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ein und zwei Klaviere sowie eines für Or- Kontakten. Poulenc war mit den Dichtern
gel, Streicher und Pauken. In die Spätphase Apollinaire, Eluard und Max Jacob be-
seines Schaffens schließlich fällt die Kom- freundet, die er hauptsächlich in seinem
position einer großen Oper, Dialogues des Liedœuvre vertont, das wohl auch deshalb
Carmélites (1957). so umfangreich ausfällt, weil Poulenc es
Mitte der 30er Jahre entdeckt Poulenc für sich selbst als Begleiter des Baritons Pier-
sich den in seiner Familie tief verwurzel- re Bernac auf den Leib schrieb. Bekannt-
ten katholischen Glauben wieder. Die re- schaften, wie die mit Wanda Landowska
ligiöse Innigkeit, die sich in einem guten (Abb. 3) oder dem Pianistenduo Arthur
Dutzend geistlicher Chorwerke nieder- Gold und Robert Fizdale, haben das Cem-
schlägt, ist aber nur eine der vielen Ge- balokonzert (Concert champêtre) und die
fühlslagen, die sich bei Poulenc künstle- Sonate für zwei Klaviere (1953) angeregt.
risch Bahn brechen. Vollzog sich vorher Der Beginn der sakralen Phase 1936 ver-
die von ihm selbst beschriebene Janus- dankt sich gleichfalls einem konkreten An-
köpfigkeit chronologisch, fällt die emoti- lass. Poulenc erfuhr vom Unfalltod seines
onale und ästhetische Dialektik nun zeit- Komponistenkollegen Pierre-Octave Fer-
lich zusammen. Poulenc changiert in den roud während eines Aufenthalts in Roca-
außerordentlich produktiven annähernd madour, wo sich eine schwarze Madonna
drei Jahrzehnten bis zu seinem Tod in ra- befindet, und komponierte daraufhin Lita-
scher Abfolge zwischen dem Geistlichen nies à la Vierge noire. Und ohne die Anfra-
und dem Weltlichen, stellt die hypertro- gen von Ginette Neveau und Pierre Four-
phe Dichtung Paul Eluards und Guillau- nier wäre Poulenc wohl nie auf die Idee
Abb. 3: Wanda Landowska mit me Apollinaires dem Volkslied gegenüber gekommen, je eine Violin- und Cellosonate
Francis Poulenc. (Chansons françaises, Huit chansons polo- zu schreiben.
naises), setzt sich in L’histoire de Babar, le Als Autodidakt, der nie Student an einem
tische Literatur wie Henry Rebers Harmo- petit élephant und Petites voix mit seiner Konservatorium war, hatte Poulenc ein
nielehre, Gabriel Parès Holzbläserkunde, eigenen bipolaren Gefühlslage aus kind- undogmatisches Verhältnis zur Musik-
Rimsky-Korsakovs Instrumentationslehre), licher Perspektive auseinander und kehrt geschichte und zu Vorbildern. Über seine
in Charles Koechlin fand er nun einen re- 1952 mit dem Capriccio d’après Le bal gesamte Schaffenszeit bereitete er sich
nommierten Lehrer, der ihn grundständig masqué für zwei Klaviere, einer Bearbei- durch intensives Studium fremder Werke
in Kontrapunkt unterrichtete. Später wer- tung der gleichnamigen Kantate von 1932, auf das eigene Komponieren vor. So erar-
den auch noch Studien bei Albert Roussel zu seinen teils frivolen musikalischen An- beitete er sich beispielsweise für seine Di-
und Nadia Boulanger folgen. Außerdem fängen zurück. alogues des Carmélites Verdi-Opern sowie
fuhren Poulenc und Milhaud 1922 nach Mussorgskys Boris Godunow und betrieb
Das Eigene und das Fremde
Wien und Salzburg und machten dort für seine Sakralwerke Monteverdi-Studi-
bei Festivals für Neue Musik die Bekannt- Francis Poulenc war ein universell gebil- en. Ästhetisch hat sich Poulenc zunächst
schaft Schönbergs und Weberns. Zwar hat deter und sehr belesener Komponist, der in an Satie und vor allem an Strawinsky ori-
Poulenc die kleine Form sowie die mensch- seinem Landhaus bei Noisay eine umfang- entiert. Besonders deutlich tritt der Vor-
liche Stimme, auch transformiert im Blä- reiche Bibliothek unterhielt. Von Kindheit bildcharakter Strawinskys in der frühen
serklang, als musikalischen Ausdrucks- an verbrachte er viel Zeit mit der Lektüre. Sonate für zwei Klarinetten hervor. Zwar
träger stets bevorzugt, die neue Sicher- Als Autodidakt war er darauf angewiesen, bleiben das von Satie übernommene mo-
heit durch die Unterweisung bei Koechlin selbst Erfahrungen zu sammeln und da- dulationsarme Komponieren mit kleinen
schlägt sich aber auch in verstärkter Arbeit raus Konsequenzen für das eigene Kom- Motivzellen ebenso wie der von Strawinsky
an klassischen Gattungen und großen For- ponieren zu ziehen. Begünstigend wirkte inspirierte Neoklassizismus erhalten, diese
men nieder. Poulenc hat klavierbegleitete hier das Zusammenspiel aus früher und Grundschicht hat Poulenc aber – und das
Solosonaten für Flöte, Klarinette, Oboe, Vi- langjähriger Einbindung in die führenden macht seinen unverwechselbaren Stil aus
oline und Cello sowie eine Élegie für Horn Pariser Salons, wo sich unter der Schirm- – nach und nach mit immer neuen histo-
und Klavier, Bläsersonaten für zwei Kla- herrschaft von Jane Bathori und Wina- rischen Erfahrungen angereichert, die von
rinetten ferner für Klarinette und Fagott retta Singer, Prinzessin Edmond de Poli- Couperin und Scarlatti über Bach und Mo-
sowie für Trompete, Horn und Posaune, gnac, das Who is who der Künstlerszene zart, Schubert, Schumann und Chopin bis
außerdem je ein Bläsertrio und –sextett traf, und einem Selbststudium in der Ab- hin zu Debussy, Ravel und Prokofjew rei-
geschrieben. In den 30er und 40er Jah- geschiedenheit des familiären Landsitzes. chen, dem Poulencs letztes Werk, die So-
ren, als Poulenc einige seiner Frühwerke Hier vertiefte sich Poulenc in Musik, Li- nate für Oboe und Klavier (1962), gewid-
revidierte, richtete er auch mehrere seiner teratur und bildende Kunst. Vielfach ver- met ist. •
Ballette als Suiten ein. Ferner gibt es von danken sich seine Werke ganz konkret li-
Poulenc ein Cembalokonzert, Konzerte für terarischen Erlebnissen und persönlichen
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