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Schwerpunktthema Trauma

Klaus Heinerth

Von der Akuten zur Posttraumatischen Belastungsreaktion


Eine stresstheoretische Begründung zur klientenzentrierten Intervention

Zusammenfassung

Klaus Heinerth klassifiziert zu Beginn seines grundlegenden Beitrags den psycho-


logischen Notfall nach Dauer und Ursache sowie nach Gruppen von Betroffenen. Er
betrachtet die physiologischen Bedingungen des Organismus im akuten Notfall sowie
die Phänomene von Schock, akuter, posttraumatischer und chronischer emotionaler,
das heißt organismischer und kognitiver, Reaktionen in ihrer Klassifikation nach ICD-
10; er arbeitet Gemeinsamkeiten heraus und interpretiert sie evolutionstheoretisch.
Klaus Heinerth entwickelt die Hypothese, dass alle traumatischen Beeinträchtigun-
gen auf der Tatsache beruhen, dass die evolutionär angelegten Stress-Reaktionen wie
Kampf, Flucht, Täuschung, Erstarrung, immer dann, wenn sie – aus welchen Gründen
auch immer – nicht ausgelebt werden können, den Organismus weiterhin dauerhaft
in seinem physiologisch erregten Zustand belassen, der psychologisch der Inkongru-
enz zwischen Selbst und Erfahrung entspricht. Die daraus entstehenden Symptome
können als archaischer Ausdruck derartiger Spannungen gesehen werden, die ihre
eigenen Symptome suchen. Aus diesem Verständnis werden psychotherapeutische
Wege zur Lösung diskutiert: in einer archaisch determinierten Situation ist nur eine
archaische Kommunikation klientenzentriert, um das Opfer erreichen zu können.

Schlüsselwörter: Stress, Stresserleben, Stressreaktionen, Posttraumatische Belas-


tungsreaktion, Notfallpsychologie, Krisenintervention, Klientenzentrierte Psychothe-
rapie, Evolutionstheorie.

Abstract

Prof. Dr. Klaus Heinerth After classifying psychological emergency according to duration, cause and
groups of affected persons, basic physiological knowledge about organisms in an
Professor an der Ludwig-Maximilian- acute case of emergency (crisis, distress) is described. The phenomena of shock, of
Universität in München seit 1983, acute post-traumatical and of emotional (i.e. organismic and cognitive) reactions
GwG-Ausbilder in Gesprächspsy- (according to ICD-10) are discussed. Correspondences between these symptoms are
chotherapie und Klientenzentrier- shown and interpreted within the context of the theory of evolution. The hypothesis
ter Gesprächsführung, Mitglied im is worked out that evolutionarily predispositioned stress reactions function as cop-
Wissenschaftlichen Beirat der GwG, ing mechanisms. When the organism is not able to perform these stress reactions
Arbeitsschwerpunkte: erlebensakti- (aggression, escape, deception and paralysis) it will last continously in its physiologi-
vierende Methoden, Psychokatharsis, cally excited condition. Resulting psychological symptoms (e.g. self-incongruence)
Körperkontakt, Selbstkonzept can be understood as an archaic expression of this physiological tension seeking its
expression. In this approach psychotherapeutic ways of resolving are discussed: ar-
chaic communication which has to be client centered to reach the person to solve
Anschrift des Autors: an archaic conflict.

Prof. Dr. Klaus Heinerth Key words: Stress, Stress Reaktions, Posttraumatic Stress Disorder, Emergency Psy-
Universität München chology, Client Centered Theory, Theory of Evolution.
Department Psychologie
Leopoldstraße 13
80802 München
E-Mail: klaus@heinerth.de

Gesprächspsychotherapie und Personzentrierte Beratung 3/04 155


Schwerpunktthema Trauma

Einleitung Schädigung, oder auch durch die Erwar- weiteren Sinne verstanden. Statt des de-
tung einer wirklichen Verletzung. Notfall finierten traumatisierenden Ereignisses
Das im Trend liegende Fach der Not- ist damit mit Begriffen wie Stress-Reak- werden auch schleichende Verletzungen
fallpsychologie ist komplex, theoriefrei tion, Bedrohung oder Verletzung für mit in die Betrachtung einbezogen, da
und bisher nur wenig strukturiert. Mei- Leib oder Seele (bedrohliche Selbster- sie nach den gleichen Regeln die Integri-
ne Ausführungen dienen dem Ziel, in fahrung, Kränkung), Trauma, emotional tät des Menschen verletzen – wenn auch
dieses heterogene Feld Struktur zu brin- kritisches (Lebens-) Ereignis, Misserfolg, nicht so augenfällig.
gen, und es in einen größeren theoreti- Scheitern, Abschied und Tod, Krankheit
schen Zusammenhang zu stellen. Dabei und Gebrechen, Katastrophe, Folter
nehme ich in Kauf, dass ich durch das und Vergewaltigung, Todesurteile (z.B. Klassifikation von Notfällen
Bemühen, die Komplexität der Realität infauste Diagnosen) etc. assoziiert. Mit
zu reduzieren, manche Details nicht hin- diesen akuten Notfällen sind solche Es gibt zwei psychologisch wesent-
reichend würdigen kann. Ich schlage ein Nöte verschwistert, die langfristig oder liche Kriterien, nach denen ein Notfall
Modell vor, das die phänomenale Wirk- schleichend geschehen: Dauerbelas- klassifiziert werden kann:
lichkeit von Stress und den möglichen tung, Überforderung, burn out, Leiden
folgenden Reaktionen, repräsentiert an Sinnlosigkeit oder am Schuldigwer- 1. nach Dauer: Ein einmaliges trauma-
durch die ICD-10-Klassifikation, in ih- den, Bindungsfrustration (Verweige- tisierendes Ereignis (z.B. ein Unfall,
rem typischen Verlauf stresstheoretisch, rung von Anerkennung: Misstrauen, dessen Folgen absehbar und nicht
evolutionär und klientenzentriert be- Verachtung, bedingte Wertschätzung, bleibend sein müssen) wiegt anders
gründet und ein tieferes Verständnis für Abwertung und Empathieversagung, als ein dauerhaft schädigendes Ge-
die Phänomene in der Notfallpsycholo- Verunsicherung, Verwöhnung, Autono- schehen (z.B. Konzentrationslager,
gie ermöglicht und gleichzeitig auch mieversagung, Verwahrlosung). Dies abwertende Eltern, Krebsdiagnose
Grundlagen liefert, aus denen heraus sind solche Erfahrungen, die unbehan- mit infauster Prognose).
notfallpsychologische und psychothe- delt oder unbearbeitet langfristig Inkon- 2. nach Verursachung: Ein durch Men-
rapeutische Interventionen abgeleitet gruenzerfahrungen verursachen: eine schen verursachtes Trauma wird be-
werden können. Dabei unterscheide ich spannungsvolle Diskrepanz zwischen sonders interpretiert und schwerer
einerseits zwischen Notfallpsychologie dem Selbstkonzept und den erlebten Er- bewertet als ein von keinem Men-
(in der akuten Situation) und Trauma- fahrungen. So können alle akuten Nöte schen verschuldeter Schicksalsschlag.
therapie (die Posttraumatische Belas- schließlich chronifizieren, posttraumati- Die Frage der Schuldzuweisung ver-
tungsreaktion und Anpassungsstö- sche Störungen (auch Persönlichkeits- ändert das Erleben des Traumas
rungen betreffend), und andererseits veränderungen) verursachen (s.u.). grundsätzlich. Das Selbstkonzept
zeige ich die Gemeinsamkeiten dieser Schließlich ist noch zu bemerken, dass ist ganz anders bedroht, besonders,
Interventionsformen auf. Die umfas- alle genannten Nöte nicht nur die Per- wenn es sich bei den Übergriffen um
sendere Sichtweise erlaubt es, größere son selbst betreffen, sondern auch ihre solche von Bindungspersonen han-
Zusammenhänge zu betrachten und sie Partner und Angehörige, die ihrerseits delt.
ist praxisrelevant, da eine gegenseitige zu den Hilfsbedürftigen zählen.
Verschränkung besteht: Es kann sowohl Nicht alle Notfälle können den Krite-
aus einer unbehandelten akuten Belas- Mit diesen Überlegungen wird das rien eindeutig zugeordnet werden. Die
tungsreaktion eine posttraumatische Phänomen des psychologischen Notfalls häufig genannte Kategorie „belastende
erwachsen, als auch in der Traumathe- weiter gefasst als üblich: Ein Psychotrau- Nachrichten“ und ähnliche unspezifi-
rapie immer wieder zu „Notfällen“ bzw. ma (z.B. nach Höger und Wilk) ist eine sche Phänomene müssten in Tabelle 1
zu Re-Inszenierungen kommen, so dass psychische Verletzung, die gekennzeich- in allen vier Feldern aufgeführt werden,
auch hier Verständnis für und Kenntnis- net ist wobei sie jeweils anders zu verstehen
se über die akute Notfallpsychologie von und zu bewerten wären. Auch die Ka-
Bedeutung sind. 1. durch ein definiertes traumatisieren- tegorie „Folter“ kann von kurzer oder
des Ereignis, das überwältigend be- längerer Dauer sein und wird damit un-
einträchtigend ist, terschiedlich verarbeitet.
Definition „Psychologischer 2. durch Bedrohung oder Verlust der
Notfall“ körperlichen, damit auch emotiona- Betrachtet man die Diagonale des
len Unversehrtheit und Schemas (Tabelle 1) so vergrößert sich
Der Begriff soll zunächst (bevor 3. durch Bedrohung oder Verlust von die Schwere des Traumas von links oben
später spezifische Aussagen gemacht Sicherheit und (einfachere Fälle, meist punktuelle akute
werden) ganz allgemein verstanden 4. durch Kontrollverlust und Hilflosig- Belastungsreaktionen) bis rechts unten.
werden, nämlich umgangssprachlich als keit. Hier können die Folgen so gravierend
ein Ereignis, das den Organismus auf der sein, dass es zu Persönlichkeitsstörun-
Erfahrungsebene psychisch oder körper- Hingegen wird hier das Phänomen gen kommen kann (wie noch behandelt
lich in Not bringt, durch eine wirkliche des psychologischen Notfalls in einem werden soll).

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Schwerpunktthema Trauma

Tabelle 1: Psychologische Klassifikation von Notfällen


Ursachen Dauer: kurz Dauer: länger
Naturkatastrophen und Unglücksfälle Naturkatastrophen bleibende unfallbedingte Behinderungen (z.B.
Verkehrsunfälle Querschnittlähmungen)
Arbeitsunfälle chronische Krankheiten
berufsbedingte Unfälle (Militär, Polizei, Feuerwehr
etc.)
vom Menschen verursachte Traumata Kriminalfälle (Überfall, Schießerei, Geiselnahme) Kriegserlebnisse (politische Inhaftierung, KZ-/
(man made desasters) Vergewaltigung, Folter Vernichtungslager)
Geiselnahme, Folter
von Bezugspersonen verursachte familiäre Gewalt: physisch, sexuell, emotional
Traumata Missbrauch: sozial, emotional, sexuell
Vernachlässigung: physisch, emotional
Bindungsenttäuschung: Abwertung, Empathie-
versagung

Wird das Individuum einmalig im sozial und/oder sexuell missbraucht, ist bar, wenn sie mit einer andauernden
Erwachsenenalter durch die Bezugsper- eine angemessene Verarbeitung für das sozialen traumatisierenden Erfahrung
son, z.B. den Partner verletzt, so kann noch nicht autonome Selbstkonzept des verbunden sind, die im Kindesalter ver-
es dies in der Regel verarbeiten, hier Kindes kaum möglich. Ein konstruktiver hindert, dass sich ein gesundes Selbst-
müssen keine pathologischen Phänome- Aufbau des Selbstkonzepts erscheint, konzept entwickeln kann. (Beispiel: Eine
ne folgen. Erst dann, wenn ein Partner wenn das Kind keine anderen Bindungs- Klientin ist wegen eines einmaligen se-
andauernd traumatisiert wird (oder bei personen zur Verfügung hat, unmög- xuellen Missbrauchs in die Therapie ge-
gegenseitiger Traumatisierung), wird lich. Aus diesem Grunde wird so häufig kommen, wird dann aber der desolaten
das Selbstkonzept nachhaltig erschüt- beobachtet, dass Menschen, (vor allem Situation ihrer Kindheit gewahr. Wenn
tert – zu dem so treffend bezeichneten Frauen) mit Borderline-Störungen in der Klienten nur von einem einzelnen Trau-
Zustand der Zerrüttung. Eine zerrüttete Kindheit sexuellen Missbrauch erfahren ma sprechen, lohnt es gewöhnlich, ein
Partnerschaft ist regelmäßig gekoppelt haben. pathogenes Umfeld zu vermuten.)
mit einer länger dauernden internen
Krisensituation, einer Labilisierung des Die entsprechende Rubrik für kurz So wird deutlich, dass das zweidi-
Selbstkonzeptes mit den entsprechen- dauernde Traumata bleibt unbesetzt, mensionale Schema nach Ursache und
den Symptomen einer akuten bzw. auch weil es nicht denkbar ist, dass ein Dauer eines Traumas eine dritte Dimen-
posttraumatischen Belastungsreaktion. punktueller sozialer Missbrauch bei sion entbehrt, die für Psychotherapeuten
Kindern bei sonst intakter Beziehung sehr wesentlich ist: die Differenzierung
Die Klasse der „von Menschen ver- zu Störungen führt. Die Theorie, dass nach dem Zeitpunkt der Traumatisie-
ursachte Traumata“ habe ich weiter emotionale Störungen durch ein einma- rung. Es macht einen wesentlichen Un-
als in der Literatur üblich differenziert. liges Traumaerleben verursacht werden, terschied, ob die Traumatisierung in der
Es ist von besonderer Relevanz, wenn wird heute zurückgestellt zugunsten der Kindheit oder später erfolgt. Die Auswir-
Traumata von Bindungspersonen verur- Theorie, dass nur andauernde Traumata kungen hängen davon ab, in welcher
sacht werden. Hier sind besonders (und pathogen sind, auch, und besonders, Phase der Entwicklung des Selbst die
vielleicht nur) die länger andauernden wenn diese nicht spektakulär, sondern Traumatisierung fällt. Je früher sich ein
Traumata (besonders, da meist Kinder schleichend, unterschwellig, aber an- Trauma zuträgt, desto person-näher
die Opfer sind) die entscheidende Ursa- dauernd wirken. Ein einmaliger sozialer wird es wirksam. Sehr frühe und dau-
che für emotionale Störungen. Dies gilt Missbrauch, der eingebettet ist in einen erhafte Traumen führen zu Persönlich-
besonders dann, wenn damit sexueller gesunden sozialen Kontext mit den Be- keitsstörungen (deswegen der Terminus
Missbrauch verbunden ist. Da verbo- zugspersonen, muss zu keiner dauern- Frühe Störungen, nämlich solche, die
tene Sexualität mit einem schweren den Schädigung führen. Es ist hier nicht vor Ablauf von drei Jahren geschehen, in
gesellschaftlichen Tabu behaftet ist, ist das Trauma selbst, sondern der Umgang denen sich das Selbstkonzept zur indivi-
andauernder sexueller Missbrauch kaum der Bindungspersonen mit dem Miss- duellen Identität entwickelt).
denkbar ohne gleichzeitigen sozialen brauch, der traumatisierend wirkt. Sehr
Missbrauch und die Bindung zerstören- häufig sind die augenfälligen Traumata
de Verlogenheit. Sozialer Missbrauch bei auch nur möglich in einer zuvor grund- Adressaten notfall-
Kindern ist deswegen so einschneidend sätzlich gestörten sozialen Beziehung psychologischer Intervention
folgenschwer, weil Kinder nur im sozia- mit den Bindungspersonen. Es sind zwar
len Kontext mit Bindungspersonen ihr gewöhnlich die punktuellen Traumata, Entsprechend der zweidimensionalen
Selbstkonzept aufbauen können, und die den Blick auf sich ziehen, aber sie Matrix in Tabelle 1 gibt es unterschiedli-
wenn diese Bindungsperson das Kind sind als langfristige Störung nur denk- che Bedürfnisse verschiedener Gruppen

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Schwerpunktthema Trauma

von Betroffenen, die auch unterschied- Tabelle 2: Adressaten notfallpsychologischer Intervention


liches Rettungspersonal verlangen. Die Betroffene und Angehörige Rettungspersonal
folgende Tabelle 2 zeigt ein Schema, das kurzdauernde Ereignisse
diesen Unterschied berücksichtigt.
Unfälle und Katastrophen Opfer Polizei, Feuerwehr
Zeugen Technisches Hilfswerk
Besonders hinweisen möchte ich auf Dolmetscher Ärzte, Sanitäter
die beiden durch Fettdruck herausge- Psychologen
hobene Gruppen von Betroffenen. Die Kriminaltaten Gewaltopfer Polizei
erste Gruppe sind Gewalttäter, die als Geiseln Ärzte
„betroffen“ zu gelten haben und auch Zeugen Psychologen
Hilfe benötigen, was zwar zunächst er- Journalisten
staunen mag, inhaltlich jedoch gerecht- Gewalttäter
fertigt ist. Die Kriminalpsychologie wie langdauernde Ereignisse
die Klinische Psychologie haben den Tä- langfristige Notfälle Kranke (AIDS, Krebs) Ärzte, Pfleger, Schwestern
ter immer schon auch als Opfer gesehen Behinderte Seelsorger
(wie es z.B. bei Militär und Polizei sehr Sterbende Psychologen
naheliegend ist). Krieg, Bürgerkrieg Kriegsopfer Militär
Polizei
Die andere herausgehobene Gruppe SFOR-Teilnehmer
Psychologen
betrifft Psychologen, besonders Notfall-
psychologen. Damit wird zum Ausdruck familiäre Gewalt, Missbrauch Frauen, Kinder Psychotherapeuten
Polizei
gebracht, dass ja nicht nur die Betroffe- Jugendamt
nen und Angehörige einerseits, und das
Rettungsdienste Personal Psychologen
Rettungspersonal auf der anderen Seite
Militär, Polizei Psychotherapeuten
betroffen sind, sondern eben auch das Strafrichter Coach
Rettungspersonal des Rettungsperso- Psychologen Supervisoren
nals, nämlich die Notfallpsychologen
selbst. So wie ein Täter auch Opfer ist, 3: Typischer Verlauf eines Notfalls
laufen wir als „Retter“ immer Gefahr,
auch Opfer zu werden, z.B. durch ein Stärke des Trauma-Bewusstseins, Genauigkeit der Symbolisierung
Übermaß an Identifikation und Überfor- (Verknüpfung des Traumas mit emotionalem oder somatischem Leiden)
derung (burn out).
Notfall unbeachtet
peritraumatisch behandelt
notfallpsychologisch behandelt
Typischer Verlauf eines Notfalls:
traumatherapeutisch
Phasen der Entwicklung behandelt
So unterschiedlich die Notfälle auch
sind, sie lassen sich gewöhnlich alle ei-
B Zeit
nigen gemeinsamen Kriterien unterwer-
S
fen, die charakteristisch sind. Solch ein
Belastungsreaktion

Verlauf und seine Alternativen werden in


akut traumatische
Ereignis, Trauma

körperliche Symptome)

Abbildung 1 exemplarisch gezeigt.


Retraumatisierung), Heilung
Belastungsreaktion,
Abwehr (aber doch

Anpassungsstörung

Erinnerung, Verarbeitung,
Trauerarbeit (Gefahr der
Persönlichkeits-
post traumatische

Die starke schwarze Linie bezeichnet


kritisches

„Latenz“, aktive

veränderung
Traumaerleben

den Verlauf der Stärke des Erlebens einer


Traumatisierung, wenn sie unbeachtet,
abgewehrt

unbehandelt bleibt. Mit „Trauma-Be-


wusstsein“ ist die Genauigkeit der Sym-
bolisierngsfähigkeit gemeint, nämlich
dass die Verletzung bewusst gemacht
werden kann und verstanden wird, dass BS: Bewusstseinsschwelle für die Erfahrung von Leid
das Leiden seinen Grund im erlebten
Abbildung 1: Typischer Verlauf eines Notfalls
Trauma hat. Mit dem Sinken des Trau-
ma-Bewusstseins unter die Neutrallinie
Bewusstseinsschwelle BS ist gemeint,
dass sehr wohl ein Leiden bewusst und

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Schwerpunktthema Trauma

stark sein kann, aber nicht mehr mit Distanz und die versichernde Begleitung Phänomene in Abhängigkeit vom
dem Trauma verknüpft zu sein scheint. durch den Therapeuten dem Klienten zeitlichen Ablauf zu betrachten, ist
es erlauben, dieses Trauma jetzt ange- deswegen nötig, weil sich hieran die
Wenn es zu einer peritraumatischen messen zu bewältigen. Eine angemes- Entscheidung orientiert, welche psycho-
Behandlung kommt, also einer psycho- sene Traumabehandlung durchzuführen logische Intervention in welcher Phase
logischen Begleitung noch während heißt auch, dass eine Retraumatisierung, vordringlich indiziert ist. In der ersten
der akuten Phase des Traumas (z.B. Be- ein pathologischer Rückfall zuverlässig akuten Phase ist eine psychologische
gleitung eines Kindes zu, während und vermieden wird. erste Hilfe notwendig, die relativ unspe-
nach einer Operation), so lässt sich die zifisch sein und von jeder empathischen
Stärke des Leidens mildern und schnel- und unerschrockenen Begleitperson ge-
ler auf ein erträgliches Niveau zurück- Belastungsreaktionen in leistet werden kann. Ist das Trauma erst
führen. Diese Maßnahme ist sinnvoll, einzelnen Phasen einmal im Bewusstsein des Betreffenden
da sonst das „Trauma-Bewusstsein“ un- und sind die Umrisse der Katastrophe
bearbeitet unter jene Linie sinkt, die das Einen Überblick über alle genannten deutlich, ist eine fachpsychologische
bewusste Erleben des Traumas begrenzt. Belastungsreaktionen in Abhängigkeit Begleitung angemessen. Hierfür sind
Der Unterschied besteht in der jeweils von ihrem zeitlichen Verlauf und in be- speziell ausgebildete Notfallpsycholo-
besonderen Verarbeitung, nämlich der zug auf die indizierten Maßnahmen sind gen gerüstet. Wenn sich dann aber das
Bewertung von einerseits Vermeidungs- in Abbildung 2 gezeigt. Trauma verfestigt, sich eine Posttrauma-
bemühungen, die die Traumafolgen tische Belastungsreaktion gebildet hat,
perpetuiert, und andererseits einem Entsprechend dem dargelegten ty- ist schließlich Psychotherapie, speziell
wirklichen Vergessen, das es ermöglicht, pischen Verlauf einer Traumatisierung Traumatherapie, vonnöten.
dass die Traumatisierung schließlich fol- und ihrer Folgen zeigt sich hier die
genlos bleibt. Phänomenologie der Traumatisierung. Eine fachpsychologische Begleitung,
Grob unterschieden sind zuerst
Belastungsreaktionen die rein
in einzelnen eine notfallpsychologische Intervention,
Phasen
Wird eine akute Traumatisierung erst physiologischen Geschehnisse, so wie kann nur so lange wirksam eingesetzt
später, nach dem das Trauma sein Ma- sie Selye und Cannon beschrieben ha- werden, wie die Latenzphase noch nicht
ximum erreicht hat, notfallpsychologisch Einen
ben, während Überblick über alle
die psychologischen und genannten
eingesetzt hat.Belastungsreaktionen
Nach Einsetzen der La- in
behandelt, wird die Stärke der Belastung Abhängigkeitpsychopathologischen
anschließenden von ihrem zeitlichen Verlauf
tenzzeit und in Psychotherapie
ist jedenfalls bezug auf die
zwar nicht geändert, aber die Geschwin- indizierten
Phänomene Maßnahmen
sehr zeigt
gut durch die folgender
ICD-10- Kasten:
(oder Traumatherapie) nötig, um abge-
digkeit ihres Abfalls. Darüber hinaus Klassifikation beschrieben sind. wehrte Erfahrungen zu verarbeiten.
kann die Behandlung dafür sorgen, dass
auch hier das Trauma nicht unterschwel-
lig weiter wirkt. (So kann z.B. die sofor- 4: Symptomatik in Abhängigkeit von der Zeit
tige notfallpsychologische Behandlung mit angemessenen Interventionsformen (mit ICD-10-Diagnose)
eines Lawinenopfers in den Stunden
nach der Bergung eine Posttraumatische
Belastungsreaktion vermeiden helfen). Zeit

Fehlt die psychologische Begleitung  Notfallreaktion (sensu Cannon)


eines Traumas, kann es zu einer Latenz-  passive Initialschockphase (sensu Selye)
phase kommen, zur aktiven Abwehr, in  aktive Gegenschockphase (sensu Selye)
der das Opfer zwar Symptome zeigt,  akute Belastungsreaktion (F43.0)
diese Symptome aber nicht mehr not- Anpassungsstörungen (F43.2)
wendig mit dem ursprünglichen Trauma posttraumatische Belastungsreaktion (F43.1)
in Verbindung bringt. Der Zustand kann andauernde Persönlichkeitsveränderung
chronifizieren und zu einer Persönlich- nach Extrembelastung (F62)
keitsveränderung führen, wenn nicht Persönlichkeitsstörungen bei
besondere Umstände, z.B. eine Psycho- sehr frühen Noxen (F60)
therapie, dieser Entwicklung entgegen
wirken. Eine Traumatherapie wird das
Trauma wieder an die Grenze des Be-
wusstseins bringen, wobei es durchaus  notfall- Trauma-  Psychotherapie
möglich ist, dass die frühere Stärke des psychologische psycho- therapie
Trauma-Erlebens wieder voll bewusst Erste Hilfe logische
wird, sogar schwerer erlebt werden Intervention
kann als zu Zeiten der akuten Belastung.
Dabei wird dieses Mal eine optimale Abbildung 2: Symptomatik in Abhängigkeit von der Zeit

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Schwerpunktthema Trauma

Symptomatik in den Tabelle 3: Überblick „Belastungsreaktionen“


Belastungsreaktionen Notfallreaktion
Schockphase (passiv): Kreislaufschock
Eine Zusammenschau aller psy- Bluteindickung, Senkung von Körpertemperatur, Blutdruck, Muskeltonus
chischen Störungen liefert Tabelle 3: Phänomenologie: Passivität als Überlebenskonzept
„Überblick: Belastungsreaktionen“. Die
zeitliche Dimension ist auch in der ICD- Gegenschockphase (aktiv)
α Sympathikus-Aktivierung, erhöhte Katecholamin-Ausschüttung
10-Klassifikation wesentlich und wird β adrenocorticotrope Aktivierung: Ausschüttung von Glukokortikoide, bes. Kortisol
jeweils vermerkt. Phänomenologie: Aktivierung als Überlebenskonzept

Akute Belastungsreaktion (ICD-10 F43.0)


Symptomatik der akuten
Kriterium: ein außergewöhnlich belastendes Lebensereignis
Notfallsituation nicht: besondere prätraumatische Vulnerabilität
Phänomenologie: Gemischtes und gewöhnlich wechselndes Bild: nach „Betäubung“
Die akute Notfallreaktion, die im Depression, Angst, Ärger, Verzweiflung, Überaktivität, Rückzug bis Amnesie
ICD-10 nicht berücksichtigt wird, und Verlauf: rasche Remission (Stunden, bei anhaltendem Trauma wenige Tage)
ihre unmittelbare Phänomenologie ist in
Tabelle 4 differenzierter beschrieben. Anpassungsstörungen (innerhalb eines Monats nach Traumatisierung) (ICD-10 F43.2)
Kriterium: ein außergewöhnlich belastendes Lebensereignis (nicht nur punktuell)
Die Notfallreaktion teilt sich in zwei nicht: besondere prätraumatische Vulnerabilität
gegensätzliche Phasen, in die Schock- Phänomenologie: depressive Stimmung, Angst, Besorgnis
Verlauf: selten länger als 6 Monate
phase und in die Gegenschockphase.
Die Schockphase wird als passiv be-
zeichnet, weil der Kreislaufschock mit Posttraumatische Belastungsreaktion (Latenz von Wochen bis Monaten) (ICD-10 F43.1)
der Senkung von Körpertemperatur, Dauer: mindestens zwei Jahre
Blutdruck und Muskeltonus für die Zen- Phänomenologie: emotionaler Rückzug, anhaltendes Gefühl von Betäubtsein, Gefühlsabstump-
fung, Gleichgültigkeit gegenüber anderen Menschen, Teilnahmslosigkeit
tralisation sorgt, für eine Schonung des
gegenüber Umgebung, Vermeidung von Situationen, Stichworten etc, die
Organismus, damit die minimalen le- ein Wiedererinnern hervorrufen könnten
benserhaltenden Funktionen des Orga-
nismus erhalten bleiben. Zugleich wird Andauernde Persönlichkeitsveränderung nach Extrembelastung (ICD-10 F62.0)
durch die angegebene Phänomenologie
Dauer: mindestens zwei Jahre
die Hilfsbedürftigkeit der Person deutlich Phänomenologie: feindliche, misstrauische Haltung, sozialer Rückzug, Entfremdung
signalisiert. Selbst Laien verstehen die
Zeichen der Schonungsbedürftigkeit,
Persönlichkeitsstörungen (ICD-10 F60.0)
den Wunsch nach Passivität und einem
Trauma in der Kindheit erworben, Störung im Erwachsenenalter manifestiert
Liegenbleibendürfen, nach Tröstung
Phänomenologie: Unausgeglichenheit, abnorme Verhaltensmuster, sozial unpassend
und Sicherheit. Der Organismus befin-
det sich im selbsterhaltenden Zustand
der Aktualisierungstendenz, versucht die
Bedrohung abzuwehren. riger und eine genauere Betrachtung Hormone verschiedenen Stress-Syste-
des Stressgeschehens nötig wird. Der men angehören, aber auch, dass eine
Scheint das erste Überleben gesi- Organismus befindet sich im selbstent- erhöhte Infektionsgefahr gerade daraus
chert, kommt es zur Gegenschockphase, faltenden Zustand der Aktualisierungs- erwächst, dass der Körper aktiv Entzün-
in der der Organismus aktiv für seine Be- tendenz, er versucht, sich weiter zu dungen ignoriert. Um Kräfte zu sparen
freiung aus der Notsituation zu sorgen entwickeln. vermeidet er bei einer Infektion die
trachtet. Die Sympathikus-Aktivierung Durchblutung (color), die Schwellung
verursacht eine erhöhte Katecholamin- (tumor), und den Schmerz (dolor). Erst
ausschüttung, die dafür Sorge trägt, Stress-Systeme später kann sich die Immunsuppression
dass die Handlungsbereitschaft des Or- rächen.
ganismus unterstützt wird. Durch diese Auffällig ist, dass in der Gegen-
Stress-Reaktion wird der Organismus schockphase Beobachtungen scheinbar Am Prozess des Stresses sind zwei
mit Sauerstoff und Blutzucker versorgt, gegensätzlicher Art gemacht werden Systeme beteiligt, die es zu unterschei-
also mit Energien, um dem Notfall zu können. Das Immunsystem wird bei den gilt. Der Prozess vom Stressor zur
begegnen. Die Phänomenologie dieser einer Katecholamin-Ausschüttung sti- Stress-Reaktion ist zwar im Detail kausal,
aktiven Phase ist sehr viel unspezifischer muliert, während es bei einer Kortisol- insgesamt aber durch Feedbackschleifen
und weniger augenfällig als die passive Ausschüttung geschwächt wird. Dies ist vernetzt. Etwas vereinfacht, lässt sich der
Phase, so dass eine Diagnose schwie- darauf zurückzuführen, dass die beiden Zusammenhang so charakterisieren:

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Schwerpunktthema Trauma

7: Gegenläufige Möglichkeiten einer Stress-Antwort


Tabelle 4: Akute Notfallreaktion Gefahr, bewertet als Bedrohung
Schockphase (passiv): Kreislaufschock
zur Verminderung von Körperfunktionen:
Körpertemperatur, Blutdruck, Muskeltonus Bedrohung, bewertet als

Katastrophe, Überforderung, Herausforderung,


Phänomenologie: schneller, schwächer werdender Puls, Ohnmacht die unabwendbar und die zu bewältigen ist.
periphere Vasokonstriktion unentrinnbar ist. Bewältigungsstrategien
fahle Blässe (Zyanose), kalte Haut, Frieren Bewältigungsstrategien fehlen. liegen vor.
Schweiß auf der Stirn, Trübung des Sensoriums
Teilnahmslosigkeit, Stupor, psychogener Tod
Handeln unmöglich oder folgenlos erfolgreiches
Funktion: Zentralisation (Passivität als Überlebenskonzept) Blockierung der Stress-Reaktion Handeln

Gegenschockphase (aktiv): Stressreaktion physiologischer Stress-Status bleibt erhalten, Lösung des Problems
zur Aktivierung des Organismus (arousel beruhigt sich nur scheinbar) Begegnung
Sympathikus-Aktivierung allgemeine Reduktion der Vitalität: Erleben von
emotionale Verflachung Autonomie
Katecholamin-Ausschüttung (Adrenalin, Noradrenalin)
Schlaflosigkeit, Appetitlosigkeit Sicherheit
Dilatation der Bronchien Antriebsschwäche Vertrauen
Erhöhung der Atemfrequenz Gedankenlosigkeit Selbst-Bewusstsein
Erhöhung von Herzfrequenz und Herzkontraktion Konzentrationsprobleme Gefühl von Identität,
Venen-Konstriktion Gedächtnisschwächen Selbstwirksamkeit
Arterien-Konstriktion für Haut und Viscera Planlosigkeit, Zukunftslosigkeit Selbstkongruenz
Arterien-Dilatation: Muskeln, Koronarien, Hirngefäße Konstriktion, Dissoziation Offenheit für neue
Haare sträuben sich, Pupillenerweiterung Zurückgezogenheit: Erfahrungen
Kontaktscheu Lebendigkeit
Immunsystem-Stärkung Wortlosigkeit Selbstverwirklichung
später adrenocorticotrope Aktivierung Lieblosigkeit Chance des Wachstums
Ausschüttung: Glukokortikoiden, besonders Kortisol
Immunsystem-Schwächung
Inkongruenz zwischen Kongruenz zwischen
Selbst und Erfahrung: Selbst und Erfahrung
Phänomenologie: Unruhe, Erschöpfung, Gereiztheit, Depressionen
Krypto-Stress zur Selbstverwirklichung:
Selbsterhaltung Selbstentfaltung
Funktion: Handlungsbereitschaft,
Aktivierung als Überlebenskonzept,
Energieversorgung durch Sauerstoff und Blutzucker
Abbildung 3: Gegenläufige Möglichkeiten einer Stress-Antwort
21

1. SAM: Sympatho-adreno-medulläres Die genetische Antwort auf Vom Sinn der Notfallreaktion
System, gekennzeichnet durch Ad- Stress-Erleben
renalin und Noradrenalin, ist schnell Es wird sichtbar, dass die Notfallre-
aktiviert (arousal) und schnell abge- Der Mensch ist auf Bedrohungen aktion eine evolutionär entwickelte und
baut (Halbwertszeit 5 Minuten). Es biologisch gut eingestellt. Diese ange- sinnvolle Reaktion ist. Sie dient der Er-
handelt sich um einen kurzfristigen, borenen Bereitschaften von Stress-Re- haltung des Organismus:
das Immunsystem stimulierenden aktionen ist im Kontext evolutionärer
Stress, wie er auch lustvoll gesucht Entwicklung genetischer Verhaltenspro- 1. So kann aktuell dem Druck der extre-
wird. gramme verstehbar. Die drei bisher men Situation widerstanden werden.
2. HPA: Hypothalamo-hypophyseo- genannten psychologischen Katego- Die Betäubung dient dem Abbruch
adrenokortikales System, gekenn- rien „Kämpfen – Fliehen – Erstarren“ zu heftiger Erfahrungen.
zeichnet durch Kortisol, ist langsam sind mindestens durch eine vierte zu 2. Durch Warnungen über Flashbacks
aktiviert und schwer abbaubar. Es ergänzen: „Täuschen“. Diese Kategorie wird für die Zukunft gelernt.
handelt sich um einen dauerhaften, erscheint psychologisch hinreichend ei- 3. Die extreme Erfahrung wird derart
das Immunsystem schwächenden genständig, wiewohl sie physiologisch abgespalten, damit sie nicht ins
Stress, wie er bei Depressiven, Ar- keinem Phänomen direkt zugeordnet Selbstkonzept integriert werden
beitslosen, Magersüchtigen und werden kann. Täuschen ist eine Syn- muss.
überforderten Menschen nachge- these aus vordergründig inkompatiblen 4. Schuldgefühle schützen vor dem Ge-
wiesen wurde. Programmen: es besteht aus Kampf fühl der Hilflosigkeit: aus dem Opfer
(Hinterlist) und Flucht (Ausweichen). wird ein Täter.
Beide Systeme wirken auf den Hy-
pothalamus zurück und stabilisieren ein Abbildung 3 zeigt die aktivierten
hohes Stressniveau. organismischen Ressourcen, die Men-
schen hoffen lassen, die Überforderung

Gesprächspsychotherapie und Personzentrierte Beratung 3/04 161


psychosomatischen Gefährdungen sind dies die Konsequenzen von
Krypto-Stress (Heinerth 2002a):

Schwerpunktthema Trauma
8: Symptome als Versuch der Begegnung einer Bedrohung

Genetisch gesteuertes motorisches Programm:


als Herausforderung zu erleben und so
zu einer positiven Bewältigung des Not- Kämpfen Fliehen Täuschen Erstarren
falls zu kommen. Kontrollieren Vermeiden Rationalisieren Absterben

1. Wenn das motorische Programm nicht möglich ist:


Blockierung angemessener Akute Belastungsreaktion:
Stress-Reaktionen
Ärger Angst Betäubung Schock
Die Abfolge möglicher psychologi- Überaktivität Rückzug Regression Depression
scher Prozesse während der Traumati-
sierung, wenn keine Lösung möglich 2. Wenn die Akute Belastungsreaktion unbehandelt bleibt:
Posttraumatische Belastungsreaktion:
ist, keine Uminterpretation von Überfor-
derung zur Herausforderung stattfindet
Dauerwachsamkeit Ängstlichkeit Bewusstseinstrübung Wertlosigkeit
und keine psychologischen Interventio- Unruhe Besorgtheit Selbsttäuschung Depression
nen erfolgen, ist wie folgt: Unmittelbar
nach dem eine Bedrohung erkannt ist, 3. Wenn die Posttraumatische Belastungsreaktion unbehandelt bleibt:
folgt eine physiologische Reaktion, die Klassische Syndrome (Neurosen):
so genannte Notfallreaktion. Sie er-
laubt zielgerichtetes Handeln. Die vier Zwang Angst Hysterie Depression
einigermaßen sauber zu trennenden Aggressivität Panik Konversion Selbstzweifel
Verhaltensweisen sind mindestens allen
Wirbeltieren gemeinsam. Alle Orga- 4. Wenn die Traumatisierung sehr früh geschah:
nismen reagieren auf eine Bedrohung Persönlichkeitsstörungen:
zunächst mit dem Versuch, ihre Freiheit
zu verteidigen. Ist eine Tür verschlossen, mangelhafte Angst Wahn Depression
so versuche ich, sie zu öffnen. Dieses Impulskontrolle Paranoia Spaltung Katatonie
Gewalt, Delinquenz Regression Narzissmus Autismus
Durchsetzungsverhalten ist der gene-
relle Mechanismus, mit dem wir Be-
einträchtigungen jeder Art, wie sie uns 24
fortgesetzt begegnen, mehr oder we-
niger kämpferisch überwinden. Andere Abbildung 4: Syptome als Versuch der Begegnung einer Bedrohung
Beispiele sind das Zurückweisen faulen
Obstes beim Händler, so wie alle ande-
ren assertiven Verhaltensweisen. Nicht die angepasste Erstarrung. Dieses Erwi- Folgen von gestörten Stress-
nur im Tierreich kann man das Streiten derungskonzept ist nicht nur bei Kanin- Reaktionen: Krypto-Stress
um Ressourcen und Geschlechtspartner chen vor der Schlange zu beobachten,
gut beobachten. sondern auch im menschlichen Verhal- Wenn es Menschen in Notfällen un-
ten. Auch Menschen erstarren und wer- möglich ist zu kämpfen, zu fliehen, zu
Diese erste Möglichkeit, nämlich zu den sprachlos vor Entsetzen, sind hyp- täuschen oder zu erstarren, und verteidi-
kämpfen, kann nicht immer realisiert notisiert vom Grauen: jedes Verhalten gen sie darüber hinaus rigide ihr Selbst-
werden. Eine zweite Wahl ist es, zu würde die Situation verschlimmern. konzept, so kommen sie in eine emoti-
fliehen. Wird eine Bedrohung zu groß onale Not. Neben psychosomatischen
bzw. wird eine Bedrohung als zu groß Die genannten Kategorien sind nicht Gefährdungen sind dies (Abbildung 4)
eingeschätzt, kämpft der Betroffene immer scharf zu trennen oder sie kom- die Konsequenzen von Krypto-Stress
nicht, sondern er flieht. Manche Or- men gleichzeitig vor, wie z.B. bei einer (Heinerth 2002a).
ganismen fliehen eher als andere (z.B. hysterischen Lähmung: Täuschen und
Pferde), andere sind eher auf Kampf Erstarren werden zugleich realisiert. Die vier Kategorien dieses Schemas
eingestellt (z.B. Katzen). Diese Veranla- weisen offensichtlich große gemeinsa-
gung ist auch innerartlich zu beobach- Der psychologische Notfall tritt dann me Schnittmengen auf mit den klassi-
ten, ausgeprägt beim Menschen. Eine ein, wenn alle genannten Strategien schen vier neurotischen Syndromen,
weitere Möglichkeit einer Gefährdung versagen, sie aber als starke Handlungs- die wir kennen: Aggressivität, Angst,
zu begegnen, wenn weder Kampf noch bereitschaften erhalten bleiben, die so Depression und Hysterie. Die klassische
Flucht möglich sind, ist zu täuschen (z.B. blind ins Leere laufen. Die Erregung Neurosenlehre ist so aus Evolution und
die Augen niederschlagen, als hätte man bleibt, obgleich nicht gehandelt werden Physiologie verstehbar.
nicht gesehen). Eine vierte Strategie kann. Energien werden eher produziert
wird angewendet, wenn die ersten drei als abgebaut, ein verborgener Stress Auch wird verständlich, dass eine ein-
nicht erfolgversprechend sind: nämlich bleibt: der Krypto-Stress. deutige Klassifizierung der Symptomato-

162 Gesprächspsychotherapie und Personzentrierte Beratung 3/04


Schwerpunktthema Trauma

logie unsicher ist, dass bei unterschied- Tabelle 5: ICD-10: Belastungsreaktionen F43: Phänomenologie
lichen Störungen gleiche Syndrome F43.0 akute Belastungsreaktion (Stunden und wenige Tage)
vorgefunden werden können und dass Betäubung, Bewusstseinseinengung,
bei gleichen Störungen unterschiedliche Depression, Angst (bis Panik: Tachykardie, Schwitzen, Erröten),
Ärger, Verzweiflung,
Symptome entwickelt werden, die auch
Überaktivität, Unruhezustand (bis Fluchtreaktion oder Fugue),
wechseln können (Heinerth 2002a). Rückzug (bis dissoziativem Stupor, Amnesie, teilweise oder vollständig)

F43.2 Anpassungsstörungen (Beginn nach etwa einem Monat)


Die mentale Antwort auf den depressive Stimmung, Angst, Besorgnis,
ein Gefühl, unmöglich zurechtzukommen
Notfall vorauszuplanen
in der gegenwärtigen Situation fortzufahren
Werden evolutionäre Programme Einschränkung bei der Bewältigung alltäglicher Routine
durch verhinderte Handlungen blo- subjektive Sorge, zu dramatischem Verhalten oder zu Gewaltausbrüchen zu neigen
ckiert, wie es im Notfall geschieht, bleibt bei Jugendlichen: Störungen des Sozialverhaltens: aggressiv, dissozial
bei Kindern: regressive Phänomene: Bettnässen, Babysprache, Daumenlutschen
dem Organismus jedoch eine Wahl, eine
Alternative aus dem Dilemma: Statt zu F43.20 Kurze depressive Reaktion (selten länger als einen Monat)
handeln kann er sein Selbstkonzept än- F43.21 Längere depressive Reaktion (nicht länger als zwei Jahre)
dern. Er kann also entsprechend dem F43.22 Angst und depressive Reaktion gemischt
frühchristlichen Satz wählen: „Herr, F43.23 Mit vorwiegender Beeinträchtigung von anderen Gefühlen
Angst, Depression, Sorgen, Anspannung und Ärger
gib mir die Kraft, mit Gleichmut anzu-
F43.24 Mit vorwiegender Störung des Sozialverhaltens
nehmen, was nicht zu ändern ist; gib F43.25 Mit gemischten Störungen von Gefühlen und Sozialverhalten
mir den Mut, zu ändern, was geändert
werden kann und muss, und gib mir die F43.1
posttraumatische Belastungsreaktion (Latenz von Wochen bis Monaten)
Weisheit, das eine vom anderen zu un- wiederholte unausweichliche Erinnerung (flashbacks) oder Wiederinszenierung in Ge-
terscheiden.“ dächtnis, Tagträumen, Träumen, Alpträumen
emotionaler Rückzug
anhaltendes Gefühl von Betäubtsein
Wem diese mentale Kraft – auf wel- Gefühlsabstumpfung
chem Unterbau auch immer – gegeben Gleichgültigkeit gegenüber anderen Menschen
ist, kann mit seinem Gleichmut, d.h. Teilnahmslosigkeit gegenüber der Umgebung
Entspannung statt Stress, unbeschadet Anhedonie
Vermeidung von Reizen (Situationen, Stichworten), die ein Wiedererinnern hervorrufen
aus Notfällen entkommen. Fehlt diese könnten
Reife und Kraft, wird das Selbstkonzept gewöhnlich: vegetative Übererregtheit mit Vigilanzsteigerung
Schaden nehmen. Hier ist Gesprächs- übermäßige Schreckhaftigkeit
psychotherapie indiziert. Schlaflosigkeit
häufig: Angst
Depression (auch Suizidalität)
auch: Drogeneinnahme, Alkoholabusus
Phänomene von Krypto-Stress:
Selbst-Inkongruenz sonst:
F62 andauernde Persönlichkeitsveränderung nach Extrembelastung
Wenn diese Hypothese über die Be- charakterisiert durch unflexibles und fehlangepasstes Verhalten:
feindliche oder misstrauische Haltung gegenüber der Welt
ziehungen zwischen den gestörten ge- sozialer Rückzug
netischen Programmabläufen (kämpfen, Gefühle der Leere oder Hoffnungslosigkeit
fliehen, erstarren, täuschen) einerseits chronisches Gefühl von Nervosität wie bei ständigem Bedrohtsein
und den klassischen Diagnosen (Zwang, Entfremdung
Depression, Hysterie, Angst) gilt, müss-
te das auch in diagnostischen Manua-
len wiederzufinden sein, die ja aus den sind kursiv dargestellt). Die letzte Ta- tungsreaktion erst nach einer Latenzzeit
Phänomenen zu einer Diagnose führen belle zeigt das Moment der Täuschung wieder virulent werden.
sollen. Dazu verweise ich auf die ICD10- direkt nur bei der akuten Belastungsre-
Klassifikation von Belastungsreaktionen, aktion (Betäubung etc.). Die Täuschung Hier machen sich die Patienten selbst
die die Phänomenologie der Inkongru- über die anderen Syndrome zeigt sich etwas vor. Sie reden ihre Probleme klein
enz zwischen Selbst und Erfahrung in nicht direkt sichtbar in den Symptomen, und am Ende sehen sie selbst keinen Zu-
Tabelle 5 veranschaulicht. sondern in der Tatsache, dass sich die sammenhang mehr zwischen ihrer Sym-
Patienten selbst über das Ausmaß der ptomatik und den traumatisierenden Er-
Aus dieser Zusammenstellung lassen Kränkung täuschen. Die Amnesie geht lebnissen. Dies ist typisch und erschwert
sich nun in den Tabellen 6–9 die vier so weit, dass sowohl Anpassungsstörun- die Diagnose im Einzelfall sehr. Diese
genannten Kategorien extrahieren (sie gen als auch die Posttraumatische Belas- Abwehr ist nicht nur psychologisch zu

Gesprächspsychotherapie und Personzentrierte Beratung 3/04 163


Schwerpunktthema Trauma

Tabelle 6: ICD-10: Belastungsreaktionen Tabelle 8: ICD-10: Belastungsreaktionen verstehen, sondern auch physiologisch.
(Auszug: Aggressivität) (Auszug: Depression)
Der extreme Stress zerstört synaptische
F43.0 Akute Belastungsreaktion F43.0 Akute Belastungsreaktion Bindungen.
Ärger, Verzweiflung Depression
Verzweiflung,
F43.2 Anpassungsstörungen (Beginn nach Rückzug (bis dissoziativem Stupor)
Die aufgeführten Momente der vier
einem Monat) Formen von Stress-Reaktionen decken
subjektive Sorge, zu dramatischem Verhalten F43.2 Anpassungsstörungen (Beginn nach die Erscheinungsbilder vollständig ab, es
oder zu Gewaltausbrüchen zu neigen einem Monat) bleibt kein Rest. Die Betrachtung dieser
bei Jugendlichen: Störungen des Sozialverhal- depressive Stimmung, Besorgnis Verwobenheit der Stress-Antworten mit
tens: aggressiv, dissozial ein Gefühl, unmöglich
zurechtzukommen
der Phänomenologie der ICD-10-Kate-
F43.24 Mit vorwiegender Störung des vorauszuplanen gorien zu Belastungsreaktionen zeigt
Sozialverhaltens: in der gegenwärtigen Situation fort- deutlich, dass diese Reaktionen direkt
aggressives und dissoziales Verhalten zufahren eine Folge einer inadäquaten Stressver-
Einschränkung bei der Bewältigung arbeitung sind, wie es diese evolutionäre
F43.1 Posttraumatische Belastungsreak- alltäglicher Routine
tion bei Kindern: regressive Phänomene: Bettnäs-
Betrachtung nahe legt. Dieses Verständ-
auch dramatische akute Ausbrüche von Ag- sen, Babysprache, Daumenlutschen nis erleichtert Begründungen für Inter-
gression nach plötzlicher Erinnerung ventionen.
F43.20 Kurze depressive Reaktion
sonst: andauernde Persönlichkeitsverände- F43.21 Längere depressive Reaktion
rung nach Extrembelastung (F62.0) F43.22 Angst und depressive Reaktion ge-
feindliche oder misstrauische Haltung der Welt mischt
Frustrierte Bedürfnisse bei
gegenüber akuter Belastungsreaktion
F43.23 Mit vorwiegender Beeinträchti-
gung von anderen Gefühlen Abbildung 5 zeigt, was die Patien-
Angst, Depression, Sorgen, Anspannung und ten in der akuten Belastungsreaktion
Tabelle 7: ICD-10: Belastungsreaktionen Ärger
bei Blockierung der genetischen Pro-
(Auszug: Angst)
F43.1 Posttraumatische Belastungs- gramme benötigen. Hier zeigt sich,
F43.0 Akute Belastungsreaktion reaktion (Latenz: Wochen bis Monate) dass unabhängig vom Schwerpunkt des
Angst (bis Panik: Tachykardie, Schwitzen, emotionaler Rückzug unterdrückten genetischen Programms
Erröten), Gefühlsabstumpfung
Überaktivität, Unruhezustand (bis Fluchtreakti-
(Kämpfen – Fliehen – Täuschen – Er-
Gleichgültigkeit gegenüber anderen Menschen
on oder Fugue), starren), die Folgen für die Betroffenen
Teilnahmslosigkeit gegenüber der Umgebung
Rückzug (bis dissoziativem Stupor, Amnesie, Anhedonie sehr konsistent sind. Aus den frustrierten
teilweise oder vollständig) Schlaflosigkeit physiologischen Bedürfnissen folgen
Depression (auch Suizidalität) konsequent entsprechende sozial-emo-
F43.2 Anpassungsstörungen (Beginn nach
einem Monat)
tionale Bedürfnisse.
sonst: andauernde Persönlichkeitsverände-
Angst, Besorgnis rung nach Extrembelastung (F62.0)
sozialer Rückzug
F43.23 Mit vorwiegender Beeinträchti- Gefühle der Leere oder Hoffnungslosigkeit Bedeutung für die
gung von anderen Gefühlen Entfremdung psychologische Intervention
Angst, Sorgen
Vermeidung von Reizen (Situationen, Stich-
worten), die ein Wiedererinnern hervorrufen Die Tatsache, dass wir von geneti-
könnten Tabelle 9: ICD-10: Belastungsreaktionen schen Programmen gesteuert werden,
gewöhnlich: vegetative Übererregtheit mit (Auszug: Selbsttäuschung) heißt keinesfalls, dass wir ihnen bedin-
Vigilanzsteigerung, F43.0 Akute Belastungsreaktion gungslos ausgeliefert sind. Es heißt aber
übermäßige Schreckhaftigkeit Betäubung, Bewusstseinseinengung,
häufig: Angst
doch, dass wir sehr behutsam sein müs-
Rückzug (bis dissoziativem Stupor, Amnesie, sen, wenn wir gegen sie steuern wollen,
teilweise oder vollständig)
sonst: andauernde Persönlichkeitsverände- und legt nahe, dass wir versuchen soll-
rung nach Extrembelastung (F62.0) F43.2 Anpassungsstörungen (Beginn nach ten, sie zu berücksichtigen, sie bei un-
chronisches Gefühl von Nervosität wie bei stän- einem Monat) seren psychologischen Interventionen
digem Bedrohtsein
einzubeziehen.
F43.1 Posttraumatische Belastungsreak-
tion
(Latenz: Wochen bis Monate)
Das heißt bei der Betrachtung der
wiederholte unausweichliche Erinnerung Klientenbedürfnisse, dass alle psycho-
(flashbacks) oder Wiederinszenierung in Ge- logischen Interventionen geeignet er-
dächtnis, Tagträumen, Träumen, Alpträumen scheinen, die helfen, den Organismus in
anhaltendes Gefühl von Betäubtsein seinen Bedürfnissen zu respektieren um
auch: Drogeneinnahme, Alkoholabusus
ihn in seiner Ganzheit zu stabilisieren.

164 Gesprächspsychotherapie und Personzentrierte Beratung 3/04


14: Bedürfnisse bei akuter Belastungsreaktion
Schwerpunktthema Trauma

Genetisch-motorisches Programm: Die notfallpsychologische Begleitung


wird dann am ehesten wirksam werden
Kämpfen Fliehen Täuschen Erstarren können, wenn sie den organismischen
Prozess der Erhaltung und Entfaltung,
Bedürfnisse bei akuter Belastung, gestörtem Programmablauf: der ein archaischer, evolutionär erwor-
bener ist, berücksichtigt, besonders
Besänftigung Sicherheit Schutz Beistand dann, wenn diese beiden Kräfte kon-
Beruhigung Geborgenheit Geborgenheit Tröstung fligieren. Die dabei auftretenden dyna-
Verständnis Begleitung Realität Geduld mischen Kräfte sollen kurz und vorläufig
skizziert werden.

Vom Notfall zu den Symptomen


Abbildung 5: Bedürfnisse bei akuter Belastungsreaktion
Zwischen der Bedrohung, einer
Stress-Reaktion, dem Netzwerk von
Dazu gehören: Tendenz, all seine Kapazitäten so zu Gefühlen, Selbstexploration und Symp-
entwickeln, dass sie dazu dienen, den tomen existieren vielfältige dynamische
 Anbieten eines persönlichen Kon- Organismus zu erhalten oder zu erwei- Verflechtungen, die im Folgenden nur
takts tern“ (Rogers 1959) legt Konsequenzen angedeutet werden können:
 Sorgen für die persönliche Sicherheit nahe (Höger 2002):
gegen Angst  Jede Strategie ist im Kern zielgerich-
 Sorgen für Entlastung 1. Menschen sind nicht von außen tet und führt zu einem Erfolg.
 Sorgen für Entspannung steuerbar!  Die evolutionär erworbenen Funkti-
 Verstehen der individuellen Situation 2. Reaktionen der Opfer haben den onen gegen Bedrohung sind nicht
 Verstehen des Erfahrens der Hilfestel- Sinn, unter den gegebenen Umstän- gleichwertig, sondern hierarchisch.
lung den ihre weitere Existenz optimal zu  Kampf ist der vorderste Mechanis-
 Anbieten eines verständnisvollen Ge- gestalten (s.o). mus gegen eine Bedrohung.
sprächs Optimal gestalten heißt:  Hysterie und Depression sind ver-
 Anbieten von emotionaler Wärme a) die Existenz der Person zu sichern schwistert: Erstarren oder Täuschen
 Anbieten eines fürsorglichen Körper- („Erhaltender Aspekt“), erfolgt, wenn Kämpfen oder Fliehen
kontakts b) die weitere Entwicklung der Per- unmöglich erscheinen.
 Unterstützung richtigen Atmens son zu unterstützen („Entfalten-31  Flucht ist dem Erstarren und der Täu-
 Erlaubnis von Regression der Aspekt“). schung übergeordnet.
 Erlaubnis von Schreien  Erstarrung und Täuschung sind nicht
sauber zu trennen (s.o.)
Was hier theoretisch abgeleitet wur-  Kämpfen und Fliehen sind inkompa-
Tabelle 10: Regeln zur Ersten
de, findet sich wieder als Laienregeln zur tibel.
Psychologischen Hilfe
Ersten Psychologischen Hilfe. Um auch  Auch Fliehen und Erstarren sind in-
Laien verständlich zu machen, was Pa- Regeln nach Lasogga und Gasch: kompatibel – auch wenn wir eine
tienten in Notfällen benötigen, haben Erstarrung für Abwehr, also für eine
Lasogga und Gasch zusammen mit der  Sage, dass Du da bist und dass Flucht halten. Motorisch bleibt sie
Verkehrswacht vier einprägsame Regeln etwas geschieht jedoch inkompatibel. Beispiel: Haf-
entworfen, die sie in jeden Erste-Hilfe-  Schirme den Verletzten vor Zu- linger (die standhalten), denen Ara-
Kasten empfehlen (Tabelle 10). schauern ab berblut eingezüchtet wurde (Araber
 Suche vorsichtigen Körperkontakt als Wüstentiere fliehen bevorzugt):
Alle Regeln haben etwas gemeinsam:  Sprich und höre zu! Fliehen und Standhalten/Erstarren
Sie fußen auf menschlichem Kontakt, ei- liegen im Wettstreit, ihr Verhalten
nem fundamentalen Bedürfnis des Men- Oder nach Empfehlungen von bei Bedrohung wird inkonsistent, es
schen, der ein soziales Wesen ist. Sie for- Versicherungen: wirkt lächerlich.
dern Kontakt und Schutz vor falschem  Delinquenz ist unter Täuschung sub-
Kontakt (Neugierige, Reporter), und  Sichern, unter Beachtung von sumierbar, nicht unter Aggressivität.
folgen dem Klientenzentrierten Konzept Selbstschutz (Delinquente fühlen sich nicht not-
der Beziehungsaufnahme.  Sprechen, als erste Kontaktaufnah- wendig aggressiv, wenn sie betrü-
me gen.)
Die Theorie der Aktualisierungsten-  Schützen, z.B. vor Reportern  Angst ist die treibende Kraft hinter al-
denz als „die dem Organismus eigene  Stützen, emotionaler Beistand len Symptomen, auch hinter der He-

Gesprächspsychotherapie und Personzentrierte Beratung 3/04 165


Schwerpunktthema Trauma

rausforderung. (Die Grenze ist durch  Empathie Zu: Regression


Flow gekennzeichnet.)  Autonomie des Helfers
 Bedrohungen machen Wut oder Die Bezeichnung Regression ist hier
Angst. Verzweiflung als Zweifel zwi- Alle oben aufgeführten Aspekte der deskriptiv zu verstehen (als Rückkehr
schen diesen Gefühlen ist der Ver- Hilfe müssten detailliert dargestellt wer- oder Versuch der Rückkehr zu kindlicher
such einer inkompatiblen Reaktion. den. Aus Platzgründen geschieht das Erfahrungswelt, die durch Geborgenheit
(Eine Verzweiflung aufzulösen ge- hier nur für die wichtigsten Interventi- und Vertrauen auf die Verantwortlichkeit
lingt, indem man sie seriell der Wut onen. der Bindungsperson charakterisiert ist),
und der Angst zuführt. So werden und nicht analytisch (als Rückzug im
eindeutige Gefühle erfahrbar ge- Sinne eines Abwehrmechanismusses).
macht, um sie konsequent ausdrü- Zu: Körperkontakt Eine Person in Not sucht Sicherheit und
cken und explorieren zu können). Geborgenheit und gerät leicht in einen
 Traumatisierungen bedürfen eines Die triviale Erkenntnis, wie hilfreich Zustand der Regression, der als Aus-
besonderen Verständnisses. Wie Körperkontakt sein kann, basiert auf druck Hilflosigkeit signalisiert und ent-
Persönlichkeitsstörungen sind sie biologischen Mechanismen: Durch sprechend sorgendes Verhalten auslöst.
schwerer einfühlbar, da sie auf einer Körperkontakt wird die Ausschüttung In diesem Zustand der Regression ist der
prinzipiellen Störung der Symbolisie- von Endorphinen bewirkt, die als kör- Mensch höchst verwundbar und bedarf
rungsfähigkeit beruhen, anders als pereigene Morphine den Organismus besonders des Schutzes. Wird dieser
neurotische und affektive Störungen, beruhigen. Diese Beruhigung kommt Schutz gewährt, wird die Regression
die durch graduelle Symbolisierungs- auch beim Stillen zum Tragen. Das Still- erleichtert. Menschen in Not geraten zu
störungen gekennzeichnet sind (Hei- werden des Babys beruht nicht nur auf ihrem eigenen Schutz leicht in Regressi-
nerth 2002b). der Sättigung, sondern geschieht auch on, und es ist für sie hilfreich, sie im Au-
durch die Beruhigung, die durch den genblick der Not darin zu unterstützen.
körperlichen Kontakt bewirkt wird. Die- Selbstverantwortung um jeden Preis ist
Möglichkeiten ser Körperkontakt ist auch das tragende hier nicht gefragt.
archaisch begründeter Element bei der „Känguruh-Pflege“. Ba-
Kriseninterventionen bys entwickeln sich – nachgewiesen für
Frühgeburten – besser, wenn sie zeitwei- Zu: Atmung
So wie es biologische Grundmuster se auf die nackte Brust von Vater oder
für akut bedrohte Menschen gibt, die Mutter gelegt werden. Abbildung 6 zeigt die Charakteristika
zur Bewältigung einer existentiellen unterschiedlichen Atmens in Abhängig-
Bedrohung dem Organismus förderlich keit von Atemtiefe und Zeit. Sie dienen
sind, so gibt es Interventionen auf Seiten Zu: Schreien dem Notfallpsychologen als Diagnosek-
des Helfers, die auf biologischem Wege riterium und als Ziel für entsprechende
direkt auf den Organismus einwirken Körperkontakt ist Teil einer archai- Interventionen (z.B. „Atme aus!“ statt
können. Solche archaischen begrün- schen Kommunikation, die nicht gelernt „Atme!“). Hier zeigt sich, dass die At-
dete Interventionen entsprechen den werden muss. Er ist die Antwort auf den mung bei Angst und Schmerz diametral
archaischen Bedürfnissen, auf die die archaischen Ausdruck des entsprechen- unterschiedlich ist. Diese Beobachtung
Klienten zurückgeworfen werden. Zu den Gefühls: nämlich des Schreis. Der entspricht der Erfahrung, dass Angst
ihnen zählen: Schrei ist die unbedingte Reaktion auf und die Öffnung gegenüber eigenen
Schmerzen und die dann bedingte Re- Gefühlen, besonders gegenüber dem
 Versicherung aktion auf die Erwartung von Schmer- Schmerz, inkompatibel sind. Wenn die
 Teilhabe zen. Damit ist der Schrei organismisch Erfahrung des Schmerzes als Trauer not-
 Körperkontakt hilfreich und sollte, wenn möglich, wendig ist, so wird sie notwendig durch
 Realitätskontakt erlaubt, sogar unterstützt werden. Wie Angst verhindert.
 Distanz zur Realität Körperkontakt setzt er Endorphine frei,
 Transparenz die den Organismus beruhigen und vor Die Frage, ob Brust- oder Bauch-
 Unterstützung von Schmerzen schützen. Eine angemesse- atmung vorzuziehen sei, entscheidet
 Schreien nere Verarbeitung der Hilflosigkeit ist zu sich am verfolgten Ziel. Eine vollstän-
 Regression erwarten, die Wahrscheinlichkeit einer dige Ausatmung umfasst zwingend den
 Atmung chronischen Belastungsreaktion vermin- Bauchraum. Während Brustatmung bei
 Bewegung dert sich. Beispiele für die Angemessen- Anstrengung und Angst vorherrschen
 Trance heit des Schreiens als Ausdruck der Ge- wird, ist es Bauchatmung in Ruhe und
 Verbundenheit fühle in Notsituationen sind: Der Schrei bei Entspannung.
 Kommunikation des Babys bei jedweder Unpässlichkeit
 Kontakt und der Schrei im „Kreisch“saal. So ist die Bewertung der Art der
 Unbedingte Wertschätzung Atmung abhängig vom derzeitigen Zu-

166 Gesprächspsychotherapie und Personzentrierte Beratung 3/04


Schwerpunktthema Trauma
Atemschemata
Volumen in Litern und Zuweisung von Verantwortung ein.
Atem bei Angst In diesem Stadium jedoch ist die Ge-
währung von Sicherheit dringlicher als
6 maximale Inspiration die Erforschung von Verantwortung.

Inspirations-
Reservevolumen Zu: Empathie
Atem bei Arbeit
Verstanden zu werden ist eine gro-
ße Beruhigung. Es geht hier nicht um
psychotherapeutische Strategien (Ver-
3,5 Inspirationslage balisierung emotionaler Erlebnisinhalte
Atemvolumen Atem in Ruhe sensu Rogers), sondern um das basale
Gefühl des Betroffenen, der in seiner Not
3 Expirationslage bedürftig ist und jemanden braucht, der
zu mindestens diese Bedürftigkeit empa-
thisch versteht, auch wenn er sie nicht
Expirationsvolumen befriedigen kann.
Atem bei Schmerz
Nicht zu verwechseln ist Empathie
mit Mitgefühl, das eine notwendige
1,2 maximale Expiration Distanz (die Als-ob-Qualität) erschwert.
Selbst das eigene Erschrecken des Hel-
Residual-Volumen fers ist keine Empathie, die hilfreich ist.
Opfer wollen keine Tränen der Helfer, so
wenig wie Kinder mitfühlende Tränen
0 Kollapslunge Zeit der Mutter als hilfreich empfinden. Zu
groß ist die Gefahr, den Helfer selbst als
6 Liter Totalkapazität: 4,8 Liter Vitalkapazität + 1,2 Liter
Abbildung 6: Atemschemata
hilflos zu erleben.
Residualkapazität
Zu: Autonomie des Helfers
stand, kann also diagnostischen Wert ckende Methode, Verbundenheit, damit
haben. Ist Entspannung das Ziel, wird Geborgenheit und Sicherheit, herzustel- Empathie und unbedingte Wert-
sich die Bauchatmung dann einstellen, len. Dabei geht es zunächst überhaupt schätzung des Notfallpsychologen kann
wenn der Bauchraum entspannt ist, rsp. nicht um professionelle therapeutische nur gewährleistet werden, wenn der
es wird dann eine Spannung bewusst, Gespräche, nicht einmal um irgendei- Helfer selbstkongruent, autonom, au-
wenn Bauchatmung absichtlich ver- nen bedeutenden Inhalt, sondern um thentisch ist. Er muss mit sich im Reinen
sucht wird. die Realisierung von Gegenwart, von sein, unabhängig vom Klienten bleiben,
Kontakt, eine erste Demonstration von sich in die Welt des Klienten hinein füh-
Atmen ist nur eine Einflussgröße auf Nicht-alleine-gelassen-Werden. Diese len können, ohne sich zu verlieren. Er
den Stress-Status des Organismus. Auch Kommunikation kann auch nonverbal braucht eine emotionale Distanz zum
C:\Dokumente
andere und Einstellungen\om\Lokale
Maßnahmen, können in der aku- Einstellungen\Temporary
geschehen, wie es Internet
die Regression er- Klienten, ohne distanzlos zu werden,
Files\Content.IE5\NJLMCDB1\Abbild 6.doc19.08.2004
ten Situation eines Notfalls absichtsvoll fordert. die Motive des Helfers müssen selbst-
eingesetzt werden. Besonders möchte los (sensu Maslow) sein. Nur so kann
ich auf die hilfreiche Funktion von Kör- er ohne Verstrickung helfen und einem
perkontakt (als unbedingter Sicherheits- Zu: Unbedingte Wertschätzung eigenen burn out entgehen. Der Klient
auslöser), der Stress entgegenwirkt, so- wird diese Autonomie erfahren und sich
wie auf das Schreien hinweisen, das die Wertschätzung für den Betroffenen nur so sicher fühlen können, sich nur so
positiven Aspekte des Stresses betont. berührt sein unmittelbares Bedürfnis. sicher anvertrauen können.
Die Gefahr, Objekt des Willens anderer
zu sein, verunsichert, besonders dann,
Zu: Kommunikation wenn nun auch der Helfer ihn als Objekt Kognitive Umstrukturierung
behandelt. Es ist vor Allem die Unbe-
Der Mensch ist ein Herdentier, benö- dingtheit der Wertschätzung, die der Kli- Das Gespräch erlaubt, über Selbst-
tigt die Kommunikation zum Nächsten. ent braucht, denn Schuldgefühle stellen exploration das Selbstkonzept des
Insofern ist das Gespräch eine beeindru- sich häufig auch ohne Beschuldigungen Menschen zu entwickeln. So wird Re-

Gesprächspsychotherapie und Personzentrierte Beratung 3/04 167


Schwerpunktthema Trauma

alität konstruiert. Klientenzentrierte Tabelle 11: Möglichkeiten kognitiver Umstrukturierung


Gesprächspsychotherapie nutzt diesen statt: Kämpfen jetzt:
Weg konsequent, und jedes Gespräch aggressiv werden entgegentreten, standhalten
bringt hier Nutzen. Die Phänomene angehen sich zur Wehr setzen
von Stress und selbstexplorativem Um- sich mühen Stellung beziehen, sich engagieren
gang mit ihm bieten eine Chance des streiten anpassen: Akkomodation
Wachstums: vom Notfall zur Weisheit aussitzen Assimilation
sich versagen Ressourcen aktivieren
– wie oben beschrieben. Tabelle 11 erzwingen Problem lösen
zeigt Möglichkeiten des Verständnisses Macht ausüben Verantwortung übernehmen
der blockierten Energien auf und weisen
Alternativen auf, für diese Tendenzen statt: Fliehen jetzt:
sensibel zu sein, um sie konstruktiv auf-
Vermeiden, umgehen loslassen, ausbrechen
greifen zu können. davonlaufen, ausweichen sich lösen, Abschied nehmen
zurückziehen trauern, beweinen

Krise und Wachstum statt: Täuschen jetzt:


rationalisieren kognitiv umstrukturieren
Bewältigte Notfälle sind Grenzerfah- bluffen, irreführen, betrügen Perspektive wechseln
rungen. Mit Abraham Maslow verstehe den Clown spielen, blenden, lügen Standpunkt überprüfen
ich darunter Phänomene, die Menschen auf den Arm nehmen, finassieren kreativ sein
wachsen lassen, wie es sich immer wie- zum Narren halten, hinterlistig sein Chancen sehen
hintergehen, beschönigen, mogeln, Alternativen bedenken
der in Therapien zeigt. Menschen, die
strategisch handeln, cool sein Möglichkeiten sehen und auswählen
durch eine Krise gehen und dabei nicht
umkommen, also die Krise als Heraus-
statt: Erstarren jetzt:
forderung begreifen und meistern und
nicht in der Überforderung versagen, er- unbeweglich werden sein lassen, innehalten
unflexibel werden weich werden, entspannen
werben schließlich ein tieferes Verständ- sich verhärten, sich versteifen akzeptieren, staunen
nis von sich selbst und ihrer Existenz. So rigide werden, erschrecken Standpunkt finden
ist man versucht zu sagen, die Krise sei hart werden, leblos sein sich öffnen
ihre Chance gewesen. Und umgekehrt unlebendig sein wahrnehmen
ist zu beobachten, dass Menschen, die
vornehmlich verwöhnt worden sind,
keine existentiellen Krisen zu meistern Literatur Höger, D. (2002). Theoretische Grundlagen
hatten, dann Probleme haben, einen einer Klientenzentrierten Notfallpsycholo-
Sinn in ihrem Lebens zu finden und so Bierman-Ratjen, E.-M. & Swildens, H. (1993). gie. Symposium „Notfallpsychologie und
Entwurf einer ätiologisch orientierten Traumatherapie aus gesprächspsychothera-
lebensuntauglich werden können. Die peutischer Sicht“ 2. DPGG-Forum in Berlin
Krankheitslehre im Rahmen des Klienten-
logische – nicht moralische – Folgerung zentrierten Konzeptes. In: Eckert, J., Höger, am 27. und 28.04.2002.
ist, dass Krisen nötig sind, um zu einer D. & Linster, H. (Hrsg.). Die Entwicklung der Hüther, G. Biologie der Angst. Göttingen: Van-
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gen bieten eine Chance zu persönlichem schenmenschlichen Beziehungen. Köln:
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mann Hesse sagt: „Probleme sind nicht Falldarstellungen. Stuttgart: Kohlhammer, Weltgesundheitsorganisation. Internationale
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trierten Konzept. Gesprächspsychotherapie
Nietzsche formuliert es drastischer: und Personzentrierte Beratung 1/2002, rapie aus gesprächspsychotherapeutischer
„Solchen Menschen, die mich etwas 23–26. Sicht“ 2. DPGG-Forum in Berlin am 27. und
angehen, wünsche ich Leiden, Verlas- Heinerth, K. (2002b). Versperrte und verzerr- 28.04.2002.
senheit, Misshandlung, Entwürdigung te Symbolisierungen.: Zum differentiellen
– ich wünsche, dass ihnen das Elend der Verständnis von Persönlichkeits- und neuro-
tischen Störungen in Theorie und Praxis. In:
Überwundenen nicht unbekannt bleibt: Iseli, C. et al. (Hrsg.). Identität – Begegnung
ich habe kein Mitleid mit ihnen, weil ich – Kooperation. Person-/Klientenzentrierte
ihnen das Einzige wünsche, was heute Psychotherapie und Beratung an der
beweisen kann, ob einer Wert hat, oder Jahrhundertwende. Köln: GwG-Verlag,
nicht – dass er standhält.“ 145–180.

168 Gesprächspsychotherapie und Personzentrierte Beratung 3/04


Schwerpunktthema Trauma

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