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DER BEGRIFF HUMANISM

Unsere -ismen, meist Schöpfungen des 19. Jahrhunderts, gehen zurück auf

eine besondere Bedeutungsgruppe der griechischen Aktionsnomina auf –

"isms". Unter diesen Abstraktbildungen, welche seit Hesiod und den

Tragikern als Ableitung der Denominativ-verben auf “iso” Tätigkeiten mit

einem substantivischen Schlagwort bezeichnen: “agonisms” (Beteiligung

am Wettkampf, agon) von “agoniké” (kämpfen), “oikismos” (Kolonisation,

dh der Gesamtkomplex der Verrichtungen, die zur Begründung einer

Kolonie, zum “oikixein” gehören), tritt bei den Geschichtsschreibern eine

besondere, von Eigennamen abgeleitete Gruppe auf: zu “medixo” (handeln

und fühlen als oder wie ein Meder), “medismos” (Gesamtheit der

Verrichtungen und der Gesinnung, die einen Meder oder einen ihrer

Parteigänger auszeichnen), “attikismos” (Parteinahme für Athen) usw.

Wichtig für die moderne Entwicklung wird die Verwendung solcher

Parteibezeich-nungen in den Auseinandersetzungen von Juden- und

Christentum mit der heidnischen Antike. Hier treten, zum erstenmal in

dieser Bedeutung, die Ausdrücke Hellenismus und Judaismus auf. mit

Judaismus wird die treue vaterländisch-religiöse Gesinnung bezeichnet, der

kämpferische Einsatz für die Heimat, die Verjagung der Heiden, die

Rückeroberung des Tempels und die Wiederherstellung der Gesetze. Under

Hellenismus versteht der Autor das Eindringen griechischer Sitten und

Gewohnheiten, die Abschaffung der gesetzmässigen Einrichtungen und

ihre Ersetzung durch gesetzwidrige neue Bräuche. “Die gesetzmässigen

Einrichtungen hob er auf und lieÿ gesetzwidrige neue Bräuche an ihre

Stelle treten. Mit Absicht nämlich baute er gerade unter der Burg ein

Gymnasium und verleitete die edelsten Jünglinge zum Tragen des

griechischen Hutes. So stark aber steigerte sich die Vorliebe für den
Hellenismus und der Übertritt zum ausländischen Wesen”. in right
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Urchristengemeinde werden Judaisten, dh die nach jüdischen Riten, dem


Judaismus lebenden Christen, den Hellenisten, dh den griechischen
Heidenchristen gegenübergestellt. Eine besondere Bedeutung erhalten die
Schlagwörter bei den Kirchenvätern im Kampf gegen die unchristlichen
Juden, Griechen und Römer. Nun wird der Christianismus als Schlagwort
gegen den griechischen, jüdischen und allgemein heidnischen Unglauben,
gegen den Judaismus, Hellenismus und Paganismus ausgespielt.

Im Mittelalter fehlen die innern und äuÿern Voraussetzungen für eine


Verwendung oder gar eine Weiterentwicklung der -ismen. hingegen
beschwören die geistigen Kömpfe, die mit der Reformation einsetzen, eine
Neue Welle dieser Schlagwörter herauf. Erasmus, the Protagonist dieser
Zeit, nimmt die von den Kirchenvätern bekannten Parteinamen Judaismus,

Christianismus und Paganismus neben den durch Cicero geprägten oder


zum mindesten bekannt gemachten Stilbezeichnungen des Attizismus und
Lakonismus wieder auf, prägt jedoch kaum eigene -ismen, sondern gibt die
Parteitendenzen, mit denen er sich auseinandersetzt, durch die konkreten

Personenbezeichnungen Ciceronianer, Lutheraner, Scholastiker, Stoiker


usw. wieder. Hingegen sind bereits gegen Ende des 16. Jahrhunderts in den
modernen Sprachen, besonders im Englischen und Französischen (in
Deutschland bleibt das Latein viel länger die einzige wissenschaftliche
Sprache) Abstraktbildungen belegt wie Atheismus (1534), Pharisaismus
(1536), Calvinismus (1570), Platonismus (1570), Epikureismus (1575),
Pelagianismus (1583), Katholizismus (1609), Stoizismus (1626),
Manicheismus (1626), Protestantismus (1649). Mit der Ausbreitung der
philosophischen Spekulation gehen die -ismen auf moderne philosophische
Systeme über (Deismus [1660], Skeptizismus [1696]), und von da her
entwickeln sich die Neologismen zu einer wahren Pest der geistigen
Terminologie, indem an beinahe jedes Wort die Endung -ismus angehängt
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und damit ein neues System erfunden werden kann. Einige der klassischen

Neubildungen seien hier angefübrt: Optimismus (1737, franz.), Idealismus

(1752, franz.), Pessimismus (1776, deutsch), Realismus (1817, engl.),

Liberalismus (1819, English).

Zu diesen Neubildungen gehört das 1808 geprägte Wort “Humanismus”,

Sein Schöpfer, der bayrische Pädagoge und Freund Friedrich Schillers FJ

Niethammer, bidet es bewuft als “Sectenbezeichnung” für die Richtung

der älteren, humanistischen Pädagogik und spielt es aus gegen den

”Philanthropinismus”, die neuen Bildungstendenzen, welche im

Basedowschen Philanthropinum ihre Hauptfestung in Deutschland errichtet

hatten. Er entschuldigt sich ausdrücklich, “daÿ überhaupt die Opposition

mit besondern Namen bezeichnet worden” und rechtfertigt die von ihm

geschaffene wortspielerische Antithese zwischen der lateinischen und

griechischen Form für “Menschlichkeit”, wie sie im Titel Der Streit des

Philanthropinismus und des Humanismus in der Theorie des Erziehungs

unterrichtes unserer Zeit zum Ausdruck kommt. Aus seinen Begründungen

und Entschuldigungen geht eindeutig boil, daÿ die Bezeichnung

“Humanismus” hier nicht nur zum erstenmal belegt, sondern von ihm selbst

geprägt ist.

Mit “Humanismus” bezeichnet Niethammer das bisherige Bildungs

system, welches durch das Mittel der “Humanioren” eine Bildung der

Gesamtpersönlichkeit und der Menschlichkeit erstrebe und das nun durch


die Fachschulen, die sich zu Unrecht “menschenfreundlich” nennen,

während sie eigentlich zur Animalität statt zur Menschlichkeit führten,

stark in die Opposition gedrängt sei. Die “Humanioren” sind eine

Weiterentwicklung des Ausdrucks “studia humanitatis”, womit die

Nachfolger Petrarcas das Programm der neuen, humanistischen


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Bildungsbewegung in Anlehnung an Cicero bezeichneten. You give

charakterisierende Adjektiv “humanistisch” taucht erst auf, als das

Bildungsprogramm der Studia humanitatis bereits umstritten ist und eine

Abgrenzung gegen andere Schulziele wünschbar scheint. 1784 finden wir

es zum erstenmal belegt, und eine weitere Folge dieses Kampfes ist die

Abstraktbildung durch Niethammer. Damit durfte die semantische und

Morphologische Vorgeschichte der Bezeichnung “Humanismus” erschöpft

sein: “Humanismus” als abstrakte Parteibenennung verrät, daÿ das

humanistische Bildungsprogramm angefochten ist und daf es losgelöst von


Personen betrachtet und diskutiert wird. Das Wort “Humanismus” und die

-ismen allgemein gehören zu einer Kulturbetrachtung, bei der das

Hauptinteresse den Sachen und Systemen, nicht aber den Persönlichkeiten

gilt.

“Humanismus” umschreibt somit als Schlagwort die in die Defensive

gedringte Bildungstendenz, welche das Programm der Humanisten

fortsetzen will. In allgemeinem Sinn wendet is 1841 K. Hagen (Der Geist

der Reformation und seme Gegensätze) aul die ganze humanistische

Geistesbewegung an, die der Reformation Wegbereiter und Bundesgenosse

im Kampf gegen die Scholastik war. Aber der Ausdruck ist bei ihm noch

nicht fest. Das Schlagwort auf -ismus wechselt ab mit andern

terminologischen Abstraktbildungstypen: in Anlehnung an “Scholastik”

braucht er “Humanistik”, oder er verwendet (und dies ist am meisten der

Fall) adjektivische Ausdrücke wie “humanistische”, “neue” Richtung.

Noch ist die Bezeichnung “Humanismus” keineswegs anerkannt. KL

Cholevius (Geschichte der deutschen Poesie nach ihren antiken Elementen,

1854 ff.) kennt sie nicht, während “Humanist” und “humanistisch” ihm

ganz geläufig sind.


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Erst G. Voigt, bestimmt in Anlehnung an Hagen, popularisiert 1859 im


Untertitel seines Werkes Die Wiederbelebung des classischen Altertums
oder das erste Jahrhundert des Humanismus das Wort und legt damit
gleichzeitig den Grund zu einem Bedeutungswandel. Während er selber,
wie die Verwendung des Wortes im Text deutlich zeigt, nichts anderes als
das abstrakte humanistische Bildungsprinzip im Auge hat, also die
Parteibezeichnung, wie sie Niethammer eingefihrt hatte, wird die
Bezeichnung “das erste Jahrhundert des Humanismus” als
Epochenbenennung aufgefaÿt und so weiterverwendet. Begrindet is diese
Fehlinterpretation freilich in einer allgemeineren Erscheinung, der in dieser
Zeit einsetzenden Verfeinerung des Epochenbewuÿtseins, welche statt rein
äuberlicher Terminologien wie “Altertum”, “Mittelalter”, “Siècle Louis
XIV” oder gar einfacher Zahlbezeichnungen eine Charakterisierung durch
geistige Prinzipien anstrebt. Sicher stehen der Verwendung des Wortes
“Humanismus” as Periodenbezeichnung die 1836 von Droysen eingeführte
Epochenbenennung “Hellenismus” und ebenso Jakob Burckhardts 1860, d.
h. fast gleichzeitig mit Voigt erscheinende “Kultur der Renaissance”
indirect zu Gevatter.

Damit bezeichnet nun “Humanismus” nicht nur das humanistische

Bildungsprogramm, sondern auch die Zeit, in der dieses vorherrschend ist.


Sobald aber diese enge Verknüpfung nicht mehr lebendig ist und die
Bezeichnung “Humanismus” als farbloser Wechselbegriff neben
“Renaissance” tritt, spellt sich das Bedürfnis nach einer neuen Begrindung
der Periodenbezeichnung ein. Bei Voigt wird under “Humanismus” night
eine ganz bestimmte Auffassung des Menschen und eine ganz bestimmte
Haltung gegenüber der Antike verstanden, eben die, welehe in der
Wortschöpfung von Niethammer als Eigenart der “Humanioren”
emfuse wurde. Jetzt abstrahiert aber jeder lorscher das ihm an der
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Periode des Humanismus typisch scheinende als “humanistisch”, wenn er


es nicht noch simplifizierender aus dem Wortsinn abzuleiten versucht,
wobei dann als die beiden groÿen Nenner das irgendwie auf den Menschen
gerichtete Interesse und andererscits eine irgendwie vertiefte Beschäftigung
mit der Antike als Wesen des Humanismus herausgearbeitet werden.

Damit stehen einer Verwässerung des Begriffs Tür und Tor offen.
Einerseits wird die Bahn frei für eine Bedeutungsentwicklung, in der
“humanistisch” soviel heiÿt wie “den Menschen ins Zentrum des Interesses
stellend” und mit “Humanismus” schlieÿlich ein philosophischer
Standpunkt bezeichnet wird, nach welchem alle Erkenntnis und Wahrheit
auf den Menschen bezogen ist. Andererseits führt die mit der Antike
verknüpfte Begründung zu weittragenden Entwicklungen. Sobald eine Zeit
durch ihr Verhalten zur Antike als humanistisch charakterisiert ist, wird

man zum Vergleich mit andern Epochen und deren “Humanismus”


gedrängt. Das ist durchaus legitim, solange unter “Humanismus” ein ganz
bestimmtes Verhalten zur Antike oder zur Vergangenheit allgemein
verstanden wird; wo er aber, wie dies nun der Fall ist, sehr weit, z. B.als

“vertiefte Beschäftigung mit der Antike” gefaÿt wird, verschwimmen


plötzlich die Grenzen, beruhen sie doch nun auf subjektiven Werturteilen
wie “vertieft”. So stellt man fest, daÿ der Humanismus als Zeitbegriff gar
keine scharfen Grenzen gegen das Mittelalter hat, da auch dieses sich
intensiv mit der Antike beschäftigte, besonders aber im 12. Jahrhundert
eine starke Renaissance der Antike stattfand, so daÿ keineswegs Petrarch
als Begründer des Humanismus gelten könne. Oder man bezeichnet andere
Epochen, die sich ebenfalls ganz besonders um die Antike bemühten, als
Humanismus. So entsteht der Ausdruck “Neuhumanismus”, dann die

Bezeichnung des “dritten Humanismus”, und da dieser bereits überholt ist,


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durfte eine ganze Genealogie vom pouren an folgen, wenn dem Unfug
nicht cine Grenze gesetzt wird.

Es leuchtet ein, daÿ ein Begriffs, der dermaÿen farblos und unscharf
geworden ist, für die wissenschaftliche Diskussion nichts mehr taugt und
jede Arbeit, die irgendwie mit dem Humanismus problem zusammenhängt,
mit einer möglichst scharfen Abgrenzung des Humanistischen zu beginnen
hat. Die gebräuchlichen, vom Objekt der Antike ausgehenden Definitionen
wie “Wiedererweckung der alten Literatur”, “vertiefte Beschäftigung mit
der Antike”, “eine Zeit bewufter Rückkehr und Anlehnung an das
Altertum”, “die kontinuierliche bildungsgeschichtliche
Traditionsbewegung, die in gewissen Abständen besondere Gipfelpunkte
aufweist”, können uns nur wenig helfen. Denn Humanismus ist mehr als
Wiederbelebung der Antike — weder die karolingische noch die
Winckelmannsche Renaissance der Antike verdienen jenen Namen;
Humanismus ist auch nicht die Beschäftigung mit der Antike an und für
sich, sie mag noch so vertieft oder bewuÿt sein: sonst wären die
Altertumswissenschafter die gröÿten Humanisten, was durchaus nicht der
Fall ist; Humanist ist auch nicht jeder, der menschlichen Erleben Form
verleiht oder dem nichts Menschliches fremd ist, der den Menschen ins
Zentrum des Interesses stellt — Dostojewski, Zola oder Stirner sind gewif
no Humanisten. — Denn im Humanismus ist bereits eine ganz
Bestimmte Haltung, ein ganz besonderes Bild der Antike und des Menschen
enthalten, so daf nur der, welcher in humanistischen Sinn ein Mensch ist,
menschlichem Erleben humanistische Form verleiht und nur die

Beschäftigung mit der Antike, die aus einer humanistischen Haltung


entspringt, Humanismus genannt werden kann.
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Was ist aber dieses humanistische Bild des Menschen, diese humanistische

Haltung gegenüber der Antike, was bedeutet der Begrift Humanismus


eigentlich? Diese Frage muchte die vorliegende Arbeit zu beantworten
suchen, und zwar soll grundsätzlich nicht von den Objekten der
humanistischen Bemühung ausgegangen werden, sondern das persönliche
Bildungserlebnis und die sprachliche Form zweier Humanisten auf das,
was man das Humanistischenennen könnte, untersucht werden. still
Petrarch, den seine Zeitgenossen und Nachfolger selber als Begrinder einer
Neuen geistigen Welt preisen, wollen wir eine formale und
bildungsgeschichtliche Analyze des Begriffs Humanismus versuchen, um
dann bei Erasmus, dem Vollender dieser Bewegung und zugleich dem
gröften Anreger des modernen Europas, unsere Untersuchung zu
überprüfen und zu ergänzen.

“All times are the same; Only love manages to make them bearable."

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