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s c h a f t l i c h e
Ei n f ü h r u n g i n das wissen
Arbeiten.
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Stu
WIR01
Bachelor – B
Impressum

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Herausgeber:
Internationale Hochschule Bad Honnef · Bonn
International University of Applied Sciences
Fernstudium
Zenostr. 6
83435 Bad Reichenhall

studium@iubh-fernstudium.de
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BWIR01
Version Nr.: 002-2014-1102

© 2014 Internationale Hochschule Bad Honnef GmbH


Dieser Lehrbrief ist urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte vorbehalten.
Dieser Lehrbrief darf in jeglicher Form ohne vorherige schriftliche Genehmigung der Internationalen Hochschule Bad
Honnef nicht reproduziert und/oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet
werden.

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Wissenschaftliche Leitung

Wissenschaftliche Leitung
Dr. Eva Maria Bäcker
Dr. Eva Maria Bäcker studierte nach ihrer Hotelausbildung im Hilton-
Konzern in München an der Ludwig-Maximilians-Universität Soziologie,
Arbeits- u. Organisationspsychologie und Ethnologie (Diplom 1998).
Ergänzend absolvierte sie bis 2002 den Weiterbildungsstudiengang Kultur
Tourismus & EventManagement an der Fernuniversität Hagen. Nach
ihrem Studium war Eva Maria Bäcker als Unternehmensberaterin in Köln
im Bereich „Unternehmensnachfolge“ tätig.

In ihrer Dissertation forschte sie über Identitäten von Familienunterneh-


mern. Eva Maria Bäcker war wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut
für Bildungswissenschaft und Medienforschung der FernUniversität
Hagen (2008–2011). Frau Bäcker nahm 2005 an der Summer School for
Women Graduate Researchers in Graz teil.

Im Rahmen von Forschungsprojekten befasst sich Eva Maria Bäcker mit


empirischer Bildungsforschung, Kompetenzerfassungsmodellen und
internationaler Fernstudienforschung. Insbesondere liegt ihr Fokus auf der
Betreuung von Online-Studierenden und didaktischen Grundlagen des internetbasierten Lernens. Sie ist zerti-
fizierte Tele-Tutorin. Ihre Kenntnisse in „Web Pedagogies“ vertiefte sie an der Harvard University Extension
School. An der Internationalen Hochschule Bad Honnef/Bonn ist Eva Maria Bäcker für die Betreuung von
Online-Modulen im „Bachelor of Arts Fernstudium Betriebswirtschaft“ zuständig.

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Inhalt

Inhaltsverzeichnis
Einführung in das wissenschaftliche Arbeiten

Wissenschaftliche Leitung........................................................................... 3

Einleitung
Einführung in das wissenschaftliche Arbeiten 9

Wegweiser durch das Skript........................................................................10

Übergeordnete Lernziele.............................................................................12

Weiterführende Literatur............................................................................13

Lektion 1
Was ist Wissenschaft? 15

1.1 Wissenschaft als methodisch geregeltes Erkenntnissystem ...........16

1.2 Wissenschaft als soziales System......................................................19

1.3 Systematik der Wissenschaft? Einheit der Wissenschaft?............... 22

Lektion 2
Einige Meilensteine der Wissenschaftstheorie 27

2.1 Die naturwissenschaftliche Tradition................................................ 28

2.2 Karl Popper und der Kritische Rationalismus.................................. 30

2.3 Probleme des Falsifikationismus...................................................... 35

2.4 Max Weber und der Werturteilsstreit................................................ 37

2.5 Wertfreiheit und der Positivismusstreit............................................ 38

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Inhaltsverzeichnis

Lektion 3
Aussagen und Fragestellungen 41

3.1 Wissenschaftliche Aussagen und das Kriterium der


Überprüfbarkeit................................................................................. 42

3.2 Einige Begrifflichkeiten...................................................................... 44

3.3 Von der Problematik zur Fragestellung............................................ 46

Lektion 4
Die Rezeption wissenschaftlicher Texte 51

4.1 Aktives Lesen: Problematik, Fragestellung und Hypothese............ 52

4.2 Die Gliederung erfassen und verstehen............................................ 54

4.3 Das Herausfiltern der Argumente..................................................... 56

4.4 Auf das achten, was nicht gesagt wurde........................................... 57

Lektion 5
Überblick über die wissenschaftlichen Textgattungen 59

5.1 Das Protokoll...................................................................................... 60

5.2 Das Thesenpapier.............................................................................. 60

5.3 Das Übungsblatt................................................................................ 60

5.4 Die wissenschaftliche Arbeit .............................................................61

5.5 Die Rezension .................................................................................... 62

5.6 Das Skript........................................................................................... 62

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5
Inhalt

Lektion 6
Abstract vs. Exzerpt 65

6.1 Zwei weitere Textgattungen: das Abstract und das Exzerpt............. 66

6.2 Im Spannungsfeld zwischen Abstract und Exzerpt: eigene Notizen


und Randglosse...................................................................................67

Lektion 7
Das Referat 71

7.1 Themenfindung und Themenabgrenzung......................................... 72

7.2 Recherche...........................................................................................74

7.3 Eine Gliederung entwickeln................................................................76

7.4 Die Kernbotschaft.............................................................................. 78

Lektion 8
Die Diskussion 81

8.1 Der Kontext des Vortrags.................................................................. 82

8.2 Die Moderation einer Diskussion....................................................... 83

8.3 Die Online -Diskussion....................................................................... 85

8.4 Feedback............................................................................................ 86

Lektion 9
Zuhörerzentrierung und Präsentationstechniken 89

9.1 Der Verantwortungsbereich ............................................................. 90

9.2 Die verschiedenen Lernkanäle bedienen.......................................... 90

9.3 Üben, üben, üben – Regeln für den mündlichen Vortrag...................94

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6

Inhaltsverzeichnis

Lektion 10
Die schriftliche Arbeit 97

10.1 Die Bibliothekskataloge .................................................................... 98

10.2 Sonstige Quellen...............................................................................102

10.3 Die Onlinerecherche.........................................................................103

10.4 Literaturverwaltung..........................................................................104

Lektion 11
Von der Leitfrage zur Gliederung 107

11.1 Das Deckblatt....................................................................................108

11.2 Die Einleitung....................................................................................109

11.3 Der Hauptteil..................................................................................... 110

11.4 Der Schluss....................................................................................... 113

Lektion 12
Zitieren und Quellenangaben 115

12.1 Formale Kriterien für den Schreibstil.............................................. 116

12.2 Das direkte Zitat................................................................................ 117

12.3 Das indirekte Zitat............................................................................. 118

12.4 Die Fußnote....................................................................................... 119

12.5 Quellen- und Literaturverzeichnis...................................................120

12.6 Der Umgang mit grauer Literatur....................................................123

12.7 Quellenbelege im Text......................................................................124

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7
Inhalt

Anhang 1
Literaturverzeichnis 127

Anhang 2
Abbildungsverzeichnis 131

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Einleitung s ch a f t l i c h e A r b e iten
d a s w i ss e n
Einführung in
Einleitung

Wegweiser durch das Skript

Herzlich willkommen!

Dieses Skript enthält den gesamten Lernstoff Ihres Kurses und bildet damit die inhaltliche
Grundlage Ihres Fernstudiums. Ergänzend zum Skript stehen Ihnen zahlreiche weitere Medien
wie Podcasts und Vodcasts zur Verfügung, mit deren Hilfe Sie sich Ihren individuellen Lern-
Mix zusammenstellen können. Auf diese Weise können Sie sich den Stoff in Ihrem eigenen
Tempo aneignen und dabei auf lerntypspezifische Anforderungen Rücksicht nehmen.

Die Inhalte sind nach didaktischen Kriterien in Lektionen aufgeteilt, wobei jede Lektion aus
mehreren Lernzyklen besteht. Jeder Lernzyklus enthält jeweils nur einen neuen inhaltlichen
Schwerpunkt. Auf diese Weise können Sie neuen Lernstoff schnell und effektiv zu Ihrem
bereits vorhandenen Wissensgrundstock hinzufügen.

Am Ende eines jeden Lernzyklus finden Sie Fragen zur Selbstkontrolle. Mit Hilfe der Selbst-
kontrolle können Sie eigenständig und ohne jeden Druck überprüfen, ob Sie die neuen Inhalte
schon verinnerlicht haben. Die Lösungen zu den Fragen finden Sie auf der Lernplattform
CLIX.

Wenn Sie eine Lektion komplett bearbeitet haben, können Sie Ihr Wissen in CLIX unter
Beweis stellen. Über automatisch auswertbare Fragen erhalten Sie ein direktes Feedback zu
Ihren Lernfortschritten. Die Wissenskontrolle gilt als bestanden, sobald Sie mindestens 80 %
der Fragen richtig beantwortet haben.

Sollte das einmal nicht auf Anhieb klappen, können Sie die Tests so oft wiederholen, wie Sie
wollen. Es gibt keinerlei Beschränkungen und die Ergebnisse der Wissenskontrolle haben kei-
nen Einfluss auf Ihre Endnote. Sie können also ganz unverkrampft lernen, üben und Ihre
Fortschritte elektronisch überprüfen.

Haben Sie die Wissenskontrolle für sämtliche Lektionen gemeistert, gilt der Kurs als abge-
schlossen. Sobald Sie alle Kurse eines Moduls abgeschlossen haben, können Sie sich für die
Abschlussklausur anmelden.

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10

Wegweiser durch das Skript

Im Skript werden Sie immer wieder auf Icons stoßen, die auf zusätzliches Material hinweisen
oder Ihnen die Orientierung erleichtern. Diese Icons umfassen:

Evaluierung

p
Weiterführende Literatur

p
Pflichtliteratur

Zu diesem Thema gibt es einen Podcast.


Sie finden ihn auf der Lernplattform CLIX.

Zu diesem Thema gibt es einen Vodcast.


Sie finden ihn auf der Lernplattform CLIX.

? Prüfen Sie Ihren Wissensstand!


Hier finden Sie Fragen zur Selbstkontrolle.

! Jetzt sind Sie gefordert.


Hier gilt es, eine Aufgabe zu lösen.

e
Dieser Text ist auch als E-Book erhältlich.

Sie haben die Lektion fertig bearbeitet.


CLIX Nun ist es an der Zeit, auf der Lernplattform CLIX
die Wissenskontrolle zu meistern und sich für die Klausur zu qualifizieren.

Und jetzt viel Erfolg und Spaß beim Lernen!

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11
Einleitung

Übergeordnete Lernziele
Im Kurs Einführung in das wissenschaftliche Arbeiten erlernen Sie die Grundlagen
des wissenschaftlichen Arbeitens.

Hierzu gehört es, sich zunächst einmal mit der Definition von „Wissenschaft“ zu beschäf-
tigen. Anschließend lernen Sie einige Meilensteine der Wissenschaftstheorie kennen wie
etwa den Kritischen Rationalismus oder das Problem der Falsifikation.

Mit der Technik des aktiven Zuhörens beginnt im Anschluss der praktische Teil dieses
Kurses. Sie lernen hier, wissenschaftliche Texte so zu rezipieren, dass Sie den größtmögli-
chen Gewinn daraus ziehen. Des weiteren erhalten Sie einen Überblick über die wichtigsten wissenschaftlichen
Textgattungen.

Um Ihrer eigenen wissenschaftlichen Karriere eine solide Basis zu geben, erlernen Sie anschließend die wichtigs-
ten Recherchetechniken. Des weiteren erfahren Sie, wie Sie einen Vortrag vorbereiten und halten und wie Sie
eine schriftliche Arbeit planen, gliedern und schreiben. In diesem Zusammenhang wird Ihnen auch vermittelt,
welche formalen Vorgaben für wissenschaftliche Texte üblich sind.

Nach Abschluss dieses Kurses werden Sie in der Lage sein, selbstständig Forschungsarbeit zu leisten und Ihre
Ergebnisse in wissenschaftlichen Arbeiten festzuhalten beziehungsweise in Referaten vorzutragen.

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Weiterführende Literatur

Weiterführende Literatur
Falls Sie tiefer einsteigen wollen, empfehlen wir die folgende Fachliteratur:

Barthel, J. (1997): Wissenschaftliche Arbeiten schreiben in den Wirtschaftswissenschaften. Berliner-Wissen-


schafts-Verlag. ISBN 3-87061-526-5.

Eco, U. (2010): Wie man eine wissenschaftliche Abschlußarbeit schreibt. 13. Auflage, UTB Uni-Taschenbücher
Verlag. ISBN 978-3-8252-1512-5.

Jele, H. (2003): Wissenschaftliches Arbeiten in Bibliotheken. Einführung für Studierende. Vollständig überarbei-
tete und erweiterte Ausgabe. ISBN 978-3-4862-7327-4.

Kornmeier, M. (2007): Wissenschaftstheorie und Wissenschaftliches Arbeiten. Eine Einführung für Wirtschaftswis-
senschaftler. Physica, Heidelberg. ISBN 978-3-7908-1918-2.

Prechtl, P./Burkhardt, F. (2008): Metzlers Philosophie Lexikon. Begriffe und Definitionen. 3. aktualisierte und
erweiterte Auflage, Metzler Verlag. ISBN 978-3-4760-2187-8.

Rössl, D. (2008): Von der Themensuche zur Begutachtung. In: Die Diplomarbeit in der Betriebswirtschaftslehre.
4. Auflage, Facultas Verlag. ISBN 978-3-7989-0247-0.

Theisen, M. (2011): Wissenschaftliches Arbeiten. Technik – Methodik – Form. 15. Auflage, Vahlen Verlag,
München. ISBN 978-3-8006-3830-7.

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Lektion 1
W i ss e n s c h a ft?
Was ist

LERNZIELE

Nach der Bearbeitung dieser Lektion werden Sie wissen, ...


…… was „Wissenschaft“ eigentlich ist.
…… welche Werte und Leitideen es in der Wissenschaft gibt.
…… wie man unwissenschaftliches Arbeiten entlarvt.
Lektion 1

1. Was ist Wissenschaft?

Aus der Praxis Anfang 2011 führte die sogenannte Plagiatsaffäre zum Rücktritt des deutschen Verteidigungs­
ministers Karl-Theodor zu Guttenberg, dem bis dahin große Chancen auf eine erfolgreiche
Plagiatsaffäre Kanzlerkandidatur eingeräumt worden waren. Den Hintergrund der Affäre bildete der durch
zahlreiche Indizien belegte Vorwurf, zu Guttenberg habe bei der Anfertigung seiner Doktor‑
arbeit gegen die Grundsätze wissenschaftlichen Arbeitens verstoßen.

Es soll hier keinesfalls um eine politische Bewertung dieses Vorgangs gehen. Bemerkenswert ist
vielmehr die Tatsache, dass die Plagiatsaffäre zum Rücktritt eines politischen Hoffnungsträgers
führte.

Dieser Vorfall zeigt, dass in unserer Gesellschaft ein bis heute wirksamer Konsens über die
Autorität der Wissenschaft existiert. Dieser Konsens hat sich über Jahrhunderte entwickelt
und ist im gesellschaftlichen Wertesystem so tief verankert, dass ein Verstoß gegen die Regeln
des wissenschaftlichen Arbeitens als tiefgreifende Verfehlung begriffen wird.

1.1 Wissenschaft als methodisch geregeltes Erkenntnissystem


Bevor wir uns mit den handwerklichen Aspekten des Wissenschaftlichen Arbeitens wie etwa
Zitierregeln oder Fußnoten befassen, wollen wir zunächst die Frage nach dem eigentlichen
Wesen der Wissenschaft stellen. Was ist eigentlich die Kernidee von Wissenschaft?

Stellen wir uns dazu folgendes Szenario vor:


Ein fiktiver junger Wissenschaftler trifft an einem Frühlingstag seinen
Nachbarn am Gartenzaun und ruft aufgeregt:

„Hallo Nachbar, schön Dich zu sehen. Stell Dir vor, ich habe dieses und
jenes herausgefunden. Eine spannende Entdeckung, das Ganze! Ich fände
es gut, wenn wir uns darauf einigen könnten, diese Erkenntnis von nun an
als ‚wahr‘ zu bezeichnen.“

Der Nachbar ist ein eher skeptischer Mensch. Allerdings ist er nicht einge-
bildet und von daher durchaus in der Lage, eine persönliche Niederlage
einzugestehen. Da er die skeptische Art seines Nachbarn gut kennt, sagt
der junge Wissenschaftler daher:

„Du glaubst mir womöglich nicht. Aber das, was ich


Dir gesagt habe, stimmt wirklich! Du musst ja mir per-
sönlich keinen Glauben schenken. Weißt Du was? Ich
erkläre Dir einfach, wie ich auf meine Entdeckung gekommen bin. Ich
weise Schritt für Schritt nach, was ich gemacht habe. Dann kannst Du es
selber auf die gleiche Weise nachmachen, nachbauen und nachvollziehen.
Ich wette, Du wirst zu dem gleichen Ergebnis kommen wie ich.“

Damit sollte es dem mürrischen Nachbarn recht schwer fallen, sich der Erkenntnis zu verwei-
gern. Prüft er nun tatsächlich Schritt für Schritt die Arbeit des jungen Wissenschaftlers nach,
wird er vermutlich am Ende zum gleichen Fazit gelangen wie dieser.

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Was ist Wissenschaft?

Dieses fiktive Gespräch am Gartenzaun enthält bereits eine ganze Menge


bemerkenswerter Aspekte:

In der Wissenschaft geht es zunächst darum, Erkenntnisse zu gewinnen In der


(„Ich habe etwas herausgefunden“). Wissenschaft
werden
Die Gültigkeit dieser Erkenntnisse wird aber keinesfalls aus einer persönli- Erkenntnisse
chen Autorität abgeleitet („Es ist meine persönliche Überzeugung, dass ...“). gewonnen.
Auch gibt es in der Wissenschaft keinen privilegierten Zugang zu einer
übergeordneten Wahrheit.

Im Gegenteil: Die Gültigkeit einer Erkenntnis wird in der Wissenschaft alleine dadurch abge-
leitet, dass sie durch das Anwenden einer Methode gewonnen wurde, die jedem gleichermaßen
offensteht. Man sagt daher auch: Die Methode ist unpersönlich. Den Wesenskern der Wis- Hierfür werden
senschaft könnte man also mit dem folgenden Satz ausdrücken: „Wenn Du mir nicht glaubst, unpersönliche
dann prüf‘ es eben selber nach.“ Methoden
angewandt.
Demnach lautet eine erste brauchbare Definition von Wissenschaft:

Merke

Wissenschaft ist ein methodisch unpersönliches Erkenntnissystem.

„Wissenschaftlich“ wird eine Erkenntnis also alleine dadurch, dass sie auf Grundlage einer
bestimmten Methode gewonnen wurde, die unabhängig von der forschenden Person ist. Die
Erkenntnisinhalte selbst stellen kein Kriterium für Wissenschaftlichkeit oder Unwissenschaft-
lichkeit dar. Die Aussage „Es gibt Ufos.“ ist also nicht per se unwissenschaftlich. Würde eine
unpersönliche Methode existieren, um die Existenz von Ufos zu beweisen, könnte die Aussage
zur wissenschaftlichen Erkenntnis werden.

Die Regeln der Wissenschaftlichkeit setzen also an der unpersönlichen Methode an. Daher
kann man auch sagen:

Merke

Wissenschaft ist ein methodisch geregeltes Erkenntnissystem.

In der Definition von Wissenschaft als methodisch geregeltem Erkenntnissystem schwingt ein
weiterer Punkt mit: Wissenschaft beansprucht in keiner Weise für sich, das einzige mögliche
Erkenntnissystem zu sein. Die Wissenschaft behauptet noch nicht einmal, das beste Erkennt-
nissystem zu sein. Eine Abwertung anderer Erkenntnissysteme wie etwa der Intuition oder
religiöser Privatoffenbarungen erfolgt durch die Wissenschaftsdefinition nicht. Wissenschaft
kann höchstens feststellen, ob sie eine bestimmte Erkenntnis eines anderen Erkenntnissystems
unterstützt, ob sie dazu konträre Erkenntnisse besitzt oder ob sie schlichtweg zu einer Frage
keine Aussagen machen kann.

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Lektion 1

Wir haben bisher bewusst den Begriff der Wahrheit vermieden, weil dieser Begriff in seiner nai-
ven Alltagsbedeutung (Wahrheit = das, was Fakt ist) für die Sozialwissenschaften im Allge­meinen
und die Betriebswirtschaftslehre im Speziellen unangemessen ist. Diese Einschätzung wird sich im
späteren Verlauf dieses Kurses klarer abzeichnen. In einer ersten Annäherung sollten wir den Begriff
Intersubjektive Wahrheit daher ersetzen durch den Begriff der intersubjektiven Transmissibilität (zwischen
Transmissibilität = Personen übertragbar). Dieser etwas sperrige Ausdruck bedeutet im Grunde nichts anderes, als
Forschungsergeb- dass eine methodisch geregelte Erkenntnisgewinnung unpersönlich ist und Forschungsergebnisse
nisse sind nicht daher von allen geteilt werden können – sogar von mürrischen Nachbarn. Intersubjektive Transmis-
unbedingt „wahr“, sibilität ist also ein Zwischending zwischen Subjektivität und Objektivität/Wahrheit. Wissen-
aber durch ein schaftliche Erkenntnisse müssen nicht zwangsläufig wahr sein. Tatsächlich stellen sie sich hin und
unpersönliches wieder als falsch heraus. Aber sie sind immer zumindest intersubjektiv transmissibel.
methodisches
Erkenntnissystem Da der Begriff der „intersubjektiven Transmissibilität“ sehr unbequem auszusprechen ist, wird
generiert. in der Praxis weiterhin von Wahrheit gesprochen. Gemeint ist damit dann aber nicht die naive
Vorstellung von der Wahrheit als dem, was Fakt ist (Ontologie), sondern Wahrheit als das, was
intersubjektiv transmissibel ist.

Fragen zur Selbstkontrolle

1. Was unterscheidet Wissenschaft von Religion?

Religion und Wissenschaft handeln immer von völlig unterschiedlichen Gegenständen.


†† Richtig
†† Falsch

Religion verfährt bei der Erkenntnisgewinnung im Gegensatz zu Wissenschaft unpersönlich.


†† Richtig
†† Falsch

Wissenschaft verfährt bei der Erkenntnisgewinnung im Gegensatz zur Religion unpersönlich.


†† Richtig
†† Falsch

2. Was heißt Ontologie?

Ontologie ist ein Synonym für Subjektivität.


†† Richtig
†† Falsch

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Was ist Wissenschaft?

Ontologie ist die Lehre vom Seienden, also dem, was faktisch ist.
†† Richtig
†† Falsch

Ontologie ist die Lehre von dem, was man meint zu wissen.
†† Richtig
†† Falsch

3. Was charakterisiert Wissenschaft?

Ontologie
†† Richtig
†† Falsch

Methode
†† Richtig
†† Falsch

Erkenntnisinhalte
†† Richtig
†† Falsch

1.2 Wissenschaft als soziales System


Nicht alle Methoden, die sich regelhaft darstellen lassen, werden in der Wissenschaft angewen-
det. Vielmehr gibt es je nach Fach oder Jahrzehnt und teilweise sogar von Universität zu Uni-
versität einen unterschiedlichen charakteristischen Methodenkanon. Je nach Methodenmix
entstehen folglich auch unterschiedliche Perspektiven auf die Dinge. Man spricht dann häufig
von den verschiedenen Denkschulen. Unterschiedliche
Methoden
Wie gerät man in eine Denkschule hinein? Meistens wird man hineingeboren. Man schreibt sich führen zu unter-
an einer Universität ein und hört, was die Professoren und Professorinnen zu sagen haben, was und schiedlichen
wie sie Dinge untersuchen und mit welchen Argumenten sie ihr Vorgehen verteidigen. Üblicher­ Denkschulen.
weise übernehmen die Studierenden den Methodenkanon, auf den sie stoßen, weitgehend unhin-
terfragt. Wissenschaft funktioniert in der Praxis also auch sehr stark durch Nachahmung.

Dies führt zu einer weiteren Wissenschaftsdefinition, die zunächst ein wenig flapsig wirkt, aber
dennoch ernst gemeint ist:

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Lektion 1

Merke

Wissenschaft ist das, was an den Universitäten gemacht wird.

Diese Definition legt den Finger auf einen wunden Punkt. Wissenschaft ist eben nicht aus-
schließlich eine kognitive Tätigkeit, ein methodisch geregeltes System zur Erkenntnisgenerierung,
sondern immer auch soziale Praxis im ganz banalen Sinne. Das wissenschaftliche Treiben ist
teilweise nur vor dem Hintergrund der sozialen Alltagswelt an den Universitäten zu verstehen,
also von Gewohnheiten, persönliche Loyalitäten, dem aktuellen Zeitgeist, Konkurrenz­denken,
Animositäten, forschungspolitischen Machtspielchen und vielem mehr. All dies beeinflusst die
alltägliche Arbeit an den Universitäten und damit auch wissenschaftliche Ergebnisse.

Wissenschafts- An dieser Stelle sei beispielhaft auf den weit verbreiteten Streit zwischen qualitativ orientierter
streit Methodik und quantitativ orientierter Methodik hingewiesen. Dieser Streit ist im Grunde
zwischen eine Scheindebatte, die inhaltlich längst geklärt wurde. Wissenschaftstheoretisch steckt nichts
quantitativen wirklich Diskussionswürdiges dahinter. Dass die Grabenkämpfe zwischen den „Quantis“ und
und qualitativen „Qualis“ dennoch bis auf den heutigen Tag mit teils großer Vehemenz ausgetragen werden, hat
Methoden. vor allem mit der Eigenschaft von Wissenschaft als einem sozialen System zu tun. Worum geht
es bei diesem Streit? (vgl. hierzu auch Froschauer/Lueger [2008]).

Im weiteren Sinne bezeichnet man mit quantitativ orientierter Wissenschaft all jene Bereiche,
die stark mit den Mitteln der Mathematik arbeiten (beispielsweise mit algebraischen Formeln
in der BWL und VWL oder statistischen Untersuchungen in der Psychologie). Im engeren
Sinne meint man speziell das statistische Auswerten gesammelter Daten. Phänomene werden
hierzu in ihrer Komplexität massiv reduziert, um sie in der Welt der Zahlen abbilden zu kön-
nen. Dort werden durch Umformungen dann neue Kennzahlen generiert, die wiederum in
sprachliche Aussagen zurückübersetzt werden.

Quantitative Quantitative Methoden sind meistens sehr algorithmisch.


Methoden
Dahingegen arbeitet qualitativ orientierte Wissenschaft meistens weniger mathematisch-for-
malistisch. Statt eines streng funktionierenden Algorithmus muss die Methode während jeder
Untersuchung angepasst und weiterentwickelt werden. Hierzu braucht es viel Fingerspitzenge-
fühl, Kreativität und Erfahrung. Bekannte qualitative Verfahren sind beispielsweise das tiefen-
psychologische Interview, Diskursanalysen oder gut gewählte Fallbesprechungen.

Es existieren ganze Bibliotheken, die genau beschreiben, wie qualitative Untersuchungen


Qualitative methodisch korrekt betrieben werden müssen. Von daher sind qualitative Methoden hun-
Methoden dertprozentig wissenschaftlich. Bei korrekter Anwendung lösen sie den Anspruch der intersub-
jektiven Transmissibilität voll und ganz ein. Trotzdem führt das Fehlen klarer „Rezepte“ und
ein gewisser Kreativitätsspielraum nicht selten zu einem gewissen Unbehagen, weil die Unper-
sönlichkeit beziehungsweise die Intersubjektivität der Forschungsergebnisse sich nicht unbe-
dingt auf den ersten Blick erschließen. Quantitativ orientierte Forscher brandmarken diese
Methoden daher gerne als „weich“ und übersehen dabei geflissentlich, dass beispielsweise auch
die Statistik voller Heuristiken ist. (Heuristik = versuchshaft; im Rahmen der Mathematik
nennt man eine Heuristik ein Vorgehen, dessen Richtigkeit nicht axiomatisch bewiesen werden

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20
Was ist Wissenschaft?

kann, das aber in gewisser Weise als eine mehr oder weniger vernünftige Vorgehensweise ange-
sehen wird.) Es gibt also auch in scheinbar „harten“ Bereichen wie der Statistik Spielräume, die
nicht ausschließlich durch Fakten belegt sind.

Umgekehrt lautet der Vorwurf der qualitativ orientierten an die quantitativ orientierte For-
schung, dass sie durch die schematische Anwendung von festgelegten Vorgehensweisen gar
nicht empfänglich für die vielschichtigen Zwischentöne im Forschungsgegenstand ist und statt
dessen jedem Forschungsgegenstand einen groben Algorithmus überziehe. Zudem wird ange-
merkt, dass eine Forschung, die Sinn verstehen und erklären will, mit quantitativen Methoden
gar nicht betrieben werden kann.

Zu guter Letzt wird der Vorwurf erhoben, dass quantitative Methoden die Forschenden dazu
verleiten, weniger Selbstkritik als eigentlich angemessen walten zu lassen, da die Verantwor-
tung weg von der forschenden Person hin zu den scheinbar harten Beweisen und Algorithmen
verlagert wird.

Befürworter der qualitativen Forschung übersehen dabei gelegentlich, dass besonders im


Bereich der multivariaten Verfahren inzwischen eine Vielzahl teils sehr elaborierter Methoden
existiert, mittels derer auch in einem quantitativ orientierten Forschungsprogramm gute
Ergebnisse erzielt werden können.

Was hat das mit unserer Überschrift „Wissenschaft als soziales System“ zu tun? Genährt wird
der Gegensatz „qualitativ vs. quantitativ“ vor allem durch die Tatsache, dass hinter den beiden
methodischen Orientierungen zwei gänzlich unterschiedliche Ausbildungswege stehen. Somit
ist dieser „Methodenstreit“ im Wesentlichen dadurch zu erklären, dass die beiden Methoden-
kreise von zwei wissenschaftlichen Gruppen getragen werden, die kaum Berührungspunkte
zueinander haben. Diese beiden Gruppen haben oftmals schlichtweg ein interkulturelles Kom-
munikationsproblem.

Inhaltlich beruht der Streit qualitativ vs. quantitativ genaugenommen auf keinem realen Pro- Der Streit
blem. Beide Methodenkreise haben ihre Daseinsberechtigung und ergänzen einander hervor- zwischen qualita-
ragend. Dort, wo quantitative und qualitative Methoden gleichermaßen gut zum Zuge kom- tiven und quanti-
men, sind quantitative Methoden oft effizienter, genauer und weniger störanfällig. Aber tativen Methoden
quantitative Methoden können nur in sehr wenigen Bereichen korrekt eingesetzt werden, so ist eine Scheinde-
dass mit qualitativen Methoden auch dann noch gearbeitet werden kann, wenn quantitative batte.
Methoden nicht mehr anwendbar sind. Wird hingegen ein bislang unerforschtes Feld betre-
ten, wird man zunächst mit qualitativen Methoden auf Ideensuche gehen, bevor man dann
mit quantitativen Methoden erste Vermutungen erhärten kann.

Dieses Beispiel von einem Streitpunkt in der Wissenschaft soll zeigen, dass man immer im
Hinterkopf behalten sollte, dass Wissenschaft sowohl ein kognitives Programm ist („Wissen-
schaft als methodisch geregeltes Erkenntnissystem“), als auch eine soziale Praxis („Wissen-
schaft ist das, was an den Hochschulen gemacht wird“). Auf diese Weise erscheinen viele
wissenschaftliche Entwicklungen einleuchtender.

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21
Lektion 1

?
Fragen zur Selbstkontrolle

1. Welche Aussage stimmt?


Prüfen Sie Ihren
Wissensstand Wissenschaft ist ein methodisch geregeltes Erkenntnissystem.
Musterlösungen
†† Richtig
befinden sich auf
der Lernplattform †† Falsch
CLIX.
Wissenschaft ist eine soziale Praxis.
†† Richtig
†† Falsch

2. Was versteht man unter quantitativen Methoden im engeren Sinne?

Das Sammeln von Daten und die Auswertung von Daten mit Hilfe der Statistik.
†† Richtig
†† Falsch

Das Bestimmen der wesensmäßigen Eigenschaften eines Forschungsgegenstandes.


†† Richtig
†† Falsch

1.3 Systematik der Wissenschaft? Einheit der Wissenschaft?


Wir haben bisher immer von DER Wissenschaft gesprochen. Wie aber sieht es mit der Auftei-
lung der Wissenschaft in unterschiedliche Fächer und Disziplinen aus?

Die Wirtschaftswissenschaft hat nur wenig Überschneidungsfläche mit der Veterinärmedizin.


Die Biochemie hat von der Philologie keine Ahnung und formschöne Dinge aus der Welt der
Theaterwissenschaften tauchen in der Welt der Mathematik höchstens noch als abstrakte Vek-
Wissenschaft toren auf. „Die Wissenschaft“, die man so gerne im Singular anspricht, „gibt es doch gar
besteht aus vielen nicht!“, möchte man ausrufen.
Teildisziplinen.
Selbst die Natur- und Strukturwissenschaften auf der einen Seite und die Geistes- und Sozial-
wissenschaften auf der anderen Seite bilden bei näherer Betrachtung kaum mehr als Oberbe-
griffe einer längst atomisierten Forschungslandschaft. Allein unter dem Begriff Sozialwissen-
schaften liest man auf Wikipedia von solch unterschiedlichen Disziplinen wie Anthropologie,
Sportwissenschaften, Wirtschaftswissenschaften, Religionswissenschaften, Psychologie, Medi-
enwissenschaften, Pädagogik und Rechtswissenschaften. Zerfällt aber selbst die Sozialwissen-

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22
Was ist Wissenschaft?

schaft dermaßen grundlegend in unterschiedliche Disziplinen, so kann man ebensogut den


Standpunkt vertreten, nur diese Disziplinen seien real, und die Sozialwissenschaft sei nur ein
abstrakter Oberbegriff.

Dabei muss man allerdings bedenken, dass die unterschiedlichen Disziplinen nicht einfach
nur unterschiedliche Etikettierungen und Namensbezeichnungen sind. Vielmehr hat jede Jede wissenschaft-
wissenschaftliche Disziplin einen Forschungsgegenstand sowie eine bestimmte Art und liche Disziplin
Weise, diesen Forschungsgegenstand zu untersuchen. hat einen anderen
Forschungsgegen-
Im Falle der Wirtschaftswissenschaften ist dieser Forschungsgegenstand der menschliche stand.
Umgang mit knappen Gütern. Die Unterdisziplin Betriebswirtschaftslehre tut dies unter der
besonderen Berücksichtigung der elementaren Akteure, nämlich der Betriebe. Ihr Gegenstück,
die VWL nimmt dagegen eher eine gesamtsystemische Perspektive ein. Die besondere Art und
Weise der Gegenstandsbeleuchtung liegt im Falle der Wirtschaftswissenschaften im zugrunde-
liegenden Menschenbild: dem des nutzenmaximierenden homo oeconomicus.

Aber auch andere Wissenschaften können sich mit dem Thema der Güterknappheit auseinan- Unterschiedliche
dersetzen, etwa die Psychologie oder die Politologie. Die Art und Weise der Betrachtung ist Disziplinen
hier aber eine völlig andere. In der Psychologie wird der Mensch weniger als eindimensionaler verwenden
Nutzenmaximierer modelliert, sondern als vielschichtiges Wesen, das motiviert und getrieben unterschiedliche
von Traditionen, Kultur und unbewussten Vorgängen handelt. Für die Politikwissenschaften Methoden.
ist der Mensch ebenfalls nicht ein reiner Nutzenmaximierer, sondern das Resultat seiner
sozialen Rolle, also der homo sociologicus.

Eingangs hatten wir Wissenschaft definiert als ein methodisch geregeltes Erkenntnissystem.
Wie ist dann aber die von Fach zu Fach herrschende Methodenvielfalt zu bewerten? Das in den
Fachdisziplinen angewandte Instrumentarium geht teilweise einher mit beachtlichen Scheu-
klappen zu benachbarten Fächern.

Für ein und denselben Forschungsgegenstand beanspruchen unterschiedliche Wissenschafts-


bereiche Zuständigkeit und kommen mit teils unterschiedlichen Methoden zu unterschied- Unterschiedliche
lichen Resultaten. So gilt es in Teilen der Ökonomie beispielsweise als erwiesen, dass der Methoden
Mensch im Prinzip ein nutzenmaximierendes Wesen ist. Für die Psychologie stellt es sich führen zu unter-
dagegen so dar, dass der Mensch erwiesenermaßen KEIN nutzenmaximierendes Wesen ist. Ist schiedlichen
„die Wissenschaft“ also verloren im Partikularismus ihrer Disziplinen und Fächer? Resultaten.

Im Prinzip Jein. Auf der einen Seite gibt es starke, zentrifugale Kräfte, die die Wissenschaft zu
zerreißen drohen. So gibt es beispielsweise Tagungen, auf denen etwa Betriebswirte und Juris-
tinnen gewichtig aneinander vorbeireden.

Andererseits sind aber in den vergangenen Jahren gerade jene integrativen Ansätze, im Rah-
men derer mit viel Respekt, Neugierde und Taktgefühl fächerübergreifende Kooperationen
gewagt wurde, die ergiebigsten Forschungsprojekte gewesen.

Schließlich darf bei aller Verschiedenheit nicht übersehen werden, dass durch die gemeinsame
Wissenschaftsgeschichte und der großen wissenschaftstheoretischen Debatten zumindest für
die Sozialwissenschaften eine gemeinsame Klammer existiert. Wir werden diese in der nächs-
ten Lektion kennenlernen.

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23
Lektion 1

?
Fragen zur Selbstkontrolle

1. Welches Problem stellt heutzutage die größere Herausforderung für die Sozialwissen-
Prüfen Sie Ihren schaft in ihrer Gesamtheit dar?
Wissensstand
Musterlösungen Der Streit zwischen den BWL-Studenten und den VWL-Studenten.
befinden sich auf
†† Richtig
der Lernplattform
CLIX. †† Falsch

Der Streit um das richtige Menschenbild (homo oeconomicus, sociologicus, ...) und die
daraus abgeleiteten methodischen Vorgehensweisen.
†† Richtig
†† Falsch

Der Kulturstress bei interdisziplinären Forschungsvorhaben.


†† Richtig
†† Falsch

2. Der Methodenpluralismus stellt für die Sozialwissenschaften im Grunde in keiner Weise


ein inhaltliches Problem dar, sondern ist ein rein soziales Problem im Umgang miteinander.
Von Kommunikationsproblemen zwischen den Forschern abgesehen ist der Methodenplu-
ralismus grundsätzlich eine Quelle inhaltlicher Bereicherung, die durch Interdisziplinarität
angezapft werden kann.
†† Richtig
†† Falsch

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24
Was ist Wissenschaft?

Zusammenfassung

Mit dieser Lektion sollten Sie nun eine gewisse Sensibilität dafür bekommen haben,
wo die Probleme in der Wissenschaft liegen. Wissenschaft stellt sowohl ein „geistiges
Programm“ dar als auch eine soziale Praxis. Ein geistiges Programm ist es in dem
Sinne, als dass ein methodisch geregeltes Vorgehen zur wissenschaftlichen Erkenntnis-
gewinnung gefordert wird. Dieses methodisch geregelte Vorgehen ist derart zentral,
dass es zur Definition von Wissenschaft herangezogen wird. Doch die Einheit der
Wissenschaft wird durch die herrschende Methodenvielfalt in Frage gestellt. Die
Gründe für diesen Methodenpluralismus liegen nicht nur in den geistigen Bedingun-
gen der einzelnen Disziplinen, sondern auch in ganz gewöhnlichen sozialen Prozessen
an den Universitäten.

Wissenskontrolle CLIX

Haben Sie diese Lektion verstanden? Wissenskontrolle


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25
Lektion 2
e i le n s te i n e
Einige M o r ie
s c h a f t st h e
der Wissen

LERNZIELE

Nach der Bearbeitung dieser Lektion werden Sie wissen, …


…… welche wichtigen Theorien der Wissenschaft zu Grunde liegen.
…… was „Rationalismus“ bedeutet.
…… welche Probleme mit dem Falsifikationismus zusammenhängen.
…… was „Positivismus“ bedeutet.
Lektion 2

2. Einige Meilensteine der Wissenschaftstheorie

Aus der Praxis Jede Wissenschaft hat einen Forschungsgegenstand. Wäre demnach eine Wissenschaft denk-
bar, welche die Wissenschaft und damit sich selbst zum Gegenstand hat?

Der Forschungs­ Aber natürlich! Der Name dieser selbstreflexiven (auf sich selbst bezogenen) Wissenschaft lautet
gegenstand Wissenschaftstheorie. Obwohl die Wissenschaftstheorie organisatorisch meistens am Fachbereich
der Wissenschafts- Philosophie angesiedelt wird, ist sie eine Art Querschnittsdisziplin, die für jedes Fach eine
theorie ist die grundlegende Rolle spielt.
Wissenschaft.
Die Wissenschaftstheorie ist aber nicht nur ein Querschnittsaspekt aller Wissenschaften,
sondern zugleich für sich genommen eine vollwertige Wissenschaft. Sie definiert ihren
Forschungsgegenstand (und scheitert bei dem Versuch einer allgemeinbefriedigenden Defini-
tion von Wissenschaft), sie beobachtet als Wissenschaftssoziologie wie Wissenschaft funktio-
niert und welche Regeln und Zusammenhänge in ihr angewandt werden. Sie registriert und
erklärt Änderungen, etwa in der Form der Wissenschaftsgeschichte. Aber sie ist auch eine
normative (auf Normen und das Sein-Sollen bezogene) Wissenschaft, die Wertvorstellungen
formuliert und damit erklärt, wie Wissenschaft zu funktionieren hat, was sie tun darf und was
nicht. Sie unterscheidet graduell zwischen mehr oder weniger guten Methoden, identifiziert
Probleme, Lücken und Widersprüche und diskutiert die Bedeutung und den Stellenwert
einzelner Forschungsprogramme.

Immer wieder, manchmal mit einem Abstand von einigen Jahrzehnten, kommen in der
Wissenschaftstheorie große Fundamentaldebatten auf.

Diskutiert wird dann meist darüber, was denn die richtige Art sei, Wissenschaft zu betreiben.
Wir wollen im Folgenden eine Auswahl dieser Debatten betrachten.

2.1 Die naturwissenschaftliche Tradition


Die Naturwissen- Sicherlich wird niemand in Abrede stellen, dass die Naturwissenschaften in den letzen fünf
schaften Jahrhunderten maßgebliche Erfolge in der Naturbeschreibung und der Formulierung von
haben große Naturgesetzen erzielt haben. Unter systematischer Zuhilfenahme der mathematischen
Erfolge vorzu- Abstraktion sind Systeme von Theorien und zugehörigen Sätzen entstanden, die exakte Vor-
weisen. hersagen erlauben. Die kopernikanischen Gesetze etwa erlauben ceteris paribus (unter
ansonsten gleich bleibenden Bedingungen) eine genaue Vorhersage zukünftiger
Planetenkonstellationen in unserem Sonnensystem.

Naturwissenschaftliche Errungenschaften sind aber keinesfalls nur bloße Errungenschaften


des Wissens. Mit ihnen geht auch eine enorme Zunahme der Naturbeherrschung einher. Die
Erfolge der modernen Medizin oder neue Kommunikations- und Informationssysteme wie
Die Sozialwissen- das Internet geben hiervon eindrücklich Zeugnis. An unserer kollektiven Vorstellungswelt sind
schaften die Erfolge der Naturwissenschaften nicht spurlos vorübergegangen.
– darunter die
Betriebswirt- Was aber bedeutet das für die Sozialwissenschaften?
schaftslehre –
stehen im Schatten Grundsätzlich müssen wir zugeben, dass die Sozialwissenschaft im Schatten der Naturwissen-
der Naturwissen- schaft steht. Zum einen ist die Erwartungshaltung klar geprägt von den vielen naturwissen-
schaften. schaftlichen Erfolgen der Vergangenheit. Die Betriebswirtschaftslehre soll, analog zur Physik,

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28
Einige Meilensteine der Wissenschaftstheorie

unumstößlich wahre (ontologische) Sätze über ökonomische „Naturgesetze“ entwickeln und


diese zu Theoriegebäude zusammenfassen. Mit den gebrauchsfertigen Theorien sollen dann
aktuelle Probleme erklärt und sogar Voraussagen getroffen werden. Kurzum: Zu diversen
betrieblichen Problemstellungen werden klare Algorithmen (schematisch wiederholbare
Lösungsrezepte) erwartet.

Zum anderen merkt man in der Lehre, dass auch viele Studierende selbst noch von der Vor-
stellung überzeugt sind, dass alle wissenschaftlichen Erkenntnisse analog zu den Methoden der
Naturwissenschaften produziert werden. Die Erkenntnis, dass die Betriebswirtschaftslehre
keine „Wahrheiten“ produzieren kann, empfinden viele am Anfang als verwirrend.
Es dauerte ebenfalls eine Weile, bis von den Naturwissenschaften verstanden wurde, dass das
Abrücken von einem allzu naiven Wahrheitsverständnis nicht gleichbedeutend ist mit Willkür.
Eines aber gleich vorweg: Die Betriebswirtschaftslehre verfügt selbstverständlich über Wahr-
heitskriterien. Sie ist weit davon entfernt, ein „Laberfach“ zu sein, bei dem lediglich subjektive
Überzeugungen ausgetauscht werden.

Warum aber funktionieren die naturwissenschaftlichen Traditionen für die Sozialwissenschaf-


ten im Allgemeinen und für die Betriebswirtschaftslehre im Speziellen nicht? Ausschlaggebend
ist, dass der Mensch nicht alleine einem Ursache-Wirkung-Prinzip unterliegt. Menschen han-
deln meistens absichtsvoll, also mit Bezug auf ein Ziel. Damit erklärt nicht so sehr die Aus-
gangsbedingung – also die Ursache – das menschliche Handeln, sondern vielmehr der aus Menschliches
einer Handlung resultierende Zustand – das gewünschte Ziel. Handeln
unterliegt keinem
Bei der Festlegung der Ziele ebenso wie bei der Wahl der geeigneten Mittel zu ihrer Erlangung, starren Ursache-
mischt sich die menschliche Willensfreiheit in die Ursache-Wirkungs-Kette. Dadurch haben Wirkung-Prinzip.
wir es in den Sozialwissenschaften mit nur sehr schwer vorhersagbaren Phänomenen zu tun. Es lässt sich nur
Meistens lässt sich eine einzelne Handlung gar nicht vorhersagen; erst bei vielfach wiederholter schwer vorher-
Beobachtung können gewisse Gesetzmäßigkeiten festgestellt werden. Darauf beruht auch die sagen.
besondere Stellung der Wahrscheinlichkeitstheorie und der auf ihr aufbauenden Statistik in
den Wirtschaftswissenschaften.

Betriebswirtschaftliche Arbeiten erfolgen daher schwerpunktmäßig entweder aus einer


kausalen Denkhaltung heraus, wobei der Fokus auf Ursache-Wirkungs-Zusammenhängen
liegt („Wie motivieren Statussymbole Spitzenmanager?“). Oder sie erfolgen eher aus einer
finalen Denkhaltung heraus, die nach Sinn und Zweck von Vorgehensweisen fragt („Wozu
sind Spitzenmanager motiviert?“). In der Praxis wird aber jede gute Arbeit eine Mischform aus
beiden Denkhaltungen darstellen, da genau diese Dualität den sozialwissenschaftlichen Gegen-
ständen angemessen ist.

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29
Lektion 2

?
Fragen zur Selbstkontrolle

1. Warum sind die Naturwissenschaften kein gutes Vorbild für die Wirtschaftswissenschaf-
Prüfen Sie Ihren ten?
Wissensstand
Musterlösungen Weil die Wirtschaftswissenschaften vom Menschen handeln. Durch den freien Willen ori-
befinden sich auf entiert sich das menschliche Handeln an Zweck und Ziel. Die Objekte der Naturwissen-
der Lernplattform schaften kennen hingegen kein Ziel. Dadurch müssen andere Methoden zur Erkenntnis-
CLIX. gewinnung eingesetzt werden.
†† Richtig
†† Falsch

Weil die Wirtschaftswissenschaften mit ihren Prognosen oftmals danebenliegen und daher
die Aussagen der Wirtschaftswissenschaften qualitativ anders sind als die Aussagen der
Naturwissenschaften.
†† Richtig
†† Falsch

2. Bei der Wissenschaft geht es immer um die Erklärung von Kausalität (Ursache-Wirkungs-
Zusammenhänge).
†† Richtig
†† Falsch

2.2 Karl Popper und der Kritische Rationalismus


Bis zu Beginn des 20. Jahrhunderts nahm man an, dass der Natur unumstößlich wahre Gesetz-
mäßigkeiten zu Grunde liegen. Diese Naturgesetze würden, so glaubte man, durch die wissen-
schaftliche Forschung entdeckt und nutzbar gemacht. Die so gewonnenen Erkenntnisse hätten
dementsprechend Endgültigkeitscharakter. Wissenschaftlicher Fortschritt besteht in dieser
Sichtweise in einem beständigen Verschieben der Grenze zwischen dem bereits Erforschtem
und dem bislang Unentdeckten.

Zu Beginn des Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde durch einige neuere Entdeckungen in den Naturwis-
20. Jahrhunderts senschaften das traditionelle Wissenschaftsverständnis erschüttert. In der Mathematik etwa
geriet das wurde bewiesen, dass man die Widerspruchsfreiheit der Mathematik gar nicht beweisen kann
traditionelle (Gödelscher Unvollständigkeitssatz). In der Quantenphysik wurde entdeckt, dass man auch
Weltbild der Natur- bei perfektester Messgenauigkeit den Ist-Zustand der Welt oder auch nur eines einzelnen
wissenschaften in Quantenobjekts nicht vollständig erfassen und man daher keine vollständigen Prognosen
die Krise. liefern kann (Heisenbergsche Unschärferelation). Mit Einsteins Relativitätstheorie wurden
schließlich sogar Newtons Gesetze relativiert. Das „Kronjuwel der Physik“, dem man bis dahin
„ewige Gültigkeit“ beschieden hatte, wurde damit zu einem Spezialfall degradiert. Dies sind
nur einige Beispiele in einer ganzen Reihe von Problemen, die in der Wissenschaft für Unruhe
sorgten.

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30
Einige Meilensteine der Wissenschaftstheorie

Der österreichisch-britische Wissenschaftstheoretiker Sir Karl Raimund Popper (geb. 1902 in


Wien, gest. 1994 in London) griff die Probleme der in die Krise geratenen Wissenschaft auf und
begründete die bis heute weitverbreitete wissenschaftstheoretische Denkschule des Kritischen Laut dem
Rationalismus. Diese Denkschule könnte man auch als „Falsifikationismus“ bezeichnen, da kritischen
ihre erkenntnistheoretische Position in der Annahme besteht, dass es keine absolute Gewiss- Rationalismus
heit geben kann und sich Irrtümer nicht ausschließen lassen. gibt es keine
absoluten Gewiss-
Ausgangspunkt dieser Überlegung ist die Frage, inwieweit man von erfahrbaren (empirischen) heiten.
Beobachtungen auf Gesetzmäßigkeiten schließen kann. Diesen abstrahierenden Schluss von
den beobachteten Phänomenen auf eine allgemeine Erkenntnis, vom Speziellen zum Generellen,
bezeichnet man als „Induktion“ oder auch „induktives Schließen“. Umgekehrt bezeichnet man
das Ableiten eines speziellen Phänomens aus einer Gesetzmäßigkeit als „deduktiven Schluss“.

Beispiel:

Wir haben beobachtet, dass bisher an jedem Tag die Empirie


Sonne aufgegangen ist.

Wir schließen daraus, dass die Sonne jeden Tag aufgeht. Induktiver Schluss

Folglich geht morgen die Sonne auf. Deduktiver Schluss

Der Falsifikationismus bezweifelt nun, dass per Induktion die Erkenntnis „wahrer“ Gesetze Beobachtung und
sichergestellt werden kann. („Wahr“ ist hier im ontologischen Sinn gemeint). Im Wesentlichen Empirie
begründet sich der Zweifel an solchen induktiven Schlüssen auf zwei Argumenten: kann zu falschen
Schlüssen führen.
Erstens könne man, so Popper, von noch so vielen Einzelbeobachtungen nicht auf eine Regel
ohne Ausnahme schließen. Wenn ich aus der Beobachtung von 1000 weißen Schwänen per
Induktion schlussfolgere: „Alle Schwäne sind weiß“, dann kann ich dennoch falsch liegen,
wenn beispielsweise ein einziger schwarzer Schwan existiert, den ich bisher nicht beobachtet habe.

Zweiter Kritikpunkt ist, dass man bei der Induktion (meistens ganz unbewusst) auf sprachli-
cher Ebene die Begriffe nicht „stabil“ hält. Während man, um beim Beispiel weißer Schwäne
zu bleiben, bei der empirischen Datenerhebung mit dem sprachlichen Zeichen „Schwan“ ein
ganz konkretes Etwas meint, welches man gerade in der freien Natur beobachtet, so meint
man nach dem induktiven Schließen mit dem sprachlichen Zeichen „Schwan“ nicht mehr
ein konkretes Etwas oder ein Ding, sondern eine Denkfigur, ein Konzept, also die Idee
„Schwan“. Dieses Konzept existiert nur in unsere Köpfen und strukturiert dort unser Denken
über reale, weiß gefiederte Vögel mit langen Hälsen. Ob aber ein Denkkonzept angemessen ist
oder ob ein reales Ding auf eine bestimmte Weise zu bezeichnen ist, wird besonders in den
Wirtschaftswissenschaften schnell zu einer Frage der Ideologie (Weltanschauung). Entscheidend für
die Wahrnehmung
Hierzu ein Beispiel: der Welt
Die Trobriand-Inseln sind eine ringförmig angeordnete Inselgruppe, die zu Papua-Neuguinea und damit für die
gehört. Die Distanz zwischen den einzelnen Inseln beträgt bis zu 100 Kilometer. Die sehr Gewinnung von
eigenwillige Tauschwirtschaft des Kula besteht darin, dass in waghalsigen Seeunternehmungen Erkenntnissen
im Uhrzeigersinn Halsketten aus roten Muscheln verschenkt werden. Im Rahmen nicht min- über diese Welt ist
die Sprache.

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31
Lektion 2

der waghalsiger Fahrten werden gegen den Uhrzeigersinn Armreife aus Muschelringen ver-
schenkt. Jede Handlung stellt also ein Schenken dar. Da man aber selber irgendwann von
anderen Seefahrern besucht und beschenkt wird und dadurch eine moralische Pflicht (es hängt
der soziale Status davon ab) zu schenken entsteht, könnte man diese Handlungen auch als
Tauschhandel ansehen; immerhin entsteht aus dem Schenken im Tausch ein Beschenkt-Wer-
den. Doch auch diese Begrifflichkeit ist ein Stück weit unangemessen, da die „Ware“ stets
weitergereicht wird und am Ende irgendwann an ihren Ursprung zurückkehrt – natürlich in
Form einer Schenkung, die ihrerseits wiederum moralische Verbindlichkeiten mit sich bringt.

Der Kula-Ring.

Verschiedene Über die empirischen Fakten, etwa dass das Kula existiert und auf welche Art und Weise es
Sprachen praktiziert wird, besteht Einigkeit. Aber unter welchem sprachlichen Zeichen will man diese
führen zu beobachtbare soziale Praxis subsummieren? Der Begriff des Schenkens geht, wie wir gesehen
verschiedenen haben, auf Grund der enormen moralischen Verpflichtungen ein Stück weit fehl. Der Begriff
Weltbildern. Tauschökonomie bringt seinerseits aber ebenso viele Probleme mit sich: Sowohl die Angebots-
als auch die Nachfragefunktion sind nahezu preisunelastisch. Änderungen der Opportunitäts-
kosten haben keinen Effekt auf Angebot und Nachfrage. Die Geschenke werden schließlich
nicht nachgefragt. Das Schenken ist hingegen eine soziale Norm, die auf Opportunitätskosten
keine Rücksicht nimmt. Ein Marktgleichgewicht ist mit den Mitteln der klassischen Ökonomie
kaum sinnvoll zu konstruieren. Aus ökonomischer Sicht ist die Praxis des Kula also auch kein
Handel. Da es in unserer Sprache keinen wirklich adäquaten Ausdruck für die Praxis des Kula
gibt, wird meistens von Kula-Tausch gesprochen.

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32
Einige Meilensteine der Wissenschaftstheorie

Die Trobriand-Inseln – Beispiel

Klassisches Gleichgewichtsmodell Kula-Tausch

Angebot

Angebot
Opportunitätskosten

Opportunitätskosten
ht
ic
w
ge
i ch Nachfrage
e
Gl

Nachfrage

Menge Menge

Wir wollen an dieser Stelle nicht tiefer in sprachphilosophische Probleme einsteigen. Auch ist
dies kein Kurs über die anthropologischen Herausforderungen der Ökonomie. Dieses Beispiel
soll lediglich verdeutlichen, dass Worte und Begriffe keine neutralen Größen sind, sondern
automatisch auf die Theorieformung Einfluss nehmen. Festzuhalten bleibt, dass in jedem
Begriff bereits eine theoretische Vorentscheidung mitschwingt, die besonders im Rahmen
eines induktiven Schließens zu groben Verfälschungen führen kann.

Es ist daher Popper also zuzustimmen, wenn er im Rahmen des kritischen Rationalismus der Idee
einer ontologischen Wahrheitsgenerierung mithilfe des Induktionsschlusses eine klare Abfuhr erteilt.

Was aber ist Poppers Gegenvorschlag?

Wissenschaftliche Aussagen lassen sich nicht hundertprozentig beweisen (verifizieren). Aber Wissenschaftliche
sie lassen sich widerlegen (falsifizieren). Die Beobachtung von auch nur einem einzigen Aussagen
schwarzen Schwan widerlegt den Satz: „Alle Schwäne sind weiß“. lassen sich zwar
nicht mit absoluter
Aus diesem Grund erhebt Popper die Widerlegbarkeit zu einem zentralen Kriterium jeder Sicherheit
wissenschaftlichen Aussage. Eine wissenschaftliche Aussage muss falsifizierbar sein, also durch beweisen,
eine empirische Beobachtung angreifbar. Aussagen, die nicht falsifizierbar sind, sind demnach wohl aber
unwissenschaftlich. falsifizieren.

Damit geht eine veränderte Sprachkonvention einher: Man spricht nicht mehr unbedingt
davon, dass eine wissenschaftliche Aussage „wahr“ ist. Stattdessen sagt man mit jedem misslun- Wissenschaftliche
genen Versuch einer Falsifikation, dass die wissenschaftliche Aussage „weiterhin erhärtet“ wurde. Erkenntnisse
Umgekehrt führt eine Falsifikation dazu, dass eine wissenschaftliche Aussage „verworfen“ wird. sind nicht ontolo-
gisch „wahr“,
In diesem Sinne braucht man von nun an nicht auf induktive Schlüsse zu verzichten – aller- sondern lediglich
dings nur dann, wenn man die Ergebnisse nicht als Ontologie, sondern lediglich als proposi- „bisher nicht
tionales Wissen auffasst. Damit ist all jenes Wissen gemeint, das als „vorläufig gesichert“ gilt. widerlegt“.
Es könnte zwar durch eine einzige gelungene Falsifikation ein für alle Mal verworfen werden;
allerdings ist dies bislang nicht geschehen.

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33
Lektion 2

Jede Theorie oder Hypothese muss wiederholt dem Versuch einer Falsifikation durch Beob-
achtungen (man sagt auch: Beobachtungssätze/Basissätze) unterworfen werden. Existiert ein
Basissatz, der im Widerspruch zur wissenschaftlichen Aussage steht, gilt letztere als verworfen.
Wissenschaft muss sich also immer wieder aufs Neue an der Wirklichkeit messen lassen.

?
Fragen zur Selbstkontrolle

1. Welche Aussagen treffen zu?


Prüfen Sie Ihren
Wissensstand Wissenschaftliche Erkenntnisse werden durch Beweise ein für alle Mal gesichert.
Musterlösungen
†† Richtig
befinden sich auf
der Lernplattform †† Falsch
CLIX.
Jede wissenschaftliche Aussage muss laut Karl Popper falsifizierbar sein.
†† Richtig
†† Falsch

Deduktion heißt, dass vom Allgemeinen auf das Spezielle geschlossen wird.
†† Richtig
†† Falsch

Induktives Schließen bedeutet, dass Aussagen überprüft werden.


†† Richtig
†† Falsch

Karl Popper ist der bekannteste Vertreter des Kritischen Rationalismus.


†† Richtig
†† Falsch

Begrifflichkeiten sind wahr oder falsch.


†† Richtig
†† Falsch

Begrifflichkeiten unterliegen keinem Wahrheitskriterium, sondern einem Nützlichkeits-


kriterium. In ihnen schwingen immer theoretische Vorentscheidungen mit.
†† Richtig
†† Falsch

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34
Einige Meilensteine der Wissenschaftstheorie

Mit einem geeigneten Basissatz kann die Wissenschaft eine Erkenntnis endgültig als unzu-
treffend verwerfen.
†† Richtig
†† Falsch

Der Falsifikationismus kann falsifiziert werden.


†† Richtig
†† Falsch

Im Kritischen Rationalismus bedeutet wissenschaftlicher Fortschritt, dass man durch das


beständige Aufstellen und Verwerfen von wissenschaftlichen Aussagen der Objektivität
und Wahrheit immer näher kommt, auch wenn man letztlich niemals mit Sicherheit weiß,
ob man nun die Wahrheit gefunden hat.
†† Richtig
†† Falsch

2.3 Probleme des Falsifikationismus


Heutzutage werden die Wirtschaftswissenschaften zum Großteil vom kritischen Rationalis-
mus dominiert. An dieser Stelle soll aber auf drei Probleme des kritischen Rationalismus hin-
gewiesen werden; freilich ohne hierfür eine endgültige Lösung zu formulieren.

Definitionsproblem: Definitionsproblem
Es liegt in der Natur sowohl von Definitionen als auch von axiomatischen Aussagen, dass sie
grundsätzlich nicht falsifizierbar sind. Das Problem dabei ist, dass manchmal nicht klar ist, ob
ein Satz („Jeder Schwan ist weiß“) als wissenschaftliche Aussage gemeint ist oder als Definition
(Definiere „Schwan“ als weißes Tier der Klasse Aves Unterfamilie Anserinae und des Tribus Cygnus.
Nach dieser Definition wäre ein schwarzer Schwan kein Schwan.).

Das Basissatzproblem: Basissatzproblem


Wir haben festgestellt, dass der Widerspruch zwischen einer wissenschaftlichen Theorie („Alle
Schwäne sind weiß.“) und einem Basissatz („Im Zoo von Bad Honnef gibt es einen schwarzen
Schwan.“) eine wissenschaftliche Aussage falsifiziert. Das Basissatzproblem liegt nun darin,
dass der Basissatz selber wahr oder falsch sein kann (In Bad Honnef gibt es gar keinen Zoo!).
Man benötigt also ontologisch wahre Basissätze. Das Qualifizieren von Sätzen als ontologisch
wahr ist aber laut Popper unzulässig. In der Praxis gesteht man daher in der Regel allen sinnlich
wahrnehmbaren Beobachtungen zu, dass sie ontologisch wahr sind.

Das Problem der probabilistischen Aussagen: Problem der


In den Wirtschaftswissenschaften haben wir es beinahe ausschließlich mit probabilistischen probabilistischen
Aussagen zu tun. Damit sind Aussagen gemeint, die eine Wahrscheinlichkeit beschreiben. Aussagen

Beispiel: Die Philipps-Kurve ist ein einfaches ökonomisches Modell, das den Zusammenhang
zwischen Inflation und Arbeitslosigkeit beschreibt. Die Kurve selbst beschreibt zunächst nur,

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35
Lektion 2

wie die Inflationsrate und die Quote der Arbeitslosigkeit am wahrscheinlichsten zusammenfal-
len. Es handelt sich also um eine probabilistische Aussage und nicht etwa um ein Naturgesetz,
bei dem es einen kausalen Zusammenhang zwischen einer bestimmten Inflationsrate und
einer gewissen Arbeitslosenquote gibt. Üblicherweise werden real erhobene Datenpunkte
nicht direkt auf der Kurve liegen. Obwohl der Zusammenhang zwischen den Daten also nicht
exakt ist, gibt es – so die Behauptung der Modellverfechter – im Prinzip keine andere Kurve,
die näher an den empirischen Datenpunkten verlaufen wird.

Lassen sich Modelle wie die Philipps-Kurve überhaupt falsifizieren?

In der Wissenschaft kommt es vor, dass probabilistische Aussagen wie das Modell der Philipps-Kurve
verworfen werden. Das exakte Verfahren hierzu ist Gegenstand der sogenannten „statistischen
Testtheorie“ und soll hier nicht weiter vertieft werden. Nur so viel sei vorweggenommen: Jedes
Wahrscheinlichkeitsmodell erlaubt es, empirischen Beobachtungen eine bestimmte Wahr-
scheinlichkeit zuzuschreiben. Ist die empirische Beobachtung laut Wahrscheinlichkeitsmodell
unfassbar unwahrscheinlich, unterschreitet der empirische Befund also ein kritisches Wahr-
scheinlichkeitsniveau, dann gilt das Wahrscheinlichkeitsmodell als falsifiziert.

Beispiel: Wir nehmen an, unsere wissenschaftliche Hypothese lautet:


„Herr X kann nicht im Voraus wissen, was bei einem Würfelwurf herauskommt.“
Das bedeutet in der Sprache der Wahrscheinlichkeitsrechnung, dass Herr X bei einem Würfelwurf
nur mit einem Sechstel Wahrscheinlichkeit (ca. 16,7 %) die richtige Zahl vorhersagen kann –
nämlich durch raten. Die Wahrscheinlichkeit, dass Herr X (bei einem einzigen Durchgangsver-
such) gleich vier Mal hintereinander die richtige Zahl errät, beträgt deutlich weniger als 5 % (das
ist der kritische Wahrscheinlichkeitswert, an dem man sich in der Ökonomie traditionell orientiert).

Wenn nun Herr X auf Anhieb vier Mal hintereinander die richtige Zahl rät, dann ist der Basis-
satz: „Herr X hat eben auf Anhieb vier Mal hintereinander die richtige Zahl vorausgesagt“
richtig. Es ist extrem unwahrscheinlich, dass sowohl unsere Hypothese als auch dieser Basissatz
gleichermaßen wahr sind. Da der empirische Befund im Widerspruch zu unserer Hypothese
steht, gilt die Hypothese als falsifiziert und muss somit verworfen werden. Herr X kann also
doch einen Würfelwurf voraussehen.

?
Fragen zur Selbstkontrolle

1. Welche Aussagen treffen zu?


Prüfen Sie Ihren
Wissensstand Das Basissatzproblem besagt, dass man von empirischen Beobachtungen nicht auf das
Musterlösungen Ganze schließen darf.
befinden sich auf
†† Richtig
der Lernplattform
CLIX. †† Falsch

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36
Einige Meilensteine der Wissenschaftstheorie

In der Betriebswirtschaftslehre haben wir es sehr viel mit probabilistischen Aussagen zu


tun, die durch einen einzigen konträren Basissatz noch nicht grundsätzlich falsifiziert wer-
den können.
†† Richtig
†† Falsch

Gesetze und Theorien, die mit Wahrscheinlichkeitsaussagen verknüpft werden, bedürfen


spezieller Konventionen, wann sie als gescheitert und falsifiziert gelten. Diese Konventio-
nen sind Gegenstand der Statistik.
†† Richtig
†† Falsch

2.4 Max Weber und der Werturteilsstreit


Im Jahre 1909, die universitären Sozialwissenschaften im heutigen Sinne steckten noch in den
Kinderschuhen, brach auf einer Tagung des ,Verein für Socialpolitik‘ (sic!) eine Grundsatzdis-
kussion über das Verhältnis von Wissenschaft zu Werturteilen aus, deren Bedeutung weit über
die Fachgrenzen hinaus reichte und bis in die heutige Zeit auch für die wirtschaftswissen-
schaftlichen Disziplinen als grundlegend gilt. Ausgangspunkt war der Vortrag eines heute
weitgehend vergessenen Nationalökonomen, der über das „Wesen der volkswirtschaftlichen
Produktivität“ referierte. Seine Definition des „Volkswohlstands“ als höchsten „Wert“ rief den
prominenten Widerspruch des berühmten Soziologen Max Weber hervor, der die Unbrauch-
barkeit von solch normativen (normativ = auf das Sein-Sollen bezogenen) Begriffen vehement
kritisierte.

Max Weber postulierte (= forderte) die Wertfreiheit der Wissenschaft, also die Notwendigkeit, Max Weber
dass Zusammenhänge voraussetzungslos, unbefangen und ohne Werturteile darzulegen seien. forderte die
Wertfreiheit der
Die häufig deutlich wahrnehmbare wirtschaftspolitische Färbung von Professorinnen und Pro- Wissenschaft.
fessoren sind von Max Webers Warte aus gesehen also nicht tolerierbar. Die Wissenschaft
könne keiner Gesellschaft eine Lebensorientierung bieten und damit auch keine Anleitung zu
einer richtigen oder geglückten Wirtschaftspolitik. Wertfreie Wissenschaft bestehe höchstens
in der Analyse von Lebensorientierungen. In diesem Sinne möchte Max Weber auf das
Strengste die Erkenntnis des Seienden von der Forderung nach dem Sein-Sollen scheiden.

Natürlich bedeutet das nicht, dass Wissenschaft nach eigenem Gutdünken bloße Tatsachen-
feststellungen ansammelt. Weber erkennt durchaus an, „dass unsere Wissenschaft [...]
geschichtlich zuerst von praktischen Gesichtspunkten aus[geht].“ (Weber o. J., S. 23). In die-
sem Sinne arbeitet die Wissenschaft dem wirklichen Leben problemlösend zu. Die Betriebs-
wirtschaftslehre ist in ihrer Ausrichtung durchdrungen von Problemen, Herausforderungen
und Fragestellungen des wirtschaftlichen Alltags. Wissenschaft löst
keine Probleme,
Webers Postulat einer wertfreien Wissenschaft besagt zunächst nichts anderes, als dass die sie liefert die
Wissenschaft Erkenntnisse für Problemlösungen und Nebenfolgen (z. B. Zielkonflikte zwi- Erkenntnisse zur
schen Ökologie und Ökonomie) gewinnen solle. Aber: „Wissenschaft kann die Probleme Problemlösung

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37
Lektion 2

nicht entscheiden, sondern nur entscheidungsfähig aufarbeiten, indem sie empirische und
theoretische Alternativen artikuliert. Die Entscheidungen selbst müssen Politiker und Beamte
treffen, die dafür Verantwortung übernehmen müssen“, heißt es zum Weberschen Werturteils-
streit in Metzlers Philosophie-Lexikon (S. 658). Und wir dürfen hinzufügen, dass das Gesagte
erst recht für das Management eines Unternehmens gilt.

?
Fragen zur Selbstkontrolle

1. Suchen Sie im Internet nach mehreren Interviews des bekannten Ökonomen Hans-Werner
Prüfen Sie Ihren Sinn. Steht Hans-Werner Sinn Ihrer Meinung nach für einen Forscher weberianischen Typs?
Wissensstand
†† Ja
Musterlösungen
befinden sich auf †† Nein
der Lernplattform
CLIX.

2.5 Wertfreiheit und der Positivismusstreit


Max Webers Plädoyer im Werturteilsstreit wurde oft verkürzt aufgefasst. Geblieben ist die
zugespitzte Feststellung der grundsätzlichen Trennbarkeit von objektiven Aussagen über sozi-
ale Fakten auf der einen Seite und den subjektiven Werturteilen auf der anderen Seite. Ersteres
sei, so die verkürzte Rezeption Webers, das natürliche Betätigungsfeld der Wirtschaftswissen-
schaften, während Letzteres unbedingt konsequent zu meiden oder zumindest in den For-
schungsarbeiten gesondert zu markieren sei.

In anderen Worten: Im Rahmen des wissenschaftlichen Arbeitens müssen Sachaussagen deut-


lich von der Bewertung dieser Aussagen abgegrenzt werden.

Gegen diese Position wurden im deutschsprachigen Raum in den 1960ern im Rahmen des
Positivismusstreits gewichtige Argumente entwickelt. Der Positivismusstreit wurde zwischen
den Vertretern des Kritischen Rationalismus (unter anderem Karl Popper) und den Vertretern
der Kritischen Theorie (unter anderem Theodor Adorno) geführt, aber die wesentlichen Argu-
mente sind implizit auch eine Entgegnung auf Max Weber.

Beim Werturteilsstreit ging es hauptsächlich um die von den Anhängern der Kritischen Theorie
gegen Karl Popper gerichtete Kritik, dass in sozialen Belangen gar keine objektive Wahrheit
existiere. Folglich könne man sich auch nicht nach der Popperschen Art durch das Falsi-
fikationsprinzip durch viele kleine Schritte an diese – inexistente – Wahrheit annähern.

Vielmehr gelte in sozialen Dingen genau das Gegenteil – es herrscht, so die Position der Kriti-
schen Theoretiker, eine Art Identität von sozialer Realität und Bewusstsein: Unsere soziale
Welt prägt unser Bewusstsein fast vollständig und unser Bewusstsein steckt ab, in welchem
Rahmen wir unsere soziale Realität sich entwickeln lassen und was dabei als soziale Wahrheit
anerkannt wird.

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38
Einige Meilensteine der Wissenschaftstheorie

Die Kritische Theorie insistiert darauf, dass die Funktion der Sozialwissenschaften darin bestehe, Kritik an der
über diese Bewusstseinsbegrenzungen unserer Gesellschaft hinauszudenken. Nur so könne eine Wertfreiheit der
Gesellschaft in ihren Zielformulierungen autonom von alten Denkgewohnheiten werden. Dazu Wissenschaft:
bedarf es aber einer wertenden, kritischen Wissenschaft, die keine Scheu vor normativen Aussagen Gerade die Sozial-
habe. Die Forschungsprogramme sollten sehr wohl soziale Wahrheiten ebenso einbeziehen wie wissenschaften
Utopien und persönliche Vorstellungen über den Idealzustand einer Gesellschaft. müssen werten,
um ihren Auftrag
Die Position des Kritischen Rationalismus führe hingegen, so die Kritik, nur zu einer verwal- zu erfüllen.
tungsmäßigen Welt kleinster reformerischer Schritte. Das Sammeln von positivistischen Daten
und Fakten lasse die großen und wichtigen Zusammenhänge außer Acht, die stets normativer
Natur seien.

Bis heute ist bezüglich der Frage nach dem Verhältnis von Wissenschaft und Werturteil in der
Wissenschaft keine gemeinsame Position zu finden. Vielmehr ist und bleibt die Wissenschafts-
gemeinschaft in Hunderte von Denkschulen zersplittert – auch in der Wissenschaftstheorie.
Dennoch ist es gerade in Deutschland dem Positivismusstreit zu verdanken, dass in den Sozial-
und Wirtschaftswissenschaften bezüglich des Postulats einer werturteilsfreien Wissenschaft
heute eine ausgewogene Haltung anzutreffen ist.

Über folgende Punkte herrscht in den Sozial- und Wirtschaftswissenschaften weitgehend Einigkeit:

• Sachaussagen und normative Aussagen lassen sich gar nicht sauber trennen, weil viele
Aussagen und Begrifflichkeiten eine Mischung aus beiden sind. Die meisten Begriffe
unserer Sprache sind grundsätzlich mit Wertvorstellungen aufgeladen. Auch die For- Sprache
schenden treibt jeweils ein ganz persönliches Forschungsinteresse, in das individuelle und ist nicht wertfrei.
kollektive Ordnungsvorstellungen mit einfließen. Ohne Vermischung von Werten und
Sachaussagen können gerade sozialwissenschaftliche Theorien zudem leicht missbraucht
werden.

• Zugleich müssen aber Sachaussagen und normative Argumente in unterschiedlicher Art Niemand
und Weise entwickelt und diskutiert werden. Es ist verstärkt darauf zu achten, dass eigene ist wirklich
Wertüberzeugungen nicht die Sachanalyse verfälschen. Heutzutage wird man das Postulat objektiv.
der Wertfreiheit in der Wissenschaft weitgehend so verstehen, dass Werte sowohl bei der
Themenwahl als auch bei der Einbettung einer Forschung in ein größeres, sinnstiftendes
Ganzes im Vordergrund stehen. Bei der Ausführung der Forschung selbst, bei der Analyse
und der Sachauseinandersetzung wird man aber weitgehend auf wertfreie Arbeit setzen.

?
Fragen zur Selbstkontrolle

1. Welche der folgenden Sätze stimmen?


Prüfen Sie Ihren
In Begrifflichkeiten stecken meistens wertende Vorannahmen. Man ist sich dessen oft Wissensstand
nicht bewusst. Musterlösungen
befinden sich auf
†† Richtig
der Lernplattform
†† Falsch CLIX.

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39
Lektion 2

Wertfreie Wissenschaft im Sinne einer absoluten normativen Neutralität ist gar nicht
möglich.
†† Richtig
†† Falsch

In der Forschung sollte ich bei der Durchführung meiner Analyse versuchen, mit Wertun-
gen zurückhaltend zu sein. „Unbefangenheit“ ist eine wissenschaftliche Tugend.
†† Richtig
†† Falsch

Zusammenfassung

Vielleicht sind Sie von dieser Lektion enttäuscht. Viele Fragen wurden aufgeworfen,
Ihr Vertrauen in die Wissenschaft womöglich erschüttert. Es ist fast nur von Proble-
men die Rede, ohne dass gebrauchsfertige Lösungen angeboten würden. Es gibt also
praktisch nichts in dieser Lektion, was auswendig zu lernen sich lohnen würde.

Wenn Sie dieses Gefühl haben, dann hat diese Lektion ihren Sinn erfüllt. In der
Wissenschaft muss man einen kritischen Geist haben, der auch – und gerade – vor der
Kritik am eigenen Tun nicht halt macht. Ein Beschönigen oder Verheimlichen der
Probleme in der Wissenschaft wäre sogar unredlich.

Da diese Lektion Sie dazu ermutigt, „die Wissenschaft“ zu hinterfragen, dient sie in
gewisser Weise Ihrer Persönlichkeitsbildung. Was sie aus dieser Lektion mitnehmen
können, ist ein Stück Wissenschaftskultur.

CLIX Wissenskontrolle

Wissenskontrolle
Haben Sie diese Lektion verstanden?
im Internet
Hervorragend. Dann kontrollieren Sie bitte jetzt Ihre Lernfortschritte auf unserer
Erfassen Sie Ihre
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Viel Erfolg!

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40
Lektion 3 te l l u n g e n
n u n d Fra g e s
Auss a g e

LERNZIELE

Nach der Bearbeitung dieser Lektion werden Sie wissen, …


…… was eine „wissenschaftliche Aussage“ ist.
…… was der Begriff „Fragestellung“ genau bedeutet.
Lektion 3

3. Aussagen und Fragestellungen

Aus der Praxis Der Begriff der „Fragestellung“ ist für jede wissenschaftliche Arbeit von zentraler Bedeutung.
Die Fragestellung ist das Leitmotiv einer solchen Arbeit. Sie beinhaltet das, was bisher nicht
gewusst wird und was daher durch die wissenschaftliche Arbeit herausgefunden und beschrieben
werden soll. Sämtliche Argumente, Demonstrationen, Erörterungen und Ausführungen einer
wissenschaftlichen Arbeit dienen der Beantwortung dieser Leitfrage.

Die Fragestellung Während die Fragestellung der strukturierende rote Faden einer wissenschaftlichen Arbeit ist,
ist der rote Faden stellt die Nutzung wissenschaftlicher Aussagen ein Gebot dar, welches Argument um Argu-
einer wissen- ment unbedingt einzuhalten ist. Wissenschaftliche Aussagen sind also der feinmechanische
schaftlichen Arbeit. Schrittmacher einer wissenschaftlichen Abhandlung. Aber auch für die großen Aussagen einer
Arbeit, ob sie nun „Zwischenfazit“, „Theorem“ oder „Teilergebnis“ heißen, muss gelten: Es
sind ausschließlich Aussagen erlaubt, die dem Adjektiv „wissenschaftlich“ im Sinne von „falsi-
fizierbar“ gerecht werden.

Um ein Missverständnis gleich im Vorfeld auszuräumen: Natürlich arbeiten wissenschaftliche


Texte sowohl mit deskriptiven Aussagen („Die Zahl der Unternehmenspleiten hat in den
letzten drei Jahren zugenommen.“) als auch mit erklärenden Aussagen („Produzenten passen
ihre Angebotsmenge dem Marktgleichgewicht an, weil das ihren Gewinn maximiert.“) und
sogar mit normativen, nicht falsifizierbaren Handlungsempfehlungen („Unternehmen sollten
aus Gründen der Biodiversität freiwillige Umweltstandards einhalten.“). Aber in den großen
Hauptlinien muss die Demonstration einer These in jedem Element falsifizierbar sein.

3.1 W
 issenschaftliche Aussagen und das Kriterium der Über-
prüfbarkeit
Der Kritische Rationalismus mit seinem Falsifikationismus ist für die alltägliche wissenschaft-
liche Arbeit eine solide Grundlage. Wir wollen uns daher im Folgenden auf den Standpunkt
begeben, dass wir niemals wissen können, ob eine wissenschaftliche Erkenntnis oder Theorie
im ontologischen Sinne „wahr“ ist. Wir können aber sehr wohl feststellen, dass eine vermeint-
liche Erkenntnis oder Theorie ontologisch falsch ist.

Eine Aussage Aus dieser Perspektive ist eine Aussage dann – und nur dann – „wissenschaftlich“ zu nennen,
ist unwissen- wenn sie grundsätzlich falsifizierbar ist. „Alle Schwäne sind weiß“ lässt sich durch die
schaftlich, wenn Beobachtung eines einzigen schwarzen Schwans widerlegen.
sie nicht
falsifizierbar ist. Eine Aussage ist hingegen unwissenschaftlich, wenn es in der Natur der Sache liegt, dass sie
grundsätzlich nicht falsifizierbar ist. Unwissenschaftliche Aussagen umfassen also beispiels-
weise Sätze wie: „Die Evolution ist der Wille Gottes“, denn es ist überhaupt nicht klar, wie eine
solche Aussage falsifiziert werden könnte. Auch eine Aussage wie „Vor dem Urknall gab es
schon einmal ein Universum“ ist eine spekulative Aussage, die prinzipiell nicht an der Empirie
(= sinnliche Erfahrungswelt, direkte, gegenständliche Wirklichkeit) scheitern kann. Diese Aus-
sage ist im Sinne des Falsifikationismus keine wissenschaftliche Aussage.

Zu den nichtwissenschaftlichen Aussagen zählen auch Tautologien. Das sind Sätze, die allein
aus logischen Operationen heraus sofort wahr sind: „Wenn der Hahn kräht auf dem Mist,
ändert sich das Wetter, oder es bleibt wie es ist.“

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42
Aussagen und Fragestellungen

Manchmal sind Tautologien gar nicht so leicht als solche zu erkennen. Besonders, wenn sie Eine Tautologie
nicht die grammatikalische Form eines einzigen Satzes haben, sondern sich als Aussage erst kann sich
über mehrere Abschnitte ergeben. Nehmen wir an, sie interessieren sich für den Zusammen- über ganze
hang zwischen Schwarzarbeit und Wirtschaftswachstum. Die Schwarzarbeit können Sie nicht Argumentations-
direkt messen. Sie schätzen sie daher proportional zur allgemeinen Steuerhinterziehung. In stränge hinziehen.
einem Aufsatz zu Staatsfinanzen finden sie tatsächlich eine Tabelle über das Volumen der
gemutmaßten Steuerhinterziehung der letzten Jahre. Nun stellen sie in ihrer Analyse fest, dass
das Bruttosozialprodukt und die Schwarzarbeit einen positiven linearen Zusammenhang
haben. Wenn Sie jetzt übersehen haben, dass in dem besagten Aufsatz die Steuerhinterziehung
ebenfalls nicht direkt gemessen worden ist, sondern über eine lineare Schätzgleichung aus dem
Bruttosozialprodukt ableitet wurde, dann haben sie, ohne es zu merken, eine tautologische
Beweisführung vorgenommen.

Wissenschaftliche Aussagen müssen also scheitern können. Solange sie das nicht tun, bezeich-
net man sie als „vorläufig wahr“. Jeder Falsifikationsversuch, der erfolglos bleibt, „erhärtet“
den Befund. Doch obwohl ein Befund beliebig erhärtet werden kann, wird er dadurch niemals
zu einer endgültigen „Wahrheit“.

?
Fragen zur Selbstkontrolle

1. Welche der folgenden Aussagen ist keine Tautologie?


Prüfen Sie Ihren
Es regnet oder es regnet nicht. Wissensstand
Musterlösungen
†† Tautologie
befinden sich auf
†† Keine Tautologie der Lernplattform
CLIX.
2+2=4
†† Tautologie
†† Keine Tautologie

Alle von uns überprüften Exporte gingen ins Ausland.


†† Tautologie
†† Keine Tautologie

4 ist definiert als Symbol für die Summe 1 + 1 + 1 + 1.


†† Tautologie
†† Keine Tautologie

Ralf mag sein Lieblingstier.


†† Tautologie
†† Keine Tautologie

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43
Lektion 3

3.2 Einige Begrifflichkeiten


In der Wissenschaft ist immer wieder die Rede von Theorien (auch: Hyper- und Metatheorien),
von Thesen, Sätzen, Lemmas, Hypothesen, Theoremen und Argumenten. Häufig wird ver-
sucht, zwischen diesen Begriffen zu unterscheiden. Dabei wird meistens die Idee einer Größen-
ordnung bemüht, etwa die, dass mehrere zusammenhängende Thesen eine Theorie bilden.

Eigentlich handelt es sich bei dieser Begriffsvielfalt um den Versuch, die Klasse der „wissen-
schaftlichen Aussagen“ weiter zu untergliedern. Allerdings beruht kein Versuch einer weiteren
begrifflichen Untergliederung auf wissenschaftstheoretisch klar zwingenden Kriterien. Anders
gesagt: Die begriffliche Unterteilung von „wissenschaftlichen Aussagen“ ist etwas willkürlich,
deklaratorisch und vor allem eine Definitionsfrage, die von Buch zu Buch variiert. Es gilt auch
hier der Satz, dass Begrifflichkeiten zunächst einmal keinem Wahrheitskriterium, sondern
einem Nützlichkeitskriterium unterliegen.

Bitte fassen Sie die folgenden Wortbeschreibungen daher nur als einen groben Orientierungs-
rahmen auf. Haben Sie Vertrauen in Ihre Intuition – Sie werden im Laufe Ihres Studiums ganz
intuitiv ein Gefühl für die Wortverwendung entwickeln.

Definition Definition: Eine Definition ist eine kurze wesensmäßige Präzisierung eines Begriffs und dient der
Abgrenzung von anderen Begriffen. Es gibt viele Definitionsversuche des Begriffs Definition.

Axiom Axiom: Unter einem Axiom versteht man einen grundlegenden sowie unhinterfragbaren Aus-
gangssatz. Unhinterfragbar bedeutet in diesem Zusammenhang lediglich, dass man das Axiom
entweder anwendet oder auf seine Anwendung verzichtet. Meistens spricht man von Axiomen,
wenn man besonders strikt formalisierte Systeme von Aussagen hat, etwa in der Logik oder in
der Statistik.

Beispiel: Das logische Axiom „tertium non datur“ bedeutet, dass entweder die Aussage A
stimmt oder aber ihr Gegenteil. Es kann kein Drittes wahr sein. Es findet klassischerweise in
allen Wissenschaften Anwendung. Der Logiker L. Brouwer (1908) hat unter Verzicht dieses
Axioms ein alternatives logisches System erstellt, das in der Folge vollkommen ohne Wider-
spruchsbeweise auskommen muss.

Ausgangs- Ausgangshypothese: Unter einer Ausgangshypothese versteht man eine Vermutung über das
hypothese Bestehen einer Gesetzmäßigkeit. Die Vermutung hat den Charakter einer Vorannahme, die
man teilen kann oder nicht, die aber z. B. im Rahmen einer Untersuchung ungeprüft fest-
gelegt wird. Eine Ausgangshypothese ist im Rahmen einer Untersuchung einem Axiom nicht
unähnlich. So arbeiten weite Teile der Ökonomie unter der Ausgangshypothese des homo
oeconomicus, wenngleich in anderen sozialwissenschaftlichen Bereichen die These, der
Mensch sei ein homo oeconomicus, verworfen wurde.

Hypothese/These Hypothese/These: Wissenschaftliche Antworten auf eine Fragestellung werden gerne als
Hypothese oder These bezeichnet. Dies gilt besonders dann, wenn sie noch nicht sehr erhärtet
sind und unter Fachkollegen kontrovers diskutiert werden.

Satz/Gesetz Satz/Gesetz: Mehrere Argumente und erhärtete Thesen, die über einen Spezialfall hinausge-
hen, nennt man einen Satz. Weil der Satz über mehr als einen Spezialfall hinausgeht, kann
man von einem Satz mittels induktiven Schließens Schlüsse ziehen.

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44
Aussagen und Fragestellungen

Lemma: Von einem Lemma spricht man gelegentlich in der Mathematik und in der Statistik. Lemma
Ein Lemma ist ein Hilfssatz. Es wird meistens zur argumentativen Vorbereitung und zum
Beweis eines wichtigen Satzes verwendet. Die Unterscheidung zwischen einem Satz und einem
Lemma ist subjektiv.

Korrolar: Ein Korrolar ist eine logisch sofort zwingende Schlussfolgerung aus einem Satz. Korrolar
Korrolare werden in der Statistik und Mathematik oftmals benutzt, um die Anwendungsbe-
deutung eines Satzes zu unterstreichen. Beispiel: Jedes Polynom n-ten Grades hat höchstens n
paarweise verschiedene, reelle Nullstellen. Korrolar: Das Polynom x2 hat höchstens zwei reelle
Nullstellen.

Theorem: Hat sich ein Satz etwas „erhärtet“, spricht man gerne von einem Theorem. Theorem

Theorie: Wenn mehrere thematisch ähnlich gelagerte Theoreme es erlauben, zu einem Theorie
bestimmten Gegenstandsbereich/Thema auf vielschichtige Weise Stellung zu beziehen, dann
spricht man von einer Theorie. Theorien sind somit „Gesetzessammlungen“.

Natürlich wird man von einer Theorie verlangen, dass sie in sich widerspruchsfrei ist. Eine
Theorie darf selbstverständlich Anlass für neue Fragestellungen und weiteren Forschungsbe-
darf sein.

Großtheorien: Theorien, die derart umfänglich sind, dass sich aus ihnen disziplinüber- Großtheorien
greifende Aussagen ableiten lassen, werden manchmal als Großtheorien bezeichnet. Sie werden
auch als „Ideologie“ bezeichnet, wobei man diesen Begriff keinesfalls im Sinn eines abwerten-
den politischen Kampfbegriffs verstehen darf, sondern eher im Sinne einer „Denkbrille“ oder
„Weltanschauung“.

?
Fragen zur Selbstkontrolle

1. Könnte der folgende Satz als eine These bezeichnet werden?


Prüfen Sie Ihren
Große Organisationen bewältigen einen Strukturwandel ihrer internen Abläufe langsamer Wissensstand
als kleine Organisationen. Musterlösungen
befinden sich auf
†† Ja
der Lernplattform
†† Nein CLIX.

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45
Lektion 3

3.3 Von der Problematik zur Fragestellung


Wissenschaft ist ein Erkenntnissystem. Erkenntnisse sucht der Mensch, um Probleme zu lösen.
Insofern ist Jürgens zuzustimmen: „[F]orschung ist ein problemlösendes Handeln“ (Jürgens
1990, S. 13).

Häufiges Erkenntnisinteresse der Forschung ist es, die Lebensbedingungen von Menschen zu
verbessern. Die realen Probleme des Lebens bestimmen den Blick der betriebswirtschaftlichen
Forschung. Wer etwa den Zusammenhang zwischen Arbeitszufriedenheit und Gehalt unter-
sucht, möchte einen Beitrag gegen das Problem unzufriedener Belegschaften leisten, die
unproduktiv werden oder sogar innerlich kündigen und nur noch „Dienst nach Vorschrift“
tun. Wer die betrieblichen Bedingungen für die Innovation im demografischen Wandel unter-
sucht, will die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen sichern, deren Belegschaft im Durch-
schnitt immer älter wird. Wer das Risiko einer Investition untersucht, möchte den am Unter-
nehmen beteiligten Menschen das Erlebnis einer Firmenpleite ersparen.

Im Gegensatz zu Somit ist jede Fragestellung, die einer wirtschaftswissenschaftlichen Arbeit zu Grunde liegt,
reinen Wissens- immer problemorientiert. Das unterscheidet eine wissenschaftliche Fragestellung von einer
fragen deskriptiven Fragestellung oder einer reinen Wissensfragen wie zum Beispiel:
ist eine wissen-
schaftliche Frage- „Wie heißt der Gründungspräsident des Bundes der Deutschen Industrie?“
stellung immer
problemorientiert. Eigentlich sollte dies eine Binsenweisheit sein, aber bis heute kann man immer wieder Dis-
sertationen lesen, die sich in seitenlanger Deskription zu einem gestellten Thema ergießen, ohne
dass diese problemorientiert erfolgt. Um es hier deutlich zu sagen: Reine Deskription ist hoch-
gradig unwissenschaftlich und führt zur Ablehnung oder zumindest zur massiven Abwertung
einer studentischen Arbeit. Wer nur Wissensfragen beantwortet, betreibt keine Wissenschaft.
Deskription darf nur zu dem Zwecke erfolgen, Argumente mit Hilfe von Belegen zu unter-
mauern und damit die Beantwortung einer wissenschaftlichen Fragestellung voranzutreiben.

Diese Fragestellung ist für jede wissenschaftliche Arbeit konstitutiv. Die Fragestellung fungiert
in einem wissenschaftlichen Text als „roter Faden“. Wem es nicht gelingt, eine gute Frage-
stellung – das heißt, eine problemorientierte Fragestellung – zu entwickeln, dem kann unter
keinen Umständen eine gute wissenschaftliche Arbeit gelingen.

Die Fragestellung muss nicht unbedingt explizit die Form eines Fragesatzes haben, der mit
einem Fragezeichen endet. Oftmals steckt die Fragestellung einer Arbeit implizit in einem
längeren Textabschnitt. Sie können sich aber darauf verlassen, dass bei der Begutachtung Ihrer
Arbeit die Fragestellung herausgearbeitet und explizit vermerkt wird.

Die untersuchte Problemstellung sollte relevant und einigermaßen bedeutsam sein. Um dies
zu verdeutlichen, sollten Sie die Relevanz Ihrer Arbeit explizit darlegen und begünden. Die
Bedeutsamkeit einer Problemstellung kann daraus resultieren, dass das Problem im wirklichen
Leben gewichtig ist (Arbeitslosigkeit). Aber auch ein unbefriedigender wissenschaftlicher
Zustand (etwa ein methodisches oder theoretisches Defizit oder Desiderat) kann bedeutungs-
voll sein. So ist beispielsweise die Pflanzenwelt auf Teneriffa bezogen auf das globale Ökosys-
tem wahrscheinlich kein gewichtiger Faktor. Allerdings finden sich auf Teneriffa seltene evolu-
tionäre Zwischenformen, die für die Systematik der Botanik wichtig sind und daher

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46
Aussagen und Fragestellungen

beispielsweise für Fragestellungen in der Genetik relevant werden könnten. Üblicherweise


werden Problemstellungen beide Aspekte enthalten: ein Problem, das sich im wirklichen
Leben stellt, und wissenschaftsinhärente (inhärent = innewohnend) Probleme.

Schließlich noch einige praktische Tipps zur Identifizierung einer Problemstellung und Ent-
wicklung einer eigenen Fragestellung:

• Widmen Sie sich nur Problemen, die Sie auch bearbeiten können. Viele Abschlussar-
beiten scheitern daran, dass der Kandidat der Versuchung nicht widerstehen kann, sich
mit fundamentalen Problemen und Begriffen seine Faches auseinanderzusetzen. Eine
gute Arbeit wird Anerkennung finden, egal wie eng sie thematisch abgesteckt worden ist.
Wenn schon fundamentale Problemstellungen herausgegriffen werden, dann sollten sie
unbedingt auf einen überschaubaren Bereich eingegrenzt werden (z. B. Innovation im
demografischen Wandel am Beispiel altersgemischter Teams im Vertrieb – eine Vergleichs-
studie von Volkswagen und Toyota).

• Wählen Sie nur solche Problemstellungen, zu deren Bearbeitung Sie Quellen finden, die
Sie auch rezipieren können. Meiden Sie Themen, die mit einer zu großen kulturellen
Distanz zu Ihrer persönlichen Situation einhergehen (Eco 2002). Wer ohne Französisch-
kenntnisse, Geschichtsstudium oder sonstigen Kenntnissen des 18. Jahrhunderts das
Tableau économique des Physiokraten François Quesnay zur schematischen Darstellung
des Wirtschaftskreislaufs untersuchen will, begibt sich auf ein Terrain, auf dem er fast
zwingend scheitern muss.

?
Fragen zur Selbstkontrolle

1. Welche Aussagen treffen zu?


Prüfen Sie Ihren
Deskriptive Aussagen sind in der Wissenschaft verboten. Wissensstand
Musterlösungen
†† Richtig
befinden sich auf
†† Falsch der Lernplattform
CLIX.
Jede wissenschaftliche Abschlussarbeit benötigt eine Problematik und eine daraus entwi-
ckelte Fragestellung.
†† Richtig
†† Falsch

2. Lesen Sie folgende zwei Zusammenfassungen von fiktiven studentischen Arbeiten durch.

(A) Ein Student will wissen, ob es sich für die Firma McDonald's auszahlen würde, den
Kundenservice mit der Einführung eines Heimlieferdienstes auszuweiten. Nach einer eher
philosophischen Betrachtung über Dienstleistung und Kundenservice gelangt er durch
theoretische Überlegungen, die starke argumentative Schwächen haben, zu dem Schluss,
dass ein Heimlieferdienst vermutlich keine gute Idee darstellt (in Anlehnung an Sachs/
Hauser 2002, S. 33).

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47
Lektion 3

(B) Ein Student führt eine Umfrage bei McDonald's und bei Burger King durch, bei der
er die jeweilige Kundschaft nach dem Wohnort befragt. Er operationalisiert den Wohnort
dabei durch eine fünfstellige Postleitzahl. Mit Hilfe eines Statistik-Programms erstellt er
Boxdiagramme, die die Herkunft nach Stadtteilen für beide Restaurantketten darstellt. Er
bespricht fehlerlos, wo die größten geografischen Überlappungen sind.

B hat eine viel exaktere Methode und ist daher wissenschaftlicher als A.
†† Richtig
†† Falsch

A enthält eine Problematik, eine Fragestellung und eine Hypothese und genügt daher
vermutlich den Ansprüchen einer wissenschaftlichen Arbeit.
†† Richtig
†† Falsch

B enthält eine Problematik, eine Fragestellung und eine Hypothese und genügt daher
vermutlich den Ansprüchen einer wissenschaftlichen Arbeit.
†† Richtig
†† Falsch

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48
Aussagen und Fragestellungen

Zusammenfassung

Sie haben in dieser Lektion gelernt, dass eine Problematik und eine daraus abgeleitete
Fragestellung unabdingbar für eine wissenschaftliche Arbeit sind. Aber sind alle
Arbeiten an der Uni eine „wissenschaftliche Arbeit“?

Im täglichen Lehrbetrieb kommt es oftmals vor, dass Teilleistungen gefordert werden,


die keine wissenschaftliche Arbeit darstellen. Dies ist zum Beispiel bei Klausuren der
Fall, oder bei manchen technischen Papieren, in denen Sie eine komplexe Theorie in
eigenen Worten wiedergeben. Auch Aufsätze können durchaus von dem hier beschrie-
benen wissenschaftlichen Text abweichen, etwa wenn dezidiert ein Essay gewünscht
wird. Aber die wichtigsten Texte Ihres Studiums, etwa Semesterarbeiten oder die
Bachelorarbeit, werden den oben beschriebenen Kriterien von Wissenschaftlichkeit
voll und ganz genügen müssen, wenn Sie damit gute Erfolge erzielen wollen.

Wissenskontrolle CLIX

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49
Lektion 4
D i e R e z e p t i o n
f t l i c h e r Tex te
wissenscha

LERNZIELE

Nach der Bearbeitung dieser Lektion …


…… w
 issen Sie mit Hilfe von welchen Techniken Sie das Wesentliche aus
wissenschaftlichen Texten herausfiltern können.
…… w
 issen Sie, wie dadurch die wissenschaftliche Kommunikation
besser gestaltet wird.
…… wissen Sie, wie Sie bei der Rezeption Zeit sparen.
Lektion 4

4. Die Rezeption wissenschaftlicher Texte

Aus der Praxis In dieser Lektion wollen wir herausarbeiten, wie „richtiges Zuhören“ funktioniert. Unter
„Zuhören“ wollen wir – ausnahmsweise entgegen der eigentlichen Wortbedeutung – sowohl
das Hinhören bei einem Vortrag als auch das Lesen eines wissenschaftlichen Textes verstehen.

„Richtiges Zuhören“ bedeutet keinesfalls, sich passiv zu verhalten und es einfach nur zuzulas-
sen, das vom Gehörten etwas hängen bleibt und auf diese Weise eigene Gedanken anregt.

Es bedeutet auch nicht, darauf zu vertrauen, dass das, was hängen bleibt, auch tatsächlich die
wichtigsten Aspekte des Vortrags waren. Wenn Sie „richtig“ zuhören, haben Sie bereits im Vor-
feld eigene Fragestellungen formuliert, mit denen Sie das Gehörte abgleichen. Sie mögen zwar
nach außen hin passiv wirken, in Wahrheit ist Zuhören aber ein extrem aktiver Vorgang. Aus
Aktives Zuhören diesem Grund wird „richtiges Zuhören“ fortan auch als aktives Zuhören beziehungsweise
auch als „aktives Lesen“ bezeichnet.

4.1 A
 ktives Lesen: Problematik, Fragestellung und Hypothese
feststellen
Die erste Aufgabe, die Sie sich selber stellen sollten, ist die Frage nach dem großen Anliegen
eines Vortrags/Textes. Sie haben bereits gelernt, was eine Problematik beziehungsweise eine
wissenschaftliche Fragestellung ist. Stellen Sie sich also die Fragen:

• Welche Thematik greift der Autor auf?


• Was ist die Problematik, die er entwickelt?
• Welche Fragestellungen formuliert er?
• Welches Ziel verfolgt er?

Bedenken Sie dabei: „Verstehen“ heißt nicht unbedingt „einverstanden sein“. Besonders wenn
Sie feststellen, dass der Autor auf einigen wirtschaftspolitischen Grundannahmen (Ausgangs-
hypothesen) aufbaut, die Sie nicht teilen oder die Sie etwas differenzierter sehen: Sie sollten
dennoch versuchen, sich auf die vorgelegten Grundannahmen einzulassen und, ausgehend
von dieser Fragestellung, die Antwortvorschläge (Hypothesen) herauszufiltern.

„Explizit“ ist dabei die zentrale Vokabel, auf die nachdrücklich Wert gelegt werden will. Oft-
Versuchen Sie mals wird ein Redner in einem Vortrag seine Leitfragestellung nicht explizit in der Form eines
die Leitfrage eines Fragesatzes nennen. Vielmehr steckt die Fragestellung implizit und manchmal auch durchaus
Textes herauszu- verwaschen im Text. Es ist Ihre Aufgabe, diese Fragestellung herauszuarbeiten.
arbeiten.
Am besten, Sie formulieren diese explizit als Fragesatz oder in Form von zwei bis drei Aussa-
gesätzen. Dabei kommt es weniger auf die sprachliche Ausgestaltung an. Wichtig ist, dass Sie
für sich selbst die wissenschaftliche Fragestellung so explizit wie möglich formulieren können.

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52
Die Rezeption wissenschaftlicher Texte

Beispiel
Der auf den ersten Blick deskriptiv anmutende Titel „Darstellung der Herausforderung für
Zeitungsannoncen im Zeitalter des Internets“ enthält bereits implizit die Frage, wie die klassi-
schen Printmedien in Zeiten von abnehmenden Leserzahlen weiterhin mit den Mitteln von
Werbung und Inseraten finanziert werden können.

Dieser Schritt – das Herauslesen impliziter Fragestellungen – wird für Sie später sehr wichtig wer-
den, wenn Sie sich für die Ausarbeitung einer wissenschaftlichen Arbeit auf Literatursuche begeben.
Sind Sie nämlich darin geübt, einen Text aktiv zu lesen und sowohl Problematik wie auch Frage-
stellung schnell und explizit zu benennen, dann werden Ihnen folgende Aufgaben leicht fallen:

• Das schnelle Identifizieren der Problematik in einem Text erlaubt es Ihnen, bei der
Recherche gefundenes Material effizient auf seine Brauchbarkeit hin zu überprüfen.

• Das explizite Benennen der Fragestellung ist ungemein hilfreich, um den exakten Inhalt
einer wissenschaftlichen Debatte zu identifizieren. Zu einem Themenfeld gibt es oftmals
mehrere Fragestellungen. Kann man Fragestellungen von Vorträgen und Texten zielsicher
identifizieren, wird man schnell erkennen, welche großen Fragestellungen ein bestimmtes
Themenfeld konstituieren.

Die Hauptaufgabe der Forschung besteht darin, auf die (implizit oder explizit gestellten) Fra-
gen Antworten zu finden und dadurch neues Wissen zu generieren.

Wenn Sie also einen Vortrag hören oder einen wissenschaftlichen Text lesen, dann wird es im
Idealfall zu der Fragestellung auch eine Antwort geben. Im Sinne des kritischen Rationalismus
muss es sich bei diesen Antworten allerdings immer um falsifizierbare Aussagen handeln, die
nie Endgültigkeitscharakter erlangen können. Es macht daher Sinn, nicht unbedingt von einer
„endgültigen Antwort“, sondern von einer „Hypothese“ zu sprechen.

Aktives Zuhören umfasst also:

• Das Identifizieren der Problematik.


• Die explizite Formulierung der Fragestellung.
• Das Herausfiltern der Hypothese, die die Antwort auf die Fragestellung vorschlägt.

?
Fragen zur Selbstkontrolle

1. Füllen Sie bitte folgenden Lückentext aus:


Prüfen Sie Ihren
Beim Zuhören sollte man sich bemühen, drei Dinge in einem Vortrag Wissensstand
Musterlösungen
zu identifizieren: , Fragestellung und Hypothese. Dabei ist zu beach- befinden sich auf
der Lernplattform
ten, dass die Fragestellungen oftmals nicht formuliert sind oder sogar CLIX.

die Form eines Fragesatzes haben. Vielmehr steckt die Frage meist nur implizit in einem Text.

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53
Lektion 4

4.2 Die Gliederung erfassen und verstehen


Das aktive Zuhören soll Ihnen nicht nur ermöglichen, Ihre Zeit besser zu nutzen und einen
Mehrwert aus Ihrer Zuhörerrolle zu ziehen. Durch aktives Zuhören schulen Sie sich selbst und
setzen den Grundstein zu erfolgreichen eigenen Vorträgen und Texten. Wir wollen im
Folgenden der Frage nachgehen, warum eine gute Gliederung so wichtig ist und welche Rolle
das aktive Zuhören für die Erstellung einer Gliederung spielen kann.

Die studentische Abschlussarbeit stellt den Prototyp aller wissenschaftlichen Arbeiten (Disser-
tation, Vortrag, Fachaufsatz, …) dar. Deshalb werden die Begriffe „wissenschaftliche Arbeit“
und „Abschlussarbeit“ oft auch synonym verwandt.

Wenn nun ein erfahrener Hochschullehrer eine studentische Arbeit bewerten soll, geht er
dabei meist wie folgt vor:

Zunächst liest er den Titel der Arbeit und denkt einige Sekunden darüber nach, welche inhalt-
liche Stoßrichtung er unter diesem Titel erwartet.

Die Gliederung Anschließend schlägt er das Inhaltsverzeichnis beziehungsweise die Gliederung auf und stu-
spiegelt eine diert diesen Abschnitt eingehend. Es ist durchaus keine Seltenheit, dass dieser Arbeitsgang
wissenschafltiche mehrere Minuten in Anspruch nimmt. Die Idee hinter dieser Vorgehensweise ist, dass jede
Arbeit in gute Gliederung die Fragestellung und die zu ihrer Beantwortung entwickelte Methode in
konzentrierter hochkonzentrierter Form widerspiegelt. Es ist nämlich so, dass jede wissenschaftliche Arbeit
Form wider. die Frage aufwirft, wie sich die Fragestellung mit den Mitteln wissenschaftlicher Methoden
beantworten lässt beziehungsweise wie die Hypothese sich argumentativ untermauern lässt.
Hierzu werden zunächst verschiedene methodische Alternativen erwogen und die jeweiligen
Vor- und Nachteile bedacht, bevor man sich am Ende für eine bestimmte Vorgehensweise
entscheidet. Wenn die Gliederung sinnvoll ist, dann bildet sie automatisch in komprimierter
Form die Argumentationslinie des Textes sowie die angewandte wissenschaftliche Methode ab.

Die Gliederung gibt also die Fragestellung, die Methode und die argumentative Unter-
mauerung der Hypothese wieder.

Das Erstellen einer Es ist daher auch nicht verwunderlich, dass das Entwickeln einer funktionierenden Gliederung
funktionierenden unter erfahrenen Studierenden als eine Art Wendepunkt im Arbeitsprozess gilt. Ist es erst ein-
Gliederung mal gelungen, eine gute Gliederung zu entwickeln, sei – so heißt es oft – der Rest bloß noch
gilt als Wende- das „Runterschreiben“ der Arbeit. Dass auch das „Runterschreiben“ einer wissenschaftlichen
punkt beim Arbeit anstrengend ist und seine ganz eigenen Schwierigkeiten beinhaltet, soll hier keinesfalls
Verfassen einer in Abrede gestellt werden. Aber der Großteil der intellektuellen Leistung steckt tatsächlich im
wissenschaftlichen Entwurf der Fragestellung, der Ausformulierung der Hypothese und der anschließenden
Arbeit. Erstellung einer tragfähigen Gliederung.

Gleichzeitig kann oft bereits an der Gliederung abgelesen werden, ob eine Arbeit völlig miss-
raten ist. Das ist etwa dann der Fall, wenn die Gliederung keinen roten Faden aufweist oder
wenn die Arbeit rein deskriptiver Natur ist. Beides wird man der Gliederung sofort ansehen.

Erfahrungsgemäß ist es bei wissenschaftlichen Arbeiten fast immer so, dass die Lektüre des
Gesamttextes im Wesentlichen den Eindruck bestätigt oder nur leicht modifiziert, den die
Gliederung hinterlassen hat.

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54
Die Rezeption wissenschaftlicher Texte


Es lohnt sich also, folgende Punkte umzusetzen:

Nehmen Sie sich viel Zeit für die Erarbeitung einer funktionierenden Gliederung. Machen Sie Nehmen Sie sich
sich bewusst, dass es seine Zeit dauert, eine Gliederung zu entwerfen. Wenn Sie beispielsweise genügend Zeit für
drei Monate Zeit haben, um eine wissenschaftliche Arbeit zu verfassen, dann ist es durchaus die Gliederung.
nicht ungewöhnlich, wenn die Gliederung erst nach sieben bis neun Wochen endgültig feststeht.

Üben Sie, wissenschaftliche Texte zu lesen. Gehen Sie in die Bibliothek und nehmen Sie sich Üben Sie,
mehrere Bücher vor. Am besten, sie wählen für den Anfang solche, mit deren Inhalt Sie eini- Gliederungen
germaßen vertraut sind. Nehmen Sie sich aber auch Bücher vor, deren Titel Ihnen auf den zu lesen und zu
ersten Blick nichts sagt. Nehmen Sie einige Dissertationen zur Hand, idealerweise mit einem erstellen.
Umfang von weniger als 350 Seiten. Aber nehmen Sie auf keinen Fall populärwissenschaftli-
che Bücher oder Romane zur Hand, denn hier folgt die Gliederung einer völlig anderen Logik.
Nutzen Sie jede Gelegenheit, Ihren Blick zu schärfen. Durch den Umgang mit wissenschaftli-
cher Literatur lernen Sie durch Nachahmung, gute Gliederungen zu erstellen. Stellen Sie sich
folgende Fragen:

• Ist diese Gliederung angemessen?


• Trägt Sie?
• Warum ist für das behandelte Thema gerade diese Gliederung gewählt worden?
• Sehe ich Alternativen?

Das „aktive Zuhören“ beschränkt sich nicht nur auf die Rezeption wissenschaftlicher Fachlite-
ratur. Wenden Sie die Technik an, wo immer Sie können – selbst beim Lesen von Beiträgen in
Internetforen. Sie werden schnell merken, ob ein Argument oder ein Sachverhalt für die
gesamte Beweisführung von zentraler Bedeutung oder nur nebensächlich ist. Vor allem die
Fähigkeit das Wichtige vom Unwichtigen unterscheiden zu können ist für die wissenschaftli-
che Arbeit von enormer Bedeutung.

!
Freiwillige Hausaufgabe:
Politische Debatten im Fernsehen sind oft deshalb so unbefriedigend, weil jedes noch so
nebensächliche Detail oder Argument sofort mit überreizter Empörung hochgespielt wird.
Dabei geht der rote Faden ständig verloren und es findet keine gute, weil inhaltlich und argu- Freiwillige Aufgabe
mentativ hochwertige Diskussion statt. Verfolgen Sie eine
politische Debatte.
Beobachten Sie im Fernsehen einige Talkshows zu tagespolitischen Themen. Gelegentlich ist
neben mehreren Berufspolitikern ein Verhaltenswissenschaftler eingeladen, der im Verlauf der
Sendung etwa drei Mal zu Wort kommt: Sie werden merken, dass dieser Wissenschaftler meis-
tens als einziger in seinen Antworten eine klare Gliederung aufweist. Achten Sie einfach mal
darauf.

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55
Lektion 4

4.3 Das Herausfiltern der Argumente


Sie hören einen Vortrag oder lesen einen Fachartikel. Sie wissen nun, dass es dabei zunächst
um das Identifizieren der Problematik, der Fragestellung und der These geht. Indem Sie die
Gliederung genau studiert haben, sollten Sie bereits ein gewisses Gefühl für die Verkettung der
Argumente haben, mit deren Hilfe die Hypothese belegt werden soll.

Damit ist der größte Teil der Arbeit geleistet und wenn Sie wollen, können Sie es darauf beruhen
lassen. Lehnen Sie sich zurück und lassen Sie sich von diesem Punkt an passiv „berieseln“. Das
spart Kraft und erhält Ihnen die Konzentrationsfähigkeit für Texte und Vorträge, die für Sie
eine größere Bedeutung haben. Wenn Sie einen Text lesen, könnte es sinnvoll sein, jetzt abzu-
brechen und einen neuen Text anzulesen. Sollte aber der Text oder der Vortrag für Sie eine
etwas höhere Relevanz haben, dann sollten Sie die folgenden Anregungen beherzigen.

Wir wollen uns nun der Feinstruktur des Vortrags widmen. Hierbei ist jedes Einzelelement
einer Argumentationskette vor dem Hintergrund der Fragestellung zu deuten. Die einzelnen
Thesen fungieren hierbei als Antworten beziehungsweise Teilantworten der ursprünglichen
wissenschaftlichen Fragestellung. Damit dies gelingt, müssen schlüssige Argumente entwickelt
werden, welche die Thesen untermauern und dadurch plausibel machen. Wie geht das?

Die Gliederung gibt die großen Linien der Argumentationskette vor. In diesem Sinne könnte man
Ein Text ist die sagen, dass ein Text lediglich die Erläuterung seiner eigenen Gliederung ist. Jeder Gliederungs-
Erläuterung punkt und jedes Argument besteht wiederum aus weiteren argumentativen Bruchstücken.
seiner eigenen Diese erscheinen im Schriftformat oftmals als einzelne Absätze. Es ist daher durchaus sinnvoll,
Gliederung. wenn Sie die Absätze eines Textes auf ihre inhaltliche Gliederung hin untersuchen. Ein sehr
Die einzelnen bewährtes Mittel ist es, einzelnen Sinnabsätzen mit Hilfe von Randglossen eigene Überschriften
Schritte dieser oder Zusammenfassungen zu geben. Dadurch entsteht am Rand quasi eine weitere Gliede-
Erläuterung sind rungsebene, aus der sich der argumentative Aufbau des Textes gut ablesen lässt. Wir empfehlen,
die Argumente. nicht zu viele Notizen, Abkürzungen, Kringel und Sondersymbole zu benutzen. Diese verleiten
dazu, sich zu verzetteln und dabei den Blick für das Wesentliche zu verlieren.

Während Sie nun auf der Mikroebene des Textes das argumentative Netz des Forschers immer
feinmaschiger herausarbeiten, wird Ihnen schnell auffallen, dass Hypothesen immer wieder
neue Fragen generieren. Das ist der Normalfall. Eine Hypothese zieht schnell Sub-Problema-
tiken, Sub-Fragestellungen und weitere Sub-Hypothesen nach sich. Besonders größere Arbei-
ten haben daher häufig die Form von ineinander verschachtelten Sinnblöcken. Auf jeden ein-
zelnen dieser Sinnblöcke lassen sich die hier genannten Techniken gewinnbringend anwenden.

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56
Die Rezeption wissenschaftlicher Texte

4.4 Auf das achten, was nicht gesagt wurde


Aus der Verhaltenswissenschaft weiß man, dass eine Information nicht lediglich aus ihrer
direkten Aussage besteht. In diesem Sinne lohnt es sich, nicht nur Wert auf die konkrete Aus-
sage zu legen, sondern auch auf das zu achten, was nicht gesagt wurde.

Diese Technik lässt sich auf den Wissenschaftsbetrieb übertragen. Die Botschaft lautet hier:
Hören Sie auf das, was nicht gesagt wurde. Arbeiten Sie Alternativen und verpasste Chancen
heraus.

Sie werden feststellen, dass diese Technik sehr ergiebig ist. Mit ihrer Hilfe können Sie sogar
noch aus schlechten und konfusen Vorträgen großen Gewinn zu ziehen.

Wie soll man dabei vorgehen? Suchen Sie auch


Fragen Sie sich, welche Fragestellung dem Vortrag zu Grunde liegt. Wird vielleicht eine andere, nach Leerstellen
womöglich viel näherliegende Fragestellung vernachlässigt? Wurde möglicherweise sogar die und Argumentati-
falsche Frage gestellt? onslücken.

Wenn der Referent Ihnen (explizit oder implizit) erklärt, diese und jene Methode sei verfolgt
worden, dann fragen Sie sich: Welche alternativen Methoden wären möglich gewesen? Was
hätte man anders machen können?

Vor allem aber: Blicken Sie kritisch auf die Gliederung des Vortrags. Fehlen Aspekte, die Sie
für wichtig erachten? Lassen sich Elemente der Gliederung gewinnbringend umstellen? Wäre
eine andere Reihenfolge logischer gewesen? Gibt es unnötige Kapitel? Existieren Dopplungen
oder Auslassungen? Oder hätte gar die gesamte Gliederung komplett anders gestaltet werden
müssen?

Freiwillige Hausaufgabe:
Gehen Sie in ein gesellschaftspolitisch relevantes Museum (ethnologisches Museum, Heimat-
museum, Museum für Zeitgeschichte, ...) oder in eine Ausstellung: Achten Sie auf das Verhält-
!
nis zwischen den gezeigten Exponaten und dem „Nicht-Gesagten“. Freiwillige Aufgabe
Gehen Sie ins
Museum.

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57
Lektion 4

Zusammenfassung

Die Rezeption eines wissenschaftlichen Textes verläuft gewinnbringender, wenn Sie


dabei Problematik, Fragestellung, Hypothese und Gliederung herausarbeiten.

Diese brauchen Sie nicht lediglich passiv zu konsumieren, sondern können und sollen
Sie hinterfragen und mit der eigenen Methodik abgleichen. Achten Sie auch auf
Lücken und Leerstellen in der Argumentation; diese sagen oft mehr über den wissen-
schaftlichen Wert aus als der explizit vorgetragene Inhalt.

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58
Lektion 5 s en s c h a f t l i c h e n
b e r d i e w i s
Überblick ü
Tex t g a t t u n g e n

LERNZIELE

Nach der Bearbeitung dieser Lektion werden Sie …


…… die wichtigsten wissenschaftlichen Textgattungen kennen.
Lektion 5

5. Überblick über wissenschaftliche


Textgattungen
5.1 Das Protokoll
Protokoll Das Protokoll ist eine Mitschrift, mit dem Zweck, Inhalte einer Gesprächsrunde oder einer
Mitschrift einer Sitzung festzuhalten. Es dient zum einen dazu, abwesende Personen über den Verlauf oder das
Sitzung Ergebnis einer Diskussionsrunde zu informieren. Zum anderen kann man sich später auf das
Protokoll berufen, wenn der Gesprächsverlauf nicht mehr genau erinnert wird oder sich im
Laufe der Zeit unterschiedliche Wahrnehmungen des Verlaufs und der Ergebnisse heraus-
kristallisieren. Ein Protokoll wird daher normalerweise allen Sitzungsteilnehmern vorgelegt,
bevor es archiviert wird. Man unterscheidet Verlaufs- und Ergebnisprotokolle.

Beim Verlaufsprotokoll gibt der Protokollant wesentliche Argumente und Eckpunkte der Dis-
kussion chronologisch wieder. Wörtliche Zitate sind möglich, aber sinngemäßes Zitieren ist
ausreichend. Wichtig ist, die einzelnen Aussagen den jeweiligen Teilnehmern inhaltlich zuzu-
ordnen.

Beim Ergebnisprotokoll geht es darum, den Kerngedanken der Sitzung und das Ergebnis der
Diskussion in verdichteter Form wiederzugeben.

Der Protokollant hat geäußerte Fakten gegebenenfalls zu recherchieren. Eine Stellungnahme


oder Kommentierung der Inhalte ist hingegen grundsätzlich unzulässig.

Protokolle können eine Datengrundlage für wissenschaftliche Arbeiten sein und sollten, wie
andere Textgattungen auch, sorgfältig erstellt werden.

5.2 Das Thesenpapier


Thesenpapier Das Thesenpapier ist eine skizzenhafte, oft stichpunktartige Auflistung von Vermutungen
Stichpunktartige und Behauptungen zu einigen selbstständig aufgeworfenen Fragestellungen in einem bestimm-
Auflistung ten Themenkreis. Dabei können durchaus „halbgare“, subjektive Vermutungen formuliert
werden. Es ist gar nicht schlimm, wenn derartig vorgebrachte Thesen im weiteren Verlauf der
Arbeit nicht haltbar sind.

Die Thesen sollten durchlaufend nummeriert werden und möglichst präzise formuliert sein.
Wenn Definitionen zentral oder für das Verständnis unabdingbar sind, sollten sie mit auf-
genommen werden. Thesen dürfen aufeinander aufbauen und damit der Rohentwurf einer
Argumentationskette sein.

Es ist üblich, auf dem Thesenpapier die genutzte Literatur zu zitieren.

5.3 Das Übungsblatt


Übungsblatt In manchen Fächern ist es üblich, die Vorlesung durch eine sogenannte Übung zu ergänzen.
Unterrichts­ Sinn der Übung ist es, das eher theoretische Wissen der Vorlesung durch die praktische Anwen-
materialien dung zu festigen. Dabei werden nicht selten sogenannte Übungsblätter verwendet, deren
Bearbeitung, Lösung und Korrektur als Übungsbetrieb bezeichnet wird.

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60
Überblick über wissenschaftliche Textgattungen

Im Rahmen einer Übung darf normalerweise alles, was in der Vorlesung behandelt wurde,
benutzt werden. Wie weit man sich auf weitere Quellen außerhalb der Unterrichtsmaterialien
berufen darf, ist von Fall zu Fall abzuklären.

Aussagen aus der Vorlesung brauchen nicht weiter belegt, bewiesen, untermauert oder hinterfragt
werden (es sei denn, die Übungsaufgabe besteht darin). Die folgende Aussage wäre im Rahmen
einer Übungsaufgabe zu diesem Kurs also ohne weitere Argumentation oder Ausführung zulässig:

„Statistische Hypothesentests können laut Skript als eine Technik des Falsifikationismus ange-
sehen werden. “

Beachten Sie, dass Sie außerhalb des Übungsbetriebs solche Argumente belegen müssten. Das
ist ein gewisses Problem, weil Vorlesungen und sogar Vorlesungsunterlagen (auch Fernstudie-
nunterlagen) im Allgemeinen nicht zu den zitierfähigen Quellen gehören, da sie nicht allge-
mein zugänglich und damit auch nicht nachprüfbar (falsifizierbar) sind. Hier müssen Sie sich
auf die Suche nach passenden Belegen machen.

In den Fächern Mathematik und Statistik beziehen sich Klausuren im Allgemeinen weniger
auf die Vorlesung selbst als auf den Übungsbetrieb. Dagegen basieren mündliche Prüfungen
stärker auf dem Vorlesungsstoff. Auch hier sollte man im Zweifel nachfragen, wie die Gewich-
tung von Übung, Vorlesung und Klausur bei der Benotung genau gehandhabt wird.

5.4 Die wissenschaftliche Arbeit


Im Prinzip unterschieden sich eine Seminararbeit, eine Abschlussarbeit und eine Dissertation
nur unwesentlich. Es handelt sich lediglich um verschiedene Versionen einer wissenschaftli- Für alle
chen Arbeit, die vor allem durch Umfang und Anspruch definiert werden, nicht aber vom wissenschaftlichen
formalen Reglement. Arbeiten
gelten prinzipiell
Eine Seminararbeit dient einer vertieften Auseinandersetzung mit einem ausgewählten Teilas- die gleichen
pekt eines Seminars. Dabei sollte man durchaus ein hochspezialisiertes Thema wählen. Die Regeln.
Themen werden meistens von den Studierenden vorgeschlagen und vom Dozenten oder der
Dozentin bewilligt. Eine Vorlesung zum Thema „Marketing“ könnte beispielsweise Anlass
geben zu einer Seminararbeit mit dem Thema: „Rechtliche Aspekte des Guerilla-Marketings
im Rahmen der südafrikanischen Rechtsprechung am Beispiel von Getränkewerbung aus den
Niederlanden“. Hingegen wäre das Thema „Guerilla-Marketing“ bereits zu weitläufig und
umfassend für eine Seminararbeit.

Die Leistung muss eigenständig sein und formal den Regeln des wissenschaftlichen Arbeitens
entsprechen. Die Studierenden müssen nachweisen, dass sie die zur Fragestellung in der Fach-
literatur vorgetragenen Gedanken adäquat wiedergeben und bewerten und zu eigenständigen
Ideen verknüpfen können.

Eine Abschlussarbeit unterscheidet sich von einer Seminararbeit insofern, als dass man nun
zusätzlich beweisen muss, dass man in der Lage ist, zu einem abgegrenzten Themenfeld den
aktuellen Forschungsstand erschöpfend zu recherchieren, darzustellen und auseinanderzusetzen.

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61
Lektion 5

Erst im Rahmen der Dissertation wird verlangt, dass ein eigenständiger, substanziell neuartiger
Beitrag zur Forschung geleistet wird.

Die Habilitation unterscheidet sich von der Dissertation im Wesentlichen dadurch, dass der
Forschungsbeitrag bei der Habilitation derart fundamental sein muss, dass er eine neue For-
schungsrichtung begründen könnte.

5.5 Die Rezension


Rezension Rezensionen sind Textbesprechungen, die zwischen der rein deskriptiven Zusammenfassung
Zusammenfassung (Abstract) und der puren Textkritik stehen. In Rezensionen wird auf meist ein bis vier Seiten
und Bewertung Länge eine Publikation kurz beschrieben, analysiert, formal kritisiert und inhaltlich beleuch-
eines Textes tet. Dabei werden vor allem die Bewertung und die bedeutungsmäßige Einordnung des
besprochenen Textes deutlich.

Rezensionen sind daher eine großartige, besonders von Studierenden systematisch unter-
schätzte Goldgrube für das wissenschaftliche Arbeiten. Es gibt ganze Rezensionsdienste und
Rezensionssammlungen, die man zum Teil in Fachzeitschriften finden kann. Fragen Sie das
Bibliothekspersonal gezielt danach.

5.6 Das Skript


Einen besonderen Stellenwert nehmen sogenannte Vorlesungsskripte (auch: Vorlesungsnoti-
Skripte sind zen, Lehrbriefe, Vorlesungsmitschriften oder Skripte) ein. Manche Skripte beinhalten hervor-
keine zitierfähigen ragende Zusammenstellungen von Originaltextstellen. Andere bringen die Dinge einfach auf
Quellen, den Punkt, da bei Skripten im Streit der Denkschulen keinerlei Rücksicht auf diplomatische
da sie nicht Gepflogenheiten genommen werden muss. In anderen Fächern wie beispielsweise der Statistik
allgemein sind Vorlesungsskripte aus Spezialvorlesungen an Genauigkeit und Ausführlichkeit oftmals
zugänglich sind. sogar ökonometrischen Zeitschriftenartikeln haushoch überlegen. Skripte scheinen also – alles
in allem – eine ziemlich brauchbare Textgattung zu sein.

Das große Problem ist aber: Vorlesungsskripte und Lehrbriefe sind im Allgemeinen keine
zitierfähigen Quellen. Das bedeutet, dass man sich im Rahmen wissenschaftlicher Arbeiten
nur in äußerster Not auf sie beziehen darf. Inhalte, die man einem Vorlesungsskript oder
einem Lehrbrief entnommen hat, muss man daher gesondert recherchieren, bis man eine
brauchbare Belegquelle gefunden hat.

Warum ist das so? Eingangs haben wir festgestellt, dass der Kern von Wissenschaftlichkeit die
Unpersönlichkeit von Erkenntnis ist: „Wenn Du mir nicht glaubst, prüf es nach und mach es
selbst“. Skripten werden aber nicht publiziert und können daher von Außenstehenden auch
nicht eingesehen und überprüft werden. Daher sind sie als Beleg für ein Argument ungeeignet
und können höchstens in Form von grauer Literatur Verwendung finden.

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62
Überblick über wissenschaftliche Textgattungen

Es gibt gute Gründe, warum man Vorlesungsskripte üblicherweise nicht publiziert. Ein Vorle-
sungsskript richtet sich nicht an den Wissenschaftsbetrieb, sondern ist dezidiert dem studenti-
schen Nachwuchs gewidmet. Ein Skript muss daher nicht die gleichen Anforderungen erfüllen
wie ein Beitrag zu einer aktuellen Wissenschaftsdebatte. Das ist wichtig, weil man gerade am
Anfang Dinge oftmals besser erklären kann, indem man sie etwas verkürzt und zugespitzt
wiedergibt. So dürfte im Statistik-Kurs im Rahmen eines BWL-Studiums die Definition des
Wahrscheinlichkeitswertes als „Summe der auftretenden Werte gewichtet mit ihrer Auftretens-
wahrscheinlichkeit“ völlig ausreichen, um den Studierenden einen Eindruck der Materie zu
vermitteln. Die Definition über das Lebesgue-Stieltjes-Integral wäre zwar aus mathematischer
Sicht korrekter, didaktisch hingegen wenig hilfreich. Auch die Ausführungen zum Kritischen
Rationalismus sind verglichen mit philosophischen Studien holzschnittartig ausgefallen und
unvorsichtig in der Wortwahl. Viele Nuancen und Zwischentöne wurden zugunsten der Ver-
ständlichkeit ausgeblendet. Schließlich sollen Sie in diesem Skript nicht in Wissenschaftsthe-
orie ausgebildet werden, sondern ledigliche eine erste Einführung erhalten.

Daher nochmals der klare Appell: Berufen Sie sich, falls möglich, nicht auf Vorlesungsskripte,
sondern machen Sie andere Belege ausfindig. Nur wenn Sie partout keine Alternativen finden,
zitieren Sie aus einem Skript.

?
Fragen zur Selbstkontrolle

1. Welche Aussagen treffen zu?


Prüfen Sie Ihren
Als Protokollant sollte man einfache Tatsachenbehauptungen (z. B. Zahlenangaben), die Wissensstand
im Gespräch umstritten waren, recherchieren und im Protokoll klarstellen. Musterlösungen
befinden sich auf
†† Richtig
der Lernplattform
†† Falsch CLIX.

Für eine Dissertation sind die formalen Regeln für sauberes, wissenschaftliches Arbeiten
deutlich strenger als für eine Seminararbeit.
†† Richtig
†† Falsch

Im Rahmen eines Referates sind kontroverse Thesen, die in der anschließenden Diskus-
sion zerrissen werden, zu vermeiden.
†† Richtig
†† Falsch

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63
Lektion 5

Zusammenfassung

Die Kommunikation verläuft in der Wissenschaft beinahe ausschließlich schriftlich.


Aus diesem Grund haben sich eine ganze Reihe unterschiedlicher Formate etabliert.
Das wichtigste Format ist die wissenschaftliche Arbeit, die prototypisch für die
meisten anderen Formate wie Seminararbeit, Bachelorarbeit oder Dissertation ist.

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64
Lektion 6
t vs . E x z e r p t
Abstrac

LERNZIELE

Nach der Bearbeitung dieser Lektion werden Sie …


…… mit Abstract und Exzerpt zwei weitere Textgattungen kennen.
…… w
 issen, dass an den gleichen Text je nach Perspektive völlig andere
Anforderungen gestellt werden können.
Lektion 6

6. Abstract vs. Exzerpt

6.1 Zwei weitere Textgattungen: das Abstract und das Exzerpt


Die DIN-Norm 1426 definiert das Abstract als „Kurzreferat [, das] ... kurz und klar den Inhalt
Abstract des Dokuments wieder[gibt]“ (Spree 2011). Das Abstract ist also eine nicht wertende Zusam-
Nicht wertende menfassung eines Textes. Üblicherweise ist ein Abstract nur einige, wenige Sätze lang. Der
Zusammenfassung Précis ist hingegen eine textliche Wiedergabe des Originaltextes mit genau einem Drittel der
eines Textes Wortzahl des ursprünglichen Textes. Abstract und Précis sind nur zwei Beispiele einer ganzen
Familie von Textgattungen, deren wichtigstes Merkmal in einer nicht-wertenden Kürzung des
Originaltexts besteht.

Einem Abstract können Sie schnell wesentliche Informationen und Aussagen eines Textes ent-
nehmen. Handelt es sich um wissenschaftliche Texte, so werden Problematik, Fragestellung
und Hypothese in einem guten Abstract implizit, manchmal sogar explizit aufgeführt.

Beispiel eines Abstracts

Verankerung von Markenwerten im Produktdesign


Jan R. Landwehr / Rupert Stadler / Andreas Herrmann / Daniel Wentzel / Christian
Labonte

Viele Unternehmen zielen darauf ab, ihre Produkte zu Marken zu entwickeln. Hierzu
kommen Markenwerte ins Spiel, die Erzeugnissen eine Persönlichkeit verleihen.
Obgleich die Diskussion um die Markenbildung bei vielen Unternehmen fortgeschrit-
ten ist, liegen bislang kaum Erkenntnisse vor, wie sich Produkte im Einklang mit
Markenwerten gestalten lassen. Dieser Aufsatz zeigt einen Ansatz zur Verankerung von
Markenwerten im Produktdesign. Durch Morphing (Bildmittelung) und Warping
(Bildverzerrung) von Produktbildern lassen sich jene Designelemente erkennen, an
denen Kunden bestimmte Markenwerte festmachen beziehungsweise erleben. Eine
empirische Untersuchung im Automobilmarkt verdeutlicht die Leistungsfähigkeit
dieser Vorgehensweise. Mit diesem Ansatz eröffnet sich die Möglichkeit für eine
markenorientierte Gestaltung von Produkten. Damit lassen sich Produkte durch die
Modifikation einzelner Designelemente gezielt zu Botschaftern der Markenwerte
entwickeln. Im Sinne einer integrierten Vermittlung der Markenwerte können
insbesondere die Kommunikations- und die Produktpolitik besser miteinander
verzahnt werden.

(Quelle: o. V. (2011): Verankerung von Markenwerten im Produktdesign. In:


Schmalenbachs Zeitschrift für betriebswirtschaftliche Forschung, März, S. 189–212).

Exzerpt Das Exzerpt ist eine Textgattung, bei der wichtige Inhalte aus einem Originaltext herausgear-
Aus einem Text beitet und mit Quellenangaben (einschließlich Seitenzahl) notiert werden. Im Gegensatz zum
werden einzelne Abstract, bei dem lediglich wertungsfrei die Fragestellung und Hypothese des Autors wieder-
Aspekte heraus- gegeben wird, betrachtet man beim Exzerpt den vorliegenden Text unter dem Blickwinkel
gearbeitet und mit einer eigenen Fragestellung. Diese Fragestellung kann ähnlich wie die Fragestellung des Origi-
Quellenangaben naltextes sein. Dies ist zum Beispiel dann der Fall, wenn ein Text mit dem Titel: „Gründe für
versehen. den Zertifikatehandel mit erneuerbaren Energien“ unter der eigenen Fragestellung: „Welche
Auswirkung hat der Handel mit Zertifikaten für erneuerbare Energien auf die chinesische

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66
Abstract vs. Exzerpt

Schwerindustrie?“ hin untersucht wird. Das Exzerpt kann aber auch eine völlig andere Frage-
stellung beinhalten. So könnte man beispielsweise den Text: „Gründe für den Zertifikathandel
mit erneuerbaren Energien“ unter der Fragestellung lesen „Welche Auswirkungen hat der Zer-
tifikatehandel auf die Entwicklungshilfeprogramme der Bundesrepublik Deutschland im süd-
lichen Afrika?“.

6.2 Im Spannungsfeld zwischen Abstract und Exzerpt: eigene


Notizen und Randglosse
Wenn Sie wissenschaftliche Texte lesen, versuchen Sie einerseits, die Problematik, Fragestel-
lung, Gliederung, Hypothese und Argumentationsstränge zu identifizieren. Andererseits sind
Sie mit eigenen Fragen an den Text herangetreten. Vielleicht lesen Sie den Text im Rahmen
einer gezielten Literaturrecherche, bei der Sie bereits wissen, welche Aspekte eines Themenge-
biets Sie suchen. Vielleicht reift in Ihnen gerade ein Thema für eine wissenschaftliche Arbeit
heran. Vielleicht arbeiten Sie auch gerade an einem ganz anderen Thema und erhoffen sich
von dem Text interdisziplinäre Anregungen.

Wie auch immer die konkrete Situation aussieht. In der Praxis haben Sie es immer einerseits
mit der Intention des Autors beziehungsweise der Autorin und andererseits mit Ihrer ganz
eigenen Fragestellung zu tun.

Machen Sie sich klar, dass es hierbei um zwei völlig verschiedene Aspekte des gleichen Textes
handeln kann. Je nachdem, welchen Aspekt sie betonen wollen, entscheiden Sie sich vorher Entscheiden Sie
für die entsprechende Textsorte. Anderfalls laufen Sie Gefahr, entweder beim Schreiben eines vorher, ob Sie ein
Abstracts zu stark eigene Wertungen mit einfließen zu lassen oder sich andererseits beim Abstract oder ein
Anfertigen eines Exzerpts zu verzetteln, weil Sie inhaltliche Punkte „der Vollständigkeit hal- Exzerpt anfertigen
ber“ aufnehmen, die mit Ihrer Fragestellung im Grunde nichts zu tun haben. wollen.

?
Fragen zur Selbstkontrolle

1. Arbeiten Sie den nachfolgenden Text durch. Versuchen Sie, die Problematik, die Frage-
stellung und die These herauszuarbeiten. Schreiben Sie diese explizit auf. Üben Sie sich Prüfen Sie Ihren
im Herausarbeiten der Gliederung. Wissensstand
Musterlösungen
2. Erstellen Sie über den Text ein Abstract von maximal 10 Zeilen Länge. befinden sich auf
der Lernplattform
3. Stellen Sie sich vor, Sie würden an einem Zeitschriftenartikel arbeiten mit dem Titel: CLIX.
„Sind Ergebnisse der Hirnforschung für die Betriebswirtschaftslehre von Bedeutung?“
Schreiben Sie vor diesem Hintergrund ein Exzerpt von maximal 10 Zeilen Länge.

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67
Lektion 6

Auszug aus einem wissenschaftlichen Text

(1) „Der Mensch ist funktionell (z. B. physiologisch) ganz und gar nicht dafür
gerüstet, die gewaltige Fülle verfügbarer Informationen zu verarbeiten und komplexe
Problemstellungen rational zu lösen. Aufgrund kognitiver und / oder motivationaler
Engpässe behilft er sich deshalb zumeist mit verschiedenen Vereinfachungsstrategien
(vgl. Slovic u. a. 1977; Taylor 1975). Selbst wenn der Mensch sich bemüht, rational
zu entscheiden (‚bounded rationality‘), muß er Gedankengänge simplifizieren,
Argumentationsketten verkürzen, oberflächliche Schlußfolgerungen ziehen etc., um
trotz

• übergroßer Informationsfülle
• qualitativem Informationsdefizit
• Zeitmangel

Entscheidungen treffen zu können (vgl. Simon 1976, S. 79 ff.). Ging man bislang
davon aus, daß das Gehirn zumindest ‚versucht‘, exakt zu arbeiten, so vergleicht die
aktuelle hirn-physiologische Forschung dieses Organ mittlerweile eher mit einem
Zufallsgenerator (vgl. Leach/Carpenter 2001) [...] In komplexen Entscheidungssituati-
onen (z. B. Wettbewerbsanalyse) oder wenn es ihnen an Zeit, Geld beziehungsweise
fundierten Informationen mangelt, greifen deshalb auch Manager nachweisbar auf
‚kognitive Heuristiken‘ zurück. Mintzberg u. a. (1976) haben die insb. von der
kognitiven Sozialpsychologie beschriebenen Vereinfachungsstrategien für das Manage-
ment unter dem Stichwort ‚strategic cognition’ erschlossen. Solche ‚Kurzschlüsse‘
beziehungsweise ‚Daumenregeln‘ sind mit Blick auf die genannten Restriktionen zwar
unumgänglich und zumeist sogar nützlich; sie können aber auch schwerwiegende
Fehlentscheidungen provozieren (vgl. Tversky/Kahneman 1974).

„Seit einem halben Jahrhundert erforschen Wissenschaftler, wie unser Gehirn Entschei-
dungen trifft. Ihre Untersuchungen zeigen, daß wir gewohnheitsmäßig, aber unbewußt
bestimmte Verfahren nutzen, um die Komplexität unserer Entscheidungen in den Griff
zu bekommen. Diese heuristischen Techniken erfüllen in den meisten Situationen ihren
Zweck. Wenn wir Entfernungen schätzen, verlassen wir uns z.B. auf ein Prinzip, das
Sichtbarkeit mit Nähe gleichsetzt: Je deutlicher ein Objekt erscheint, desto näher ist es.
Diese einfache Regel hilft uns bei den zahllosen Fällen, in denen wir tagtäglich Entfer-
nungen abschätzen müssen. Doch [hat ...] die Forschung eine ganze Reihe von Unge-
nauigkeiten in unseren Entscheidungsprozessen aufgedeckt. Einige sind sensorische

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68
Abstract vs. Exzerpt

Auszug aus einem wissenschaftlichen Text

Fehlinterpretationen wie beim Schätzen der Entfernung, andere beruhen auf Vorurtei-
len oder stellen einfach Anomalien unseres Denkens dar. Was diese Fallen so gefähr-
lich macht, ist ihre Unsichtbarkeit. Weil sie fest in unseren Denkprozessen verankert
sind, erkennen wir sie nicht einmal, wenn wir mitten hineintappen“ (Hammond u. a.
1999, S.91).

(2) Auch aus einem anderen Grund entscheidet und handelt der Mensch nicht (streng
oder ausschließlich) rational: Er verfolgt, bewußt oder unbewußt, bestimmte Motive,
hat Präferenzen und Interessen, die allesamt im Dienste der Inszenierung seines Selbst-
und Weltbildes stehen. [...] Kahneman/Tversky (1982) kamen in umfassenden
Versuchsreihen zu dem Schluss, daß das (natur-)wissenschaftliche Methodenrepertoire
(z.B. Wahrscheinlichkeitstheorie, Deduktion) nicht geeignet ist, das ‚Alltagsdenken‘
von Privatpersonen und Managern angemessen zu analysieren. [...]

(3) Das Konzept der ‚Konstrukte‘, das Kelly (1955) in seine kognitive Persönlichkeits-
theorie eingeführt hat, hilft uns, dieses Phänomen (= Primat des Subjektiven) zu
verstehen. Damit ist i. S. des Konstruktivismus die individuelle Art und Weise jedes
Einzelnen gemeint, die Welt wahrnehmend subjektiv zu konstruieren und zu interpre-
tieren. ‚Subjektiv‘ bedeutet dabei nicht nur ‚abweichend von den objektiven Bedin-
gungen‘, sondern in eine ganz bestimmte Richtung abweichend. Wer davon überzeugt
ist, dass „die Welt schlecht ist“, wird zahllose Beweise für seine These finden können.
Die Gegenposition, die vom Guten im Menschen ausgeht, lässt sich indessen genauso
gut belegen. Aus Sicht der Konstruktivisten kann Unternehmenskultur als die von der
Mehrzahl der Mitglieder eines Unternehmens praktizierte beziehungsweise angestrebte
Art und Weise der Realitätskonstruktion verstanden werden.

Wie die attributionstheoretische Forschung gezeigt hat, kommt es dabei zumeist zum
‚self-serving-bias‘: zum selbstwertdienlichen Irrtum. Konkret bedeutet dies: Gewöhn-
lich strebt der wahrnehmende Mensch nicht nach wirklichkeitsgetreuer Abbildung der
Realität; weit wichtiger ist es ihm auch dabei, seine persönlichen Bedürfnisse zu befrie-
digen: So wird zwar kaum ein Manager ernsthaft die Bedeutung des Wettbewerbs
bestreiten und damit zusammenhängend die Notwendigkeit, Konkurrenzforschung zu
betreiben. Tatsächlich aber beobachtet und analysiert nicht einmal jedes zweite
Unternehmen seine Wettbewerber systematisch (vgl. Simon 1988a, S. 6), wobei
Anspruch und Realität besonders weit auseinanderklaffen, wenn es darum geht,
Einblick in Gesamtstrategie und F&E-Konzept der Konkurrenten zu erlangen. Was
auf den ersten Blick irrational erscheinen mag, kann bei näherer Betrachtung durch-
aus sinnvoll sein (‚subjektiv rational‘). Für einen risikoscheuen Manager bspw., dem
aus emotionalen Gründen sehr an einer konstanten und damit leicht vorhersehbaren
Umwelt gelegen ist, kann es ‚rational‘ sein, keine Konkurrenzforschung zu betreiben;
denn deren wichtigstes – und ihm unerwünschtes – Ergebnis würde vermutlich lauten:
Das Konkurrenzumfeld ändert sich fortwährend; darin können nur solche Unternehmen
dauerhaft überleben, die mit der Dynamik der Märkte (= Instabilität) konstruktiv

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69
Lektion 6

Auszug aus einem wissenschaftlichen Text

umzugehen wissen, z.B. indem sie sich eine flexible Organisationsstruktur geben,
fortwährende (Produkt-)Innovation betreiben oder in die regelmäßige Fort- und
Weiterbildung ihrer Mitarbeiter investieren. So gesehen sind alle Menschen bestrebt,
sich rational zu verhalten: Nur wird das, was als rational gilt, subjektiv interpretiert.“

(Quelle: Kornmeier 2007, S. 33 ff.).

Zusammenfassung

Zwei weitere Textgattungen sind Abstract und Exzerpt. Während das Abstract eine
nicht wertende Zusammenfassung des Textes ist, handelt es sich beim Exzerpt um
einen Abriss der wichtigsten Inhalte des Originals samt Quellenangaben. Der Origi-
naltext wird hier im Hinblick auf eine ganz bestimmte Fragestellung untersucht, so
dass das Exzerpt eine Vorarbeit zu eigenen wissenschaftlichen Arbeiten ist.

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70
Lektion 7
D a s R e fe ra t

LERNZIELE

Nach der Bearbeitung dieser Lektion werden Sie wissen, …


…… w
 ie man ein Referat ausgehend von der Themenstellung bis hin zum
fertigen Vortrag vorbereitet.
…… wie man seinen Vortrag optimal gestaltet.
Lektion 7

7. Das Referat

Aus der Praxis Neben wissenschaftlichen Arbeiten und Fachartikeln ist der Vortrag auf Konferenzen und
Symposien ein zentrales Element des wissenschaftlichen Gedankenaustausches. Im Grunde
genommen ist das Referat nichts anderes als ein wissenschaftlicher Vortrag. Als solcher hat es
in den Universitäten und zunehmend auch bereits in den Schulen seinen festen Platz. Nicht
selten beinhaltet der Auftrag, ein Referat zu halten, auch die Gestaltung der gesamten Unter-
richtseinheit sowie die Moderation der dem Referat nachfolgenden Diskussion.

Im Unterschied zum Vortrag auf einer Fachkonferenz werden beim Referat allerdings nicht
ausschließlich eigene Forschungsergebnisse präsentiert, sondern auch die Arbeiten anderer
dargestellt und diskutiert. Gleichzeitig ist vor allem an Hochschulen und Universitäten das
Referat oft die Grundlage für die spätere Ausarbeitung des Themas im Rahmen einer Seminar-
arbeit. Das Referat sollte also mit der gleichen Sorgfalt wie wissenschaftliche Arbeiten vor-
bereitet werden.

7.1 Themenfindung und Themenabgrenzung


Themenfindung ist kein Kaltstart. Bereits mit der Wahl Ihres Studienfaches Betriebswirt-
schaftslehre haben Sie gewisse Vorentscheidung getroffen. Gleiches gilt für die Präsenzver-
anstaltung, innerhalb derer Sie Ihr Referat halten sollen. Sogar eine weitere Entscheidung wird
noch vor dem eigentlichen Arbeitsbeginn getroffen:

In den meisten Lehrveranstaltungen wird zu Beginn die Liste der Themen verteilt, die – unter
anderem von Ihnen – bearbeitet werden sollen. Diese Themenliste muss allerdings nicht unbe-
dingt Gesetz sein. Nicht selten können auch eigene Vorschläge eingebracht werden. Wenn es
um die Themenwahl geht, sollten Sie jede sich bietende Wahl- und Mitsprachemöglichkeit
nutzen. Lassen Sie sich soweit es geht von Ihren Interessen leiten. Vergessen Sie nicht: Sie wer-
den noch einige Zeit mit diesem Thema verbringen.

Trauen Sie sich, Wahrscheinlich ist das ausgewählte Thema noch nicht bis ins Detail ausformuliert. Dennoch
bei der Ausfor- besteht meistens eine Erwartungshaltung, was in der jeweiligen Stunde abgehandelt werden
mulierung des soll. Wenn diese nicht bei der Vorstellung des Ablaufplans genannt wird, fragen Sie ruhig
Themas eigene danach. Dies kann, muss aber nicht bei der Themenvergabe erfolgen. Oft ist es sehr interes-
Vorstellungen sant, zunächst in verschiedene Richtungen zu schmökern und für sich selbst grob das Gebiet
mit einfließen zu abzustecken, innerhalb dessen sich das Referat bewegen soll. Eine genauere Absprache kann
lassen. dann immer noch getroffen werden.

Diese beiden Suchrichtungen gelten auch für das weitere Vorgehen: Entweder beginnen Sie
mit Ihren eigenen Gedanken oder Sie sichten zuerst die Gedanken anderer. Vom blanken Blatt
aus zu starten kann ein extrem kreativer, intensiver und gründlicher Prozess sein. Bereits aus-
formulierte Gedanken zu sichten spart hingegen Zeit und führt meistens schneller zu den
jeweiligen Kernproblematiken. Für beide Herangehensweisen gibt es Methoden, die in der
folgenden Tabelle aufgeführt sind:

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72
Das Referat

Blanker Start Gedankenaustausch

Mit dem Thema im Kopf ein paar Tage Lexikonartikel zu wichtigen Begriffen /
„schwanger gehen“. zum Thema

Assoziieren Sichtung der Exzerpte zum Thema

Beliebige andere Menschen nach Ideen Sichtung von Titeln und Gliederungen
und Assoziationen befragen zum Thema

Erstellen einer Mindmap mit bereits Zielgerichtete Befragung bestimmter


vorhandenem Wissen Menschen (z. B. Experten)

Kreative Schreibtechniken Lektüre themenbezogener Texte und


Rezensionen – hier insbesondere auf
den Schluss achten, in dem oft ein
Ausblick auf weiteren Forschungsbedarf
und offene Fragen innerhalb des
Themenbereichs gegeben wird.

Rezeption literarischer/poetischer/ Rezeption populärwissenschaftlicher


künstlerischer Werke zum Thema Werke und Wissenschaftsmagazine

Im zweiten Schritt gilt es, sich der jeweils vernachlässigten Seite zu widmen: Wer mit dem
strukturierteren Vorgehen des Gedankenaustauschs begonnen hat, kann sich nun mithilfe der
kreativeren Methoden orientieren und zu einer Entscheidung leiten lassen. Wer mit den krea-
tiveren Methoden begonnen hat, sollte nun anhand der vorstrukturierten Gedanken anderer
zu einer Bewertung und Strukturierung der eigenen Gedanken kommen. Nicht selten steht
am Ende dieses Prozesses ein Gespräch oder ein schriftlicher Austausch mit dem Dozenten,
damit die exakte Fragestellung schließlich festgelegt oder weiter eingegrenzt werden kann.

Ziel ist es, am Ende dieses Prozesses innerhalb einer Problemstellung eine Fragestellung zu Grenzen Sie ihr
fixieren, die fachwissenschaftlich erörtert werden kann. Warten Sie mit einem falsifizierbaren Thema ein.
Antwortvorschlag (Hypothese) auf. Fragestellungen nach kausalen Vorgängen werden meist
durch die methodische Unterscheidung von unabhängigen (auch: erklärenden) und abhängi-
gen (auch: zu erklärenden) Variablen beleuchtet. Handelt es sich bei den von Ihnen vorge-
brachten Fragen hingegen nicht um kausale, sondern um kommunikationszentrierte Betrach-
tungen, so hat die Fragestellung meistens eher einen allgemeinen Charakter, bei dem es um die
Angemessenheit von Einschätzungen und Interpretationen geht. Gerade im zweiten Fall soll-
ten Sie sich schon aus Gründen des Selbstschutzes bemühen, die Fragestellung spezifisch und
eng zu formulieren.

Am Ende dieses Prozesses wirken die exakten Fragestellungen oft trocken und kleinkariert.
Tatsächlich ist aber der Lerneffekt bei einer Kleinstudie oftmals immens. Wer drei akribische
Studien zu jeweils einem seltenen Insekt erstellt hat, wird am Ende von Insektenkunde (Ento-
mologie) mehr Ahnung haben als jemand, der drei globale Abhandlungen über die Entomo-

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73
Lektion 7

logie erstellt hat. Fragestellungen, die zu global gewählt sind oder im Ungefähren bleiben,
können leicht zu Erklärungsproblemen oder im schlimmsten Fall zu einem Glaubwürdigkeits-
verlust führen.

7.2 Recherche
Mit den Methoden zum Gedankenaustausch haben Sie bereits die Recherche begonnen. Mit
Recherche ist gemeint, dass Sie potenzielle Informations- und Argumentationsquellen ausfin-
dig machen, diese auf Relevanz für Ihr Thema prüfen und dann eine sinnvolle Auswahl tref-
fen. Dieses Vorgehen erfüllt einen dreifachen Zweck: Zunächst einmal filtern Sie brauchbare
Informationen aus der Masse an Publikationen. Zweitens verschafft Ihnen die Materialsuche
einen Überblick über den aktuellen Forschungsstand zu Ihrem Thema. Indem Sie durch die
Materialrecherche das Themenfeld, dass Sie bearbeiten, besser kennenlernen und im Zuge
dessen herausfinden, was bereits erforscht wurde, entdecken Sie drittens womöglich auch noch
Lücken und erkennen, welche Fragen noch nicht gestellt und welche Fragestellungen noch
nicht bearbeitet wurden.

Primärquellen Grundsätzlich können Primärquellen und Sekundärmaterial unterschieden werden. Primär-


werden quellen können zum Beispiel die Rohdaten einer empirischen Erhebung, Gesetzestexte, Aussa-
unmittelbar gen von Behördenmitarbeitern, Gespräche mit Zeitzeugen oder Privatbriefe eines Unternehmers
erschlossen. sein. Sollten Sie selbst eine Studie verfassen, die auf Umfragen, Erhebungen oder Beobachtungen
basiert, dann wäre der Rohdatensatz eine ganz zentrale Primärquelle Ihrer Erkenntnis.

Sekundärmaterial Sekundärmaterial ist hingegen fast immer Sekundärliteratur und umfasst Material, welches
wurde bereits bereits eine Auswertung von Primärquellen darstellt. Dazu zählen klassischerweise Mono-
wissenschaftlich grafien, Lehrbücher, wissenschaftliche Abhandlungen und Studien, Forschungsberichte, aber
bearbeitet. auch Interpretationen von Primärquellen. Auch Lexikonartikel sind gängige Sekundärliteratur.
Die Unterscheidung in Primär- und Sekundärmaterial findet nicht selten in der Gliederung
des Quellenverzeichnissen ihren Niederschlag.

Je aktueller ein Thema ist, desto wichtiger sind – gerade im betriebswirtschaftlichen Bereich –
Zeitungen. In einem solchen Fall bietet es sich an, Zeitungsarchivdienste zu nutzen. Wichtig
ist dabei, dass Sie Zeitungen vor allem als Primärquellen ansehen. Als Sekundärquellen sollten
Zeitungsartikel nur sparsam und mit großer Vorsicht genutzt werden, da sie im Allgemeinen
nicht den Kriterien von Wissenschaftlichkeit genügen.

Weiße Literatur Eine andere gängige Unterscheidung ist die in weiße und graue Literatur. Der Ausdruck
wird von Verlagen „graue Literatur“ bezeichnet dabei all jene Schriftstücke, die nicht von Verlagen herausgegeben
herausgegeben. werden. Dazu zählen beispielsweise Jahresberichte von Unternehmen, Flugblätter von der
Mitarbeitervertretung oder Werbebroschüren. Sogenannte „weiße Literatur“ hingegen wird
Graue Literatur von Verlagen herausgegeben und kann im Buchhandel bestellt werden.
wird nicht von
Verlagen heraus- Gute Quellen zu finden ist eine Kunst für sich. Sie werden an anderer Stelle genauere Tipps
gegeben. zum Umgang mit der Informationsflut erhalten, die in Bibliotheken und im Internet auf Sie
wartet. An dieser Stelle wollen wir uns mit der einfachen, elektronischen Stichwortsuche einer
Universitätsbibliothek begnügen. Sie sollten hierzu die zu Ihrem Wohnort nächste öffentliche
Universitätsbibliothek ausfindig machen. Suchen Sie im Internet die Homepage dieser Bibliothek.

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74
Das Referat

Dort müssten Sie relativ schnell einen Link finden, der eine Online-Recherche des Biblio-
theksbestands erlaubt. Die „einfache Suche“ ist eine Art „Google-Suchmaschine“ für die Bib-
liothek und erlaubt Ihnen, nach Stichworten im Titel zu suchen. Die Suche bezieht sich also
nicht auf die Textinhalte. Allerdings läuft im Hintergrund üblicherweise zusätzlich eine
Schlagwortsuche, das heißt eine Suche nach charakterisierenden Schlüsselwörtern, so dass die
Ergebnisse reichhaltiger als bei einer reinen Titelsuche sind. Beispielsweise „Einführung in das
wissenschaftliche Arbeiten“ dürfte Ihnen sofort eine Vielzahl an Publikationen aufzeigen, die
thematisch zu diesem Lehrbrief äquivalent sind.

Der elektronische Katalog der Ludwig-Maximilian Universität München

Wenn Sie durch diese erste Suche einige vielversprechende Quellen ausfindig gemacht haben, Trotz digitaler
sollten Sie diese sichten und auf Brauchbarkeit hin prüfen. Fahren Sie in die Bibliothek und Kataloge
sichten Sie die Bücher. Manche Quellen werden Sie sofort verwerfen können, weil sie sich als müssen Sie
thematisch unbrauchbar herausstellen. (Sie recherchieren beispielsweise nach Naturkautschuk die Bücher auf
und bekommen ein Handbuch für das wissenschaftliche Textsatzprogramm LaTeX in die Brauchbarkeit
Hand). Es kann auch vorkommen, dass einige der Bücher Ihnen unseriös oder unwissenschaft- prüfen.
lich vorkommen.

Dann geben Sie die soeben ausgeliehenen Bücher am besten sofort wieder zurück. Sie brau-
chen sich dabei nicht merkwürdig vorkommen – ein solches Verfahren ist im wissenschaftli-
chen Betrieb ein ganz alltäglicher Vorgang. Man wird Sie deshalb nicht komisch ansehen.

Die restlichen Bücher sollten Sie nun eingehender prüfen. Lassen Sie die Inhaltsverzeichnisse bezie-
hungsweise Gliederungen auf sich wirken. Lesen Sie ausgewählte Passagen durch. Bei manchen
Büchern findet sich im Klappentext, auf dem Buchrücken oder am Anfang ein kleines Abstract, das
Ihnen bei der Entscheidung helfen kann, ob ein Text für Ihre weitere Arbeit von Bedeutung ist oder
nicht. Bei wissenschaftlichen Monografien ist es durchaus möglich, nur die Einleitung und den
Schluss zu lesen, da diese meist eine geraffte Version des gesamten Buches beinhalten.

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75
Lektion 7

Bei der Recherche Sie werden schnell feststellen, dass Sie von dem einen oder anderen Buch nur ein kurzer
sind mehrere Abschnitt interessiert. Genauso kann es Ihnen passieren, dass Sie beim Anlesen neue Ideen
Durchgänge völlig haben und plötzlich genau wissen, welcher Aspekt Ihnen noch fehlt. Dann werden Sie erneut
normal. relevante Literatur auftreiben müssen, um diese Ideen konkret zu entwickeln. Somit fängt der
Kreislauf wieder von vorne an: Sie recherchieren erneut, prüfen, entwickeln abermals neue
Ideen und identifizieren womöglich ein drittes Mal oder gar ein viertes Mal weiteren Recher-
chebedarf. Das ist völlig normal.

Beispiel:
Sie wollen zum Thema: „Altersgemischte Teams in der Automobilbranche“ forschen. Sie
haben ein gutes Buch aus der Arbeits- und Organisationspsychologie zum Thema Teamzusam-
mensetzung gefunden. Darin ist ein Kapitel zum Thema: „Alternde Belegschaft“ enthalten.
Bei der Lektüre merken Sie, dass dieses Buch wichtige rechtliche Rahmenbedingungen gar
nicht abdeckt. Es wird Ihnen klar: Das Thema: „Altersteilzeit“ ist extrem relevant für Sie (etwa
weil sich langsam eine Fragestellung herauskristallisiert in der Art von: Was kann das mittlere
Management langfristig an innerbetrieblichen Weichenstellungen leisten?) und Sie müssen
darüber mehr in Erfahrung bringen.

Je weiter Sie mit Ihrer gedanklichen Strukturierungsarbeit gekommen sind, je genauer die
Fragestellung formuliert ist und je sicherer Sie wissen, mit welcher Methode Sie arbeiten wol-
len, desto effizienter können Sie entscheiden, ob Material genutzt werden kann oder nicht.

Daher bietet es sich an, die weitere Materialauswahl mit der Arbeit an der Gliederung, die im
folgenden Lernzyklus beschrieben wird, zu verbinden. Diesem weiteren Material sollten Sie
sich dann etwas ausführlicher widmen. Beginnen Sie nun zu exzerpieren und ordnen Sie die so
gewonnenen Informationen Ihrer Gliederung zu (dazu ebenfalls im nächsten Lernzyklus
Notieren Sie mehr). Notieren Sie aussagekräftige oder eingängige Zitate und notieren Sie sofort die Quellen,
alle Quellen sofort. damit Sie später nicht den Überblick verlieren. Ein nachträgliches Zusammensuchen der
Quellenangaben wird fast immer unterschätzt und hat schon viele Studierende in die Verzweiflung
getrieben.

Nehmen Sie sich für die Materialfindung, -bewertung und -auswahl viel Zeit. Wissenschaftli-
ches Arbeiten besteht darin, neue Gedanken zu entwickeln und zu formulieren. Diese brau-
chen Zeit, um zu reifen.

7.3 Eine Gliederung entwickeln


Wenn Sie bis hierher gekommen sind, dann haben Sie eine exakte Fragestellung innerhalb
einer wissenschaftlichen Problematik formuliert und sich einen Überblick über die Literatur
zum Thema verschafft. Eigentlich könnten Sie nun mit dem Schreiben beginnen.

Doch halt! Bevor es tatsächlich soweit ist, kommt nochmals ein wesentlicher Schritt der
Denkarbeit. Sie erinnern sich an Lektion 4? Guten Fragestellungen folgt inhaltlich zwangsläufig
eine bestimmte Gliederung. Für die Gliederung von Referaten oder Vorträgen gilt zusätzlich,
dass Sie dafür sorgen müssen, dass die Zuhörer Ihrem Vortrag inhaltlich und logisch folgen
können. Daher sind hier oftmals Kompromisse zu schließen. So sollten Sie beispielsweise in
einem Vortrag möglichst nicht über die zweite Gliederungsebene hinausgehen.

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Das Referat

Der wissenschaftliche Vortrag unterscheidet sich auf der ersten Gliederungsebene kaum von Auch ein Referat
allen anderen Vorträgen: Einleitung – Hauptteil – Schluss. braucht eine gute
Gliederung.
Die Einleitung sollte neben der Begrüßung und einer allgemeinen Hinführung zum Thema
folgende Punkte enthalten:
Einleitung
• Einführung einer Problematik
• Etablieren der Fragestellung
• Zentrale Begriffserklärung beziehungsweise (bei umstrittenen Begriffen) Begriffsdiskussion
• Oftmals wird auch bereits in der Einleitung diskutiert, nach welcher Methode man die
Fragestellung bearbeiten will.
• Die Ergebnisse der methodischen Untersuchung werden üblicherweise bereits in der
Einleitung vorweggenommen, indem man eine Hypothese verkündet.

Vielleicht wird Ihnen der letzte Punkt nicht gefallen, da hierbei die „Auflösung“ bereits ganz
am Anfang verraten wird. Ein solches Vorgehen widerspricht jeder Erzähltechnik, die sich an
Spannungsbögen orientiert. Aber bedenken Sie: In der Wissenschaft sollte es darum gehen, die
Verständnishürden eines Vortrags so niedrig wie möglich zu halten. Wissenschaft ist kein Kri-
minalroman, bei dem ein durchkomponierter Spannungsbogen oberstes Gebot ist. Auch,
wenn ein paar Spannungselemente einen wissenschaftlichen Vortrag extrem bereichern kön-
nen, gilt: Die Verständlichkeit des Vortrags geht in jedem Fall vor.

Gemäß der „Erzählkonvention“ im wissenschaftlichen Betrieb dient der Hauptteil dazu, die Hauptteil
(in der Einleitung) angekündigte Hypothese zu belegen. Im ersten Teil des Hauptteils wenden
Sie also wie angekündigt Ihre Methode an und führen Ihre Analyse durch beziehungsweise
flechten ein stringentes Argumentations- und Interpretationsnetz, das Ihre Hypothese plausi-
bel und intersubjektiv transmissibel macht. Gehen Sie dabei aber nicht so sehr in die Tiefe,
dass Sie auch den letzten Zuhörer verlieren. Ein Vortrag ist keine Dissertation. Haben Sie Mut
zur Lücke.

Üblicherweise sollten Sie im ersten Teil des Hauptteils auf Bewertungen möglichst ganz ver-
zichten. Diese gehören in den zweiten Teil des Hauptteils, wenn es darum geht, die bisherigen
Ergebnisse zu diskutieren. Dort sind Bewertungen und Werturteile angemessen.

Die Feingliederung des Hauptteils (also die zweite Gliederungsebene/die Unterkapitel) ist hin-
gegen nicht schematisch geregelt, sondern ergibt sich aus dem Thema selbst.

Im Schlussteil fassen Sie die Ergebnisse inklusive Einschätzung üblicherweise nochmals Schluss
zusammen und geben einen Ausblick.

Ein besonders in Frankreich verbreiteter Trick, den roten Faden bewusst durch die Arbeit zu
legen, besteht darin, die Überschriften oder Unterüberschriften durch ganze Aussagesätze zu
ersetzen. Oftmals werden dabei Sätze durch Pünktchen in mehrere Teile zerlegt.

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Lektion 7

Beispiel:
Gliederung des Hauptteils eines Vortrags zum Thema: „Wirtschaftsförderung in Gebietskör-
perschaften“

2.1. Der Wandel von der ursprünglichen staatlichen Gewerberegelung ...


2.1.1. Durch die historische Ausdehnung der lokalen Gewerberegelungen auf alle Wirt-
schaftsbereiche ...
2.1.2. ... und durch die finanzielle Autonomie der Gebietskörperschaften in wirtschaftli-
chen Angelegenheiten lokaler Betriebe ...
2.2. ... zu einem wettbewerbsverzerrenden System der Wirtschaftsförderung ...
2.2.1. ... kommt es zu einer zunehmenden Politisierung der Gewerberegelungen ....
2.2.2. ... sodass Gewerbe- und Industriepolitik als Handlungsfelder von Lokalpolitik ent-
stehen.
2.3. ... welches über das EU-Recht zunehmend lückenlos begrenzt und rechtlich ein-
gerahmt wird.
2.3.1. Das EU-Recht verbietet zwar keine Inländerdiskriminierung, ...
2.3.2. ... aber das vergemeinschaftete Wettbewerbsrecht kommt letztlich auch inländischen
Unternehmen zu Gute.

Ihr wichtigstes Kriterium bei der Erstellung ist immer die Fragestellung und die Hypothese:
Dient der einzelne Punkt der Beantwortung der Fragestellung, ist der Inhalt wichtig für das
Verständnis des Gesagten? Wenn Sie diese Frage nicht mit „Ja“ beantworten können, halten
Sie kurz und inne und überlegen, warum Sie den Abschnitt bei den ersten Überlegungen den-
noch aufgeführt hatten. Stünde es dem Vortrag vielleicht gut an, wenn der betreffende Punkt
gestrichen würde? Oder genügt es vielleicht, den Inhalt gegebenenfalls an eine andere Stelle
der Gliederung zu schieben?

7.4 Die Kernbotschaft


In Lektion 4 haben Sie gelernt, wie man aufmerksam zuhört. Sie wissen also, dass die Zuhö-
renden mit eigenen Fragestellungen Ihrem Vortrag lauschen werden. Im Idealfall haben beide
Seiten – Sie wie auch die Zuhörer – die gleiche Fragestellung im Kopf. Divergieren hingegen
die Fragestellungen, dann werden Sie vermutlich wenigstens sicherstellen wollen, dass eine
Vermitteln Sie Hauptbotschaft bei Ihrem Gegenüber ankommt. Die Vermittlung einer Hauptbotschaft ist
eine auch deshalb wichtig, weil in den meisten Fällen die Aufmerksamkeitsspanne der Zuhörer
Hauptbotschaft. deutlich kürzer ist als der Vortrag. Das klingt zunächst nach einer recht banalen Feststellung.
Trotzdem ist die Versuchung groß, aus Liebe zum Detail auf vielschichtige, nuancierte Bot-
schaften zu beharren. Bedenken Sie, dass ihr Publikum – anders als Sie – sich in die Materie
nicht ausgiebig eingelesen hat.

Haben Sie daher den Mut, in Vorträgen auch einmal etwas plakativ zu sein. Machen Sie sich
unbedingt klar, was Ihre Kernbotschaft ist. Beenden Sie Ihren Vortrag, indem Sie Ihre Haupt-
botschaft überdeutlich aufzeigen. Leider sieht es in der Realität so aus, dass beim breiten Pub-
likum oftmals nur eine Information ankommt: Diese sollte Ihre Hauptbotschaft sein. Vor
allem dann, wenn Sie für die anschließende Diskussion verantwortlich sind, wird die Kernbot-
schaft die Hauptgrundlage der folgenden Debatte sein.

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78
Das Referat

Natürlich können Sie statt einer Kernbotschaft Ihren Zuhörenden auch offene Fragen auf den
Weg geben. Sie geben dann etwa vor, was Sie gerne mit dem Auditorium diskutieren möchten
oder welche Gedankenstöße Sie interessant finden. Hier besteht aber das Risiko, dass Sie das
Auditorium überfordern. Das typische Ergebnis hierfür sind Diskussionsrunden, die aus
Schweigen bestehen. Auf die plakative Kernbotschaft zugunsten subtilerer Techniken der
Informationsvermittlung zu verzichten, erfordert daher eine ganze Portion Erfahrung.

Statt eines Fazits noch ein Wort zum Sprachstil:


Im Gegensatz zu Ihrer schriftlichen Arbeit, bei der nach Belieben vor- und zurückgeblättert
werden kann, lässt sich ein Referat nicht zurückspulen. Daher dürfen Sie im mündlichen Refe-
rat jederzeit ausgiebig wiederholen. Dies kann sogar äußerst sinnvoll sein, um die wichtigsten
Punkte zu betonen. Wiederholen Sie allerdings nur jene Punkte, die Sie auch wirklich für
zentral halten. Entsprechend kann die Zusammenfassung am Ende des Vortrags voller Redun-
danzen sein. In einem mündlichen Vortrag erhöht dies die Wahrscheinlichkeit, beim Publi-
kum nachhaltige Wirkung zu erzielen.

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Lektion 7

Zusammenfassung

Beim Referat erfordert schon die Wahl des Themas eine gewisse Sorgfalt. Auch nach
der Themenwahl lassen sich in Absprache mit der Seminarleitung oft noch Schwer-
punkte durch die exakte Formulierung des Themas setzen. Lassen Sie sich bei der
Themenwahl von Ihren Interessen leiten.

Der zweite Schritt bei der Vorbereitung eines Referats ist die Recherche, im Zuge
derer Material zum gewählten Thema gesammelt wird. Hat man sich erst einmal
einen Überblick über das zu behandelnde Themengebiet verschafft, ist es Zeit, eine
erste Gliederung zu entwickeln.

Beim Verfassen der Gliederung sollten Sie immer Ihre Kernbotschaft und Ihre Hypo-
these im Hinterkopf behalten. Gerade beim Referat kommt es darauf an, Ihre Haupt-
aussage möglichst präzise zu vermitteln. Hierbei dürfen Sie in Einzelfällen durchaus
auch plakativ arbeiten.

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Lektion 8
i e D i s k u ss i o n
D

LERNZIELE

Nach der Bearbeitung dieser Lektion werden Sie …


…… Ihren Vortrag als Teil eines Lernprozesses begreifen.
…… wichtige Instrumente für Diskussionen kennen.
…… die Bedeutung von Feedback für den eigenen Lernprozess verstehen.
Lektion 8

8. Die Diskussion

Aus der Praxis Das pure Heruntererzählen von Fakten als Selbstzweck ist hochgradig unwissenschaftlich.
Wissenschaft ist ohne wissenschaftlichen Austausch – also ohne Kommunikation – undenkbar.
Debatten, Dispute und Diskussion sind daher integraler Bestandteil von Studium und For-
schung. Sie erinnern sich sicher: Schon im Einleitungsbeispiel dieses Skriptes ging es darum,
dass unser junger Forscher seinem skeptischen Nachbarn am Gartenzaun vorschlägt, eine Ein-
sicht gemeinsam als wahr zu vereinbaren. Dieses Beispiel wurde mit Bedacht gewählt, denn
gerade die Diskussion um Ideen und Hypothesen hat zentrale Bedeutung für die Wissenschaft.
In anderen Worten: Wissenschaft ist Kommunikation.

Wir wollen uns in dieser Lektion daher in besonderem Maße dem kontroversen Gespräch
widmen. Wie organisiert man die Diskussion am Ende eines Vortrags? Wie holt man sich für
sein Referat bewusst eine Rückmeldung?

8.1 Der Kontext des Vortrags


Ein Referat existiert nicht im luftleeren Raum. Sowohl während des Studiums als auch auf
Symposien und Konferenzen ist das einzelne Referat beziehungsweise der einzelne Vortrag nur
ein Bestandteil eines größeren Ganzen. Denken Sie bei der Vorbereitung daran, Ihr Referat in
den gegebenen Rahmen einzupassen. Das gilt für die Länge der Redezeit ebenso wie für die
anschließende Diskussion. Klären Sie im Vorfeld ab, was von Ihnen erwartet wird.

Es ist zunehmend üblich, dass der Referent nicht nur seinen Vortrag hält, sondern auch die
anschließende Diskussion leitet. Im Kontext des Studiums bedeutet das, dass Ihnen die
komplette Gestaltung einer (Doppel-)Stunde überlassen wird. In diesem Fall sollte Ihr Referat
Beachten Sie den nur die Initialzündung für weitere Aktivitäten geben. Je nach Veranstaltungskontext und
Kontext, Anforderung ergibt sich unter Umständen sogar von vornherein die Möglichkeit, Ihren Vor-
in dem Sie ihr trag so zu planen, dass er diskursive Elemente und direktes Mitmachen der Zuhörenden ent-
Referat halten. hält.

In einem Sitzungskonzept aus dem angelsächsischen Raum gibt es beispielsweise zum Haupt-
vortrag ein Koreferat oder eine Gegenrede. Wenn Sie als Teil einer Arbeitsgruppe die Sitzung
vorbereiten sollen, können Sie nach diesem Vorbild arbeitsteilig werden.
Ebenso möglich ist es, im Vorfeld des Referats einen Arbeitsauftrag etwa in Form einer kurzen
Lektüre zu stellen. Dies ist jedoch im Vorfeld abzuklären. Bedenken Sie vor dem Hintergrund
des zusätzlichen Arbeitsaufwands für Ihre Zuhörer allerdings in diesem Fall immer, dass für
gewöhnlich ein Großteil den Text nicht lesen wird.

Bedenken Sie auch, dass in vielen Fällen Ihre Zuhörer gerade aus einer anderen Veranstaltung
kommen oder von einer ganztägigen Blockveranstaltung erschöpft sind. Eine Doppelstunde
oder ein Vortrag dürfen durchaus damit beginnen, den Zuhörenden einen Moment Zeit zu
geben, um diese dann thematisch abzuholen. Hierzu eignet sich beispielsweise die Bitte, zum
Thema der Sitzung im Kopf eine eigene Frage geistig zu notieren. Hierdurch können sich die
Zuhörer besser auf eine Problematik einlassen und zu aktiven Hörern werden.

Können Sie Ihren Vortrag auch dann gut halten, wenn er durch Zwischenfragen unterbrochen
wird? Oder bevorzugen Sie einen Fragenblock am Ende des Referats?

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Die Diskussion

Überlegen Sie sich dies vorher und kündigen Sie es Ihrem Publikum entsprechend an. Wenn
Sie nicht unterbrochen werden wollen, kann es sich bei längeren Vorträgen anbieten, eine
Pause für Verständnisfragen einzubauen.

8.2 Die Moderation einer Diskussion


Die Moderation einer Diskussion leitet man am besten damit ein, dass man zunächst im direk-
ten Anschluss an einen Vortrag Verständnisfragen klärt. Hierzu gehört es, diffus gebliebene klären Sie zunächst
Begrifflichkeiten zu klären, die Zusammenhänge noch einmal darzulegen oder einzelne Infor- Verständnisfragen
mationen zu wiederholen. Äußert jemand zu diesem Zeitpunkt bereits eine Diskussionsfrage,
dankt man dafür und bittet, die Frage im Kopf zu behalten oder zu notieren und nach Klärung
der Verständnisfragen erneut zu stellen.

Erst, wenn alle Verständnisfragen geklärt sind, sollten Sie sich den Diskussionsfragen widmen. Kommen Sie
Dabei kann es sinnvoll sein, mehrere Fragen zunächst zu sammeln und dann gebündelt zu erst dann zu
beantwortet. Auf diese Weise lassen sich manchmal Verknüpfungen zwischen einzelnen Kom- den eigentlichen
plexen deutlicher aufweisen. Die Sammlung mehrerer Fragen sollte aber nicht als Trick dienen, Diskussionsfragen.
um ungeliebte Inhalte wegzumanipulieren.

Ebenfalls wichtig ist es, eigene Diskussionsfragen und -impulse bereitzuhalten. Wenn die Dis-
kussion nicht von selbst aufflammt, äußern Sie eine leicht angreifbare These. Auf diese Weise
ist Ihre Chance groß, eine lebhafte Reaktion zu erhalten. Falls Ihnen diese Vorgehensweise als
zu heikel erscheint, können Sie die Zuhörer auch nach Ihren eigenen Erfahrungen zu den
referierten Inhalten fragen. Auch das hilft oft, das Eis zu brechen und ein Gespräch in Gang
zu bringen.

Bedenken Sie aber: Ihre Aufgabe ist es, die Diskussion zu entfachen, und nicht, sie zu gewin-
nen. Wenn die Diskussion erst einmal läuft, besteht Ihre Aufgabe lediglich in der Moderation.
In dieser Funktion dürfen Sie auch gerne einige Zuhörer bitten, des Teufels Anwalt (advocatus
diaboli) zu spielen. Gemeint ist damit, dass im Rahmen einer Diskussion Positionen einge-
nommen werden, die nicht der persönlichen Überzeugung entsprechen, die den Verlauf der
Diskussion aber beleben und bereichern.

Der Sinn der Moderation ist es, einer bereits in Gang gekommenen Diskussion einen roten Ihre Aufgabe ist es,
Faden zu geben. Das Beste, was Ihnen gelingen kann, ist, eine Diskussion mit den sanften die Diskussion zu
Mitteln der Gesprächsführung derart zu gestalten, dass der Diskussionsverlauf einer sinnvollen moderieren.
Gliederungslogik folgt. Das ist eine hohe Kunst. Als Moderator können Sie hierfür Äußerun-
gen zusammenfassen und konträre Positionen deutlich machen. Sie dürfen zu Wortmeldun-
gen Nachfragen stellen („Wie würden Sie vor dem Hintergrund Ihrer interessanten Ausfüh-
rungen dann aber den Zusammenhang XY deuten?“). Überlegen Sie sich im Vorfeld mögliche
Fragestellungen für die Diskussion, die Sie je nach Verlauf verwenden können.

Geben Sie möglichst viele der aufkommenden Fragen an das Publikum ab („Wer hat zu dieser Bereiten Sie
Position eine Entgegnung? Oder ist diese Position für Sie überzeugend?“). Was allerdings das sich gut vor.
Faktenwissen angeht, sind Sie in der Pflicht. Sie müssen jederzeit damit rechnen, nach zusätz-
lichen Fakten gefragt zu werden. Bereiten Sie sich also über den eigentlichen Vortrag hinaus
vor und lesen sich gut in Ihr Thema ein.

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Lektion 8

Es ist im Sinne einer gelungenen Diskussion besser, Sie erteilen das Wort, als dass alle durch-
einanderreden. Achten Sie aber darauf, dass Sie nicht als „Chef“ rüberkommen. Lassen Sie
niemanden Ihren Ärger spüren, der unaufgefordert dazwischenruft. Wenn Sie das Wort
erteilen, so tun Sie das in der geistigen Haltung eines Dienstleisters, der dem Publikum
Moderationsdienste anbietet. In derselben Geisteshaltung dürfen Sie Wortmeldungen zurück-
stellen, wenn Sie zwar zum Thema passen, aber nicht zur aktuell besprochenen Teilfrage.
Bedanken Sie sich auch für momentan unpassende Wortmeldungen und bitten Sie darum, die
Frage zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal aufgreifen zu dürfen.

Zur Moderationsführung gehört allerdings nicht nur die inhaltliche Komponente. Sie müssen
Beachten Sie zudem die allgemeinen Feedbackregeln kennen und anwenden.
die allgemeinen
Feedbackregeln. Bedanken Sie sich für jede Wortmeldung, auch wenn Sie einen Beitrag dumm oder unpassend
finden. Formulieren Sie Kritik möglichst positiv („Das ist ein interessanter Einwand, den Sie
da vorbringen. Ich frage mich aber, ob der Punkt XY tatsächlich in Anbetracht von Z haltbar
ist“). Pflegen Sie in Urteilen einen subjektiven Stil („Ich bezweifle ...“) und stellen Sie keine
allgemeinen Behauptungen auf („Das ist falsch!“).

Seien Sie in Ihren Äußerungen möglichst beschreibend („Mich überzeugt das nicht aus diesem
und jenem Grund“), anstatt zu werten („Was Sie sagen, ist doch unhaltbar“).

Wenn die Zeit um ist, dann beenden Sie die Diskussion am besten dadurch, noch einmal die
wichtigsten Punkte zusammenzufassen und anschließend allen Teilnehmern zu danken.

Schließlich noch ein Wort zum Umgang mit „schwierigen Leuten“. Immer wieder kommt es
vor, dass Menschen sich an Diskussionen in einer Art und Weise beteiligen, die die Diskussion
formal zu sprengen droht. Wenn jemand pöbelt und andere beleidigt, müssen Sie in Ihrer
Funktion als Moderator diese Person in die Schranken weisen oder im schlimmsten Fall aus
der Diskussion ausschließen.

Noch schwieriger wird es, wenn persönlicher Frust mit Sachargumenten getarnt wird.

Beispiel:
In Berlin steht die Gedenkstätte Berliner Mauer immer wieder vor dem Problem, dass ehe-
malige Stasi-Mitarbeiter versuchen, bei öffentlichen Führungen die Gedenkstätte zu dis-
kreditieren. Dabei geben sie sich nicht zu erkennen, sondern mischen sich unter das gewöhn-
liche Publikum. In einer ersten Phase wird mit immer detaillierteren Fragen das Faktenwissen
des Gedenkstättenpersonals abgefragt. Es ist nicht verwunderlich, dass ein ehemaliger Grenz-
offizier dem Gedenkstättenpersonal an detailliertem Faktenwissen überlegen ist. Nicht selten
gelingt es also dem ehemaligen Stasi-Mitarbeiter, dem Personal der Gedenkstätte publikums-
Wechseln Sie wirksam Wissenslücken nachzuweisen. In einem zweiten Schritt wird dann unter Ausnutzung
in schwierigen der angeblichen Wissenslücke mit sehr elaborierten Pseudoargumenten „nachgewiesen“, dass
Situationen auf die es den Schießbefehl an der Mauer nie gegeben habe und alle Mauertoten auf einen gewöhn-
Meta-Ebene. lichen Polizeieinsatz zurückzuführen seien. Dies sei angeblich ein legitimer Akt eines unabhän-
gigen Staates. Auf diese Weise gelingt letztlich eine Diskreditierung sowohl der Gedenkstätte
als auch der Mauertoten.

Der größte Fehler, den das Gedenkstättenpersonal in so einer Situation machen kann, ist es,
sich auf dieses Spiel einzulassen. Im Streit um hochdetailliertes Faktenwissen kann man ohne

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84
Die Diskussion

vorherige Akteneinsicht gegen einen ehemaligen Stasi-Offizier nur den Kürzeren ziehen. Vor
allem aber führt der eskalierende Streit dazu, dass die restlichen Gedenkstättenbesucher sich
aus dem Streit zurückziehen und sich auf die Zuschauerrolle beschränken. Eine wirkliche Dis-
kussion kann unter diesen Umständen nicht mehr stattfinden.

Die richtige Vorgehensweise besteht in diesem Fall darin, die anderen Besucher der Gedenk- Gegen unfaire
stätte von vorneherein in die Diskussion mit einzubeziehen. Dies kann beispielsweise dadurch Angreifer
gelingen, indem die Fragen des Störenfrieds an das Publikum weitergeleitet werden („Stimmen hilft es,
Sie diesen Aussagen zu?“). Die anderen Gedenkstättenbesucher sind von diesem Augenblick sich mit dem
an nicht mehr in der Lage, sich auf die bloße Beobachterposition zurückzuziehen. Für gewöhn- Publikum zu
lich wird der „Stasi-Mann“ dann lautstark in seine Schranken verwiesen. verbünden.

Sollten Sie also jemals in die unerfreuliche Situation geraten, im Rahmen einer Moderation
mit „schwierigen Leuten“ zu tun zu haben, dann denken Sie immer daran: Wenn Sie es schaf-
fen, das Publikum zu aktivieren, ist es Ihr stärkster Verbündeter.

8.3 Die Online -Diskussion


Noch ein Wort zu Diskussionen, die im Rahmen Ihres Fernstudiums auf Online-Plattformen
durchgeführt werden. Online-Diskussionen folgen nicht grundsätzlich anderen Regeln als die
klassische face-to-face-Diskussion. Die technischen Gegebenheiten erfordern allerdings eine
Anpassung. Die beiden wesentlichen Unterschiede sind einerseits die fehlende Körpersprache
und Intonation sowie andererseits die zeitliche Ungleichzeitigkeit der Diskussionsbeiträge.

Das Fehlen von Körpersprache und Intonation führt häufig zu (teilweise nur vermeintlichen) Das Fehlen von
verbalen Entgleisungen, die bei einem persönlichen Kontakt der Diskutanten so wohl nicht Körpersprache und
aufgetreten wären. Dies liegt daran, dass es bei Online-Diskussionen nicht möglich ist, noch Intonation
während des Sprechens nonverbale Signale des Gegenübers zu berücksichtigen und die eige- erschwert Online-
nen Äußerungen entsprechend zu modifizieren. Diskussion.

Die ausgiebige Nutzung von Emoticons hat hierbei meist eine harmonisierende Wirkung. Es
empfiehlt sich also, eher zu viele als zu wenige Emoticons zu nutzen. Auf keinen Fall sollte
allerdings der Lesefluss gestört werden.

Die Ungleichzeitigkeit der Diskussionssituation hat zur Folge, dass unklar ist, bis wann eine
Diskussion genau geht und wer überhaupt noch Teil der Diskussionsrunde ist. Das wird
besonders dann problematisch, wenn bei einzelnen Diskussionssträngen oder Redebeiträgen
nicht klar ist, ob hier Desinteresse der Diskussionspartner vorliegt oder Antworten noch zu
erwarten sind. Hier sollten Sie für Transparenz sorgen, indem Sie einen zeitlichen und inhalt-
lichen Rahmen setzen.

Rekapitulieren Sie daher in einem Forum immer wieder den aktuellen Stand der Diskussion,
um eine gemeinsame Basis zu schaffen. Was sind die Hauptpositionen und -argumente? Wel-
che Fragen sind noch offen?

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85
Lektion 8

Wenn Sie bereits Erfahrungen mit Internetforen haben, machen Sie sich klar, dass die meisten
Forumsmoderatoren in den meisten Fällen gar keine Moderationsleistung erbringen, sondern
rein technisch administrieren. Im Rahmen Ihres Fernstudiums wäre es allerdings wünschens-
wert, dass Sie echte Moderationsleistung erbringen, so wie sie vorangehend skizziert wurde.

Das Ende einer Online-Diskussion unterscheidet sich im Grunde genommen nicht stark von
klassischen Diskussionsformen. Zum Schluss werden sowohl die Kernpunkte des Referats als
auch die Hauptargumente aus der Diskussion zusammengefasst. Auf diese Weise können alle
Teilnehmenden auf einen gemeinsamen Stand gebracht werden. Zudem können hier noch
offene Fragen angesprochen werden.

Auch bei einer Online-Diskussion ist es sehr angenehm, wenn der Moderator sich für die rege
Teilnahme – so sie denn rege war – und die interessanten inhaltlichen Beiträge bedankt.

8.4 Feedback
Um sich laufend verbessern zu können, brauchen Sie eine Rückmeldung über Ihre Leistungen.
Holen Sie Aus diesem Grund sollten Sie nach jedem Referat unbedingt aktiv Feedback sowohl von
Feedback ein. Ihrem Dozenten als auch von Ihren Kommilitonen einholen. Nur so können Sie sich weiter-
entwickeln.

Gerade im Rahmen von Vortragssituationen unterscheidet sich die Eigen- von der Fremdper-
spektive erheblich. Dabei ist die Fremdperspektive wichtiger als die Eigenperspektive, da das
Ziel eines Referates ja ist, bei den Zuhörenden gut anzukommen.

Inhaltliches Die Rückmeldung sollte zwei Ebenen abdecken: Normalerweise erfolgt die sogenannte inhaltliche
Feedback Evaluation durch einen Wissenstest. Das ist im Falle eines Referats natürlich nicht möglich.
Aber Sie können den Lernerfolg Ihres Vortrags ein Stück weit abfragen, indem Sie Ihre Kom-
militonen um eine Einschätzung bitten, ob Ihr Beitrag inhaltlich als gewinnbringend empfun-
den wurde.

Methodisches Beim persönlichen und methodischen Feedback erhalten Sie eine Rückmeldung über Ihre
Feedback Vortragsweise und vor allem darüber, wie diese bei Ihren Zuhörenden angekommen ist. Ein
persönliches Feedback sollte immer in einer Atmosphäre des gemeinsamen Lernens statt-
finden. Rechnen Sie damit, dass das Feedback widersprüchlich ausfällt. Manche Menschen
empfinden beispielsweise die Nervosität des Vortragenden als authentisch, manche als unpro-
fessionell.

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86
Die Diskussion

Am Ende steht Ihre eigene Reflexion. Gehen Sie gedanklich nochmals Ihre Arbeit, Ihren Vor-
trag, den Verlauf der Sitzung sowie die Rahmenbedingungen durch und ziehen Sie Ihr persön-
liches Fazit.

Zusammenfassung

In dieser Lektion haben Sie gelernt, das Referat als Teil eines Lernprozesses zu sehen.
Ein Referat ist nicht nur reine Informationsvermittlung, sondern auch ein Stück
Gliederungsarbeit und Diskussionskultur. Die vermittelte Information wird anhand
einer Fragestellung ausgewählt, gegliedert und didaktisch aufbereitet, sodass Sie im
Anschluss an den Vortrag im Rahmen einer moderierten Diskussion noch einmal
vertieft werden kann.

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87
Lektion 9 n d
t r i e r u n g u
Zuhörerzen n
n s te c h n i ke
Präsentatio

LERNZIELE

Nach der Bearbeitung dieser Lektion werden Sie …


…… weitere praktische Tipps für die Umsetzung Ihres Vortrags kennen.
…… verschiedene Möglichkeiten der Illustration kennen.
…… w
 issen, wie mit diesen verschiedene Lerntypen angesprochen
werden.
…… Möglichkeiten kennenlernen, Ihren Vortrag zu üben.
Lektion 9

9. Zuhörerzentrierung und Präsentationstechniken

9.1 Der Verantwortungsbereich


Beispiel:
Stellen Sie sich vor, sie wollen ein klassisches Konzert besuchen und geraten stattdessen in eine
Kunstperformance, im Rahmen derer Beethovens Musik mit einer Fußballübertragung
kombiniert wird.

Wie würden Sie als Liebhaber klassischer Musik reagieren? Würden Sie empört den Konzert-
saal verlassen oder würden Sie sich auf das Experiment einlassen? Das hängt neben Ihrer
aktuellen Stimmung sicher auch von Ihrem Charakter ab. Gleichgültig, was Sie in dieser
Situation tun: Die Entscheidung liegt alleine bei Ihnen und nicht bei den Künstlern.
Selbst dann, wenn diese ihre Performance auf hohem künstlerischem Niveau darbringen,
kommt es am Ende auf die Offenheit und Experimentierfreude des Publikums an, ob die Vor-
stellung ein Erfolg wird oder durchfällt.

Sie sind nicht Analog dazu sind Sie nicht für alles verantwortlich, was während Ihres Vortrags und der
für alles anschließenden Diskussion passiert. Ihre Verantwortung besteht alleine darin, gut vorbereitet
verantwortlich, zu sein und handwerkliche Perfektion anzustreben. Falls Ihr Vortrag trotz guter Vorbereitung
was während kein Erfolg wird, kann es dafür auch Gründe geben, die außerhalb Ihres Verantwortungs-
der von Ihnen bereichs liegen. Ein Auditorium kann müde sein. Ihr Vortrag kann auf einer Tagung zeitlich
moderierten oder örtlich ungeschickt gesetzt worden sein.
Diskussion
geschieht. Wenn Sie handwerklich gut argumentiert und hergeleitet haben, wenn Sie also wissenschaft-
lich sauber gearbeitet haben, dann können Sie mit Ihrer Arbeit zufrieden sein.

9.2 Die verschiedenen Lernkanäle bedienen


Menschen sind unterschiedlich. Ein Teil dieser Individualität äußert sich darin, dass Informa-
tionen über unterschiedliche Wahrnehmungskanäle aufgenommen werden.

Die wichtigsten Lernkanäle sind der akustische Lernkanal, der visuelle Lernkanal und der
Es gibt unter- taktile Lernkanal. Je mehr Lernkanäle gleichzeitig angesprochen werden, umso größer ist der
schiedliche Lernerfolg. Das gilt für das Selbststudium ebenso wie für Vorträge. Wenn Sie also Ihren Vor-
Lerntypen. trag ohne Zuhilfenahme von zusätzlichen Medien halten, werden Sie vermutlich weniger
Um diese gleich- Erfolg haben, als wenn Sie so viele zusätzliche Reize wie möglich schaffen. Im Umkehrschluss
mäßig gut zu bedeutet das, dass Sie bei Ihrem Vortrag möglichst viele unterschiedliche Kanäle bedienen
erreichen, müssen sollten. Den visuellen Kanal zu bedienen bedeutet allerdings nicht selten einen erheblichen
verschiedene Mehraufwand bei der Vorbereitung des Vortrags. Dennoch sollte darauf nicht verzichtet wer-
Lernkanäle bedient den. Bei der Konzeption eines Vortrags den taktilen Kanal mit einzubeziehen, kann in man-
werden. chen Fällen durchaus Sinn machen; meistens steht hier aber der Mehraufwand in keinem
Verhältnis zum zusätzlichen Gewinn.

Einige Anmerkungen zu PowerPoint


Besonders in den Wirtschaftswissenschaften ist es inzwischen gängig, Vorträge und sogar ganze
Vorlesungen unter massiver Nutzung von Präsentationssoftware wie etwa PowerPoint zu hal-
ten. Im Laufe Ihres Studiums werden Sie daher nicht umhin kommen, sich an den speziellen
Vortragsstil, der mit dieser Software einhergeht, zu gewöhnen.

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90
Zuhörerzentrierung und Präsentationstechniken

Die Nutzung von Präsentationssoftware ist ein bequemes Mittel, Wort und Bild (seltener:
Ton) zu verbinden und damit verschiedene Lernkanäle anzusprechen. Zudem kann der Ein-
satz einer solchen Software helfen, Inhalte zu gliedern und Aussagen schon alleine aus Platz-
gründen auf die wesentlichen Stichpunkte zu verdichten.

Doch bei allen Vorteilen von Präsentationssoftware sollen hier auch kurz die Nachteile ange- Nachteile von
sprochen werden. Die größte Gefahr im Zusammenhang mit dem Einsatz von technischen Präsentations-
Hilfsmitteln besteht darin, den eigentlichen Vortrag zu vernachlässigen. software:

Pöhm (2006) kritisiert in diesem Zusammenhang, dass bei PowerPoint das Publikum der Ver- Die visuelle
suchung ausgesetzt ist, projizierte Texte im Augenblick ihres Erscheinens sofort zu lesen. Hier- Präsentation
bei stört der Redefluss des Vortragenden. Anstatt also zwei Lernkanäle miteinander zu verbin- konkurriert mit
den, stehen sie in direkter Konkurrenz zueinander. Anstatt den Lernerfolg durch den Einsatz dem Vortrag.
von Präsentationssoftware zu verbessern, verliert der Vortrag an Qualität.

Joachim Knape (2007), der in Tübingen den Lehrstuhl für Rhetorik innehat, spitzt diese These
weiter zu. Er führt an, dass PowerPoint nicht nur in Konkurrenz zum gesprochenen Wort, son-
dern zur gesamten Persönlichkeit eines Vortragenden trete. Während im klassischen Vortrag Die Präsentation
jedes gesprochene Wort durch Gestik und Mimik untermauert und dadurch verstärkt werde, konkurriert mit der
überlagere der visuelle Reiz von PowerPoint die Körpersprache. Dadurch würden Mimik und Persönlichkeit des
Gestik nicht mehr klar wahrgenommen. Um das Konkurrenzverhältnis zwischen Redner und Vortragenden.
PowerPoint zu entschärfen, sei ein bewusster Umgang mit diesem neuen Medium nötig.

Dass Körpersprache keine zu vernachlässigende Größe darstellt, hat Mehrabian (1967) in


einem bemerkenswerten Aufsatz dargelegt. Mehrabian ermittelte experimentell, dass bei einem
Vortrag vor einer Gruppe 55 Prozent der Wirkung durch die Körpersprache erzielt wird und nur Fehlende
45 Prozent auf Stimmlage und Inhalt zurückgehen. Auch wenn Mehrabians Daten, die aus Körpersprache
einer sehr speziellen Experimentalsituation gewonnen wurden, auf das praktische Leben nicht
ohne weiteres übertragen werden dürfen, unterstreicht dies doch sehr eindrucksvoll den Stel-
lenwert von nonverbaler Kommunikation.

Ein weiterer Kritikpunkt lässt sich unter dem Schlagwort Berieselungsthese zusammenfassen. Berieselungsthese
Parker (2001), der mit einem kritischen Artikel in „The New Yorker“ den Grundstein zur
kritischen Auseinandersetzung mit PowerPoint gelegt hat, gibt zu bedenken: „PowerPoint
kann ein eindrucksvolles Gegengift sein gegen die Scheu, vor einem Publikum zu sprechen.
Diese Scheu wird verwandelt in die Behaglichkeit eines Filmproduzenten“ (ebd., eigene Über-
setzung). Damit führt Parker die Situation im Kino als Metapher für einen PP-Vortrag ein.
Das Publikum lässt sich passiv berieseln und hat keine emotionale Bindung zum Referenten.
Das ist das Gegenteil dessen, was Sie erreichen wollen.

Besonders in den USA hat es im Anschluss an Parker (2001) eine scharfe kulturkritische Dominanz von
Debatte gegeben (vgl. Keller 2003; Tufte 2003a). Ausgangspunkt war die Bemerkung Parkers, PowerPoint
dass „es in Amerika ganze unternehmerische Areale gibt, wo es unerwünscht ist, wenn jemand
bei einem Arbeitstreffen ohne PowerPoint-[Präsentation] erscheint, ... [oder es gilt zumindest
als] ... angeberisch, wie das Nichttragen von Schuhen“ (ebd., eigene Übersetzung).

Sich einer Präsentationssoftware aus sozialen Gründen nicht entziehen zu können sei aber, so
eine weitere Kritik, gleichbedeutend mit einem unentrinnbaren Strukturformalismus, der die
analytische Qualität von Präsentationen mindere (Tufte 2003b). PowerPoint lenke nämlich

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91
Lektion 9

Die technischen unsere Art zu denken und Informationen aufzubereiten. Es lenkt darüber hinaus, so das Argu-
Vorgaben der ment, unsere Kommunikationsgewohnheiten in eng abgesteckte Bahnen. Das Denken in Listen
Präsentations- und Spiegelstrichen führe zu einer „formulargestützten Kommunikation“ (Knape 2007; o. V.
software 2006), bei der Format wichtiger als Inhalt ist. Knape spricht daher sogar von einer Individua-
bestimmt den lisierungsfeindlichkeit von PowerPoint (ebd.), die Pötzsch (ebd.) hingegen auf Grund des häu-
Spielraum der fig zu beobachtbaren kreativen Umgang mit PowerPoint nicht gegeben sieht. Lobin (ebd.)
Präsentation. vermittelt, indem er unterstreicht, dass ein Strukturdeterminismus durch PowerPoint insofern
bestehe, als das Ausführungen stets sequentiell erfolgen, also analytisch (zerlegend) statt narrativ
(erzählend) und herleitend seien. Was dabei zu kurz komme, sei der prozesshafte Aspekt einer
Ausführung. Oder in den Worten des Computer-Soziologen Clifford Nass: „Was PowerPoint
leistet, ist Inhalte sehr effizient zu liefern. Was [aber] fehlt, ist der Prozess. Die Kurse, an die ich
mich am besten erinnere, die Professoren, an die ich mich am besten erinnere, waren jene, bei
denen man [regelrecht] zusehen konnte, wie sie denken.“ (Parker 2001, eigene Übersetzung).

Der Akt des Erschaffens vor den Augen des Publikums ist aber eine der effizientesten Techniken
der Wissensvermittlung. Das spricht eher für den Einsatz althergebrachter Medien.

Unser Rundgang durch den kritischen Diskurs über Powerpoint-Kritik schließt ab mit einigen
Überlegungen zur suggestiven und manipulativen Kraft von PowerPoint.

Präsentations- Vorträge, die sich auf die Verwendung von PowerPoint stützen, genießen eine höhere Autorität.
software Zusätzlich schreibt man solchen Vorträgen eine höhere Validität zu, als klassischen Vortragsformen.
suggeriert Lücken- Das haben psychologische Experimente an der Arizona State University belegt (Parker 2001).
losigkeit der Mersch (o. V. 2006) stellt fest, dass technisch-digital hergestellte Bilder in PowerPoint schnell
Argumentation. den Charakter von Argumenten gewinnen. Auch wird durch das abgeschlossene Bild auf der
Leinwand die Vollständigkeit und die Lückenlosigkeit der Argumentation suggeriert und
Scheinlogik nicht als solche erkannt. Zu diesem Punkt stellt Parker (2001) abschließend fest:
„PowerPoint ist [in] eigenartiger Weise darin bewandert, die zerbrechliche Grundlage eines
Vorschlags [oder] die [inhaltliche] Leere eines Geschäftsplans zu verschleiern. Üblicherweise
verharrt das Publikum in respektvoller Stille [...] und ein Redner kann mit [Hilfe] einer visuellen
Ablenkung [in Form] eines tanzenden Kuchendiagramms die lächerliche Argumentationslücke
schnell passieren. Sollte jemand davon Notiz genommen haben, schreitet die Erzählung
[längst] fort.“ (ebd., eigene Übersetzung).

Sie sollten diese Kritikpunkte sowohl kennen als auch ernst nehmen. Gleichzeitig ist Power-
Point eine Realität, der man sich heutzutage nicht verschließen kann. Nutzen Sie PowerPoint
also immer mit der gebotenen kritischen Distanz, ohne dabei die zweifellos vorhandenen Vor-
teile aus dem Blick zu verlieren.

Beispiel:
Eine der rhetorischen Meisterleistungen der amerikanischen Geschichte ist die sogenannte
Gettysburg Address, eine etwa zweiminütige Rede des 16. US-Präsidenten Abraham Lincoln.
Sie nimmt im kollektiven Bewusstsein der USA einen wichtigen Platz ein und wird bis heute
in amerikanischen Schulen unterrichtet. Diese kurze Rede fasst in wenigen, bemerkenswert
präzisen Worten das US-amerikanische Demokratieverständnis zusammen. Sie wurde anläss-
lich der Schlachtfeldbegehung von Gettysburg gehalten, nur wenige Monate nachdem diese
kriegsentscheidende Schlacht von den Nordstaaten gewonnen worden war. Hier der Wortlaut:

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92
Zuhörerzentrierung und Präsentationstechniken

Gettysburg-Address

„Vor 87 Jahren gründeten unsere Väter auf diesem Kontinent eine neue Nation, in Gettysburg
Freiheit gezeugt und dem Grundsatz geweiht, dass alle Menschen gleich geschaffen Address
sind. Nun stehen wir in einem großen Bürgerkrieg, um zu erproben, ob diese oder Deutsche
jede andere so gezeugte und solchen Grundsätzen geweihte Nation dauerhaft bestehen Übersetzung
kann. Wir haben uns auf einem großen Schlachtfeld dieses Krieges versammelt. Wir
sind gekommen, einen Teil dieses Feldes jenen als letzte Ruhestätte zu weihen, die hier
ihr Leben gaben, damit diese Nation leben möge. Es ist nur recht und billig, dass wir
dies tun. Doch in einem höheren Sinne können wir diesen Boden nicht weihen –
können wir ihn nicht segnen – können wir ihn nicht heiligen. Die tapferen Männer,
Lebende wie Tote, die hier kämpften, haben ihn weit mehr geweiht, als dass unsere
schwachen Kräfte dem etwas hinzufügen oder etwas davon wegnehmen könnten. Die
Welt wird wenig Notiz davon nehmen, noch sich lange an das erinnern, was wir hier
sagen, aber sie kann niemals vergessen, was jene hier taten.

Es ist vielmehr an uns, den Lebenden, dem großen Werk geweiht zu werden, das
diejenigen, die hier kämpften, so weit und so edelmütig vorangebracht haben. Es ist
vielmehr an uns, geweiht zu werden der großen Aufgabe, die noch vor uns liegt – auf
dass uns die edlen Toten mit wachsender Hingabe erfüllen für die Sache, der sie das
höchste Maß an Hingabe erwiesen haben – auf dass wir hier einen heiligen Eid schwö-
ren, dass diese Toten nicht vergebens gefallen sein mögen – auf dass diese Nation,
unter Gott, eine Wiedergeburt der Freiheit erleben – und auf dass die Regierung des
Volkes, durch das Volk und für das Volk, nicht von der Erde verschwinden möge.“

Im englischen Original:

„Fourscore and seven years ago our fathers brought forth on this continent a new Gettysburg
nation, conceived in liberty, and dedicated to the proposition that all men are created equal. Address
Englisches Original
Now we are engaged in a great civil war, testing whether that nation, or any nation, so
conceived and so dedicated, can long endure. We are met on a great battle-field of that
war. We have come to dedicate a portion of that field, as a final resting place for those
who here gave their lives that that nation might live. It is altogether fitting and proper
that we should do this.

But, in a larger sense, we can not dedicate, we can not consecrate, we can not hallow
this ground. The brave men, living and dead, who struggled here, have consecrated it,
far above our poor power to add or detract. The world will little note, nor long
remember what we say here, but it can never forget what they did here. It is for us the
living, rather, to be dedicated here to the unfinished work which they who fought here
have thus far so nobly advanced. It is rather for us to be here dedicated to the great
task remaining before us – that from these honored dead we take increased devotion
to that cause for which they gave the last full measure of devotion – that we here

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Lektion 9

Gettysburg-Address

highly resolve that these dead shall not have died in vain – that this nation, under
God, shall have a new birth of freedom – and that government of the people, by the
people, for the people, shall not perish from the earth.“

(Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Gettysburg-Adress [letzter Zugriff: 20.04.2011]).


Gettysburg
Address – Hier finden Sie Lincolns Gettysburg-Rede umgesetzt als typische PowerPoint Präsentation:
PowerPoint http://www.norvig.com/Gettysburg/sld001.htm.
Präsentation

9.3 Üben, üben, üben – Regeln für den mündlichen Vortrag


Das Halten von Vorträgen ist eine praktische Fertigkeit und muss von daher geübt werden. Ganz
gleich, ob Sie vor Freunden, dem Spiegel oder vor einer Kamera üben; ein erfolgreicher Vortrag ist
immer das Ergebnis mehrerer Probeläufe. Üben Sie, bis Sie die Eckpunkte Ihrer Gliederung
absolut beherrschen, damit Sie auch in aufgeregtem Zustand nicht den Faden verlieren. Sie
werden merken: Mit jedem Durchlauf wird Ihr Vortrag besser. Dieser Prozess der ständigen
Verbesserung kann durchaus Spaß machen. Als Faustregel gilt: Nach etwa fünf Probeläufen
sind Sie fit für den großen Auftritt.

Zeitig enden
Überziehen Sie Das Üben eines Vortrags ist alleine schon deshalb notwendig, weil Sie die Länge Ihrer Präsen-
nicht. tation ermitteln müssen. Die vorgegebene Redezeit einzuhalten ist nicht nur ein Gebot der
Höflichkeit, sondern oft auch ein Kriterium der Benotung. Mit etwas Übung ist es durchaus
möglich, einen kurzen Vortrag so zu konzipieren, dass er auf die Minute endet. Bei einem
etwas längeren Vortrag kann die Redezeit dadurch angepasst werden, dass nebensächliche
Punkte gekürzt oder übersprungen werden oder aber ein wenig eingehender als ursprünglich
geplant behandelt werden.

Wenn Sie Ihre Vorträge gerne vollständig ausformulieren, gilt die Faustregel, dass zehn Minuten
Vortrag etwa vier Din-A4-Seiten Schriftgröße 11 mit eineinhalb Zeilenabstand entsprechen.
Stoppen Sie Ihren Vortrag mit der Uhr, um herauszufinden, wie Sie diese Faustregel an Ihren
eigenen Redestil anpassen müssen. Sie werden feststellen – Sie werden von mal zu mal geübter
und damit auch besser.

Sitzen oder stehen?


Halten Sie Ihren In der Regel wirken Vorträge, die im Stehen gehalten werden, dynamischer als solche, bei
Vortrag im Stehen. denen der Referent sitzt. Dadurch, dass der Brustkorb in stehender Haltung aufrecht ist, erhält
die Stimme mehr Volumen.

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94
Zuhörerzentrierung und Präsentationstechniken

Notizen
Auch wenn Sie Ihren Vortrag ausformuliert haben, dürfen Sie ihn auf keinen Fall von der Sprechen Sie frei.
Vorlage ablesen. Das würde zu einem schwer erträglichen Sprechstil führen. Wenn Sie vor dem
freien Reden zurückschrecken, nutzen Sie stichpunktartige Gliederungen, um sich zu orientie-
ren. Karteikarten von maximal Din-A5-Größe haben zwei Vorteile: Zum einen zwingt Sie das
Format, Ihre Merkpunkte auf wenige Stichpunkte zu reduzieren. Außerdem merkt das Publi-
kum nicht, wenn Sie vor Aufregung zittern (bei einem Din-A4-Blatt kann man das bei stehen-
dem Vortrag gut erkennen).

Körperhaltung
Sie sollten sich mindestens einmal per Videokamera beim Referieren aufzeichnen. Es erfordert Proben Sie Ihre
zwar einige Selbstüberwindung, mit den eigenen „Haltungsfehlern“ konfrontiert zu werden, Körperhaltung.
andererseits ist das aber die einfachste Möglichkeit, eben diese Fehler beim eigentlichen Vor-
trag zu vermeiden.

Hier eine Liste der häufigsten Fehler. Achten Sie darauf, wenn Sie ihre Aufzeichnungen aus-
werten.

• Der Blick ist ausschließlich auf die Notizen und Unterlagen gerichtet, kein Blickkontakt
zum Publikum.
• Der Blick ist auf die Tafel beziehungsweise auf die Präsentation an der Wand gerichtet,
kein Blickkontakt zum Publikum.
• Hand in der Hosentasche
• Nervöses Herumgezupfe an Kleidung oder Fingern
• Die Präsentation wird durch den eigenen Körper verdeckt.
• Undeutliche Aussprache, Nuscheln, zu leises Sprechen, Dialekt

Blackout
Wenn Sie einmal einen Blackout haben sollten, versuchen Sie sich möglichst schnell wieder zu Gehen Sie im Falle
fassen. Je länger die Sprechpause dauert, desto größer wird Ihre Anspannung. Als Übersprungs- eines Texthängers
handlung empfiehlt sich ein Schluck aus dem Wasserglas. Gelingt es Ihnen nicht, den Faden offen damit um.
wieder aufzunehmen, dann thematisieren Sie das.

Sagen Sie beispielsweise: „Hmhh..., jetzt habe ich den Faden verloren... Ich fasse die letzten
drei Punkte noch einmal zusammen, vielleicht können Sie mir kurz dabei helfen...“.

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Lektion 9

Sie werden sehen: Das Publikum verzeiht Ihnen einen kleinen Blackout, wenn Sie offen damit
umgehen. Mit Hilfe der Zuhörer gelingt es Ihnen, den Faden wieder aufzunehmen und ihren
Vortrag fortzusetzen.

Ende
Überlegen Sie sich Der häufigste Anfängerfehler besteht darin, dass man sich keinen funktionierenden Schluss
einen funktionie- überlegt hat. Mit einem Beispiel zu enden ist ebenso ungeschickt wie ein verlegenes „Tja, also,
renden Schluss. ähh - das war‘s jetzt.“

Falls Sie einen wirkungsvollen Schluss anstreben, bietet es sich an, mit einem Sprichwort oder
einem Aphorismus zu enden. Für die Recherche nach passenden Schlussätzen bietet sich das
Internet an; suchen Sie einfach nach Aphorismendatenbanken oder Sprichwortsammlungen.
Alternativ können Sie Ihren Vortrag auch damit beenden, dass sie noch einmal die wichtigsten
Punkte zusammenfassen oder ein Fazit ziehen. Achten Sie auch darauf, wie andere Vorträge
enden; gute Vorbilder lassen sich immer kopieren.

Zusammenfassung

Einen mündlichen Vortrag zu halten ist eine Kunst für sich. Nicht für alles, was im
Rahmen eines Vortrags geschieht, sind Sie verantwortlich. Wenn Sie allerdings Ihren
Vortrag gewissenhaft vorbereiten und bei der Präsentation darauf achten, verschiedene
Lernkanäle zu bedienen, haben Sie gute Aussichten, beim Publikum gut anzu-
kommen. Da das Halten von Vorträgen eine praktische Fertigkeit ist, erlernen Sie sie
am besten durch Übung.

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Lektion 10
r i f t l i c h e A r b eit
Die sch

LERNZIELE

Nach der Bearbeitung dieser Lektion werden Sie …


…… geeignete Literatur identifizieren können.
…… wissen, wie professionelle Literaturverwaltung organisiert ist.
Lektion 10

10. Die schriftliche Arbeit

Aus der Praxis Wie bereits erwähnt, ist es von Vorteil, wenn ein Forschungsthema eng umrissen wird.

Je spezieller das Thema der Arbeit gewählt wurde, desto besser kann es bearbeitet werden. Bei
einem Spezialthema haben Sie nach nur wenig Lektüre Ihrem Professor schnell einiges an
Wissen voraus. Dies hat Vorteile für beide Seiten: Sie gewinnen an Selbstsicherheit und der
Professor kann durch Sie Neues erfahren. Außerdem besteht die Chance, dass Sie tatsächlich
einen eigenen – wenn auch bescheidenen – Forschungsbeitrag leisten können.

Ein gutes Erkennungsmerkmal für eine ausreichend klein gesteckte Arbeit ist, dass es einiger-
maßen schwierig ist, geeignete Quellen ausfindig zu machen. Müssen Sie hingegen eher mit
einer unübersichtlichen Quellenflut klarkommen, dann ist das Thema womöglich noch zu
unspezifisch abgesteckt.

In der Hoffnung, dass Sie Ihr Thema mit sinnvoller Bescheidenheit auswählen, wollen wir auf
den nächsten Seiten die Literatursuche detaillierter betrachten.

10.1 Die Bibliothekskataloge


Das wichtigste Werkzeug für die Recherche sind Bibliothekskataloge. Die wichtigsten sind im
Folgenden aufgeführt.

Trauen Sie Die Mitarbeiter: Das Bibliothekswesen ist ein derart komplexes Gebiet, dass sich speziell aus-
sich ruhig, das gebildete Bibliothekswissenschaftler mit der Strukturierung und Klassifizierung der Wissens-
Bibliotheks­ inhalte auseinandersetzen. Das Bibliothekspersonal besteht also in den meisten Fällen aus
personal nach Rat hochgradig ausgebildeten Spezialisten und ist im Zweifelsfall der beste Katalog, den Sie finden
zu fragen. können. Fragen Sie ruhig nach, wann und wo es Führungen durch die Bibliothek gibt. Sie
werden dabei viele Tipps erhalten und wertvolle Ansprechpartner für die Zukunft finden.

Elektronische Bibliothekskataloge: Sie haben bereits die einfache Katalogsuche an Uni-


versitätsbibliotheken kennengelernt. Vermutlich sind Sie inzwischen auch auf die erweiterten
Suchfunktionen gestoßen. Damit lassen sich die Einstellungen verfeinern, indem etwa nach
bestimmten Autoren, Publikationsjahren oder Verlagen gesucht werden kann oder bestimmte
Schlagwörter gezielt ausgeschlossen werden.

Nutzen Sie Daneben gibt es regelrechte Metasuchmaschinen, die für Sie eine Vielzahl von Bibliothekska-
auch Metasuch- talogen und Bibliotheksverbünden durchsuchen. Die vielleicht bedeutendste deutschsprachige
maschinen. Metasuchmaschine ist der Karlsruher Virtuelle Katalog.

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98
Die schriftliche Arbeit

Der Karlsruher Virtuelle Katalog

Durch das Setzen von Häkchen ergibt sich die Möglichkeit, in unterschiedlichen Ländern
Bibliotheksverbünde zu durchsuchen. Sogar antiquarische Bücher werden erfasst.

Wichtig ist, sich klar zu machen, dass die elektronische Suche meistens nur Buchtitel und
Schlagwörter auswertet. Sie kratzen also nur an der Oberfläche des vorhandenen Informati-
onsberges. Außerdem berücksichtigen sie in den allermeisten Fällen keine Fachzeitschriften, da
es einfach zu viele Zeitschriften gibt, als dass sich jeder Aufsatz in einen Katalog aufnehmen
ließe. Zudem haben elektronische Bibliothekskataloge keinen Zugriff auf die meiste Literatur,
die vor Einführung des PC in den Bibliotheken aufgenommen wurde (etwa um 1990). Viele
kleinere Spezialbibliotheken und Archive sind aus Kostengründen nicht sehr weit oder sogar
überhaupt nicht auf EDV umgestiegen. Bedenken Sie also immer, dass es durchaus Fachlitera-
tur gibt, die durch die Suche in elektronischen Bibliothekskatalogen nicht auffindbar ist.

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Lektion 10

Ein typischer Zettelkatalog aus den 1980er Jahren

Dieses Exemplar steht an der Technischen Universität Berlin in der Teilbibliothek für Statistik.
Im Hintergrund erkennt man einen noch älteren Katalog, der durchaus noch aus den Grün-
dungsjahren der Universität stammen könnte.

Schlagwortkatalog Schlagwortkatalog: Jeder in diesem Katalog erfasste Text wird mit einigen charakteristischen
Schlagwörtern versehen. Sucht man im sogenannten Schlagwortkatalog nach solchen Schlag-
wörtern, findet man für gewöhnlich schnell passende Literatur. Oftmals verweisen die Schlag-
wortkataloge zugleich auf thematisch ähnliche Schlagwörter.

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100
Die schriftliche Arbeit

Beispiel eines Eintrags in einem nicht-elektronischen Schlagwortkatalog

Dem Schlagwortkatalog liegt meist eine hochkomplexe Taxonomie (Klassifikationsschema) zu


Grunde, mittels derer die Bibliothekswissenschaftler die Wissensbestände der unterschiedli-
chen Wissenschaften sinnvoll und vielschichtig gliedern. Das erfordert eine große Übersicht
über das Fach, die zum Teil nur über bibliometrische Mittel zu erreichen ist. Von Bibliometrie
spricht man, wenn Bibliothekswissenschaftler zum Erstellen von Bibliografien auf statistische
Verfahren zurückgreifen.

Autorenkatalog: Der Autorenkatalog sortiert die Bücher nach den Namen der Autoren. Oft- Autorenkatalog
mals ist es lohnenswert, bei einem interessanten Buch zu recherchieren, womit sich der Autor
sonst noch beschäftigt hat. Mit etwas Glück hat er zum Thema auch weitere Beiträge abgeliefert.

Zeitschriftenkatalog: Im Grunde genommen sind Zeitschriftenartikel das Beste, um sich an


die aktuelle Forschungsfront zu begeben. Schließlich ist der Aufsatz das Format, in dem For-
scher am liebsten und am ausgiebigsten kommunizieren.

Mittlerweile finden Sie in jeder größeren Universitätsbibliothek einen Zeitschriftenkatalog, Zeitschriften­


in dem Sie die wichtigsten Zeitschriftenausgaben des jeweiligen Fachgebietes finden. Sehr zu katalog
empfehlen ist eine Recherche über die allgemeine Zeitschriftendatenbank „ZDB“ (http://
dipatch.opac.ddb.de/DB=1.1/SRT=YOP/ [letzter Zugriff: 07.03.2013]), über die mehr als
1,6 Mio. Zeitschriftenaufsätze abgerufen werden können.

Manchmal gehen solche Kataloge sogar so weit, dass sie die Aufsätze besonders renommierter
Zeitschriften (sogenannte A-Journals und B-Journals) erfassen. Als bedeutende Verzeichnisse
für die betriebswirtschaftliche Forschung sind nach Barthel (1997) zu nennen: die Bibliografie
der Wirtschaftswissenschaften des Instituts für Weltwirtschaft der Universität Kiel sowie Con-
tents of Recent Economics Journals. Letzteres gibt ohne Kommentierung die Inhaltsverzeich-
nisse einschlägiger Fachzeitschriften in wöchentlicher Taktung wieder.

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Lektion 10

Kostenpflichtige Oftmals gibt es kostenpflichtige Zeitschriftenkataloge im Internet, die viele Fachzeitschrif-


Zeitschriften- ten auch auf der Ebene der einzelnen Artikel voll erfassen. Die Kosten für den Zugang sind
kataloge meistens extrem hoch und richten sich von daher auch weniger an Privatpersonen als an Insti-
tutionen. Fragen Sie in Ihrer Bibliothek nach, ob es dort Terminals gibt, von denen aus die
Zeitschriftenkataloge einsehbar sind. Manchmal bieten Universitäten auch den passwortge-
schützten Fernzugriff auf solche Kataloge an. Das ist allerdings leider die Ausnahme.

Ein Zeitschriftenkatalog wird auf jeden Fall mindestens eines leisten: Er wird eine Auflistung
Zeitschriften- aller vorhanden Zeitschriftenreihen beinhalten (Zeitschriftenverzeichnis). Dort kann man
verzeichnis nach geeigneten Reihen Ausschau halten. Eine Zeitschrift mit dem Namen „Marketing – Zeit-
schrift für Forschung und Praxis“ wird sicherlich eine gute Anlaufstelle für anwenderorien-
tierte Fragen des Marketings sein. Arbeitet man zu diesem Bereich, sollte man die Inhaltsver-
zeichnisse der einzelnen Hefte durchblättern.

Übrigens, viele Zeitschriften tragen einen nichtssagenden Namen (z. B. IEEE). Es empfiehlt
sich also durchaus, direkt in die Bibliothek zu gehen, um vor Ort ein Gefühl für das vorhan-
dene Material bekommen. Dabei kann man schnell und unkompliziert Zeitschriftentitel sich-
ten und auf Relevanz prüfen.

Für die Wirtschaftswissenschaften kann man sich gut auf der folgenden Seite über die relevanten
Zeitschriften informieren. Sie werden dort nach Bedeutsamkeit für das Fach gerankt: (http://
vhbonline.org/service/jourqual/ [letzter Zugriff: 08.10.2013]).

10.2 Sonstige Quellen


Kataloge führen oftmals zu einer Flut an Information und Quellen. Möchte man lieber weni-
ger aber dafür qualitativ hochwertigere Materialien, so bieten sich andere Methoden an.

Artikel in Fachlexika und Handbücher: Handbücher und Lexika unterscheiden sich im Grunde
Fachlexika und genommen nur dadurch, dass die strukturelle Gliederung der abgehandelten Fachbegriffe
Handbüchern beim Handbuch nach inhaltlichen Gesichtspunkten und beim Lexikon alphabetisch erfolgt.
zeichnen sich In beiden Fällen handelt es sich um Werke, die ein Fach in seiner Gänze behandeln (Jele 1999,
durch hohe S. 35). Da die Beiträge meistens von besonders anerkannten Fachspezialisten verfasst werden,
Qualität aus. ist eine sehr hohe Qualität der Artikel gesichert. Am Ende eines solchen Beitrags steht meistens
ein kommentiertes Literaturverzeichnis, das die wesentliche Literatur zum Thema aufführt.
Diese Angaben sind ein ausgezeichneter Start für die weitere Literaturrecherche. Sachs/Hauser
(2002) empfehlen für die Betriebswirtschaftslehre folgende Werke:

Albers, W. (1988): Handwörterbuch der Wirtschaftswissenschaften. 10 Bände, Stuttgart.

Dichtl, E./Issing, O. (1994): Vahlens Grosses Wirtschaftslexikon. 2 Bände, München.

Baetge, J. (1993): Vahlens Kompendium der Betriebswirtschaftslehre. 2 Bände, München.

Wittmann, W. (1993): Handwörterbuch der Betriebswirtschaftslehre. 3 Bände, Stuttgart.

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102
Die schriftliche Arbeit

Bibliografie: Eine Bibliografie ist ein Verzeichnis von Literaturnachweisen. Jede wissenschaftli- Bibliografie
che Arbeit weist im Quellenverzeichnis die benutzten bibliografischen Quellen aus. Hat man Verzeichnis von
einmal einen thematisch relevanten Text identifiziert, lohnt es sich, in dessen Bibliografie nach Literaturnach-
weiteren interessanten Quellen zu suchen. Ebenfalls gute Fundstellen für einschlägige Einfüh- weisen
rungswerke sind kommentierte Vorlesungsverzeichnisse der Universitäten mit angehängter Bib-
liografie.

Der Dozent/Die Dozentin: An dieser Stelle möchten wir noch mal darauf verweisen, dass Sie
im Studium erlernen sollen, selbstständig zu recherchieren. Mit Ihrer Abschlussarbeit müssen sie
den endgültigen Nachweis erbringen, dass Sie die wissenschaftliche Literaturrecherche nun
beherrschen. Bitte nehmen Sie daher davon Abstand, Ihrem Professor oder Ihrer Professorin
E-Mails mit der Bitte um bibliografische Hinweise zu schicken.

Rezensionswerke: Rezensionswerke sind sehr selten und sehr mächtig. Sie werden seltsamer- Rezensionswerke
weise von Studierenden fast nie genutzt. Bei Rezensionswerken handelt es sich um eine Samm- Sammlung von
lung von Fachbibliografien, die oft nach einem inhaltlichen Klassifikationsschema, ähnlich Fachbibliografien
einem Schlagwortkatalog, sortiert sind. Auf den bibliografischen Teil folgt dann eine detail-
lierte Auflistung der Werke inklusive Kurzrezension. Fragen Sie in der Bibliothek nach, ob
Rezensionswerke vorhanden sind.

Für den Bereich der Wirtschaftsgeschichte könnten folgenden Links interessant sein: (http://
edoc.hu-berlin.de/e_histlit/2010-2/ http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/ [letzter Zugriff:
08.10.2013]).

Handapparate/Semesterapparate: Meistens gibt es in der institutseigenen Bibliothek Bücher- Den Handapparat


regale mit der Aufschrift „Handapparat“. Professoren können bei der Institutsbibliothek bean- finden Sie in der
tragen, ausgewählte Bücher mit Ausleihsperre zu versehen und in einen solchen Handapparat Bibliothek.
zu stellen. Dies soll den Studierenden ermöglichen, im Lesesaal schnellen Zugriff auf die wich-
tigste Literatur zur Vorlesung oder zum Seminar zu haben.

Handapparate sind hervorragende Quellen für die Detektivarbeit. Sie listen, ähnlich den bib-
liografischen Angaben in einem Fachlexikon, wichtige Bücher zu einem bestimmten Themen-
gebiet auf – nur dass man die Bücher in diesem Fall gleich physisch an einem Ort beisammen-
stehen hat.

10.3 Die Onlinerecherche


Natürlich kann man für die Materialsuche auch das Internet nutzen. Hier gilt noch mehr als
für herkömmliche Fundorte, dass die Menge an Daten kaum überschaubar ist. Daher verleitet
die übliche Listenausgabe der gängigen Suchmaschinen (z. B. Google oder das in Sachen
Datenschutz fortschrittlichere Ixquick) dazu, nur die ersten Treffer einer Suchmaschine in
Betracht zu ziehen, um der Datenflut Herr zu werden.

Das Internet ist mit Bedacht zu nutzen. Gerade Anfänger stützen sich viel zu sehr auf das Vorsicht bei der
Internet und bemerken dabei nicht, dass der oberflächliche Einsatz von Suchmaschinen vor Internetrecherche
allem qualitativ minderwertige Quellen identifiziert. Wir tendieren sogar zu der Sichtweise,
dass die reine Internetrecherche via Suchmaschine schlechte wissenschaftliche Ergebnisse gera-

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103
Lektion 10

dezu garantiert. Die Qualität der suchmaschinengeleiteten Internetrecherche lässt sich bereits
dadurch erheblich steigern, dass man beim googeln das Wort „pdf“ zu den Suchbegriffen
hinzufügt. Doch auch dann kann sich das Internet in Sachen Qualität nicht mit einer Univer-
sitätsbibliothek messen.

Daher empfiehlt sich der Einsatz des Internets vor allem in folgenden Fällen:

Wikipedia • Kurzes Nachschlagen von Begriffen in Wikipedia. Wikipedia hat in vielen Bereichen
inzwischen ein hervorragendes Niveau und ist für die Forschung durchaus brauchbar.
Zugleich ist natürlich eine gewisse Vorsicht geboten, da es auch sehr schwache und feh-
lerhafte Artikel gibt. So ist nicht verwunderlich, wenn bis heute stark umstritten ist, ob
Wikipedia als zitierfähige Quelle eingestuft werden kann. Im wissenschaftlichen Umfeld
sollte Wikipedia grundsätzlich nicht zitiert werden.
• Wenn Sie auf der Suche nach Primärquellen aus der Tagespresse sind, kann der Gang ins
Zeitungsarchiv Zeitungsarchiv deutlich weniger effizient sein als das Googeln.
• Je weiter Sie mit Ihrer gedanklichen Strukturierungsarbeit gekommen sind, je genauer
die Fragestellung also formuliert ist und je sicherer Sie wissen, mit welcher Methode Sie
Ihre Hypothesen prüfen wollen, umso besser können Sie im Internet eine gezielte Suche
Suche mit präzisen mit präzisen Fachbegriffen durchführen. Fachbegriffe filtern oftmals qualitativ schwache
Fachbegriffen Quellen aus.
• Die besten Quellen im Internet sind über Google gar nicht erschlossen. Es handelt sich
um Datenbanken, etwa vom Statistischen Bundesamt, die oftmals über dynamische
Internetseiten durchsucht werden können. Jeder elektronische Bibliothekskatalog, der an
das World Wide Web angeschlossen ist, ist ein Beispiel für eine solche – von Google nicht
erschlossene – Datenbank.

10.4 Literaturverwaltung
Wer eine größere Arbeit verfasst, wird schnell eine große Fülle an relevanter Literatur ausfindig
gemacht haben. Die Menge an Gelesenem kann dann gar nicht mehr im Kopf behalten wer-
Literaturver- den. Das ist der Punkt, an dem man anfangen muss, sich über Literaturverwaltung Gedan-
waltung ken zu machen.

Die Zeit der klassischen Zettelkästen ist vorbei. Heutzutage betreibt man Literaturverwaltung
Elektronische elektronisch. Dafür gibt es zum Teil recht teure Programme wie etwa Endnote von der Firma
Literaturver- Thomsen Reuter (Studentenversion ca. 130 Euro), aber auch kostenlose Programme wie etwa
waltung BibDesk (für Mac OsX). Eine stets aktuelle Übersicht findet man unter dem Stichwort „Lite-
raturverwaltung“ in Wikipedia.

In einem Programm zur Literaturverwaltung legen Sie Einträge an, die der Erfassung von
Literatur dient. In einem solchen Eintrag kann man neben den bibliografischen Angaben auch
ein Abstract oder ein Exzerpt ablegen. Querverweise sind ebenso möglich wie das Anlegen
einer eigenen Schlagwortsystematik. So kann man später beim Schreiben oftmals über das
richtige Schlagwort alle wichtigen Abstracts in Erinnerung rufen und damit schneller einen
guten Text verfassen.

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104
Die schriftliche Arbeit

Ein weiterer Vorteil ist, dass Sie Ihre Einträge teilweise mit öffentlichen Datenbanken abglei- Vorteile der
chen können, was Fehler in der Bibliografie minimiert. Sie können sogar in einem Textverar- elektronischen
beitungsprogramm wie Word oder LaTeX Literatur dadurch zitieren, dass sie lediglich einen Literatur-
Verweis auf Ihre Literaturverwaltung eintippen. Der Computer ersetzt dann diese Verweise verwaltung
durch die formal korrekte Zitationsweise und erstellt am Ende Ihrer Arbeit aus Ihrer Literatur-
datenbank heraus eine vollständige Bibliografie. Das hat den ungemeinen Vorteil, dass Ihre
Bibliografie dann auch ganz sicher nicht mehr und nicht weniger enthält, als das tatsächlich
verwendete Material. Außerdem können Sie die Zitationsstile jederzeit ändern (es hat fast
jedes Journal eigene Zitationsregeln, die sich freilich meist nur in Details unterscheiden) und
diese Änderungen, ohne manuelles Zutun, automatisch durch den Computer ausführen lassen.

Zusammenfassung

Für die Erstellung einer wissenschaftlichen Arbeit brauchen Sie Material. Dieses
finden Sie am besten durch Recherche in Bibliotheken. Nutzen Sie dazu Bibliotheks-
kataloge oder fragen Sie das Bibliothekspersonal. Ab einer bestimmten Materialfülle
empfiehlt sich zudem der Einsatz einer Literaturverwaltung.

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105
Lektion 11 G l i e d e r u ng
L e i t f ra g e z u r
Von d e r

LERNZIELE

Nach der Bearbeitung dieser Lektion werden Sie …


…… ausgehend von einer Leitfrage eine tragfähige Gliederung erstellen können.
…… einige Kniffe zur praktischen Gliederungsarbeit beherrschen.
Lektion 11

11. Von der Leitfrage zur Gliederung

Aus der Praxis Besonders Abschlussarbeiten am Ende des Studiums unterliegen schon alleine wegen der
Prüfungsordnung einem rigiden Formalismus. Die Arbeit hat in einem gewissen Zeitraum zu
erfolgen, der zulässige Umfang wird vorgeben (als Wortzahl oder Anzahl maximal erlaubter
Seiten). Oftmals werden sogar typographische Vorgaben gemacht (z. B. Times New Roman
mit Schriftgröße 12 und 1.5 Zeilenabstand wird als Schrifttyp vorgegeben) und die Eckdaten
des Layouts festgeschrieben.

Daneben gilt es, die handwerklichen Konventionen des wissenschaftlichen Arbeitens einzu-
halten. Fußnoten müssen richtig gesetzt, Zitate korrekt kenntlich gemacht und die Quellen-
angaben korrekt aufgeführt werden.

Schließlich müssen auch die Inhalte einem gewissen Formalismus unterworfen werden. Eine
Fragestellung muss aus einer Problematik heraus entwickelt, methodische Optionen in der
Einleitung besprochen und Werturteile aus der Hauptanalyse herausgehalten werden. Ein-
leitung und Schluss müssen hintereinander weggelesen eine Art Miniversion der Arbeit abgeben.

Wir werden daher im Folgenden der Reihenfolge nach die einzelnen Bausteine einer Abschluss-
arbeit besprechen. Dabei konzentrieren wir uns auf die Frage nach der inhaltlich logischen
Gliederung einer Arbeit. Die formalen Kriterien (Seitenzahl, typographische Vorgaben, etc.)
werden Ihnen für gewöhnlich im Rahmen der Lehrveranstaltung mitgeteilt oder Sie entneh-
men die benötigten Informationen der Prüfungsordnung beziehungsweise fragen beim zustän-
digen Prüfungsausschuss Ihrer Fakultät nach.

11.1 Das Deckblatt


Gestaltung des Eine Abschlussarbeit beginnt mit einem Deckblatt, das im Allgemeinen beim Zählen der
Deckblatts Seiten nicht mitgerechnet wird. Auf das Deckblatt gehört der vollständige Titel der Arbeit.
Wenn es sich um Ihre Abschlussarbeit handelt, muss der Titel identisch mit dem Thema sein,
dass Sie bei der Prüfungsanmeldung angegeben haben. Sie dürfen allerdings einen Untertitel
hinzufügen. Es ist daher sinnvoll, bei der Anmeldung der Arbeit einen eher vagen Titel anzu-
geben, der Ihnen Spielraum zur Konkretisierung lässt. Wenn Sie beispielsweise „Innovation im
demografischen Wandel“ bei der Prüfungsanmeldung angeben, haben Sie noch jede Freiheit
zu einer Fallstudie („Innovation im demografischen Wandel. Das Beispiel der Ulmer Stadt-
werke“) oder einer engeren Absteckung des Themas („Innovation im demografischen Wandel.
Altersgemischten Teams aus organisationspsychologischer Sicht unter Einbeziehung von aktu-
ellen Entwicklungen im Rentenbewilligungsrecht“).

Neben dem Titel ist es üblich, in weiteren Angaben den Kontext der Arbeit zu erklären. So
schreibt man üblicherweise unter oder über den Titel, ob es sich um eine Hausarbeit oder um
eine Abschlussarbeit handelt.

Pflichtangaben auf Ebenfalls dürfen nicht die Pflichtangaben zur Hochschule, zum Fachbereich und zu den
dem Deckblatt Dozenten beziehungsweise Gutachtern fehlen. Solche Angaben passen gut in die obere linke
oder rechte Ecke. Zudem gibt man das Jahr beziehungsweise das Semester an. Bei Abschluss-
arbeiten schreibt man zusätzlich z. B. „eingereicht am 14.10.2015“.

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108
Von der Leitfrage zur Gliederung

Um die Arbeit zuordnen zu können, sollten Sie Ihren Namen und Ihre Matrikelnummer ange-
ben. Anschrift, E-Mail-Adresse oder Telefonnummer erlauben gegebenenfalls unbürokratische
Rückfragen. Diese Angaben kann man beispielsweise gut in die untere linke Ecke setzen.

Wenn keine Form für das Deckblatt vorgegeben ist, können Sie Ihr ganz persönliches Layout
entwickeln. Vielleicht wollen Sie auch das Logo Ihrer Universität aufnehmen? Achten Sie in
jedem Fall darauf, dass die Angaben formal richtig sind. Die Dozenten und Gutachter sind mit
vollem akademischen Grad anzugeben. Der Dozent heißt dann also nicht etwa „R. Lanwehr“,
sondern „Prof. Dr. rer. oec. Ralf Lanwehr“. Gerade beim Deckblatt kommt es auf solche For-
malitäten an.

11.2 Die Einleitung


Auf das Deckblatt folgt das Inhaltsverzeichnis und darauf das Abkürzungsverzeichnis. Dann
kommt die Einleitung. Diese folgt in einer wissenschaftlichen Arbeit einem relativ festen
Schema. Obwohl es auch hier gewisse Spielräume gibt, sind diese im Allgemeinen recht
beschränkt. Das ist zwar sehr unkreativ, dient aber der Orientierung beim Lesen einer wissen-
schaftlichen Arbeit.

Der inhaltslogische Aufbau der Einleitung folgt den folgenden Punkten: Logischer Aufbau
der Einleitung
1. Problematik: Problem darstellen. Welche Bedeutung/Stellenwert hat die Problematik für
das wirkliche Leben? Welche Bedeutung/Stellenwert hat die Problematik für das Fach BWL?
Was ist mein persönliches Erkenntnisinteresse? Aus welchen persönlichen Motiven arbeite
ich ausgerechnet zu diesem Problem? Die Gestaltung dieses Teils kann zwar in wissenschaft-
lich trockenem Stil erfolgen, allerdings ist hier (und nur hier) ein essayistischer Stil erlaubt
und oftmals sogar erwünscht.

2. Forschungsfrage und Forschungsziel: Was ist die Fragestellung, die ich aus der Problematik
ableite? Wie leitet sich diese Forschungsfrage ab? Was ist das Forschungsziel dieser Arbeit?

3. Methode: Mit welcher Methode will ich die Frage untersuchen? Was sind die methodischen
Besonderheiten der Fragestellung? Was macht die Untersuchung der Fragestellung schwie-
rig? Wie kann man die Fragestellung methodisch in den Griff bekommen? Welche Alterna-
tiven gibt es? Was sind deren Vor- und Nachteile? Wie ist der wissenschaftliche Stand bezüg-
lich dieser Methoden? Auf jeden Fall kurz Methodenkritik üben. Welche Methode wähle
ich aus? Warum? Welche Grenzen impliziert dies für meine Erkenntnismöglichkeiten?
Mögliche Methoden sind: z. B. Einzelfallstudie, schriftliche oder mündliche Befragung
(qualitativ oder quantitativ), statistische Analyse, theoretische Debatte, Literaturdebatte,
Inhaltsanalyse, Vergleichsstudie, Branchenstudie, diachrone (= zwei unterschiedliche Zeit-
punkte) Studie, modellgeleitete Überlegungen etc.

4. These: Eigene These benennen und ganz kurz sagen, wie man darauf kommt und womit
diese im Hauptteil hauptsächlich begründet wird.

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109
Lektion 11

5. Gliederung: Ankündigen, welche Kapitel gibt es und worum es darin geht?


Achtung: Die Gliederung ist kein Schlagwortregister. Es geht um die inhaltliche Logik. Wel-
che Gliederung erwartet den Leser und warum wurde diese Gliederung so gewählt (das ist der
schwierigste Teil der Arbeit). Beispiel: „In Kapitel 1 werde ich dieses und jenes herausarbeiten
und mich dabei auf die theoretischen Vorarbeiten von Miriam Mustermann stützen. Um die
Frage von X zu klären, werden die Annahme von Y kritisch in Bezug auf den Spezialfall Z
beleuchtet. In Kapitel 2 werden die Ergebnisse verknüpft mit ....“.

Tipp: Man schreibt eine wissenschaftliche Arbeit niemals von vorne nach hinten in einem
Durchgang nieder. Meistens beginnt man dort, wo die eigenen Gedanken und die Literatur-
recherche schon am weitesten gediehen sind. Es ist normal, direkt im Hauptteil zu beginnen
und mehrere Baustellen gleichzeitig offen zu haben.

Wichtigstes Instrument beim Schreiben ist das eigene Inhaltsverzeichnis. Dieses muss stets
aktualisiert werden und sollte in Printform stets griffbereit liegen. Zudem kann es sich
als nützlich erweisen, relativ früh eine vorläufige Einleitung zu schreiben. Das hilft, das Thema
klar abzustecken und dient beim Schreiben als Richtschnur, um nicht vom Thema abzu-
schweifen. Wenn der Hauptteil an Kontur gewonnen hat, löscht man die vorläufige Einleitung
wieder. Die endgültige Einleitung wird meistens als Allerletztes niedergeschrieben.

11.3 Der Hauptteil


Der Hauptteil steht Der schwierigste Teil einer wissenschaftlichen Arbeit ist das Strukturieren des Hauptteils.
und fällt mit der Während die Einleitung stets einem festen Muster folgt, ergibt sich die inhaltslogische Gliede-
Gliederung. rung des Hauptteils alleine aus dem Zusammenspiel von gewählter Untersuchungsmethode
und untersuchtem Gegenstand.

Betrachten Sie die Quellenfunde Ihrer Literaturrecherche als „Strukturierungsmasse“ (Rössl


2008). Ordnen Sie darin zusammengehörige Elemente in einer ersten Grobgliederung einander
zu. Gruppieren Sie zusammenhängende Komplexe und finden Sie eine inhaltlich sinnvolle
Reihenfolge. So entstehen erste Sinnblöcke, die als Prototypen späterer Kapitel angesehen
werden können. Formen Sie aus diesen Sinnblöcken einzelne Kapitel, indem Sie weitere
Informationen oder Argumente nachrecherchieren und Überflüssiges wegfallen lassen. Jedes
Hauptkapitel hat eine eindeutig zugewiesene Aufgabe im Rahmen der Argumentationsfüh-
rung. „Seine Aussagen müssen daher in nachfolgende Kapitel einfließen“ (Rössl, S. 119). So
kann Kapitel 6 auf der statistischen Analyse in Kapitel 5 und der theoretischen Ausführung aus
Kapitel 2 fußen. Gliedern Sie, indem Sie Probleme in separierbare Teilprobleme zerlegen. Das
Problem „Wie kann man Kundenzufriedenheit steigern“ lässt sich beispielsweise zerlegen in
die beiden Teilprobleme „Welche Faktoren beeinflussen Kundenzufriedenheit?“ und „Welche
Maßnahmen beeinflussen diese Faktoren?“. Manchmal macht es auch Sinn, nach unterschied-
lichen Akteuren beziehungsweise unterschiedlichen Blickwinkeln zu gliedern. Auch eine Glie-
derung nach verschiedenen Ebenen eines Problems kann sinnvoll sein. Die Determinanten
von Arbeitszufriedenheit liegen sicherlich sowohl auf der persönlichen, charakterlichen Ebene
als auch auf der organisationellen und auf der gesellschaftlichen Ebene. Eine analytische
Betrachtung nach Ebenen kann dann weitere interessante Überlegungen nach sich ziehen, wie

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110
Von der Leitfrage zur Gliederung

etwa nach Wechselwirkungen zwischen den analysierten Ebenen. Vergessen Sie dabei nicht:
Definitionen und Begrifflichkeiten unterliegen keinem Wahrheits-, sondern einem Nützlich-
keitskriterium.

Inhaltliche Struktur einer Diplomarbeit – Beispiel Senioren

Inhaltliche Struktur einer Diplomarbeit mit der Forschungsfrage:


„Wodurch ist das Kaufentscheidungsverhalten von Senioren in Bezug auf
Reiseprodukte geprägt und welche Gestaltungsempfehlungen für Reiseprodukte
lassen sich daraus ableiten?“

Senioren Reiseprodukte
• Eigenschaften • Charakteristika
• Einstellungen • kaufrelevante Produkteigenschaften

Konsumverhalten

These
über das Kaufentscheidungs-
verhalten von Senioren
in Bezug auf Reiseprodukte

Methodendiskussion
Fallbeispiel Bildungsreisen • Welche Interviewmethoden
Adaptieren der These und des gibt es?
theoretischen Frameworks • Was sind die Vor- und
an das Fallbeispiel Nachteile?
• Welche Methode ist
hier geeignet?

Untersuchung
• Entwicklung des Designs
• Analyse der Interviews

Ergebnis
Was lernen wir in Bezug auf
das Kaufentscheidungs-
verhalten von Senioren bei
Bildungsreisen?

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111
Lektion 11

Inhaltliche Struktur einer Diplomarbeit – Beispiel Stadtmarketing

Inhaltliche Struktur einer Diplomarbeit mit der Forschungsfrage:


„Kann Stadtmarketing einen Beitrag zur Lösung der Probleme von
Klein- und Mittelbetrieben (KMU) in Kleinstädten leisten?“

Ist-Situation in Kleinstädten Ist-Situation von KMUs


• Veränderungen/Trends • Veränderungen/Trends
• Aktuelle Probleme • Aktuelle Probleme
• Spezifika in Ost-Deutschland • Spezifika in Ost-Deutschland

Problemlandschaft Stadtmarketing
• Definition
• Was kann es in system-
Was sind die Ausgangsprobleme? theoretischer Sicht leisten?
• Was kann es in kommunika-
tionstheoretischer Sicht leisten?

Fallbeispiel 1 Fallbeispiel 2
• Probleme vorher • Spezifika Ostdeutschland
• Umsetzung Stadtmarketing • Probleme vorher
• Resultate • Umsetzung Stadtmarketing
• Resultate

Ergebnis
• Bewertung von Stadtmarketing
• Weitere Schlussfolgerungen
• Handlungsempfehlung

Die beiden Abbildungen mit Beispielen einer inhaltlichen Gliederung eines Themas verdeut-
lichen, dass es stets mehrere Gliederungsoptionen gibt. Es wird auch deutlich, dass es hilfreich
sein kann, in ein Hauptkapitel und in Unterkapitel erster Ordnung sowie Unterkapitel zweiter
Ordnung zu unterteilen. Vorsicht ist aber gegenüber sogenannten Exkursen geboten. Es
handelt sich dabei um eigene Unterkapitel, die für die Abhandlung nicht direkt relevant sind.
Diese sind zwar manchmal sinnvoll, können aber dazu führen, dass die Arbeit an Struktur verliert.

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112
Von der Leitfrage zur Gliederung

Wenn Sie noch gar keine Vorstellung von der inhaltlichen Gliederung Ihrer Arbeit haben,
kann es sinnvoll sein, die folgende Grobgliederung zu verwenden: Mögliches Schema
zur Grobgliederung
1. Theoretischer Teil (jetzt ausführlicher als in der Einleitung): „Die wichtigsten Merkmale der
ausgewählten Definitionen, Theorien, Modelle und Frameworks werden beschrieben und
zusammengefasst“ (Sachs/Hauser 2002). Kritische Diskussion der einschlägigen Literatur.
Die in der Literatur vorhandenen Aussagen werden als heuristische Erkenntnisquellen
genutzt.

2. 
Empirischer Teil (falls die Arbeit empirische Komponenten enthält): Vorgehensweise,
Datenbeschreibung, Datenanalyse, ggf. statistische Hypothesentests, Ergebnisinterpreta-
tion.

3. Aussagen aus dem bisherigen Befund generieren. Diese zu argumentativen Ketten verbin-
den, welche die These stützen.

4. Bedeutung der Befunde für die Problematik skizzieren. Bedeutung für das Fach BWL und
weiteren Forschungsbedarf identifizieren. Nützlichkeit der verwendeten Theorien und Fra-
meworks diskutieren. (Falsifiziert der Befund womöglich eine der benutzten Theorien? Gibt
es Konsistenz zwischen den Modellen und der Empirie? Haben sich inhaltliche Brüche
angedeutet?)

Strukturierungsarbeit ist Übungssache. Sie sollten darum jede Möglichkeit wahrnehmen,


Seminararbeiten zu schreiben. Leider hat die Seminararbeit als Folge der Bologna-Reformen
an Bedeutung verloren. Das ist bedenklich, da es die Seminararbeit ist (und ganz bestimmt
nicht die Klausur oder die Prüfung), welche die Kernkompetenzen wissenschaftlichen
Arbeitens vermittelt.

Sollten Sie das Glück haben und sich in Seminararbeiten üben dürfen, so werden Sie ungefähr
nach der vierten wissenschaftlichen Arbeit bereits ein gutes Gespür für Gliederungen ent-
wickelt haben. Das erkennen Sie daran, dass Sie dann bereits gut zwischen den Zeilen von
Inhaltsverzeichnissen lesen können. Wenn Sie diese Fähigkeit entwickelt haben, sind Sie auf
dem richtigen Weg.

11.4 Der Schluss


Für den Schluss sollten Sie bedenken, dass der häufigste Lesemodus in der Wissenschaft nur
im Lesen von Einleitung und Schluss besteht. Auch wenn Ihre Arbeit komplett gelesen wird,
wird die Qualität der gesamten Arbeit meistens unter dem Eindruck von Einleitung und
Schluss beurteilt.

Im Schluss sollten Sie daher zunächst einmal die Ergebnisse Ihrer Arbeit zusammenfassen. Es Der Schluss
muss eine Rückbindung an die Problematik, die Fragestellung und die Hypothese der Arbeit enthält die Ergeb-
geben. Es macht dabei gar nichts, wenn sich hier die Aussagen aus dem Ende des Hauptteils nisse Ihrer Arbeit.
wiederholen. Doppelt hält besser.

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113
Lektion 11

Ebenfalls sollte im Schluss eine kritische Auseinandersetzung mit der eigenen Methode und
den eigenen Befunden stehen. Ihre Ergebnisse sollten immer auf einen Aussagenbereich
begrenzt werden und die Verallgemeinerungsfähigkeit vorsichtig eingeschätzt werden. Außer-
dem haben Sie durch Ihre analytische Durchführung im Hauptteil implizit immer auch die
benutzten Methoden auf Brauchbarkeit untersucht. Methoden können die in sie gesteckten
Erwartungen enttäuschen. Oder sie können über alle Erwartungen gut funktionieren. Teilen
Sie im Schlussteil mit, wie es Ihnen mit Ihrer Methode ergangen ist. Starten Sie aber an dieser
Stelle keine neuen Abhandlungen. Im Schluss darf kein wirklich neuer Gedanke mehr ein-
geführt werden.

Geben Sie schließlich einen Ausblick auf künftigen Forschungsbedarf. Schätzen Sie ab, was in
der Praxis getan werden sollte und sprechen Sie Empfehlungen aus. Sie dürfen zu diesem
Zweck ausnahmsweise mit Werturteilen arbeiten.

Formal schließt eine Arbeit mit dem Abbildungsverzeichnis, dem Tabellenverzeichnis und
dem Quellenverzeichnis ab. Besonders bei empirischen Abschlussarbeiten werden oftmals
Anhänge wie Interviewtranskriptionen, statische Output-Dateien oder ministeriale Ver-
ordnungen angefügt. Alle diese Textbausteine zählt man nicht zum eigentlichen Korpus der
Arbeit. Wenn also eine zwanzigseitige Seminararbeit von Ihnen verlangt wird, dann wäre ein
Deckblatt, eine Seite Inhaltsverzeichnis, sieben Seiten Einleitung, zwölf Seiten Hauptteil, eine
Seite Schluss und fünf Seiten Quellenverzeichnis ganz im Rahmen der Vorgaben.

Zusammenfassung

Die wissenschaftliche Arbeit besteht aus mehreren Elementen, deren Gestaltung


formalen Kriterien folgt. Neben dem Deckblatt, das Sie noch weitgehend frei gestalten
können, besteht die Arbeit aus Einleitung, Hauptteil und Schluss, für die jeweils
formale Vorgaben gelten.

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Lektion 12 g a b e n
n d Q u e l le n a n
Z i t i e re n u

LERNZIELE

Nach der Bearbeitung dieser Lektion werden Sie wissen, …


…… w
 elche formalen Vorgaben beim Schreiben eines wissenschaftlichen
Textes zu beachten sind.
…… wie man korrekt zitiert.
…… wie man ein Literaturverzeichnis anlegt.
…… wie man im Text die verwendeten Quellen korrekt angibt.
Lektion 12

12. Zitieren und Quellenangaben

Aus der Praxis Dies ist die letzte Lektion unseres Kurses. Bald haben Sie es geschafft. Doch bevor Sie sich tat-
sächlich an Ihre Forschungsarbeit machen, müssen sie die formalen handwerklichen Regeln
des wissenschaftlichen Arbeitens erlernen.

Wir werden im Folgenden formale Konventionen des wissenschaftlichen Arbeitens kennenler-


Harvard-Style nen, die sich an dem orientieren, was man amerikanische Zitierweise oder Harvard-Style
nennt. Unter den gängigen Konventionen ist der Harvard-Style zunehmend populär und
könnte durchaus in den kommenden Jahren die verbreitetste Form werden.

12.1 Formale Kriterien für den Schreibstil


Beim Schreiben einer wissenschaftlichen Arbeit macht es Sinn, sich zunächst zu fragen, an wen
man sich eigentlich richtet (Eco 2002). Natürlich schreibt man zunächst einmal für den
Dozenten, der die Arbeit benoten wird. Dennoch wird man ihn nicht direkt anschreiben. Man
Jeder Text hat stellt sich vielmehr ein abstraktes Publikum vor, eine Art eingebildete Leserschaft, die an dem
eine (fiktive) geschriebenen Text interessiert ist.
Leserschaft.
Es dürfte klar sein, dass eine wissenschaftliche Arbeit sich vor allem an eine wissenschaftliche
Leserschaft wendet. Daher braucht eine wissenschaftliche Arbeit nur begrenzt allgemeinver-
ständlich geschrieben zu sein.

Auf der anderen Seite sollte man sich seine fiktive Leserschaft auch nicht als Expertengremium
vorstellen, welches das behandelte Thema mindestens genauso gut kennt, wie man selbst. In
diesem Fall wären die meisten argumentativen Herleitungen ja altbekannt und überflüssig.

Die fiktive Leserschaft besteht also aus wissenschaftlich vorgebildeten Menschen, die allerdings
über keine Spezialkenntnisse auf dem Gebiet der eigenen Abhandlung verfügen. Sie können
also die fachlichen Grundlagen voraussetzen, müssen aber gegebenenfalls einige wichtige
Punkte wiederholen.

Definitionen Zudem müssen Sie alle zentralen Begriffe Ihrer Arbeit definieren; ein Gebot, das alleine schon
von zentralen daraus resultiert, dass in anderen Bereichen der Wissenschaft derselbe Begriff anders definiert
Begriffen sein kann. Am besten, man definiert einen Begriff, wenn er zum ersten Mal auftaucht.

Schreibstil Schreiben Sie nicht verschnörkelt. In einer wissenschaftlichen Arbeit geht es weder um das
Klangschöne im Wort noch um den persönlichen Schreibstil. Ihre Aufgabe ist es, Informationen
und Argumente klar zu entwickeln und darzulegen. Halten Sie Ihre Sätze eher kurz und nüch-
tern und vermeiden Sie Füllwörter. Die Verwendung von Fachtermini ist zwar unerlässlich, ein
Übermaß an Fremdwörtern macht einen Text allerdings weder wissenschaftlicher noch besser.

Ob Sie von sich selbst in Ihrer Arbeit im Singular schreiben („Ich bin der Meinung, dass ...“),
den Pluralis Majestatis verwenden („Wir sind der Meinung, dass ...“) oder auf unpersönliche
Ausdrücke setzen, („Der Verfasser dieser Arbeit ist der Meinung, dass ...“) ist Geschmacksache.

Gehen Sie mit Abkürzungen sparsam um und legen Sie ein Abkürzungsverzeichnis an. Trade-
marks und hochgestellte Copyright-Zeichen haben in einer wissenschaftlichen Arbeit nichts
verloren.

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Zitieren und Quellenangaben

Geschlechtergerechte Sprache ist keinesfalls nur eine neumodische Spielerei, sondern sorgt Geschlechter-
gerade im Bereich der Kulturwissenschaften – zu denen auch die Betriebswirtschaft gehört – gerechte Sprache
für eine exakte Beschreibung der Wirklichkeit. Achten Sie also darauf, auch auf diesem Gebiet
wissenschaftlich korrekt zu arbeiten.

Gerade Menschen mit langjähriger Berufserfahrung neigen oft dazu, den Hausjargon fälschli- Fachjargon
cherweise für Fachsprache zu halten. Gehen Sie daher besonders kritisch mit Anglizismen um.

12.2 Das direkte Zitat


Ein direktes Zitat ist eine wörtliche Übernahme einer Textquelle. Eco (2002, S.196) unter- Das direkte Zitat
scheidet zwei Arten von direkten Zitaten. Zum einen kann der zitierte Text selber Gegenstand ist eine wörtliche
der wissenschaftlichen Untersuchung sein. Zum anderen „[...] zitiert [man] einen Text zur Übernahme eines
Unterstützung der eigenen Auslegung [oder Argumentation]“ (ebd. [eigene Hervorhebung]). fremden Textes
Formal werden beide Arten von Zitaten gleichermaßen durch Anführungsstriche kenntlich und muss als
gemacht. solcher gekenn-
zeichnet werden.
• Im Gegensatz zu den Belegen und Quellenangaben, die Sie immer angeben müssen,
bleibt es Ihnen überlassen, wie intensiv Sie direkte Zitate verwenden. Ob Sie also viel,
wenig oder gar nicht direkt zitieren, ist alleine Ihre Sache.
• Man sollte Textstellen direkt zitieren, die für die eigene Argumentation wichtig sind und
tatsächlich etwas Besonderes aussagen.
• Fremdsprachliche Texte muss man beim direkten Zitieren übersetzen. Textstellen in
Deutsch, Englisch oder Französisch kann man zwar in der Originalsprache belassen, bes-
ser ist es allerdings, auch hier die Übersetzung mit anzugeben. Gerade hier bietet es sich
an, die Textstelle selber zu übersetzen und dies hinter das Zitat in eckigen Klammern mit
[eigene Übersetzung] anzugeben.
• Überschreitet ein direktes Zitat mehrere Zeilen Länge, dann sollte man es nicht in den
Fließtext aufnehmen, sondern aus Gründen der besseren Lesbarkeit dem direkten Zitat
einen eigenen Absatz widmen:

Zitate

„Zitate haben in der Wissenschaft ihre größte Bedeutung. Wissenschaftler sind stets
darauf angewiesen, Arbeiten anderer Personen zu verwenden, damit etwa unnötige
Wiederholungen eines Experiments verhindert werden. Wissenschaftler arbeiten
sozusagen auf den Schultern eines Riesen (d. h. auf der Erfahrung ihrer vielen Vorgän-
ger): Zum Beispiel wird im einleitenden Text einer Dissertation mit Zitaten belegt,
welche Aspekte des Themas schon bekannt sind und welche Wissenslücken noch
bestehen.“

(Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Zitat [letzter Zugriff: 20.04.2011]).

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Lektion 12

• Ein direktes Zitat muss immer von einer Quellenangabe begleitet werden.
• Direkte Zitate müssen in Wortlaut mit dem Original vollständig übereinstimmen.
Die Einteilung in Abschnitte muss ebenso übernommen werden wie die Fußnoten des
Originals. Sogar die Fehler im Original müssen übernommen werden. Durch ein [sic!]
(lat. sic = wirklich so) verdeutlicht man, dass der Fehler wirklich so im Original steht. Ist
das Zitat noch in alter Rechtschreibung verfasst, ist diese Rechtschreibung innerhalb des
Zitats beizubehalten. Theisen (2002, S. 136) warnt in diesem Zusammenhang vor der
automatischen Rechtschreibkorrektur von Textverarbeitungsprogrammen.
• Man darf aus einer zitierten Stelle einzelne Buchstaben, ganze Wort und sogar beliebige
Teilsätze auslassen, wenn man die Auslassung durch [...] kennzeichnet.
• Eigene Einfügungen müssen in eckige Klammern gesetzt werden. Man kann damit auch
Adjektive und Verben beugen, um sie in den eigenen Text einzupassen.
• Eigene Einfügungen, die den Sinngehalt eines direkten Zitates an den eigenen
Betrachtungsfall anpassen, oder die eine gewisse eigene Interpretation oder
Kommentierung darstellen, sind möglich. Sie sollten aber kritisch gesehen und nur
extrem sparsam eingesetzt werden.
• Eigene Hervorhebungen (Fett- oder Kursivdruck sowie Unterstreichungen) müssen durch
[Hervorhebung nicht im Original] angegeben werden.

Wer Zitate nicht als solche kenntlich macht, verstößt gegen das Plagiatsverbot in der Wissen-
schaft. Dabei ist es egal, ob dies absichtlich oder aus Nachlässigkeit geschieht.

12.3 Das indirekte Zitat


Eine wissenschaftliche Arbeit beruht immer auf den Vorarbeiten anderer. Wann immer man
sich auf solche Vorarbeiten stützt, ist das mittels eines bibliografischen Verweises festzuhalten.

Theisen (2002) argumentiert daher überzeugend:

Indirektes Zitat

Das indirekte Zitat „Im Gegensatz zum direkten Zitat bezeichnet man jede Form einer textlichen Anleh-
ist die Übernahme nung, sinngemäße Wiedergabe oder auch nur stützende Argumentation unter Ver-
eines fremden wendung fremder Gedanken und Ausführungen als indirektes (sinngemäßes) Zitat.
Gedankens. Auch wenn der eigene Text letztlich vollständig selbst formuliert wird, berechtigt dies
nicht zum Verschweigen der geistigen Väter der jeweiligen Gedanken und Ansätze.
Jede eigene Ausführung, soweit diese (auch) auf fremden Überlegungen beruht, ist in
Form eines indirekten Zitats zu belegen. Da es gerade die Aufgabe einer Seminar- oder
Diplomarbeit ist, die Fähigkeiten zur Arbeit mit Literatur- und Quellenmaterial zu
beweisen, besteht kein Anlass, die Grundlagen und Quellen der eigenen Überlegun-
gen nicht auch vollständig offenzulegen.“ (ebd., S. 152).

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Zitieren und Quellenangaben

Im Prinzip unterscheidet sich ein direktes von einem indirekten Zitat nicht substanziell. Von
den Anführungszeichen und der wörtlichen Übernahme einmal abgesehen, müssen beide glei-
chermaßen mit einem Quellenbeleg versehen werden.

12.4 Die Fußnote


Fußnoten benutzt man dazu, weiterführende Angaben und Anmerkungen zu machen, die im
Haupttext den Textfluss stören würden. Der Text in den Fußnoten kann durchaus einen
exkursiven Charakter haben. Man spricht dann auch von inhaltlichen Fußnoten.

In einer Fußnote kann der Haupttext um nebensächliche, aber interessante Aspekte erweitert
werden. So könnte beispielsweise erwähnt werden, dass Fußnoten nach der Norm DIN 5008 über
den gesamten Text durchlaufend mit arabischen Ziffern durchnummeriert werden. Man fängt also
nicht bei jedem Kapitel neu an zu zählen. Fußnoten können, müssen aber nicht sparsam eingesetzt
werden. Bücher, die fast ohne Fußnoten auskommen findet man ebenso wie Bücher, bei denen der
Haupttext nur 20 Prozent der Seite füllt und die restlichen 80 Prozent durch Fußnoten aufgefüllt
werden.

Es kann sich bei einer Fußnote aber auch um eine vertiefte Quellenauseinandersetzung han-
deln, bei der man zur vorgebrachten Position gegenteilige Lehrmeinungen vorbringen will.
Ebenso sind Querverweise im Text möglich.

Eine weitere Funktion stellt Eco heraus:

Fußnoten

„Fußnoten dienen dazu, Schulden zu bezahlen. Ein Buch zitieren, aus dem man einen
Satz übernommen hat, heißt Schulden zahlen. Einen Autor zitieren, von dem man
einen Gedanken oder eine Information verwendet hat, heißt Schulden zahlen.
Manchmal muss man auch weniger klar benennbare Schulden zahlen und aus Grün-
den der wissenschaftlichen Korrektheit in einer Anmerkung beispielsweise darauf
hinweisen, daß von uns entwickelte eigenständige Gedanken ohne die Anregung
durch die Lektüre eines bestimmten Buches oder bei Gesprächen mit einem bestimm-
ten Forscher nicht möglich wären.“ (Eco 2002, S.213).

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Lektion 12

Ein Beispiel für eine Fußnote, die üblicherweise am Fuß der Seite gesetzt wird, findet sich
nachstehend:

1 Beispiel: „Einen engeren Innovationsbegriff vertritt hingegen beispielsweise Max Mustermann (1999, S. 25),
der Innovation lediglich als Output der Forschungsabteilung sehen will.“

12.5 Quellen- und Literaturverzeichnis


Ergebnisse, Informationen und Verweise einer wissenschaftlichen Arbeit müssen mit einem
eindeutigen Quellenverweis versehen sein. Es genügt nicht, nur im Hauptteil einer wissen-
schaftlichen Arbeit Zitate und Zitierverweise einzubauen (beispielsweise in Form von Fußno-
ten). Sämtliche Quellen, welche zur Erarbeitung einer wissenschaftlichen Arbeit genutzt werden,
müssen am Ende der Arbeit in Form eines Quellen- beziehungsweise Literaturverzeichnisses
aufgeführt werden.

Beide Verzeichnisformen führen die genutzten Quellen in Listenform auf. Im Regelfall genügt
ein Literaturverzeichnis. Vor Erarbeitung Ihrer wissenschaftlichen Arbeit sollten Sie dennoch
hierzu Rücksprache mit dem korrigierenden Dozenten halten, denn teilweise werden beide
Verzeichnisformen am Ende einer wissenschaftlichen Arbeit verlangt.

Quellenverzeichnis

Das Quellenverzeichnis umfasst – sofern der korrigierende Dozent beide Verzeichnisformen


verlangt – die gesamten Quellen, welche Sie für Ihre Arbeit gelesen haben. Es enthält somit alle
Quellen, auf welche man im Verlauf der Erarbeitung seiner Hausarbeit zurückgegriffen hat.
Dementsprechend sind im Quellenverzeichnis auch die Quellen anzuführen, welche man in
der wissenschaftlichen Arbeit nicht zitiert. Des Weiteren ist das Quellenverzeichnis nach den
verschiedenen Quellenarten gesplittet (z. B. Monografien, Fachaufsätze, Zeitungsartikel). Es
werden somit z. B. zuerst sämtliche Monografien (Werke in Buchform) nacheinander alpha-
betisch angeführt; danach wendet man sich beispielsweise den genutzten Fachaufsätzen zu.

Literaturverzeichnis

Im Literaturverzeichnis ist – sofern beide Verzeichnisarten verlangt werden – von Ihnen sämt-
liche Literatur aufzuführen, die im Text der Arbeit zitiert beziehungsweise erwähnt wird (vgl.
Duden 2000, S. 31).
Eine Literaturangabe erfüllt in diesem Rahmen zwei Funktionen. Einerseits muss sie die
betreffende Publikation eindeutig identifizieren und alle erforderlichen Informationen enthal-
ten, die es ermöglichen, diese Veröffentlichung in einer Bibliothek beziehungsweise über ein
anderes Medium ausfindig zu machen. Hierfür sind mindestens Titel, Autorname, Erschei-
nungsort und Erscheinungsjahr einer Publikation erforderlich.

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120
Zitieren und Quellenangaben

Das Literaturverzeichnis ist damit wesentlich kürzer als ein Quellenverzeichnis, da hier aus-
schließlich die im Verlauf der wissenschaftlichen Arbeit zitierten Quellen (das heißt alle Quel-
len, welche in Fußnoten eingeflossen sind) aufgeführt werden. Zudem werden beim Literatur-
verzeichnis die aufgeführten Quellen nicht nach Quellenarten getrennt gelistet, sondern
ausschließlich alphabetisch nach Autor sortiert.

Sofern nur ein Literaturverzeichnis am Ende der Arbeit verlangt wird, sind in diesem Verzeich-
nis alle Quellen aufzuführen, welche Sie im Rahmen der Erarbeitungsphase genutzt haben und
nicht die Quellen, aus denen Sie im Verlauf Ihrer wissenschaftlichen Arbeit zitieren. Um eine
schnelle Übersicht über die verwendeten Quellen zu gewährleisten, werden in diesem Fall die
verschiedenen Quellen nach Quellenarten sortiert abgehandelt; demzufolge wie beim Quel-
lenverzeichnis, sofern beide Verzeichnisformen am Ende einer Arbeit vom korrigierenden
Dozenten verlangt werden.

Zu jeder schriftlichen Quelle werden bibliografische Eckdaten nach einem einheitlichen


Schema wiedergegeben. Natürlich werden Sie im Laufe Ihres Studiums immer wieder auf
Quellen stoßen, die sich in kein Schema einpassen lassen. Dann müssen sie notfalls erfinde-
risch sein. Wichtig sind die Kriterien Einheitlichkeit und Nachprüfbarkeit.

Die Grundform der bibliografischen Angabe bildet die sogenannte Monografie (die klassische
Buchform, von vorne bis hinten ein kompletter Text):

Ausführliches Zitier-Schema: <Familienname von Autor 1><Leerzeichen><erster Buchstabe Zitier-Schema


des Vornamen von Autor 1 gefolgt von einem Punkt><Komma><Leerzeichen><Familienname
von Autor 2><Leerzeichen><erster Buchstabe des Vornamen von Autor 2 gefolgt von einem
Punkt><Komma><Leerzeichen><Familienname von Autor 3><Leerzeichen><erster Buch-
stabe des Vornamen von Autor 3 gefolgt von einem Punkt><„ , u. a.“, falls es mehr als 3 Auto-
ren gibt><Leerzeichen><runde Klammer auf><Jahr der Publikation><runde Klammer zu><-
Komma><Leerzeichen><Titel des Publikation inklusive Untertitel><Komma>
<Leerzeichen><Auflage><Komma><Leerzeichen><Verlag><Komma><Leerzeichen><Publika-
tionsort 1 / Publikationsort 2 / Publikationsort 3><Komma><Leerzeichen><ISBN-Nummer><-
Punkt>

Anmerkung
Bei dem dargestellten Zitierschema handelt es sich um eine mögliche Form, die verwendete
Literatur in einem Verzeichnis nachzuweisen.

Beispiel: Prätsch J., Schikorra U., Ludwig E. (2007), Finanzmanagement, 3. Auflage, Springer,
Berlin / Heidelberg, ISBN 1234-998-790-300.

Bemerkung
Ist der Verfasser nicht bekannt, so schreibt man o. V (= ohne Verfasser). Ist der Ort unbekannt,
so schreibt man entsprechend o. O (= ohne Ort). Analog kürzt man ab o. J. (= ohne Jahr). Ist
hingegen der Verlag oder die ISBN unbekannt, so lässt man diese Angaben komplett aus und
macht dies nicht durch Abkürzungen kenntlich.

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Lektion 12

Beispiel: Weineck J. (2007), Optimales Training, o. O.

Es werden höchstens drei Autoren und Orte genannt. Wenn es mehr gibt, schreibt man u. a.
(= und andere).

Beispiel: Baumert J., Klieme E., Neubrand, M., u. a. (2001), PISA 2000. Basiskompetenzen
von Schülerinnen und Schülern im internationalen Vergleich, Leske & Budrich, Opladen.

Falls man von einem Autor mehrere Publikationen aus einem einzigen Jahr zitiert, wird zur
besseren Unterscheidung hinter die Jahreszahl ein kleiner lateinischer Buchstabe zur fortlau-
fenden Nummerierung gestellt.

Beispiel: Leonhart R., Wirtz M., Bengel J. (2005a), Vergleichswerte zur Bewertung von
Effektgrößen in rehabilitationswissenschaftlichen Studien am Beispiel des IRES-Patientenfra-
gebogens Version 2, o. O.

Leonhart R., Wirtz M., Bengel J. (2005b), Eine empirische Stukturanalyse des IRES-Fragebo-
gens Version 2 in mehreren Gruppen, o. O.

Man gibt immer die Auflage an, die man benutzt hat. Manchmal ist es wichtig zu wissen,
wann die Erstauflage eines Werkes erschienen ist. In diesen Fällen kann man auch zwei Jahres-
zahlen angeben. Die erste bezieht sich dann auf die Erstauflage, die zweite auf die benutzte
Auflage.

Beispiel: Eco U. (1977, 2002), Wie man eine wissenschaftliche Abschlußarbeit schreibt, 9. Auflage,
C. F. Müller, Heidelberg, ISBN 3-8252-1512-1.

Fremdsprachige Titel werden nicht übersetzt. Fremde Alphabete (Kyrillisch, Hiragana etc.)
werden hingegen ins Lateinische übertragen. Die Transkriptionsregeln für die jeweilige Spra-
che sind dann gesondert zu recherchieren.

Sammelwerke haben äußerlich die Form eines Buches. Sie sind aber eine Art Sammlung von
kleineren Abhandlungen mehrerer Autoren zu einem übergeordneten Thema. Üblicherweise
wird der Herausgeber in einem ausführlichen Vorwort oder Überblickskapitel die unterschied-
lichen Beiträge würdigen und in einen Zusammenhang setzen. Das folgende Beispiel zeigt, wie
man einen einzelnen Beitrag aus einem solchen Sammelwerk zitiert.

Beispiel: Klauer K. (1995), The assessment of person fit, In: Fischer G., Molenaar I. (Hrsg.),
Rasch models: Foundations, recent developments, and applications, Springer, New York.

Artikel aus Fachzeitschriften sind die gängigste Art von Quellen, mit denen Wirtschaftswis-
senschaftler und Forscher der Betriebswirtschaft arbeiten.

Zitier-Schema: Die Zitierweise von Zeitschriftenaufsätzen ähneln in der Zitierweise den Sam-
melwerken. Bis einschließlich Titel des Aufsatzes verfährt man wie bei der Monografie. Dann
aber <„In:“><Leerzeichen><Name der Zeitschrift><Komma><Leerzeichen><Jahrgang><runde
Klammer auf><Heftnummer><runde Klammer zu><Komma><Leerzeichen><Seitenanga-
ben><Punkt>

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122
Zitieren und Quellenangaben

Beispiel: Lai J., Cella D., Chang C., u. a. (2003), Item banking to improve, shorten and com-
puterize self-reported fatigue: an illustration of steps to create a core item bank from the
FACIT-Fatigue Scale, In: Quality of Life Research, 12(5), S. 485–501.

Die Angaben zum Jahrgang benötigt man, wenn der Zeitschriftenverlag die Ausgabennumme-
rierung nach Ablauf eines Jahres wieder bei der 1 beginnen lässt. Wenn hingegen die unter-
schiedlichen Ausgaben der betreffenden Zeitschrift laufend durchnummeriert werden, benö-
tigt man die Angaben zum Jahrgang nicht.

Beispiel: Rost J. (1991), A Logistic Mixture Distribution Model for Polychotomous Item
Responses, In: The British Journal for Mathematical and Statistical Psychology, 44, S. 75–92.

12.6 Der Umgang mit grauer Literatur


Von vielen Quellen sagt man, sie seien „nicht zitierfähig“. Wir halten den Ausdruck nicht-zi- In Sonderfällen
tierfähig für unglücklich gewählt. Der Ausdruck ist zwar weit verbreitet, allerdings auch irre- kann auch aus
führend. Denn er wird oftmals falsch verstanden im Sinne einer Unmöglichkeit des Zitierens "grauer Literatur"
oder gar als Zitationsverbot. Das ist falsch. Nicht-zitierfähige Quellen und Literatur kann man zitiert werden.
durchaus zitieren. Solche Quellen muss man sogar zitieren, nämlich dann, wenn man keine
besseren, zitiationsfähigen Quelle angeben kann. Lückenhaftes Zitieren wäre hingegen der
Anfang vom Plagiat. Daher gilt im Zweifelsfall: Lieber nicht-zitierfähiges Material zitieren, als
ein direktes oder indirektes Zitat nicht zu belegen.

Besser als der Begriff nicht zitierfähig ist der Begriff graue Literatur. Wir haben schon gehört,
dass Vorlesungsmanuskripte nicht zitierfähig sind, also der grauen Literatur zuzurechnen sind.
Des Weiteren zählen zur grauen Literatur Broschüren, studentische Arbeiten, Hochschul-
schriften, Tagungsberichte, Kataloge und Hefte, die nicht über das normale Verlagswesen oder
den normalen Buchhandel zu beziehen sind. Die Nachprüfbarkeit von Behauptungen, die sich
auf diese Quellen stützen, kann dadurch eingeschränkt sein.

Mündliche Auskünfte sind natürlich auch keine zitierfähigen Quellen. Sie werden daher
besonders ungerne gesehen. Wenn man sie dennoch ausnahmsweise zitieren will, so eignen
sich Erklärungen in einer Fußnote.

Nach Theisen (2002, S. 141) ist nach Möglichkeit die Adresse festzuhalten. Das wird zwar in
den meisten Fällen schon aus datenschutzrechtlichen Gründen ein frommer Wunsch bleiben.
Die Kernidee ist aber klar: Sorgen Sie mit Hilfe von Fußnoten dafür, dass Ihre Angaben prin-
zipiell überprüfbar sind. Selbst das wird aus Gründen des Quellenschutzes nicht immer mög-
lich sein.

Das Internet ist ein Problemfall. Der Umgang mit Internetquellen ist noch immer stark Das Internet
umstritten. Einerseits ist das Internet im Grunde genommen auch als graue Literatur einzustufen, als Quelle
da man im allgemeinen nicht wissen kann, ob eine bestimmte Seite nicht zwischenzeitlich
verändert oder gar aus dem Netz genommen wurde. Die Überprüfbarkeit der Quellen ist bei
Websites also nicht gegeben. Umgekehrt muss man allerdings einsehen, dass die Rolle des
Internets faktisch immer mehr zunimmt und dort eingestellte Beiträge teilweise stärker unter
öffentlicher Begutachtung und Kontrolle stehen als klassische Druckerzeugnisse.

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Lektion 12

Bis heute gibt es keinen Konsens darüber, wie Internetquellen zu zitieren sind. Manchmal
versucht man, die bekannten Zitierschemata auf die Internetquellen anzuwenden. Besonders
Quellen, die auch in klassischer Form verfügbar sind, werden oftmals im normalen Literatur-
verzeichnis aufgeführt und dort mit dem Zusatz versehen: „auch online abrufbar unter: http://
www.dasisteinbeispieldasesnichtgibt.de“.

Ansonsten gibt man meistens nur die URL an. Eine wichtige Angabe darf dann allerdings
niemals fehlen: Sie müssen auf jeden Fall den Zeitpunkt angeben, zu dem Sie die URL gesich-
tet haben.

Beispiel: http://de.wikipedia.org/wiki/Zitieren_von_Internetquellen (gesichtet am 20. April


2011). Aber auch “Wikipedia ,zitieren von Internetquellen‘, 20.4.2011“ ist denkbar. Dies
ermöglicht mit etwas Glück in Waybackmachines wie etwa http://www.archiv.org eine spätere
Rekonstruktion der gesichteten Quelle.

Das Literaturverzeichnis teilt man in zwei Teile. Im ersten Teil steht die zitierfähige Literatur
alphabetisch sortiert. Hier wird nicht nach Quellenart unterschieden. Im zweiten Teil wird die
graue Literatur aufgeführt. Hier kann es Sinn machen, nach Quellenart weiter aufzugliedern.
Der Zweck dieser Aufgliederung sollte immer darin bestehen, das Literaturverzeichnis über-
sichtlicher zu gestalten.

12.7 Quellenbelege im Text


Sie kennen inzwischen direkte und indirekte Zitate. Doch wie genau verweist man auf die
genutzte Quelle?

Amerikanische Das ist bei der amerikanischen Zitierweise sehr einfach. Sie können jederzeit im Fließtext
Zitierweise Ihren Ausführungen in runden Klammern einen Verweis hinzufügen, der eine eindeutige
Identifizierung der Quelle im Quellenverzeichnis ermöglicht. Die übliche Form ist

(Name Jahr) beziehungsweise (Name1, Name2, u. A. Jahr)

oder manchmal

(Name Jahr, Seitenzahl).

Alle folgenden Beispiele stammen aus unveröffentlichen Notizen von H. Fiedler.

Beispiel: „1977 wies die Sozialpsychologie in einem bemerkenswerten Aufsatz von Schwartz
und Marsky erstmals nach, dass fast alle Mannschaftsballsportspiele einen Heimvorteilseffekt
verzeichnen (Schwartz & Marsky 1977)“

Ist bereits im Text vom Autor der Quelle die Rede, so verzichtet man auf eine erneute Namens-
nennung:

Beispiel: „Kuypers (2000) testet am Beispiel englischer Fußballwettquoten die in den Wirt-
schaftswissenschaften durchaus umstrittene Hypothese der Informationseffizienz von Märkten.“

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124
Zitieren und Quellenangaben

Wenn ein und dieselbe Quelle sofort erneut zitiert wird und ein erneuter Beleg angebracht
erscheint, wird oftmals anstelle des Namens eine der folgenden Abkürzungen verwendet: ebd.
(= ebenda), ibid. (= ibidem), a. a. O. (= Angaben am Ort) oder op. cit. (= opere citato). Eine
solche Abkürzung besagt, dass sich der Beleg auf die gleiche Quelle bezieht wie der letzte
Beleg.

Beispiel: „Auch Falter & Pérignon (2000) möchten die Siegeswahrscheinlichkeit französischer
Profi-Teams ermitteln. Mit Hilfe linearer Regressionen werden team standing und Heimvor-
teil in Beziehung zum Sieg gestellt. Andere Kontrollvariablen sind laut den Autoren nicht
signifikant am Sieg beteiligt. Der unerklärte Fehleranteil wird leider nicht explizit benannt
und das Modell anschließend leider durch eine tautologische Betrachtung ersetzt, indem ein
zeitlich gleitendes Tordifferenzial als Erklärung angegeben wird (ebd., S. 1764 f.).“

Erstreckt sich die zitierte Passage auf zwei Seiten, wird üblicherweise nach der Angabe der
Seitenzahl ein kleines f. (= und folgend) angegeben. Erstreckt sich die die zitierte Passage auf
mehr als zwei Seiten, macht man dies mit ff. (= und fortfolgende) kenntlich.

Nachwort

Mit dieser Lektion endet der Kurs „Einführung in das Wissenschaftliche Arbeiten“. Sie sind
nun in der Lage, eine wissenschaftliche Arbeit zu schreiben, die den formalen und ideellen
Ansprüchen von Wissenschaftlichkeit genügt.

Ihr Wissen über das wissenschaftliche Arbeiten haben Sie sich bisher vor allem durch das Lesen
dieses Studienskripts erarbeitet. Nun sollten Sie dieses Wissen verinnerlichen und vertiefen.
Das macht man am besten nicht durch weitere Kopfarbeit, sondern durch learning by doing.
Ob es nun den Schreibstil, die Zitierregeln oder das bibliografische Belegen von Quellen
betrifft. Achten Sie von nun an darauf, wie andere vor Ihnen diese Probleme gelöst haben.
Durch Nachahmung werden Sie schnell auch die vielen formalen Tücken und Sonderfälle
meistern lernen.

Wir wünschen Ihnen für Ihren weiteren Studienverlauf alles Gute.

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Lektion 12

CLIX Wissenskontrolle

Wissenskontrolle Haben Sie diese Lektion verstanden?


im Internet Hervorragend. Dann kontrollieren Sie bitte jetzt Ihre Lernfortschritte auf unserer
Erfassen Sie Ihre Lernplattform CLIX.
Lernfortschritte
Viel Erfolg!

Evaluierung

Herzlichen Glückwunsch!

Sie sind nun am Ende dieses Kurses angelangt. Wenn Sie Ihr Wissen auf CLIX unter
Beweis gestellt haben, führen Sie bitte die abschließende Evaluierung des Kurses
durch. Nach Abschluss aller Kurse dieses Moduls sind Sie dann automatisch zur
Klausur zugelassen. Für diese wünschen wir Ihnen alles Gute.

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Anhang 1
r ve r z e i c h n i s
Literatu
Anhang 1

Literaturverzeichnis

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130
Anhang 2
ve r z e i c h n i s
Abbildungs
Anhang 2

Abbildungsverzeichnis

Der Kula-Ring Quelle: Malinowski (1922, 2005), Karte


S. 63.

Der elektronische Katalog der Ludwig- Quelle: https://opacplus.ub.uni-muen-


Maximilian Universität München chen.de
(Screenshot vom 15.4.2011).

Der Karlsruher Virtuelle Katalog Quelle: http://www.ubka.uni-karlsruhe.


de/kvk.html
(Screenshot vom 16.11.2011).

Beispiel eines Eintrags in einem nicht- Quelle: Bild gesichtet auf der Homepage
elektronischen Schlagwortkatalog der Universitätsbibliothek der
FU-Berlin (14.3.2011). Da die
Internetseite dynamisch ist, kann
keine URL angegeben werden.

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