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DOI: 10.1002/best.201600066

Regina della Pietra, N. V. Tue FACHTHEMA

Quantifizierung der Beanspruchung infolge


der Temperatur und des Erddrucks bei Integralbrücken
bis 30 m Länge
Bei Integralbrücken ist die realistische Erfassung der Zwang- Quantification of restraint stresses in integral bridges due to
beanspruchungen und der Boden-Bauwerks-Interaktion von temperature and earth pressure with spans up to 30 m
entscheidender Bedeutung für eine gelungene Bauwerkspla- The design of integral bridges requires a realistic quantification
nung. Im vorliegenden Beitrag werden wesentliche Ergebnisse of restraint stresses as well as of soil-structure-interaction.
zum Einfluss des Baugrunds auf die Schnittgrößen infolge von This contribution discusses key findings regarding internal
Temperaturänderung und des Erddrucks für Bauwerkslängen forces due to change of temperature and earthpressure while
bis zu 30 m dargestellt und diskutiert. Damit werden mehr als taking the influence of the subsoil into account. The observa-
80 % der Brücken im Straßennetz von Österreich und Deutsch- tion is carried out for bridges with spans up to 30 m. This cov-
land behandelt. Weiterhin wird der Frage nach dem Abbau der ers more than 80 % of the existing road-bridges in Austria and
Zwangkraft im ULS und SLS nachgegangen. Auf diesen Ergeb- Germany. Additionally the reduction of restraint forces in ulti-
nissen basierend, werden Empfehlungen für die Planung und mate limit state and serviceability is investigated. Recommen-
Bemessung von Integralbrücken bis zu 30 m Länge vorgeschla- dations for the design of integral brides with spans up to 30 m
gen. are given based on the results of this study.

1 Einleitung Tab. 1 Empfehlungen zum Zwang


Recommendations for restraint stress

Integralbrücken weisen einen starren Verbund zwischen Land; Quelle Berücksichtigung von Zwang
Über- und Unterbau auf. Hierdurch kommt es zu einer in der Bemessung
gegenseitigen Beeinflussung bei Verformungseinwirkun-
CH [5], Zwang ist unabhängig von der Bauwerkslänge
gen. Die hiermit einhergehenden Zwangbeanspruchun-
GER [6], zu berücksichtigen, Reduktion ist aufgrund
gen haben einen nennenswerten Einfluss auf die Bemes- GB [7], von Steifigkeitsabminderung zulässig
sung von integralen Brücken. Als Einflussfaktoren für die EC1991-1-5 [8]
Zwangschnittgrößen können neben der Steifigkeit des
Über- und Unterbaus die Steifigkeit des Baugrunds, die GER [9], Zwang ist zu vernachlässigen, wenn L < 20 m
GER [10] bei Straßenbrücken und L < 10 m bei Eisen-
Geometrie im Grund- und Aufriss sowie die Boden-Bau-
bahnbrücken eingehalten ist
werks-Interaktion genannt werden [1–3].
AUT [11] Berücksichtigung von Zwang für Beton­
Durch Rissbildung im Grenzzustand der Gebrauchstaug- brücken mit reduzierten Temperaturwerten,
lichkeit (SLS) und plastische Verformungen im Grenzzu- Reduktion aufgrund von Steifigkeitsabmin­
derung ist nach [12] nicht zulässig
stand der Tragfähigkeit (ULS) werden Zwangbeanspru-
chungen abgebaut. Die Ermittlung des zu erwartenden
Abbaus erfordert im Allgemeinen eine aufwendige nicht­
lineare Berechnung, die bei kleinen Bauwerken unver-
hältnismäßig erscheint. In Richtlinien verschiedener Län-
der werden deshalb Empfehlungen zur Berücksichtigung
des Zwangkraftabbaus bei der Bemessung angegeben.
Diese unterscheiden sich jedoch deutlich voneinander,
wie der Vergleich in Tab. 1 zeigt. Übereinstimmend ist die
Erkenntnis, dass aufgrund der geringen Steifigkeit des
Baugrunds die Längsverschiebung am Brückenende infol-
ge Temperaturänderung auch bei Integralbrücken annä-
hernd der freien Verformung entspricht. Über die Lebens-
dauer des Bauwerks betrachtet, entsteht aufgrund der
saisonalen Temperaturschwankungen eine „Pumpbewe-
­
gung“, wie Bild 1 schematisch zeigt. Diese zyklische Be-
wegung führt zu einem erhöhten Erddruck, wenn sich
das Tragwerk ausdehnt, und zu einer Reduzierung des
Erddrucks gegenüber dem Erdruhedruck im umgekehr- Bild 1 Bauwerksverschiebung infolge zyklischer Bewegung
ten Fall. Da bei kurzen Integralbrücken die Erdruckerhö- Deformation due to cyclic movement

96 © Ernst & Sohn Verlag für Architektur und technische Wissenschaften GmbH & Co. KG, Berlin. Beton- und Stahlbetonbau 112 (2017), Heft 2
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Tab. 2 Empfehlungen zur Erddruckbelastung mithilfe des Bettungsmodulverfahrens mit den Gln. (1)
Recommendations for earth pressure
bis (3) ermittelt. Die Steifigkeit der Vertikalfeder cv wird
Land; Quelle Untere Grenze bei einer unter der Annahme einer Setzung infolge einer angenom-
Tragwerksverkürzung menen Sohlpressung ermittelt, diese entsprechen ge-
wöhnlichen Randbedingungen für flachfundierte Brü-
CH [5], AUT [12] Ea
cken. Die Steifigkeit der Horizontalfeder ch wird entspre-
GER [6] Ea/2
chend der gängigen Praxisannahme unabhängig von den
GB [7] Kein Ansatz
Bodeneigenschaften mit 50 % der Vertikalfeder festgelegt.
Land; Quelle Obere Grenze bei einer Die Drehfeder cj errechnet sich über das Flächenträg-
Tragwerksverlängerung heitsmoment der Gründung. Eine mögliche Klaffung der
CH [5] E0 bis L < 30 m Gründungsfläche wird nicht berücksichtigt, da dies für
GER [6] E0 bis L < 20 m die untersuchten Fälle nicht relevant ist.
GB [7] Keine Vereinfachung zulässig
Mindestens E0 bis L < 25 m bf ⋅ σ zul
AUT [12] cv = = 90000 kN pro Laufmeter (1)
 szul m

ch = 0,5 ⋅ cv = 45000 kN pro Laufmeter


(2)
m
hung infolge geringer Widerlagerverformung nur mäßig
zu erwarten ist, wird dieser Sachverhalt in den Normen σ zul bf3
cϕ = ⋅ = 67500 kNm pro Laufmeter (3)
mithilfe einer Ersatzlast berücksichtigt. Die Tab. 2 zeigt,  szul 12 rad
dass auch die Ansätze der Ersatzlasten sowohl bei der
unteren als auch bei der oberen Erddruckgrenze stark bf Gründungsbreite; hier bf = 3 m
variieren. σzul zul. Bodenspannung; hier σzul = 300 kN/m2
szul angenommene Setzung; hier szul = 0.01 m
Um den Rechenaufwand und die Unsicherheiten bei der
Planung von kleinen Integralbauwerken zu reduzieren, Die Ermittlung der Schnittgrößen und Verformungen des
werden in diesem Beitrag die wesentlichen Ergebnisse ei- Tragwerks erfolgte mittels einer eigens entwickelten Rou-
ner detaillierten Untersuchung zu den Beanspruchungen tine auf Basis der allgemeinen Deformationsmethode.
aus Temperatur und Erddruck für integrale Tragwerke bis Dabei gilt:
30 m Länge [4] dargestellt und diskutiert.
Kopfverschiebung: δ wall = δ deck (4)

2 Verwendetes Rechenmodell Kopfverdrehung: ϑ wall = ϑ deck (5)

Für die Analyse der Zwang- und Erddruckbeanspruchun- Als Einwirkungen werden eine Temperaturgradiente
gen wurde ein einfeldriges Rahmentragwerk mit einer ΔTM,deck = 10 °C und eine gleichmäßige Gesamttempera-
Flachgründung zugrunde gelegt (Bild 2). Es handelt sich turänderung von ΔTN,deck = 60 °C angesetzt, wobei dieser
um ein Stabtragwerk mit einer Breite von B = 1.0 m. Die Wert entsprechend [5, 7, 13] die Summe der gesamten
Federsteifigkeiten zur Simulation des Baugrunds wurden Temperaturänderung bei Tragwerksausdehnung und -ver-
kürzung darstellt. Der durch die Widerlagerverschiebung
mobilisierte Erddruck wird nach den Gln. (6) und (7) er-
mittelt, wobei eine iterativ gedämpfte Berechnung nach
[14] vorgenommen werden muss, um die teilweise Rück-
verformung der Widerlagerwand in die Ausgangsstellung
durch den Erddruck erfassen zu können. Die Hinterfüll-
eigenschaften werden mit j′ = 35 °, δa = 0 und δp = 2/3 ∙ j
[6] angenommen.

ν(z)
ep,mob = e0 + (ep − e0 ) ⋅
(6) z
ν
a+ )( z
z

ν(z)
ea,mob = e0 − (e0 − ea ) ⋅ z
(7) a/10 + ν(z)
z

z Widerlagerkoordinate
Bild 2 Statisches System zur Ermittlung der Schnittgrößen und Verformungen n(z) Verschiebung bei z zufolge ΔTN,deck = 60 °C
Calculation model for internal forces and deformations a Lagerungsdichte; hier a = 0.02 nach [6]

Beton- und Stahlbetonbau 112 (2017), Heft 2 97


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3 Quantifizierung der Zwangbeanspruchung änderung auf die Zwangbeanspruchung im Überbau. Wie


erwartet führt eine höhere Bodensteifigkeit auch zu einer
Im Folgenden wird der Einfluss verschiedener Parameter höheren Zwangbeanspruchung im Tragwerk. Dies be-
auf die Zwangbeanspruchung für ΔTM,deck = 10 °C darge- gründet sich u. a. durch die Kopplung der Horizontal­
stellt. Neben der Bodensteifigkeit werden die Dreh- und federsteifigkeit an die Vertikalfedersteifigkeit nach Gl. (2).
Horizontalfeder sowie die Brückengeometrie variiert. Die Die Annahme eines fest eingespannten Tragwerks
Ergebnisse sollen unter anderem Aufschluss darüber ge- (szul = 0 cm) führt zu einer deutlichen Überschätzung der
ben, wie stark sich eine mögliche Fehlschätzung der Zwangbeanspruchung, wobei das Ausmaß mit der Bau-
­Bodensteifigkeit auf die resultierenden Spannungen aus- werkslänge zunimmt. Die vorhandene Gründungsnach-
wirkt. Die Auswertung basiert auf bezogenen Beanspru- giebigkeit sollte bei der Ermittlung der Schnittgrößen un-
chungen für den Überbau, die das Verhältnis zwischen bedingt berücksichtigt werden. Dies gilt auch für Bau­
ermittelten Zugspannungen unter der Annahme eines werke, die auf steifem Untergrund (z. B. Fels) errichtet
ungerissenen Querschnitts und der mittleren Betonzug- werden.
festigkeit von fctm = 2.9 N/mm2 darstellen (vgl. Bild 2).
Dies hat den Vorteil, dass die Tragwerke trotz unter-
schiedlicher Materialfestigkeiten und Abmessungen ver- 3.1.2 Variation der Drehfedersteifigkeit
gleichbar bleiben. Der Unterbau wird nicht näher be-
trachtet, da hier die Zwangbeanspruchung geringer ist Zur Reduzierung von Zwangbeanspruchungen wird häu-
und die vorhandene Normalkraft sich positiv auf die er- fig die Ausbildung einer weichen Gründung empfohlen.
forderliche Bewehrung auswirkt. Durch die Variation der Drehfedersteifigkeit nach Gl. (3)
soll diese Empfehlung überprüft werden. Als Ausgangs-
wert (f = 1) dient der in Gl. (3) angegebene Wert cj = f ∙
3.1 Einfluss des Baugrunds 67 500 kNm/rad. Die Ergebnisse in Bild 4 zeigen, dass die
Drehfeder kaum Einfluss auf die Zwangbeanspruchung
Um Schwankungen der Bodenparameter berücksichtigen im Überbau hat. Maßnahmen zur Vergrößerung der
zu können, werden für die Bemessung in der Regel Nachgiebigkeit der Gründung sind somit bei kurzen inte-
Grenzwertbetrachtungen empfohlen, bspw. in [1] und gralen Brücken nicht notwendig. Die Auswirkung der
[15]. Derartige Untersuchungen im Rahmen der Trag- Drehfeder auf den Widerlagerfuß sollte jedoch im Rah-
werksplanung sind jedoch zeitaufwendig, verursachen men der statischen Untersuchung berücksichtigt werden.
Unsicherheiten und erschweren die Planungsarbeit. Es
soll deshalb überprüft werden, ob eine Grenzwertbetrach-
tung der Baugrundsteifigkeit auch bei kurzen integralen 3.1.3 Variation der Horizontalfedersteifigkeit
Tragwerken erforderlich ist.
Die Höhe der Horizontalfedersteifigkeit wird maßgeblich
durch die Aktivierung der Reibung in der Sohlfuge und
3.1.1 Variation der Bodensteifigkeit der Scherverformung des Bodens bestimmt [16].

Die Variation der Bodensteifigkeit wird über die zulässige Der Einfluss der angenommenen Horizontalfedersteifig-
Setzung szul bei konstanter Bodenpressung realisiert. Die- keit ch auf die Zwangbeanspruchung des Überbaus ist in
se wird im Bodengutachten meist als oberer und unterer Bild 5 dargestellt. Als Ausgangswert (f = 1) dient der Wert
Grenzwert angegeben. Generell gilt, dass mit zunehmen- ch = f ∙ 90 000 kN/m. Wie erwartet, führt eine Erhöhung
der Setzung die Bodensteifigkeit geringer wird, vgl. der Horizontalfedersteifigkeit zu einer Zunahme der Be-
Gln. (1) bis (3). Bild 3 zeigt den Einfluss der Setzungs­ anspruchung im Überbau. Dies begründet sich durch die

Bild 3 Einfluss der Setzungsänderung auf die Zwangbeanspruchung im Über- Bild 4 Einfluss der Drehfeder auf die Zwangbeanspruchung im Überbau
bau Change of restraint stresses due to the variation of rotational
Change of restraint stresses due to the variation of settlement spring

98 Beton- und Stahlbetonbau 112 (2017), Heft 2


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bigkeit entsprechend gering zu halten ist. Im Zuge dessen
muss beachtet werden, dass der Einfluss des Erddrucks in
diesem Zusammenhang ebenfalls zu berücksichtigen ist
(vgl. Abschn. 4.1 und 4.3).

4 Quantifizierung der Erddruckbeanspruchung

Die Größe und Form der Widerlagerverschiebung be-


stimmt zusammen mit den Eigenschaften der Hinterfül-
lung die Höhe des mobilisierten Erddrucks. Die Form der
Widerlagerverschiebung wird vor allem durch die Steifig-
keit des Unterbaus und des Baugrunds beeinflusst, wäh-
Bild 5 Einfluss der Horizontalfeder auf die Zwangbeanspruchung im Überbau rend die absolute Verschiebung des Widerlagers haupt-
Change of restraint stresses due to the variation of horizontal spring sächlich von der Länge zwischen dem Bauwerksruhe-
punkt und dem Widerlager bestimmt wird. Im Folgenden
soll der Einfluss dieser Parameter auf die Widerlagerver-
schiebung und auf die Erddruckbeanspruchung verdeut-
licht werden.

4.1 Widerlagerverschiebung

Die Unterbau- und Gründungssteifigkeit reicht bei ge-


wöhnlichen Brückengeometrien nicht aus, um die Verfor-
mungen des Überbaus zu behindern. Näherungsweise
kann die Kopfverschiebung daher mit der freien Verfor-
mung einer konventionellen Lagerung gleichgesetzt wer-
den. Die Fußverformung kann hingegen nicht pauschal
abgeschätzt werden, da sie stark von der Horizontalstei-
Bild 6 Einfluss der Unterbausteifigkeit auf die Zwangbeanspruchung im figkeit des Baugrunds abhängig ist, wie in Bild 7 gezeigt.
Überbau
Change of restraint stresses due to the variation of substructure stiff-
Vor allem bei geringen Horizontalfedersteifigkeiten wird
ness deutlich, dass zwar die Beanspruchung infolge der Tem-
peraturänderung ΔTN abnimmt, jedoch jene infolge des
mobilisierten Erddrucks emob steigt. Grund hierfür sind
Erhöhung des Behinderungsgrades und damit einherge- die Zunahme der Translationsbewegung und die Entlas-
hend mit einer Vergrößerung der elastischen Verdrehung tung des Widerlagerfußes infolge der geringen Steifigkeit.
in der Rahmenecke. Zwar sollte die horizontale Nachgie-
bigkeit für die Berechnung der Zwangbeanspruchung Die Abnahme der Beanspruchung infolge Temperatur
stets auf der sicheren Seite berücksichtigt werden, jedoch durch die günstigere Verschiebungsfigur bei geringer
zeigen die Ergebnisse nur eine mäßige Zunahme der Be-
anspruchung für Vorfaktoren f größer als die praxis­
übliche Annahme von f = 0,5. Mit Blick darauf, dass die
Zwangschnittgrößen nur einen Bestandteil der Bemes-
sungsschnittgrößen darstellen, kann geschlussfolgert wer-
den, dass der Faktor f  =  0,5 ausreichend ist (vgl. Ab-
schn. 4.2).

3.2 Einfluss der Unterbausteifigkeit

Die Steifigkeit des Unterbaus hat einen maßgebenden


Einfluss auf die Höhe der Zwangbeanspruchung, wie
Bild 6 zu entnehmen ist. Ein maßgebender Faktor ist hier-
bei die Unterbauhöhe: Je höher die Widerlagerwand,
umso weicher ist das System bei gleichbleibender Quer- Bild 7 Einfluss der Horizontalfeder auf die Zwang- und Erddruckbeanspru-
schnittsabmessung und Bodensteifigkeit. Basierend auf chung im Überbau für die Bodenkennwerten j′ = 35°, da = 0 und
dp = 2/3 ∙ j′ [6]
den Ergebnissen aus Bild 6 wird empfohlen, dass der Un- Influence on restraint and earth pressure stresses due to the variation
terbau bei Integralbrücken möglichst weich zu gestalten of the horizontal spring for the soil parameters j′ = 35°, da = 0 and
und bei geringer Unterbauhöhe die horizontale Nachgie- dp = 2/3 ∙ j′ [6]

Beton- und Stahlbetonbau 112 (2017), Heft 2 99


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­ orizontalfedersteifigkeit ist geringer, sodass insgesamt


H
von einer Erhöhung der Beanspruchung auszugehen ist.
Man liegt auf der sicheren Seite, wenn die Horizontal­
feder weicher abgebildet wird. Die Annahme, dass eine
weiche Gründung zu einer Reduktion der Beanspru-
chung im Überbau (Temperatur und Erddruck) führt,
kann nicht bestätigt werden. Eine genaue Betrachtung
des Zusammenspiels von Temperatur- und Erddruck­
beanspruchungen ist bei der Bemessung von integralen
Brücken somit unumgänglich. Maßnahmen im Bereich
der Hinterfüllung sind für kleine Tragwerke nicht erfor-
derlich. Der Ansatz einer reinen Rotation um den Fuß-
punkt, wie er z. B. in [5] zu finden ist, kann zu einer
­Unterschätzung des mobilisierten Erddrucks führen. Die Bild 9 Faktor f zum Erreichen der gleichen Momente im Überbau
Verschiebungsfigur muss daher unter Berücksichtigung Factor f to achieve the same bending moments
der vorhandenen Bauwerks- und Gründungsteifigkeiten
ermittelt werden.
bau infolge des mobilisierten Erddrucks (vgl. Abschn. 2)
mit jenen des Erdruhedrucks für die Standardhinterfül-
4.2 Untere Grenze lung nach [6] verglichen, der Einfluss der Normalkraft
wird vernachlässigt. Der notwendige Anpassungsfaktor
Die Beziehung zwischen der Bewegung des Widerlager- zum Erreichen derselben Biegemomente für den Erd­
kopfs und dem Eintreten des aktiven Erddrucks ist in ruhedruck ist in Bild 9 dargestellt. Durch die Zunahme
Bild 8 dargestellt. Als erforderliche Verschiebungsgröße des translatorischen Verschiebungsanteils bei niedrigen
zum Erreichen des aktiven Erddrucks wird der Richt- Widerlagerhöhen nimmt der mobilisierte Erddruck zu,
wert für eine dichte Lagerung der Hinterfüllung mit dies bedeutet eine Erhöhung des Anpassungsfaktors. Es
ΔL/H = 0.05 % nach [17] angesetzt. Wird diese Bewegung zeigt sich, dass die in Tab. 2 angegebenen Ersatzlasten
überschritten, stellt sich der aktive Erddruck im Bereich für Bauwerke mit geringer Widerlagerwandhöhe auf der
des Widerlagers ein. Die Verformung ΔL des Widerlager- ­unsicheren Seite liegen können. Bei einer Vereinfachung
kopfes wird als freie Verformung ermittelt. Bild 8 zeigt, des Erddruckansatzes muss sowohl die Bauwerkslänge
dass bei Bauwerken mit L < 15 m ein erhöhter aktiver als auch die Widerlagerwandhöhe berücksichtigt wer-
Erddruck zu erwarten ist. Mit abnehmender Bauwerks- den.
länge nimmt aber auch die Bedeutung der resultierenden
Zwangschnittgrößen in der Bemessung ab. Für die Praxis
ist es daher ausreichend, den aktiven Erddruck als untere 5 Zwangkraftabbau
Grenze anzusetzen. 5.1 Steifigkeitsabbau

Da sich die Zwangschnittgrößen direkt proportional zur


4.3 Obere Grenze Steifigkeit des Systems entwickeln, hängt die Größe des
Zwangkraftabbaus von dem durch Rissbildung bzw. Plas-
Für die Bestimmung der Ersatzlast bei einer Tragwerks- tifizierung der Bewehrung hervorgerufenen Steifigkeits-
ausdehnung werden die errechneten Momente im Über- abfall im System ab. In der Regel ist die Zwangnormal-
kraft sehr klein, deshalb wird bei der folgenden Betrach-
tung nur die Biegesteifigkeit zugrunde gelegt. Die Steifig-
keitsänderung in Abhängigkeit von der Beanspruchung
kann anhand der Momenten-Krümmungs-Beziehung auf
Querschnittsebene ermittelt werden. Um die Zwangbean-
spruchung im ULS und SLS zu reduzieren, muss der
Querschnitt so ausgebildet werden, dass die Steifigkeit im
Zustand II deutlich geringer ist als jene im Zustand I.
Außerdem muss der Querschnitt im Bruchzustand ein
möglichst großes Fließplateau aufweisen. Zur Beurteilung
der Querschnittsduktilität kann auf der sicheren Seite
liegend das Verhältnis der Sekantensteifigkeiten nach
Gl.  (8) und das Verhältnis zwischen den Krümmungen
bei Fließbeginn der Bewehrung und im Bruchzustand
nach Gl. (9) herangezogen werden.
Bild 8 Verschiebungsgrößen in % der Wandhöhe bei einer Tragwerks­
verkürzung
EIyII My ⋅ κ cr EIuIII Mu ⋅ κ cr
= bzw. = (8)
Deformation of the abutment wall due to contraction of the structure  EI I Mcr ⋅ κ y EI I Mcr ⋅ κ u

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κu Bewehrungsgrad auf 0.3 % ≤ ρs ≤ 0.8 % zu begrenzen. Für
(9)
 κy diesen Bereich kann die zulässige plastische Rotation auf
Tragwerksebene gemäß [18] ermittelt werden. Die relative
Bild 10 zeigt, dass mit zunehmendem Bewehrungsgrad Druckzonenhöhe xu/d wird mit den Bemessungswerten
Stahlversagen vorliegt, solange die aufnehmbaren plasti- der Materialeigenschaften der Bewehrung ohne Verfes­
schen Krümmungen κu/κy zunehmen. Dies ist auf die tigung ermittelt. Weiterhin wird unterstellt, dass eine
Mitwirkung des Betons zwischen den Rissen (Tension- Schubschlankheit von λ = 3 vorliegt. Bei einem Verhält-
Stiffening) zurückzuführen. Nach dem Wechsel von nis L/h = 20 weicht die tatsächliche Schubschlankheit
Stahl- zu Betonversagen nehmen diese wieder ab, da sich nicht wesentlich von dieser Annahme ab. Für den ge-
mit zunehmender Druckzonenhöhe die erreichbaren wählten Bewehrungsbereich ist die relative Druckzonen-
Stahldehnungen verringern. Für geringe Bewehrungsgra- höhe kleiner als 0.3 – und damit ist ein großes Verfor-
de nimmt die Steifigkeit des Querschnitts durch Rissbil- mungsvermögen in allen Querschnitten vorhanden, vgl.
dung sehr deutlich ab. Die Steifigkeit im Bruchzustand Bild 11.
verringert sich bei gering bewehrten Querschnitten auf
unter 10 % der Ausgangssteifigkeit im Zustand I. Mit stei-
gendem Bewehrungsgrad ist ein Rückgang des Steifig- 5.2 Abschätzung des Zwangkraftabbaus im ULS
keitsabbaus zu beobachten. Grund dafür ist die Verringe-
rung des Fließplateaus bei Betonversagen (vgl. κu/κy). Die von der Temperatureinwirkung verursachte Verfor-
mung ohne Zwangkraft setzt sich aus drei Anteilen zu-
Für eine ausreichende Duktilität und somit einen nen- sammen, wobei allen Temperaturanteilen ein Teilsicher-
nenswerten Zwangkraftabbau wird vorgeschlagen, den heitsfaktor von 1.5 zugrunde gelegt wird. Mit den
Gln.  (10) bis (12) werden die einzelnen Verformungs­
anteile ermittelt und gemäß Abschn. 6.3 überlagert. Dies
ist in Bild 12 dargestellt. Die erforderliche plastische
­Verdrehung θd,erf zum vollständigen Abbau der Zwang-
kraft liegt für die üblichen Brückengeometrien zwischen
1.5 mrad < θd,erf < 2.5 mrad.

Anteil infolge von konstanter Temperaturänderung:


α ⋅ ∆TN ⋅ L
θ d, ∆TN = 1.5 ⋅ T (10)
 2⋅H

Anteil infolge von Temperaturgradienten im Überbau:


α ⋅ ∆TM,i ⋅ L
θ d, ∆TM = 1.5 ⋅ T i = heat bzw. cool (11)
 2⋅h

Bild 10 Steifigkeitsverhältnisse für Querschnitte mit b = h = 1.0 m auf Basis der Anteil infolge von Temperaturgradienten in der Wider­
mittleren Beton- und mittlerer modifizierter Stahlarbeitslinie lagerwand:
Ratio of stiffness for cross-sections with b = h = 1.0 m based on a non- α ⋅ ∆TM,wall ⋅ H
linear σ-ε-curve for the concrete and a modified σ-ε-curve for the re- θ d, ∆TM = 1.5 ⋅ T (12)
 2⋅t
inforcement

Bild 11 Zulässige plastische Rotation nach [18] für die gewählten Beweh-
rungsgrade (BSt550B mit εud = 0.9 ∙ 50 ‰) Bild 12 Erforderliche plastische Rotation zum vollständigen Abbau der Zwang-
Allowed plastic rotation according to [18] for selected degree of rein- kraft
forcement (BSt550B with εud = 0.9 ∙ 50 ‰) Required plastic rotation to avoid restraint forces

Beton- und Stahlbetonbau 112 (2017), Heft 2 101


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werden. Eine Berechnung mit dem Mittelwert ist ausrei-


chend.

6.2 Steifigkeitsabminderung infolge Rissbildung

Sofern kein genauerer Nachweis erfolgt, dürfen für die


Nachweise im SLS die mit linearem Verfahren ermittel-
ten Zwangschnittgrößen um 60 % reduziert werden, da
die Abnahme der Biegesteifigkeit der Querschnitte nach
der Rissbildung im Allgemeinen noch stärker zu erwarten
Bild 13 Zur Ermittlung der plastischen Restrotationen zum Abbau der Zwang- ist.
kraft
Determination of remaining plastic rotation for reduction of restraint
Weiterhin kann bei integralen Tragwerken bis L = 30 m
forces
auf die Zwangbeanspruchungen bei den Nachweisen im
ULS vollständig verzichtet werden, wenn in allen Quer-
Ob die erforderliche plastische Rotation unter Berück- schnitten ein duktiles Versagen mit Begrenzung des Be-
sichtigung der Lastbeanspruchung im betrachteten Sys- wehrungsgrades auf 0.3 % ≤ ρs ≤ 0.8 % für einen Stahl der
tem vorhanden ist, muss überprüft werden. Hierzu kann Güte B sichergestellt ist. Die Bewehrungsermittlung sollte
die zur Aufnahme der Lastbeanspruchung nicht ausge- mit der Stahlarbeitslinie mit horizontalem Ast ohne Deh-
nutzte plastische Restrotation herangezogen werden. Zur nungsbegrenzung erfolgen. Die auftretende Verformung
Bestimmung der plastischen Restrotation wird unterstellt, kann durch die Bildung einer Gelenkkette aufgenommen
dass die Querschnittsbemessung im Allgemeinen ohne werden. Für die Schnittgrößen infolge der Lasteinwirkun-
Verfestigung der Bewehrung erfolgt. Da im Brückenbau gen sollte jedoch keine Umlagerung vorgenommen wer-
nach [12] nur hochduktile Bewehrung verwendet werden den. Demgegenüber erfordern Tragwerke mit Querschnit-
darf und somit der Querschnittswiderstand durch die ten höherer Bewehrungsgrade eine Berücksichtigung der
Verfestigung der Bewehrung höher ist (Bild 13), kann die Zwangbeanspruchung auch im ULS. Eine allgemeine
plastische Restrotation vereinfachend mit Gl. (13) ermit- Empfehlung hierfür erfordert eine umfangreiche Unter­
telt werden. Diese Vorgehensweise liegt auf der sicheren suchung. Dies verdeutlicht die Notwendigkeit einer sinn-
Seite, da die vorhandene Bewehrungsmenge in der Regel vollen konstruktiven Ausbildung.
größer als die erforderliche ist.

θ pl,d,EC2( ρ ) 6.3 Temperaturbelastung


θ pl,Rest = ⋅ κ pl,Rest( ρ ) (13)
 κ pl,d,EC2( ρ )
Die in [8] und [11] angegebenen Temperaturbelastungen
Die Auswertung der plastischen Restrotation für die ge- und Kombinationen führen in der Bemessung von Inte­
wählten Bewehrungsgrade ist in Bild 11 dargestellt und gralbrücken zu unrealistisch hohen Zwangschnittgrößen.
liegt zwischen 2.5 mrad und 5.4 mrad. Die Ergebnisse Auf eine sinnvolle Kombination der einzelnen Tempera-
zeigen, dass die plastische Restrotation größer als die turanteile ist daher besonders zu achten. Die für integrale
erforderliche Rotation zum vollständigen Abbau der
­ Brücken möglichen Lastkombinationen sind in Bild 14
Zwangkraft ist. Eine Berücksichtigung der Beanspru- dargestellt. Eine Unterscheidung in Tragwerksausdeh-
chung infolge von Temperatur im ULS ist für Bauwerke nung und -verkürzung ist aufgrund der späteren Überlage-
bis L = 30 m nicht erforderlich. rung mit der Erddruckbelastung sinnvoll.

Der zentrische Temperaturanteil ΔTN im Nutzungszeit-


6 Empfehlung für die Bemessung raum hängt sowohl von der Querschnittsform als auch
6.1 Steifigkeit des Baugrunds von der Querschnittsdicke ab. Um die thermische Träg-
heit bei der Berechnung der Temperaturänderung zu be-
Bei der Modellierung sollte für eine wirtschaftliche Be- rücksichtigen, kann für Plattenquerschnitte Gl. (14) aus
messung die Nachgiebigkeit der Gründung berücksichtigt [19] verwendet werden. Die Ermittlung des linear verän-
werden, da die Annahme eines fest eingespannten Trag- derlichen Temperaturanteils ΔTM,heat bzw. ΔTM,cool für
werks zu einer deutlichen Überschätzung der Zwang­ Betonbrücken soll in Abhängigkeit von der Belagsdicke
beanspruchung führt. Die Steifigkeit der horizontalen und der Querschnittsform erfolgen. Der horizontal verän-
Bettung kann für die Berechnung der Zwangbeanspru- derliche Anteil für den Überbau nach [8] und [11] kann
chung auf der sicheren Seite liegend mit 50 % der Steifig- für Betonbrücken vernachlässigt werden. Als Unterschied
keit der vertikalen Bettung abgeschätzt werden. Es be- für den konstanten Temperaturanteil zwischen Überbau
steht kein linearer Zusammenhang zwischen Bodenstei- und Widerlager wird der Wert ΔTN,wall = ΔTN,deck ± 10 °C
figkeiten und Zwangbeanspruchungen im Bauwerk. Auf aus [20] übernommen, der für die Bemessung in Brücken-
eine Grenzwertbetrachtung der Bodenparameter kann querrichtung maßgebend ist. Weiters kann die direkte
deshalb bei integralen Tragwerken bis L = 30 m verzichtet Erdberührung des Widerlagers mit einem linear veränder-

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R. della Pietra, N. V. Tue: Quantification of restraint stresses in integral bridges due to temperature and earth pressure with spans up to 30 m

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lichen Temperaturanteil nach [20] mit ΔTM,wall = 10 bzw.
−15 °C berücksichtigt werden.

∆TN,con = T0 − Tmin − 2,5 − 0,05 ⋅ hPl


∆TN,exp = Tmax − T0 − 3,7 − 0,025 ⋅ hPl
(14)

für 50 cm ≤ hPl ≤ 150 cm mit hPl in cm

6.4 Erddruckbelastung

Im Fall einer Tragwerksverkürzung zeigt sich, dass der


Ansatz des aktiven Erddruckes auf der sicheren Seite
liegt. Eine Vernachlässigung des Erddruckes ist bei stand-
festen Hinterfüllungen erlaubt. Eine Vereinfachung für
die Tragwerksausdehnung stellt die Gl. (15) für die Stan-
dardhinterfüllung nach [6] dar. Hierbei wird die Erd-
druckfigur als Dreieckslast angenommen. Im Allgemei-
nen wird empfohlen, den Erddruck anhand der Wider­
lagerverschiebung am Modell zu ermitteln, da der Ein-
fluss der Bauwerksgeometrie und Gründungssteifigkeit
erfasst werden kann. Vogt [14] oder die umgelagerte Erd-
druckfigur nach Franke [17] kann verwendet werden [19].
Um die Nachverdichtung zu berücksichtigen, muss die
Widerlagerverschiebung mit der Gesamtverschiebung aus
negativer und positiver Längenänderung ermittelt wer-
den. Gl. (15) berücksichtigt diesen Effekt bereits.

  6 H 
emob = e0 ⋅ 1 + L ⋅  −   (15)
   100 200 

mit L und H in m

6.5 Überlagerung von Temperatur und Erddruck

Die Lastkombination bei der Planung von Integralbrü-


cken ist unter Berücksichtigung des kausalen Zusammen-
hangs zwischen Erddruck und Temperatur zu wählen.
Der mobilisierte Erddruck ist als Folge der Temperatur-
einwirkung zu verstehen. Für die beiden Einwirkungen
sind daher gleiche Teilsicherheits- und Kombinationsbei-
werte zu verwenden (vgl. Tab. 3). Die von der Tempera-
tureinwirkung abhängige Erddruckkomponente (Diffe-
renz zu Erdruhedruck) wird bei einer Tragwerksverkür-
zung abgezogen bzw. bei Tragwerksverlängerung addiert.

Tab. 3 Überlagerung von Temperatur und Erddruck in der Bemessung


Superposition of temperature and earth pressure in design

Überlagerung Teilsicherheits- und


Kombinationsbeiwerte

„Erdruhedruck“ E0 γ = 1.35 | 1.0


Ψ0 = 1.0 | Ψ1 = 1.0 | Ψ2 = 1.0

Lastfall Tragwerksverkürzung γ = 1.5 | 0


(Ea − E0) + Last aus Bild 14a) Ψ0 = 0.6 | Ψ1 = 0.6 | Ψ2 = 0.5
Bild 14 a) möglicher Lastfall bei einer Tragwerksverkürzung und b) mögliche
Lastfälle bei einer Tragwerksausdehnung nach [4] Lastfall Tragwerksaudehnung γ = 1,5 | 0
a) Possible loadcase for contraction of the structure and b) different (Ep,mob − E0) + Last aus Bild 14b) Ψ0 = 0.6 | Ψ1 = 0.6 | Ψ2 = 0.5
possible loadcases for expansion of the structure according to [4]

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R. della Pietra, N. V. Tue: Quantifizierung der Beanspruchung infolge der Temperatur und des Erddrucks bei Integralbrücken bis 30 m Länge

Die untere Erddruckgrenze nach Abschn. 6.4 ist mit dem gen bei ausreichender Duktilität vernachlässigt werden.
in Bild 14a) und die obere Erddruckgrenze mit den in Der Einfluss der Bodensteifigkeit auf die Zwangschnitt-
Bild 14b) angegebenen Lastfällen zu kombinieren. Die größen im Überbau ist unterproportional, sodass es bei
Lastfälle in Tab. 3 schließen sich gegenseitig aus (exklu- den statischen Untersuchungen ausreichend ist, die Mit-
siv), wobei der Erdruhedruck als permanenter Lastfall in telwerte gemäß den Angaben des Bodengutachtens zu-
der Bemessung zu verstehen ist. Diese Vorgehensweise grunde zu legen. Weiterhin ist es besonders wichtig, die
wird auch in [22] empfohlen. Auswirkung der Baugrundsteifigkeit auf die Schnitt­
größen infolge der Temperatur und des Erddrucks ge­
meinsam zu bewerten, da sie sich gegensätzlich verhal-
7 Zusammenfassung ten. In diesem Zusammenhang ist die Berücksichtigung
der Nachgiebigkeit des Baugrunds von großer Bedeutung.
Der vorliegende Beitrag befasst sich mit den Temperatur- Vermeintlich sichere Annahmen wie eine Festeinspan-
einwirkungen, dem Einfluss der Gründungsteifigkeit auf nung oder eine horizontale Festhaltung (bspw. in [3, 21,
die Höhe der Zwangbeanspruchung sowie den aus der 24]) führen zu unrealistischen Zwangschnittgrößen und
Verschiebung entstehenden Erddruck bei Integralbrü- sollten bei der statischen Berechnung vermieden werden.
cken bis zu 30 m Länge. Es wurde ein Vorschlag für eine Weiterhin bauen sich die Zwangschnittgrößen infolge
Ersatzlast zur Berücksichtigung des mobilisierten Erd­ Temperatur durch Rissbildung bzw. plastische Verfor-
drucks im Fall einer Tragwerksverkürzung bzw. -ausdeh- mung deutlich ab. Mit den vorliegenden Untersuchungen
nung erarbeitet. Weiterhin wurden mögliche Temperatur- konnte gezeigt werden, dass für die Berechnung von
lastfälle und eine sinnvolle Vorgehensweise für die Über- ­kurzen Integralbrücken mit gewöhnlichen Bewehrungs­
lagerung von Temperatur und Erddruck in der Bemes- graden für den SLS 40 % der Zwangschnittgrößen eines
sung vorgeschlagen. ­ungerissenen Zustands zu berücksichtigen sind und im
ULS diese vollständig vernachlässigt werden können.
Bezüglich des Einflusses der Temperatur und des Erd-
drucks kann insgesamt festgestellt werden, dass die Biege- Die hier gewonnenen Erkenntnisse werden im Entwurf
beanspruchung infolge Temperatur im SLS berücksichtigt der österreichischen Richtlinie für integrale Bauwerke
werden sollte. Im ULS können die Zwangbeanspruchun- [23] berücksichtigt.

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tue@tugraz.at

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