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© iStockphoto
ARTIKEL-INHALT
Das EU-Lieferkettengesetz und seine Hintergründe
EU-Richtlinie für Unternehmen
EU für Nachhaltigkeit und Transparenz
Lieferkettengesetz: Alles an die Kette
Der Anwendungsbereich: welche Unternehmen betroffen sind
Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz: Compliance und Risiko
Kritik am Lieferkettengesetz aus der Wirtschaft
Der drohende Preisanstieg
Unternehmen in der Pflicht
Ein Fitnesstest für die Player der Lieferkette
Podcasts zum Thema Lieferkettengesetz
Zudem dürfe die Regelung nicht die alleinige Verantwortung den Unternehmen
aufbürden, dass wichtige und notwendige Standards in anderen Ländern eingehalten
werden. „Es ist primär die Aufgabe der Politik und ihrer Institutionen, dafür Sorge zu
tragen. Die Politik darf sich hier nicht aus der Verantwortung stehlen“, so IV-
Präsident Georg Knill.
Betriebe könnten Menschenrechtsverletzungen und Umweltschäden nur in ihrem
unmittelbaren Einflussbereich und innerhalb ihres Handlungsspielraums effektiv
vermeiden. Dieser sei jedoch durch die Komplexität weltweiter dynamischer
Lieferkettenbeziehungen eingeschränkt. „Hier braucht es angemessene und
praktikable Zugänge, die der Realität des internationalen Handels und der
Lieferbeziehungen entsprechen. Pauschalregulierungen, die Groß- und
Kleinunternehmen unterschiedlichster Sektoren gleichermaßen verpflichten oder
Unternehmen unter Generalverdacht stellen, sind der falsche Weg“, so Knill.
Es sei zudem eine unrealistische Vorstellung, Kleinere und mittlere Unternehmen zu
verpflichten, dass ein Lieferant in der 5. oder 7. Lieferkettenebene Standards einhält.
Das wäre für viele Unternehmen eine unlösbare Aufgabe, die noch dazu die Gefahr
berge, dass die Unternehmen ohne Eigenverschulden an den Pranger gestellt werden.
Anders sehen es freilich die Gewerkschaften, Vertreterinnen des Netzwerks Soziale
Verantwortung (NeSoVe), und anderen NGOs - Südwind, Fairtrade, ECCJ, oder
Dreikönigsaktion. Positiv seien die Einbindung der ganzen Lieferkette und von
Umwelt- und nicht nur Menschenrechtsthemen sowie die zivilrechtliche Haftung.
Negativ seien unter anderem Möglichkeiten, die Haftung abzuschieben und fehlende
Einbindung Betroffener.
Der Gesetzesentwurf "hat wirklich das Potenzial, ein historischer Meilenstein zu
sein", sagte Tina Rosenberger, Geschäftsführerin von NeSoVe. Doch geht den
Befürwortern der EU-Entwurf nicht weit genug. "Nachbesserungsbedarf" gebe es
etwa im Fristenlauf. Noch ist demnach unklar, wie lange die Diskussion zwischen
EU-Parlament und EU-Mitgliedsländern bis zum endgültigen Beschluss der EU-
Richtlinie dauert.
Argumentiert wird unter anderem mit dem Aufwand für den zusätzlichen Aufbau
eines Risikomanagement- und Compliance-Systems, um die Kontrollpflichten auch
gesetzeskonform durchführen zu können. Zudem würden Unternehmen auch teils
gezwungen, sich neue Zulieferer zu suchen und so höhere Produktionskosten haben.
So wollen rund 12 Prozent der befragten Unternehmen Länder mit schwachen
Governance-Strukturen vor allem in Entwicklungs- und Schwellenländer aufgrund der
neuen Vorschriften verlassen. Rund 18 Prozent planen, Vorprodukte nur noch aus
Ländern zu beziehen, die hinreichend auf die Einhaltung von Menschenrechts- und
Umweltschutzstandards achten.
Unternehmen in der Pflicht
Ein Zurück wird es beim Lieferkettengesetz zwar nicht geben. Wie und wann der EU-
Kommissionsentwurf aber letztendlich in allen 27 EU-Ländern umgesetzt wird,
darauf darf man dennoch gespannt sein. Auch nach fast zehn Jahren Verhandeln wird
es wohl noch einige Zeit dauern, bis das Lieferkettengesetz tatsächlich mehr als nur
den positiven Gedanken in sich trägt oder gar als „zahnloser Tiger“ im Jahr 2023 das
Licht der Welt erblickt.
Bis das Lieferkettengesetz flächendeckend in der EU umgesetzt sein wird, dürften
noch weitere Jahre vergehen. Bis zum Beschluss der EU-Richtlinie werden EU-
Parlament und EU-Mitgliedsländern noch weitere Debatten und Verhandlungen
führen. Nach der Beschlussfassung wird es zudem noch zwei bis vier Jahre
Übergangsfrist geben.
In Österreich ist etwa die zivilrechtliche Ausgestaltung des Gesetzes, dessen Kontrolle
und Sanktionierung noch nicht klar. Konkret etwa: Mit welchen Strafen werden
Verstöße gegen das Arbeitsrecht - etwa fehlender Schutz oder Dumpinglöhne belegt?
Der Gerichtsstand ist ebenso noch nicht vollends geklärt.
Die Unternehmen werden auf jeden Fall künftig in die Pflicht genommen und müssen
jährlich die Einhaltung der Sorgfalts- und Sorgfaltsüberprüfungspflichten mit einem
Reporting dokumentieren. Es wird künftig jedenfalls nicht mehr möglich sein, die
Verantwortung mit Vertragsklauseln auf die Zulieferer abzuschieben.