ik-er an Sub- stantive mit anderem
Auslaut (vor allem -ie, das dann unter Akzentverlage- rung auf die vorhergehende Silbe
getilgt wird) tritt: Chemie - Chemiker, Sin- foniker, Akademiker; Ekstase - Ekstatiker, Satire -
Satiriker, Alkoholiker, Fanatiker, Phlegmatiker. Über die Problematik der
Derivationsbeziehung vgl. Mit nichtheimischem Interfix auch -ast-er, das mit Konnotation in
einzelnen Fällen verwendet wird. Bei deutschen Städtenamen auf-en, sofern mehr als
zweisilbig, entfällt in der Regel das -en (abgesehen von denen auf -hafen und -kirchen):
Donau eschinger, Burghauser. Frankenhäuser, Solinger, aber Euskirchener Friedrichshafener.
Bei der Mehrheit der zweisilbigen bleibt das -en erhalten: Dresdener, Gießener, aber
Bremer. Verbalsubstantive begegnen in wenigen Fällen neben dem Verbstamm als Basis mit
semantischer Differenzierung: Reiter - Ritter, Schneider - Schnit- ter, Schließer Schlosser.
3) Numerale als Basis: Die Basis bilden ausschließlich Kardinalzahlen. Die WB ist
unterschiedlich.) Einer, Zweier, Fünfer usw. können in bestimmten Kontexten für die
jeweilige Zahl stehen, meist mit umgangssprachlicher Markierung: ein Fün- fer im
Zahlenlotto.
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Sommerfrischler, Erzgebirgler, Kunstgewerbler, Schwer. gewichtler, Rohköstler, Arbeits-,
Bürger-, Völkerrechtler / -kundler.
2) Verbale Basis: im Unterschied zu der dominierenden Rolle verbaler Basen bei -er tritt bei -
ler verbale Basis (d. h. ohne -[ell- des Verbstamms) weitgehend zurück; vgl. Ab- weich-ler,
Ausweich-, Versöhn-ler, Gewinn-lerin.
Belebtheit, Dunkelheit, Echt- heit. Straffall – Straffälligkeit. Numerale als Basis erscheint nur
in vereinzelten Fällen, die immerhin analogische Neubildungen zulassen: Ein-, Zwei-,
Dreiheit; daneben das In- definitpronomen viel in Vielheit.
3) Ein Sonderfall ist Dickicht mit adjektivischer Basis dick dicht als dick bewachsene Stelle'
(seit dem 17. Jahrhundert), heute unterschieden von Dickung dicht geschlossener
Jungbaumbestand. -ach, -ech vor, das sich seit dem 16. Jahr- hundert mit dem -i-Vokal auch
anderer Suffixe (-in, -ig, -isch) und mit eu- phonischem -t (wie Axt, Obst u. ä.) durchgesetzt
hat. Das homonyme Adjektivsuffix -icht hat andere historische Ausgangsformen.
1) Verbale Basis; simplizisch, VD(ling), oder seltener präfigiert, V (P. V)-D(ling); gewöhnlich
mit Umlaut.
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2) Substantivische Basis, in der Regel simplizisch. Däumling (klein wie der Daumen, Mär-
chengestalt), Lüst-, Genüßling (,nach Lust bzw. Genuß Strebender'), Söldling (dafür heute
eher Söldner).Dichter-, Schrei- berling.
3) Adjektivische Basis: Dümm-, Feig-, Frech-, Roh-, Primitivling. Auch in dieser Hinsicht
neutrale Adjektive bilden die Grund- lage für pejorative Derivate: Hübsch-, Schön-, Zart-,
Süßling; etwas anders wohl Wildling.
2) Substantivische Basis ist selten und wohl nicht mehr produktiv. Es findet sich nur
simplizische Basis mit nur geringer semantischer Differenzie rung zwischen Basis und Derivat:
Bild-, Bünd-, Kümmernis.
3) Adjektivische Basis ist ebenfalls selten; vgl. die semantische Dif ferenzierung zwischen
Bitternis - Bitterkeit, Wildnis - Wildheit, ferner Fin- ster-, Geheimnis.
Das Suffix -s
Über die Produktivität der Modelle mit -s lassen sich nur schwer Aussagen machen, doch ist
es mit Blick auf die Verbreitung in einzelnen Dialektgebie- ten und die semantische
Durchschaubarkeit ge- speicherter WBK wohl nicht angebracht, den Modellen eine wenn
auch in der Literatursprache nur schwach ausgeprägte Produktivität gänzlich ab- zusprechen.
Ein Teil der WBK ist allerdings deutlich umgangssprachlich mar- kiert.
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Das Suffix -schaft
Das Suffix -schaft gehört etymologisch zu schaffen, ahd. scaffan, dazu scaf ,Art und Weise,
spätahd. -scaft .Es bildet Feminina.
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keinen Plural, bleibt das Fugenelement 0 (Fürsor- gewesen). Substantive mit Pluralzeichen -e
haben ebenfalls -e, gegebenenfalls mit Umlaut (Städte-, Ständewesen).
Diminutivsuffixe
Diminutivsuffixe begegnen - mit semantischen Abschattungen - auch beim Adjektiv (bläulich)
und beim Verb (hüsteln). Hier geht es jedoch zu- nächst nur um die Diminutivsuffixe des
Substantivs. Das Suffix -chen, mhd. -chin, ist entstanden durch Erweiterung des Suffi- xes -in
mit -ch-, niederdt. unverschoben -k-; es ist nicht diphthongiert zu -chein, da -i- zu -i- gekürzt
und dann zu -e- abgeschwächt wurde. Das Suffix -lein, mhd. -lin, ist entstanden durch
Erweiterung von -in mit -1- und anschließender Diphthongierung. So stehen nebeneinander
Häuschen Häuslein, Briefchen - Brieflein. An Substantive auf -l(e) tritt -chen (sofern nicht -el
den Auslaut bildet wie in Vogel, dazu s. u.), vgl. Keul-, Röll-, Seel-, Spielchen. An Substantive
auf -ch, -g und -ng tritt in der Regel -lein: Bäch-, Ring-, Tüch-, Zweiglein.
Movierung (Motion)
1) Als Movierung oder Motion werden folgende Derivationsprozesse be- zeichnet: 1.1)
Bildung der weiblichen Entsprechung zu einem Substantiv männlichen Geschlechts (Arzt -
Ärztin). Bildung eines als weiblich' (Sexus) markierten Substantivs zu einem sexusneutralen
Substantiv mit maskulinem oder femininem Genus (der Storch die Störchin, die Giraffe die
Giraffin). Bildung eines als männlich (Sexus) markierten Substantivs zu einem als,weiblich
(Sexus) markierten Substantiv (die Hexe - der Hexerich, He-xer). Bildung eines als männlich
(Sexus) markierten Substantivs zu einem sexusneutralen Substantiv mit femininem Genus
(die Ente - der Enterich). Die Movierung erfaßt in der Regel Personen- und - seltener - auch
Tierbe-zeichnungen; andere Fälle sind okkasionell-expressiv: die Glockentönin,
Schenkelinnen. Das dominierende Movierungssuffix ist heute -in, mhd. -in neben. Wort mit
unbetontem -e- ist (Malerin, Stanzerin, -macherin) sowie in den meisten wenig assimilierten
Fremdsuffixe
Die Suffixe verbinden sich nur in Ausnahmefällen mit heimischer Basis und sind daher in
ihrer Produktivität stark eingeschränkt. Daher erscheint der Übersichtscharakter der
folgenden Darstellung gerechtfertigt. Elemente, die auf spezielle Fach- wortschätze
beschränkt sind, werden hier nicht behandelt
Feminina
1)-(i)ade: Sachbezeichnungen auf -ade stehen neben Verben auf -ieren wie Marinade,was
zum Marinieren dient marinieren, Promenade,wo man promenieren kann.
Desubstantivische Tätigkeitsbezeichnung ist Ka- nonade (Kanone).
2) -age: Substantivische Handlungsbezeichnungen stehen neben Ver- ben auf -ieren wie
Massage - massieren, Passage, Sabotage, Spionage.
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3) aille: Das Suffix ist gelöst aus Kanaille (seit Anfang des 17. Jahrhunderts aus französ.
canaille Hundepack und wie dies auf Einzelpersonen anwend- bar) Okkasionell zur Bildung
pejorativer Bezeichnungen von Personen- gruppen: Diplomaille, Intellectuaille (E. Dühring),
Generaille und Journail-le.
5) -ante/-ente (aus lat. Partizipialformen wie -ans, -antis) bildet zu Verben auf -ieren eine Art
Nomina agentis: Determinante was determiniert, Konstituente, Tangente u. a.
6) -anz/-enz (lat. -antia, -entia, französ. -ance, -ence) bildet Verbalsub- stantive von Verben
auf -ieren mit breiter semantischer Fächerung: Exi- stenz, Konferenz, Konkurrenz,
Korrespondenz, Residenz, Tendenz.
8) -esse (französ. -esse, italien. -ezza) bildet vor allem deadjektivische Ei-
genschaftsbezeichnungen und konkurriert teilweise mit -heit. Akkuratesse - Akkuratheit,
Delikatesse, Nob(e)lesse.
9) -ie (lat. -ia, französ. -ie) bildet von substantivischen Personenbezeich- nungen Kollektiva
(Aristokratie, Bourgeoisie, Bürokratie), Bezeichnungen für Wissenschaftszweige (Ökonomie,
Philosophie) und für Regierungs-/ Staatsformen (Demokratie, Monarchie). In Bezeichnungen
mit -log- ist von einem Konfix auszugehen, von dem die Perso- nenbezeichnung mit -e, die
Wissenschaftsbezeichnung mit -ie und das ent- sprechende Adjektiv auf -isch gebildet
werden.
10) -iere (französ. -ière): Die Bildungen lassen sich semantisch nicht zusam- Sauce; die
übrigen Bildungen sind unanalysierbar. Portiere läßt sich nicht auf Motiviert sind
Garderobiere durch Garderobe, Sauciere durch Portier, Premiere nicht auf Premier(minister)
beziehen.
11) -ik (griech.-lat. -ica, französ. -ique), z. T. mit Interfigierung -at-ik: Deri- vate von
abstrakten Substantiven sind Kollektiva: Motivik, Problematik, Symbolik, Thematik; mit
geringen Formveränderungen der Basis Gestik, Methodik, Rhythmik, Metaphorik;
Programmatik, Dramatik; zu Personen- bezeichnungen auf ist. Germanistik, Publizistik,
Realistik (konkurriert mit -ismus).
12) -ion (lat. -io), z. T. mit Interfigierung -at-ion bildet vorwiegend Ver- balsubstantive von
Verben auf -ieren; die Basis tritt bei Verb und Derivat nicht selten in zwei Varianten auf:
Funktion- fungieren, Explosion plodieren, ferner Kollision, Division; -at-ion in Deklamation,
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Delegation, Demonstration, Gestikulation, Variation, Kombination, Konzentration; zu
qualifizieren - Qualifikation, zu kanalisieren – Kanalisation.
13) -ität (lat. -itas, -itatis, französ. -ité) ist nach -ion und -ie am stärksten an der Bildung
femininer Substantive beteiligt. Adjektive auf -abel/-ibel (Respektabilität, Disponibilität), auf
al und -il (Banalität, Stabilität), -ell (aber mit Ersatz von -ell durch -al: individuell -
Individualität, ferner Aktualität, Provinzialität, Sexualitär), (i)os und -iös (Burschikosität,
Religiösität), -iv (Naivität, Objektivität); Ba- sen anderer Lautstruktur zeigen Absurdität,
Humanität, Frivolität, Solidität. Die Form -tät ohne -i- findet sich fast ausschließlich in
Bildungen, die im Deutschen unanalysierbar sind: Fakultät, Majestät, Pietät, Pubertät.
14) -itis (griech. Adjektivsuffix zur Bezeichnung der Zugehörigkeit) bildet medizinische
Termini mit den Merkmalen krankhaft', entzündlich', akut, vgl. Bronchie,gegabelter Teil der
Luftröhre in der Lunge Bronchitis. Das Suffix wird hier erwähnt, weil es gelegentlich auch zur
Bildung anderer Wörter mit Merkmalen wie krankhaft oder pejorativ verwendet wird:
Substantivitis, Telefonitis.
15) -ose (griech. -iosis) bildet ebenfalls medizinische Termini als Krankheitsbezeichnung, im
Unterschied zu -itis aber mit den Merkmalen degenerativ, chronisch bzw. Vergiftung. Die
WBK sind teilweise weiter verbreitet; vgl. desubstantivisch: Furunkel - Furunkulose, Tuberkel
- Tuberkulose, Psyche - Psychose. Auf eine Konfix- basis sind Verb und Substantiv zu
beziehen in: Diagnose diagnostizieren, Hypnose - hypnotisieren.
16) -ur (lat. -ūra), -üre (französ. ure), z. T. mit Interfigierung -at-ur, bilder Verbalsubstantive,
vielfach zur Gegenstandsbezeichnung wei terentwickelt: broschieren - Broschur, Broschüre,
frisieren - Frisur, ferner Glasur, Lasur, Reparatur. Desubstantivische WBK sind z. T. Kollektiva
(Klaviatur, Lineatur, Muskulatur, Tabulatur, Tastatur), z. T. zeigen sie eine breitere
semantische Fächerung: Agentur, Architektur, Kommandantur, Literatur.
Maskulina
-an (lat. -ānus, Adjektivsuffix der Zugehörigkeit) begegnet nur in weni- gen analysierbaren
Personenbezeichnungen mit substantivischer Basis: Kastellan, Aufsichtsbeamter in
Schlössern -and (lat. Gerundivum -nd-us) bildet Nomina patientis im Umkreis der
akademischen Ausbildung: Diplomand ein zu Diplomierender', Habili- tand ein zu
Habilitierender', ähnlich Doktorand, Examinand; im kirchli- chen Leben: Konfirmand.-ant, ent
(lat. -ans, antis, ens, -entis) bildet vorwiegend Nomina agentis von Verben auf -ieren:
dirigieren - Dirigent, ferner Dozent, Kon- sument, Konkurrent, Intrigant, Simulant, Querulant
(querulieren,nörgeln'). -ast (griech. -astes) bildet Personenbezeichnungen von substantivi-
scher Basis (Gymnasium - Gymnasiast); in den meisten Fällen ist die Basis ein Konfix, auf das
neben den Personenbezeichnungen auf -ast weitere Derivate beziehbar sind; dabei ist -as-
allerdings stets Bestandteil der Konfix- basis, so daß als eigentliches Suffix nur -1 (wenn auch
nur in Verbindung mit -as-) erscheint: phantas-ie / -t-tik / -tisch / -terei, -ieren, -stisch-mus / -
mieren. enthusia-l -eur (französ. -eur, eingedeutscht vereinzelt -ör) bildet Nomina agen- tis
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von Verben auf -ieren (gewöhnlich in komplementärer Verteilung mit -ant und -at-or):
Deserteur, Kontrolleur, Hypnotiseur, Berufsbezeichnungen wie Friseur, Masseur, Monteur,
Graveur u. a. Eher auf substantivische Basis zu beziehen sind Inspekteur (zu Inspek- tion).
Konstrukteur, Redakteur, Requisiteur, Bankrotteur, Phraseur Phrasendrescher -ier (lat. -
arius, französ. -ier) bildet Personenbezeichnungen, in der Regel von substantivischer Basis,
und zwar in dreierlei Lautform: in der dem Französischen entsprechenden Form, wie
Bankier, Hote-lier. Rentier (dazu deadjektivisch Privatier): in der Lautform [i:r], wie Kanonier
und Brigadier (auch [je:]), das in der Bedeutung Leiter einer Arbeitsbrigade aus dem
Russischen entlehnt wurde; mit Interfigierung -ar-, das den Hauptakzent trägt, in der
Lautform [á:riǝr],wie in Parlamentarier und den konfixbezogenen WBK Proletarier,
Vegetarier(mit weiteren Derivaten auf –isch. Nicht hierher gehören
Bewohnerbezeichnungen auf -i-er.Neutra wie Brevier, Pläsier sind im Deutschen
unanalysierbar. -ismus, asmus (griech. -ismos, Nomina actionis bildend) hat sich im
Deutschen in anderen europäischen Sprachen z. T. schon eher seit dem 18. Jahrhundert
(zunächst vorwiegend in Entlehnungen aus dem Englischen und Französischen, daher
vielfach -ism, -isme) zu einem hochproduktiven Suffix. In vielen Fällen ist die Basis eine
Personenbezeichnung oder ein Per- sonenname: Barbarismus, Despotismus, Idiotismus,
Patriotismus, Pe- dantismus, Zarismus; Bonapartismus, Darwinismus, Epikurismus, Trotzkis-
mus, Kalvinismus, Buddhismus; mit Interfigierung Hegelianismus, Kantia- nismus. -ist (griech.
-istes, lat. -ista) bildet denominale Personenbezeich nungen. Eine große Gruppe ist
entsprechende; -or (lat. -or) bildet mit Interfigierung -at-or (seltener -it-or) deverbale
Nomina agentis bzw. entsprechende Geräte- und Maschinenbe- zeichnungen: Agitator
(agitieren), Illustrator, Mechanisator, Expeditor. Generator, Isolator, Ventilator. Vereinzelte
desubstantivische Bildungen sind Aggressor (Aggression),Inquisitor.
1) -al (lat. -alis) erscheint in einigen desubstantivischen Kollektiva neutralen Genus (Personal,
Material zu Materie) und in dem Maskulinum Choral (zu Chor).
2) -ar (lat. -arius, -arium) bildet Personenbezeichnungen von sub- stantivischer Basis
(Bibliothekar, Missionar) sowie neutrale Kollektiva (Mobiliar, Vokabular). Deverbale
Sachbezeichnungen sind das Maskuli- num Kommentar und das Neutrum Formular.
3) at (lat. -ātus) bildet Neutra mit einer Personenbezeichnung als Ba- sis (in der Regel Amts-,
Berufsbezeichnung); die Derivate bezeichnen Ort bzw. Institution, z. T. mit Interfix -i-:
Konsulat, Rektorat; Kommissariat, No- tariat. Deverbale Neutra bezeichnen vielfach Vorgang
und Ergebnis (Diktat, Telefonat, Testat), z. T. nur das Ergebnis (Filtrat, Konzentrat).
Kollektivum ist das konfixbezogene Proletariat; vereinzelt deadjektivi- sches Internat.
Vereinzelt auch maskuline Personenbezeichnungen (Stipendiat).. 4) -it (griech. -itos, -itēs, lat.
-itus) ist in der Allgemeinsprache selten. Per- sonenbezeichnungen sind Bandit Bande,
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Kosmopolit; deonymisch Hussit ,Jemenit, Jesuit. - Neutra sind meist fachsprachlich, z. B.
Bezeichnungen für Minerale (Balkanit, gefunden im Balkan). Allgemeiner ist Kolorit (-
kolorieren). Über -it als Diminutivsuffix.
Neutra
Suffixe, die ausschließlich Neutra bilden. sind außerordentlich selten. Wir nennen die
folgenden; a-ment (lat. -mentum) mit der Lautform [ment] bzw. -e-ment (französ. -ment) mit
der Lautform [man]. Beide Varianten bilden Verbalsubstantive von Verben auf -ieren. Die
erste Variante ist seltener, die Derivate haben sich zur Sachbezeichnung ent- wickelt:
Fundament (-fundieren). Postament, Traktament. Die - häufigeren - mit der zweiten Variante
gebildeten Derivate sind teilweise Vorgangsbe- zeichnungen, teilweise beziehen sie sich mit
auf das Ergebnis: Abonnement (abonnieren), Avancement, Arrangement, Bombardement,
Engagement, Räsonnement. Raffinement ist durch die adjektivische Partizipialform raf-
finiert motiviert, die sich semantisch vom Verb raffinieren gelöst hat.; -ar-ium (lat.) bildet
desubstantivische Ortsbezeichnungen, vor- wiegend für künstlich geschaffene Anlagen:
Delphinarium, Insektarium (auch Insektengarten), Planetarium, Rosarium, Troparium
(Warmhaus für Tropenpflanzen.;-ing kommt zunehmend mit englischen Wörtern ins
Deutsche, die all- mählich einzelne analysierbare Nester konstituieren: Camping Camper --
campen, Training trainieren, Shopping Shop, Trekking.
Unproduktive Suffixe
Es kann nicht Aufgabe dieser Darstellung sein, auf die unproduktiven Suffixe in aller
Ausführlichkeit einzugehen. Gesagten können sie nicht völlig ausgeschlossen werden. Wir
werden die Problematik am Suffix - näher erörtern und danach einige wei- tere
Wortbildungstypen kurz skizzieren. Paare wie fahren - Fahr-t, nähen - Nah-t lassen den
Motivationszusam- menhang zwischen verbaler Basis und Verbalsubstantiv formal und
seman- tisch deutlich erkennen. Weniger deutlich, aber doch nachvollziehbar ist er in tragen
- Tracht, schlagen - Schlacht, fliehen - Flucht, ziehen - Zucht, schrei- ben-Schrift, treiben Trift
und wohl auch in sehen Sicht.
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Explizite Derivation: Präfigierung
Das Präfix erz-
Das Präfix erz-, homonym mit dem Substantiv Erz, aber anderen Ursprungs (griech. archi-,der
Erste, Oberste, zunächst mit WBK wie ahd. erzibischof im Deutschen geläufig; tritt
vorwiegend vor Personen- bezeichnungen, meist negativer Bewertung, und hat die
Bedeutung der Verstärkung: Erzfeind, -gauner, -lügner, -revanchist. Ältere WBK wie Erz
bube, -dieb, -mörder; sind heute kaum noch geläufig. Personenbezeich- nungen nicht
negativer Bewertung erscheinen okkasionell: rechte Erzlustig macher, Erz-Ästheten,
Erzmusikanten. Unproduktiv ist das Präfix heute in der ursprünglichen Bedeutung mit
Wörtern wie Erzkanzler, -herzog.
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substantivischen Simplizia und expliziten Derivaten in einer dominierenden
Wortbildungsreihe mit der Bedeutung des Ursprünglichen. Anfänglichen und chronologisch
Vorhergehenden): Urmensch, Urelefant, Urwald, Urzeit, Urbrennstoff (Weltbühne 26/79,
804), Ursagen der Welt (J. G. Herder), Ureinheit der Dinge und Künste (H. Hesse), Ur-
Brunnen für viele Geschichten (TZ 1987).
Fremdpräfixe
Einen Teil früher als Präfixe qualifizierter Fremdelemente betrachten wir nunmehr als Konfix,
die entsprechenden WBK als Konfixkomposita, so z. B. auto-, mikro-, mono-, neo-, poly- u. a.
Die verbleibenden Präfixe ordnen wir in zwei Gruppen nach Negation und Augmentation und
als Sonstige.
Unproduktive Präfixe
1) Das Präfix mhd. aber wieder, entgegen ent- wickelte die Bedeutung der Verstärkung, nhd.
noch in Aberhunderte, -tausen- de, sowie die Bedeutung des Verkehrten, Falschen, nhd.
noch in Aberglaube, -witz Unsinnigkeit.
2) Das Präfix after-, homonym mit dem Substantiv der After und auch etymologisch identisch
damit, ist nhd. vertreten in analysierbaren WBK wie Afterglaube Irrglaube, -lehre, -rede, -
weisheit, vom WDG als ,,veraltend ab- wertend" noch kodifiziert, jedoch im Unterschied zu
den obengenannten WBK mit aber- im Sprachgebrauch kaum noch lebendig. Das ältere Neu-
hochdeutsche kennt eine weit größere Zahl; sie sind wegen des störenden semantischen
Einflusses von After durch andere ersetzt worden.
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Literatur
TALANGA, T.:Einfuhrung in die Wortbildung
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Inhalt
Einleitung...............................................................................................................................................3
Grundsätzliches......................................................................................................................................4
Heimische Suffixe...................................................................................................................................4
Das Suffix –e.......................................................................................................................................4
Das Suffix -ei.......................................................................................................................................5
Suffix -el..............................................................................................................................................6
Das Suffix -er.......................................................................................................................................7
Das Suffix -ler......................................................................................................................................7
Das Suffix -ner....................................................................................................................................8
Das Suffix -heit (-keit, -igkeit).............................................................................................................8
Das Suffix -icht....................................................................................................................................8
Das Suffix -ling....................................................................................................................................8
Das Suffix -nis.....................................................................................................................................9
Das Suffix -s........................................................................................................................................9
Das Suffix -sal......................................................................................................................................9
Das Suffix -schaft..............................................................................................................................10
Das Suffix -sel...................................................................................................................................10
Das Suffix -tel....................................................................................................................................10
Das Suffix -tum.................................................................................................................................10
Das Suffix ung...................................................................................................................................10
Das Suffix -werk................................................................................................................................10
Das Suffix -wesen..............................................................................................................................10
Diminutivsuffixe................................................................................................................................11
Movierung (Motion).........................................................................................................................11
Fremdsuffixe.....................................................................................................................................11
Maskulina.........................................................................................................................................13
Maskulina und Neutra......................................................................................................................14
Feminina und Neutra........................................................................................................................15
Neutra..............................................................................................................................................15
Onymische und deonymische Suffixe...............................................................................................15
Unproduktive Suffixe........................................................................................................................15
Explizite Derivation: Präfigierung.........................................................................................................16
Das Präfix erz-...................................................................................................................................16
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Das Präfix ge-....................................................................................................................................16
Das Präfix haupt-..............................................................................................................................16
Das Präfix miß-.................................................................................................................................16
Das Präfix un-...................................................................................................................................16
Das Präfix ur-....................................................................................................................................16
Fremdpräfixe....................................................................................................................................17
Negation und Augmentation............................................................................................................17
Unproduktive Präfixe........................................................................................................................17
Literatur............................................................................................................................................18
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