SOMMERFELDT, Erfurt
Die Wahl einer der drei F o r m e n hängt nicht von der Wichtigkeit des I n h a l t s
ab. Auch die angeblich beiläufigen Mitteilungen k ö n n e n innerhalb des Satzes
d u r c h die Wortstellung u n d andere sprachliche Mittel hervorgehoben werden.
Hingewiesen werden soll aber in diesem Z u s a m m e n h a n g auf das Problem der
Bedingungen f ü r die W a h l der Mittel.
Dieser Beitrag beschäftigt sich mit der F o r m u n d der B e d e u t u n g der A t t r i b u t e .
Unter Form verstehen wir mit W. SCHMIDT „ a l l e E r s c h e i n u n g e n i m
s p r a c h l i c h e n Bereich, die der H e r v o r b r i n g u n g k o m m u n i k a t i v e r
E f f e k t e d i e n e n " . 5 Entsprechend den in der allgemeinbildenden Schule
üblichen Termini verwenden wir folgende Formen des Attributs:
1. Einzelwort (ζ. B. Adjektiv, Partizip, substantivischer Genitiv)
2. Wortgruppe (ζ. B. Substantiv mit Präposition, satzwertiger Infinitiv)
3. abhängiger Satz: Gliedteilsatz 0
Auf andere Elemente der Form wie Distribution, Valenz etc. soll hier nicht
eingegangen werden.
Die Bedeutung eines Zeichens stellt sich dar als „die abstrahierende, die
invarianten Bestandteile des Erkenntnisprozesses umfassende Widerspiegelung
eines Gegenstandes, einer Erscheinung oder einer Beziehung der objektiven Realität
im Bewußteein der Angehörigen einer Sprachgemeinschaft, die traditionell mit der
Form zu der strukturellen Einheit des sprachlichen Zeichens verbunden ist."1
Wir unterscheiden also lexikalische und grammatische Bedeutungen.
Das der Arbeit zugrunde liegende Satzgliedsystem basiert auf dem Prinzip
der Zweigliedrigkeit des deutschen Satzes. Satzglied ist für uns das, was sich
direkt auf den verbalen Kern bezieht, eine bestimmte Bedeutung besitzt und
u. a. durch folgende weitere Faktoren gekennzeichnet ist:
a) durch die Fähigkeit, im Aussagekernsatz vor dem finiten Verb zu stehen,
b) durch die Umstellbarkeit,
c) durch die Ersetzbarkeit durch ein Pronomen bzw. ein pronominales Adverb. 8
Satzglieder können Satzgliedteile bei sich haben, „die sich als nähere Be-
stimmung um einen Gliedkern lagern." 9 Sie sind vielfach nur mit dem Gliedkern
verschiebbar. Entsprechend der Wortart des Gliedkerns unterscheiden wir
Attribute beim Substantiv, beim Adjektiv, beim Adverb etc.
In diesem Artikel beschränken wir uns auf die Attribute beim Substantiv.
Dargelegt werden soll also die (ontologische, denotative) Bedeutung der Attri-
bute bei substantivischen Satzgliedkernen.
5
W. SCHMIDT, Zur Theorie der funktionalen Grammatik. In: ZPhSK. Bd. 22,
Heft 2. 1969, S. 141.
6
Vgl. Κ. E. SOMMERFELDT, Zu den Formen der Satzglieder. In: Deutschunter-
r i c h t H e f t 5 / 1 9 6 7 , S . 306FF.
7
W . SCHMIDT, a . a . O . , S . 1 4 2 .
8
Vgl. E. ARNDT, Zur strukturellen Gliederung des deutschen Verbalsatzes. Eine
kritische Betrachtung zur Entwicklung und zum Stand der Satzgliedlehre. Habil-
schrift. Berlin 1967, S. 95.
9
Duden, Band 4. Grammatik der deutschen Gegenwartssprache. Hg. von der
Dudenredaktion unter Leitung von P. GREBE. Mannheim 1959, S. 471.
37 Z. Phonetik, β/69
Dabei beziehen wir die lexikalische Bedeutung der Attribute in die Unter-
suchung ein, da die grammatische Bedeutung vielfach von der lexikalischen
abhängt.
Xeben der Bedeutungsanalyse arbeiten wir mit experimentellen Methoden.
Wir transformieren eine Substantivgruppe in einen Aussagekernsatz und ver-
anschaulichen so zunächst den „Satzcharakter" der Gruppe. So gewinnen wir
Subklassen syntaktischer Art, ζ. B . Attribute, die nach der Kernsatztrans-
formation als Subjekt, als Objekt, als Prädikativum etc. im Satz auftreten.
Zwischen syntaktischen Kategorien und gedanklichen (logisch-gnoseologischen)
Kategorien bestehen bestimmte Beziehungen (Subjekt des Satzes — Agens des
Handlung, Patiens der Handlung etc.) 1 "
„Die Transformationen, die Angaben über Äquivalenz von verschiedenen
syntaktischen Ausdrücken sind, bieten eine Möglichkeit, die semantischen Ver-
hältnisse auf syntaktischer Grundlage darzustellen." 11
Durch eine weitere Analyse gelangen wir dann zu den logisch-gnoseologischen
Beziehungen zwischen Attribut und Gliedkern. 1 2 In diesem Sinne verwenden
wir auch den Terminus Tiefenstruktur.
Am Schluß des Beitrages werden die Subklassen, die eine ähnliche Bedeutung
besitzen, zu Feldern geordnet. Solche grammatischen Felder sind für uns
Gruppen grammatischer Mittel, die denselben Sachbezug aufweisen, deren
Einsatz aber von syntaktischen, begrifflichen und stilistischen Bedingungen
abhängt.
Entsprechend der marxistischen Auffassung von der Sprache fassen wir die
Wortarten mit W. SCHMIDT „als die sprachlichen Formen der begrifflich-
kategorialen Widerspiegelung der objektiven Realität" 1 : 1 auf. E s gilt also
lexikalische und grammatische Elemente bei der Klassifizierung zu berück-
sichtigen. Zu den grammatischen Merkmalen, die berücksichtigt werden müssen,
gehören die syntaktische Verwendungsweise des Wortes und seine morpholo-
gische Gestalt. Die lexikalische Bedeutung der Wörter wirkt sich nämlich a u f
ihre Verw.endungsweise und ihre morphologische Form aus. Es ergibt sich ein
System strukturell-semantischer Subklassen der Wortarten, die sich durch den
Charakter ihrer lexikalischen Bedeutung und in vielen Fällen auch durch ihre
grammatischen Eigenschaften unterscheiden. So gesehen, ist das Adjektiv
ein Wort, das als charakterisierendes Beiwort attributiv, prädikativ und ad-
verbial auftreten kann, neben Substantiven, Verben und Adjektiven -bzw.
10 Vgl. M . D O K U X J I L , Zum wechselseitigen Verhältnis zuAschen Wortbildung und
Syntax. I n : Travaux linguistiques de Prague 1964. Heft 1, S. 215ff.
11 W . M Ö T S C H , Zur Stellung der Wortbildung in einem formalen Sprachmodell. IN:
Studia grammatica I. Berlin 1965, S. 46 f.
12 Vgl. auch W. S C H M I D T , Zum gegenwärtigen Stand der funktionalen Grammatik.
I n : Deutschunterricht Heft 4/1969, S. 236flf.
13 W. S C H M I D T , Grundfragen der deutschen Grammatik. Berlin 1965, S. 48.
A d v e r b i e n zu finden ist u n d d e k l i n i e r t ( u n f l e k t i e r t , s t a r k - d e t e r m i n i e r e n d ,
schwach-attributierend) und kompariert werden kann.
Wir unterscheiden zunächst semantisch-relative und semantisch-qualitative
Adjektive:
relativ qualitativ
syntaktisch: nur attributiv attributiv
prädikativ
adverbial
morphologisch: nur flektierte Form flektierte u. und. Form
nicht komparierbar komparierbar
Unter semantisch-relativen Adjektiven verstehen wir „solche, die nicht eine
unmittelbare, dem Dinge innewohnende Eigenschaft bezeichnen, sondern eine
im Dinge gegebene Eigenschaft, die in einem Verhältnis zwischen dem Ding, das
vom Adjektiv bestimmt wird, und einem anderen Ding, das vom Grundmorphem
des Adjektivs bezeichnet wird, besteht: . . . Es findet also immer ein Verhältnis,
eine 'Relation' statt, die außerhalb des Dinges hinausführt, das vom Adjektiv
bestimmt wird." 14 Qualitative Adjektive bezeichnen demgegenüber eine dem
Dinge innewohnende Eigenschaft.
Allerdings muß auch hier die Polysemie beachtet werden. Eine lexisch-seman-
tische Variante des Wortes kann relativ, eine andere qualitativ sein:
eiserner Zaun — relativ
eiserner Wille — qualitativ
S u b k l a s s e n der r e l a t i v e n A d j e k t i v e
AR 1 — Ableitungen von Personennamen (Eigennamen)
Goethesche Werke
Schillersche Dramen
T : S N + schaffen + S A
SN + gehören zu + S
AR 2 - Ableitungen von geographischen Namen
französischer Wein
Erfurter Kaufhaus
T: SN + stammen aus, sich befinden in, existieren in + S
AR 3 — Ableitungen von Verwandtschaftsbezeichnungen
brüderliche Hilfe
schwesterlicher Rat
T : S N + Verb = Der Bruder hilft,
mütterliches Erbteil
T:SN + gehören zu + S =
Das Erbteil gehört zur / stammt von der Mutter.
AR 4 — Ableitungen von sonstigen Personennamen
ärztlicher Rat
T:SN + Verb = Der Arzt rät.
14
W. ADMONI, Der deutsche Sprachbau. L e n i n g r a d 1966, S. 145.
37·
Die grammatischen Bedeutungen des Genitivs sind sehr vielfältig und schwer
zu fassen.
16
Vgl. H. B R I N K M A N N , Die Wortarten im Deutschen. I n : Wirkendes Wort I
(1950/51), S. 74ff.
2'· Vgl. G. HELBIG, Funktion und Inhalt in der Sprache am, Beispiel der reinen
Kasus des Substantivs in der deutschen Gegenwartssprache. Habilechrift. Leipzig 1967.
2 5 Vgl. W. SCHMIDT, Grundfragen der deutschen Grammatik, S. 135.
2 6 Vgl. W. ADMONI, Der deutsche Sprachbau, S. 114.
2 7 Vgl. K . AMMER, Einführung in die Sprachwissenschaft. B d . 1. Halle 1958,
S. 158f.
1.5. I d e n t i t ä t
G 5 S t r a f e der E x m a t r i k u l a t i o n
1.6. Das Ganze, von dem im Kern ein Teil genannt ist
G 1 Eingang des Hauses
pV 1 Eingang von dem Haus
Pron sein dessen Eingang
1.7. Xamengebung im weiten Sinne
Ap 13 der Direktor, Herr Müller
2. Im „Objektbereich'·
2.1. Ziel eines Geschehens
G 6, 7 Verlesen des Briefes
pV 5,6 Verlesen von dem Brief
Pron sein / dessen Verlesen
I 1 Wunsch, schnell zu kommen
GTS „daß ' Meinung, daß er kommt
KS Meinung, er kommt
2.2. Inhalt von Bewußtseinszuständen
pV 5 Stolz auf die Leistung
I 3 Stolz darauf, das geschafft zu haben
GTS „daß'' „ Stolz darauf, daß er es geschaft hat