Versalzen, verkohlt, zu süß, zu wässrig: Wie man sich behelfen kann, wenn beim
Kochen etwas schief gelaufen ist. Der Münchner Koch-Ausbilder Josef Reitsam weiß,
was zu tun ist, falls mal wieder die Knödel zerfallen, der Salat zusammenklatscht
oder das Ei geronnen ist.
Interview: Susanne Schneider
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SZ-Magazin: Herr Reitsam, Sie bilden seit vielen Jahren Köchinnen und Köche aus.
Angenommen, ich will gleich meiner Familie Suppe servieren, habe sie aber
versalzen. Kann ich sie noch retten?
Josef Reitsam: Bei allen Speisen, bei denen Sie von einer Zutat oder einem Gewürz
zu viel genommen haben, sei es Salz, Zucker oder Chili, gilt: Die gleiche Menge
Flüssigkeit nochmals herstellen, aufgießen, und diese dann weder salzen oder
zuckern oder mit scharfen Gewürzen wie Chili abschmecken. Natürlich haben Sie dann
die doppelte Menge dessen, was Sie auftischen wollten. Da hilft nur: Die andere
Hälfte einfrieren.
Bei Suppen oder Saucen leuchtet das ein. Was mache ich aber, wenn ich den
Kartoffelbrei versalzen habe?
Im Grunde das Gleiche: Man muss ihn strecken, also nochmal die gleiche Menge an
Kartoffeln kochen, nicht mehr salzen, mit dem versalzenen Kartoffelbrei mischen.
Was mache ich, wenn ich entweder nicht genügend andere Kartoffeln habe oder die
Zeit drängt?
Dann können Sie nicht mehr viel machen.
Oft geraten auch Saucen so dünn wie Suppen. Wie kriege ich sie sämiger?
Mit Kartoffelstärke nachbinden, das ist die einfachste und billigste Möglichkeit.
In vielen Rezepten steht, dass man Saucen am Schluss mit kalter Butter binden kann.
Ist das besser oder gleich gut?
Das ist eine Kostenfrage und eine persönliche Abwägung, wie viel tierische Fette
man zu sich nehmen will. Wichtig ist: Die Butter muss eiskalt sein, dann in kleinen
Mengen mit dem Schneebesen nach und nach unterrühren. Mehr noch als bei Saucen rate
ich bei einem Fond mit Butter abzubinden, beispielsweise bei einem Fischfond. Am
Schluss eiskalte Butterwürfel mit dem Schneebesen in den heißen Fond einrühren,
nicht mehr kochen lassen, da sie sonst gerinnt. Butter ist ein idealer
Geschmacksträger, Fische wie z.B. der Skrei sind sehr mager, diese benötigen Fett.
Josef Reitsam ist Koordinator für Köchinnen und Köche an der Städtischen
Berufsschule für das Hotel-, Gaststätten- und Braugewerbe in München.
Foto: privat
Für viele Saucen brauche ich rohe Eier. Was kann ich tun, wenn die Eier gerinnen?
Nehmen wir als Beispiel die Sauce Hollandaise. Die Eier sind für die Bindung
wichtig. Deshalb sollte man sich merken, dass auch für alle anderen Saucen, bei
denen rohe Eier verwendet werden, das Verhältnis von Flüssigkeit zu Eigelb eins zu
eins sein muss, auf 50 Milliliter Flüssigkeit kommen also 50 Milliliter Eigelb. Ein
Eigelb der Kategorie L wiegt 20 bis 25 Gramm. Die Gefahr, dass Eier gerinnen,
besteht darin, dass die zuvor geklärte Butter mit über 100 Grad, also zu heiß in
die aufgeschlagene Eigelbmasse eingerührt wird. Die geklärte Butter darf höchstens
70 Grad heiß sein, da hilft nur ein Thermometer, wenn das Gefühl nicht vorhanden
ist. Gebe ich sie bei dieser Temperatur tropfenweise zur Eigelbmasse, bekomme ich
eine schöne, fluffige moussierende Sauce. Bei zu heißer Butter gerinnt sie.
»In der Fachsprache sagen wir: Wir holen die Sauce zurück«
An Sauce Hollandaise werde ich mich im Frühjahr zur Spargelsaison wieder wagen.
Kann ich sie denn noch retten, wenn die Butter zu heiß geworden und die Sauce
deshalb geronnen ist?
Ja, eine neue Schüssel nehmen, möglichst einen Schlagkessel mit halbrundem Boden,
einen Esslöffel kaltes Wasser dazu geben, langsam die verunglückte Hollandaise
einrühren. In der Fachsprache sagen wir: Wir holen sie zurück. Genau gegenteilig
verhält es sich bei einer selbst gemachter Mayonnaise. Vergisst man da die Säure,
etwa Zitrone oder Senf, entsteht keine Emulsion, also keine Bindung. Darum gibt man
in eine neue Schüssel einen Kaffeelöffel heißen Essig oder Zitronensaft. Dann fängt
man sie wieder und bekommt die Bindung. Bei Mayonnaise aus der Tube oder dem Glas
besteht die Gefahr nicht.
Meine selbst gemachten Kartoffel- oder Semmelknödel zerfallen, wenn ich sie ins
Wasser gebe. Was habe ich falsch gemacht?
Bei Semmelknödeln fehlt vermutlich Ei für die Bindung in der Knödelmasse. Bei allen
Arten von Knödeln oder Nockerln ist es grundsätzlich notwendig, eine Probe zu
machen, das heißt, erst einen Knödel ins kochende Salzwasser zu geben und zu sehen,
ob er hält, um im Notfall nacharbeiten zu können. Als Hintergrundinformation sei
gesagt, dass man für eine Semmelknödelmasse Milch erhitzen und über geschnittenes
Weißbrot oder Semmeln geben muss, damit das Brot durch dämpft und weich wird,
anschließend Eier für die Bindung dazugeben. Mischt man jetzt aber die Masse nicht
richtig durch, kommen die Eier nicht an alle Brotstücke. Im Topf schwemmt dann das
Kochwasser die Brotstücke an den Randschichten auf, eben weil nicht genügend
Bindung da ist – die Knödel beginnen sich vom Rand her abzulösen.
»Aus verkochten Kartoffeln kann man Püree, Kroketten, Kartoffelplätzchen oder Suppe
machen«
In vielen Rezepten für warme Desserts steht, man muss Zucker in den Topf mit Milch
geben, damit die Milch nicht anbrennt. Warum brennt dann der Zucker oft an?
Streut man die Zuckermenge zur Milch, löst sich der Zucker am Topfboden da er
hygroskopisch ist. Das Milcheiweiß welches sich immer absetzt und anbrennt, wenn
man nicht umrührt, legt sich somit auf die Zuckerlösung und kann nicht anbrennen.
Somit ist die Voraussetzung, dass man in der Milch nicht umrühren darf – was oft
schwerfällt.
Was kann ich tun, wenn Kartoffeln oder Gemüse verkocht sind?
Nicht mehr viel. Mit dem Gemüse vielleicht einen pikanten Flan oder ein Püree
herstellen. Bei verkochten Kartoffeln ist es einfacher, man kann daraus Püree,
Kroketten, Kartoffelplätzchen oder Suppe machen.
»Je fester die Struktur vom Salat, desto höher der Ölanteil im Dressing«
Obwohl ich das Dressing erst kurz vor dem Servieren über den Kopfsalat gegeben
habe, ist er zusammengefallen wie ein Häufchen Elend. Wo lag der Fehler?
Vermutlich war zu viel Öl im Dressing. Bei leichten Blattsalaten muss das
Verhältnis Essig zu Öl eins zu eins, beim Tomatensalat kann das Verhältnis eins zu
zwei sein, beim Bohnensalat kann man bis zu drei Teile Öl auf einen Teil Essig
geben. Eine Faustregel, je fester die Struktur vom Salat, desto höher der Ölanteil.
Warum darf ich das Öl eigentlich immer erst ganz zum Schluss in das Salatdessing
rühren?
Weil sich die Salz- oder Zuckerkristalle in Essig auflösen, in Öl nicht. Die
Kristalle kratzen dann im Mund. Der Gast vermutet sofort, dass der Salat nicht
sauber gewaschen wurde.
Wenn ich beim Kochen so viele Fehler machen kann, wäre es dann nicht besser, zu
Fertigprodukten zu greifen?
Davon halte ich sehr wenig. Auch wenn vorgekochte und eingepackte Knödel oder
Salatdressings so funktionieren, dass man quasi keine Fehler machen kann, schmeckt
Selbstgekochtes immer besser. Ich verarbeite frische Produkte, die Inhaltstoffe
sind meistens gehaltvoller und auch gesünder, denn es werden keine
Konservierungsstoffe verwendet.