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Ingenieurbaukunst:

Philips-Haus in Wien
The Art of the Structural
­Engineer: Philips Building
in Vienna

Buchstäblich mit offenen Armen emp­


fängt das ehemalige Verwaltungs­
gebäude von Philips Österreich die
Autofahrer, die sich Wien von Süden
aus nähern. In den letzten Jahren sind
auf dem Wienerberg zwar deutlich
höhere Neubauten entstanden, doch
der markante Spannbetonbau von

Leo Fellinger
Karl Schwanzer und dem Ingenieur
Robert Krapfenbauer zählt nach wie
vor zum stadtbildprägenden Erbe der
Nachkriegszeit. Bei seiner Fertigstel­ halle des Hauses, weitere Büros sowie variiert jedoch zwischen 56 cm an den
lung 1965 beherbergte er die ersten ein großer Vortrags- und Veranstal­ Stirnseiten des Gebäudes und 1,55 m
Großraumbüros in Österreich mit tungssaal untergebracht. im Bereich der Stützen. Statisch rele­
rund 1000 m2 stützenfreier Fläche pro vante Betonsanierungen an den Fas­
Geschoss. 2010 wurden Fassade und Gigantisches Spannbetonregal saden waren bei der jüngsten Instand­
Erschließungskerne unter Denkmal­ Gemeinsam mit der Firma Dyckerhoff setzung nicht erforderlich. Um jedoch
schutz gestellt. Seit dem Auszug des & Widmann realisierten Schwanzer Energieeffizienz und Nutzerkomfort
Bauherrn 2013 stand das Haus leer. und Krapfenbauer von 1961 bis 1965 zu erhöhen, erhielten die Fassaden
Bei der nun abgeschlossenen Sanie­ einen Kraftakt des Betonbaus, dessen ­eine Innendämmung auf Perlite-Basis.
rung durch Josef Weichenberger Beweggründe eher im Wunsch nach Die Fensterbänder aus Aluminium
­architects + Partner konnte das Ge­ Expressivität als in funktionalen Anfor­ wurden durch ansichtsgleiche Nach­
bäude seine enorme Flexibilität unter derungen lagen. Das Hochhaus ruht bauten mit Dreifachverglasung aus­
Beweis stellen: Aus den Büroflächen auf nur vier achteckigen Stützen in getauscht.
wurden 135 voll möblierte „Serviced den längsseitigen Fassadenebenen. Vor der Südfront des Hauses ist über­
Apartments“ mit Flächen von 30 bis Jede von ihnen ist 1,60 m breit und dies eine Aufschüttung verschwun­
46 m2. In dem zweigeschossigen 3,40 m tief. Je zwei dieser Hauptstüt­ den, die bei einer vorangegangenen
Flachbau, der dem Hochhaus wie ­eine zen bilden mit den vorgespannten Sanierung 1990 entstanden war. So
Schublade untergeschoben ist, haben Betonbrüstungen an den Gebäude­ ist nicht nur das auskragende Beton­
sich zwei Supermärkte, ein Restaurant längsseiten eine biegesteife Rahmen­ regal, sondern auch das freie Schwe­
und ein Fitnesscenter eingemietet. konstruktion. Die Stützweite des Sys­ ben des zweigeschossigen Unterbaus
Ursprünglich waren dort die Eingangs­ tems beträgt 39 m, die Auskragung vom Parkplatz aus wieder sichtbar. JS
an den Gebäudeenden jeweils 15 m.
Die Plattenbalkendecken des Hauses The former Philips Austria headquar­
spannen über 12,6 m frei zwischen ters appears to open its arms in a
den Fassadenträgern und liegen auf ­welcoming gesture to drivers as they
deren Untergurten auf. Die Hauptstüt­ approach Vienna from the south.
zen sind in die Betonkonstruktion der The striking prestressed concrete
beiden Untergeschosse eingespannt. structure designed by architect Karl
Zwei Erschließungskerne steifen den Schwanzer and structural engineer
Skelettbau zusätzlich in Längs- und Robert Krapfenbauer was the first
Querrichtung aus. open-plan office in Austria on its com­
Eine statische Besonderheit sind die pletion in 1965. The country’s federal
fassadenintegrierten Betonstützen an monuments authority listed the fa­
den Stirnseiten des Hochhauses. Sie cade and the circulation core in 2010.
verteilen unterschiedliche Verformun­ The building has remained empty
gen der Geschossdecken gleichmä­ since the client moved out in 2013.
ßig auf alle Ebenen und reduzieren Now, with the refurbishment by Josef
damit die maximalen Belastungen. Weichenberger architects + Partner
Die Brüstungsträger machen den complete, the building can demon­
Kräfte- und Momentenverlauf in ihrem strate the enormous flexibility it offers:
Inneren auch formal ablesbar. Ihre Ge­ the office floors have been converted
Leo Fellinger

samthöhe beträgt einheitlich 1,70 m, into 135 fully furnished serviced apart­
die Tiefe der Ober- und Untergurte ments. In the two-storey low-rise

6 reports 02/19
building, which slots under the high-
rise like a drawer, are rental units for
two supermarkets, restaurants and a
fitness centre.

Prestressed concrete ­shelving rack


Working together with Dyckerhoff &
Widmann, Schwanzer and Krapfen­
bauer completed an amazing feat of
1:
concrete construction between 1961
and4000
1965.0
The high-rise is supported
200 M

by only four octagonal columns along


each longitudinal facade. These col­
umns are 1.60 m wide and 3.40 m
deep. 1: Each pair of main columns
forms
2000 a0 stiff frame with the prestressed
100 M

concrete parapets along the longitu­


dinal sides of the building. The struc­
tural system spans 39 m, with 15 m
long cantilevers at the building ends.
The beam and slab decks span 12.6 m
without intermediate supports be­ aa b
tween the facade beams. The bot­
toms1:of the main columns are built in­ a 1:
b a
to500
the reinforced
0 concrete of25the two
M
4000 0 200 M

basements. Two reinforced concrete


circulation cores provide additional
1:

2000 0 100 M c
stiffness to the frame in the longitudi­
c
nal and transverse directions.
The concrete columns integrated into 1:

500
the facades at the ends of the high-
0 25 M

Philips Haus Archiv, 6B47 + Sans Souci


rise are an unusual structural feature.
They distribute the differential deflec­ 1:
Regelgeschoss

tion of the floor slabs evenly through­ 200 0 5 20 M


standard floor

out all levels and therefore reduce the


maximum load on any one floor.
The parapet beams make the flow of
forces and moments quite clear from
inside and outside the building. Their bb cc
total height is a uniform 1.70 m, with
the width in plan of the top and bot­ Längsschnitt und Grundriss Regelgeschoss Section and standard floor plan
Maßstab 1:750 scale 1:750
tom flanges varying between 56 cm Querschnitte Geschossdecke und Brüstungen Sections of parapets and floor slab
at the ends of the building and 1.55 m Maßstab 1:100 scale 1:100
at the columns. The striking profile
­also defines the facades after renova­
tion. In order to increase energy effi­
ciency and improve user comfort, the
facades are insulated internally with
perlite. The continuous bands of win­
dows in aluminium were replaced
with triple glazing units that replicated
the originals. JS

Bauherr / Client:
6B47 Real Estate Investors, Wien, AT
(Sanierung / Refurbishment)
Architekten /Architects:
Karl Schwanzer, Wien, AT
(Bestand / Existing building)
Josef Weichenberger architects + Partner, Wien, AT
(Sanierung / Refurbishment)
Tragwerksplaner / Structural engineer:
Robert Krapfenbauer, Wien, AT
Leo Fellinger

(Bestand / Existing building)
Markus Kuhlang, Wiener Neudorf, AT
(Sanierung / Refurbishment)

02/19 magazin 7

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