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Review
Ätiologie, Epidemiologie und Diagnose des
Barrett-Ösophagus
E. Wedi
Schlüsselwörter Ätiologie, Epidemiologie und Diagnose conspicuous findings remains still the gold
Barrett-Ösophagus des Barrett-Ösophagus standard. Screening for Barrett’s esophagus
– gastroösophagea- Die Diagnose des Barrett-Ösophagus as well as endoscopic and biopsy surveil-
ler R
eflux – D
efinition wird bei endoskopisch-makroskopischem lance should be limited strictly to high-risk
– Epidemiologie – groups. High-grade intraepithelial neoplasia
Verdacht histologisch durch Nachweis von
Diagnostik – Screening
spezialisiertem intestinalem metaplasti- and early mucosal carcinoma (pT1a) should
schem Zylinderepithel gestellt. Das Risiko be referred to high-volume Barrett’s centers.
Key words After detection of low-grade intraepithelial
der Progression des Barrett-Ösophagus zum
Barrett’s esophagus –
Karzinom wird zwischen 0,12 und 0,33% neoplasia (LGIEN) endoscopic therapy is in-
gastroesophageal reflux
pro Jahr angegeben und liegt deutlich nied- dicated; furthermore a second opinion must
– definition – epide-
miology – diagnosis – riger als früher angenommen. Die Beschrei- be obtained from a specialized pathologist
screening bung des Barrett-Ösophagus erfolgt nach der for low-grade IEN.
Prag-Klassifikation. Die Vier-Quadranten-
Biopsie in 1 – 2 cm Abständen mit gezielter
Biopsie makroskopisch auffälliger Befun-
de ist weiterhin der Goldstandard. Kontrast-
verstärkende Verfahren wie die Chromoen- Einleitung und Definition
doskopie oder virtuelle Chromoendoskopie
(NBI) können unterstützend angewandt wer- Der Barrett-Ösophagus stellt eine fakul-
den. Nach histologischer Diagnosestellung tative Präkanzerose für das Barrett-Karzi-
einer Zylinderzellmetaplasie (Barrett-Öso-
phagus) sollte nach einem Jahr eine endo- nom dar. Es handelt sich definitionsgemäß
skopische Kontrolluntersuchung erfolgen. um eine endoskopisch erkennbare Schleim-
Anschließend sollten vor allem Risikopati- hautveränderung der Speiseröhre, die his-
enten (z.B. adipöse, männliche Kaukasier) tologisch einer spezialisierten intestinalen
weiter überwacht und bei Nachweis von HG- Metaplasie mit Nachweis von Becherzellen
IEN oder eines frühen mukosalen Karzinoms entspricht. Dabei wird der Nachweis von Be-
(pT1a) einer endoskopischen Therapie in ei-
nem Barrett-Zentrum zugeführt werden. Der cherzellen im Zylinderepithel als zwingen-
Nachweis einer LG-IEN sollte durch einen des Charakteristikum zur Diagnosestellung
Abkürzungen zweiten Referenzpathologen bestätigt und des Barrett-Ösophagus derzeit kontrovers
DGVS: Deutsche endoskopisch behandelt werden (EMR/Ab- diskutiert. Die aktuelle DGVS-Leitlinie sagt
Gesellschaft für lation). hierzu Folgendes: „Die Diagnose Barrett-
Gastroenterologie,
Verdauungs- und Stoff- Ösophagus wird bei endoskopisch-makro-
wechselkrankheiten; skopischem Verdacht histologisch durch
ESGE: European Soci- Etiology, epidemiology and diagnosis Nachweis von spezialisiertem intestinalem
ety of Gastrointestinal of Barrett’s esophagus
Zylinderepithel gestellt“ [1]. Die gastro-
Endoscopy; FICE: flex- The diagnosis of the Barrett’s esopha-
ible spectral imaging gus is made histologically by detection of ösophageale Refluxkrankheit ist der Haupt-
color enhancement; columnar epithelium in the esophagus with risikofaktor des Barrett-Ösophagus [2].
NBI: Narrow Band Im- specialized intestinal metaplasia. The risk of Das Risiko, im Verlauf der Erkrankung ein
aging
developing a Barrett’s carcinoma is reported Adenokarzinom zu entwickeln, ist erhöht,
between 0.12 and 0.33% per year and is sig- wurde jedoch jahrelang eher überschätzt.
nificantly lower than previously assumed.
In Deutschland sind ca. 40 – 50% der Öso-
The description of the Barrett’s esophagus
© 2017 is given by the Prague classification. The phaguskrebserkrankungen auf Barrett-Ade-
Dustri-Verlag Dr. Karl Feistle
four-quadrant biopsy at 1 – 2 cm intervals nokarzinome zurückzuführen [3]. Neuere
ISSN 0174-738X
DOI 10.5414/VDX0953 with targeted biopsy of macroscopically Studiendaten zum Barrett-Ösophagus haben
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Abb. 2. Die Ausdehnungen der Zylinderepithelmetaplasien des Barrett-Ösophagus werden endosko-
pisch nach der Prag-Klassifikation eingeteilt. Abbildung 2a zeigt ein Barrett-Areal nach der Prag-Klassifi-
kation C2M5. Abbildung 2b stellt die Prag-Klassifikation schematisch dar [12, 21].
Tab. 1. Risiko- und Schutzfaktoren für Barrett-Ösophagus und Barrett-Karzinom nach [2, 12].
von einem Jahr nach der Index-Endoskopie führt. Die Neoplasien konnten früher diag-
aufzeigen konnte [24]. Kontroverse Ergeb- nostiziert werden, die Patienten überlebten
nisse wurden in einer prospektiven, multi- länger und hatten eine niedrigere krebsas-
zentrischen Studie an 1.791 Patienten mit soziierte Mortalität. Eine australische Studie
Short-Segment-Barrett-Ösophagus (< 1 cm, berichtete über eine bessere Versorgung von
sog. irreguläre Z-Linie) publiziert, die kein Patienten mit dysplastischem Barrett-Öso-
erhöhtes Risiko zur Entwicklung hochgradi- phagus in spezialisierten Barrett-Zentren,
ger intraepithelialer Neoplasien (HG-IEN) da so eine höhere Detektionsrate von Früh-
oder eines Adenokarzinoms innerhalb von karzinomen gezeigt werden konnte [27]. Bei
5 Jahren nach Index-Endoskopie aufzeigen nachgewiesener niedriggradiger intraepithe-
konnten [25]. Entsprechend empfiehlt die lialer Neoplasie (LG-IEN) (durch zwei Re-
ESGE bei einem kurzen Barrett-Ösophagus ferenzpathologen bestätigt), höhergradiger
(< 1 cm, sog. irreguläre Z-Linie) aktuell kei- intraepithelialer Neoplasie (HG-IEN) und
ne weitere Überwachung [20]. einem frühen mukosalen Karzinom (pT1a)
sollten Patienten einer endoskopischen The-
El-Serag und Mitarbeiter [26] untersuch- rapie in einem Barrett-Zentrum zugeführt
ten kürzlich eine große Kohorte von 29.536 werden. Wird keine intraepitheliale Neopla-
Barrett-Patienten, von denen 424 im Verlauf sie nachgewiesen, ist die Kontrolle in einem
von 5 Jahren ein Ösophaguskarzinom ent- Jahr empfohlen. Bei nicht dysplastischem
wickelten. Davon waren 209 Patienten in Barrett-Ösophagus sollte keine endoskopi-
ein Barrett-Überwachungsprogramm einge- sche Therapie bzw. Ablation erfolgen [1].
schlossen. Es konnte gezeigt werden, dass
die Überwachung von Barrett-Patienten zu
einer signifikant besseren Überlebensrate
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