© Springer-Verlag 1999
Summary. The paper deals with the question of how the biological difference in
gender influences the psycho-sexual development: It manifests itself in different
positions towards the primary object (mother) and towards the secondary object
(father), and this means that some development crisis appear at different times
for girls than for boys: Early oedipus complex (which is also referred to as sepa-
ration crisis) – mature oedipus complex (getting unambiguity of the sexual iden-
tification) – puberty (establishment of genitality) – adolescence (search for the
love object outside of the family). Today the solution of the mature oedipus
complex for the girl (that Freud doubted) has become possible and the inequal-
ity between the sexes that had been produced by society according to the exam-
ple of the mother-child couple has been partially levelled. The adolescent mora-
torium is open to both sexes, and sexuality, love and generativity, that the sexes
produce together, have been democratized in the course of the cultural change.
Zusammenfassung. Die Arbeit geht der Frage nach, wie sich der biologische
Geschlechtsunterschied in der psychosexuellen Entwicklung auswirkt: Er
schlägt sich psychisch in einer unterschiedlichen Stellung zum Primär- (Mutter)
und Sekundärobjekt (Vater) nieder und bedeutet eine für Mädchen und Jungen
zeitversetzte Gewichtung der Entwicklungskrisen: Früher Ödipuskomplex (der
auch als Trennungskrise beschrieben wird) – reifer Ödipuskomplex (Vereindeu-
tigung der geschlechtlichen Identifizierung) – Pubertät (Sicherung der Genitali-
tät) – Adoleszenz (Suche nach dem außerfamiliären Liebesobjekt). Heutzutage
ist eine Lösung des reifen weiblichen Ödipuskomplexes (die Freud bezweifelte)
möglich geworden und das nach dem Vorbild der Mutter-Kind-Dyade gesell-
Eine frühere Fassung wurde vorgetragen auf dem 9. Dortmunder Symposium des Westfäli-
schen Zentrums für Psychiatrie: „Neuere Konzepte der psychosexuellen Entwicklung – Kon-
sequenzen für die Psychotherapie“ 1998 sowie veröffentlicht in A. Bohnacker et al. (Hrsg)
Körperpolitik mit dem Frauenleib, Kassel 1998
Anschrift: Eva S. Poluda-Korte, Kaiserstraße 34, D-50321 Brühl
102 Eva S. Poluda
Wie groß der kleine Unterschied eigentlich ist, darüber streiten sich die Geister,
vor allem die Kulturen und die Zeiten, innerhalb und außerhalb der Psychoana-
lyse. Und auch darüber, ab wann der Geschlechtsunterschied in der Individual-
entwicklung eine Rolle spielt, gehen die Ansichten auseinander. Darüber läßt
sich aber Verständigung erzielen, wenn wir uns die psychosexuelle Entwicklung
als ein interaktionelles Geschehen wie eine Ellipse mit zwei Brennpunkten vor-
stellen: aus der Perspektive der Anderen existiert Geschlechtsspezifität von An-
fang an und so gut wie immer, aus der Perspektive des Individuums jedoch erst
im Verlauf einer Entwicklung zu einem Erkennen hin, das mit spezifischen Kon-
flikten verbunden ist.
Primäre Liebesverhältnisse
gern Raum bei den Kindern, nachdem er ihr beruflich Raum gegeben hat. Beste-
hen bleibt jedoch die Differenz der Geschlechter zwischen intra- und extra-
korporalem Kontakt zum Kind sowie zwischen Brust und Flasche beim Stillen;
und es ist diese Differenz, an der sich für manche Männer eine nagende Sehn-
sucht nach einem unerreichten Ideal festmacht. Ich glaube, daß die größere Affi-
nität von Männern zur Macht, einerseits im positiven Sinne: z.B. ihre höhere
Bereitschaft, politische Funktionen zu übernehmen und hingebungsvoll auszu-
füllen, andererseits im negativen Sinne: ihre größere Gefährdung zu (u.a.) inze-
stuösen Übergriffen, daß diese Affinität ihrem Wunsch entspricht, primäre Lie-
besverhältnisse mehr oder weniger sublimiert wiederzuerleben, – ein Wunsch,
den sich Frauen unmittelbarer im Kinderkriegen erfüllen. Entsprechend scheint
es nicht nur die herkömmliche Geschlechterhierarchie zu sein, die Frauen heute
– auch in den psychoanalytischen Vereinigungen – von Leitungsfunktionen ab-
hält, sondern tatsächlich ebenso eine gewisse Lustlosigkeit ihrerseits gegenüber
der formalen Mühsal eines Funktionärdaseins.
Primäre Liebesverhältnisse sind nicht geschlechtsspezifisch, auch wenn die
meisten Gestaltungen des Geschlechterverhältnisses die Chance einer reifen se-
xuellen Objektbeziehung verschenken und sich statt dessen an das Machtgefälle
der Primärbeziehung anlehnen, an die narzißtische Verschmelzung der Perspek-
tiven und die unbesorgte Benutzung des Anderen als Selbst-Objekt und –Erwei-
terung. Das Baby, das im Leib der Mutter herangewachsen ist, verbringt danach
ein knappes Jahr sozusagen auf ihrem Leib und lebt mit der Mutter in einer ma-
nifesten Liebesbeziehung, und zwar egal, ob es ein Junge oder ein Mädchen ist.
Hautkontakt bei Stillen und Wickeln, bei Zärtlichkeit und Spiel sowie beim Tra-
gen durch das Selbst-Objekt, das als wahres Auto-Objekt für die Lokomotion
des Babys zuständig ist, und die entsprechenden Phantasien von Eingang und
Ausgang im mütterlichen Körper stellen die Erfüllungen dieser in gewisser Wei-
se zeitlosen erotischen Bindung dar, die – wie wir wissen – nur wenige Monate
währt.
Melanie Klein (1928) datiert den frühen Ödipuskomplex schon mit 6 Monaten
(übrigens der Zeitpunkt, zu dem Freud die Wende zum Oralsadismus vermute-
te), während Margret Mahler (1968) meint, der Geschlechtsunterschied werde
dem Kleinkind erst 1 Jahr später, also mit 18 Monaten bewußt. Ich selber schät-
ze, daß der frühe Ödipuskomplex zu greifen beginnt, wenn das oralsadistische
Baby die Schrecken der 7-Monats-Angst überwunden hat und u.a. die Mark-
scheidenreifung ihm eine neue Stufe der Individuation erlaubt, die dazu führt,
daß das Kind sich von der Brust unabhängig macht und laufen lernt. Zugegebe-
nermaßen fokussierend, möchte ich hier gegen Ende des ersten Lebensjahres ei-
ne besondere und vielleicht die entscheidende Entwicklungskrise des Babys
festmachen, die von zentrifugalen und zentripedalen Kräften beherrscht wird.
Margret Mahler hat die euphorisch zentrifugalen Kräfte des Babys betont, das
eine neue Liebe, nämlich die zur Welt entwickelt, indem es sich von der Brust
abwendet und die eigenen Beine entdeckt, während Freud (1905d) beim Über-
gang von der oralen zur analen Phase eher die zentripedale Anhänglichkeit be-
tont und den Verlust der Brust als Trauma beschreibt. Ich glaube, daß es nicht so
sehr das Abstillen ist, was traumatisch erlebt wird, als eine spezielle Ent-
104 Eva S. Poluda
deckung, die sich mit der Abenteuer- und Autonomielust des Kindes, wenn die
matrisexuelle Welt der primären Liebe ihrem Ende zugeht, immer unabweisba-
rer offenbart, die Entdeckung nämlich, „daß Mamma nun kein Hänschen mehr
hat“ (wie es im Kinderlied heißt). Im Verlauf eines Prozesses, in dem das Kind
selber laufen, selber essen und selber den Topf zu benutzen lernt und ein eigen-
ständiges Körperschema mit der Repräsentanz eines eigenen Geschlechtsorgans
entwickelt, realisiert es, daß DAS Liebespaar nicht länger Mutter und Kind
heißt, sondern sich als Mutter und Vater herausstellt. Empirische Untersuchun-
gen haben übrigens erwiesen, daß das Zugehörigkeitsgefühl zu einem von zwei
Geschlechtern bereits gegen Ende des ersten Lebensjahres so geprägt ist, daß es
ab da irreversibel festliegt.
Es ist dies der Moment, den die griechische Mythologie als den Ursprung
des geschlechtlichen Eros darstellt: die Spaltung des selbstgenügsam-zweiein-
heitlichen Kugelmenschen bzw. der Mutter-Kind-Symbiose. Das Kind begreift
sich als getrenntes Lebewesen, es hat das Paradies verloren, in dem es eine
grandiose, aber selbst-lose Mutter als Teil des eigenen Selbst zu regieren glaub-
te, ein Liebespaar, wie es das Emblem unserer Kultur veranschaulicht: die Ma-
donna mit dem Kind auf dem Arm, das die Insignien der Herrschaft in Händen
hält. Indem das Kind sich nun als ausgeschlossen und die Eltern als Paar wahr-
nimmt, gewinnt es eine Ahnung von dem Geschlechtsunterschied und der Se-
xualität sowie der eigenen Zugehörigkeit zu einem Geschlecht und Nichtzuge-
hörigkeit zu dem anderen, auf das es sich von nun an verwiesen sieht. Die glei-
che narzißtische Kastration stellt der biblische Mythos als die Grenzüberschrei-
tung am Baum der Erkenntnis dar: das Erkennen der Zweigeschlechtlichkeit be-
deutet den Verlust der Verbundenheit mit Gott (der in matrilinear-prähistorischer
Zeit, wenn auch nicht mehr im Pentateuch, Göttin war) und den Verlust des pri-
mären Paradieses im Verlauf des früheren Ödipuskomplexes. Aus „oknophiler“
Perspektive (Balint 1966) kommt dies der mythologisch herausgestellten „Strafe
Gottes“ gleich, wobei wir den gleichzeitigen „Gewinn“ an Welt, Raum und Zeit-
lichkeit, also die „philobatische“ Perspektive nicht vergessen wollen.
Kinder, die entspannt gestillt werden, verlieren gegen Ende des ersten Le-
bensjahres von selber das Interesse an der Brust, wenn ihre Mutter es ihnen er-
laubt; das daran geknüpfte Trauma scheint eher die frühe Triangulierung zu
sein. Der frühe Ödipuskomplex ist also das Resultat eines Ablösungsprozesses,
der anschließend schmerzlich als Verlorenheit realisiert wird; er bedeutet eine
Umzentrierung der Wahrnehmung im Sinne eines individuierten Welterlebens,
eine Realisierung des Generationenunterschieds und des Ausgeschlossenseins
von der Paarung der Eltern, eine Ahnung von der Geschlechterdifferenz sowie
der eigenen Zugehörigkeit. Mit der Triangulierung ist im übrigen der ganze Ent-
wicklungskomplex verbunden, den Melanie Klein (1975) als den Erwerb der
„depressiven Position“ beschrieben hat (und den Lacan mit dem „Namen des
Vaters“ thematisiert).
Ich gehe also davon aus, daß die Geschlechterdifferenz ab dem zweiten Le-
bensjahr des Kindes Signifikanz erreicht, was sich u.a. auch an den sich ge-
schlechtsspezifisch verschieden entwickelnden Spielen der Kinder ablesen läßt.
Der Unterschied der Spiele von Jungen und Mädchen erscheint mir nämlich
nicht ausschließlich von der jeweiligen Gesellschaft produziert zu sein zum
Zwecke der Einübung der jeweiligen Geschlechterrollen, sondern auch als der
kindliche Ausdruck einer Identifizierung mit den elterlichen Körpern und von
Phantasien über ihre Geschlechtsorgane und deren Verkehr. Diese Phantasien
Die psychosexuelle Entwicklung der Geschlechter im Vergleich 105
begleiten auch die autoerotischen Aktivitäten, zu denen das Kind findet, nach-
dem es sich aus der matrisexuellen Dyade gelöst hat.
Der frühe Ödipuskomplex selbst verläuft bereits geschlechtsspezifisch ver-
schieden, da das Mädchen ihn in der gleichgeschlechtlichen Position zum bishe-
rigen Liebesobjekt betritt, während der Junge ihn in der gegengeschlechtlichen
Position realisiert. Obgleich beide Geschlechter sich mit primären Funktionen
der Mutter identifizieren, indem sie sich lösen und verselbständigen, ist das
Mädchen von diesem Lösungs- und Identifizierungsschub stärker betroffen als
der Junge, da für es mit der Realisierung der elterlichen Paarung auch die „hete-
rosexuelle Verkehrsordnung“ und damit das Homosexualitätstabu greift (Po-
luda-Korte 1993). Während der Junge zwar lernt, die Mutter dem Vater als Part-
nerin zu überlassen, er aber auf Ersatz in einer anderen Frau hoffen darf, lernt
das Mädchen, daß ihm weibliche Liebesobjekte ein für alle Mal versagt werden.
Die Enttäuschung der homosexuellen Liebeswünsche der Tochter durch die he-
terosexuelle Mutter erlebt sie als eine tiefe Kränkung und Zurückweisung ihres
Geschlechts. Diese Verunsicherung durch die lesbische Enttäuschung an der
Mutter ist der Kern des frühen weiblichen „negativen“ Ödipuskomplexes (ein
unmöglicher Begriff, den ich deshalb einfach „lesbischen Komplex“ genannt
habe, s. Poluda-Korte 1993, 1996a), eine Enttäuschung an der Mutter, durch die
Liebe in Haß, Begehren in Mordimpulse und Stolz in Scham umzuschlagen dro-
hen. Im Märchen wird dieser Prozeß z.B. durch den frühen Verlust der guten
Mutter und das Leiden an der Stiefmutter dargestellt, wofür es beim Jungen kei-
ne Parallele gibt.
Während Stoller (1968) glaubt, der Junge müsse sich während dieses Pro-
zesses explizit von der Mutter desidentifizieren, um Geschlechtsidentität zu er-
langen, sehe ich den Jungen – eher mit Freuds Augen – ein in gewisser Weise
„natürlicher“, da heterosexueller Partner der Mutter bleiben, der sich zunächst
weniger stark zur Lösung gedrängt fühlt als das Mädchen. Für den Jungen be-
deutet die Triangulierung, daß er seine Liebesbeziehung zur Mutter mit Separa-
tion, einer unterschiedlichen Geschlechtsidentität und der ödipalen Konkurrenz
vereinbaren und neu strukturieren muß. Das damit verbundene aggressive Po-
tential setzt er überwiegend extravertiert in Motorik, Initiative und Experimen-
tierfreude um, zur Erkundung seines Genitales und auf der Suche nach einem
Gegengewicht zu seiner fortwährenden Abhängigkeit vom mütterlichen Liebes-
objekt. Seine Spiele dienen der Aneignung und Vergewisserung eines nach au-
ßen gerichteten männlichen Organs zur Selbstbehauptung gegenüber der Mutter.
Dessen hohe Besetzung wird ihn jedoch bald zum Begehren des Vaters drängen,
d.h. zu seinem „negativen Ödipuskomplex“.
Während Hänschen, der Junge, also zunächst eher sexuell an die Mutter ge-
bunden bleibt und kompensatorisch von ihr wegstrebt, löst das Mädchen sein
Begehren mehr von ihr und nimmt die Mutter mehr in sich hinein, d.h. es sepa-
riert sich vor allem durch die Umwandlung der Objektliebe zu ihr in eine Iden-
tifizierung mit ihr. Dadurch wird es früher selbständig und schaut auf den Bru-
der mit einer Mischung aus Eifersucht auf die Liebesgratifikation für sein zur
Mutter passendes Geschlecht und Verachtung für seine Abhängigkeit von der
Mutter. Demgegenüber betrachtet der Junge die Schwester mit einer Mischung
aus Neid auf ihre größere Unabhängigkeit durch ihr der Mutter gleiches Ge-
schlecht und Verachtung, weil sie der Mutter nicht imponieren kann.
Der frühe Ödipuskomplex ist für die Tochter doppelt schwer, da das Ende
der narzißtischen Illusion mit der homosexuellen Enttäuschung an der Mutter
106 Eva S. Poluda
zusammenfällt und sie die Mutter auf unwiederbringlichere Weise verliert als
der Sohn. Ihre doppelte Wut über die mütterliche „Untreue“ geht überwiegend
nach innen gewendet in die Errichtung eines frühen Über-Ichs ein, das den Ver-
zicht auf sexuelle Ansprüche an die Mutter zugunsten einer Identifizierung mit
ihren Funktionen fordert und kontrolliert und sie zum Objektwechsel drängt.
Diese frühe Identifizierung erklärt sowohl die höheren empathischen und müt-
terlichen Fähigkeiten des Mädchens als auch seine frühere Selbständigkeit. Die
weibliche Frühreife wird durch die besondere Belastung im frühen Ödipuskom-
plex allerdings schwer erkämpft und häufig durch ein Übermaß an Selbstver-
leugnung und latenter Depression vital bezahlt. Schon Melanie Klein ist aufge-
fallen, daß das frühe Über-Ich beim Mädchen strenger ausfällt als beim Jungen.
Dies scheint mir das einleuchtende Resultat der größeren Wut des Mädchens zu
sein, die durch die doppelte Belastung im frühen Ödipuskomplex entsteht und in
das frühe Über-Ich gebunden werden muß, wenn sie nicht paranoid abgespalten
eine integrierte Weiterentwicklung behindern soll. Dem gestrengen frühen Über-
Ich entsprechend ist das Mädchen angepaßter und früher „sauber“ als der Junge,
es läuft früher, ist auch sprachlich akzeleriert und beginnt auf andere Weise zu
spielen als er.
Die Puppe des Mädchens kompensiert einerseits den akuten weiblichen Ob-
jektverlust und dient andererseits der Einübung von Mütterlichkeit. Mit der Pup-
pe wird der Tochter als Ersatz für die objektlibidinöse Beziehung zur Mutter ei-
ne spätere Mutterschaft in Aussicht gestellt, in der sie die innige Primärbezie-
hung von Container und Contained mit umgekehrten Vorzeichen wiederherstel-
len kann. Wie Judith Kestenberg (1968) dargelegt hat, symbolisiert die Puppe
gleichzeitig aber auch das weibliche Geschlechtsteil, dessen das Mädchen sich
in ihr vergewissert, indem sie es sich im Spiel aneignet und in ihr Körperschema
integriert. Und schließlich verweist die Puppe auch auf den Vater als Erzeuger
und befördert Objektwechsel und heterosexuelle Phantasien des Mädchens. Das
Spiel des Jungens verlegt sich dagegen häufig mit Lautstärke und Wucht auf
phallische Symbole, das waren früher z.B. hölzerne Steckenpferde und sind
heutzutage besonders Autos, um sich Bewegungsfreiheit von der Mutter zu ver-
gewissern und sich das Organ des Vaters phantasmatisch anzueignen. Insofern
ist Penisneid und Peniswunsch meiner Ansicht nach vorrangig ein Problem des
Jungens, wenn sich auch beide Geschlechter mit Besitzwünschen nach dem Teil
des jeweils anderen herumschlagen, den sie nicht haben.
In der Phase zwischen dem frühen und dem reifen Ödipuskomplex, die
Freud die „anale“ genannt hat, und für die mir Morgenthalers Begriff „autoeroti-
sche Phase“ (1984) sehr treffend erscheint, eignen sich Jungen und Mädchen
nicht nur im Spiel, sondern auch durch autoerotische Aktivitäten, die von bi-
sexuellen und „polymorph-perversen“ Phantasien über den Geschlechtsverkehr
der Eltern begleitet werden, phantasmatisch die Genitalien beider Eltern an.
Diese Dynamik ist mit Angst und Schuldgefühlen verbunden, da die für die In-
dividuation bzw. Autonomiebildung des Kindes nötigen aggressiven Triebantei-
le, die im frühen Ödipuskomplex mobilisiert wurden, die identifizierende An-
eignung der elterlichen Genitalien als Raub an deren Besitzstand erscheinen las-
sen. Impulse, den Mutterbauch zu berauben und entsprechende Vergeltungs-
angst, die Melanie Klein (1945) beschrieben hat, beziehen sich meiner Meinung
nach auf das mütterliche Geschlechtsorgan, das in Traum und Märchen z.B. als
Schatztruhe oder nie versiegender Edelsteinbeutel symbolisiert wird. Die Ka-
strationsangst des Jungen verstehe ich als eine der Vergeltungsangst entspre-
Die psychosexuelle Entwicklung der Geschlechter im Vergleich 107
chende Reaktion auf seinen Wunsch, sich das väterliche Organ anzueignen. An
diese räuberische Dynamik, die von erwachsener Seite z.B. aggressiv mit Ver-
folgung der Onanie beantwortet wird (im Sinne von „Haltet den Dieb!“), knüpft
später die Kastrations- und Autoritätsdynamik der Adoleszenz an.
Zunächst führt bei der Tochter jedoch die Konsolidierung ihrer Mutterbeziehung
zu einer narzißtisch-modellierenden Spiegelbeziehung (Poluda-Korte 1993) da-
hin, daß sie ihr Begehren immer eindeutiger dem Vater zuwendet, der ihr nicht
nur das kompensatorische Kind schenken soll, sondern von dessen Genitale sie
nun phantasiert, die verlorene Befriedigung in neuer Weise in der Tiefe ihres
psychisch repräsentierten und körperlich erlebten Genitales wiederzuerlangen.
Dies Begehren spitzt sich im reifen Ödipuskomplex endlich so zu, daß die Iden-
tifizierung mit der Mutter in ein mörderisches Ersetzenwollen ihrer Person mün-
det, um den Vater exklusiv genießen zu können. Anders als Freud, der beim
Mädchen (mangels Kastrationsdrohung) keine Lösung des Ödipuskomplexes,
sondern ein „Landen im ödipalen Hafen“ konstatierte, glaube ich, daß auch der
Ödipuskomplex des Mädchens untergeht, indem es den Anspruch der Mutter ak-
zeptiert. Die notwendige ödipale Enttäuschung wirkt sich schließlich auch beim
Mädchen in einer partiellen Identifizierung mit dem Vater als dem aufgegebenen
Liebesobjekt und zunehmender Über-Ich-Reifung aus.
Die Enttäuschung im reifen Ödipuskomplex scheint jedoch beim Jungen in
weit schmerzlicherer Weise zu verlaufen als beim Mädchen, da es den Vater nie
so intim besessen hat, wie einst die Mutter, während der Junge erst jetzt von der
ganzen Härte des sexuellen Verzichts auf die Mutter betroffen ist. Dementspre-
chend fällt das reife Über-Ich des Jungens strenger aus als beim Mädchen, was
Freud bereits konstatierte. In der autoerotischen Phase entwickelt der Junge pa-
rallel zum Mädchen ein großes, wenn auch ambivalentes Interesse für den Vater,
mit dem er sich phallisch-narzißtisch identifiziert, mit dem er leidenschaftliche
Kämpfe phantasiert, Superman-Größenträume und schließlich auch intensive
erotische Szenarien, um sich seines männlichen Organs zu versichern und Di-
stanz und Selbstbehauptung gegenüber der Mutter zu gewinnen, deren Bild er
nun mehr und mehr durch die Augen des Vaters zu erneuern trachtet. Da sich die
Beziehung zum idealisierten Vater weniger konkret als phantastisch entwickelt,
bedeutet der Progreß zur ödipalen Konkurrenz schließlich eine phantasmatisch
erhöhte Herausforderung, die den Jungen so in Nöte bringt, wie es von psycho-
analytischer Seite oft beschrieben wurde. Der Untergang seines reifen Ödipus-
komplexes wird deshalb so zu einem entscheidenden Ereignis in seiner Entwick-
lung, da er für den herben Verzicht auf die primär und genital, also doppelt be-
gehrte Mutter eine loyale und liebevolle Beziehung zum großen Vater sichert,
wobei er seine doppelte Wut ins entsprechend gestrenge Über-Ich bindet und sich
wiederum partiell mit der Mutter identifiziert, indem er sich sexuell von ihr löst.
Wenn der frühe Ödipuskomplex zur Lösung aus der matrisexuellen Dyade
und einer neuen Liebe zur Welt führt, so führt der reife Ödipuskomplex zur Lö-
sung von bisexuellen Phantasmen, Vereindeutigung der geschlechtlichen Identi-
fizierung und einer weiteren Hinwendung zur außerhäuslichen Umwelt. Der Un-
tergang des Ödipuskomplexes ist für beide Geschlechter mit einer Konsolidie-
rung der Beziehung zu den Eltern verbunden, indem deren Unverzichtbarkeit als
108 Eva S. Poluda
Schutzmacht anerkannt und mit dem Verzicht auf libidinöse Ansprüche begli-
chen wird, die nun in einer Abwendung von den Eltern auf die eigene Generati-
on gerichtet werden. Es beginnt die Zeit der Doktorspiele. In der sog. Latenzzeit
sind Kinder überwiegend „gut zu haben“, da sie die Konflikte mit den Eltern zu-
gunsten eines Konsenses, der ihnen Rückhalt gibt, gelöst haben und sich beim
Eintritt in das öffentliche Leben der Schule extravertiert entfalten. Sie wirken so
relativ stabil und glücklich in intensive Spiele und Lernerfahrungen vertieft, wie
wir selbst diese Zeit in Erinnerung haben. Diese Extraversion drückt sich bei
Mädchen z.B. häufig in Abenteuerlust und einer unbekümmerten Wildheit aus
(Poluda 1997), die u.a. die Identifizierung mit dem aufgegebenen väterlichen
Liebesobjekt spiegelt, während Jungen durch die zurückliegenden Strapazen
eher etwas defensiver, aber konzentriert und gefühlsmäßig gereift wirken, was
mit der hinzugewonnenen Identifizierung mit dem aufgegebenen mütterlichen
Liebesobjekt zusammenhängen mag.
In der Vorpubertät bleibt die unbekümmerte psychische Verfassung und das
kindliche Verhältnis zu den Eltern noch überwiegend erhalten, auch wenn die
Geschlechter bereits beginnen, sich im Spiel voneinander zurückzuziehen und
sich dem eigenen Geschlecht vermehrt zuzuwenden. Die nahende Pubertät wird
häufig ungeduldig als Zugewinn erwartet, ohne daß der damit verbundene Ver-
lust vorhergeahnt würde. Erst wenn die Geschlechtsreife sich manifestiert, was
durchaus als Triumph erlebt wird, setzt sich im Empfinden der Herangewachse-
nen allmählich das Verfremdungsgefühl, die Verwirrung und die Desorientie-
rung durch, die den Verlust der vertrauten Bezüge der Kinderwelt signalisieren.
Die sexuelle Sublimierung beim zärtlichen Verkehr der Elternkörper mit den
Kinderkörpern war durch Inzesttabu und Generationengrenze garantiert. Der ge-
schlechtsreife Körper stellt hingegen die Generationengrenze in Frage, u.z. häu-
fig abrupt im Erleben der Beteiligten. Der vorbewußt gehegte „holde Wahn“,
durch den sexuell gereiften Körper einer Erfüllung ödipaler Wünsche näherzu-
kommen, reißt entzwei und weicht zunehmend einer schmerzlichen Desillusio-
nierung und Wiederholung der ödipalen Enttäuschung.
So berichtete eine der jungen Frauen, deren Pubertätsverlauf ich Mitte der
60er Jahre untersucht habe (1992b), daß sie auf dem Rückweg von der Toilette,
wo sie eben den Beginn der ersten Blutung festgestellt hatte, ihren jüngeren
Bruder auf dem Schoß der Mutter sitzen sah und einen tiefen Triumph darüber
empfand, nun kein Schoßkind mehr zu sein wie er. Als ihre Mutter ihr jedoch
kurz darauf klarmachte, daß sie für die Sauberkeit ihrer Bettwäsche jetzt selbst
zuständig sei, scheuerte sie sich auf den Knien vor der Badewanne unter kaltem
Wasser am blutigen Bettuch die Finger wund. Diese Erinnerung zeigt, wie die
homosexuelle Enttäuschung an einer Mutter, die den Bruder umarmt und die
Tochter zurückstößt, durch den Gewinn eines eigenen Schoßes mit ödipalem
Trimph und einer postwendenden Abstoßung des mütterlichen Schoßes ver-
knüpft wird. Der märchenhafte Charakter der folgenden Szene verdeutlicht dann
erneut das Leiden am Verlust der Kinderversorgung durch den Mutterkörper, die
ödipalen Schuldgefühle sowie ein Wiedergutmachungsbemühen, das die ödipale
Unterwerfung rekapituliert.
Die psychosexuelle Entwicklung der Geschlechter im Vergleich 109
Pubertät
Als ich 1992 eine Arbeit über die weibliche Adoleszenz schrieb, habe ich zur Il-
lustration dessen, was zwischen Mutter und Tochter geschieht, wenn deren
Menstruation eintritt, einige bekannte Märchen der Brüder Grimm herangezo-
gen. Typischerweise spinnt sich hier das junge Mädchen die Finger blutig, wie
Dornröschen oder Frau Holles Goldmarie, und wird darob von einer Mutterfigur
in die Tiefe eines Brunnens oder des Schlafes gestoßen. Durch die Abstoßung
zwischen Mutter und Tochter, die von dem Zusammenbruch der Generationen-
schranke beim Eintritt der Geschlechtsreife ausgelöst wird und die frühe nega-
tiv-ödipale Enttäuschung rekapituliert, fällt das Mädchen aus ihrer Welt, der Bo-
den ihrer bisherigen Wirklichkeit bricht unter ihr ein, und sie verpuppt sich
gleichsam wie Dornröschen im Schlaf hinter der Rosenhecke. Dem entsprechen
übrigens die traditionellen Ruheempfehlungen, mit denen bis heute junge Mäd-
chen beim Auftreten der ersten Menstruation samt Wärmflasche ins Bett ge-
steckt werden.
Während der Pubertät im engeren Sinne, d.h. vom Einbruch mit Beginn der
Menstruation bis zum neuen Aufbruch mit etwa 16 Jahren, kapselt sich das
Mädchen nach außen bzw. von den Elternkörpern ab, um ihren reifenden sexuel-
len Körper zu integrieren; d.h. sie muß den Verlust ihrer Kindheit betrauern und
sich eine Übergangswelt und erotischen Ersatz schaffen. Dem dienen die inti-
men Mädchenfreundschaften dieses Alters, die sowohl im Sinne von innigen
Übergangsobjekten als auch von spiegelnden Selbstobjekten fungieren. Zudem
wird die Freundin zum intensiven homoerotischen Forschungsobjekt bzw. eine
Art Vergleichsstudie bei der Erkundung der eigenen Sexualität. Am Ende dieses
Prozesses geben sich die Mädchen oft selbst oder gegenseitig neue Namen, um
ihren Identitätswandel zu markieren.
Während das Latenzkind noch in einer libidinösen Symbiose mit dem müt-
terlichen Geschlecht als symbolischem „Container“ lebt, signalisiert die Men-
struation eine Art Sturzgeburt in die andere Realität eines eigenen Organs, das
durch den Brunnen im Märchen dargestellt wird. Das Hinabstürzen ist im übri-
gen der Inhalt des typischen weiblichen Pubertätstraums, der erst bei gewonne-
ner orgastischer Potenz wieder verschwindet, aber im Leben der Frau immer
wieder auftauchen kann, wenn sexuelle Weiterentwicklungen anstehen. Dabei
vergegenwärtigt die Tiefe die unbekannten Dimensionen des eigenen Organs.
Während nun Dornröschen in Schlaf versinkt, sich quasi verpuppt wie eine
Raupe und unerreichbar wird, bis in ihrem Inneren eine junge Frau herange-
wachsen oder herangeträumt ist, die auf den Kuß des Prinzen hin erwachen
wird und ausschlüpfen wie der Schmetterling, beschreibt das Märchen von Frau
Holle diesen inneren Entwicklungsprozeß genauer. Der Verzicht auf die Mutter
als Organ bzw. Institution und die Aneignung des eigenen Organs als Kompe-
tenz im versorgenden Umgang mit Ofen, Apfelbaum und Haus bzw. Federbett,
gelingt der Goldmarie und mißlingt der Pechmarie, die sich von der Mutter
nicht lösen kann und mit Pech (im doppelten Sinne) kleben bleibt. In ihrer eige-
nen Welt im Inneren des Brunnens begegnet Marie dem Baum, der unter der
Last seiner Äpfel zusammenzubrechen droht und dem Ofen, der nach Erlösung
von Fülle und Glut schreit. Es geht darum, daß das Mädchen lernt, indem es
dem überfüllten Baum und dem überhitzen Ofen Erleichterung verschafft, sich
selbst sexuell zum Orgasmus zu verhelfen. Danach führt Frau Holle in die
„Kunst des Bettenschüttelns“ ein und legitimiert das nun heiratsfähige Mädchen
110 Eva S. Poluda
zu Rückkehr und Aufbruch in die Welt, die nun wieder die seine werden soll.
Glänzend wie eine Frühlingsgöttin tritt Marie mit dem Gold der Alten ins Leben
und läßt die Winter- und Todesgöttin Holle hinter sich, und zwar unter der Erde.
So ist der Weg vom Mädchen zur jungen Frau mit einem symbolischen Mutter-
mord verbunden. Maries unglückliche Schwester dagegen hat ihre Mutterabhän-
gigkeit durch die pubertäre Passage nicht lösen und den Neubeginn als junge
Frau nicht leisten können. Entsprechend treten zum Ausgang der Pubertät als
Zeichen einer nicht geglückten Entwicklung gehäuft psychopathologische
Symptome auf, wie z.B. Magersucht oder auch eine direkte Suizidgefährdung,
die das Mißlingen des symbolischen Muttermordes, der Metamorphose und des
Eintretens in ein neues Leben signalisieren.
Wenden wir uns nun aber dem Jungen zu und fragen uns, was aus Hänschen
wird, wenn es in die Pubertät kommt? Hans im Glück? Hans der Riesentöter
oder Hans mit der Bohnenranke (s. C. Strich: Das große Märchenbuch)? Letzte-
res ist das Frau Holle am besten entsprechende männliche Initiationsmärchen.
Bei den Gebrüdern Grimm ist nur die Satire mit dem ironischen Titel „Hans im
Glück“ aufgenommen, der männlichen Version der Pechmarie. Die anderen bei-
den Märchen entstammen der angelsächsischen Sammlung von Joseph Jacobs
(Benét 1834) und sind wahrscheinlich nicht selbstverständlich geläufig. Ich wer-
de daher das Märchen kurz referieren und im Vergleich mit Frau Holle interpre-
tieren. Vorausschicken möchte ich, daß die Bohnenranke von ethnologischer
Seite mit der nordischen Weltesche in Verbindung gebracht und als ein Initiati-
onsmythos vom Prometheustyp angesehen wird, der in Pflanzerkulturen bis
nach Afrika hinein Verbreitung gefunden hat.
Also: Hans ist der Sohn einer armen Witwe, die nur eine Kuh namens Milch-
weiß besitzt, um ihn zu ernähren. Eines Tages versiegt die Milch der Kuh, und
die Mutter muß Hans beauftragen, Milchweiß zu verkaufen. Auf dem Weg trifft
Hans ein Männlein, das ihm für die Kuh ein paar Zauberbohnen anbietet, die an-
geblich bis zum Himmel wachsen, und Hans geht gutgläubig darauf ein. Die
Mutter jedoch wird fuchsteufelswild und schilt Hans einen Trottel. Sie schmeißt
die Bohnen aus dem Fenster und schickt ihn ohne Essen ins Bett. Dort schläft er
traurig ein, teils – wie es im Märchen heißt – weil die Mutter böse auf ihn war,
teils weil er kein Essen bekommen hatte. Am nächsten Morgen sieht er, daß aus
dem weggeworfenen Samen eine himmelhohe Bohnenranke gewachsen ist, und
er klettert daran gleich aus seinem Fenster hoch in den Himmel. Dort führt eine
Straße zu dem Heim eines Riesenpaares. Die Riesin verrät Hans, daß ihr Mann
ein Menschenfresser ist und am liebsten kleine Jungen verfrühstückt. Sie ver-
steckt ihn, als der Riese kommt und mit den Worten: „Ich rieche, rieche Men-
schenfleisch“ nach ihm sucht, und lenkt den Gatten mit gebratenem Ochsen ab.
Als der Riese nach dem Essen sein Gold gezählt hat und eingeschlafen ist,
schnappt Hans sich den Sack mit Gold und rennt damit zurück zu seiner Mutter.
Als das Gold aufgebraucht ist, steigt er ein zweites Mal in den Himmel und
entwendet dem Riesen ein Huhn, das goldene Eier legt. Beim dritten Mal ver-
meidet er auch, der Riesin zu begegnen, die Verdacht geschöpft hat, und raubt
eine goldene Harfe, die von selber singen kann. Als er mit ihr davonläuft,
schreit sie um Hilfe und bringt den Riesen auf den Plan, der Hans verfolgt.
Während er die Ranke hinabklettert, schreit Hans der Mutter zu, sie solle rasch
das Beil holen und unten angelangt, hackt er die Ranke ab, und der Riese stürzt
zu Tode. Nachdem er nun die Existenz von Mutter und Sohn gesichert hat, be-
kommt er eine Prinzessin.
Die psychosexuelle Entwicklung der Geschlechter im Vergleich 111
Die Ausgangssituation ist der Verlust der Brust, also das Ende der primären
Liebe bzw. die Rekapitulation des frühen Ödipuskomplexes zu Beginn der Pu-
bertät des Jungen. Er trifft auf das Männlein, das Potenz verspricht, nehmen wir
an, den Vater oder seinen Penis, und erlebt dann ein Zurückgestoßenwerden von
der Mutter, das an das Schicksal der entsprechenden weiblichen Märchenheldin-
nen erinnert, aber weniger hart ausfällt. Daraufhin wächst Hans eine himmlische
Erektion in die Höhe, die eine direkte Entsprechung zu Maries Sturz in die Tiefe
des Brunnens als Bild ihres Geschlechts darstellt. Und wie Marie in der Unter-
welt drei Aufgaben zu erfüllen hat, um sich ihr Organ anzueignen und goldenen
Reichtum zu gewinnen, muß Hans in der Oberwelt des Himmels dreimal steh-
len, um reich zu werden.
Wir sehen aber auch die Unterschiede: Marie wird sich ihres Organs und ih-
rer Potenz inne, indem sie auf passive Versorgung verzichtet und aktiv wird,
ohne daß ihr z.B. väterliche Hilfe zuteil würde. Hans hingegen muß sich die vä-
terliche Potenz räuberisch erkämpfen und benötigt dabei zuerst die väterliche
Anregung des Männchens und dann die ödipale Ermutigung und Hilfe der Mut-
ter. So wie Hans die Ranke hochklettert, bekommen manche Jungen beim Klet-
tern eine erste Ejakulation, sicher jedoch entdeckt jeder Junge beim Onanieren
den Reichtum in dem Sack, den er dem Vater identifikatorisch abknöpft. Im
nächsten Schritt eignet sich der Junge das Bewußtsein an, eine Henne zum Le-
gen goldener Eier bringen zu können (dies ist übrigens ein zentrales mythologi-
sches Motiv alter Hirten bzw. Viehzüchterkulturen). Hans eignet sich also die
Zeugungspotenz an, d.h. die Fähigkeit, selbst Vater zu werden, bevor er schließ-
lich den legendären Frauenraub startet und die Konkurrenz mit dem Vater um
die Geliebte aufnimmt. Dieser letzte Schritt ist mit einem Vatermord verbunden,
der viel deutlicher ausfällt als Maries impliziter Muttermord.
Während die weibliche Entwicklung eher einem Sturz nach innen gleicht und
einer Abkapselung hinter der Dornenhecke, ein Vorgang, den Marina Gambaroff
(1984) als Implosion bezeichnet hat, um seine orgastische Bedeutung zu unter-
streichen, gleicht die phallische Aneignung des Jungen eher einem explosiven
Prozeß, der mit extravertierter Aggression verbunden ist, wie z.B. bei Prometheus
im Raub des Feuers. Dem entspricht übrigens der verschiedene Charakter der Kin-
derspiele im 2. Lebensjahr nach dem frühen Ödipuskomplex. Die männliche Pu-
bertät ist wie die weibliche mit einer narzißtischen Besetzung gleichgeschlechtli-
cher Freundschaften zur Anlehnung, Sexualforschung und Identifizierung verbun-
den sowie mit abgeschlossenen Zimmertüren, um masturbatorische Erfahrungen
zu ermöglichen. Die Phantasien der Jungen haben jedoch eine deutlich aggressi-
vere sado-masochistische Dynamik. „Hans der Riesentöter“ hat sich beispielswei-
se ganz auf die Vernichtung des Vaters spezialisiert und vernachlässigt alle ande-
ren Momente des Initiationsmythos zugunsten eines perseverierenden Auskostens
der mordenden Überwindung von einem Riesen nach dem anderen, als sei Hans
eigentlich der Menschenfresser, der den superstarken Vater verschlingen will, um
sich immer mehr von seiner Kraft anzueignen. Dies Märchen rangiert nicht zufäl-
lig an erster Stelle in einem im 1. Weltkrieg herausgegebenen „Märchenbuch der
Allierten“ (Heinemann 1916), da die in Kriegen mobilisierte männliche Aggressi-
on an den naiv räuberischen Phantasien der Pubertierenden anknüpft.
Dazu paßt eine Kostprobe literarischer Produktionen von 14jährigen Jun-
gen. Einige Titel: Wahnsinniger Polizist läuft Amok – Bergsteiger auf dem Gip-
fel des K4 gefriert zur Statue – Kettensägenattentat in der Untergrundbahn – Sa-
tan Klaus blieb im Schornstein stecken (statt Santa Claus).
112 Eva S. Poluda
Adoleszenz
Im ersten Teil der Adoleszenz, der Pubertät, geht es um die Sicherung der Geni-
talität durch eine Rekapitulierung des frühen Ödipuskomplexes und eine Aus-
einandersetzung mit dem gleichgeschlechtlichen Elternteil bei einer libidinösen
Besetzung der gleichgeschlechtlichen Peers. Im zweiten Teil der Adoleszenz, et-
wa ab 16 Jahren, geht es um die Findung des nichtinzestuösen Objekts durch ei-
ne Rekapitulierung des reifen Ödipuskomplexes und eine erotische Besetzung
der gegengeschlechtlichen Peers.
Eine Lösung des reifen Ödipuskomplexes im Verlauf der Adoleszenz wurde
traditionell vor allem vom Jungen erwartet, der auf die Mutter verzichten und
Die psychosexuelle Entwicklung der Geschlechter im Vergleich 113
Frau gegenüber einem souveränen Mann konnte Freud wohl einen Entwick-
lungsstillstand bei den jungen Frauen seiner Zeit konstatieren, in Relation zu ih-
ren Männern, die ihm vergleichsweise jugendlich und zukunftsoffen erschienen.
Ich denke, daß diese Entwicklungsblockade durch den ödipalen Hafen entsteht,
in dem sich die Frau verfängt, wenn sie in ihrem Mann einer Vaterfigur begeg-
net und von einer Familie in die Reproduktion der nächsten rutscht, ohne den
Raum einer ausgedehnten Adoleszenz, bzw. ein psychosoziales Moratorium da-
zu nutzen zu können, sich von der väterlichen Autorität zu lösen, sich mit den
Angeboten einer väterlichen Kultur auseinanderzusetzen und soziales Selbstbe-
wußtsein im Verlauf einer Berufsausbildung zu gewinnen, die ihr Zutritt zur Öf-
fentlichkeit und finanzielle Unabhängigkeit ermöglicht.
Der traditionell vorgezeichnete Weg der weiblichen Entwicklung bedeutete,
daß die nach abgeschlossener Pubertät zur Jungfrau gereifte Tochter, die nun im
zweiten Teil ihrer Adoleszenz ihren reifen Ödipuskomplex aktualisierte und da-
mit dem Vater seinen eigenen Ödipuskomplex in Erinnerung rief, vom Vater
bald verheiratet wurde, um ödipales Begehren und Inzestverbot miteinander zu
versöhnen. Der Vater näherte sich der Tochter in Gestalt eines Mannes seiner
Wahl, und sie umarmte diesen Mann, der für sie den Vater repräsentierte, und
wurde dergestalt im ödipalen Hafen gefangen. Während die Adoleszenz des
Sohnes eher gestreckt wurde, wurde der Adoleszenz der Tochter kurzer Prozeß
gemacht, indem sie kurzgeschlossen wurde. Damit konnte die weibliche Sexua-
lität und die weibliche Individuation unter Kontrolle gehalten werden, und die
Jungfrau konnte dem Vater zudem als Tauschobjekt dienen für Gegenleistungen
von anderen Männern.
Die gesamte spätadoleszente Dynamik von ödipaler väterlicher Machtaus-
übung, Frauentausch und töchterlicher Widersetzlichkeit läßt sich übrigens nicht
nur in den Märchen von Froschkönig, Drosselbart und Allerleirauh (Brüder
Grimm 1937) nachlesen, sondern auch in Freuds „Bruchstück einer Hysterie-
analyse“ (1905e) wiederfinden, das sich zum Stück vom Bruch zwischen einem
mit den Vätern identifizierten Freud und einer widersetzlichen Tochterpatientin
entwickelte, wie es mir typisch für den adoleszenten Prozeß zwischen Vater und
Tochter zu sein scheint, in dem der Ödipuskomplex mit gewachsener Leiden-
schaft rekapituliert wird (Poluda 1992a, 1997). Der herkömmliche Spielraum
der weiblichen Adoleszenz scheint verkürzt auf die Alternative, mit oder gegen
den Willen des Vaters zu lieben. Und mit dieser Liebe kam die Adoleszenz zu-
meist auch schon zu ihrem Ende; diese Liebe, zumindest wenn sie sexuell erfüllt
wurde, wirkte sich bestimmend auf das ganze weitere Schicksal der Frau aus, ob
sie nun heiratete oder mit einem Kind sitzengelassen wurde.
Die Möglichkeit, sich mit der ersten Liebe nicht gleich festzulegen, sondern
sich im Verlauf einer ausgedehnten Adoleszenz aus der Vaterbindung zu lösen und
in verschiedenen Liebesbeziehungen zu entwickeln, die heute auch jungen Frauen
offensteht, ist eine kulturelle Rarität par excellence. Eine Lösung des weiblichen
Ödipuskomplexes, die eine aggressive Auseinandersetzung mit dem Vater und
dessen sexuelle Ent-Mannung zugunsten der Peers, sowie eine Selbstautorisierung
als politisch gleichwertiges Subjekt impliziert, hat wahrscheinlich erst heutzutage
in unserer Welt auf breiterer Basis überhaupt eine Chance. Erst mit einer wirkli-
chen Lösung des Ödipuskomplexes wäre die weibliche Adoleszenz jedoch durch-
gestanden, anstatt durch einen Sprung in die Versorgungsehe vermieden zu wer-
den, und hätte der jungen Erwachsenen Treue zu sich selbst, eine Reorganisation
ihres Über-Ichs (Bohleber 1996) und neue Entwicklungsperspektiven eröffnet.
Die psychosexuelle Entwicklung der Geschlechter im Vergleich 115
Heute nehmen nicht nur die jungen Frauen eine gestreckte Adoleszenz in
Anspruch und können dies durchaus mit einem Sexualleben vereinbaren, da der
Zwang zur Ehe passé und Verhütung möglich ist, sondern auch die jungen Män-
ner haben sich entscheidend geändert. Sie haben umgekehrt traditionelle weibli-
che Werte für sich entdeckt und sind sensibler, romantischer und treuer gewor-
den, u.a. weil sie ihre Lehrjahre selbstverständlicher mit einem Liebesleben ver-
binden dürfen und ihre Gefühle weniger abwehren müssen als früher. Dazu
möchte ich den Sexualwissenschaftler Gunter Schmidt (1996) zitieren:
„Jugendliche knüpfen ihre Sexualität seit langem an Beziehungen. Bei Mädchen war diese
Tendenz noch stärker, aber gerade in den letzten 20 Jahren haben sich die Jungen ihnen eher
angepaßt. Aber dieser Romantisierungsschub ist nichts Moralisches. Sie wollen das einfach
so, weil es schöner ist für sie. Die Mädchen sind weit vorangekommen auf ihrem Weg zur
sexuellen Selbstbehauptung und die Jungen, das kann man mit einigem Respekt sagen, kön-
nen ganz gut damit umgehen und akzeptieren auch die Initiativen und Wünsche der Mädchen.
Sie haben die Chance, sich der Brüchigkeit ihres Selbstwertgefühls eher bewußt zu werden.
Brüchig war es schon immer, aber heute werden sie stärker damit konfrontiert. Sie werden
einfach ein realistischeres Bild von sich selbst kriegen. Die Bilder, die Jungen heute von sich
haben, sind vielfältiger, nicht mehr so normiert und rollenfest. Auch die Aufgabenarrange-
ments in einer Beziehung sind weniger festgelegt.“
Die Angst, daß sich durch die Verringerung der sozialen Differenz zwischen den
Geschlechtern eine Abnahme der sexuellen Spannung einstellen werde, diese
Angst hat sich nicht bestätigt, sondern sich als eine patriarchale Kastrationsdro-
hung herausgestellt. Die traditionelle Differenz betraf nämlich gar nicht die ge-
schlechtlich-sexuelle, sondern spannte am Geschlechtsunterschied eine Diffe-
renz der Macht auf, nach dem Vorbild des Gefälles zwischen Mutter und Kind
in der primären Dyade. Zwischen der primären Liebe und der geschlechtlichen
Liebe klafft ein Qualitätssprung, und ich behaupte, daß dieser Sprung bis heute
kulturell noch nicht ganz eingelöst worden ist. Unser Bemühen um Geschlech-
terdemokratie kann nur gelingen, wenn beide Seiten sich in der Überwindung
primärnarzißtischer Ansprüche aufeinander zuarbeiten, indem sie ihr Getrennt-
sein ebenso anerkennen wie ihr gegenseitiges quasi dialektisches aufeinander
Angewiesensein, und zwar in gleicher Weise für die Zeugung von Kindern, Kul-
tur etc. Eben darin sehe ich eine Chance für die Geschlechter, miteinander eine
neue Form der Liebe als Dimension der Welterfahrung zu erfinden.
Die Einheit von Liebesbeziehung und Sexualität sowie die Gleichwertigkeit
der Geschlechter in ihrem gegenseitigen aufeinander Angewiesensein ist ande-
rerseits jedoch nichts Neues: schon in der Bibel wird die sexuelle Liebe „Erken-
nen“ genannt, und Freud nennt das psychoanalytische Erkennen entsprechend
Heilen duch Liebe. Die Begegnung der Geschlechter, wenn sie denn nicht abge-
wehrt wird, sondern zum Anerkennen der eigenen Seele des anderen führt, kann
ein Weg sein, der Leiden heilt, Erkenntnis unserer selbst in den Augen des ande-
ren und unseres existentiellen Verfaßtseins ermöglicht und die Welt aus der Per-
spektive des anderen immer neu erscheinen läßt. Neu ist vielleicht, daß der Lie-
be durch die Demokratisierung des Geschlechterverhältnisses heute weniger
entgegensteht als vor 100 Jahren, und der kleine Unterschied, indem er sozial
kleiner wurde, an Tiefe gewonnen hat (Poluda 1998).
Das Motiv der gegenseitigen Erlösung der Geschlechter durch Erkennen ist
jedenfalls auch ein altes Märchenmotiv, wenn auch kein dominantes. Besonders
schön finde ich das Märchen vom Trommler (Brüder Grimm 1937), der einem
Mädchen sein Hemd stiehlt, und als sie ihm nachts erscheint und darum bittet,
Die psychosexuelle Entwicklung der Geschlechter im Vergleich 117
erfährt, daß sie in der Gewalt einer Hexe ist. Um sie zu erlösen, muß er durch
den Menschenfresserwald auf den Glasberg der Hexe, was er mit Witz und
Trommelwirbeln bewerkstelligt. Dort gerät er in die Gewalt der Hexe und kann
ihre Aufgaben nicht lösen; dies übernimmt nun das Mädchen mit ihrem Zauber-
ring für ihn, während er schläft, so daß er dann anschließend sie wiederum von
der Hexe befreien kann. Nun versprechen sich beide Liebe, Ehe und Treue. –
Vor der Hochzeit will der Trommler nur kurz zu seinen Eltern, er achtet jedoch
nicht auf die Bitte des Mädchens, seine Eltern nicht zu küssen und vergißt so
das Mädchen. Nun muß sie ihm wiederum nachts im Traum erscheinen und fle-
hen, bis alles ein gutes Ende nimmt:
Trommler, Trommler hör mich an,
hast du mich denn ganz vergessen?
Hast du auf dem Glasberg nicht bei mir gesessen?
Hab ich vor der Hexe nicht bewahrt dein Leben?
Hast du mir auf Treue nicht die Hand gegeben?
Trommler, Trommler hör mich an!
Als ein modernes Märchen über das gegenseitige Finden und Erlösen der Ge-
schlechter kann der Film „Lola rennt“ betrachtet werden. Die Rettung aus der
überkommenen Verstrickung, die für die autonome Paarbildung geleistet werden
muß, kann nur durch die Realisierung eigener Potenz gelingen. Im ersten Ver-
such raubt er (im mütterlich konnotierten Supermarkt) das Gold/Geld, und sie
stirbt. Im zweiten Versuch raubt sie das Gold (in der väterlichen Bank), und er
stirbt. Erst im dritten Versuch gelingt es ihm, aus eigener Kraft den Alten (s. Ni-
kolaus) zu stellen und das Geld für seine Freiheit (zurück) zu erobern, und ge-
lingt es ihr, aus eigener Kraft mit der Magie ihrer Röhre (Stimme) das Schicksal
(Roulette) zu beeinflussen und das Gold für das gemeinsame Leben zu gewin-
nen. Erst wenn die Potenz: das Gold, nicht mehr von anderen geraubt werden
muß, sondern als integrierter eigener Besitz realisiert wird, ist die Basis für eine
legitime Eigenständigkeit des Paares erreicht.
Generativität
und erweitert, indem er sich auf die neue Dreierbeziehung einstellt. In unserer
Kultur geht dabei die Initiative eher von der Frau aus, während der Mann oft Er-
mutigung benötigt. In diesem Prozeß, der den Mann jedoch genauso existentiell
ergreifen kann wie die Frau, hat die Liebe des Paares die Chance, indem die
Partner sich gegenseitig auch zu Vater und Mutter machen und dabei ihre inze-
stuösen Fixierungen endgültig überwinden, eine Tiefe zu gewinnen, die diese
Paarung unaustauschbar und relativ endgültig macht. Umgekehrt wissen Psy-
choanalytiker, wie häufig das Scheitern einer Ehe auf das Mißglücken einer ge-
meinsamen Bewältigung der Schwangerschaft zurückgeht, vor allem aus der
Perspektive der Frau.
Jedenfalls kann die eigene Sexualität erst dann als legitim erfahren werden,
wenn die Abhängigkeit von den Eltern zugunsten einer selektiven Identifizie-
rung mit beiden und einer Integration in die Welt gelöst wurde, in der das Ge-
meinwesen dann zur genügend guten Heimstatt wird, wenn es Nahrung, Sicher-
heit, Bestätigung, sowie Spielraum für Kritik und Weiterentwicklung bereitstellt
und wenn endlich ein Festlegen auf eine nicht-inzestuöse Liebesbeziehung ein
eigenes Elternwerden als Bereicherung ermöglicht.
Rückblick
Auf diese Weise wurde die Differenz zwischen den Geschlechtern künstlich
vergrößert und die Chance erschwert, sich in der Liebe gegenseitig zu verstehen
und zu erlösen, da ein Gefälle nach dem Vorbild der Mutter-Kind-Dyade produ-
ziert wurde, das mehr Abhängigkeit als Erkennen schuf. Die Geschlechterdiffe-
renz, die uns im Augenblick der Trennung vom Primärobjekt zu Bewußtsein
kommt (mythologisch: die Spaltung des Kugelmenschen bzw. die Trennung
vom Paradies durch die Sünde der Erkenntnis), findet ihr Gegenstück in der ge-
schlechtlichen Liebe, die ihre Dynamik aus der Überwindung eben dieser Tren-
nung bezieht, durch Erkenntnis der Dialektik und in einer zeitweiligen und re-
versiblen Aufhebung der Differenz in der Verschmelzung des sexuellen Liebes-
rausches…
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