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Die Jahrgänge bis 1921 einschließlich erschienen im Verlag von Carl Winter, Universitäts-
buchhandlung in He1:delberg, die Jahrgänge 1922-1933 im Verlag Walter de Gruyter & Co.
in Berlin, die Jahrgänge 1934--1944 bei der Weiß'schen Universitätsbuchhandlung in
Heidelberg. 1945, 1946 und 1947 sind keine Sitzungsberichte erschienen.
Jahrgang 1937.
I. J. L. WrLSER. Beziehungen des Flußverla,ufes und der Gefällskurve des Neckars
zur Schichtenlagerung am Südrand des Odenwaldes. DMark 1.10.
2. E. SALKOWSKI. Die PETERSONschen Flächen mit konischen Krümmungslinien.
DMark 0.75.
3. Studien im Gneisgebirge des Schwarzwaldes. V. 0. H. ERDMANNSDÖRFFER. Die
"Kalksilikatfelse" von SoHOLLAOH. DMark 0.65.
4. Studien im Gneisgebirge des Schwarzwaldes. VI. R. W AGER. Über Migmatite aus
dem südlichen Schwarzwald. DMark 2.-.
5. Studien im Gneisgebirge des Schwarzwaldes. VII. 0. H. ERDMANNSDÖRFFER. Die
"Kalksilikatfelse" von URACil. DMark 0.60.
6. M. MüLLER. Die Annäherung des Integrales zusammenge~etzter Funktionen mittels
verallgemeinerter RIEMANNscher Summen und Anwendungen. DMark 3.30.
Jahrgang 1938.
1. K. FREUDENBERG und 0. WESTPHAL. Über die gruppenspezifische Substanz A
(Untersuchungen über die Blutgruppe A des Menschen). DMark 1.20.
2. Studien im Gneisgebirge des Schwarzwaldes. VIII. 0. H. ERDMANNSDÖRFFER.
Gneise im Linachtal. DMark 1.-.
3. J. D. AoHELIS. Die Ernährungsphysiologie des 17. Jahrhunderts. DMark 0.60.
4. Studien im Gneisgebirge des Schwarzwaldes. IX. R. WAGER. Über die Kinzigit-
gneise von Schenkenzell und die Syenite vom Typ Erzenbach. DMark 2.50.
5. Studien im Gneisgebirge des Schwarzwaldes. X. R. W AGER. Zur Kenntnis der
Schapbachgneise, Primärtrümer und Granulite. DMark 1.75.
6. E. HoEN und K. APPEL. Der Einfluß der Überventilation auf die willkürliche Apnoc.
DMark 0.80.
7. Beiträge zur Geologie und Paläontologie-des Tertiärs und des Diluviums in der Um-
gebung von Heidelberg. Heft 3: F. HELLER. Die Bärenzähne aus den Ablagerungen
der ehemaligen Neckarschlinge bei Eberbach im Odenwald. DMark 2.25.
8. K. GoERTTLER. Die Differenzierungsbreite tierischer Gewebe im Lichte neuer
experimenteller Untersuchungen. DMark 1.40.
9. J. D. AoHELIS. Über die Syphilisschriften Theophrasts von Hohenheim. I. Die
Pathologie der Syphilis. Mit einem Anhang: Zur Frage der Echtheit des dritten
Buches der Großen Wundarznei. DMark 1.-.
10. E. MARX. Die Entwicklung der Reflexlehre seit Albrecht von Haller bis in die zweite
Hälfte des 19. Jahrhunderts. Mit einem Geleitwort von Viktor v. Weizsäcker.
DMark 3.20.
Jahrgang 1939.
1. A. SEYBOLD und K. EGLE. Untersuchungen über Chlorophylle. DMark 1.10.
2. E. RoDENWALDT. Frühzeitige Erkennung und Bekämpfung der Heeresseuchen.
DMark 0.70.
3. K. GOERTTLER. Der Bau der Muscularis mucosae des Magens. DMark 0.60.
4. I. HAUSSER. Ultrakurzwellen. Physik, Technik und Anwendungsgebiete. DMark 1.70.
Sitzungsberichte
der Heidelberger Akademie der Wissenschaften
Mathematisch-naturwissenschaftliche Klasse
=======Jahrgang 1949, 12. Abhandlung=======
Werner Raub
Heidelberg, Botanisches Institut
Mit 30 Textabbildungen
37* -511-
4 \\'ERNER RAUH:
Einleitung.
Im Jahre 1942 bot sich mir Gelegenheit, die Halbinsel Chal-
kidike mit ihrer höchsten Erhebung, demA thos, die nordägäischen
Inseln Lemnos, Evstratios, Mytiline und Chios zu besuchen
und auf mehreren kürzeren und längeren Fahrten Einblick in die
Vegetationsverhältnisse von Gebieten zu erlangen, die ihrer Lage
und der politischen Verhältnisse wegen bisher von wenig Botanikern
besucht worden sind. Erst RECHINGER (1936) hat in jüngster Zeit
mehrere Reisen nach den "L\gäischen Inseln unternommen und weilte
auch kurze Zeit auf Lemnos, Mytiline und Chios, um dort für seine
"Flora aegaea" zu sammeln. Dabei zeigte sich, wie unerforscht
diese Gebiete waren, denn RECHINGER konnte anläßlich seiner
kurzen Aufenthalte zahlreiche neue Arten entdecken. Wenn so
auch zahlreiche floristische Angaben aus den obengenannten
Gebieten vorliegen, so fehlen doch solche über die Vegetations-
verhältnisse fast völlig. Nur das Gebiet des Athos ist durch die
klassische Schilderung GRISEBACHs (1841), durch die Untersuchun-
gen von MATTFELD (1927, 1930) und TURILL (1929) genauer be-
kannt geworden. Weitere Arbeiten über die ägäischen Inseln
Samothrake und Samos liegen von A. v. DEGEN (1891) und von
STEFANI und FoRSYTHE-MAJCR (1892) vor 1 . Die beiden zuletzt
genannten Inseln wurden von mir nicht besucht.
Weit besser als die Pflanzenwelt ist die Geologie der ägäischen
Inseln bekannt: Über die Chalkidike liegen Untersuchungen von
BuRGERSTEIN und NEUMAYR (1880), über Mytiline von MAIRE und
über Chios von TELLER (1830) vor.
So soll die vorliegende kleine Studie dazu beitragen, unsere
Kenntnisse über ein Gebiet zu erweitern, das die Brücke vom
europäischen Festland nach Kleinasien bildet.
Allerdings kann die Arbeit nicht den Anspruch auf Vollständig-
keit erheben, sie soll vor allem zur weiteren Erforschung dieser
bisher so wenig bekannten Gebiete anregen.
-512-
Klimatologie und Vegetationsverhältnisse. 5
Auge an dem tief dunklen Grün der Wälder, die sich weit die Berg-
lehnen hinaufziehen und an dem satten Grün der blumenreichen
Wiesen. Schlagartig ändert sich das Bild mit dem Entschwinden
der letzten Alpenberge. Vergeblich sucht man die grünen Wälder;
kahle, nur im zeitigsten Frühjahr von zartem Grün überhauchte,
sonst braune und ausgebrannte Hügel und Felder erblickt das Auge
weit und breit. Darin nehmen sich die Dörfer mit ihren stroh-
gedeckten Häusern und Hütten, umgeben von Obstgärten, wie
Oasen aus. Wir haben den Balkan erreicht. Stundenlang geht
nun die Fahrt durch diese kahle, waldlose Landschaft, von der
sich der Blick nach kurzer Zeit ermüdet abwendet. Endlich er-
reichen wir unser vorläufiges Ziel, Saloniki, den Umschlagshafen
der Nordägäis. Orient, Balkan und Mitteleuropa stoßen hier in
buntester Mischung aufeinander. An die Türkenzeit gemahnende
Moscheen mit ihren Minaretten, modernste Marmorpaläste im
westeuropäischen Stil und halbverfallende Elendshütten aus Well-
blech, Holz und leeren Benzinkanistern sind engste Nachbarn.
Durch enge, holperige Gassen mit malerischen Winkeln steigt
man zur alten Festung empor, die sich in beherrschender Lage auf
einem Höhenzuge nördlich der Stadt erstreckt. Weit schweift der
Blick von hier über die sanft geschwungenen, aus krista11inen
Schiefern bestehenden Berge mit ihrer höchsten Erhebung, dem
Hortiatus (1208 m). Kahl und braun erscheinen die Berge im
Sommer mit ihrer dürftigen Grasnarbe. Nur im Frühjahr sind sie
von einem frischen Grün überzogen, und große gelbe Flecken der
Papaveracee Hypeocoum grandiflorum in der Umgebung der Burg-
ruinen verleihen der Landschaft zarte, warme Frühlingstöne. Am
Fuße der Burg breitet sich im Halbkreis die Stadt aus und begrenzt
den Golf von Saloniki, in den im NE der Vardar mündet. Im SW
erhebt sich der Olymp, dessen Firnhaube fast immer von Kumulus-
wolken gekrönt ist.
Nach kurzem Aufenthalt in Saloniki besteigen wir einen der
kleinen Motorsegler, von dem zahlreiche im Hafen liegen und der
uns je nach Wetterlage in 28 Stunden bis zu mehreren Tagen
nach Lernnos bringen soll. Langsam geht die Fahrt durch den Golf
von Saloniki. Kap Epanomi wird passiert, und vor uns breitet
sich die freie See aus, begrenzt auf der einen Seite von der flachen,
aus Serpentin bestehenden Küste der Chalkidike (Abb. 2), auf der
anderen Seite von dem Ossa und dem Olymp, dessen imposanter
Anblick uns einige Stunden begleitet. Um die lange Fahrt mit dem
-513-
6 WERNER RAUH :
- 514-
Klimatologie und Vegetationsverhältnisse. 7
-515-
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Ahh . 2. Geologische Übersichtsk;utc der Halbinsel Chalkid ikc.
Klimatologie und Vegetationsverhältnisse. 9
-517-
10 WERNER RAUH:
-518-
Klimatologie und Vegetationsverhältnisse. 11
-519-
12 WERNER RAUH:
-520
Klimatologie und Vegetationsverhältnisse. 13
II. Klimatologie.
Voraussetzung für das Verständnis der Vegetationsverhältnisse
des Untersuchungsgebietes ist die Kenntnis seines Klimas.
Das Klima Nordgriechenlands und der ägäischen Inseln ist
gekennzeichnet durch heiße, trockne, niederschlagsarme Sommer
und milde Winter. Dieser scharf ausgeprägte Gegensatz beruht
auf der sommerlichen und winterlichen großräumigen Druck-
verteilung, aus der gleichzeitig Wind-, Niederschlags- und Tem-
peraturverhältnisse resultieren.
Da der Wind in erster Linie das Klima der Nordägäis charak-
terisiert, wollen \Vir uns zunächst mit den \Vindverhältnissen be-
schäftigen, um anschließend die übrigen meteorologischen Ele-
mente zu besprechen.
1. Windverhältnisse.
Sehr übersichtlich sind die Verhältnisse im Sommer, da in-
folge geringer Zyklonentätigkeit sich stationäre Druck- und Strö-
mungsverhältnisse einstellen. Vom Azorenhoch stößt ein Keil
hohen Drucks bis zum mittleren Südeuropa vor. Das Gegen-
gewicht hierzu bildet die große asiatische Zyklone mit dem Kern-
gebiet über dem Pandschab und den Teiltiefs über dem mittleren
Turkestan und Mesopotamien. Diese beiden Gegenpole steuern die
Luftbewegung über dem östlichen Mittelmeer. Die Isobaren im Raum
Griechenland und Kleinasien verlaufen in Richtung Nord-Süd
-521-
14 WERNER RAUH:
- 522 -
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Abb. 3a u. b. (Aus "Fiugklimatologie des Balkans".)
16 WERNER RAUH:
-524-
Klimatologie und Vegetationsverhältnisse. 17
Lemnos
Januar
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16/2-i 04/J 04/3
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12. 06/5 08/3 128/1 108/2 116/1 122/2 18/1 04/5A 32/4 000 20/2 02/3
13. o6/.3j 06/J-~18/2
-------~'-----
04/3116/1122/2 32/2 32/2 32/3 04/3 04/3 02/2
14. 06/3 I 04Q_, 06(z.:_i 04/~ 16/3 I umlaufend 2 I 000 32/2 04/3 04/5 02/3
15. 04(~\~4/2 jo2(2 i32~ 16/5 04/3 04/4 32/2 02/5 04/4 04/6 000
16. 06Q_ 06/±__i 04/'!:_(g~ 18/2 18/3 02/3 02/4 32/3 04/6 04/3 000
1 7. 04/4 ~~~~ o41_LI ~±.!'!:___! 32/3 o4/3 32/2 32/4 32/2 30/2 14/2 32/1
18. 04/5 04/7.104/3 !04/3 (o2/4I04/2 !32/2 32/5 A 32/2 22/2 i 14/6 02/1
--~-----·--~-
19. 04/5 06/8 I020__ 1_92/3__ )02/4 22/2 32/3 J2/3 32/3 120/3 I04/6 000
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20. 06( ~ 04/6 I 04/~__ l 04/~) 32/4 06(3 02(3 32/3 02/3 04/3 02/5 02/1
21. 06/4 ! 04/5 I 04/7 A: 04/2 22/2 06/4 32/3 30/2 132/2 06/4 I04/3 04/4
22.1()_~/S-1 04/4 i04/6 A!18/4-116/4 16/4 02/3 02/3 32/3 04/3 06/3 I 04/4
23.,06/5 06/3 04/5 !16/4.\18/1 02/5 02/4 02/3 30/2 06/2 106/2 ! 04/3
24.1 o6;sT147sl o4/412o;4io2/4 04/2 3212 02/4 14/1 04/5 ! 04/5 04/4
~--,--,--,-----~
1 Die ersten beiden Zahlen bedeuten die Windrichtung nach der 32-Grad-
Skala. Die dritte Zahl gibt die Windstärke in Beaufortgraden an. A = böig,
000 = Windstille. Die dick umrandeten Zahlengruppen stellen Etesien-
perioden dar. - Sämtliche Werte sind eigne Messungen mit dem FuEss-
Böenschreiber, die auf der im Jahre 1941/42 von mir geleiteten Wetter-
warte Mudros(Lemnos durchgeführt wurden.
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Klimatologie und Vegetationsverhältnisse. 19
kein Tropfen Regen. Die Etesien sind es also in erster Linie, die
für den trockenheißen Sommer Griechenlands verantwortlich zu
machen sind. Sie wirken sich auf die Vegetation dahin aus, daß
die Vegetationsperiode schon Ende Mai, spätestens Anfang Juni,
beendet ist, und Baumwuchs sich nur an windgeschützten Stellen
bilden kann. Die der vollen Kraft der Etesien ausgesetzten Inseln
Lemnos, Evstratios und Andros sind daher auch völlig waldlos
und tragen nur in windgeschützten Senken spärlichen Baum-
wuchs.
Wenn die Etesien auch in jedem Jahr auftreten, so unterliegt
ihre Stärke und Beständigkeit doch von Jahr zu Jahr großen
Schwankungen.
Sind in den Sommermonaten die Nordwinde die allein vor-
herrschenden Winde, so zeigt die winterliche Strömung kein so
einheitliches Bild (Abb. Ja), wenngleich auch im Winter, wie aus
der Zusammenstellung der Winde für Lernnos (Tabelle 1) hervor-
geht, in der Nordägäis die Nordkomponente vorherrscht. So traten
beispielsweise im Jahre 1942 auf Lernnos an
253 Tagen Winde mit Nordkomponente und nur an
53 Tagen Winde mit Südkomponente auf.
Die Hauptverbreitung der Winde aus dem Südquadranten fällt
in die Monate November bis Mai, also in die Zeit der Zyklonen-
tätigkeit in der Ägäis. Zwei ausgeprägte Hochdruckrücken beein-
flussen die Luftbewegung über dem Mittelmeer im Winter. Einmal
das südlich gewanderte Roßbreitenhoch mit seiner Zunge von den
Azoren nach der Sahara, zum anderen die Hochdruckbrücke, die
sich von Innerasien bis zum Azorenhoch hinzieht. Zwischen ihnen
liegt der Tiefdrucktrog des Mittelmeeres, in dem die von West
nach Ost wandernden Zyklonen ziehen, Luftmassen verschiedener
Herkunft heranführen und einen wechselhaften, fast mitteleuro-
päischen Witterungscharakter bewirken. Hauptquelle für die Zu-
fuhr der Luftmassen ist Innerasien. Von dort ergießt sich Kaltluft
nach Kleinasien und dem Balkan und fließt dem Druckgefälle
entsprechend schubweise gegen das Meer hin ab, wo sie sich mit
feuchten, wärmeren Luftmassen aus dem Südwesten mischt und
verwirbelt. Es entstehen jetzt ausgesprochene Frontalzonen mit
Landregen und stürmischen Süd- und Südwestwinden auf der
Vorderseite, Schauerniederschlägen und böigen Nordostwinden
auf der Rückseite (Tabelle 1) einer Zyklone. Es herrscht also im
38* -527-
20 WERNER RAUH:
Frühling . 18,8 30,1 9,2 7,2 22,7 6,7 0,4 6,8 0,2
Sommer 28,1 23,1 9,6 0,7 7.4 2,8 0,2 28,0 0,1
Herbst 22,3 32,8 11,6 5,5 12,5 4,3 0,2 11,0 0,0
Winter 14,9 137.51 6,2 9,0 24,2 5.9 0,2 2,3 0,0
-528-
Klimatologie und Vegetationsverhältnisse. 21
Tabelle 4. Naxos (1894-1903).
N NO 0 so s SW w NW Stille
Frühling 39.<> 7,8 0,2 4,7 22,2 9,1 3.7 2,3 10,2
Sommer 162,11 14,5 0,0 1,0 9.7 2,0 0,6 0,9 8,9
Herbst 53,7 14,2 0,6 2,9 12,7 3,5 0,9 1,3 10,0
Winter 39.5 10,7 0,8 6,1 21,9 9,0 3,6 I 2,1 6,7
Frühling . 13,6 9.5 11,2 4,2 18,7 12,3 7.6 4,8 18,3
Sommer 18,6 6,8 4,9 2,2 128,31 7.7 3.4 3,4 24,6
Herbst 1 22,8 11,3 11,0 2,6 19,3 6,2 3,8 6,2 17,1
Winter I 23,8 13,5 13.5 4,5 9,3 9,0 6,6 6,6 I 13,2
Frühling . 12,7 7.5 8,1 7,2 6,1 15,9 4,7 5.5 32.3
Sommer 15,3 7,0 5,1 6,4 7.1 18,3 4,8 7,2 28,8
Herbst 15,2 9,0 9,3 5.5 4,5 12,8 3,5 5.0 135,21
I
Winter 22,3 12,5 1 8,9 I 5.4 2,6 i 3.9 3.4 I 7.6 33.4
Tabelle 7. Kavalla.
N NO 0 so s sw w NW Stille
Frühling . 9.5 1,8 20,2 9,2 18,8 10,7 11,5 2,7 16,3
Sommer 6,5 3.4 18,3 6,6 13,6 18,5 14,7 2,2 16,2
Herbst 7.8 1.3 129.91 8,5 11,8 9.5 10,3 5.4 15.5
Winter 16,9 3,8 27.5 i 7.8 8,9 3,8 13,8 7.9 9.6
Frühling . 16,9 27,7 4,6 1,9 16,2 20,5 5.4 1,2 5.4
Sommer 14,3 141,81 7,4 0,4 10,6 19,1 2,0 1,2 3,1
Herbst 13,1 32,9 11,0 3.3 9,2 17.5 3,0 1,9 8,1
Winter 18,6 26,8 11,8 5,2 11,3 16,1 3,1 2,0 5,1
-529-
22 WERNER RAUH:
a) Der Vardarac.
Der bekannteste Fallwind der Nordägäis ist der Vardarac oder
Vardar, ein kalter Fallwind, der sich durch das Vardartal in den
Golf von Saloniki ergießt. Mit einem Vardar ist immer dann zu
rechnen, wenn der Luftdruck über dem nördlichen Festland höher
ist als über dem Meere, wie dies im Winter oft der Fall ist. Der
Vardar ist meist von kurzer Dauer (24-36 Std), kann gelegent-
lich aber auch während des ganzen Winters wehen. Die mittlere
Geschwindigkeit eines Vardar beträgt 5-7 mfsec, in Spitzenböen
werden bis 15 mfsec erreicht. In der Regel herrscht dabei trockenes
Wetter und grobe See.
Die stärkste Kraft hat der Vardar unmittelbar beim Austritt
aus dem engen, von hohen Gebirgszügen umschlossenen Schlauch
des Vardarflußes in die Vardarebene bei Saloniki. Im Golf von
Saloniki flaut er dann ziemlich rasch ab, ist aber noch bis zum Ende
-530-
Klimatologie und Vegetationsverhältnisse. 23
des Kassandra-Fingers spürbar und kann selbst dort noch für
kleine Motorsegler recht unangenehme Folgen haben, wenn sie nicht
rechtzeitig unter Landschutz gehen (Abb. 5).
b) Der Athos-Fallwind.
Die Athos-Fallwinde sind den griechischen Schiffahrern schon
seit alten Zeiten her bekannt und von ihnen gefürchtet. Nicht ohne
Grund versuchte Xerxes, den Athosfinger an seiner schmalsten
Stelle (Xerxes-Kanal) zu durchstechen, um das für die Segelschiff-
fahrt so gefährliche Gebiet zu umgehen.
Die Athos-Fallwinde konnten auf zwei längeren, unfreiwilligen
Aufenthalten am Athos im August 1942 und im März 1943 von
mir studiert werden.
Die Berge des Hagion-Oros erreichen eine durchschnittliche
Höhe von 600-800 m. An seiner Südspitze aber erhebt sich un-
vermittelt bis fast 2000 m emporsteigend der gewaltige Marmorklotz
des Athosgipfels, der an seiner Südseite mit ungeheurer Steilheit
ins Meer stürzt. Es ist daher verständlich, daß ein solcher Berg
inmitten einer niedrigen Hügellandschaft einen nicht unerheblichen
Einfluß auf die Luftzirkulation ausübt. Der Athos wirkt daher
nach meinen Beobachtungen in hohem Maße als windverstärkender
Faktor.
Die Nord- und Nordostwinde prallen auf den Berg auf, werden
an seiner Nordseite emporgerissen und stürzen sich als Fallwinde
mit ungeheurer Vehemenz zu Tal und ergießen sich fächerförmig
einige Seemeilen weit in die freie See hinaus (Abb. 5). Solange
der Gipfel noch mit Schnee bedeckt ist, was in normalen Wintern
bis Ende April-Anfang Mai der Fall ist, sind die Fallböen eisigkalt.
Bei dem Herabfallen brechen sich die Winde an Graten, Kanten
und Schluchten und werden teilweise aus ihrer ursprünglichen
Richtung abgelenkt. Die Folge davon ist, daß die einzelnen Gebiete
des Athos kleine Verschiedenheiten in der Windrichtung aufweisen,
die sich im Seegang in der Ausbildung von Kreuzseen widerspiegeln.
Die kalten Fallwinde konnten bei einem Versuch, den Gipfel
am 19. März 1943 zu besteigen, aus nächster Nähe beobachtet
werden. Man sah d.eutlich, wie die Wolken auf der Nordseite
emporgerissen und dann zu Tal gedrückt wurden. Die Fallwinde
waren von einer solchen Vehemenz, daß es unmöglich war, die
letzten 300m bis zum Gipfel zu bezwingen.
-531-
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2.~ Athos-fallwind l>ardanellen-Oüsenwind
Abb. s. Übcrsichtsl,arte der häufigsten Lokalwinde der Nordägäis. Die:> dicken Pfeile geben die Hauptstreich richtung an.
Klimatologie und Vegetationsverhältnisse. 25
Daß die Nordwinde durch das Herabfallen vom Athosgipfel in
der Tat an Stärke zunehmen, zeigt folgende Zusammenstellung:
Athos Lernnos Kavalla Dedeagatsch Saloniki Porto Kufos
c) Der Struma-Fallwind.
Ähnlich wie im Vardartal tritt auch im engen, sich erst gegen
das Meer hin verbreiternden Strumatal ein kalter Fallwind auf, der
sich in den Golf von Orphani und in die Bucht von Kavalla ergießt
(Abb. 5) und die Schiffahrt von Lernnos und Tha.sos nach Kavalla
behindert. Für das Zustandekommen eines Struma-Fallwindes ist
dieselbe Druckverteilung Vorbedingung wie beim Vardar, also hoher
Druck über dem Festland, tiefer Druck über See. Da kontinentale
Luftmassen herangeführt werden, bewirkt auch der Struma-Fall-
wind einen merklichen Temperaturrückgang.
-533-
26 WERNER RAUH:
d) Dardanellen-Düsenwind.
Die im Jahre 1942 durchgeführten Windmessungen auf Lernnos
ergaben gegenüber den \Verten der Nachbarstationen wesentlich
höhere Werte. Die Sonderstellung, die Lernnos hinsichtlich der
höheren Windstärken einnimmt, ist in seiner geographischen
Lage begründet. Lernnos liegt fast genau in der Verlängerung der
Dardanellen, die als "das schlimmste Zugloch des ganzen Mittel-
meergebietes" bekannt sind. Selbst, wenn in der Umgebung Wind-
stille herrscht, weht am Ausgang der Dardanellen immer eine
leichte Brise, die die See ständig in Bewegung hält. Bei nächtlichen
Überfahrten von Lernnos nach Mytiline kann man allein schon an
der Zunahme der Windstärke und am Seegang die Lage der Dar-
danellen erkennen. Vor allem in den Sommermonaten, zur Etesien-
zeit, spielen die Dardanellen als windverstärkender Faktor eine
nicht zu unterschätzende Rolle. Der Keil hohen Drucks über dem
Schwarzen Meer versucht die Luft im Westen Kleinasiens durch den
Schlauch des Bosporus zu pressen. Infolge dieser plötzlichen Weg-
verengung steigt die Windgeschwindigkeit in Bodennähe sehr schnell
an und flutet mit großer Vehemenz beim Austritt aus der Meeres-
enge in das Seegebiet von Lemnos, wo sie mit fast ungebrochener
Kraft auf das Felseneiland auftreffen (Abb. 5).
Die Dardanellenwinde prägen Lernnos auch seinen eigenartigen
Charakter auf. Lernnos ist eine der wenigen Inseln, die sich durch
das völlige Fehlen von Baumwuchs auszeichnen. Nur karge bis
Anfang Mai grüne Matten bedecken die schroffen Berge.
Es lassen sich also in der Ägäis neben der großräumigen Luft-
zirkulation, bedingt durch die herrschende Druckverteilung, fol-
gende Lokalwindzonen unterscheiden (Abb. 5):
a) Gebiet des Vardar (kalter Fallwind im Golf von Saloniki,
in abgeschwächter Form im Golf von Kassandra),
b) Seegebiet Athos (kalter Fallwind),
c) Golf von Orphani und Bucht von Kavalla mit Strumafall-
wind,
d) Seegebiet Lernnos mit Dardanellendüsenwind,
e) Golf von Kassandra, Golf von Hagion Oros.
Die letzteren Gebiete sind charakterisiert durch schwache
Winde, da sie weder vom Vardarac, noch von den Athos-Winden
erreicht werden. Sie sind lediglich den Süd- und Südwestwinden
ausgesetzt, die nur eine untergeordnete Rolle spielen (Abb. 5).
-534-
Klimatologie und Vegetationsverhältnisse. 27
2. Niederschläge.
Auch hinsichtlich der Niederschlagsverhältnisse finden sich
scharf ausgeprägte jahreszeitliche Gegensätze, die mit dem ver-
schiedenen thermischen Verhalten von Festland und Meer, mit der
jahreszeitlichen Druckverteilung und den Strömungsverhältnissen
in engstem Zusammenhang stehen. Wie in Abschnitt 1 ausführlich
dargelegt wurde, bewirkt die sommerliche Druckverteilung die
Nord-Süd gerichtete Etesialströmung. Die Etesien sind aus-
gesprochene Schönwetterwinde, die an den Gebirgen der pontischen
Küste Stauerscheinungen mit Geländeregen hervorrufen, über die
Ägäis und Griechenland aber als trockene, niederschlagsarme
Winde dahinwehen. Die geringen Niederschläge in den Sommer-
monaten (Tabelle 9-11, Abb. 6) fallen meist als Gewitterschauer,
deren Entstehung auf eine rasche Überhitzung des Festlandes und
damit verbundener feucht-labiler Schichtung der Atmosphäre
zurückgeführt werden kann.
Im Winter lagern kalte Luftmassen über dem Festland, die
hauptsächlich in nordöstlicher Richtung gegen das warme Meer hin
abfließen. Das Ausfließen der Kaltluft erfolgt nicht kontinuier-
lich, sondern in einzelnen Schüben. Die kalten und warmen Luft-
massen verwirbeln miteinander und erzeugen Störungen, die meist
im Golf von Genua ihren Ausgang nehmen und entlang der adria-
tischen Küste nach Griechenland und der Ägäis ziehen. Während
des ganzen Winters halten die Störungen an und führen zu kräftigen
Land- und Schauerregen, wobei die Regenmenge von Westen nach
Osten abnimmt.
Ein sehr anschauliches Bild gibt die graphische Darstellung der
Niederschlagsmengen der Inseln Lemnos, Mytiline und Chios
(Abb. 6), gemittelt aus den in Tabelle 10-11 wiedergegebenen
Durchschnittswerten während 7 Jahren. Der Zusammenstellung
ist folgendes zu entnehmen:
1. Es ist zwischen sommerlicher Trockenheit und winterlicher
Regenzeit zu unterscheiden. Das Maximum der Niederschläge auf
Chios und Mytiline fällt in den Monat Dezember, auf Lernnos in
den Monat Januar.
2. Die Niederschlagsmaxima von Mytiline und Chios liegen
wesentlich höher als das Maximum von Lemnos.
Der Grund hierfür ist in der geographischen Lage der drei Inseln
zu suchen. Mytiline und Chios liegen nur wenige Kilometer entfernt
-535-
28 WERNER RAuH:
1936 226,3 126,0 74,4 24,0 71,3 9,0 49,6 0,0 34,1 162,0 72,0 83,7
1937 55.8 25,2 15.5 24,0 9.3 0,0 105,4 24,0 27,9 69,0 135,0 127, I
1938 15,5 39,2 80,6 150,0 6,2 0,0 0,0 0,0 37,2 39,0 63,0 117,8
1939 124,0 67,2 201,5 0,0 27,9 24,0 0,0 18,6 103,4 9,0 30,0 96,1
1940 65,1 64,4 80,6 57,0 80,6 15,0 0,0 0,0 106,5 0,0 144,0 96,1
1941 40,3 8,4 0,0 42,0 18,6 0,0 0,0 0,0 106,5 3,0 15,0 31,0
1942 123.5 35,2 38.9 5.3 0,7 31,6 8,5 1,0 0,0 29.5 73.3 62,5
Summe 650,5 365,6 491,5 302,3 214,6 79.6 163,5 43,6 415,6 311,5 532.3 614,3
Mittel-
werte 92,9 52,2 70,2 43,2 30,7 11,4 23,4 6,2 59,4 44,7 76,1 87,8
1936 93.5 183,8 106,0 31,5 49,5 5,4 6,6 0,0 4,4 64,9 84,6 63,5
1937 65,5 65,6 11,9 51,6 10,0 0,0 0,0 14,2 0,0 126,0 285,7 201,9
1938 111,3 76,4 37.9 56,6 37,2 0,0 0,0 0,0 6,0 90,0 71,8 186,9
1939 194,1 68,0 202,4 0,6 9.3 29,0 0,0 4,2 29.5 28,1 276.7 331,8
1940 155,8 123,1 51,2 251,4 27,2 0,9 11,8 0,0 14,7 43,1 89,3 237.9
1941 81,2 82,7 45,6 0,0 18,2 0,0 27,6 47,7 46,6 153,4
1942 212,0 129.7 15.2
Summe 913,4 729,3 470,2 391,7 133,2 35.3 36,6 18,4 82,2 399.8 854,7 1175,4
Mittel-
werte 1130,5 104,21 67,2 78,3 26,6 5,9 6,1 3,1 13.7 66,6 142,5 195.9
1936 78,0 237,8 57,9 18,9 27,0 26,0 3,6 0,0 9,1 82,6 133,4 139,6
1937 49.5 138,5 14,6 24,8 0,8 0,0 4,7 0,0 0,0 57,6 98.7 134,6
1938 82,6 95,6 63,1 79.6 0,3 0,0 0,0 0,0 5,8 67,2 77,1 207,6
1939 271,2 97,0 140,2 0,0 28,6 22,8 0,0 0,4 32.7 9,3 102,8 211,3
1940 86,4 107,6 35.7 112,2 27,8 14,4 0,0 0,0 6,9 21,1 57,8 281,9
1941 62,8 44,7 18,8 66,8 1,5 0,0 0,0 0,0 0,0 35,0 17,4 87,0
1942 172,4 178,8 8.2 14,4 0,0
Summe 802,9 900,0 338.5 316,7 86,0 63,2 8,3 0,4 54.5 272,8 487,2 1062,0
Mittel-
werte 114,7 128,6 48,4 45,2 12,3 10,5 1,4 0,07 9,1 45,5 81,2 177,0
-536-
Klimatologie und Vegetationsverhältnisse. 29
-537-
30 WERNER RAUH:
sich der Schnee in niederen Lagen nur sehr kurze Zeit. Im Winter
1942 blieb er auf Lernnos nicht länger als 8 Tage, auf Mytiline und
Chios sogar nur 2 Tage liegen. In höheren Lagen dagegen hält sich
der Schnee bis in den Frühsommer hinein. So konnte am Athos
auf der Nordseite, in geschützten Rinnen und Schluchten, Schnee
bis Ende Mai und Anfang Juni beobachtet werden.
3. Temperaturverhältnisse.
Das für das östliche Mittelmeergebiet typische subtropische
Etesienklima führt zur Bildung von heißen, trocknen Sommern
und milden feuchten Wintern mit sehr großen winterlichen Tem-
peraturschwankungen, besonders im nördlichen Teil Griechenlands.
Die von Südmßland in das östliche Mittelmeer vorstoßenden Kalt-
luftmassen treffen mit der aus Nordafrika strömenden subtropischen
Warmluft zusammen, wodurch auf engstem Raum Temperatur-
schwankungen bis zu 20° C vemrsacht werden. Da die feuchte
Meeresluft ausschließlich aus Süden und Westen, die kontinentalen
Luftmassen aus östlicher und nördlicher Richtung einströmen,
macht sich im Norden und an der Ostküste Griechenlands der
kontinentale Einfluß viel stärker bemerkbar als im Süden und
-538-
Klimatologie und Vegetationsverhältnisse. 31
-539-
32 WERNER RAUH:
... 20
~
~~
~
~15
~
1:::
10 .
0 Juli Aug. Sept. Okf. Nov. Dez. Jan. Febr. Miirz Apr. Mai Juni
Abb. 7. Mittelwerte der Temperaturen der Jahre 1936-1942.
Frosttagen als Mytiline und Chios, die unter Landschutz der nahen
Türkei liegen. Diese Unterschiede prägen sich auch deutlich im
Vegetationskleid der drei Inseln aus. Während auf Mytiline und
Chios Apfelsinen, Zitronen und Oliven mit größter Üppigkeit ge-
deihen, sind diese auf Lernnos nur an geschütztesten Stellen in
K ümmerexemplaren anzutreffen.
111. Vegetationsverhältnisse.
A. Der Hagion Oros.
Der östlichste Finger der Chalkidike, die Athos-Republik oder
das "Mekka der anatolischen Christenheit" ist die Fortsetzung des
Rhodopen-Massivs und besteht aus alten Gesteinen, Gneisen und
Grünschiefern, die von der Hauptmasse der Chalkidike durch
tertiäre Ablagerungen in der Nähe des Xerxes-Kanals bei Jerissos
abgetrennt werden (Abb. 2). In einem von Nordosten nach Süd-
westen ansteigenden Höhenzug bauen die Gneise und Grünschiefer
den nirgends 1000 m überragenden und wenig undulierten Kamm
-540-
Klimatologie und Vegetationsverhältnisse. 33
die sich der Welt völlig entzogen haben, sogar den Umgang mit
Klosterbrüdern meiden und ihren Lebensunterhalt sich nur durch
ihrer Hände Arbeit selbst verschaffen.
In der Mitte der etwa 6Meilen langen Halbinsel, umrahmt von
prächtigen Kastanienwäldern, liegt die Hauptstadt Karyes, der
Sitz des Gouverneurs der Athosrepublik und der heiligen Synode,
zu der jedes Kloster einen Bruder entsendet. Sie übernimmt die
innere Verwaltung des Staates, legt die erforderlichen Steuern auf,
entscheidet in Streitfällen zwischen den einzelnen Klöstern. In
Karyes befinden sich auch die Post und die wenigen Kaufleute,
die die zum Leben erforderlichen Dinge, die von außerhalb
kommen, vertreiben. An Markttagen bringen die Mönche selbst-
gefertigte Dinge, hölzerne Löffel, Kreuze mit Schnitzwerk aus Holz
oder Horn und mehr oder weniger schlechte Heiligenbilder nach
dort, durch deren Verkauf sie sich einen kleinen Gewinn zu ver-
schaffen suchen. Karyes ist eine der merkwürdigsten Städte der
Welt, denn sie ist die Stadt ohne Frauen. K ein weibliches Wesen,
- 542 -
Klimatologie und Vegetationsverhältnisse. 35
also nicht nur Frauen, sondern auch weibliche Tiere wie Stuten,
Kühe, Schafe, Ziegen und Hennen, darf den Hagion Oros durch
seine Gegenwart "entweihen".
Mit Kasteiungen, Gebetsübungen, Fasten und etwas Garten-
arbeit verbringen die Mönche ihre Tage. Nirgends ist mehr eine
Spur von gelehrtem Triebe und von einer Nutzung der zum Teil
sehr wertvollen Sammlun-
gen patristischer Literatur
zu beobachten. Die tref-
fende Charakteristik, die
GRISEBACH 1839 von den
Athos- Mönchen gegeben
hat, stimmt heute noch
genau so wie vor mehr als
100 Jahren. Es gibt wohl
in Europa kaum einen
Ort, an dem die kulturel-
len Verhältnisse seit dem
Mittelalter so stationär
geblieben sind, wie in den
Athos-Klöstern.
"Unwissenheit, Egois-
mus und an die Stelle der
Religion getretener For-
mendienst steht als das
. h E b· d
endllC e rge nlS es vor dromus. Die Schründe in den Steilwänden
Abb. 9. Athos, Einsiedeleien beim Kloster Pro-
werden
1500 J ahren begonnenen zur Anlage terrassenförmiger Gärten a usgenutzt.
und streng ausgeführten
Versuchs da, in einem zwar kleinen, aber von den übrigen Menschen
sowohl abgesonderten Reiche christliche Entsagung und betrach-
tende Lebensrichtung als Grundlage der Gesellschaft festzustellen"
(GRISEBACH). An anderer Stelle äußert GRISEBACH eine Ansicht ,
der ich auf Grund eigner Erfahrung beipflichte: "Das Streben der
Mönche nach dem, was ihnen annehmlich erscheint, ihre Klagen
und Wünsche sprechen sie so unverhohlen aus, daß man einsieht,
wie viele sich in die Welt zurücksehnen, ihren Eintritt bereuen,
und erinnerten sie sich nicht, daß man dort nur durch Arbeit und
Tätigkeit das Wünschenswerte zu erreichen vermöge, sich gern
von den Klöstern lossagen würden. Sieht man dann plötzlich , w ie
sie sich beschäftigen, und dächte man sich selbst in eine Lage, in
39* -543 -
36 \VERNER RAUH:
-544-
Klimatologie und Vegetationsverhältnisse. 37
I. Hügelstufe.
1. Strandformation und Küstenfelsen,
2. Macchie (0-600 m).
II. Montane Stufe.
1. Kastanien-Tannen-Mischwald (600-1300 m),
2. Kiefernwald mit Macchie und sommergrünen Sträuchern
(bei 1300 m),
3· Tannenwald (1300-1500 m).
III. Alpine Stufe (1600-1950 m).
-545-
38 WERNER RAUH:
I. Hügelstufe.
Strandformation.
1.
Da die Küste entlang der ganzen Athoshalbinsel als klippen-
reiche Steilküste ausgebildet ist (Abb. 1 o), kommt es nur an wenigen
Stellen (vor allem an der Ostküste bei Hagion Artemis, Iviron) zu
eigentlichen Strandbildungen (Abb. 8). Kleine, schwer zugäng-
liche Buchten mit einer wenige Meter breiten Geröllzone aus groben
Blöcken sind zahlreicher. In ihnen und in den Spalten der Küsten-
felsen siedelt sich eine charakteristische Flora an, in der folgende
Arten vorherrschen:
Cynodon dactylon Medicago marina
Imperata arundinacea Biserrula pelicinus
Muscari tenuiflorum V icia dasycarpa
Crocus biflorus (Strandfelsen bei Ornithopus perpusillus
Karakalu) Tordylium apulum
Parietaria judaica (Felsspalten) Hippomarathrum cristatum
Silene fabaria (Geröll und Fels- Daucus guttatus
spalten) Crithmum maritimum
Spergularia rubra Eryngium maritimum
sp. salina Orlaya p!atycarpa
Obione portulacoides A nagallis phoenicea
A triplex litoralis Plantaga lanceolata
A. hastata var. microsperma f. salina Pl. maritima
Salsola Tragus Pl. crassifolia var. bissuta
S. Kali Clystegia Soldanella
M athiola sinuata A rmeria sancta
Cakile maritima Statice sinuata (auf flach geneigten
M alcolmia incrassata Küstenfelsen Bestände bildend)
M. flexuosa Verbascum pinnatifidum
Glaucium flavum Campanula rupestris
Phytolacca decandra Centaurea pannosa
Euphorbia peplus C. peucedanijolia (Hafen Daphni)
E. Paralias Inula viscosa
E. chamaesyce M ollugo cerviana.
~ 546 ~
Klimatologie und Vegetationsverhältnisse. 39
2. Macchie.
Den breitesten Raum am Athos-Finger nimmt die Macchie ein
(immergrüne Region nach GRISEBACH; Stufe des Hartlaubwaldes
nach REGEL). Vom Meeresspiegel bis zu einer durchschnittlichen
Höhe von 400--450 m aufsteigend, stellenweise auch höher bis in
die montane Region eingreifend, umsäumt die immergrüne Region
sowohl die Ost- als auch die Westseite des Fingers (Abb. 10) . Was
zunächst auffällt, ist die unge-
heuere Üppigkeit der Macchie,
von der GRISEBACH und MATT-
FELD übereinstimmend sagen,
daß sie eine solche geschlossene
dichte und hohe Macchie in
ganz Griechenland nicht wieder
beobachten konnten. Ich seihst
'k enne sie in einersolchen Wuchs-
freudigkeit und Üppigkeit nur
von Korsika her. Während dort
aber der Erdbeerbaum ( Arbutus
unedo) das vorherrschende Ge-
hölz ist, ist es am Athos die
Kermeseiche (Quercus coccifera)
zusammen mit anderen immer-
grünen Gehölzen: QtJercus ilex,
Rhamnus alaternus, Laurus no-
büis, Phyllirea media, Olea eu-
ropaea ssp. oleaster, Pistacea Abb.10. Athos, Südküste, im Vordergrund
die mit Macchie bestandene Hügelstufe.
terebinthus, Spartium iunceum,
Arbutus unedo, Calycotome villosa, Fraxinus ornus, Erica arborea,
E. verticillata, Cistus monspeliensis, C. salviaefolius, C. villosus
ssp. creticus. Von den selteneren Bestandteilen sind zu erwähnen
der schöne Arbutus andrachne und der Bastard zwischen A. unedo
und A . andrachne = A. andrachnoides. In bunter Mischung schlie-
ßen die 1-2m hohen Sträucher zu einem solchen Dickicht zu-
sammen, das ohne ausgetretenen Saumpfad zu durchdringen völlig
unmöglich ist . Lianen, wie Rubia peregrina, Smilax aspera, Sm. ex-
celsa, Tamus communis var. cretica, Asparagus acutifolius und Cle-
matis flammula schlingen von Strauch zu Strauch und verflechten
d~s Ganze zu einer undurchdringlichen, kaum lichtdurchlässigen
Wand. So einheitlich die Macchie in ihrer Zusammensetzung auf
-547 -
40 vVERNER RAuH:
der Wanderung vom Kloster Rossikon auf der Westseite über Dio-
nysios, Agios Paulus, Agios Anna, Kapso-Kalivia, Lawra, Iviron
und Karyes auf der Ostseite ist, so wirkt sie doch nie lang-
weilig und ermüdend. Nicht nur das Vorherrschen bald der
einen, bald der anderen Art verleiht der Macchie eine mannig-
fache Ausprägung, auch das mehr oder weniger stark bewegte
Gelände mit den schluchtartig eingeschnittenen Tälern und vor-
springenden, steil ins Meer stürzenden Felswänden unterbricht
-548 -
Klimatologie und Vegetationsverhältnisse. 41
des Fingers, auf den steilen Kalkfelsen und im Kalkgeröll der Süd-
seite dürfte das Quercus coccifera-Gebüsch eine natürliche Forma-
tion darstellen, denn an diesen Stellen ist die Macchie auffällig arm
und dürftig ausgebildet. Die windgeschorenen Büsche erreichen
nur die Höhe von 50 cm bis 1 m.
REGEL unterscheidet innerhalb der Macchie die beiden Assoziationen
des a) Quercus coccifera- Quercus ilex-Arbutus-Hartlaubwaldes und des
b) Pinus halapensis-Hartlaubwaldes.
Nach den vorherrschenden Arten teilt er die erste Assoziation in fol-
gende Subassoziationen ein:
a) Quercetum cocciferum mixtum,
b) Quercetum ilicis,
c) Quercetum cocciferae,
d) Ericetum arboreae.
Nach meiner Ansicht liegen keine zwingenden Gründe zu einer solchen
Gliederung vor. Wenn REGEL sich schon durch die lokale Häufung einer
Art, von der nicht einmal sicher ist, ob sie nicht anthropogenen Ursprungs
ist, verleiten läßt, so hätte er seine Gliederung weiter führen und das lokale
Vorherrschen der Cistrosen und die durch Auflockerung der Macchie ent-
standenen Felsheiden (Garigues) erwähnen müssen. Es erscheint mir rich-
tiger, die Macchie als eine einheitliche Formation ohne starke Gliederung
in Subassoziationen aufzufassen, eben entstanden aus Hochwald.
Mit der obigen Aufzählung der Gehölze erschöpft sich keineswegs
der Artenreichtum der Macchie. Zwischen den einzelnen Büschen
und auf kleineren Lichtungen siedeln sich noch zahlreiches Gestrüpp
und zahlreiche Kräuter an. Von den weiteren Gehölzen der Macchie
sind zu nennen :
Arbutus andrachne (selten; in größeren Beständen beim Kloster
Rossikon),
M yrtus cummunis,
Crataegus monogyna (auch im Kastanien-Hochwald),
Sorbus torminalis (auch im Kastanien-Hochwald).
Die Cistrosen, Cisttts monspeliensis, C. salviaefolius, C. villos~ts
ssp. creticus haben nur eine lokale Verbreitung. Auf der West-
seite sind diese zwischen Dionysios und Hagion Anna zusammen mit
Euphorbia dendroides und E. spinosa anzutreffen. Auf der Süd-
seite sind sie mit Erica arborea auf die trockensten und sonnen-
durchglühten Hänge zurückgedrängt und bilden häufig nicht
unwesentliche Bestandteile der Felsheiden. Auf der Ostseite
wachsen die Cistrosen zusammen mit Erica arborea und E. verti-
cillata.
Häufig, aber lichte Stellen bevorzugend und meist auf Eichen
schmarotzend, ist Osyris alba. Gleich einer Liane überzieht Ephedra
-549 --
42 vVERNER RAUH:
teils von mir selbst gesammelt. Die Bestimmung übernahm Prof. BoRN-
MÜLLER t (Weimar), wofür ich ihm großen Dank schulde. Die Listen
wurden nach der vorhandenen Literatur ergänzt.
-550-
Klimatologie und Vegetationsverhältnisse. 43
- 551
44 WERNER RAUH:
-552-
Klimatologie und Vegetationsverhältnisse. 45
-553-
46 WERNER RAUH:
-554-
Klimatologie und Vegetationsverhältnisse. 47
Pinus halapensis anthropogenen Ursprungs sind. Er wirft deshalb
auch die unbeantwortete Frage auf: "Sind die Exemplare von
Pinus halapensis am Athos Relikte ehemals größerer Bestände oder
Vorposten der auf der Chalkidike größeren Wälder ?" TURILL
glaubt, daß die lichtbedürftigen Keimlinge von Pinus halapensis
sich in der dichten und schnellwüchsigen Macchie nicht halten
können und aus diesem Grunde die Aleppokiefer nicht in Er-
scheinung tritt. Dieses Argument erscheint mir jedoch nicht stich-
haltig, denn ich konnte zwischen den mannshohen Büschen von
Erica arborea und Quercus coccifera in größerer Zahl schon meh-
rere Jahre alten Kiefernjungwuchs beobachten. Die gleiche Fest-
stellung konnte ich auch auf Mytiline machen.
Auf trockenen, sonnendurchglühten Hängen wird die Macchie
sehr arm an Gehölzen. Alle anspruchsvolleren Holzarten treten
zu Gunsten von Quercus coccifera zurück. Mit zunehmender Steil-
heit des Geländes lockert sich auch dieses Gebüsch schließlich auf
und macht Felsheide-ähnlichen Formationen Platz. Es sind meist
Xerophyten, die mit ihren langen Pfahlwurzeln tief in die Spalten
des Gesteins eindringen. In der Felsheide begegnen uns zahlreiche
Pflanzen der Macchie wieder, die sich hier im prallen Sonnenlicht
erst zur vollen Üppigkeit entfalten. Aus der Macchie wandern in
die Felsheiden vor allem dornenlose und mit Dornen bewehrte
Kugelsträucher wie die schöne Chamaepeuce mutica, Anthyllis
Hermanniae, Euphorbia spinosa, E. dendroides, Poterium spinosum,
ferner: Quercus coccifera (Kümmerform), Rhamnus alaternus, Rhus
coriaria, Juniperus oxycedrus, Cistus monspeliensis, C. salviaefolius,
Crataegus monogyna, Osyris albaund Ephedra campylopoda. Vor-
herrschend sind auch Labiaten, unter denen die endemische Stachys
leucoglossa eine besondere Rolle spielt. Origanum heracleoticum
bildet große Büs~he, zwischen denen Micromeria fuliana var.
angustifolia, M. graeca, Tet.ecrium divaricatum, T. polium, Salvia
Horminium, Satureia thymbra und Scutellaria albida in bunter
Mischung durcheinander wachsen. Von den weiteren Bestandteilen
der Felsheiden seien erwähnt:
Bromus sterilis Asphodeline lutea
Briza maxima Fritillaria pontica
Lagurus ovatus Arisarum vulgare
Poa bulbosa A rum italicum
Melica ciliata var. Magnolii Aristolochia pallida
Agrostis verticillata Biscutella ciliata
Asphodelus microcarpus Papaver hybridum
-555-
48 WERNER RAUH:
-556-
Klimatologie und Vegetationsverhältnisse. 49
Lamium striatum Am vValdrand und im Schatten vom
Symphytum tuberosum Gebüsch wachsen:
Scrophularia alata
Cyclamen neapolitanum
Veronica cymbalaria
Campanula trachelium
Leontodon autumnalis
C. persicifolia
Bellis hybrida
Heracleum sphondylium
B. perennis
H. sibiricum
Hieracium praealtum
Asplenium fissum
Chondrilla juncea
Polypodium vulgare
Cichorium pumilum
Meist werden die Wiesen von kleineren Bächen durchflossen,
die von einer charakteristischen Sumpf- und \Vasserpflanzenflora
umsäumt werden:
Pulicaria uliginosa Cirsium ligulare ssp. albanum
Sonchus oleraceus Ranunculus muricatus
Eupatorium cannabinum R. peltatus
Lysimachia punctata R. paucistamineus
Scrophularia lucida R. ophioglossoides
S. alata R. sarduus
Verbena officinalis N asturtium officinale
Brunella vulgaris Saxifraga hederacea
Mentha pulegium f. tomentella M ontia verna
Lythrum Salicaria ]uncus bufonius
Epüobium parviflorum Heleocharis palustris
E. lanceolatum Scirpus setaceus
Veronica Beccabunga Sc. Savii
Rumex sanguineus Carex distans
R. crispus C. divisa var. chaetophylla
A ngelica silvestris C. acuta
Polygomum hydropiper Sorghum halapense
Humulus lupulus A rundo Donax
Rubus spec.
An größeren Bächen, die in den weichen Schiefern schlucht-
artig die Macchie durchschneiden, finden sich außerdem die kon-
stanten Flußbegleiter Griechenlands, wie prächtige Exemplare ur-
alter Platanen ( Platamts orientalis), Pyramidenpappeln, Oleander,
Tamarisken (Tamarix tetranda), Vitex agnus castus, Gomphocarpus
jruticosus, Salix albaund Salix caprea. Kommt es in den Talböden
zu einer Versumpfung, wie dies zwischen Iviron und Lawra mehr-
fach der Fall ist, so siedeln sich größere Bestände von Alnus gluti-
nosa an (Abb. 12), an Stärke und Verzweigung der Kastanie nicht
nachstehend, ohne Unterholz, jedoch in ihrem Schatten einem
dichten Gefilde von Equisetum Telmateia, Arundo Donax und
Bidens tripartita Raum gewährend. Zu diesen gesellen sich:
Orobus niger Circaea lutetiana
M elittis melissophyllum Arabis hirsuta
Festuca drymea Limodarum abortivum
Abb. 12. Alnus glutinosa-Wald in einem Flußtal zwischen Lawra und Iviron.
- 558 -
Klimatologie und Vegetationsverhältnisse. 51
Polycarpon alsinaefolium X. strumarium
Carthamus dentatus Ecballium elaterium
Centaurea diffusa H eliotropium europaeum
Atriplex hortensis (verwildert?)
Polygonum Bellardi In den Spalten der Mauern
Rumex acetosella siedeln:
Crucianella latijolia Asplenium trichomanes
Gonvolvulus tenuissimum Polypodium vulgare
C. hirsutus N otochlaena M arantae
Heliotropium europaeum Adiantum capillus veneris (feuchte
H. suaveolens Mauern)
Cynoglossum pieturn
Veronica acinifolia Campanula Andrewsii var. Lawrensis
C. Erinus
Linaria elatine
Alyssum saxatile
Microlonchus salmanticum
Parietaria lusitanica
H ypericum crispum
P. vulgaris
Scandix australis
Fumaria capreolata
Equisetum elongatum
Galium murale
Auf wüsten Plätzen und in der Veronica arvensis
Umgebung von Wohnungen kann Rosmarinus officinalis
man folgende Ruderalpflanzen sam- Siderites romana
meln: Umbilicus pendulinus
H yoscyamus albus und zahlreiche Moose
X anthium spinosum
40* -559-
52 WERNER RAUH :
- 560 -
Klimatologie und Vegetationsverhältnisse. 53
- 561 -
54 WERNER RAUH:
-562-
Klimatologie und Vegetationsverhältnisse. 55
-563-
56 WERNER RAUH:
-564-
Klimatologie und Vegetationsverhältnisse. 57
~ Slrand u. Sleilld!sfen-
,_ formalionen
c::=J Macchie
~ Felsneide
li!\,f!q:mi!il Tannenmischwald
lt•!+t•~l Kiefernwald
f""A."-._.. 1Tannenwald
- alpine Malten
-l2~0
- 1500
- 1000
\·.;,;{·.." ...~ --,. 500
b
Abb. 15 a u. b. a Vegetationskarte der Athos-Halbinsel; b vertikale Vegetationszonierung.
- 565 -
58 \\fERNER RAUH:
-566-
Klimatologie und Vegetationsverhältnisse. 59
-567-
60 WERNER RAUH:
seltenen Pflanzen, von denen nur wenige in die alpine Stufe de:;
Gipfels emporsteigen. Vorherrschend ist das Blau von Echinops
Ritro. Dazwischen leuchten die aromatisch duftenden Polster von
Thymus serpyllum var. genuinensis. Im Marmorgeröll siedeln sich
Galium scabrifolium, G. rhodopaeum, G. purpureum, G. mollugo, G.fir-
mum, G. cruciata, Jurinea anatolica, Allium rotundum, Centaurea
athoa an. In den Steilabstürzen unterhalb der Panagia siedeln
Abb. 16. Athos, Hochtal unterhalb der Panagia mit Ausblick auf die Hochalm. Links
steppenheideartige Wälder, in der Bildmitte Tannen-Kicfernwald.
-568-
Klimatologie und Vegetationsverhältnisse. 61
H. athoum Groß ist auch die Zahl der
Viola delphinata Kompositen mit ihren Endemiten
Cnidium silaifolium wie:
Eryngium campestre Crepis athoa
Smyrnium orphanides Centaurea athoa
Phlomis samia C. chalcidicaea
Teucrium divaricatum ssp. athoum Leontodon aspera
Onosma echioides L. cripsus var. setulosus
Origanum heracleoticum Senecio barabaraefolius
Calamintha anisophylla Tragopagon porrifolius
C. vulgaris var. pauciflora Podospermum canum
C. alpina var. athoa Taraxacum Hoppeanum
Sideritis perfoliata Danthonia calycina
J.onicera etrusca Hieracium epinephum
Pterocephalus perennis ssp. Parnassi H. pseudobracteatolum
(große Polster bei der Panagia H. auriculoides ssp. sarmentosum
bildend) H. zalanum
Scabiosa Webbiana H. Bauhini ssp. sarmentosum
Cephalaria ambrosioides. H. Tauschii ssp. atticum
Dicht bei der Kapelle Panagia findet sich eine lägerartige Hoch-
staudenflur, die von der sommerlichen Beweidung herrührt. Der
Platz vor der Kapelle ist der Lagerplatz der Ochsen und Schafe,
worauf nitrophile Pflanzen wie Urtica pilulifera und U. dioica hin-
weisen. Auch ein hochstaudiger Rumex paßt in diese Gesellschaft.
Centaurea cyanus, Convolvultes arvensis, Sambucus eb~tlus, I satis
athous, Asphodeline lutea, Reseda lutea var. cripsa, Chondrilla
iuncea var. acanthophylla, Nepeta Sibthorpii, Lamium striatum,
Verbascum, Achillea grandiflora und Berberis cretensis vervollstän-
digen die Vegetation des Lagerplatzes.
-569-
62 WERNER RAUH:
über den Gipfel hinweg auf die Südseite hinabgedrückt (s. S. 23).
Wird man von einer solchen Fallböe erfaßt, so hat man Mühe, sich
aufrechtzuhalten. Die zahlreichen, abgebrochenen Baumwipfel und
die zerzausten Wettertannen deuten auf die Gewalt des Windes
hin, nur niedrige, dem Boden augepreßte Spaliersträucher steigen
bis zur normalen Höhe der Waldgrenze empor. Der Tannenwald
selbst ist hier sehr artenarm. Außer einem dichten Gestrüpp von
Berberis cretensis findet sich kaum Unterwuchs.
-570 -
Klimatologie und Vegetationsverhältnisse. 63
zu ersehen.
-571-
64 WERNER RAUH:
A. vulneraria G. incanum
Astragalus depressus G. asparagijalium
H ypacrepis camasa G. apiculatum
Cnidium silaifalium Pteracephalus perennis
Opapanax hispidus Centranthus junceus
Pimpinella tragium Scabiasa Webbiana
Verbascum thapsijarme Campanula crphanidea
Teucrium mantanum C. ratundifalia var. sancta
T. divaricatum Carduus armatus
Scutellaria vacillans var. samathraica Anthemis Sibtharpii
Calamintha hirta Chandrilla juncea
C. alpina Centaurea athaa
Thymus achreus C. chalcidicaea
Th. Tavesii Cicharium pumilum
Th. ]ankae Hieracium serieaporum
M yasatis alpestris H.pannasum
Plantaga lancealata Leantadan asperus
A sperula athaa Anthemis Sibtharpii
Galium jirmum
-572-
Klimatologie und Vegetationsverhältnisse. 65
B. Lemnos.
Wie einleitend erwähnt, zeichnet sich Lernnos gegenüber allen
anderen Inseln der Ägäis durch seine öde, aber eigenartige Land-
schaft aus und macht einen ganz fremdartigen Eindruck. "Nackte,
graubraune Felspartien (Trachyte, Tuffe) wechseln mit schon recht
sommerlich dürren Grasplätzen (22. Mai) ab; von zusammen-
hängender Baum- und Strauchvegetation ist weit und breit nichts zu
sehen; von den sonst so allgemein verbreiteten Macchiensträuchern
sah ich nicht eine Spur, die nirgends fehlenden Phrygana-Zwerg-
sträucher sind hier nur durch Poterium spinosum und Calycotome
villosa vertreten und schließen nirgends zu Beständen zusammen.
Ob diese Armut an holzigen Gewächsen nur auf übermäßig starken
Verbrauch an Brennmaterial zurückzuführen ist oder zu den ur-
sprünglichen Eigentümlichkeiten der Insel zählt, vermag ich nicht
zu beurteilen, vermute aber eher das letztere, da sich sonst an
schwerer zugänglichen Stellen, an denen wahrhaftig kein Mangel
herrscht, Reste erhalten hätten." So viel schreibt RECHINGER
(1929, S. 289) über die Vegetationsverhältnisse von Lemnos. Da
sich RECHINGER aber nur 6 Tage dort aufgehalten und wohl nur
die engere Umgebung der im Westen liegenden Hauptstadt Kastron
kennengelernt hat, so ist sein Urteil nicht ganz zutreffend. Wenn
sich die Vegetation von Lernnos auch durch mangelnden Baum-
wuchs auszeichnet, und diese nur an wenigen Stellen etwas von
ihrem ursprünglichen Charakter erhalten hat, so läßt sich doch aus
diesen wenigen Resten auf eine ehemals viel reichere Vegetation
schließen. Daß die Insel wohl niemals geschlossenen Wald getragen
hat, haben wir schon im Abschnitt II begründet, daß aber aus-
gedehnte Macchiengebüsche (Kermeseiche, Cistrosen, Spartium
und Calycotome) und geschlossene Phryganabestände vorhanden
gewesen sein müssen, darauf deuten heute noch Reste hin, die sich
an vielen Stellen der Insel, wenn auch in geschützter Lage, finden.
Die Unterhaltung der Feuer in den Hütten der Inselbewohner
dezimieren aber die Holzbestände mehr und mehr. Man beschränkt
sich nicht allein darauf, die oberirdischen Triebe der im allgemeinen
-574-
Klimatologie und Vegetationsverhältnisse. 67
Sandstrand ausgebildet. Schroffe, wild zerklüftete Bergwände und
tief eingeschnittene Täler wechseln miteinander ab . Der zerklüf-
tetste Teil der Insel ist der Südwesten mit Erhebungen bis zu 450 m.
Nach Osten zu nehmen die Berge an Höhe und Wildheit ab und
machen ausgedehnten Niederungen Platz, die sich in der Um-
gebung von Aziki, Lichna, Mudros, Kontopuli, Rossopuli finden .
Tertiäre Ablagerungen in Form von Sanden (Aziki) und Lößlehmen
(Lichna, Mudros) füllen diese Niederungen an. Zwei tief ins
4t• - 575 -
68 WERNER RAUH:
I. Kulturregion.
Den weitaus größten Teil der Insel nimmt heute das Kulturland
ein. An baumförmigen Kulturpflanzen finden sich, vor allem in
der Umgebung der Ortschaften:
Wein, Feigen, Pflaumen, Äpfel, Birnen, Granatäpfel, Ölweiden,
vereinzelt und in besonders geschützten Lagen Zitronen, Apfelsinen,
Mandarinen, Oliven, Pfirsiche und Aprikosen. Vorherrschend sind
die Mandeln. Ausgedehnte Mandelkulturen wachsen in den frucht-
baren und geschützten Tälern bei den Thermen.
Als Alleebäume werden angepflanzt: A ilanthus altissima,
Melia Azederach, Morus albaund M. nigra, Ölweiden. In versumpf-
ten und Malaria-gefährdeten Gegenden soll Eucalyptus zur Ent-
wässerung beitragen.
Eine besondere Rolle spielt das Getreide, so daß wir Lernnos
zum Unterschied von den anderen Inseln als Getreide-Insel be-
zeichnen können. Im Frühjahr sind die großen Niederungen bei
Mudros, Lichna, Aziki, sowie alle Täler mit Schwemmböden, von
wogenden Getreidefeldern bedeckt. Von den angebauten Getreide-
arten ist ein langbegrannter Weizen mit schwarzen Spelzen erwäh-
nenswert, der sich durch besondere Güte im Wuchs und im Ertrag
auszeichnet. Trotz der frühsommerlichen Trockenheit erreichen die
Halme eine Länge von weit über 1m und tragen schwere 4-6-
zeilige Ähren mit großen Körnern. Von untergeordneter Bedeutung
sind Gerste und Hafer, die vor allem in höheren Lagen angebaut
werden.
-576-
Klimatologie und Vegetationsverhältnisse. 69
Das Getreide steht Mitte Mai, bzw. Anfang Juni in Vollreife und
wird auf denkbar primitive Weise geerntet. Die moderne Technik
mit ihren landwirtschaftlichen Geräten und Maschinen, die einen
extensiven Ackerbau ermöglicht, hat auf Lernnos noch keinen Ein-
zug gehalten. Man fühlt sich beim Anblick der landwirtschaftlichen
Geräte geradezu in die Steinzeit zurückversetzt. Mit der Hand
reißt man die einzelnen Halme heraus oder mäht sie mit großen
Sicheln ab. Esel und Maultiere transportieren die Garben zu runden
Plätzen, die mit "Katzenköpfen" gepflastert sind. Dort breitet man
das Getreide aus und fährt dann stundenlang darüber mit einem
durch Steine oder Personen beschwerten Holzschlitten, auf dessen
Unterseite spitze Feuersteine eingelassen sind. Auf diese Weise
werden die Halme und Ähren zu einem feinen Häcksel zermahlen.
Durch Emporwerfen gegen den Wind trennt man die Spreu von
den Körnern. Mit Handmühlen oder in primitiven, von Segeltuch-
flügeln betriebenen Windmühlen werden die Körner dann weiter
zu Mehl verarbeitet.
Die abgeernteten Felder bleiben entweder als Brachäcker liegen,
oder man bepflanzt sie mit Hackfrüchten, Tomaten, Gurken, Mais,
~ 577 ~
70 WERNER RAUH:
-578-
Klimatologie und Vegetationsverhältnisse. 71
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- 579-
72 WERNER RAUH:
eine dicke Schale. Sie wachsen sofort wieder aus, d. h. die End-
knospe der Knolle verlängert sich wieder ausläuferartig unter Aus-
saugen der soeben gebildeten Knolle. Nach kurzer Zeit stellt dieser
Ausläufer unter knollenförmiger Verdickung sein Längenwachstum
ein, um dieses bald wieder aufzunehmen. Dieser Vorgang wiederholt
sich in einer Vegetationsperiode mehrmals hintereinander.
2. Strandregion.
Wie schon einleitend erwähnt, ist die Küste von Lernnos fast
durchwegs als Steilküste ausgebildet; nur in der Umgebung der tief
ins Land greifenden Buchten ist an wenigen Stellen flacher Strand
(Sand und Lößlehm) ausgebildet, so in der Umgebung von Mudros,
beim Leuchtturm Combi, in der Kondia-Bucht, bei Kastron und an
verschiedenen Stellen der Ost- und Südküste.
Am ungestörtesten sind die Vegetationsverhältnisse bei Combi,
da dies ein schwer zugänglicher Punkt der Insel ist. Flacher Strand
und Steilküste wechseln hier miteinander ab, so daß auf engstem
Raum zwei Vegetationsformen nebeneinander beobachtet werden
können.
Combi ist ein steil aus dem Wasser ragender Sandsteinfelsen,
an der Einfahrt der Mudrasbucht gelegen und durch einen schmalen
Steindamm mit dem Festland verbunden, dem an dieser Stelle ein
breiter Sandstrand vorgelagert ist. Dieser selbst ist sehr vege-
tationsarm. Einzelne Polster von Frankenia laevis, gelbe Flecken
des in Vollblüte stehenden Medicago marina, Cakile maritima,
Plantaga psyllium, Ephedra dt:stachya, Eryngium maritimum und
Salsola Kali beleben die eintönigen Sandflächen. Zwischen ihnen
haben sich angespülte und getrocknete Blätter von Zostera an-
gesammelt. Aber schon wenige Meter landeinwärts, dort, wo das.
Land anzusteigen beginnt, ändert sich das Bild. Weite Fluren von
Centaurea spinosa dehnen sich aus (Abb. 20). Wenn C. spinosa
auch weiter in das Innere des Landes geht und beispielsweise auf
Evstratios auf die Berge steigt, so ist doch ihr Hauptverbreitungs-
gebiet die Küste und der Sandstrand. Die gleiche Formation wurde
in der Kondia-Bucht auf Lemnos, am Golf von Jera und Kalloni
auf Mytiline und bei Ermioni auf Chios beobachtet. Centaurea
spinosa bildet verholzte Kugelbüsche (Hohlkugelpolster, s. RAUH,
1939) mit verdornten Infloreszenzen (s. RAUH, 1941), so daß die
Oberfläche dieser Büsche von Dornen starrt. C. spinosa wird des-
halb auch vom Vieh gemieden. Die größten beobachteten Polster
~580 ~
Klimatologie und Vegetationsverhältnisse. 73
hatten einen Durchmesser von etwa 2 m und eine Höhe bis zu 70 cm.
Auf der dem Wind ausgesetzten Seite werden sie durch Trockenheit
und Sandgebläse vielfach zum Absterben gebracht, während die
dem Wind abgekehrte Seite üppig weiter wächst. Zwischen und
in den Centaurea-Polstern ist eine reiche Krautflora anzutreffen,
von der die folgenden Arten envähnt seien:
Helichrysum italicum Gonvolvulus althaeoides
Plantago Zagopus Cichorium pumilum
Anthyllis vulneraria Paronychia argentea
Aegilops ovata M uscari comosum
Cynodon dactylon Rumex bucephalophorus
Bromus ste1·ilis Echium plantagineum
H ordeum murinum Tordylium apulum
Onobrychis caput galli
- 581 -
74 WERNER RAUH:
-582-
Klimatologie und Vegetationsverhältnisse. 75
- 583 -
76 WERNER RAUH:
-- 584-
Klimatologie und Vegetationsverhältnisse. 77
-585-
78 WERNER RAUH:
Abb. 22. Feru/a communis in der Macchie Abb. 23. Dracunculus vulgaris var. cretensis
bei den Thermen. bei Mudros.
- 586-
Klimatologie und Vegetationsverhältnisse. 79
Aber auch neue Pflanzen begegnen uns. Aus dem Grau-grün der Asphodelus-
Wiesen leuchten überall die großen dunkelroten, violetten oder weißen
Blüten der schönen Anemone hortensis, versteckt und unauffällig ragen die
kleinen kurzgestielten Blüten von Romulea Linaresii über die Erde. In
Felsspalten und zwischen Felsblöcken entdecken wir das interessante Ari-
sarum vulgare mit auffällig braun-gestreifter Spatha und lang heraushängen-
dem sterilem Kolbenende. Aus dem Schlehdorngebüsch leuchten die großen
gelben Sterne von Ranunculus jicaria ssp. grandiflora 1 , die eingerollten Blätter
von Dracunculus vulgaris var. cretensis durchbrechen gerade den Boden.
Auch Ballota acetabulosa entfaltet seine ersten, mit weiß-filzigen Blättern
besetzten Triebe.
Mitte Mai: Die Vegetation steht in vollster Entwicklung. Nur noch
wenige Wochen und alle Pflanzen sind abgestorben und tot. Auch zu dieser
Zeit bietet die Quercus-Macchie nichts Auffälliges. Die Cistrosen und Spar-
tium blühen. Asphodelus ist schon im Abblühen begriffen. Specularia pen-
tagonia und Ornithagalum tenuifolium vervollständigen die Flora.
So arm die Nordseite ist, so reich ist die Südseite. Hier breitet sich die
ganze Blütenpracht der mediterranen Flora aus: A sphodelus ist schon ver-
blüht und im Einziehen begriffen. Tonangebend ist jetzt Ferula communis,
deren Infloreszenzschäfte inzwischen die stattliche Höhe von 1,5ü-2 m
erreicht haben und über und über mit großen gelben Dolden besetzt sind.
Der ganze Hang erscheint davon gelb gefärbt. Man glaubt fast, durch einen
Wald von Umbelliferen zu gehen. Dazwischen wachsen in bunter Mischung
all die zahlreichen, unten aufgeführten in Vollblüte stehenden Stauden
und Kräuter:
Lagurus ovatus Cerastium illyricum
Cynosurus echinatus Erysimum Rechingeri (Felsspalten)
A vena sterilis Bunias erucago
Briza maxima Althaea rosea
Melica ciliata var. Magnolii M alva ambigua
Bromus tectorum H ypericum perforatum var. angu-
B. alopecuroides stijolium
Elymus crinitus H. perfoliatum
Dactylis glomerata var. hispanica H. aegyptiacum (in Felsspalten)
Scleropoa rigida Geranium lucidum,
Poa b lbosa
Aegilops triuncinalis Zahlreiche Papilionaceen, wie:
Imperata cylindrica Ononis antiquorum
A ira capillaris Trigonella monspeliacea
Cynodon dactylon Trifolium subterraneum
Haynaldia villosa Tr. angustijolium
Ornithogalum tenuifolium Tr. stellatum
Muscari comosum Tr. scabrum
Dracunculus vulgaris var. cretensis Tr. tomentosum
Rumex bucephalophorus Tr. uniflorum
R. acetosella f. multifida Tr. campestre
Osyris alba Tr. spumosum
Silene vulgaris var. angustifolia Tr. lappaceum
S. italica Tr. nidifolium
S. dichotoma Medicago ciliaris
1 Da ich Ranunculus ficaria ssp. grandiflora nie fruktifizierend beobachtet
-587-
80 \VERNER RAUH:
588-
Klimatologie und Vegetationsverhältnisse. 81
Muscari comosum Trifolium spumosurn
Cistus villosus Tr. subterraneum
Poterium spinosum M edicago ciliaris
Cichorium pumilum H ypericum angustifoliurn
Asteriscus spinosus Origanum heracleoticum
Thapsia garganica M arrubium vulgare
Lagoecia cuminoides Salvia virgata
Delphinium paniculatum S. verbenacea
Nigella arvensis var. gla1tca Stachys germanica
Ononis antiquarum
b) Phrygana.
Entgegen der Ansicht RECHINGERs (1939), "daß die nirgends
fehlenden Phrygana-Zwergsträucher auf Lernnos nur durch Caly-
cotome villosa und Poterium spinosum vertreten sind und nirgends
zu Beständen zusammenschließen", bedeckt doch dichte, wenn
auch kümmerliche Phrygana weite Strecken der Insel (Abb. 19,
punktiert). Gleich der Macchie verschwindet auch diese alljährlich
mehr, denn die holzigen Phrygana-Sträucher sind oft das einzige
Feuerungsmaterial während der Winterzeit. Die Phrygana stockt
in der Regel auf den trockensten Gesteinen, wie Tuffen und Trachy-
ten. An ihrem Aufbau beteiligen sich vor allem dornige Zwerg-
sträucher wie Poterium spinosum, Calycotome villosa, Anthyllis
H ermanniae und Corydothymus capitatus. Vielfach sind alle Arten
in einem Verband anzutreffen, oder eine der oben genannten ist
vorherrschend (häufigeres Verhalten).
IX) Poterium spinosum-Phrygana. Sie ist die Verbreiteteste
Form der Phrygana und in ihrer Zusammensetzung sehr arm.
Neben der Leitpflanze finden sich :
Briza maxima M arrubium vulgare
A vena sterilis Origanum heracleoticum
Dactylis glomerata var. hispanica Cichorium pumilum
Asphodelus microcarpus Carlina graeca
Nigella arvensis var. glauca Carthamus glaucus
Calycotome villosa C. dentatus
Euphorbia Characias Pycnemon acarna
Eryngium campestre
ß) Corydothymus-Phrygana. Poterium spinosum tritt weit-
gehend zurück, und vorherrschend werden Labiaten (Tomillares
nach ADAMOVIc), unter denen Corydothymus die Leitpflanze ist. Mit
ihren violett-roten Blüten färbt sie im Spätsommer die Hänge und
verbreitet einen aromatischen Duft. An Begleitpflanzen treffen wir:
Teucrium polium Stachys acutijolia
T. divaricatum Salvia virgata
c) Trockenrasen.
Den weitaus größten Teil der Insel nehmen die Trockenrasen
ein. Es ist kein fest zu umschreibender natürlicher Pflanzenverband,
sondern eine durch Menschenhand und Weidebetrieb geschaffene
Pflanzengesellschaft, in der sich auch zahlreiche durch Weidetiere
verschleppte Ruderalpflanzen finden. Vorherrschend in diesen
Trockenrasen sind natürlich alle diejenigen Pflanzen, die von
Weidetieren gemieden werden. Es sind dies vor allem Kompositen
mit harten Dornblättern. Im Herbst treten die folgenden Kompo-
siten in solcher Menge auf, daß es Schwierigkeiten bereitet, diese
Bestände zu durchschreiten :
Carlina graeca; Scolymus hispanicus; Carthamus glaucus;
C. dentatus; Pycnemon Acarna.
Daneben finden sich aber auch zahlreiche andere Pflanzen, die
uns schon in anderen Formationen begegnet sind:
Ephedra distachya (in Felsspalten) S. italica
Romulea Linaresii Cerastium illyricum
Ornithogalum tenuifolium A renaria leptocladus
A sphodelus microcarpus A lsine verna
Lamarckea aurea H ypericum atomaricum
Lagurus ovatus Geranium lucidum
Cynosurus echinatus Erodium cicutarium
A vena sterilis Ononis antiquarum
Elymus crinitus Trifolium stellatum
Scleropoa rigida Tr. angustifolium
Dactylis glomerata var. hispanica Tr. scatrum
Bromus intermedius Tr. tomentosum
B. sterilis Tr. campestre
B. tectorum Tr. spumosum
Poa bulbosa H ymenocarpus circinatus
Aegilops triuncinalis Biserrula pelicina
Nigella arvensis var. glauca Astragalus hamosus
Erysimum Rechingeri Paronychia macrosepala
Erophila verna Eryngium campestre
Gapparis spinosa (Felsspalten) Echinophora spinosa
Silene vulgaris ssp. angustifolia Orlaya platycarpa
S. dichotoma Ammi majus
-590-
Klimatologie und Vegetationsverhältnisse. 83
Knautia integrifolia Reichardia picroides
Scabiosa columbaria Crepis multiflora
Filago germanica var. eriocephala Cionura erecta (Felsspalten)
Cardiopatium corymbosum Anchusa hybrida
Carduus tagyetus Echium italicum
Onopordon elatum var. argolicum E. plantagineum
0. myriacanthium Verbascum lasianthum
Tyrimnus leucographus Scrophularia canina
Crupina crupinastrum Stachys acutifolia
H ypochoeris radicata Ballota acetabulosa
Rodigia commutata Statice sinuata
Cichorium pumilum Armeria undulata (Felsspalten)
Talpis virgata A marantus retroflexus
Rhagodiolus stellatus var. edulis Parietaria vulgaris (Felsspalten)
42* -591-
84 WERNER RAUH:
6. Ruderalflora.
An wüsten Plätzen und Schuttablagerungen siedelt sich eine
charakteristische Flora an, die auch nicht selten in andere Forma-
tionen eindringt :
Ecballium elaterum (große Bestände Gonvolvulus arvensis
bildend) Verbena officinalis
X anthium spinosum Batiota acetabulosa
Centaurea solstitialis U rtica urens
H yoscyamus albus U. pilulifera
Sambucus nigra Reseda lutea f. crispa
Malva parviflora R. luteola f. crispata
H eliot, opium villosum Chenopodittm murale
An Besonderheiten für die Flora von Lernnos erwähnt RECHIN-
GER: Raphanus rostratus, Erysimum Rechingeri und Euphorbia
Niciciana.
7. Felsflora.
· Überaus reich entwickelt ist die Flechtenflora von Lemnos, die
als Krustenflechten große Felspartien und Gesteinsblöcke bedecken,
so daß das darunter liegende Gestein kaum noch zu erkennen ist.
Die üppige Flechtenflora deutet auf eine große Luftfeuchtigkeit hin,
die in der Tat auch vorhanden ist. Die relative Feuchte in den
Nächten beträgt, auch in den Sommermonaten, durchschnittlich
60-80% (Abb. 24 und 25).
Da das gesammelte Material ohne vorherige Bestimmung rest-
los verloren gegangen ist, muß leider auf eine Aufzählung der zahl-
reichen Flechten verzichtet werden. Es würde sich allerdings
lohnen, nochmals zu sammeln, da ich vermute, daß auf Lernnos
zahlreiche, wenig bekannte, bzw. neue Arten anzutreffen sind.
C. Hagion Evstratlos.
Die Vegetationsverhältnisse von Hagion E vstra tios zeigen
große Übereinstimmungen mit denen von Lemnos. Die Verwüstun-
gen sind allerdings noch nicht so weit fortgeschritten, und man kann
sogar noch Reste von Eichenwald antreffen. Mit Ausnahme der
den NE-Stürmen ausgesetzten Bergkuppen dürfte einstmals die
ganze Insel Wald getragen haben. Kleine Bestände davon finden
sich noch auf der ganzen Insel verstreut, vor allem aber an der
Ostseite. Die Macchie scheint zu fehlen. Ich konnte sie wenigstens
an keiner Stelle beobachten. Dafür nimmt die Phrygana einen
um so größeren Raum ein. Alle Berghänge und Kuppen sind, so-
weit sie nicht in Kultur genommen, von dornigen Kugelbüschen
-592-
Klimatologie und Vegetationsverhältnisse. 85
JO"
20°
700% 1 5m.m
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'"'-..J
Junuur Juli /Jezem6er
Abb. 24. Monatsmittel der relativen Feuchte, Temperatur und Niederschläge der Monate
Januar (1942) bis Dezember (1942) von Mudros/Lemnos.
100%
5o%L-~------------------------~~----------------~~
Jo(7uor Juli /Jezem6er
Abb. 25. Monatsmittel der relativen Feuchte der Jahre 1926-1942 von Lemnos,
Mytiline und Chios.
I. Kulturstufe.
Sie beschränkt sich 1m
wesentlichen auf das einzige
größere Flußtal, das sich am
Fuße des Dorfes hinzieht. Die
Talsohle wird von fruchtbaren
und gepflegten Gemüse- und
Obstgärten (Mandeln, Oliven,
Abb. 26. Evstratios, Trockenrasen mit einzel- Granatäpfel, Wein) einge-
nen B äumen von Quercus cerris. Im Vorder-
grund t errassierte Getreidefelder. nommen, die mit Getreide-
feldern abwechseln, auf denen
vorwiegend Weizen gebaut wird. Gerste und Hafer gedeihen
in höheren Berglagen auf terrassenförmig angelegten F eidstreifen
(Abb. 26). Wie auf Lernnos werden die Äcker nach der Ernte
in der Regel als Brachäcker liegen gelassen. Sie werden dann
alsbald besiedelt von:
Inula viscosa, Centaurea spinosa, Eryngium campestre und
zahlreichen Gräsern wie Avena sterilis und Elymus crinitus.
Vegetation der Bäche.
Da die kleinen Bäche während der Sommermonate vollständig
austrocknen, fehlt die Wasserflora. Auch hier werden die Bach-
läufe begleitet von prächtigen alten Platanen, Pappeln, V itex agnus
castus und Nerium oleander. An sonstigen Begleitpflanzen konnte
Im Sommer nichts weiter beobachtet werden.
-594-
Klimatologie und Vegetationsverhältnisse. 87
2. Hügelstufe.
a) Eichenwaldregion.
Das Hauptverbreitungsgebiet der Eiche sind heute die niederen
Lagen der Ostküste. Aber auch sonst finden sich auf der ganzen
Insel verstreut, in Tälern und Berghängen der mittleren Lagen,
vereinzelte Baumgruppen von prächtigen alten Eichen (Quercus
cerris).
Als Unterwuchs in den Eichenwäldern konnte ich im Juli fest-
stellen:
Lonicera implexa Biserrula pelicina
Rubus spec. Lupinus angustifolius
Tamus communis H ypericum perforatum var. angttsti·
Asparagus acutifolius folium
Asphodelus microcarpus H. olympicum
A vena sterilis Ferula communis (vereinzelt)
Elymus crinitus Eryngium campestre
Dactylis glomerata Orlaya platycarpa
Briza maxima Poterium spinosum
Trifolium angustifolium Centaurea spinosa
Tr. Lappaceum Verbascum spec. (nicht blühend)
Tr. stellatum Polypodium vulgare
Tr. scabrum Asplenium ceterach
b) Phrygana.
Der weitaus größte-Teil der Insel wird heute von Phrygana ein-
genommen, dornigen Kugelbüschen, unter denen Centaurea spinosa
und Poterium spinosum vorherrschen. Wenn bei der Besprechung
der Vegetationsverhältnisse von Lernnos angeführt wurde, daß
C. spinosa nur auf Sand anzutreffen sei, so scheint das im Wider-
spruch mit den Beobachtungen auf Evstratios zu stehen. Doch
wird das Auftreten von Centaurea spinosa verständlich, wenn
man die geologischen Verhältnisse der Insel berücksichtigt. Die
Berge bestehen zu einem großen Teil aus gehobenen Konglomeraten,
die mit Sandbänken abwechseln (Abb. 27) und sehr leicht zu
einem feinen Sandgrus verwittern, in dem sich dann Centaurea
ansiedelt. Die dornigen Kugelsträucher schließen aber nie so dicht
zusammen, daß nicht für andere Pflanzen Raum wäre. So konnten
als Begleitpflanzen folgende Arten beobachtet werden:
A vena sterilis Bromus tectorum
Elymus crinitus A egilops triuncinalis
Dactylis glomerata var. hispanica Cynosurus echinatus
H aynaldia villosa Asphodelus microcarpus
Briza maxima Gapparis spinosa (Felsspalten)
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88 WERNER RAUH:
D. Mytiline.
Auf zwei 14tägigen. Reisen hatte ich Gelegenheit, die Insel
Mytiline kennenzulernen. Die erste Reise erfolgte im Januar, zu
einer Zeit, als die Frühlingsflora noch nicht entwickelt war, die
zweite im Juli zur Zeit der sommerlichen Dürre. Da Mytiline etwa
die doppelte Größe von Lernnos besitzt, war es mir nicht möglich,
die ganze Insel kennenzulernen. Auch auf den Besuch der mon-
tanen Stufe am 950 m hohen Olymp mußte verzichtet werden.
Näher untersucht habe ich die Vegetationsverhältnisse der 300 bis
400 m hohen Kalkberge in der Umgebung der Stadt und jene auf
auf einer Fahrt von der Stadt Mytiline zu dem am Nordende der
Insel gelegenen Dorf Molivos. Der Weg führt durch die längste
Erstreckung der Insel, vorbei an den Niederungen von Jera und
Kalloni, über Berge und Täler, so daß man auf dieser Fahrt einen
recht guten Einblick in die Vegetationsverhältnisse von Mytiline
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Klimatologie und Vegetationsverhältnisse. 89
erhält. Der Gliederung von Lernnos folgend, können wir auch hier
folgende Regionen unterscheiden:
1. Kulturregion,
2. Niederungen,
3. Hügel-Stufe,
a) Macchie,
b) Phrygana,
4. Montane Region (Kiefernwälder).
I. Kulturregion.
Auch auf Mytiline nimmt die Kulturregion den größten Raum
ein. Doch spielt der Getreideanbau eine untergeordnete Rolle. Er
wird nur in den Niederungen von Jera und Kalloni betrieben, in
denen sich außerdem große Kulturen von Gemüse (Tomaten,
Melonen, Kürbis, Gurken, Artischocken, Eierfrüchte, Paprika, Kohl,
Bohnen, Erbsen, Baumwolle, Mais) und Obst (Mandeln, Feigen,
Wein) finden.
Das milde Klima von Mytiline offenbart sich in der tropisch
und subtropisch anmutenden Vegetation in den Gärten in der
engeren Umgebung der Stadt. Palmen, Zypressen, Zedern, Apfel-
sinen, Zitronen gedeihen mit großer Üppigkeit.
Die häufigste und verbreitetste Kulturpflanze aber ist die
Olive, die in Hainen und Wäldern die unteren, aus schiefer-
artigen Gesteinen bestehenden Berglagen (bis 300m) besiedelt.
Stundenlang fährt man auf dem Wege von Mytiline nach Molivos
durch Olivenhaine. Meist sind es alte Bäume von groteskem Aus-
sehen, an unsere Kopfweiden erinnernd. Von einem kurzen,
knorrigen, vielfach tordiertem und meist hohlem, an einer Seite
aufgerissenen Stamm gehen schopfartig zahlreiche Äste aus, die
zur Fruchtzeit über und über mit den kleinen blau-schwarz be-
reiften Früchten behangen sind. Diese eigenartige Wuchsform der
Olive, die man auch in Italien, Südfrankreich und auf den west-
mediterranen Inseln antrifft, ist natürlich das Produkt menschlichen
Einflusses. Von Zeit zu Zeit schlägt man die alten Zweige am
Stammende bis auf einen kurzen Stumpf ab und veranlaßt die
ruhenden Knospen auszutreiben, um auf diese Weise immer junges
Fruchtholz zu haben. Außerdem hält man dadurch die Bäume
niedrig, um die Ernte zu erleichtern. Man schlägt nämlich die
Früchte einfach mit Stangen herunter, oder ---was noch bequemer
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90 WERNER RAUH:
ist -man läßt sie abfallen, um sie dann aufzulesen. Mit Hilfe von
Eseln und Maultieren werden die Früchte in die zahlreichen Öl-
mühlen gebracht, um dort zum wichtigsten Ausfuhrprodukt von
Mytiline, dem Olivenöl, verarbeitet zu werden.
Stocken die Oliven auf Verwitterungsböden, so werden zwischen
den einzelnen Bäumen Hülsenfrüchte und Gemüse gepflanzt. Auf
den schiefrigen Berghängen ist das nicht möglich, da die Verwitte-
rungskruste zu dünn ist, um bearbeitet zu werden. Man findet
dann als Unterwuchs in den Olivenwäldern zahlreiche Pflanzen,
die zum Teil aus benachbarten Pflanzengesellschaften ausgewandert
sind:
Ceterach officinarum Cyclamen neapolitanum (an feuchten
Polypodium vulgare Stellen)
Asplenium adiantum nigrum Orlaya platycarpa
Adiantum capillus veneris (an feuch- Daucus guttatus
ten Stellen) Lagoecia cuminoides
Ophioglossum vulgatum Cerastium viscosum
Aegilops bicornis Medicago hispidula var. denticulata
Lagurus ovatus Trifolium campestre var. subsessile
Bromus sterilis Teucrium polium
B. rigidus M arrubium vulgare
B. intermedius Origanum onites
B. alopecuroides Corydothymus capitatus
Cynosurus echinatus Specularia pentagonia
Poa bulbosa Verbascum lasianthum
Asphodelus microcarpus V. sinuatum
Orchis sanctus V. Aschersonii
Arisarum vulgare (zwischen Fels- V. M ytilinense R. fil. (V. Aschers. x
blöcken) V. sinuatum) bei Kalloni
Arum italicum Carlina graeca
Dracunculus vulgaris var. cretensis Pycnemon Acarna
Crocus moesiacus Carthamus dentatus
Anemone hortensis C. glaucus
2. Niederungen.
Über die Vegetation der Ebenen von Jera und Kalloni kann
nicht viel Neues berichtet werden; es finden sich die gleichen For-
mationen mit denselben Elementen wie auf Lemnos. Auch die
gleiche Zonierung ist anzutreffen: Der flache Sandstrand wird
wiederum von der Centaurea spinosa-Gesellschaft eingenommen,
die von der Juncaceen-Zone (Juncus acutus und J. maritimus)
mit Arundo Donax, Tamarix und Rubus spec. abgelöst wird. Auf
lößlehmigem Untergrund fehlt die Centaurea-Vegetation und wird
vertreten durch Wiesen von Salicornia fruticosa, Suaeda maritima,
Obione porhtlacoides, Statice Limonium, Spergularia maritima,
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Klimatologie und Vegetationsverhältnisse. 91
Hordeum maritimum,Frankenia laevis. Auch an diesen Halophyten-
Verein schließt die Juncaceenformation an, die dann weite Strecken
der Ebene einnimmt.
3. Hügelstufe.
a) Macchie.
Steigt man von der Stadt Mytiline gegen die im Westen gele-
genen Kalkberge auf, so durchschreitet man zunächst ausgedehnte
Olivenhaine, die sich bis zu einer Höhe von 200-300 m erstrecken.
Mit zunehmender Steilheit des Geländes werden diese lichter und
hören dann ziemlich unvermittelt auf. Nur noch vereinzelte Bäume
von krüppelhaftem Wuchs gehen in die sich anschließende Macchie,
die von nun an wie ein grünes Tuch die Bergkuppen überzieht und
nur steil abstürzende Felsklippen frei läßt. Es ist nicht die arme
Form der Macchie, die wir auf Lernnos kennengelernt haben, son-
dern die reichere ostmediterrane Macchie, die sich auf Mytiline
durch große Vitalität auszeichnet. Vorherrschend sind die immer-
grünen Sträucher: Quercus coccifera (in niederen Lagen auch baum-
förmig) und Arbutus unedo. Aber auch zahlreiche andere, zum Teil
sommergrüne Holzgewächse finden sich:
Pistacia lentiscus Anthyllis Hermanniae
Cistus villosus Rhus cotinus
C. salviaefolius Lavandula stoechas
Calycotome villosa Pirus amygdaliformis
Osyris alba Asparagus acutifolius.
Poterium spinosum
Von der krautigen BegleitHora konnte ich im Winter und Som-
mer folgende Arten beobachten:
Asphodelus microcarpus Poa bulbosa
Orchis sanctus Haynaldia villosa
Epipactis spec. (nicht blühend) Parietaria vulgaris (Felsspalten)
Allium subhirsutum (zwischen Fels- Silene italica
blöcken) Trifolium arvense
Bromus sterilis Sanguisorba verrucosa
B. intermedius Orlaya platycarpa
B. alopecuroides Lagoecia cuminoides
Lagurus ovatus Smyrnium orphanides
A egilops triuncinalis Eryngium campestre
A vena sterilis Tordylium apulum
A. barbata Specularia pentagonia
Melica ciliata var. Magnolii Ballota acetabulosa
F estuca pseudo-supina Pycnemon Acarna.
An Steilwänden, auf Schutthängen, auf Podesten und Felsköp-
fen, an Orten also, an denen die Macchie von Natur aus schlecht
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92 WERNER RAUH:
-600-
Klimatologie und Vegetationsverhältnisse. 93
Jf. graeca Gastridium lendigerum
Origanum onites A vena sterilis
Lavandula Stoechas A. barbata
Plantaga cretica Melica ciliata var. Magnolii
Euphorbia graeca Dactylis glomerata V:;lr. hispanica
Parietaria vulgaris var. microphylla Bromus sterilis
Asparagus aphyllus B. rigidus
Asphodelus microcarpus B. intermedius
Allium subhirsutum B. alopecuroides
1W:uscari comosum Poa bulbosa
Urginea maritima H ordeum bulbosum
Dracunculus vulgaris var. cretensis Haynaldia villosa
Phleum subulatum Aegilops ovata var. triaristata
Oryzopsis coerulescens Ceterach officinarum
b) Phrygana.
Ein größeres Areal als die Macchie nimmt die Phrygana ein.
Bei der Durchquerung der Insel von Mytiline nach Molivos fährt
man fast nur durch Phrygana, die in geschlossenen Beständen die
Südseiten der aus Schiefern bestehenden Berge bedeckt. Auf Grund
meiner Beobachtungen vermag ich die Frage nicht zu entscheiden,
ob in der Verteilung von Macchie und Phrygana die Bodenunterlage
eine Rolle spielt, obwohl auf Kalk vorwiegend Quercus coccifera-
ArbutftS unedo-Macchie, auf schiefrigem Gestein nur Phrygana be-
obachtet werden konnte. Beide Formationen sind auf Mytiline
deutlich als Sekundärformationen zu erkennen, hervorgegangen
aus dem Unterholz der vernichteten Nadelwälder. Diese finden
sich in größeren Beständen nur noch auf den Ost- und Nordost-
hängen der mittleren und höheren Lagen. Macchien- und Phrygana-
Sträucher werden auch heute noch von einzelnen Kiefern überragt.
Die Phrygana ist eine recht eintönige Formation, arm an Arten,
aber reich an Individuen. Ihre Hauptbestandteile auf Mytiline
sind die Dornkugelsträucher:
Poterium spinosum, Anthyllis Hermanniae und Calycotome
villosa. Bald ist die eine, bald die andere Art vorherrschend; bald
treten alle in bunter Mischung nebeneinander auf.
Auch die Begleitflora der Phrygana ist recht arm. Von den
strauchigen bzw. halbstrauchigen Gewächsen sind zu erwähnen:
Fumana arabica Lavandula Stoechas
F. thymifolia Phyllirea media
Satureja thymbra Spartium junceum
Thymbra capitata Osyris alba
Cistus villosus Juniperus oxycedrus (buschförmig}
C. monspeliensis Erica arborea
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94 WERNER RAUH:
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Klimatologie und Vegetationsverhältnisse. 95
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96 WERNER RAUH:
Straße von
Chios
~ Paläozoische.. • •
_ Schiefer
- Fusulinen Kalke
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Klimatologie und Vegetationsverhältnisse. 97
Landschaft starke Bewegung Jetzt tritt auch die Olive auf, die
in der Umgebung von Karyes zusammen mit Feigen lichte Haine
bildet. Orangen und Zitronen gedeihen in dieser Höhe nicht mehr,
da sie zu stark den Winden und der winterlichen Kälte ausgesetzt
sind. Aber auch die geschlossene Poterium-Phrygana lockert sich
auf, und Poterium spielt nicht mehr die Rolle wie auf dem Schiefer.
In Felsspalten der Steilabstürze und auf den Dolomitköpfen
beobachten wir folgende Arten:
Ceterach officinarum T. polium
Chailanthes fragans Satureia Thymbra
A vena sterilis Vitex agnus castus
Bromus sterilis Echium italicum
B. alopecuroides Scrophularia heterophylla
Briza maxima S. lucida
H ordeuin murorum S. canina
Galanthus nivalis (auch im Geröll) Linaria Pelisseriana
Smilax aspera Cichorium pumilum
Clematis cirrhosa Verbascum glomeratum
Gapparis spinosa V. chium (V. glomeratum Boiss. x
Quercus coccifera (vereinzelte Büsche) V.lasianthum Boiss.) V. glomera-
Hypericum perforaturn var. angusti- tum in höheren Lagen auf Dolomit,
folium V. lasianthum in tieferen Lagen
Eryngium campestre meist auf Schiefer
Astragalus tragacantha Lactuca viminosa
C yclamen neapolitanum I nula heterolepis
M arrubium vulgare Helichrysum siculum
Corydothymus capitatus Centaurea Urvillei
Thymus serpyllum Pycnemon Acarna
Teucrium divaricatum Cineraria bicolor
Auf den
Dolomitköpfen und flachen Podesten
am Fuße der steil aufragenden Kalkberge breiten sich Tomillares-
ähnliche Formationen aus, in denen neben den Dornkugelbüschen
Labiaten vorherrschen. Leitpflanze dieser Formation ist:
Corydothymus capitatus, der wie auf Lernnos stellenweise Rein-
bestände bildet (Abb. 30). In der Regel aber ist er vergesell-
schaftet mit:
Teucrium polium Satureja Thymbra
T. divaricatum M arrubium vulgare
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Klimatologie und Vegetationsverhältnisse. 99
Abb. 30. Chios, Vegetation der Schuttreusen mit Urginea maritima, Corydothymus
capitatus und Euphorbia myrsenites.
-- 608 -
Klimatologie und Vegetationsverhältnisse. 101
Wälder.
Verfolgt man in südlicher Richtung den Kamm der sich oberhalb
der Stadt hinziehenden Kalkberge, so gelangt man an deren Nord-
und Ostflanken bald in die Reste ehemals ausgedehnter Kiefern-
wälder (Pirus brutia). Sie sind licht und schütter, und die Bäume
zeigen im Vergleich zu denen auf Mytiline einen kümmerlichen,
zum Teil krüppelhaften Wuchs.
Der Unterwuchs der Wälder zeigt große Übereinstimmungen
mit der Vegetation der Hochflächen und Bergflanken, so daß man
wohl daraus den Schluß ziehen darf, daß das Areal der Kiefern-
wälder einstmals eine größere Fläche einnahm.
Vorherrschend im Unterwuchs ist auch hier Poterium spinosum,
vergesellschaftet mit:
Erinacea pungens Thymelaea Tartonreira
Astragalus chius Erica verticillata
Corydothymus capitatus Asphodelus microcarpus
Satureia Thymbra Selaginella denticulata
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Klimatologie und Vegetationsverhältnisse. 103
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104 WERNER RAUH:
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Klimatologie und Vegetationsverhältnisse. 105
Von den ausgedehnten Beständen von Centaurea spinosa, die
charakteristisch für den Sandstrand von Lemnos, Mytiline und
Evstratios sind, erwähnt KRAUSE für Kleinasien nichts.
Die kleinasiatischen Strandsümpfe zeigen ebenfalls eine weit-
gehende Ähnlichkeit mit den Salzsümpfen der Inseln und des
griechischen Festlandes.
In den Flußtälern und an Bachläufen sind sowohl in Kleinasien
als auch auf den Inseln Nerium Oleander und Vitex agnus castus
die vorherrschenden Pflanzen.
An die Strandregion schließt wie auf den Inseln auch in Klein-
asien die Region der Macchie an, die, vielfach unmittelbar am Meer
beginnend, im Innern des Landes in Höhen von J00--400 m empor-
steigt. Wie in Griechenland ist -- von exponierten Standorten
abgesehen -die Macchie in Kleinasien als Sekundärformation an-
zusehen, die durch Qttercus coccifera als vorherrschendes Gehölz
charakterisiert wird. Als Begleitpflanzen finden sich alle die Pflan-
zen wieder, die von der griechischen Macchie her bekannt sind:
Quercus ilex, Phyllirea media, Pütacia lentiscus, P. terebinthus,
Arbutus u,nedo, A. andrachne, Erica arborea, Cistus-Arten, Poterium
spinosum, Calycotome villosa u. v. a.
Am Athos wird die Macchie von einem Bergwald abgelöst, der
im wesentlichen von der Kastanie und der Tanne gebildet wird.
Derartige Wälder finden sich in Kleinasien nur an der Nordwest-
küste und an der Küste des Marmara-Meeres. An der viel trockne-
ren Westküste wird die montane Stufe von Kiefernwäldern ein-
genommen. Wie auf Mytiline und Chios ist auch hier Pinus brutia
der wichtigste waldbildende Baum, der bis in Höhen von 1100 m
aufsteigt. Die Kiefernwälder Kleinasiens haben einen ähnlichen
Unterwuchs wie die der Inseln. Die Verbreitung von Pinus brutia
ist in Kleinasien meeresbedingt. Im Innern des Landes fehlen aus-
gedehnte Wälder.
Am Athos, dem einzigen Gebiet, das eine Höhe von 2000 m
erreicht, wird die Waldgrenze von der Tanne ( Abies regis Borisii)
gebildet. Auch in Kleinasien, z. B. auf dem Bythnischen Olymp,
bildet die Tanne ( Abies Bornmülleriana) die Waldgrenze. Die an
die Waldgrenze anschließende subalpine Zwergstrauchregion wird
hier in ihrem unteren Teil vorwiegend aus dornigen Hohlkugel-
polstern gebildet, unter denen die für Kleinasien charakteristischen
Astragalus- und Acantholimon-Arten vorherrschen. Von diesen
haben wir auch einige Arten in der subalpinen Stufe des Athos
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106 WERNER RAUH: