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Markus Werner Sigrist

Laser: Theorie,
Typen und
Anwendungen
8. Auflage
Laser: Theorie, Typen und Anwendungen
Markus Werner Sigrist

Laser: Theorie, Typen und


Anwendungen
8. Auflage
Markus Werner Sigrist
Department of Physics
ETH Zürich
Zürich, Schweiz

ISBN 978-3-662-57514-7 ISBN 978-3-662-57515-4 (eBook)


https://doi.org/10.1007/978-3-662-57515-4

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Vorwort

Seit vielen Jahren halten wir an der ETH Zürich einführende und fortgeschrittene
Laser-Vorlesungen für Studierende der Physik ab 5. Semester und für Dok-
torierende. Eine derartige Vorlesung ist an der ETH Zürich für Physikerinnen
seit 1990 obligatorisch. Da zudem Laser und ihre Anwendungen in der Technik
immer bedeutsamer werden, gibt es seit einiger Zeit auch Laser-Vorlesungen für
Studierende der Ingenieurwissenschaften. Unter diesem Gesichtspunkt kamen wir
zum Schluss, unseren immer zahlreicheren Studierenden anstelle unserer eigenen
vervielfältigten Vorlesungsnotizen ein Laser-Buch zu empfehlen. Wir fanden
jedoch, dass die vorliegenden, meist älteren deutschsprachigen Laser-Lehrbücher
unseren Wünschen nicht voll entsprachen. Nachdem von verschiedener Seite Inte-
resse bekundet wurde, unsere Vorlesungsnotizen nach Überarbeitung als Buch zu
veröffentlichen, haben wir uns nach verständlichem Zögern darauf eingelassen.
Maßgebend dafür war auch die Bereitschaft von Dr. Robert Kesselring, dipl. Phys.
ETH, mitzuwirken und uns mit Rat, Tat und Kritik beizustehen. Auch Letzteres war
uns wichtig, da er die Vor- und Nachteile unseres Unterrichts als Assistent und
ehemaliger Hörer kannte. Ihm sind wir zu großem Dank verpflichtet, ebenso unseren
vielen Fachkollegen und -kolleginnen in Ost und West, welche uns seit über drei
Jahrzehnten bei jedem Treffen neue Erkenntnisse über Laser mitteilen. Wir hoffen,
dass sie, vor allem aber auch die Studierenden, dieses Buch willkommen heißen.
Das vorliegende Werk ist gedacht als Lehr- und Sachbuch für Physiker, Inge-
nieure und Naturwissenschaftler an Hochschulen und in der Industrie. Um diesem
Zweck zu dienen, berücksichtigt es im ersten Teil grundlegende, eher theoretische,
im zweiten mehr experimentelle Aspekte. In dieser Hinsicht haben wir beim Schrei-
ben die Themen gemäß unseren Veranlagungen und Erfahrungen aufgeteilt. Um die
Einheit des Buches trotz dieser Aufteilung zu wahren, haben wir es fast jeden Tag
diskutiert.
Die Entwicklung von Theorie und Experiment ist im Bereich der Laser weit
fortgeschritten. Kennzeichnend dafür ist, dass Laser-Theoretiker und -Praktiker den
Kontakt verlieren. Wir haben uns daher beflissen, in keines der Extreme abzugleiten
und die neuesten Entwicklungen zu berücksichtigen.
Leider herrscht in der deutschsprachigen Fachwelt keine Einigkeit über die
Schreibweise vieler, ursprünglich englischer Fachausdrücke. Als Schweizer haben
wir versucht, einen neutralen Pfad zwischen Labor und Duden zu finden.

V
VI Vorwort

Vom Leser dieses Buches erwarten wir nur Kenntnisse in Elektrizität und Ma-
gnetismus, elektromagnetischen Wellen, etwas Quantenmechanik, Atombau und
Festkörperphysik. Detaillierte wellenmechanische und quantenmechanische Berech-
nungen haben wir vermieden. Auch waren wir bestrebt, alle physikalischen Größen,
Formeln und Effekte durch Daten, Beispiele, Tabellen und Figuren dem Leser
näher zu bringen. Um Verwirrung zu vermeiden, verwenden wir ausschließlich
SI-Einheiten. Zur weiteren Information des Lesers zitieren wir am Ende jedes
Kapitels historische Publikationen, umfassende Artikel und Spezialbücher, abgese-
hen vom umfangreichen Fachbuch-Verzeichnis im Anhang.
Für die 5. Auflage haben wir das Buch in wesentlichen Teilen überarbeitet und
ergänzt. Dabei wurde vor allem den Laser-Entwicklungen Rechnung getragen,
insbesondere auf dem Gebiet der Halbleiter- und Festkörperlaser.
Die ursprüngliche Reinschrift dieses Buches stammt von Frau D. Anliker, die
Illustrationen zur Hauptsache von Frau G. Kägi und Frau I. Wiederkehr. Wir sind
ihnen zu großem Dank verpflichtet für ihren Einsatz, der dieses Buch erst möglich
gemacht hat. Weitere Unterstützung verdanken wir den Herren Dr. A. Kälin,
H. J. Rohr, K. Seeliger, J.-P. Stucki und A. Wirth.

Zürich, im Juni 1998 F. K. Kneubühl


M. W. Sigrist
Vorwort zur 6. Auflage

Nach dem Tod von F. K. Kneubühl im Erscheinungsjahr 1999 der noch von ihm und
mir überarbeiteten und ergänzten 5. Auflage wurde für die 6. Auflage des Buches das
Manuskript vollständig durchgesehen. Dabei wurden alle seit Erscheinen der 5. Auf-
lage bekannt gewordenen Fehler in Text, Formeln, Tabellen und Literaturhinweisen
behoben.

Zürich, im Oktober 2005 Markus Werner Sigrist

VII
Vorwort zur 7. Auflage

Da das vielfältige Gebiet der Laser durch viele Neuentwicklungen und Anwendun-
gen erfreulicherweise weiterhin aktuell und sehr aktiv bleibt, wurde dieses Lehrbuch
für die vorliegende 7. Auflage in wesentlichen Teilen überarbeitet, ergänzt und –
hauptsächlich was die technischen Aspekte betrifft – auf den aktuellen Stand
gebracht. Außerdem wurden die zugehörigen Referenzen, wo nötig, aktualisiert
und durch neuste Zitate erweitert.
Die wichtigsten Neuerungen kurz zusammengefasst:

• In Kap. 6. (Spiegel-Resonatoren) wurde zusätzlich der heute häufig verwendete


Strahlqualitätsfaktor M2 eingeführt.
• Kap. 11. wurde durch die neusten Entwicklungen und Daten auf dem Gebiet der
ultrakurzen Laserpulse ergänzt.
• In Kap. 13. (Gaslaser) wird zusätzlich der „slab“-CO2-Laser diskutiert.
• Kap. 15. (Halbleiterlaser) erfuhr die umfangreichsten Ergänzungen mit aus-
führlichen Diskussionen der durchstimmbaren Diodenlaser mit externer Kavität
(ECDL), vertikal emittierenden Halbleiterlasern (VCSEL), blauen, ultraviolett
und infrarot emittierenden Diodenlasern, Quantenkaskadenlasern (QCL), Hoch-
leistungs-Diodenlasern, Quantenpunktlasern, Bleisalzdiodenlasern sowie Anwen-
dungen von Halbleiterlasern samt zahlreichen neuen Referenzen.
• In Kap. 16. wurden Nd:Vanadat-Laser, Yb3+:YAG-Scheibenlaser sowie Faser-
laser neu aufgenommen. Ti:Saphir-Laser und nichtlinear optische abstimmbare
Infrarot-Laserquellen (optisch parametrische Oszillatoren (OPO) und Differenz-
frequenzerzeugung (DFG)) werden ausführlicher dargestellt und die Anwendun-
gen wie auch die Referenzen ergänzt.
• Kap. 18. wurde durch eine Darstellung des aktuellen Standes der weltweit
betriebenen Free-Electron-Laser (FEL)-Anlagen mit den entsprechenden Daten
erweitert.

Die meisten Abbildungen des Buches wurden neu gezeichnet, wofür ich Frau I.
Wiederkehr zu großem Dank verpflichtet bin. Zudem wurden die zahlreichen Lite-
raturzitate im Anhang aufdatiert und durch Neuerscheinungen ergänzt, wofür ich
Frau Dr. A. Radi für ihre Mithilfe bestens danken möchte. Ebenso danke ich für
wertvolle Anregungen von Studierenden und Kollegen, dem B. G. Teubner Verlag,

IX
X Vorwort zur 7. Auflage

insbesondere U. Sandten und Frau K. Hoffmann, sowie Frau C. Agel für die gute
Zusammenarbeit.
Dieses Lehrbuch widme ich meiner Familie, verbunden mit dem herzlichen Dank
für die stete Unterstützung und Geduld.

Zürich, im Februar 2008 Markus Werner Sigrist


Vorwort zur 8. Auflage

Für die vorliegende 8. Auflage dieses Lehrbuches wurden alle seit der 7. Auflage
bekannt gewordenen Fehler in Text, Formeln, Tabellen und Literaturhinweisen
korrigiert. Aufgrund der anhaltenden Aktualität und vielen Neuentwicklungen auf
dem Lasergebiet wurde das Lehrbuch überarbeitet und im Hinblick auf die neusten
Entwicklungen in wesentlichen Teilen erweitert. Dazu gehören auch 12 neue Abbil-
dungen. Bestehende Referenzen wurden, wo nötig, aktualisiert und vielfach durch
neuste Zitate ergänzt.
Die wichtigsten Neuerungen betreffen:

• Kap. 11 (Ultrakurze Laserpulse): Im Abschn. 11.4 werden neuere Entwicklungen


präsentiert.
• Kap. 15 (Halbleiterlaser): Im Abschn. 15.2.8 werden neben den blauen die
neuerdings entwickelten grünen Diodenlaser diskutiert. Im Abschn. 15.2.10 wer-
den neuste Entwicklungen der Quantenkaskadenlaser (QCLs) dargestellt, inkl.
Charakteristiken von abstimmbaren QCLs. Im Abschn. 15.2.11 werden die neuen
Interband-Kaskadenlaser (ICLs) präsentiert. Die Abschnitte über die Hoch-
leistungs-Diodenlaser (neu 15.2.12) und die Quantenpunktlaser (neu 15.2.13)
wurden durch neue Entwicklungen ergänzt. Der Abschn. 15.2.14 über die Blei-
salzdiodenlaser wurde durch die neuartigen optisch-gepumpten abstimmbaren
VECSELs aktualisiert. Die abschließende Tab. 15.1 – wie jeweils auch der
Abschnitt über die Anwendungen – wurden entsprechend ergänzt und aufdatiert.
• Kap. 16 (Festkörperlaser): Verschiedene Abschnitte wurden aktualisiert. Die
Faserlaser werden separat im Abschn. 16.6 diskutiert. Dazugekommen sind neue
Abschnitte über Frequenzkämme (16.7) sowie Weißlichtlaser und Superkon-
tinuum (16.8)
• Kap. 18 (Free-Electron-Laser). Der Abschn. 18.3 über die FEL-Anlagen wurde
ebenfalls auf den aktuellen Stand gebracht.
• Kap. 19 (Lasersicherheit). Dieses Kapitel ist für die vorliegende 8. Auflage neu
hinzugekommen. Es wurde hinzugefügt, um den Herausforderungen im Zusam-
menhang mit der Sicherheit im Umgang mit Lasern angesichts der vielfältigen
und immer weiter verbreiteten heutigen Anwendungen gerecht zu werden.

Anhänge A4: Die Liste der Bücher wurde durch zahlreiche Neuerscheinungen
wesentlich erweitert.
XI
XII Vorwort zur 8. Auflage

Für die neuen Abbildungen in dieser 8. Auflage des Buches bin ich Frau Sara
Hartmann (ETH Zürich) zu großem Dank verpflichtet. Den Studierenden danke ich
für wertvolle Anregungen, und Frau Margit Maly und Frau Anja Groth vom
Springer-Verlag danke ich für die fruchtbare und angenehme Zusammenarbeit.
Dieses Lehrbuch ist meiner Familie gewidmet, verbunden mit einem herzlichen
Dank für die stete Unterstützung und Geduld.

Zürich, im März 2018 Markus Werner Sigrist


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1
1.1 Historischer Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3

Teil I Allgemeine Grundlagen


2 Elektromagnetische Strahlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9
2.1 Elektromagnetische Wellen und Photonen . . . . . . . . . . . . . . . 9
2.2 Kohärenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12
2.3 Photonen-Statistik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18
Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20
3 Wechselwirkung von elektromagnetischer Strahlung mit
atomaren Systemen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21
3.1 Das Strahlungsfeld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21
3.2 Zweiniveau-Systeme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24
3.3 Emission und Absorption elektromagnetischer Strahlung . . . . 26
3.4 Bilanz der Besetzungsdichten und Photonen . . . . . . . . . . . . . 29
Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33
4 Prinzip der Laser . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35
4.1 Voraussetzungen für Strahlungsverstärkung . . . . . . . . . . . . . . 35
4.2 Schwellenbedingung für Laseroszillation . . . . . . . . . . . . . . . . 37
4.3 Erzeugung der Besetzungsinversion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42
4.4 Dynamik eines Zweiniveau-Lasers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43
Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52
5 Spektrallinien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53
5.1 Klassisches Modell der homogenen Linienverbreiterung . . . . . 54
5.2 Natürliche Linienbreite . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55
5.3 Verbreiterung durch strahlungsfreie Übergänge . . . . . . . . . . . 56
5.4 Druckverbreiterung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57
5.5 Doppler-Verbreiterung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59
5.6 Kombinierte Verbreiterungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60
5.7 Wirkungen starker Laserstrahlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61
Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63

XIII
XIV Inhaltsverzeichnis

Teil II Laser-Resonatoren und Wellenleiter


6 Spiegel-Resonatoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67
6.1 Strahlenoptik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67
6.2 Stabilitätskriterien für Spiegel-Resonatoren . . . . . . . . . . . . . . 71
6.3 Prinzipien der skalaren Feldtheorie von Resonatoren . . . . . . . 78
6.4 Fabry-Perot-Resonator . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79
6.5 Konfokaler Resonator . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86
6.6 Allgemeine stabile Resonatoren mit sphärischen Spiegeln . . . . 94
6.7 Strahlqualitätsfaktor M2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96
Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98
7 Wellenleiter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99
7.1 Mikrowellen-Hohlleiter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100
7.2 Überdimensionierte Hohlleiter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111
7.3 Dielektrische Wellenleiter und optische Fasern . . . . . . . . . . . . 120
Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135
8 Periodische Laserstrukturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137
8.1 Typen und Charakteristiken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138
8.2 Wellengleichung des „distributed feedback“ in
Dauerstrich-Lasern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141
8.3 Floquet-Matrix-Theorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144
8.4 Theorie der gekoppelten Wellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154
8.5 Strukturen mit Lücken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160
8.6 Helix-Laserstrukturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162
8.7 „Grazing-incidence“-Laser . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166
Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167
9 Moden-Selektion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171
9.1 Transversale Modenselektion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171
9.2 Longitudinale Modenselektion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173
Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180

Teil III Laserpulse


10 Q-Switch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183
10.1 Prinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183
10.2 Modell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184
10.3 Realisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188
Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193
11 Ultrakurze Laserpulse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195
11.1 Prinzip der Modenkopplung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196
11.2 Methoden der Modenkopplung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199
11.3 Kompression kurzer Laserpulse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206
Inhaltsverzeichnis XV

11.4 Neuere Entwicklungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207


11.5 Infrarot-Gaslaser . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208
Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209
12 Instabilitäten und Chaos . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213
12.1 Kriterium für Chaos . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214
12.2 Bifurkationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215
12.3 Wege zum Chaos . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217
Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219

Teil IV Lasertypen
13 Gaslaser (gas laser) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223
13.1 Helium-Neon-Laser (He-Ne-Laser) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226
13.2 Kupfer- und Golddampflaser . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 230
13.3 Argonionen-Laser (Ar+-Laser) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233
13.4 Excimerlaser . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237
13.5 Stickstoff-Laser (N2-Laser) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 244
13.6 Kohlendioxid-Laser (CO2-Laser) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 248
13.7 Kohlenmonoxid-Laser (CO-Laser) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269
13.8 Ferninfrarot- und Submillimeterwellen-Gaslaser . . . . . . . . . . . 273
Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 278
14 Farbstofflaser (dye laser) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 283
14.1 Energieniveauschema . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 284
14.2 Absorptions- und Emissionsspektrum . . . . . . . . . . . . . . . . . . 288
14.3 Laseraufbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 289
14.4 Laserdaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 299
14.5 Anwendungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 303
Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 304
15 Halbleiterlaser (semiconductor lasers) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 307
15.1 Prinzip des Halbleiterlasers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 307
15.2 Aufbau und Charakteristiken der verschiedenen
Halbleiterlaser . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 311
15.3 Typische Halbleiterlaser-Daten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 344
15.4 Anwendungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 345
Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 347
16 Festkörperlaser (solid state lasers) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 351
16.1 Rubinlaser (ruby laser) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 352
16.2 Neodymlaser . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 356
16.3 Weitere nicht abstimmbare Festkörperlaser . . . . . . . . . . . . . . 366
16.4 Abstimmbare Festkörperlaser . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 370
16.5 Farbzentrenlaser (color center lasers) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 381
16.6 Faserlaser . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 390
XVI Inhaltsverzeichnis

16.7 Frequenzkämme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 391


16.8 Weißlichtlaser und Superkontinuum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 393
Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 394
17 Chemische Laser (chemical lasers) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 399
17.1 HF-Laser . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 400
17.2 Weitere chemische Laser . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 401
Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 402
18 Free-Electron-Laser . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 403
18.1 Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 403
18.2 Funktionsweise eines FEL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 404
18.3 FEL-Anlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 407
18.4 FEL-Anwendungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 409
Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 409
19 Lasersicherheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 411
19.1 Gefahren durch Laserstrahlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 411
19.2 Maximal zugängliche Bestrahlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 413
19.3 Klassifizierung der Laser . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 416
19.4 Vorsichtsmaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 420
Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 422
Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 425
Allgemeine Laser-Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 429
Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 441
Einleitung
1

Die Bezeichnung LASER ist die Abkürzung für „Light Amplification by Stimulated
Emission of Radiation“. Der Laser beruht auf dem gleichen Prinzip wie der zuvor
erfundene Maser. MASER steht für „Microwave Amplification by Stimulated Emis-
sion of Radiation“ oder, wie böse Zungen kurz nach der Entdeckung im Jahre 1954
spotteten, „Means of Attaining Support for Expensive Research“. Als der Laser 1960
erfunden wurde, bezeichnete man ihn als „optical maser“ oder „infrared maser“. Erst
seit etwa 1965 verwendet man allgemein das Wort Laser. Etwa um die gleiche Zeit
spielte man mit den Begriffen IRASER und SMASER anstelle der heute üblichen
Infrarot-Laser und Submillimeterwellen-Laser.
Der Laser wirkt als Oszillator und Verstärker für monochromatisches Licht,
Infrarot und Ultraviolett. Er beherrscht heute in diesen Funktionen unbeschränkt
den Wellenlängenbereich zwischen etwa 0,1 μm und 3 mm, d. h. rund 15 Oktaven
des elektromagnetischen Spektrums. Zum Vergleich muss man erwähnen, dass das
sichtbare Licht nur die Oktave von ca. 0,37 bis 0,75 μm Wellenlänge umfasst. Es
gibt die verschiedensten Typen von Lasern mit Leistungen von unter 1 μW bis über
1 TW und in Größen von unter 1 mm bei Halbleiter-Lasern bis zu 100 m bei Fusions-
Lasern. Jedoch sind ihre Eigenschaften mehr oder weniger die gleichen.
Die Strahlung eines Lasers ist meist in einem engen Strahl gebündelt, der sich auf
Distanz nur geringfügig aufweitet. Diese Aufweitung erfolgt nur noch durch unver-
meidliche Beugungseffekte. So verbreitert sich z. B. ein sichtbarer Laserstrahl mit
Wellenlänge 0,6 μm und Durchmesser 2 mm in 100 m Distanz auf nur 3 cm. Dies ist
heute von Bedeutung in Vermessung und Kommunikation.
Laserstrahlung ist unter Umständen äußerst monochromatisch. Laser, welche
sichtbares Licht- mit Frequenzen von etwa 4  1014 bis 7  1014 Hz emittieren, haben
häufig Bandbreiten von 1 MHz bis 1 GHz. Diese entsprechen relativen Bandbreiten
von nur 2  106 bis 109. Jedoch existieren stabilisierte optische Laser mit einer
Bandbreite von unter 1 Hz. Dies bedeutet eine spektrale Reinheit besser als 1015.
Laser eignen sich daher als Frequenz- und Zeitnormale.

# Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2018 1


M. W. Sigrist, Laser: Theorie, Typen und Anwendungen,
https://doi.org/10.1007/978-3-662-57515-4_1
2 1 Einleitung

Der Wirkungsgrad der Laser, definiert als Verhältnis zwischen abgegebener


Strahlungsleistung und aufgewendeter elektrischer Leistung, ist meist unter 0,1 %,
also gering. Doch gibt es auch Laser mit relativ hohem Wirkungsgrad, z. B. 10 μm
CO2-Laser mit ca. 20 %. Der höchste erreichte Wirkungsgrad beträgt etwa 40 %.
Ebenso sind die Ausgangsleistungen vieler Laser nicht hoch, z. B. 1 mW beim häufig
verwendeten Helium-Neon-Laser, 10 bis 100 W bei einem großen Argonionen- oder
YAG-Laser, 1 kW bei einem CO2-Laser. Da jedoch die Strahlung eines Lasers auf
einen Fleck von wenigen Wellenlängen Durchmesser fokussiert werden kann,
erreicht man hohe Strahlungsintensitäten. Fokussiert man die optische oder
nahinfrarote Strahlung eines 100 W-Lasers auf einen Fleck von 10 μm2, so erreicht
man eine Intensität von 1 GW/cm2 ¼ 10 TW/m2. Das entsprechende elektrische Feld
beträgt etwa 60 MV/m. Benutzt man einen gepulsten 100 MW-Laser, so erreicht
man kurzzeitig Intensitäten von 1019 W/m2 und Felder von 60 GV/m. Einer hohen
Strahlungsintensität entsprechen auch starker Photonenfluss und hohe Photonen-
dichte. Licht mit der Wellenlänge 0,6 μm besteht nach Planck aus Photonen mit der
Energie 3,3  1019 J. Demnach bedeutet eine Intensität von 1 GW/cm2 einen
Photonenfluss von 3  1027 cm2 s1 und eine Photonendichte von 1017 cm3. Bei
derartigen Photonendichten kann es geschehen, dass simultan zwei oder mehr
Photonen mit einem Atom oder Molekül reagieren. Dieses Phänomen eröffnete neue
Aspekte der Spektroskopie.
Da die Laserstrahlung wie zuvor erwähnt meist äußerst monochromatisch ist,
liegen die oben aufgeführten Intensitäten, Photonenflüsse und Photonendichten in
einem engen Frequenzintervall. Eine Leistung von 10 W in einem Frequenzintervall
von 1 MHz ist für einen Laser nichts Außergewöhnliches. Vergleichen wir den Laser
in dieser Hinsicht mit einem thermischen, ideal schwarzen Strahler, so müsste
letzterer eine Temperatur von 107 K aufweisen, damit er im gleichen Frequenzin-
tervall dieselbe Leistung abgeben würde.
Die kontinuierlich betriebenen Laser, englisch „cw lasers“, emittieren streng
harmonische Wellen mit konstanter Amplitude. Sie können sowohl in der Amplitude
(AM) als auch in der Frequenz (FM) bis zu Mikrowellenfrequenzen um 10 GHz
moduliert werden. Die Grenzfrequenz der Modulation wird maßgeblich bestimmt
vom Frequenzumfang des Verstärkungsprofils des Lasermediums.
In der üblichen Elektronik ist 0,3 ns etwa die untere Grenze für Pulsdauer oder
Ansprechzeit, englisch „response time“. Heute produziert man Laserpulse, englisch
„laser pulses“, von unter 10 fs Dauer. Laserpulse sind also bis zu 30.000 Mal kürzer als
die Pulse der Elektronik. Zieht man in Betracht, dass die Lichtgeschwindigkeit etwa
300.000 km/s beträgt, so findet man, dass die Länge eines 10 fs-Laserpulses etwa 3 μm
beträgt. Ein solcher sich in einem Medium wie z. B. Luft ausbreitender Laserpuls
entspricht nicht mehr einem Lichtstrahl, sondern einem dünnen Film elektromagneti-
scher Anregung, der sich mit Lichtgeschwindigkeit fortbewegt. Ein derart kurzer
Laserpuls weist wegen den Eigenheiten der Fourier-Transformation ein enorm breit-
bandiges Frequenzspektrum auf. Ein Laserpuls in der Form einer Gauß-Funktion mit
der Halbwertsbreite 10 fs hat eine entsprechende Breite von 44 THz im Frequenz-
spektrum. Schließlich muss auch erwähnt werden, dass in einem Laserpuls von 10 fs
Dauer und 3 μm Länge nur 5 optische Wellenlängen von 0,6 μm enthalten sind.
1.1 Historischer Überblick 3

In Anbetracht all dieser bemerkenswerten Eigenschaften dürfen die Laser zusam-


men mit den γ-Strahlern von Mößbauer als hervorragende Quellen elektromagneti-
scher Strahlung bezeichnet werden. Seit ihrer Entdeckung im Jahre 1960 haben die
Laser in Wissenschaft und Technik eine Entwicklung angebahnt, die unsere Zivili-
sation auch in Zukunft beeinflussen wird. Unter diesem Gesichtspunkt ist ein kurzer
historischer Überblick der Erfindung und Entwicklung des Lasers gerechtfertigt. Da
eine detaillierte Historie den Rahmen dieses Buches sprengen würde, beschränken
wir uns auf eine Liste der vielleicht wichtigsten Ereignisse und Beteiligten. Mögen
uns die verzeihen, welche aufgrund unserer Unwissenheit nicht aufgeführt sind.
Damit der Leser die Übersicht bewahrt, teilen wir diese Liste in drei Abschnitte,
welche die historische Entwicklung bis zur Entdeckung des Lasers, Lasermedien
sowie Laser-Konzepte und -Strukturen betreffen.

1.1 Historischer Überblick

a) Von der Idee zur Realisierung


1917 A. Einstein: Zur Quantenmechanik der Strahlung, spontane und stimulierte Emission
1928 R. Ladenburg et al.: experimenteller Nachweis der stimulierten Emission in
Gasentladungen
1951 V. A. Fabrikant, Vorschlag elektromagnetische Strahlung in einem Medium zu
verstärken, in dem durch eine Hilfsstrahlung eine überwiegende Besetzung höherer
Energiezustände bewirkt wird
1951 Ch. H. Townes et al.: Diskussion der Möglichkeiten eines derartigen Verstärkers
1954 Ch. H. Townes et al.: erster MASER mit Ammoniak-Molekülen
1954 N. G. Basov und A. M. Prokhorov: Vorschläge und Rechnungen zu einem Mikrowellen-
Oszillator der auf stimulierter Emission beruht
1958 A. L. Schawlow und Ch. H. Townes: Vorschläge und Rechnungen zur Verwirklichung
von Masern für Licht und Infrarot
1959 G. Gould: meldet viele US-Patente über LASER an
1960 T. H. Maiman: erster LASER, bestehend aus einem Rubinstab (Cr3+:Al2O3)
Juni mit zwei parallel verspiegelten Stirnflächen als Resonator und einer gepulsten Blitzlampe
als Pumpquelle zur optischen Anregung
1960 A. Javan: erster Gaslaser, kontinuierliche stimulierte Emission bei 1,15 μm
Dez. Wellenlänge in einem Helium-Neon-Gasgemisch mit Neon als emittierendes Atom,
keine optische Anregung
b) Lasermedien
Festkörperlaser (solid state ion laser)
1960 P. P. Sorokin und M. J. Stevenson: stimulierte 2,5 und 2,6 μm Emissionen von U3+:CaF2
1961 P. P. Sorokin und M. J. Stevenson, W. Kaiser et al.: stimulierte 0,7080 μm Emission von
Sm2+:CaF2
1961 E. Snitzer: stimulierte 1,06 μm Emission von Nd3+:Glas
1963 L. F. Johnson et al.: erste abstimmbare Festkörperlaser, auf der Basis von
Übergangsmetallionen, z. B. Ni2+:MgF2, Wellenlängen 1,62 bis 1,8 μm
1964 J. E. Geusic et al.: stimulierte 1,06 μm Emission von Nd3+:YAG, d. h. Nd3+:Y3Al5O12
Farbzentrenlaser (color center laser)
(Fortsetzung)
4 1 Einleitung

1965 B. Fritz und E. Menke: erster Farbzentrenlaser auf der Basis von KCl:Li/FA, Wellenlänge
2,7 μm
1974 L. F. Mollenauer und D. H. Olson: erster abstimmbarer Farbzentrenlaser auf der Basis
von KCl:Li/FA(II), Wellenlängen 2,6 bis 2,8 μm
Halbleiterlaser (semiconductor laser)
1959 N. G. Basov et al.: Vorschlag für Halbleiterlaser
1962 R. N. Hall et al., M. I. Nathan et al., T. M. Quist et al.: gepulste stimulierte 0,84 μm
Emission von p-n GaAs-Dioden dotiert mit Zn und Te
1963 F. H. Dill; W. E. Howard et al.: kontinuierliche stimulierte 0,84 μm Emission von p-n
GaAs-Dioden bei 2 bis 77 K
Farbstofflaser (dye laser)
1966 P. P. Sorokin und J. R. Lankard: 0,756 μm stimulierte Emission von mit Rubinlaser
gepumptem Chloraluminium-Phtalocyanin gelöst in Aethylalkohol
1966 F. P. Schäfer et al.: gepulste stimulierte Emission von 330 – Diaethyltricarbocyanin,
abstimmbar durch Variation des Lösungsmittels
1970 O. G. Peterson et al.: kontinuierliche stimulierte Emission von Rhodamin 6G in Wasser
Gaslaser (gas laser)
1960 F. G. Houtermans: Vorschlag von Excimeren als Lasermedium
1962 A. D. White und J. D. Ridgen: 0,6328 μm Helium-Neon-Laser, verbreitetster Gaslaser
1964 C. K. N. Patel: 10 μm CO2-Laser, effektiver leistungsstarker Laser 1964 W. B. Bridges:
0,4880 μm, 0,5145 μm, etc., Argonionenlaser
1964 H. A. Gebbie et al.: 337 μm HCN-Laser, erster effektiver Submillimeterwellen-Laser,
überbrückt Leistungslücke zwischen Infrarot und Mikrowellen
1970 T. Y. Chang und T. J. Bridges: 496 μm CH3F-Laser, erster mit Laser gepumpter Gaslaser,
Laser-Pumpen resultierte in einer Vielfalt stimulierter Emissionen im fernen Infrarot bis
zu 3 mm Wellenlänge
1971 N. G. Basov et al.: Xe*2-Laser, erster Excimerlaser
Chemische Laser (chemical laser)
1961 J. C. Polanyi: Vorschlag eines chemischen Lasers
1965 J. V. V. Kasper und G. C. Pimentel: erste Realisierung eines chemischen Lasers auf der
Basis von HCl, Wellenlänge um 3,8 μm
„Free-Electron“ Laser
1971 J. M. J. Madey: Vorschlag eines „free-electron“ Lasers
1977 D. A. G. Deacon et al.: erster „free-electron“ Laser, Wellenlänge 3,5 μm
c) Laser-Konzepte und -Strukturen
Laser mit Faseroptik
1951 A. C. S. van Heel, H. H. Hopkins und N. S. Kapany: Untersuchung beschichteter und
unbeschichteter optischer Fasern für „flexible fiberscope“
1956 N. S. Kapany: prägt Begriff „fiber optics“
1961 E. Snitzer: kombiniert Laser mit optischen Fasern
Festkörperlaser mit dielektrischem Wellenleiter
1963 B. Lax et al.: Ausbreitung von Licht in p-n Dioden interpretiert als Wirkung eines
dielektrischen Wellenleiters
Wellenleiter-Gaslaser
1964 E. A. J. Marcatili und R. A. Schmeltzer: Vorschlag und Berechnung
1967 F. K. Kneubühl et al.: Berechnung und Realisierung mit 337 μm HCN-Laser
1971 P. W. Smith: Realisierung mit 0,6328 μm He-Ne-Laser
(Fortsetzung)
1.1 Historischer Überblick 5

Gasdynamische Laser
1963 N. G. Basov und A. N. Oraevskii: Vorschlag gasdynamischer Laser
1966 A. R. Kantrowitz et al.: erste Realisierung eines gasdynamischen 10 μm CO2-Lasers
TEA-Laser
1970 A. J. Beaulieu: Transversely Excited Atmospheric Pressure CO2-Laser
DFB-Laser
1971 H. Kogelnik und C. V. Shank: „Distributed Feedback“ oder DFB Farbstofflaser
1973 A. Yariv et al.: DFB-Halbleiterlaser
1979 E. Affolter und F. K. Kneubühl: DFB-Gaslaser
1985 L. Arnesson und F. K. Kneubühl: Helical Feedback- oder HFB-Laser
Deterministisches Chaos im Laser
1963 E. W. Lorenz: beschreibt Atmosphäre mit System von Differentialgleichungen, das
chaotische Lösungen zeigt
1975 H. Haken: deutet Laser-Instabilitäten mit Differentialgleichungen von E. Lorenz
Teil I
Allgemeine Grundlagen
Elektromagnetische Strahlung
2

Laser emittieren monochromatische kohärente elektromagnetische Strahlung im


riesigen Wellenlängenbereich, der von den Millimeterwellen via Licht bis zur
Röntgen-Strahlung reicht. Eine Übersicht über das elektromagnetische Spektrum
in diesem Bereich gibt Tab. A1 dieses Buches. Als neuartige Strahlungsquelle mit
bisher unerreichten Eigenschaften revolutioniert der Laser die klassische Optik und
verwandte Gebiete. Fast alle Begriffe der klassischen Optik und der Quantentheorie
des Lichtes bekommen dadurch eine größere, ja sogar neue Bedeutung: elektroma-
gnetische Wellen und Photonen, Beugung, Interferenz, Kohärenz, Polarisation,
Photonenstatistik, Wechselwirkung elektromagnetischer Strahlung mit Elementar-
teilchen, Atomen, Molekülen, kondensierte Materie, Plasmen, etc. Im vorliegenden
Kapitel wollen wir uns nur mit den Eigenschaften der elektromagnetischen Strah-
lung befassen, welche für viele vielleicht ungewohnt, jedoch für Laser relevant sind:
Wellen- und Teilchennatur, Kohärenz und Photonenstatistik. Betreffend die für die
Laser sonst wichtigen Begriffe der Optik, wie z. B. Beugung, Interferenz, Polarisa-
tion, verweisen wir auf Lehrbücher der Optik (Born 2004; Born und Wolf 2009;
Ditchburn 1976; Klein und Furtak 1988; Kneubühl 1994, 1997; Lipson et al. 1997;
Meyer-Arendt 1984; Möller 2007; Schilling 1980). Für weitere, insbesondere auch
neuste, Literatur wird auf die Anhänge A4 verwiesen.

2.1 Elektromagnetische Wellen und Photonen

Licht und andere elektromagnetische Strahlung lässt sich in Bezug auf die Ausbrei-
tung im Vakuum mit dem Wellenbild beschreiben entsprechend den Maxwell-Glei-
!
chungen (Kneubühl 1994, 1997) für die elektrischen und magnetischen Felder E in
!
V/m und H in A/m

# Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2018 9


M. W. Sigrist, Laser: Theorie, Typen und Anwendungen,
https://doi.org/10.1007/978-3-662-57515-4_2
10 2 Elektromagnetische Strahlung

! _
! ! _
!
rot H ¼ þε0 E ; rot E ¼ μ0 H ; ð2:1Þ
! !
div H ¼ 0; div E ¼ 0: ð2:2Þ

Dabei sind ε0 und μ0 die elektrische und die magnetische Feldkonstante.

ε0 ¼ 8,8542  1012 As=Vm, μ0 ¼ 4π  107 Vs=Am:

Durch Bildung von


!  ! ! !  _ 
! !€
rot rot E ¼ grad div E  Δ E ¼ Δ E ¼ rot μ0 H ¼ ε0 μ E
!
respektive rot rot H , findet man die Hertz-Wellengleichungen


! ! €
! !
E ¼ c2 Δ E H ¼ c2 Δ H ; ð2:3Þ

mit c ¼ ðε0 μ0 Þ1=2  299790 km=s

In diesen Gleichungen bedeutet c die Lichtgeschwindigkeit im Vakuum. Die diesen


Gleichungen entsprechenden elektromagnetischen Wellen sind wegen (2.2) trans-
! !
versal in E und H (Kneubühl 1994, 1997). Dies lässt sich erkennen anhand einer
monochromatischen, in der z-Richtung laufenden elektromagnetischen Welle mit
ebener Wellenfront

!
E ðx; y; z; t Þ ¼ fE0 cos ð2πvt  2πz=λÞ; 0; 0g,
!
H ðx; y; z; t Þ ¼ f0; H 0 cos ð2πvt  2πz=λÞ; 0g ð2:4Þ

mit c ¼ vλ und Z 0 ¼ E 0 =H 0 ¼ ðμ0 =ε0 Þ1=2  377 Ω:

Dabei bezeichnet v in Hz die Frequenz, λ in m die Wellenlänge und Z0 in Ω die


! !
Wellenimpedanz des Vakuums. Aus (2.4) geht hervor, dass im Vakuum E und H
senkrecht auf der Fortpflanzungsrichtung stehen. Sie eignen sich daher zur Festle-
! !
gung der Polarisationsrichtung. Früher benutzte man dazu H , heute jedoch E .
Beim Studium der Wechselwirkung elektromagnetischer Strahlung mit Materie
versagt das Wellenbild häufig, so dass man Zuflucht zur Teilchenvorstellung von
Planck (Kneubühl 1994) nehmen muss. Dabei betrachtet man elektromagnetische
Strahlung als eine Gesamtheit von relativistischen Teilchen mit der Masse null,
welche sich mit Lichtgeschwindigkeit bewegen, d. h.

υ ¼ c und m ¼ 0: ð2:5Þ
2.1 Elektromagnetische Wellen und Photonen 11

Diese Teilchen bezeichnen wir als Photonen. Für monochromatische elektroma-


gnetische Strahlung gilt die Plancksche Beziehung zwischen der Energie E des
einzelnen Photons und der Frequenz v der entsprechenden elektromagnetischen
Welle

E ¼ hv mit h  6,6261  1034 Js  2π  1034 Js: ð2:6Þ

Der Faktor h heißt Plancksche Konstante. Außer dieser Beziehung ergeben sich
weitere Relationen zwischen Energie E und Impuls p der Photonen einerseits, sowie
Frequenz v und Vakuum-Wellenlänge λ der entsprechenden elektromagnetischen
Welle andererseits. Sie lauten

p ¼ E=c ¼ hv=c ¼ h=λ ð2:7Þ

λ ¼ hc=E ¼ c=v ð2:8Þ

Diese Beziehungen müssen verglichen werden mit denjenigen eines relativistischen


Teilchens mit der Masse m. Gemäß der Relativitätstheorie von Einstein und der
Wellenmechanik von de Broglie gilt
h  2 i1=2
υ ¼ pc2 =E ¼ c 1  mc2 =E ð2:9Þ
h  2 i1=2
p ¼ ðE=cÞ 1  mc2 =E ð2:10Þ
h  2 i1=2
λ ¼ h=p ¼ ðhc=E Þ 1  mc2 =E ð2:11Þ

Hier bezeichnet λ die de-Broglie-Wellenlänge. Setzt man in diesen Gleichungen


m ¼ 0, so findet man die Planck-Beziehungen (2.6) bis (2.8) der Photonen. Dies
zeigt die Verwandtschaft zwischen elektromagnetischer Strahlung und Materieteil-
chen.
Bei der Wechselwirkung elektromagnetischer Strahlung mit Gasen, kondensier-
ter Materie oder Plasmen existiert ein Kriterium, ob das Wellenbild von Maxwell
oder die Teilchenvorstellung von Planck angewendet werden sollen. Dies lautet

λT  hc=k ’ 1,43 cm K : Wellencharakter,


λT  hc=k ’ 1,43 cm K : Teilchencharakter, ð2:12Þ
mit k ’ 1,3807  1023 J=K:

T in K bedeutet die absolute Temperatur der wechselwirkenden Materie, λ in cm die


Wellenlänge und k die Boltzmann-Konstante. Für λT ’ hc/k treten Phänomene des
Wellenbildes und der Teilchenvorstellung etwa mit gleicher Häufigkeit auf.
12 2 Elektromagnetische Strahlung

2.2 Kohärenz

Ein Mittel zum Vergleich von Laserstrahlung mit der elektromagnetischen Strahlung
thermischer Quellen, wie z. B. Glühlampen oder Spektrallampen, ist die Kohärenz.
Laserstrahlung erreicht im Gegensatz zur Strahlung thermischer Quellen eine extrem
hohe Kohärenz.
Beleuchtet man mit zwei Glühlampen nacheinander eine ebene Tischplatte, so
erzeugen diese an einer beliebigen Stelle der Tischplatte die Strahlungs-Intensitäten
I1 und I2. Beleuchtet man jedoch die Tischplatte mit beiden Glühlampen gleichzei-
tig, so addieren sich an derselben Stelle die beiden Strahlungs-Intensitäten.

I 1þ2 ¼ I 1 þ I 2 ð2:13Þ

Diese Addition der Intensitäten ist charakteristisch für Inkohärenz.


Betrachtet man andererseits die Interferenz zweier monochromatischer elektro-
magnetischer Wellen mit gleicher Frequenz v, Wellenlänge λ ¼ c/v, Phasendifferenz
Δφ und Intensitäten I1 und I2 in einem Michelson-Interferometer, so findet man an
dessen Ausgang die Intensität (Born 2004; Born und Wolf 2009; Kneubühl 1994;
Möller 2007)

I ðsÞ ¼ I 1 þ I 2 þ 2½I 1 I 2 1=2 cos ð2πs=λ þ ΔφÞ, ð2:14Þ

wobei s die variable Weglängendifferenz im Michelson-Interferometer bezeichnet.


Der dritte Term auf der rechten Seite von (2.14) wird als Interferenzterm bezeichnet.
Er ist typisch für Kohärenz.
In der Praxis unterscheidet man zwischen zeitlicher und räumlicher Kohärenz.
Die zeitliche Kohärenz wird durch die beschriebene Zweistrahl-Interferenz im
Michelson-Interferometer bestimmt. Ein Maß für die zeitliche Kohärenz elektroma-
gnetischer Wellen ist die Kohärenzlänge Lc definiert als maximaler Weglängen-
unterschied s, bei dem man den periodischen Interferenzterm von (2.14) noch
beobachten kann. Da sich elektromagnetische Wellen mit der Lichtgeschwindigkeit
c fortpflanzen, entspricht der Kohärenzlänge Lc eine Kohärenzzeit τc ¼ Lc/c. Wichtig
ist, dass die Kohärenzzeit τc gemäß Fourier-Analyse verknüpft ist mit der Band-
breite Δv der elektromagnetischen Welle

Δv ¼ 1=2πτc ¼ c=2πLc : ð2:15Þ

Somit ist die zeitliche Kohärenz ein Maß für die spektrale Reinheit der elektroma-
gnetischen Strahlung. Tab. 2.1 gibt einen Überblick über die zeitliche Kohärenz von
bekannten Spektrallampen im Vergleich zu einem stabilisierten Laser.
Beim thermischen Strahler wird eine Gesamtheit von Atomen durch Energiezu-
fuhr aufgeheizt und thermisch angeregt. Die Anregungsenergie wird von jedem
Atom spontan in den Raum abgestrahlt zu einem beliebigen Zeitpunkt ohne Relation
zu den anderen Atomen. Die thermische Bewegung der Atome verschiebt die
Emissionsfrequenz durch den Doppler-Effekt. Stöße zwischen den Atomen führen
2.2 Kohärenz 13

Tab. 2.1 Zeitliche Kohärenz von Strahlungsquellen


Niederdruck λ ¼ c/v Lc τc
Spektrallampen in μm in m in s Δv/v
Ne 0,6328 3  102 1010 3,4  106
Cd 0,6438 3  101 109 3,4  107
Kr 0,60578 1  102 3  107 1,1  109
stabilisierter Laser
He-Ne 0,6328 5  103 1,6  105 2,1  1011

Abb. 2.1 Das Doppelspalt-Experiment von Young

zur Verbreiterung des emittierten Spektrums. Diese Effekte können beim Laser
weitgehend eliminiert werden, was eine größere Kohärenz der emittierten Strahlung
bewirkt.
Der Begriff der räumlichen Kohärenz basiert auf dem Doppelspalt-Experiment
von Young (Born 2004; Born und Wolf 2009; Klein und Furtak 1988; Möller 2007).
Dabei verwendet man die in Abb. 2.1 skizzierte Versuchsanordnung. Ein paralleles
Bündel von Licht mit der Wellenlänge λ trifft auf einen Blendenschirm A, welcher
senkrecht zum Lichtbüschel steht. In diesem Blendenschirm A befinden sich im
Abstand d zwei parallele Spalten S1 und S2 mit gleicher Breite. Nach Huygens
bilden diese Spalten virtuelle Lichtquellen. Das Licht, welches von den beiden
Spalten S1 und S2 ausgeht, wird aufgefangen vom Bildschirm B, der parallel zum
Blendenschirm A im Abstand b steht. Ist das auf dem Blendenschirm A fallende
Lichtbündel räumlich kohärent, so sind die virtuellen Lichtquellen an den beiden
Spalten S1 und S2 kohärent. Dann bildet das auf dem Bildschirm B auffallende Licht
die Interferenz der von den Spalten S1 und S2 ausgehenden Lichtstrahlen. Die
Weglängendifferenz s ¼ r2r1 der zwei Strahlen, welche auf dem Bildschirm B
14 2 Elektromagnetische Strahlung

im Abstand x von der Symmetrieebene auftreffen, ist unter der Voraussetzung


b  d, x in erster Approximation (Born 2004)
s ¼ r 2  r 1  ðd=bÞ x:

Die von der Interferenz auf dem Bildschirm B erzeugte Intensitätsverteilung I(x)
kann mit dieser Approximation anhand der Gl. (2.14) berechnet werden. Nimmt man
an, dass die Spalten S1 und S2 gleich breit sind, so kann man I1 ¼ I2 ¼ I setzen und
erhält
 
πd
I ðxÞ ¼ 4I cos 2 x ð2:16Þ
λb

oder in anderer Darstellung


  
2π d
I ðxÞ ¼ 2I 1 þ jγj cos x
λ b
mit j γ j¼ 1:

Die Intensitätsverteilung I(x) mit |y| ¼ 1 setzt voraus, dass das auf den Blenden-
schirm A fallende Lichtbündel räumlich kohärent ist. Ist es nur teilweise kohärent,
so vermindert sich |γ|. Ohne Kohärenz ist |γ| ¼ 0 und I(x) ¼ 2I, d. h. die
Intensitätsverteilung I(x) ist homogen. Der Parameter |y| nimmt Bezug auf die
Kohärenz-Funktion, welche im Folgenden anhand der Relationen (2.27) und
(2.29) erläutert wird.
Der Begriff der räumlichen Kohärenz lässt sich im Wesentlichen wie folgt
erklären: Wir nehmen an, dass das beim oben geschilderten Doppelspalt-Experiment
von Young verwendete Bündel paralleler Lichtstrahlen von einer ebenen kreis-
förmigen und monochromatischen Lichtquelle Q mit dem kleinen Radius α stammt,
deren Strahlung durch Vorsetzen einer Linse im Abstand ihrer Brennweite f parallel
ausgerichtet wird. Die Strahlung, welche von dieser Lichtquelle Q emittiert wird, ist
in zwei Punkten P1 und P2 räumlich kohärent, wenn diese innerhalb des von der
Quelle Q ausgehenden Kegels der Beugung nullter Ordnung liegt. Bezeichnet der
Winkel θ gemäß Abb. 2.2 den Winkel P1–Q–P2, so muss für Kohärenz demnach
gelten (Born 2004; Born und Wolf 2009; Klein und Furtak 1988; Möller 2007)

aθ  1, 22 λ, ð2:17Þ

wobei λ die Wellenlänge der Strahlung bedeutet.


Berücksichtigt man, dass die Fläche A der kreisförmigen Lichtquelle Q und der
Raumwinkel Ωmax des Kegels der Beugung nullter Ordnung gegeben sind durch

A ¼ πa2 und Ωmax ¼ ðπ=4Þθ2max ,


2.2 Kohärenz 15

Abb. 2.2 Geometrische 2a


Darstellung der räumlichen
Kohärenz
P2
Q θ θmax = 1.22 aλ
P1

Kegel der Beugung O. Ordnung

2r f

P λ A min

2a

kohärente Linse Probe


Laserstrahlung

Abb. 2.3 Fokussierung eines Laserstrahls

so kann man die Bedingung (2.17) für räumliche Kohärenz auch schreiben

AΩ  AΩmax ¼ 3,67λ2 : ð2:18Þ

Laserstrahlung zeigt meistens eine hohe räumliche Kohärenz. Diese gestattet, die
Laserstrahlung auf engste Bereiche mit Querschnittsflächen der Größenordnung λ2
zu fokussieren. Dies ist in Abb. 2.3 illustriert. Ist 2r der Durchmesser des kreisrunden
Laserstrahls von parallelem kohärentem Licht der Wellenlänge λ und f die Brenn-
weite der Linse, so ergibt sich für den Raumwinkel Ω des durch die Linse fokus-
sierten Laserstrahls

Ω ¼ π arctan2 ðr=f Þ  πðr=f Þ2 :

In Analogie zur durch die Beugung bedingten Beziehung (2.17) gilt für die
minimale bestrahlte kreisrunde Probenfläche Amin im Fokus der Linse die Relation

Amin ¼ πa2 ’ 1,17ðf =r Þ2 λ2  λ2 : ð2:19Þ

Mit einem Laserstrahl der Leistung P erzielt man somit auf einer Probe höchstens
die Strahlungsintensität
16 2 Elektromagnetische Strahlung

Tab. 2.2 Vergleich der Strahlungsintensitäten von herkömmlichen Lichtquellen und Lasern. Bei
den Lasern werden in der Praxis meist etwa 1 bis 10 % der theoretisch möglichen Intensität
Imax(theor.) erreicht
Lichtquelle Intensität 1
Sonnenstrahlung fokussiert ’ 0,3 kW/cm2
Acetylen-Sauerstoff-Brenner 1 kW/cm2
Wasserstoff-Sauerstoff-Brenner 10 kW/cm2
Kohlenbogenlampe 100 kW/cm2
max. Intensität
Laser Wellenlänge λ Leistung P Dauer t Imax(theor.)
He-Ne 632 nm 10 mW 1 2,5 MW/cm2
Ar+ 514 nm 10 W 1 3,8 GW/cm2
Farbstoff 400 bis 800 nm 106 bis 1010 W 5 ns bis 200 fs 1014 bis 1017 W/cm2
TEA-CO2 10,6 μm 109 W 100 ns 1017 W/cm2
Excimer 249 nm 108 bis 1012 W 15 ns bis 400 fs 1017 bis 1019 W/cm2
Ti:Saphir 700 bis 1000 nm 1012 W 100 fs 1019 W/cm2
Nd:Glas 1,06 μm 1010 bis 1013 W 5 ps bis 800 fs 1017 bis 1021 W/cm2

I max ¼ P=Amin  P=λ2 : ð2:20Þ

Beispiele sind in Tab. 2.2 aufgeführt. In der Praxis werden nur etwa 1 bis 10 %
von Imax erzielt.
Die Strahlung einer thermischen Quelle kann simultan zeitlich und räumlich
kohärent gemacht werden, indem man sowohl ein schmalbandiges Spektralfilter
als auch eine Lochblende davor setzt. Diese Doppelfilterung bewirkt jedoch eine
drastische Abschwächung der Strahlungsintensität bis zu 1010. Entsprechende
Erfahrungen machte Gabor 1947 beim experimentellen Nachweis der Holographie
ohne Laser (Thyagarajan und Ghatak 1981).
Zum besseren Verständnis der Kohärenz bedient man sich der Korrelations- und
Kohärenz-Funktionen. Bei ihrer Formulierung ersetzt man gemäß Gabor (1946;
Shimoda 1984) das reelle elektrische Feld E(t) der elektromagnetischen Wellen
durch komplexe Felder A(t), die durch Fourier-Transformationen (Bracewell
2000) wie folgt definiert sind

Z1
Aðt Þ ¼ 2 F ðvÞeþi2πvt d v
0
Z þ1
mit F ðvÞ ¼ E ðt Þei2πvt dt ¼ F ∗ ðvÞ ð2:21Þ
1
Z þ1
und Eðt Þ ¼ F ðvÞeþi2πvt d v:
1
2.2 Kohärenz 17

A(t) enthält somit nur die Anteile positiver Frequenzen v des elektrischen Feldes
E(t), das durch den Realteil von A(t) bestimmt ist

E ðt Þ ¼ RefAðt Þg: ð2:22Þ

Anstelle der gewöhnlichen reellen momentanen Intensität

I gew ðt Þ ¼ Z 1
0 ½ E ðt Þ
2

definiert man anhand des komplexen Feldes A(t) die reelle momentane Intensität I(t),
welche im Gegensatz zu Igew(t) keine Komponenten der Frequenz 2 v enthält (Gabor
1946; Shimoda 1984)

I ðt Þ ¼ ½2Z 0 1 A∗ ðt ÞAðt Þ: ð2:23Þ

Nehmen wir an, dass sowohl die elektromagnetische Strahlung als auch ihre
Fluktuationen statistisch stationär sind, so können wir diesen Formalismus auf die
Zweistrahl-Interferenz im Michelson-Interferometer oder im Doppelspalt-Experi-
ment von Young anwenden

I 1þ2 ¼ I 1 þ I 2 þ 2RefG12 ðτÞg mit τ ¼ s=c ð2:24Þ


1  ∗
und G12 ðτÞ ¼ ½2Z 0 1 A∗
1 ðt ÞA2 ðt þ τÞ ¼ ½2Z 0  A1 ðt ÞA2 ðt þ τÞ

Wegen den obigen Voraussetzungen stimmt der durch Balken gekennzeichnete


Zeit-Mittelwert mit dem durch Klammern angedeuteten Ensemble-Mittelwert
überein. G12(τ) ist die Kreuzkorrelations-Funktion der interferierenden Strahlungen.
Die mittleren Intensitäten Ik, k ¼ 1, 2, sind bestimmt durch die Autokorrelations-
Funktionen Gkk(τ) der einzelnen Strahlen

I k ¼ I k ðt Þ ¼ Gkk ð0Þ mit k ¼ 1, 2 ð2:25Þ

und Gkk ðτÞ ¼ ½2Z 0 1 A∗


k ðt ÞAk ðt þ τÞ:

Die Autokorrelations-Funktionen Gkk(τ) sind gemäß dem Wiener-Khintchine-


Theorem (Khintchine 1934; Wiener 1930) durch die Fourier-Transformation (Bra-
cewell 2000) verknüpft mit den Intensitäts-Spektren der einzelnen Strahlen gemäß
R þ1
I k ðvÞ ¼ 1 Gkk ðτÞei2πvτ d τ,
R þ1 ð2:26Þ
Gkk ðτÞ ¼ 1 I k ðvÞeþi2πvτ þ d v:

In der Optik bezeichnet man die normierten Korrelations-Funktionen als Koh-


ärenz-Funktion (Zernike 1938), z. B.
18 2 Elektromagnetische Strahlung

γ 12 ðτÞ ¼ ½I 1 I 2 1=2 G12 ðτÞ mit γ 12 ð0Þ ¼ 1: ð2:27Þ

Damit kann (2.24) ersetzt werden durch

I 1þ2 ¼ I 1 þ I 2 þ 2½ I 1 I 2 1=2 Re½γ 12 ðτÞ: ð2:28Þ

Für fast monochromatische Strahlungen mit der mittleren Wellenlänge λm und


der mittleren Phasendifferenz Δφm darf man setzen

γ 12 ðτ ¼ s=cÞ  j γ ðsÞj exp½iðΔφm þ 2πs=λm Þ ð2:29Þ

und findet anhand von (2.28)

I 1þ2 ¼ I 1 þ I 2 þ 2½ I 1 I 2 1=2 j γ ðsÞj cos ðΔφm þ 2πs=λm Þ: ð2:30Þ

Somit lassen sich Δφm, λm und |γ(s)| mit dem Michelson-Interferometer oder mit
dem Doppelspalt-Experiment von Young bestimmen. Theoretische Approximatio-
nen von |γ(s)| sind z. B.


sin ðπ s=Lc Þ

j γ ðsÞj ¼jsin cðπ s=Lc Þj¼



,
a. π s=Lc

b. j γ ðsÞj¼ expðjs=Lc jÞ,


Q 1 für js=Lc j < 1=2
jγ ðsÞj ¼ ðs=Lc Þ ¼
c. 0 für js=Lc j > 1=2

Lc bedeutet die Kohärenzlänge und ∏(x) die Rechteckfunktion.

2.3 Photonen-Statistik

Die elektromagnetischen Eigenschwingungen in einem Laser-Resonator oder in


einem anderen Hohlraum bezeichnet man als Mode. Die Anregung des Modes kann
man durch Angabe einer Feldamplitude, der Schwingungsenergie oder der Anzahl
n der Photonen beschreiben. Die Strahlungs-Intensität eines Lasers und deren
Schwankungen werden bestimmt durch das statistische Verhalten der Photonen in
den einzelnen Moden. Dieses lässt sich berechnen mit Hilfe der Quantenstatistik
(Glauber 1972; Mandel und Wolf 1965; Schubert und Wilhelmi 1986; Scully und
Lamb 1967). Dabei sind zwei Fakten zu beachten. Erstens sind Photonen Bose-
Einstein-Teilchen, und zweitens spielt der Mode in der Quantenstatistik die Rolle der
Phasenzelle.
Das statistische Verhalten eines Lasers ergibt folgendes Bild (Scully und Lamb
1967): Unterhalb der Selbsterregung eines Lasers, wo er als Verstärker wirkt,
2.3 Photonen-Statistik 19

verhalten sich dessen Photonen wie in einem Planckschen-Hohlraumstrahler der


absoluten Temperatur T, welche bei der Annäherung an die Selbsterregung beliebig
zunimmt. Hier gilt die Bose-Einstein-Statistik. Der Mittelwert der Anzahl
n Photonen in einem Mode der Frequenz v ist demnach
1
hni ¼ nðv; T Þ ¼ ehv=kT  1 : ð2:31Þ

Die gemessene Photonenzahl n schwankt um den Mittelwert hni. Ein Maß dafür
ist das Schwankungsquadrat (Schubert und Wilhelmi 1986)
 2 D E
Δn ¼ ðn  hniÞ2 ¼ hniðhni þ 1Þ
 ð2:32Þ
oder Δn2 =hni2 ¼ ðhni þ 1Þ=hni:

Eine genauere Aussage über diese Schwankungen kann man machen, wenn man
die Wahrscheinlichkeit W berechnet, dass man bei einer mittleren Photonenzahl hni
gerade n Photonen misst

W ðnÞ ¼ hnin ðhni þ 1Þðnþ1Þ : ð2:33Þ

Aus (2.32) ergibt sich für große hni, dass in der Bose-Einstein-Statistik die
gemessene Photonenzahl n um den Mittelwert hni immer noch etwa 100 %
schwankt.
Nach dem Überschreiten der Schwelle der Selbsterregung, d. h. bei Beginn der
Oszillation des Lasers, ändert sich das statistische Verhalten der Photonen des Lasers
sprunghaft. Die Wahrscheinlichkeit W, bei einer mittleren Photonenzahl hni gerade
n Photonen zu finden, geht über in die Poisson-Verteilung

hnin hni
W ð nÞ ¼ e ð2:34Þ
n!
mit dem Schwankungsquadrat
 2 D E
Δn ¼ n  hni2 ¼ hni
  ð2:35Þ
oder Δn2 = n2 ¼ 1=hni:

Die Schwankungen der Poisson-Verteilung sind demnach erheblich geringer. Bei


einer mittleren Photonenzahl hni ¼ 10000 sind sie gemäß (2.35) bereits nur noch
1 %. Die Poisson-Verteilung beschreibt das Verhalten sowohl einer Gesamtheit von
klassischen Teilchen als auch eines amplitudenstabilisierten klassischen Oszillators.
Oberhalb der Schwelle der Selbsterregung kann der Laser deshalb unter statistischen
Gesichtspunkten angenähert als klassischer Oszillator beschrieben werden.
Abb. 2.4 zeigt die Wahrscheinlichkeiten W(n) für einen Laser 20 % unterhalb, bei
und 20 % oberhalb der Schwelle der Selbsterregung für hni ¼ 50.
20 2 Elektromagnetische Strahlung

Abb. 2.4 Wahrscheinlich- W


keit W, bei einem Mittelwert
von ¼ 50 gerade n Photonen 0.2
zu messen, für drei
verschiedene Zustände des Laser – Verstärker
Lasers (Scully und Lamb
1967)

0.1 Lasereinsatz

Laser – Oszillator

0
0 25 50 75 100 n

Literatur
Born, M. (2004): Optik: Ein Lehrbuch der Elektromagnetischen Lichttheorie, 4. Aufl. Springer,
Berlin
Born, M.; Wolf, E. (2009): Principles of Optics, 7th expanded ed. Cambridge University Press,
Cambridge, UK
Bracewell, R. N. (2000): The Fourier Transform and its Applications. 3rd ed. McGraw-Hill, Boston
Ditchburn, R. W. (1976): Light, Academic Press, N. Y.
Gabor, D. (1946): J. Inst. Electr. Eng. 93, 429
Glauber, R. J. (1972): Laser Handbook, Vol. 1 (ed. F. T. Arrecchi, E. O. Schulz-Dubois). Chapter 1:
Photon-Statistics. North-Holland, Amsterdam
Khintchine. A. (1934): Math. Ann. 109, 604
Klein, M. V.; Furtak, T. E. (1988): Optik. Springer, Berlin
Kneubühl, F. K. (1994): Repetitorium der Physik. 5. Aufl. Teubner, Stuttgart
Kneubühl, F. K. (1997): Oscillations and Waves. Springer, Berlin
Lipson S. G.; Becker, H.; Tannhauser, D. S.; Lipson H. (1997): Optik. Springer, Berlin
Mandel, L.; Wolf, E. (1965): Rev. Mod. Phys. 37, 231
Meyer-Arendt, J. R. (1984): Introduction to Classical and Modern Optics, 2nd ed. Prentice-Hall,
Englewood Cliffs, N. J.
Möller, K. D. (2007): Optics, 2nd ed. Springer, N. Y.
Schilling, H. (1980): Optik und Spektroskopie. Harri Deutsch, Thun & Frankfurt
Schubert, M.; Wilhelmi, B. (1986): Nonlinear Optics and Quantum Electronics. Wiley, N. Y.
Scully, M. O.; Lamb jr, W. E. (1967): Phys. Rev. 159, 208
Shimoda, K. (1984): Introduction to Laser Physics. Springer, Berlin
Thyagarajan, K.; Ghatak, A. K. (1981): Lasers, Theory and Applications. Plenum Press, N. Y.
Wiener, N. (1930): Acta Math. 55, 117
Zernike, F. (1938): Physica 5, 785
Wechselwirkung von elektromagnetischer
Strahlung mit atomaren Systemen 3

Von großer Bedeutung für das Funktionieren eines Lasers ist die Wechselwirkung
zwischen der elektromagnetischen Strahlung und atomaren Systemen. In diesem
Kapitel beschreiben wir die Prozesse der Absorption und Emission von Photonen
durch ein atomares System. Für Zweiniveau-Systeme werden dazu die Bilanzglei-
chungen abgeleitet, mit denen entschieden werden kann, ob und wann Verstärkung
der einfallenden Strahlung auftritt. Es wird anschließend untersucht, ob Systeme im
thermodynamischen Gleichgewicht überhaupt für den Laserprozess benützt werden
können.

3.1 Das Strahlungsfeld

Für die Beschreibung der Wechselwirkung zwischen der elektromagnetischen Strah-


lung und einem atomaren System genügt es, das Strahlungsfeld durch die spektrale
Energiedichte u(v) darzustellen. Sie wird als Produkt der Zustandsdichte Z(v) der
elektromagnetischen Strahlung, der Anzahl der Photonen n(v) und der Energie eines
Photons E(v) in einem Mode mit der Frequenz v beschrieben

uðvÞdv ¼ nðvÞE ðvÞZ ðvÞdv: ð3:1Þ

u(v) dv stellt die Energiedichte im Frequenzintervall zwischen v und v+dv dar.


Nach Planck ist die Energie des Photons (vgl. Gl. (2.6)):

E ðvÞ ¼ E ¼ hv: ð3:2Þ

Im thermodynamischen Gleichgewicht der Photonen mit einem Körper der abso-


luten Temperatur T ist ihre Anzahl n(v) bestimmt durch die in Gl. (2.31) eingeführte
Bose-Einstein-Verteilung (Adam und Hittmair 1988; Becker 1985; Kneubühl 1994;
Reif 1987)

# Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2018 21


M. W. Sigrist, Laser: Theorie, Typen und Anwendungen,
https://doi.org/10.1007/978-3-662-57515-4_3
22 3 Wechselwirkung von elektromagnetischer Strahlung mit atomaren Systemen

h i1
nðvÞ ¼ nðv; T Þ ¼ ehv=kT  1 : ð3:3Þ

In der Beziehung (3.1) beschreibt Z(v) dv die Anzahl der Moden mit Frequenzen
zwischen v und v + dv pro Volumen. Unter „Mode“ verstehen wir eine elektromagne-
tische Eigenschwingung des betrachteten Systems, oder etwas anschaulicher: Ein
Mode ist eine nach Richtung, Frequenz und Polarisation definierte Wellenform. Unter
Berücksichtigung, dass die Photonen zwei Polarisationsrichtungen besitzen, erhält
man für die Zustandsdichte oder Modendichte Z(v) von großen Hohlräumen nach
Jeans und Weyl (Baltes und Hilf 1976; Baltes und Kneubühl 1972; Kneubühl 1994)

4πv2 8πv2
Z ðvÞ ¼ 2 3
¼ 3 : ð3:4Þ
c c

Kombinieren wir die Gl. (3.2), (3.3) und (3.4) mit (3.1), so finden wir für die
Energiedichte der thermischen Gleichgewichtsstrahlung das bekannte Plancksche
Strahlungsgesetz (Planck 1900, 1901):

h i1 8πhv3 h i1


uðv; T Þdv ¼ Z ðvÞhv ehv=kT  1 dv ¼ 3 ehv=kT  1 dv: ð3:5Þ
c

Dieses in Abb. 3.1 illustrierte Gesetz wurde 1900 von Planck formuliert in
Anpassung an die von Rubens kurz vorher gemessene spektrale Infrarotemission
von schwarzen Körpern (Rubens 1922; Palik 1977).
Die obige Plancksche Strahlungsformel (3.5) gilt nur für große Hohlräume, deren
Abmessungen d und Krümmungsradien R viel größer als die Wellenlänge λ ¼ c/v
sind, d. h. V1/3, d, R  λ. Für endliche Hohlräume, deren Abmessungen vergleichbar
sind mit der Wellenlänge λ, d. h. V1/3, d, R  λ, muss die Zustandsdichte entspre-
chend korrigiert werden (Baltes und Hilf 1976; Baltes und Kneubühl 1972)

Λ 8π Λ 0
Z ∗ ð vÞ ’ Z ð vÞ  þ . . . ¼ 3 v2  v þ . . .: ð3:6Þ
cV c cV

Dabei ist Λ eine charakteristische Länge des Hohlraums. In Tab. 3.1 sind einige
Beispiele aufgeführt. Das Fehlen des Terms mit dem Faktor v1 ist charakteristisch für
die elektromagnetische Strahlung.
Die Plancksche Formel kann für verschiedene Grenzfälle vereinfacht werden
unter Berücksichtigung, dass die Temperatur T ¼ 1 K gemäß Planck der Frequenz
v ¼ kT/h ¼ 2,1  1010 Hz entspricht:

a) Hochfrequente Prozesse. Hier ist hv  kT, was für Zimmertemperatur T ¼ 300 K


bei sichtbarem Licht, Ultraviolett und Röntgenstrahlen der Fall ist. Die Bose-
Einstein-Verteilung (3.3) kann in diesem Frequenzbereich durch eine Exponen-
tialfunktion angenähert werden
h i1
nðv; T Þ ¼ ehv=kT  1  ehv=kT ¼ eE=kT : ð3:7Þ
3.1 Das Strahlungsfeld 23

Abb. 3.1 Spektrale Energiedichte der Strahlung eines schwarzen Körpers nach Planck (Pl). Zum
Vergleich ist das Wiensche (W) und das Rayleigh-Jeans-(RJ) Gesetz eingezeichnet. Alle Kurven
sind gerechnet für eine Temperatur von 3000 K

Tab. 3.1 Charakteristische Hohlraum


Längen Λ endlicher
Kugel mit Radius R 4R/3
Hohlräume
Quader mit Kantenlängen L1, L2, L3 L1+L2+L3
Würfel mit Kantenlänge L 3L
Kreiszylinder mit Radius R und Länge L (4L/3)+πR

Die Verteilung (3.7) entspricht der Boltzmann-Statistik von Teilchen mit der
Energie E ¼ hv. Dies zeigt, dass sich die Photonen für hv  kT statistisch wie
klassische Teilchen verhalten. Kombiniert man (3.7) mit den Gl. (3.2), (3.3) und
(3.1), so erhält man anstelle der Planckschen Formel das Wiensche Strahlungs-
gesetz, das im letzten Jahrhundert empirisch gefunden wurde

8πhv3 hv=kT
uðv; T Þdv ¼ Z ðvÞhvehv=kT dv ¼ e dv: ð3:8Þ
c3
Interessanterweise ist es nie gelungen, auf der Basis der klassischen Physik
eine befriedigende Ableitung des Wienschen Gesetzes zu finden.
b) Niederfrequente Prozesse. Hier ist hv  kT, d. h. für Zimmertemperatur T ¼ 300 K,
Radiowellen und Mikrowellen. In diesem Spektralbereich kann die Exponenti-
alfunktion in der Bose-Einstein-Verteilung (3.3) entwickelt werden
24 3 Wechselwirkung von elektromagnetischer Strahlung mit atomaren Systemen

h i1 kT
nðv; T Þ ¼ ehv=kT  1  : ð3:9Þ
hv
Für die spektrale Energiedichte erhält man somit das Rayleigh-Jeans-Strah-
lungsgesetz

8πv2
uðv; T Þdv ¼ kTZ ðvÞdv ¼ kT dv: ð3:10Þ
c3
Man beachte, dass das Rayleigh-Jeans-Strahlungsgesetz einer Energiedichte
von kT pro Mode entspricht, also unabhängig von der Frequenz v ist. In der
Elektrotechnik wird dies als weißes Rauschen bezeichnet. Dieses Rauschen
widerspiegelt den statistischen Wellencharakter der elektromagnetischen Strah-
lung für hv  kT.

Ferner ist bemerkenswert, dass die spektrale Energiedichte (3.10) von Rayleigh-
Jeans für hohe Frequenzen v divergiert. Dieses Phänomen wird historisch als
Ultraviolett-Katastrophe bezeichnet. Diese Divergenz würde bedeuten, dass ein
Ofen mehr Ultraviolett und Röntgenstrahlung als Infrarot aussendet. Im Gegensatz
zum Rayleigh-Jeans-Gesetz führt das Plancksche Strahlungsgesetz zu keiner Ultra-
violett-Katastrophe.

3.2 Zweiniveau-Systeme

Eines der fundamentalsten Resultate der Quantenmechanik ist, dass sich jedes
physikalische System nur in einem vorbestimmten Satz von Zuständen, den soge-
nannten Eigenzuständen, befinden kann. Jedem dieser Eigenzustände ist eine Ener-
gie zugeordnet, welche zur Gesamtenergie beiträgt, falls dieser Zustand besetzt ist.
Somit kann jedes physikalische System nur ganz bestimmte Energien aufweisen.
Diese Energien werden als Energieniveaus bezeichnet. Existieren für ein Energieni-
veau g > 1 verschiedene, d. h. mathematisch linear unabhängige Eigenzustände, so
bezeichnet man es als g-fach entartet. In jedem Lehrbuch der Quantenmechanik sind
einfache physikalische, d. h. quantenmechanische Systeme beschrieben, z. B. der
harmonische Oszillator, ein Elektron in einem elektrischen Potential und das Was-
serstoffatom (Alonso und Finn 2005; Baym 1996; Blochinzew 1977; Dawydow
1992; Gasiorowicz 2002; Kneubühl 1994; Messiah 1981/1985; Yariv 1989).
Wir betrachten nun die Wechselwirkung von elektromagnetischer Strahlung mit
einer Anzahl identischer quantenmechanischer Systeme, wie z. B. Atome, Ionen
oder Moleküle, welche sich im thermodynamischen Gleichgewicht mit der Tempe-
ratur T befinden. Im Fall des Rubinlasers sind dies die Chrom-Ionen im Alumini-
umoxid, beim CO2-Laser sind es die CO2-Moleküle. Besteht zwischen den identi-
schen quantenmechanischen Systemen angenähert keine Wechselwirkung, so kann
man ihre Gesamtheit als ideales Gas betrachten. Das bedingt eine nicht zu große
3.2 Zweiniveau-Systeme 25

Abb. 3.2 Energieniveaus des


Wasserstoffatoms ohne
Berücksichtigung des
Elektronenspins.
Ry ¼ 13,6 eV ist die
Rydbergkonstante und n
nummeriert die Niveaus

Konzentration der laseraktiven Atome, Ionen oder Moleküle. So beträgt beim


Rubinlaser die Dotierung des Al2O3 mit Cr3+ nur etwa 0,05 %, d. h. auf 2000 Al-
Ionen kommt ein Cr-Ion, sodass die Näherung des idealen Gases gerechtfertigt
ist. Somit gehorcht die Besetzung der Energieniveaus der verschiedenen Atome,
Ionen oder Moleküle der Boltzmann-Verteilung (Becker 1985; Reif 1987) mit
positiver Temperatur T. Dies bedeutet, dass die Anzahl der identischen quantenme-
chanischen Systeme, welche sich in einem höheren Energieniveau Ej befinden,
geringer ist als diejenige der Systeme, welche sich in einem tieferen Energieniveau
Ei < Ej befinden (Adam und Hittmair 1988) (Abb. 3.2).
Der Einfachheit halber beschränken wir uns in der Folge auf Gesamtheiten von
identischen quantenmechanischen Systemen, welche nur zwei Energieniveaus
E1 < E2 besitzen. Bei diesen Zweiniveau-Systemen bezeichnet man den Zustand
1 des tieferen Niveaus E1 als Grundzustand und den Zustand 2 des oberen Niveaus
E2 > E1 als angeregten Zustand. Die Besetzung der Niveaus ist in Abb. 3.3
dargestellt.
Dabei beschreiben Ni die Besetzungsdichten und gi die Entartungsgrade der zwei
Energieniveaus Ei. Die Boltzmann-Verteilung bestimmt das Verhältnis der Be-
setzungsdichten N2 und N1
 
N 2 g2 E2  E1
¼ exp  mit T  0 ð3:11Þ
N 1 g1 kT

und N 0 ¼ N 1 þ N 2 ¼ const: ð3:12Þ

N0 beschreibt die konstante Dichte aller vorhandenen identischen quantenmecha-


nischen Systeme, d. h. Atome, Ionen oder Moleküle.
26 3 Wechselwirkung von elektromagnetischer Strahlung mit atomaren Systemen

Abb. 3.3 Zweiniveau-


Systeme im
thermodynamischen
Gleichgewicht

3.3 Emission und Absorption elektromagnetischer Strahlung

Im Folgenden diskutieren wir die drei möglichen Wechselwirkungsprozesse zwi-


schen der elektromagnetischen Strahlung und den im letzten Abschnitt geschilderten
Zweiniveau-Systemen. Unsere Beschreibung entspricht derjenigen von Ein-
stein (1917).

3.3.1 Spontane Emission

Wir setzen voraus, dass ein Teil der Atome, Ionen oder Moleküle sich im angeregten
Zustand 2 befinden. Ohne jede äußere Beeinflussung, also völlig unabhängig vom
vorhandenen Strahlungsfeld, kehren sie vom angeregten Zustand 2 spontan in den
Grundzustand 1 nach einer mittleren Verweilzeit zurück. Diese Verweilzeit τsp
entspricht der mittleren Lebensdauer im Zustand 2. Eine derartige Zustandsänderung
kann gemäß der Planckschen Beziehung

E2  E1 ¼ hv ð3:13Þ

verknüpft sein mit der Emission eines Photons der Frequenz v.


Bei der spontanen Emission eines Photons ist der Zeitpunkt der Emission,
respektive die Phase der ausgesandten elektromagnetischen Welle sowie die Emis-
sion- und Polarisationsrichtung des Photons rein zufällig, d. h. statistisch. Die spon-
tane Emission liefert daher inkohärente Strahlung.
sp
Die Wahrscheinlichkeit W 21 , dass ein System in der Zeit t durch spontane
Emission eines Photons vom Zustand 2 in den energetisch tieferen Zustand
1 übergeht, kann durch den Einstein-Koeffizienten A21 beschrieben werden
(Abb. 3.4)
sp
dW 21 ¼ A21 dt ð3:14Þ

mit A21 ¼ 1=τsp : ð3:15Þ


3.3 Emission und Absorption elektromagnetischer Strahlung 27

Abb. 3.4 Spontane Emission E2

E2 − E1 = hν

E1

A21 entspricht der Wahrscheinlichkeit, dass ein Atom, Ion oder Molekül inner-
halb einer Sekunde durch spontane Emission eines Photons der Energie hv vom
Energieniveau E2 zum Energieniveau E1 übergeht. Für Übergänge bei denen ein
Photon im sichtbaren Spektralbereich unter Einfluss eines elektrischen Dipols emit-
tiert wird, beträgt

A21  108 s1 : ð3:16Þ

Die spontane Emission bewirkt eine Abnahme der Besetzungsdichte N2 des


oberen Niveaus E2 gemäß
sp sp
dN 21 ¼ N 2 dW 21 ¼ N 2 A21 dt: ð3:17Þ

Schließlich muss noch erwähnt werden, dass spontane Übergänge nur von höher
zu tiefer liegenden Energieniveaus stattfinden, nie umgekehrt!

3.3.2 Induzierte Absorption

Ein Atom, Ion oder Molekül, welches sich im unteren Energieniveau E1 befindet,
kann durch das Strahlungsfeld via Absorption eines Photons der Energie hv ¼ E2E1
in das Energieniveau E2 gelangen. Dieser resonante Prozess wird als induzierte
Absorption bezeichnet.
ind
Die Übergangswahrscheinlichkeit W 12 eines Atoms, Ions oder Moleküls wäh-
rend der Zeit t vom tieferen Energieniveau E1 in das höhere Energieniveau E2 durch
induzierte Absorption überzugehen, kann durch den Einstein-Koeffizienten B12
beschrieben werden

ind
dW 12 ¼ uðvÞBl2 dt, ð3:18Þ
28 3 Wechselwirkung von elektromagnetischer Strahlung mit atomaren Systemen

Abb. 3.5 Induzierte E2


Absorption

hν = E2 − E1

E1

Abb. 3.6 Stimulierte E2


Emission

E2 − E1 = hν

E1

wobei u(v) die spektrale Energiedichte des Strahlungsfeldes bei der Frequenz
v darstellt. Die Übergangswahrscheinlichkeit ist also proportional zur Strahlungs-
dichte!
Pro Zeitintervall dt machen bei einer Besetzungsdichte N1 des unteren Niveaus E1
ind
insgesamt dN 21 Atome, Ionen oder Moleküle durch induzierte Absorption
Übergänge ins obere Niveau E2, wobei gilt (Abb. 3.5)

ind
dN 12 ¼ N 1 dW 12
ind
¼ N 1 uðvÞB12 dt: ð3:19Þ

3.3.3 Stimulierte oder induzierte Emission

Befindet sich ein Atom, Ion oder Molekül im oberen Energieniveau E2, so kann es
unter Einwirkung des äußeren Strahlungsfeldes vom Niveau E2 in das untere Niveau
E1 übergehen unter stimulierter Emission eines Photons der Energie hv ¼ E2E1
(Abb. 3.6).
3.4 Bilanz der Besetzungsdichten und Photonen 29

ind
Die entsprechende Übergangswahrscheinlichkeit dW 21 ist wiederum mitbe-
stimmt durch die Strahlungsdichte u(v). Sie wird beschrieben durch den Einstein-
Koeffizienten B21 gemäß

ind
dW 21 ¼ uðvÞB21 dt: ð3:20Þ

Pro Zeitintervall dt machen bei einer Besetzungsdichte N2 des oberen Niveaus E2


ind
insgesamt dN 21 Atome, Ionen oder Moleküle einen Übergang ins untere Niveau E1
durch stimulierte Emission, wobei gilt

ind
dN 21 ¼ N 2 dW 21
ind
¼ N 2 uðvÞB21 dt: ð3:21Þ

Im Gegensatz zur spontanen Emission ist sowohl die stimulierte Emission als
auch die induzierte Absorption eine Funktion des vorhandenen Strahlungsfeldes. Es
sind kohärente Prozesse.

3.4 Bilanz der Besetzungsdichten und Photonen

3.4.1 Besetzungsraten

Die im vorherigen Abschnitt beschriebenen Prozesse fassen wir nun zusammen. Die
Besetzungsdichte N1 des unteren Niveaus E1 wird durch die induzierte Absorption
vermindert, jedoch durch die spontane und die stimulierte Emission erhöht. Entspre-
chend wird die Besetzungsdichte N2 des oberen Niveaus E2 durch die induzierte
Absorption erhöht sowie durch die spontane und die stimulierte Emission erniedrigt.
Indem wir die Bilanz ziehen über Zuwachs und Abnahme der Besetzungsdichten
im unteren und oberen Niveau E1 und E2 gewinnen wir die Ratengleichungen der
Besetzungsdichten, welche die Wechselwirkung zwischen einem Strahlungsfeld und
den Zweiniveau-Systemen beschreiben, wobei u ¼ u(v) bedeutet (Abb. 3.7)
dN 1
¼ N 1 B12 u þ N 2 B21 u þ N 2 A21 , ð3:22Þ
dt

Abb. 3.7 Wechselwirkung E2


eines Strahlungsfeldes mit
Zweiniveau-Systemen
ind ind
W12 W 21

sp
W 21

E1
30 3 Wechselwirkung von elektromagnetischer Strahlung mit atomaren Systemen

dN 2
¼ N 1 B12 u  N 2 B21 u  N 2 A21 , ð3:23Þ
dt
mit N 0 ¼ N 1 þ N 2 : ð3:12Þ

Dies sind die Gleichungen, welche zur Beschreibung des Laserprozesses not-
wendig sind. Zudem sind sie historisch bedeutsam, weil daraus Beziehungen zwi-
schen den Einstein-Koeffizienten hergeleitet werden können. Zu diesem Zweck
nehmen wir an, dass sich die identischen quantenmechanischen Systeme, d. h. Atome,
Ionen oder Moleküle, im thermodynamischen Gleichgewicht mit der Temperatur
T befinden. Unter dieser Voraussetzung verschwinden die zeitlichen Ableitungen in
den Gl. (3.22) und (3.23). Die Besetzungsdichten Ni sind dann durch die Boltzmann-
Verteilung (3.11) bestimmt. Die Strahlungsdichte u gehorcht der Planckschen Strah-
lungsformel (3.5). Somit ergibt die erste Ratengleichung (3.22) die Beziehung

8πhv3 h hv=kT i1  g1 hv=kT



N 2 A21 ¼ N2 3 e 1 B12 e  B21 : ð3:24Þ
c g2

Diese Gleichung gilt für jede Temperatur T, daher muss gelten

g1 B12 ¼ g2 B21 : ð3:25Þ

Weiter gewinnen wir aus Gl. (3.24) eine Beziehung zwischen den Einstein-
Koeffizienten für spontane und induzierte Übergänge

8πhv3
A21 ¼ B21 ¼ hvZ ðvÞB21 : ð3:26Þ
c3
Diese Beziehungen (3.25) und (3.26) gelten allgemein, obschon sie für thermo-
dynamisches Gleichgewicht hergeleitet wurden. Deshalb enthalten sie die Tempe-
ratur T nicht als Parameter. Sie beschreiben Eigenschaften quantenmechanischer
Systeme, also von Atomen, Ionen oder Molekülen.

3.4.2 Verhältnis zwischen induzierter und spontaner Emission

Interessant ist festzustellen, ob allenfalls die induzierte Emission stärker ist als die
spontane. Dann ist die Mehrzahl der emittierten Photonen kohärent zum einfallenden
Strahlungsfeld. Daher bilden wir das Verhältnis der Wahrscheinlichkeiten von
induzierter zu spontaner Emission mit Hilfe der Gl. (3.14) und (3.20)

ind
dW 21 B21 uðvÞdt uð v Þ Z ðvÞhv nðvÞ
sp ¼ ¼ ¼
dW 21 A21 dt Z ðvÞhv Z ðvÞ hv

mit dem Resultat


3.4 Bilanz der Besetzungsdichten und Photonen 31

ind
dW 21
sp ¼ nðvÞ: ð3:27Þ
dW 21

Das Verhältnis der Übergangsraten ist also gleich der Anzahl n(v) Photonen pro
Mode. Die induzierte Emissionsrate in einem Mode ist immer dann größer als die
spontane Rate, wenn das induzierte Strahlungsfeld in diesem Mode mehr als ein
Photon enthält.
Im thermodynamischen Gleichgewicht ist die Besetzungszahl n(v, T) pro Mode
durch die Bose-Einstein-Verteilung gegeben. Es existieren wiederum zwei Grenz-
fälle:

a) Hochfrequente Prozesse. Für hv  kT gilt mit (3.7)

ind
dW 21 hv=kT
sp  e  1: ð3:28Þ
dW 21

Es überwiegt die spontane Emission. Wir schließen daraus, dass je höher


die Frequenz v ist, desto schwieriger wird es, stimulierte Emission zu erzielen.
Das ist eines der großen Probleme bei der Entwicklung von Lasern, welche
Röntgenstrahlung emittieren.
b) Niederfrequente Prozesse. Für hv  kT erhalten wir mit (3.9)

ind
dW 21 kT
sp   1: ð3:29Þ
dW 21 hv

In diesem Frequenzbereich dominiert die induzierte Emission.

Abb. 3.8 zeigt die mittlere Photonenzahl n als Funktion von Frequenz v[Hz] und
Temperatur T[K]. Wie aus ihr ersichtlich ist, überwiegt für sichtbares Licht die
spontane Emission bei Weitem, d. h. wir haben inkohärente Strahlung. Konzentriert
man jedoch die Strahlungsenergie auf wenige Moden, so kann man in diesen Moden
eine große Photonenzahl erreichen. Die induzierte Emission ist in diesen Moden
dann wesentlich stärker als die spontane. Dies entspricht dem Laserprozess.

3.4.3 Photonenraten

Für einen Laser ist die Photonenrate wichtig. Sie entscheidet, ob ein einfallendes
Strahlungsfeld verstärkt wird oder nicht. Die Änderung der Dichte ñ(t) der mono-
chromatischen Photonen der Energie hv ¼ E2  E1 folgt direkt aus den
Überlegungen, die zu den Ratengleichungen der Niveau-Besetzungen (3.22) und
(3.23) führten: Die Photonenrate setzt sich aus den pro Zeiteinheit durch spontane
32 3 Wechselwirkung von elektromagnetischer Strahlung mit atomaren Systemen

Abb. 3.8 Mittlere T [K]


Photonenzahl n(v, T) pro
Mode im thermodynamischen 10 5
Gleichgewicht als Funktion
der Temperatur T und der 10 4

4
Frequenz v

sichtbares Licht
10
10 3

2
10
=

10
n
10 2

-2
1

0
10
-1
10

00
10 1

-1

00
10

0
-1
10
1 ν [Hz]
10 8 10 9 10 10 10 11 10 12 10 13 10 14 10 15

und stimulierte Emission gewonnenen Photonen sowie aus den pro Zeiteinheit durch
induzierte Absorption verlorenen Photonen zusammen

d~
n
¼ A21 N 2 þ uðvÞfB21 N 2  B12 N 1 g: ð3:30Þ
dt
Das gleiche Aussehen der Photonenrate und der ersten Ratengleichung (3.22) ist
ein Spezialfall und hängt mit der Verwendung von Zweiniveau-Systemen zusam-
men. Unter Benutzung der Beziehung zwischen den Einstein-Koeffizienten (3.25)
folgt
 
d~
n g2
¼ A21 N 2 þ uðvÞB21 N 2  N 1 : ð3:31Þ
dt g1

Zuerst wollen wir die Situation im thermodynamischen Gleichgewicht betrach-


ten. Hier ist die Besetzung der Energieniveaus der Atome durch die Boltzmann-
Verteilung bestimmt. Mit (3.11) lautet dann die Photonenratengleichung

d~
n n o
¼ A21 N 2 þ uðvÞB21 N 2 1  ehv=kT : ð3:32Þ
dt
Ein beliebiges einfallendes Strahlungsfeld wird also abgeschwächt. Man erkennt
dies daran, dass im zweiten Summand der Faktor in Klammern negativ ist. Bei
der Besetzung der Niveaus im thermodynamischen Gleichgewicht findet also
Absorption statt, d. h. die induzierte Absorption ist stärker als die stimulierte Emission.
Unter welchen Bedingungen trotzdem eine Verstärkung des Strahlungsfeldes erzielt
werden kann, wird im Kap. 4. untersucht.
Bleiben wir jedoch vorerst beim thermodynamischen Gleichgewicht. Das ein-
fallende Strahlungsfeld sei nun eine Schwarzkörper-Strahlung, d. h. es gelte das
Plancksche Strahlungsgesetz (3.5). Setzen wir dieses und die Beziehung zwischen
den Einstein-Koeffizienten der spontanen und der induzierten Emission (3.26) in
(3.32) ein, so folgt dñ/dt ¼ 0. Somit bleibt die Zahl der Photonen konstant.
Literatur 33

Die induzierte Absorption ist aber auch hier stärker als die induzierte Emission, weil
{1exp(hv/kT)} < 0. Photonen, die durch spontane Emission erzeugt werden, gehen
dem Strahlungsfeld verloren. Bei der Konstanz der Photonenzahl bedeutet dies
jedoch eine Abschwächung des einfallenden Strahlungsfeldes, also Absorption.

Literatur
Adam, G.; Hittmair, O. (1988): Wärmetheorie, 3. Aufl. Vieweg, Braunschweig
Alonso, M.; Finn, E. J. (2005): Quantenphysik und statistische Physik, 4. Aufl. Oldenbourg,
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Baltes, H. P.; Kneubühl, F. K. (1972): Helv. Phys. Acta 45, 481
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Baym G. (1996): Lectures on Quantum Mechanics, 22nd print. Addison-Wesley, USA
Becker, R. (1985): Theorie der Wärme, 3. Aufl. Springer, Heidelberg
Blochinzew, D. J. (1977): Grundlagen der Quantenmechanik, 7. Aufl. Deutsch, Thun & Frankfurt
Dawydow, A. S. (1992): Quantenmechanik, 8. Aufl. Barth, Leipzig
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Gasiorowicz, S. (2002): Quantenphysik, 8. Aufl. Oldenbourg, München
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Messiah, A. (1981/1985): Quantenmechanik (2 Bde), 2. Aufl. de Gruyter, Berlin
Palik, E. D. (1977): J. Opt. Soc. Am. 67, 857
Planck, M. (1900): Verh. dt. phys. Gesellschaft 2, 237
Planck, M. (1901) Ann. Phys. 4, 553
Reif, F. (1987): Statistische Physik und Theorie der Wärme, 3. Aufl. de Gruyter, Berlin
Rubens, H. (1922): Nachrufe, Nature 110, 740; Naturwiss. 48, 1016; Z. Phys. 19, 377
Yariv, A. (1989): Quantum Electronics, 3rd ed. Wiley N. Y.
Prinzip der Laser
4

In diesem Kapitel wird das Prinzip der Laser erläutert. Zuerst werden die Bedingun-
gen für kohärente Lichtverstärkung hergeleitet. Laser bestehen im Wesentlichen aus
einem strahlenden Medium und einer Strahlungsrückkopplung. Das laseraktive
Medium wird weitgehend durch das Strahlungsspektrum beschrieben, welches meist
durch charakteristische Spektrallinien gekennzeichnet ist. Die Strahlungsrückkopp-
lung erfolgt durch optische Resonatoren und verwandte Vorrichtungen. Spektralli-
nien und Resonatoren werden in den beiden folgenden Kap. 5 und 6 ausführlich
beschrieben. Im vorliegenden Kapitel begnügen wir uns vorerst mit den notwendi-
gen Hinweisen auf ihre Bedeutung und Eigenschaften. Dagegen befassen wir uns
vor allem mit dem Begriff der Besetzungsinversion. In diesem Sinne leiten wir die
Schwellenbedingung für die Besetzungsinversion eines laseraktiven Mediums in
einem Resonator her. In der Folge geben wir eine Übersicht über die verschiedenen
Methoden, Besetzungsinversionen zu erzeugen, d. h. über die Anregungsarten der
Laseremission. Schließlich untersuchen wir das zeitliche Verhalten der Popula-
tionsinversion und der Strahlung im Resonator.

4.1 Voraussetzungen für Strahlungsverstärkung

Im vorangehenden Kapitel wurde gezeigt, dass eine Strahlung absorbiert wird, wenn
sie auf Atome, Ionen oder Moleküle fällt, welche sich im thermodynamischen
Gleichgewicht befinden. Dies ist eine Folge der stärkeren Besetzung des unteren
Energieniveaus der Teilchen. Wir betrachten wiederum eine Gesamtheit identischer
Zweiniveau-Systeme und untersuchen, wodurch eine Verstärkung des Strah-
lungsfeldes erreicht werden kann. Gesucht ist somit eine Bedingung, dass die
Photonendichte ñ zunimmt, d. h.

# Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2018 35


M. W. Sigrist, Laser: Theorie, Typen und Anwendungen,
https://doi.org/10.1007/978-3-662-57515-4_4
36 4 Prinzip der Laser

d~
n
> 0: ð4:1Þ
dt
Die zeitliche Änderung der Photonendichte ñ wird bestimmt durch die Raten-
gleichung (vgl. Gl. (3.31)):
 
d~
n g
¼ A21 N 2 þ uðvÞB21 N 2  2 N 1 : ð4:2Þ
dt g1

Eine hinreichende Bedingung dafür, dass (4.1) erfüllt wird, ist

N2 N1
> : ð4:3Þ
g2 g1

Dies ist die Voraussetzung für die Verstärkung des Strahlungsfeldes. Das bedeu-
tet eine höhere Besetzung der einzelnen oberen Zustände als der einzelnen unteren
Zustände. Man spricht in diesem Fall von Besetzungsinversion. Eine Besetzungsin-
version steht in krassem Widerspruch zur Boltzmann-Verteilung, welche durch das
thermische Gleichgewicht bei der absoluten Temperatur T  0 definiert wird. Um
eine Besetzungsinversion zu erreichen, muss deshalb das thermodynamische Gleich-
gewicht erheblich gestört werden.
Formal kann eine Besetzungsinversion meist durch eine negative absolute Tem-
peratur T < 0 beschrieben werden. Die Besetzungsdichten sind dann formal durch
eine Boltzmann-Verteilung bestimmt (Yariv 1991). Dies ergibt eine verallgemei-
nerte Boltzmann-Verteilung
 
N 2 g2 E2  E1
¼ exp  , mit ð4:4Þ
N 1 g1 kT

T  0 für thermodynamisches Gleichgewicht,


T < 0 für Besetzungsinversion.
Eine weitere Bedingung für die Strahlungsverstärkung ergibt sich aus dem
Verhältnis zwischen induzierter und spontaner Emission. Die spontane Emission
hat keine feste Beziehung zur einfallenden Strahlung. Sie überlagert sich der indu-
zierten Emission als inkohärentes Rauschen. Damit ergibt sich eine weitere Forde-
rung: Der hohe Rauschanteil der spontanen Emission muss durch äußere Einflüsse
reduziert werden. Es muss also dafür gesorgt werden, dass die kohärente stimulierte
Emission die inkohärente spontane Emission überwiegt. Mit (3.27) heißt dies

n=Mode > 1: ð4:5Þ

Neben der ersten Forderung der Besetzungsinversion hat man als zweite Forde-
rung für das wechselwirkende Strahlungsfeld eine Rückkopplung und die Auswahl
eines möglichst schmalen Frequenzbandes zu berücksichtigen. Erst dann wird,
wenigstens in einem Mode, eine effektive Verstärkung durch stimulierte Emission
4.2 Schwellenbedingung für Laseroszillation 37

möglich. Letzteres wird mit Hilfe eines optischen Resonators erreicht. Die verschie-
denen Resonatortypen und ihre Funktionsweisen werden ausführlich in den Kap. 6
bis 8 behandelt.

4.2 Schwellenbedingung für Laseroszillation

Wir wollen in diesem Abschnitt untersuchen, wie groß die Verstärkung eines
laseraktiven Mediums ist, wenn eine Besetzungsinversion vorhanden ist. Die Selek-
tion auf wenige Moden sei durch einen geeigneten Resonator gewährleistet. Dadurch
kann die spontane Emission gegenüber der stimulierten Emission vernachlässigt
werden.
Wir betrachten wiederum eine Gesamtheit von identischen Zweiniveau-Systemen
mit den Energien E1 und E2. Bis jetzt wurde angenommen, dass die Übergänge
zwischen den beiden Niveaus als scharfe, d. h. monochromatische Spektrallinie mit
der Frequenz v0 ¼ (E2  E1)/h erscheinen. In Wirklichkeit weist die Spektrallinie
eine endliche Linienbreite Δv auf, d. h. sie ist nicht streng monochromatisch. Die
Spektrallinie kann beschrieben werden mit Hilfe einer Linienformfunktion g(v),
welche folgende Bedingungen erfüllt (Abb. 4.1).
Z þ1
gðvÞdv ¼ 1, ð4:6Þ
0

1
gðv0 Þ  gmax und gðv0  Δv=2Þ  gmax : ð4:7Þ
2
v0 bezeichnet die Resonanzfrequenz und Δv die Halbwertsbreite, englisch „full
width at half maximum (FWHM)“. Formal entspricht g(v)dv der a priori-
Wahrscheinlichkeit, dass bei einem Übergang zwischen den Niveaus E1 und E2
ein Photon mit der Frequenz zwischen v und v + dv absorbiert oder emittiert wird.
Dementsprechend müssen die induzierten Übergangswahrscheinlichkeiten (3.18)
und (3.20) für Spektrallinien mit nicht verschwindender Halbwertsbreite modifiziert
werden

ind
dW 12 ¼ uðvÞdvgðvÞB12 dt,
ð4:8Þ
ind
dW 21 ¼ uðvÞdvgðvÞB21 dt:

Eine ausführliche Diskussion der Spektrallinien und ihrer Formen erfolgt im


folgenden Kap. 5.
Im Weiteren nehmen wir an, dass der optische Resonator des Lasers beliebig
scharfe Resonanzen aufweist. Demnach entspricht seine Formfunktion gR(v) in
erster Näherung einer Summe von Dirac-Deltafunktionen (Bracewell 2000)
38 4 Prinzip der Laser

Abb. 4.1 Beispiel einer g (ν)


Linienformfunktion g(v)

Δν = FWHM

ν
ν = ν0

g (ν)
Moden des Resonators

Spektrallinie

ν
νR

Abb. 4.2 Wirkung des Laser-Resonators

X
gR ð v Þ ¼ R
GR δðv  vR Þ, ð4:9Þ

wobei vR die Frequenzen und GR die Entartungen der Resonanzen R des Resonators
darstellen.
Diese Annahme ist gerechtfertigt, weil bei den meisten Lasern die Resonanzbreiten
δvR des Resonators erheblich kleiner sind als die Halbwertsbreiten Δv der Spektral-
linien. Wie in Abb. 4.2 illustriert, ist es daher möglich, mit dem Resonator extrem
schmale Frequenzbereiche innerhalb der Spektrallinie auszuwählen.
Die Energiedichte uv in einem Mode des Laser-Resonators mit der Resonanzfre-
quenz vR ¼ v und der geringen Breite δvR ist gegeben durch

uv ¼ uðvÞ δvR ¼ hv~


n, ð4:10Þ
4.2 Schwellenbedingung für Laseroszillation 39

wobei wie in Abschn. 3.4.3 das Symbol ñ die Dichte der monochromatischen
Photonen der Frequenz v darstellt. Die zeitliche Veränderung der Photonendichte
ñ wird durch eine entsprechend modifizierte Ratengleichung (4.2) beschrieben,
 
d~
n   g
¼ A21 N 2 þ hv~
n fgðvÞB21 g N 2  2 N 1 : ð4:11Þ
dt g1

Die entsprechende Beziehung für uv unter Vernachlässigung der spontanen


Emission (4.11) lautet
 
duv g2
¼ hv uv gðvÞB21 N 2  N 1 : ð4:12Þ
dt g1

Für die Änderung von uv pro Längeneinheit beim Durchlaufen des laseraktiven
Mediums mit der Lichtgeschwindigkeit c0 in der z-Richtung beträgt unter Berück-
sichtigung von dz ¼ c0 dt
 
duv hv g
¼ B21 uv gðvÞ 0 N 2  2 N 1 : ð4:13Þ
dz c g1

Benutzen wir die Beziehung (3.26) zwischen den Einstein-Koeffizienten und

A21 ¼ τsp 1 , ð4:14Þ

so folgt
 
duv c0 2 g2
¼ N 2  N 1 gðvÞuv : ð4:15Þ
dz 8πτsp v2 g1

Definieren wir den Verstärkungsfaktor γ(v) des Lasermediums durch

duv ðzÞ
¼ þγ ðvÞuv ðzÞ, ð4:16Þ
dz
dann finden wir
  02
g c
γ ðvÞ ¼ N2  2N1 gðvÞ: ð4:17Þ
g1 8πv2 τsp

γ(v) wird auch Kleinsignalverstärkung genannt. Man beachte, dass sie von der Form
der Linienverbreiterung abhängt!
Als Beispiel betrachten wir die approximierte Kleinsignalverstärkung γ(v) in der
Linienmitte der Emissionslinie eines Rubinlasers:
40 4 Prinzip der Laser

Rubin (Al2O3, dotiert mit Cr3+)

v ¼ v0 ¼ 4,326  1014 Hz, λ ¼ 6943 Å, τsp ¼ 3 ms, c=c0 ¼ 1,78,


1
Δv ¼ 2  1011 Hz bei 300 K, gð v 0 Þ ’ ¼ 5  1012 s,
Δv
g
N 2  2 N 1 ¼ 5  1017 cm3 mit Blitzlampen als Pumpquelle:
g1

Daraus ergibt sich γ(v) ¼ 0,05 cm1, d. h. die Verstärkung pro cm beträgt 5 %.
Bei den obigen Betrachtungen haben wir die Energiedichte uv in einem Mode
verwendet. Mit optischen Detektoren misst man jedoch die Intensität Iv. Sie folgt aus
der Energiedichte gemäß

I v ðzÞ ¼ c0 uv ðzÞ: ð4:18Þ

Aus (4.16) ergibt sich damit durch Integration über den Weg z

I v ðzÞ ¼ I v ð0Þ expfþγ ðvÞzg: ð4:19Þ

Man sieht hier, dass die Intensität der elektromagnetischen Welle exponentiell
wächst, falls eine Besetzungsinversion vorhanden ist. Besteht keine Besetzungsin-
version, so nimmt sie ab. Dies entspricht der normalen Absorption.
Nicht berücksichtigt haben wir bis jetzt die Verluste, die durch Streuung oder
Absorption im Wirtsmaterial der laseraktiven Atome, Ionen oder Moleküle entste-
hen. Diese Verluste werden beschrieben mit der Verlustkonstanten α(v), die wie
folgt in die Gl. (4.19) eingeführt wird

I v ðzÞ ¼ I v ð0Þ expf½γ ðvÞ  αðvÞzg: ð4:20Þ

Eingangs erwähnten wir, dass das laseraktive Medium in einen Resonator einge-
baut sei, damit die induzierte Emission die spontane Emission überwiege. Ein Laser
mit Fabry-Perot-Resonator besteht z. B. aus zwei ebenen parallelen Spiegeln
zwischen denen das Licht in einem laseraktiven Medium hin- und herläuft und dabei
verstärkt wird wie in Abb. 4.3 illustriert. Mindestens ein Spiegel ist teildurchlässig,
so dass ein Teil des Laserlichtes ausgekoppelt werden kann. Die Durchlässigkeit der
Spiegel wird durch den Intensitäts-Reflexionskoeffizienten Rsp beschrieben. Rsp ¼ 1
heißt totale Reflexion, während Rsp ¼ 0 Transmission bedeutet.
Die Spiegel des Resonators haben den Abstand L, welcher der Länge des aktiven
Mediums entsprechen soll. Nach einmaligem Umgang des Lichtstrahls im Resona-
tor, englisch „round-trip“, beträgt die Intensität

I v ð2LÞ ¼ I v ð0Þ expf½γ ðvÞ  αðvÞ2Lg Rsp1 Rsp2 , ð4:21Þ

wobei Rsp1 und Rsp2 die Reflexion an den Spiegeln berücksichtigen. Damit der Laser
oszilliert, muss bei einem Umgang des Lichtstrahls die Verstärkung die Verluste
4.2 Schwellenbedingung für Laseroszillation 41

Spiegel

aktives Medium

Auskopplung

Rsp1 0 L Rsp2
z
L

Abb. 4.3 Laser mit aktivem Medium in einem Fabry-Perot-Resonator

sowie die Auskopplung kompensieren oder übertreffen. Vorerst interessiert uns nur
der Fall, wo die Verstärkung (v) die Schwellenbedingung

I v ð2LÞ ¼ I v ð0Þ ð4:22Þ

erfüllt. Vergleicht man diese Bedingung mit (4.21), so findet man für die Schwell-
enverstärkung γ thr(v), englisch „threshold gain“, die Beziehung

1  
γ thr ðvÞ ¼ αðvÞ  ℓn Rsp1 Rsp2 ð4:23Þ
2L
Mit Hilfe der Gl. (4.17) lässt sich die dafür erforderliche Besetzungsinversion
 
g
σ¼ N2  2N 1 ð4:24Þ
g1

bestimmen. So erhält man die Schwellenbedingung von Schawlow und Townes,


welche sie 1958 in ihrer Arbeit über die Realisierbarkeit des Lasers herleiteten
(Schawlow und Townes 1958)
 
8πv2 τsp 1  
σ thr ¼ α ðv Þ  ℓn R R
sp1 sp2 : ð4:25Þ
c 0 2 gð v Þ 2L

Diese Schwellenbedingung ergibt einen quantitativen Zusammenhang zwischen


der Schwellenbesetzungsinversion σ thr sowie den Eigenschaften des laseraktiven
Mediums und des Resonators.
Zum Schluss betrachten wir als Beispiel den He-Ne-Laser:

v0 ¼ 4,74  1014 Hz, λ ¼ 6328 Å, L ¼ 10 cm, τsp ¼ 107 s,


Rsp1 ¼ Rsp2 ¼ 0,98, α ’ 0:
42 4 Prinzip der Laser

Für die Doppler-Verbreiterung gilt gemäß Gl. (5.28) in Abschn. 5.5


 
2 2kTℓn2 1=2
ΔvD  1=gðv0 Þ ¼  ,
λ meff

wobei für den He-Ne-Laser angenommen werden kann

meff ¼ 20 u, T ¼ 300 K:

Daraus ergibt sich

γ thr ¼ 0, 2 m1 ¼ 0, 2% pro cm; σ thr ¼ 1, 65  109 cm3 :

4.3 Erzeugung der Besetzungsinversion

Da im thermischen Gleichgewicht die Niveaus der Systeme entsprechend der Boltz-


mann-Verteilung besetzt sind (N1 > N2), muss außer der Gleichgewichtsstrahlung
eine zusätzliche Energiequelle auf die Systeme einwirken, damit die Besetzung der
oberen Niveaus erhöht wird. Man bezeichnet diesen Vorgang als Pumpen und die
erforderliche Energie als Pumpenergie. Für die Berücksichtigung des Pumpvorgan-
ges in den Ratengleichungen definieren wir die Pumprate R

dN 2
R¼þ : ð4:26Þ
dt Pumpe

Sie beschreibt die Dichte der pro Sekunde ins angeregte Niveau 2 gebrachten
Atome, Ionen oder Moleküle. Ist die Pumprate genügend groß, so bewirkt sie eine
Populationsinversion, welche gemäß Gl. (4.4) durch eine Boltzmann-Verteilung mit
negativer absoluter Temperatur T beschrieben werden kann (Abb. 4.4).
Für jede Art von Lasern wird die Besetzungsinversion durch einen entsprechen-
den Pumpmechanismus erreicht. Sie unterscheiden sich vor allem in der Art wie die
Pumpenergie auf die Laser-Systeme übertragen wird. Die gebräuchlichsten Anre-
gungsarten sind in

Abb. 4.4 Besetzungsinver- R


E
sion bei Zweiniveau-Sys-
temen E2
N 2 / g2

T<0
E1
N 1 / g1

N/g
4.4 Dynamik eines Zweiniveau-Lasers 43

– Gaslasern: Stoßanregung der Atome, Ionen oder Moleküle in Gasen und


Plasmen;
– Festkörper- und Anregung durch externe, elektromagnetische Strahlung, d. h.
Farbstofflasern: durch sogenanntes optisches Pumpen;
– Halbleiterlasern: Anregung durch Stromdurchgang, d. h. durch
Ladungsträgerinjektion in Halbleitern
– chemischen Lasern: Chemische Reaktionen

Diese Mechanismen werden in späteren Kapiteln erläutert.

4.4 Dynamik eines Zweiniveau-Lasers

4.4.1 Ratengleichungen

Bis jetzt wissen wir, dass die induzierte Emission die spontane Emission durch
Verwendung eines Resonators überwiegen kann und dass durch eine Inversion,
welche durch das Pumpen erreicht wird, eine Lichtverstärkung auftreten kann.
Wie groß die Inversion mindestens sein muss, haben wir in Abschn. 4.2 hergeleitet
(Gl. (4.25)). Jetzt bestimmen wir das Verhalten eines Zweiniveau-Lasers, wobei wir
all dies berücksichtigen.
Die gesamten Resonatorverluste fassen wir zu diesem Zweck zusammen in eine
einzige Konstante, die wie folgt definiert ist:

d~
n
¼ κ~
n ð4:27Þ
dt
κ1 gibt die Zeit an, nach der die Intensität im optischen Resonator wegen der
Verluste auf 1/e abgefallen ist.
Oft gibt man für einen Resonator nicht die Photonenverlustkonstante κ an,
sondern die Kreisgüte Q, englisch „quality or Q-factor“. Sie ist definiert als

Q ¼ ωτ, ð4:28Þ

wobei τ die Zeit angibt, in der die im Resonator gespeicherte Energie auf den e-ten
Teil abgesunken ist; ω ist die Resonanzfrequenz des Resonators. Daraus folgt
unmittelbar die Beziehung zwischen κ und Q:

Q ¼ ω=κ ð4:29Þ

Gemäß der Theorie über Resonanzen linearer Systeme bestimmt Q auch die
Resonanzbreite des Resonators (Kneubühl 1994)

δvR ¼ v=Q: ð4:30Þ


44 4 Prinzip der Laser

Wir formulieren nun die Ratengleichungen mit Berücksichtigung der Pumprate


R. Die Übergangswahrscheinlichkeiten bei nicht verschwindender Linienbreite Δv
des Lasermediums sind durch die Gl. (4.8) gegeben. Wir betrachten nun nur einen
einzigen Mode innerhalb der Halbwertsbreite Δv des Laserübergangs, dessen Ener-
giedichte durch uv (Gl. 4.10) beschrieben werden kann. Die Besetzungsdichten der
beiden Niveaus, N1 und N2, ergeben sich dann aus dem Pumpen und den mit dem
Strahlungsfeld induzierten Besetzungsveränderungen. Bei der Photonenrate (4.11)
kommt zusätzlich der Verlustterm (4.27) hinzu

dN 1 g
¼ R þ B21 uv gðvÞ N 2  2 N 1 þ A21 N 2 , ð4:31Þ
dt g1

dN 2 g2
¼ þR  B21 uv gðvÞ N 2  N 1  A21 N 2 , ð4:32Þ
dt g1

d~
n g2
¼ κ~
n þ B21 uv gðvÞ N 2  N 1 : ð4:33Þ
dt g1

Man beachte, dass in der Energiedichte des Modes uv die Photonendichte ñ


enthalten ist. Wir führen daher den modifizierten Einstein-Koeffizienten B ein

B ¼ B21 hvgðvÞ: ð4:34Þ

Damit können die obigen Gleichungen übersichtlicher geschrieben werden, denn


es gilt

B21 uv gðvÞ ¼ B21 n~h vgðvÞ ¼ n~B:

Verwenden wir für die Inversion die frühere Definition (vgl. Gl.(4.24)):
 
g
σ¼ N2  2N1 , ð4:35Þ
g1

so ergeben sich für den Fall nichtentarteter Niveaus, d. h. g1 ¼ g2 ¼ 1, aus den


obigen Ratengleichungen die vereinfachten Ratengleichungen


¼ 2τ1
sp σ  2B~
n σ þ 2R, ð4:36Þ
dt
d~
n
¼ κ~
n þ B~
n σ: ð4:37Þ
dt
Dies ist ein System von gekoppelten nichtlinearen Differentialgleichungen (Röss
1966; Siegman 1986). Die Gleichungen sind nichtlinear wegen den Termen, die den
Faktor n~σ enthalten. Beim Term 2τ1
sp σ der spontanen Emission wird angenommen,
dass
4.4 Dynamik eines Zweiniveau-Lasers 45

σ ¼ N2  N1  N2:

Diese Beziehung setzt hohe Populationsinversionen voraus.


Bei Vernachlässigung der Pumprate, d. h. R ¼ 0, entsprechen die vereinfachten
Ratengleichungen (4.36) und (4.37) dem Gleichungssystem des Volterra-Modells
(Goel et al. 1971; Kneubühl 1997; Volterra 1931, 1937)

dx
¼ α1 x  λ1 xy,
dt
dy
¼ α2 y  λ2 xy:
dt
Es beschreibt für biologische Populationsschwankungen, periodische chemische
Reaktionen, Entstehung von Wirbeln, etc. Dieses Gleichungssystem hat die
stationäre Lösung

xstat ¼ α2 =λ2 ; ystat ¼ α1 =λ1 :

Außerdem existieren nicht-stationäre periodische Lösungen dieses nichtlinearen


Gleichungssystems. Dabei oszillieren die Variablen um die stationären Werte.

4.4.2 Der stationäre Zustand

Der stationäre Zustand des Zweiniveau-Lasers ist definiert durch die zwei Bedin-
gungen

d~
n dσ
¼ 0; ¼ 0: ð4:38Þ
dt dt
Die entsprechenden Werte für die Populationsinversion σ stat und die Photonen-
dichte ñstat sind gemäß (4.37) und (4.36)

σ stat ¼ κ=B; ð4:39Þ


 
n~stat ¼ ðR=κ Þ  1=Bτsp : ð4:40Þ

Die stationäre Leistung der Laserstrahlung hängt also davon ab, wie viele Atome,
Ionen oder Moleküle durch den Pumpmechanismus pro Sekunde ins obere Niveau
gepumpt werden. Unabhängig von der Pumprate R ergibt sich jedoch immer eine
Populationsinversion σ stat, bei der die Verstärkung des aktiven Mediums gerade
durch die Verluste kompensiert wird.
Damit ñstat  0 muss die Pumprate R einen minimalen Wert einnehmen, die
sogenannte Pumpratenschwelle Rthr. Diese ergibt sich aus (4.40)

Rthr ¼ κ=Bτsp : ð4:41Þ


46 4 Prinzip der Laser

Als Beispiel betrachten wir einen gepulsten Rubinlaser, der in einem einzigen
Mode oszilliert:

v0 ¼ 4,29  1014 Hz, λ ¼ 0,7 μm,

A21 1 ¼ τsp ¼ 3  103 s,

1
gð v Þ ’ ¼ 2  1012 s homogene Linienbreite,
Δv
R ¼ 1028 s1 m3 ,

κ ’ 108s1 für Spiegel mit den Reflexionsvermögen

Rsp1 ¼ Rsp2 ¼ 0,99:

Daraus resultieren

σ stat ¼ σ thr ¼ 2,5  1022 m3 ,


n~stat ¼ 1020 Photonen=m3 ,
Rthr ¼ 8,5  1024 s1 m3 :

Man sieht hier deutlich, dass beim Laser in einem Mode eine extrem hohe
Photonendichte erreicht wird. Bei der thermischen Strahlung eines schwarzen Kör-
pers der Temperatur T ¼ 103 K ergibt sich im Vergleich für einen einzigen Mode mit
der gleichen Frequenz v0 ¼ 4,291014 Hz nur ñ ¼ 109 Photonen/m3. Unter Berück-
sichtigung der sehr zahlreichen Moden innerhalb der gleichen Spektralbreite
Δv ¼ 0,51012 Hz findet man dagegen ñ ¼ 108 Photonen/m3.

4.4.3 Start der Laseroszillation

Wir betrachten einen Laser, der mit der konstanten Rate R gepumpt wird und zur Zeit
t ¼ 0 die Populationsinversion σ 0 und eine geringe Photonendichte ñ0  0 aufweist.
Wir interessieren uns dabei für die zeitliche Entwicklung der Photonendichte ñ(t) für
Zeiten 0 < t  τsp
Die Ratengleichung (4.36) hat dann für die Zeiten 0 < t  τsp die Form


¼ 2τ1
sp σ þ 2R: ð4:42Þ
dt
Somit ist die Populationsinversion in diesem Zeitbereich etwa σ 0 gemäß
h i
σ ðt Þ ¼ σ 0 e2t=τsp þ Rτsp 1  e2t=τsp  σ 0 ¼ const: ð4:43Þ
4.4 Dynamik eines Zweiniveau-Lasers 47

Dementsprechend lässt sich die Ratengleichung (4.37) der Photonendichte ñ(t)


für die Zeiten 0 < t  τsp schreiben als

d~
n
¼ þ½Bσ 0  κ ~
n: ð4:44Þ
dt
Diese Gleichung ergibt die Lösung

n~ðt Þ ¼ n~0 exp½Bσ 0  κ t für 0 < t  τsp , ð4:45Þ

wobei ñ0 die anfängliche Photonendichte ist, welche durch die spontane Emission
entstanden sind. Die Dichte der Photonen nimmt exponentiell zu, falls der Exponent
positiv ist, d. h.

σ 0  σ thr ¼ κ=B ¼ σ stat : ð4:46Þ

Die Schwellenpopulationsinversion σ thr ist somit gleich der stationären Po-


pulationsinversion (4.39).
Setzt man die Werte für B gemäß (4.34) und anschließend (3.26) ein, so erhält
man die Schwellenbedingung

κ 8πv2 τsp κ
σ thr ¼ ¼ : ð4:47Þ
B21 hvgðvÞ gðvÞc0 3

Dieses Resultat ist in Übereinstimmung mit (4.25), wenn man die dortigen
Verluste pro Längeneinheit durch/c0 ersetzt. Dieses Resultat ist nicht erstaunlich,
ist doch die Photonendichte ñ proportional zur Intensität bzw. uv, mit denen man die
Schwellenbedingung herleitete. Wird diese Schwellenpopulationsinversion σ thr ¼ κ/B
erreicht und überschritten, so wächst die Photonendichte ñ exponentiell an, bis
schließlich die Abnahme der Inversion nicht mehr vernachlässigt werden kann.
Dann wächst ñ immer weniger. In der Folge stellen sich die stationären Werte ñstat
und σ stat gemäß (4.39) und (4.40) ein.

4.4.4 Relaxationsschwingungen

Im idealen kontinuierlichen Betrieb des Lasers entsprechen die Populationsinversion


σ und die Photonendichte ñ den stationären Werten σ stat und ñstat gemäß (4.39) und
(4.40). Viele kontinuierlich betriebene Laser zeigen jedoch Oszillationen von σ und
ñ um diese stationären Werte aufgrund kleiner externer Störungen und Schwankun-
gen in den Betriebsbedingungen. Diese Oszillationen werden als Relaxations-
schwingungen (Siegman 1986) bezeichnet. Sie lassen sich anhand der vereinfachten
Ratengleichungen (4.36) und (4.37) berechnen. Zu diesem Zweck definieren wir den
Pumpfaktor

r ¼ R=Rthr ð4:48Þ
48 4 Prinzip der Laser

und studieren die Abweichungen der Populationsinversion und Photonendichte von


ihren stationären Werten

Δσ ðt Þ ¼ σ ðt Þ  σ stat ,
ð4:49Þ
n ðt Þ ¼ n~ðt Þ  n~stat :
Δ~

Für diese soll gelten j Δσ ðt Þ j σ stat und j Δ~


n ðt Þ j Δ~
n stat .
Mit diesen Ansätzen erhalten wir aus den vereinfachten Ratengleichungen (4.36)
und (4.37) unter Vernachlässigung der Terme Δσ(t)Δñ(t) folgende linearisierten
Ratengleichungen

dΔσ 2R
¼ 2κΔ~
n BΔσ, ð4:50Þ
dt κ
dΔ~n RBΔσ Δσ
¼  : ð4:51Þ
dt κ τsp

Dieses Gleichungssystem kann gelöst werden, indem man d2Δñ/dt2 berechnet


unter Berücksichtigung von (4.50) für dΔσ/dt. So erhält man
 
d2 Δ~n 2RB dΔ~
n 2x
þ þ 2RB  Δ~
n ¼ 0:
dt 2 κ dt τsp

Die Einführung des Pumpfaktors r (4.48) ergibt

d2 Δ~n 2r dΔ~ n 2κ
þ þ ðr  1ÞΔ~
n ¼ 0: ð4:52Þ
dt 2 τsp dt τsp

Dies ist die Differentialgleichung eines gedämpften harmonischen Oszillators mit


den Lösungen

n ðt Þ ¼ C1 eα1 t þ C 2 eα2 t ,
Δ~ ð4:53Þ
"   #1=2
r r 2 2κ
α1 ¼  þ i  þ ð r  1Þ , ð4:54Þ
τsp τsp τsp
"   #1=2
r r 2 2κ
α2 ¼   i  þ ð r  1Þ , ð4:55Þ
τsp τsp τsp

mit den Konstanten C1 und C2, welche von den Anfangsbedingungen abhängen.
Falls die Bedingung

r 2  2ðr  1Þκτsp
4.4 Dynamik eines Zweiniveau-Lasers 49

relative Intensität

20μs Zeit

Abb. 4.5 Relaxationsschwingungen des Nd3+:CaWO4-Lasers (Johnson 1966)

erfüllt ist, entspricht die Lösung einer gedämpften Schwingung mit der Periode

2π 2π
T¼ ¼h i1=2 :
ω0
τsp ðr  1Þ

Für Festkörperlaser ist die obige Bedingung meist erfüllt, da

r  2, κt sp 1:

So erhalten wir zum Beispiel für den Nd3+: CaWO4-Laser mit

λ  1,06 μm; τsp  1,6  104 s; r  2;


κ  108 s1 für Spiegel mit Rsp ¼ 0,99

die Periode T  6 μs. Die Relaxationsschwingung des Nd3+:CaWO4-Lasers ist in


Abb. 4.5 illustriert.
Für Gaslaser gilt im Normalfall

r 2 > 2ðr  1Þ κτsp ,

da κτsp  1. In diesem Fall ist die Dämpfung überkritisch. Es tritt keine Re-
laxationsschwingung auf. Zum Beispiel beim He-Ne-Laser gilt

λ  6328 Å; τsp  107 s;


κ  6  106 s1 für Spiegel mit Rsp ¼ 0,98:

4.4.5 Spiking

Beim Einschwingvorgang und bei starken Störungen des kontinuierlich betriebenen


Lasers treten anharmonische Schwingungen mit markanten Spitzen auf. Diese werden
als „Spiking“ bezeichnet (Siegman 1986). Das „Spiking“ beim Einschwingen eines
50 4 Prinzip der Laser

Lasers kann anschaulich wie folgt beschrieben werden: Nach dem Einsetzen
des Pumpvorgangs baut sich im laseraktiven Material zunächst eine hohe Beset-
zungsinversion auf, da das Strahlungsfeld im Resonator und damit auch die Zahl
der stimulierten Übergänge klein sind. Bei hoher Besetzungsinversion baut sich
dann das Strahlungsfeld rapid auf. Das obere Laserniveau wird jetzt so schnell
entleert, dass die Pumpe nicht mehr genügend rasch Atome, Ionen oder Moleküle

Abb. 4.6 „Spiking“ eines


Nd:YAG-Lasers (Siegman
1986) Laseroszillation

Pumplicht

160 μs Zeit

Abb. 4.7 Darstellung des 5


„Spiking“ in der σ-ñ-Ebene
(Siegman 1986)

4
s t at

∼ /n
relative Photonendichte n

0
0 1 2
relative Populationsinversion σ / σstat
4.4 Dynamik eines Zweiniveau-Lasers 51

anregen kann. Die Populationsinversion sinkt unter den Schwellenwert und das
Strahlungsfeld fällt zusammen. Die Pumpe kann nun erneut eine hohe Inversion
herstellen und ein neuer Zyklus beginnt. Bei relativ geringer Pumpleistung ver-
schwinden die Schwingungen zugunsten einer konstanten Emission. Bei hochin-
tensivem, gepulstem Pumpen ist die durch die hohe Pumpleistung erzeugte Beset-
zungsinversion so groß, dass das lawinenartig aufgebaute Strahlungsfeld die
Populationsinversion so weit unter die Schwellengrenze drückt, dass die Emission
zum Erliegen kommt, bis die Pumpe wieder eine hohe Intensität aufgebaut hat. In
diesem Fall tritt keine Dämpfung auf. Das „Spiking“ eines Festkörperlasers ist
illustriert in Abb. 4.6.
Das „Spiking“ wird exakt beschrieben durch die vereinfachten Ratengleichungen
(4.36) und (4.37). Im Gegensatz zu den Relaxationsschwingungen genügen dafür
jedoch die linearisierten Ratengleichungen (4.50) und (4.51) nicht. Die Lösung der
Ratengleichungen (4.36) und (4.37) für große Abweichungen Δσ und Δñ der
Populationsinversion und der Photonendichte von ihren stationären Werten σ stat
und ñstat ist schwierig. Sie wird meist numerisch durchgeführt unter Benutzung der
Differentialgleichung
d~
n κ~ n þ B~

¼ 1
, ð4:56Þ
dσ 2τsp σ  2B~n σ þ 2R

welche die Zeit t nicht explizit enthält. Sie wird hergeleitet durch Division von (4.37)
durch (4.36). Ausgehend von (4.56) betrachtet man vorerst die Lösungen von (4.36)

10
σ(t)
8

σ stat
6

4 ∼
n(t)

2

n stat
0
0 2 4 6 8 10 12 14 16
Zeit [ µs ]

Abb. 4.8 „Spiking“ berechnet aus den vereinfachten Ratengleichungen (4.36) und (4.37)
(Dunsmuir 1961)
52 4 Prinzip der Laser

und (4.37) in der σ-ñ-Ebene (Abb. 4.7). Diese Darstellung gibt Aufschluss über das
globale und asymptotische Verhalten der Lösungen.
In Abb. 4.8 zeigen wir als Beispiel eine Lösung, welche den zeitlichen Verlauf
der Populationsinversion σ und der Photonendichte ñ umfasst. Die dafür gewählten
Parameter sind: r ¼ 1300; κ ¼ 6,25  107s1; τsp ¼ 2,5  103s.

Literatur
Bracewell, R. N. (2000): The Fourier Transform and its Applications, 3rd ed. McGraw-Hill, Boston
Dunsmuir, R. (1961): J. Electronics & Control 10, 453
Goel, N. S.: Maitra, S. C.; Montroll, E. W. (1971): Rev. Modern Phys. 43, 231
Johnson, L. F. (1966): Lasers (ed. A. K. Levine), Vol. 1. Marcel Dekker, N. Y.
Kneubühl, F. K. (1994): Repetitorium der Physik, 5. Aufl. Teubner, Stuttgart
Kneubühl, F. K. (1997): Oscillations and Waves. Springer, Berlin
Röss, D. (1966): Laser-Lichtverstärker und -Oszillatoren. Akadem. Verlagsgesellschaft, Frankfurt
Schawlow, A. L.: Townes, C. H. (1958): Phys. Rev. 112, 1940
Siegman, A. E. (1986): Lasers. University Press, Oxford
Volterra, V. (1931): Leçon sur la théorie mathématique de la lutte pour la vie. Gauthier-Villars,
Paris
Volterra, V. (1937): Acta Biotheoret. 3, 1
Yariv, A. (1991): Optical Electronics. 4th ed. Saunders, Philadelphia
Spektrallinien
5

In Abschn. 4.2 haben wir bereits darauf hingewiesen, dass die Übergänge zwischen
zwei Energieniveaus E1 und E2 in Wirklichkeit nicht als streng monochromatische
Spektrallinie mit der Resonanzfrequenz

v0 ¼ ðE 2  E 1 Þ=h ð5:1Þ

erscheint, sondern als Spektrallinie mit endlicher Linienbreite Δv. Diese wird im
Allgemeinen durch eine in Abb. 4.1 illustrierte Linienformfunktion g(v) beschrieben,
welche die bereits erwähnten Bedingungen (4.6) und (4.7) erfüllt. Im vorliegenden
Kapitel sollen die verschiedenen Linienformfunktionen beschrieben und begründet
werden.
Sofern alle atomaren oder molekularen Systeme eines absorbierenden oder emit-
tierenden Mediums die gleichen Parameter besitzen, so werden sie die gleiche
Resonanzfrequenz v0, die gleiche Halbwertsbreite Δv und die gleiche Li-
nienformfunktion g(v) aufweisen. Dann tragen alle Atome oder Moleküle mit
gleicher Wahrscheinlichkeit zur Absorption oder Emission von Strahlung bei einer
beliebigen Frequenz v bei. Prozesse, welche die Lebensdauer eines Zustands eines
atomaren oder molekularen Systems begrenzen, wie z. B. spontane Emission und
desaktivierende Stöße (vgl. Allard und Kielkopf 1982) sowie schnelle statistische
Fluktuationen des Niveauabstandes, z. B. hervorgerufen durch frequenzmodu-
lierende und dadurch phasenändernde Stöße oder Gitterschwingungen, führen
zu einer gleichartigen Linienverbreiterung durch jedes einzelne atomare oder mole-
kulare System um eine feste Resonanzfrequenz. Solche Linienverbreiterungen
bezeichnet man als homogen.
Es existieren jedoch auch Prozesse, die eine Streuung der Resonanzfrequenzen
der einzelnen atomaren oder molekularen Systeme bewirken. Die dadurch entste-
hende Linienverbreiterung bezeichnet man als inhomogen. Diese Prozesse führen
entweder zu einer zeitlich konstanten oder zu einer langsam fluktuierenden Vertei-
lung der Resonanzfrequenzen. Ersteres ist der Fall beim Stark-Effekt in Festkörpern,

# Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2018 53


M. W. Sigrist, Laser: Theorie, Typen und Anwendungen,
https://doi.org/10.1007/978-3-662-57515-4_5
54 5 Spektrallinien

der wegen Inhomogenitäten örtlich variiert, das Letztere beim Doppler-Effekt in


verdünnten Gasen. Hier ergibt die Maxwellsche Geschwindigkeitsverteilung der
Atome oder Moleküle unterschiedliche Doppler-verschobene effektive Resonanz-
frequenzen der Einzelteilchen, welche durch geschwindigkeitsbeeinflussende Stöße
nur langsam verändert werden.

5.1 Klassisches Modell der homogenen Linienverbreiterung

Eine der Ursachen für die homogene Verbreiterung von Spektrallinien ist die
endliche mittlere Lebensdauer des die Strahlung emittierenden Zustandes. Diese
Lebensdauer entspricht der Zerfallszeit τ, englisch „decay time“, der Intensität der
emittierenden Strahlung. Da diese Intensität proportional zum Quadrat des elektri-
schen Feldes E der elektromagnetischen Strahlung ist, entspricht dessen Zerfallszeit
2τ. Deshalb kann das elektrische Feld E der vom zerfallenden Zustand ausgesandten
Strahlung wie folgt geschrieben werden (vgl. Born 2004)

E ðt < 0Þ ¼ 0,
E ðt  0Þ ¼ Eð0Þ cos ð2πv0 t Þexp ðt=2τÞ  ð5:2Þ
¼ ½E ð0Þ=2 eði2πv0 1=2τÞt þ eði2πv0 1=2τÞt

mit der Resonanzfrequenz v0 gemäß (5.1). Die spektrale Verbreiterung dieser Strah-
lungsemission wird bestimmt durch die Fourier-Transformierte von (5.2)
R1
E ð vÞ ¼ E ðt Þei2πvt dt
1
ih i ð5:3Þ
¼ Eð0Þ fv0  v þ i=4πτg1  fv0 þ v  i=4πτg1 :

Die spektrale Intensität der emittierten Strahlung ist (Kneubühl 1994, 1997)

1
I ðvÞ ¼ I  gðvÞ ¼ E jðvÞj2
R þ1 Z0 ð5:4Þ
mit I ¼ 1 I ðvÞdv, Z 0 ¼ ½μ0 =ε0 1=2 :

Daraus ergibt sich für die Linienformfunktion in der Nähe der Resonanzfrequenz
v0 die in Abb. 5.1 dargestellte Lorentz-Funktion (Kneubühl 1997)
1 Δv=2
gðv ’ v0 Þ ’ Lðv  v0 Þ ¼
π ðv  v0 Þ2 þ ðΔv=2Þ2 ð5:5Þ
2
mit Lð0Þ ¼
πΔv
und der Halbwertsbreite (FWHM)

Δv ¼ 1=ð2πτÞ: ð5:6Þ
5.2 Natürliche Linienbreite 55

Abb. 5.1 Lorentz-Profil


L(v – v0) und Profil G(v – v0)
mit gleicher Halbwertsbreite
Δv G (ν-ν0)

Δν
L (ν-ν0)

ν0 ν

Die Halbwertsbreite (5.6) steht in Verbindung zur Unschärferelation von Hei-


senberg (vgl. Kneubühl 1994; Messiah 1981/1985; Schubert und Weber 1993).
Diese besagt, dass bei einem Zustand mit der Lebensdauer τ die Energie E nur bis
auf ΔE ¼ h/2πτ bestimmbar ist. Die Unschärfe Δv der entsprechenden Frequenz ist
daher Δv ¼ ΔE/h ¼ 1/2πτ.
Nicht nur die spontane Emission, sondern auch die induzierte Absorption und
Emission werden durch die gleiche Linienformfunktion g(v) beschrieben. Diese folgt
aus grundlegenden quantenmechanischen Betrachtungen (Breene 1981; Shimoda
1991; Svelto 2010; Yariv 1991).
Treten in Zusammenhang mit einer Emission mehrere unabhängige homogene
Verbreiterungen mit den Lebenszeiten τi und den entsprechenden Halbwertsbreiten
Δvi auf, so können die Halbwertsbreiten addiert werden

X 1 X 1
Δv ¼ Δvi ¼ τ :
i i
ð5:7Þ
i 2π

5.2 Natürliche Linienbreite

Eine homogene Linienverbreiterung, welche bei jedem Atom oder Molekül unab-
hängig von seiner Umgebung auftritt, ist die klassische Strahlungsdämpfung (Born
2004). Sie ist gekennzeichnet durch die natürliche Linienbreite Δv0 und die entspre-
chende Zerfallszeit τsp der spontanen Emission. Die klassische Berechnung ergibt

1 e2 2
Δv0 ¼ 1=2π τsp ¼ v, ð5:8Þ
3ε0 c3 me 0
wobei me und -e Masse und elektrische Ladung des Elektrons bedeuten. Setzt man
anstelle der Resonanzfrequenz v0 die Resonanz-Vakuumwellenlänge λ0 ¼ c/v0, so
findet man
56 5 Spektrallinien

Tab. 5.1 Natürliche Linienbreiten Δv0 verschiedener Laseremissionen


Laser Wellenlänge λ in μm Linienbreite Δv0 in Hz relat. Linienbreite Δv0/v0
Argonionen 0,4880 1,1108 1,1107
Rhodamin 6 G ffi0,6 2108 4107
Helium-Neon 0,6328 2107 4108
CO2 10,6 4102 11012

τsp in ns ’ 45 λ20 in μm: ð5:9Þ

Quantenmechanisch betrachtet entspricht die Strahlungsdämpfung einer Störung des


Atoms oder Moleküls durch die Nullpunkts-Schwankungen des elektromagneti-
schen Feldes, welche im Vakuum immer vorhanden sind. Die quantenmechanische
Berechnung der natürlichen Linienbreite ergibt (Louisell 1973; Svelto 2010) für
elektrische Dipolübergänge

8π jμj2 3
Δv0 ¼ 1=2πτsp ¼ v , ð5:10Þ
3ε0 c3 h 0
wobei |μ| das Matrixelement des elektrischen Dipols darstellt (Gasiorowicz 2002).
Grobe Abschätzungen der Matrixelemente von elektrischen und magnetischen
Dipolen ergeben
für elektrische Dipolübergänge:

τsp in ns ’ 80 λ30 in μm ð5:11Þ

für magnetische Dipolübergänge:

τsp in ns ’ 9 λ30 in μm

Die Tab. 5.1 zeigt die natürlichen Linienbreiten Δv0 bekannter Laseremissionen
(Herrmann und Wilhelmi 1984).

5.3 Verbreiterung durch strahlungsfreie Übergänge

Neben dem in den Abschn. 3.3 und 5.2 erwähnten Übergang vom angeregten
Zustand 2 eines Atoms, Ions oder Moleküls in den Grundzustand 1 unter spontaner
Emission eines Photons mit der Frequenz v0 ¼ (E2 – E1)/h existieren auch strah-
lungsfreie Übergänge. Bei diesen wird die Energiedifferenz ΔE ¼ E2 – E1 auf
umliegende Atome, Ionen oder Moleküle in Form von Translations-, Rotations-
oder Vibrationsenergie übertragen.
Strahlungsfreie Übergänge in Gasen sind eine Folge von inelastischen Stößen,
diejenigen in Festkörpern die Auswirkung von Gitterschwingungen.
5.4 Druckverbreiterung 57

Die Linienverbreiterung Δvsf durch strahlungsfreie Übergänge ist verknüpft mit


der sogenannten strahlungsfreien Lebensdauer τsf ¼ 1/2πΔvsf. Ihre Berechnung ist
schwierig, da die Art und das Verhalten der Umgebung des Atoms, Ions oder
Moleküls, das für die Laseremission verantwortlich ist, berücksichtigt werden müs-
sen. Da spontane Emission und strahlungsfreier Übergang simultan auftreten, kann
bei Abwesenheit eines Strahlungsfeldes die Änderung der Besetzungsdichte N2 des
angeregten Zustandes 2 beschrieben werden durch

dN 2 =dt ¼ ð1=τtot ÞN 2 ,
ð5:12Þ
ð1=τtot Þ ¼ 1=τsp þ ð1=τsf Þ:

Die Gesamtlebensdauer τtot kann durch die Messung des zeitlichen Verhaltens
des spontan emittierten Lichtes bestimmt werden. Man bringt zu diesem Zweck zur
Zeit t ¼ 0 insgesamt N2(0) Atome, Ionen oder Moleküle pro Volumen des betrach-
teten Mediums in den angeregten Zustand 2. Anschließend verringert sich die
Besetzungsdichte N2(t > 0) des angeregten Zustandes 2 wegen spontaner Emission
und strahlungsfreien Übergängen gemäß (5.12), d. h. sie nimmt exponentiell ab

N 2 ðt > 0Þ ¼ N 2 ð0Þ exp ðt=τtot Þ: ð5:13Þ

Durch spontane Emission erbringt das Volumen V des betrachteten Mediums


folgende Strahlungsleistung bei der Resonanzfrequenz v0
 
Pðt Þ ¼ 1=τsp ½VN 2 ðt Þhv0
ð5:14Þ
¼ 1=τsp ½VN 2 ð0Þhv0 exp ðt=τtot Þ:

Definiert man den Fluoreszenz-Wirkungsgrad Φ als Verhältnis zwischen der


Anzahl emittierter Photonen und der Anzahl der in den angeregten Zustand
2 gebrachten Atome, Ionen oder Moleküle, so findet man
Z 1
1 1
Φ¼ Pðt Þdt ¼ τtot =τsp : ð5:15Þ
VN 2 ð0Þ 0 hv0

Somit lassen sich τsp und τsf durch Messung der Zeitkonstanten τtot der gemäß
(5.14) exponentiell abklingenden Fluoreszenz-Strahlung bestimmen.

5.4 Druckverbreiterung

Elastische Stöße zwischen Atomen oder Molekülen in einem Gas bewirken ebenfalls
eine homogene Linienverbreiterung. Da die Anzahl elastischer Stöße der Teilchen in
einem Gas und die damit verknüpfte Linienverbreiterung vom Druck abhängen,
bezeichnet man diese als Druckverbreiterung. Bei einem elastischen Stoß wird
das Atom oder Molekül im absorbierenden oder emittierenden Zustand belassen.
58 5 Spektrallinien

Dagegen stört der Stoß die relative Phase zwischen dem elektromagnetischen
Strahlungsfeld und der atomaren oder molekularen Oszillation.
Eine grobe Abschätzung der Druckverbreiterung lässt sich wie folgt durchführen
(Gasiorowicz 2002):
Man betrachtet ein Atom in Ruhe. Der Wirkungsquerschnitt für einen Stoß mit
einem anderen Teilchen sei σ. Das ruhende Atom erfährt nach der Zeit τc einen Stoß
mit dem Teilchen, das sich mit der Geschwindigkeit υ bewegt, vorausgesetzt, dass
sich dieses in einem Zylinder mit dem Volumen συ befindet. Hat man nicht nur ein,
sondern n stoßende Teilchen pro Volumen, so beträgt die Stoßrate

Rst ¼ nυσ: ð5:16Þ

Für σ können wir den klassischen Wirkungsquerschnitt für zwei sich stoßende
Teilchen vom Durchmesser d einsetzen

σ ¼ πd 2 : ð5:17Þ

Rst bestimmt die mittlere Zeit τc, während der das Atom ungestört mit dem
elektromagnetischen Strahlungsfeld wechselwirken kann

1
τc ¼ 1=πΔvp ¼ R1
st ¼ ðnυσ Þ : ð5:18Þ

Hier beschreibt Δvp die homogene Druckverbreiterung. Um ihre Abhängigkeit


von Druck und Temperatur zu verstehen, betrachtet man die Geschwindigkeitsver-
teilung der kinetischen Gastheorie (Adam und Hittmair 1988; Becker 1985;
Reif 1987)

hυi ¼ ½8kT=πm1=2 ð5:19Þ

und die Zustandsgleichung des idealen Gases

p ¼ nkT: ð5:20Þ

m ist die Masse der Teilchen, k die Boltzmann-Konstante, p der Druck und T die
absolute Temperatur. Setzt man für υ den Wert
   1=2 D E
8kT 1=2 8 !2 1=2
υ ¼ hυi ¼ ¼ υ ð5:21Þ
πm 3π

ein, so findet man aus (5.17) bis (5.21) für die homogene Druckverbreiterung

pd 2
Δvp ¼ 1=πτc ’ ð8=π Þ1=2 : ð5:22Þ
ðmkT Þ1=2

Somit kann die Druckverbreiterung durch Erniedrigung des Drucks reduziert


werden. Eine Abschätzung ergibt für Zimmertemperatur T ¼ 300 K
5.5 Doppler-Verbreiterung 59

Δvp in GHz=p in bar ¼ 0, 3 bis 2, 5: ð5:23Þ

Beim CO2-Laser mit einer Vakuum-Wellenlänge λ ¼ 10,6 μm gilt

Δvp ’ 3 MHz=hPa:

Wie der Vergleich mit Tab. 5.1 zeigt, ist im Normalfall die Druckverbreiterung
Δvp erheblich größer als die natürliche Linienbreite Δv0.
Bei einer genaueren Untersuchung (Demtröder 2011–2013) zeigt sich bei der
Druckverbreiterung eine zusätzliche Verschiebung der Resonanzfrequenz v0 als
Folge der Verschiebung der Energieniveaus der stoßenden Teilchen durch ihre
Wechselwirkung bei der Annäherung.

5.5 Doppler-Verbreiterung

Die bekannteste inhomogene Linienverbreiterung betrifft den Doppler-Effekt elek-


tromagnetischer Strahlung (z. B. Born 2004; Kneubühl 1994; Svelto 2010). Der
Doppler-Effekt bewirkt, dass ein Beobachter nicht die von einem relativ zu ihm
bewegten Atom oder Molekül ausgestrahlte Frequenz v0 misst, sondern eine andere
Frequenz v, welche von der Relativbewegung abhängt. Bewegt sich das Atom oder
Molekül mit der nicht-relativistischen Geschwindigkeitskomponente υx  c in
Richtung Beobachter, so gilt

v ¼ v0 ½1 þ ðυx =cÞ: ð5:24Þ

Somit lässt sich aus der Differenzfrequenz (v – v0) die Geschwindigkeit υx


bestimmen

v  v0
υx ¼ c: ð5:25Þ
v0
In einem Gas mit der absoluten Temperatur T haben Atome oder Moleküle mit
der Masse m eine Maxwell-Geschwindigkeitsverteilung (Adam und Hittmair 1988;
Becker 1985; Reif 1987), welche in Bezug auf die Geschwindigkeitskomponente υx
besagt


 m 1=2 mυ2
Pðυx Þ ¼ 2πkT exp  x
2kT ð5:26Þ
R þ1
mit 1 Pðυx Þ dυx ¼ 1:

P(υx) dυx ist die Wahrscheinlichkeit dafür, dass ein Atom oder Molekül mit der
Masse m eine Geschwindigkeit in der x-Richtung aufweist, welche zwischen υx und
υx + dυx liegt.
Da Gl. (5.25) eine eindeutige Verknüpfung zwischen υx und v darstellt, bestimmt
P(υx) auch die Wahrscheinlichkeit g(v) dafür, dass ein Atom oder Molekül des Gases
60 5 Spektrallinien

Tab. 5.2 Doppler-Verbreiterung Δv0 von Gaslasern


Laser Wellenlänge Linienbreite relat. Linienbreite
T ¼ 300 K λ in μm Δv0 in Hz Δv0/v0
Helium-Neon 0,6328 1,5109 3,2106
CO2 10,6 5,4107 1,9106

eine Strahlung emittiert oder absorbiert, welche für den Beobachter eine Frequenz
zwischen v und v + dv aufweist. g(v) entspricht der Linienformfunktion der Doppler-
Verbreiterung

gðvÞ ¼ Gðv  v0 Þ   
2
¼ ðπ ℓn 2Þ1=2 ð2=πΔvÞ exp  Δv=2
vv0
ℓn2
ð5:27Þ
2
mit Gð0Þ ¼ ðπ ℓn 2Þ1=2 ¼ ðπ ℓn 2Þ1=2 Lð0Þ
πΔv
und der Halbwertsbreite (FWHM) der Doppler-Verbreiterung
 1=2
Δv ¼ ΔvD ¼ ð8 ℓn 2Þ1=2 kT=mc2 v0 : ð5:28Þ

G(vv0) ist die ebenfalls in Abb. 5.1 illustrierte Gauß-Funktion, welche eine
schmalere Spitze, englisch „peak“, und schmalere Flanken, englisch „wings“, als die
Lorentz-Funktion L(vv0) von Gl. (5.5) besitzt.
Die Doppler-Verbreiterung ΔvD von (5.28) ist je nach Druck p und absoluter
Temperatur T des Gases größer oder kleiner als die Druckverbreiterung Δvp von
(5.22). Ihre Größenordnung bei Gaslasern zeigt Tab. 5.2.

5.6 Kombinierte Verbreiterungen

Normalerweise sind mehrere Verbreiterungsmechanismen gleichzeitig vorhanden.


Bei einem Gaslaser sind z. B. drei Verbreiterungstypen maßgebend: die natürliche
Linienbreite, die Druck- und die Doppler-Verbreiterung. Die natürliche Linienbreite
ist meist so gering, dass sie vernachlässigt werden kann. Bei hohem Druck p über-
wiegt die Druckverbreiterung, bei kleinem die Doppler-Verbreiterung. Die
Linienformfunktion ist im ersten Fall eine Lorentz-Funktion, im zweiten eine
Gauß-Funktion. In einem Grenzbereich des Drucks p sind beide Verbreiterungs-
mechanismen gleich stark. Dementsprechend wird die Linienformfunktion kom-
pliziert.
Allgemein berechnet man die totale Linienformfunktion gtot(v) von zwei unab-
hängigen Verbreiterungsprozessen mit den Linienformfunktionen g1(v) und g2(v)
durch Faltung (Bracewell 2000; Kneubühl 1997), englisch „convolution“
5.7 Wirkungen starker Laserstrahlung 61

Tab. 5.3 Linienverbreiterungen in Festkörper- und Flüssigkeitslasern für eine Temperatur von
T ¼ 300 K (Herrmann und Wilhelmi 1984)
Laser und dominante Abs. Linienbreite relat. Linienbreite
Wellenlänge λ Verbreiterung Δvtot in Hz Δvtot/v0
Rhodamin 6 G homogen und inhomogen ’ 11014 1101
0,6 μm
Cr3+: Rubin homogen 3,61011 8104
0,694 μm
Nd3+: Granat homogen 2,11011 6104
1,0648 μm
Nd3+: Glas homogen 1,01013 3102
1,06 μm

Z
  þ1  
gtot ðvÞ ¼ Gtot ~v ¼ G1 ðv0 ÞG2 ~v  v0 dv0 , wobei ~v ¼ v  v0 : ð5:29Þ
1

Überlagert man zwei unabhängige homogene Linienverbreiterungen, so erhält


man wieder eine Lorentz-Funktion als Linienformfunktion mit der neuen Halbwerts-
breite

Δvtot ¼ Δv1 þ Δv2 : ð5:30Þ

Ebenso resultiert die Überlagerung von zwei unabhängigen inhomogenen


Linienverbreiterungen wieder in einer Gauß-Funktion als Linienformfunktion. Die
neue Halbwertsbreite Δvtot berechnet man jedoch nicht mit (5.30), sondern an-
hand von
 1=2
Δvtot ¼ Δv21 þ Δv22 : ð5:31Þ

Eine Kombination von homogenen und inhomogenen Linienverbreiterungen,


hervorgerufen durch Phononen und Inhomogenitäten (lokale Felder), findet man
bei Festkörper- und Flüssigkeitslasern. Dies führt zu Linienverbreiterungen von der
Größenordnung Δvtot  1010 Hz und Δvtot/v0  105. Beispiele sind in Tab. 5.3
aufgeführt.

5.7 Wirkungen starker Laserstrahlung

In den vorangegangenen Kapiteln wurden Linienformen besprochen, welche auf der


statistischen Gleichgewichtsverteilung in atomaren oder molekularen Gesamtheiten
basieren. Diese Voraussetzung wird von einem thermischen Strahler erfüllt, ebenso
von der stimulierten Absorption und Emission von Systemen im thermischen
Gleichgewicht, solange dieses von den betreffenden Strahlungsprozessen nicht
62 5 Spektrallinien

wesentlich gestört wird. Befassen wir uns jedoch mit atomaren oder molekularen
Gesamtheiten unter der Einwirkung starker Strahlungsfelder, so müssen wir Nicht-
gleichgewichtsverteilungen in Betracht ziehen, welche andere Linienformen als die
Gleichgewichtsverteilungen bedingen.
Als Beispiel betrachten wir ein Gas, dessen Atome und Moleküle sich ohne
Strahlungseinwirkung im Grundzustand 1 befinden. Sie zeigen deshalb keine spon-
tane Emission. Wir bestrahlen nun diese Atome oder Moleküle mit einer schmal-
bandigen Quelle der Frequenz vQ, weshalb ein Teil der Atome oder Moleküle in den
angeregten Zustand 2 gebracht wird. Der Übergang vom Zustand 1 in den Zustand
2 mit der Resonanzfrequenz v0 ist wegen dem Doppler-Effekt inhomogen verbrei-
tert. Bevorzugt gelangen solche Atome oder Moleküle in den Zustand 2, deren
Geschwindigkeitskomponente υx die Bedingung (5.25) erfüllen. Dies ergibt eine
Änderung der durch die inhomogene Doppler-Verbreiterung dominierten Gleichge-
wichtsverteilung des Grundzustandes 1 sowie eine Population des angeregten
Zustandes 2 mit einer Verteilung, welche durch die homogene Verbreiterung,
insbesondere die natürliche Linienbreite bestimmt ist. Die entsprechenden Be-
setzungsdichten N1(v) und N2(v) sind in Abb. 5.2 dargestellt. Aufgrund der geschil-
derten Populations-Verteilung im angeregten Zustand 2 ergibt sich auch eine spon-
tane Emission mit im Wesentlichen homogener Linienverbreiterung. Die inhomogene
Doppler-Verbreiterung ist weitgehend ausgeschaltet.
Ein analoges Vorgehen wählt man in der Sättigungsspektroskopie, bei der man
mit einem starken Laser der Frequenz vQ die Besetzungszahldifferenz der Atome
oder Moleküle im Grundzustand und im angeregten Zustand mit einer zu dieser
Frequenz vQ passenden Geschwindigkeitskomponente υx infolge von Absorptions-
prozessen abbaut. Deshalb misst ein Teststrahl mit der variablen Frequenz v, welcher
durch die Probe geschickt wird, in der Umgebung von vQ eine geringere Absorption.

Abb. 5.2 Populations- N2 (ν)


änderungen durch
Strahlungseinwirkung auf mit Strahlung νQ
inhomogen verbreiterte
Gesamtheiten. N1(v), N2(v):
spektrale Besetzungsdichten
ohne Strahlung

ν0 νQ ν

N1 (ν)

mit Strahlung νQ
ohne Strahlung

ν0 νQ ν
Literatur 63

Die Absorptionslinie wird also nicht gleichmäßig, sondern nur im engen Bereich
der homogenen Linienverbreiterung gesättigt. Dies erlaubt, das homogene Lini-
enprofil innerhalb der inhomogen verbreiterten Spektrallinie zu vermessen.
Verwandte Phänomene sind das „hole burning“ und der „Lamb dip“ (Lamb
1964; Yariv 1991) in Gaslasern, wie z. B. beim 1,15 μm Helium-Neon-Laser (Szöke
und Javan 1963). Hier wird durch das intensive Laser-Strahlungsfeld mit der Fre-
quenz v die Population der Atome oder Moleküle im angeregten Zustand abgebaut,
deren Geschwindigkeitskomponente  υx in Achsenrichtung x des Resonators die
Doppler-Bedingung (5.25) erfüllt. Die beiden Vorzeichen  entsprechen der in der
(+ x)- und der in der ( x)-Richtung laufenden Welle, welche die stehende Welle im
Resonator bilden. Der Effekt „brennt zwei Löcher“ in die Population des angeregten
Zustandes der Atome oder Moleküle. Oszilliert der Laser mit einer Frequenz v, die
gleich der Resonanzfrequenz v0 der Atome oder Moleküle ist, so entsteht in dieser
Population nur ein „Loch“ bei υx ¼ 0. Deshalb beobachtet man im Ver-
stärkungsprofil des Lasers den „Lamb dip“, d. h. die Verstärkung ist bei v ¼ v0
geringer als in der Umgebung mit v ’ v0.

Literatur
Adam, G.; Hittmair, O. (1988): Wärmetheorie, 3. Aufl. Vieweg, Braunschweig
Allard, N.; Kielkopf, J. (1982): Rev. Mod. Phys. 54, 1103
Becker, R. (1985): Theorie der Wärme, 3. Aufl. Springer, Berlin
Born, M. (2004): Optik: Ein Lehrbuch der Elektromagnetischen Lichttheorie, 4. Aufl. Springer,
Berlin
Bracewell, R. N. (2000): The Fourier Transform and its Applications. 3rd ed. McGraw-Hill, Boston
Breene jr, R. G. (1981): Theories of Spectral Line Shape. John Wiley, N. Y.
Demtröder, W. (2011–2013): Laserspektroskopie, Grundlagen und Techniken, 2 Bände, 6. Aufl.
Springer, Berlin
Gasiorowicz, S. (2002): Quantenphysik, 8. Aufl. Oldenbourg, München
Herrmann, J.; Wilhelmi, B. (1984): Laser für ultrakurze Lichtimpulse, Akademie Verlag, Berlin
Kneubühl, F. K. (1994): Repetitorium der Physik, 5. Aufl. Teubner, Stuttgart
Kneubühl, F. K. (1997): Oscillations and Waves. Springer, Berlin
Lamb jr, W. E. (1964): Phys. Rev. 134A, 1429
Louisell, W. H. (1973): Quantum Statistical Properties of Radiation. John Wiley, N. Y.
Messiah, A. (1981/1985): Quantenmechanik, 2 Bde., 2. Aufl. de Gruyter, Berlin
Reif, F. (1987): Statistische Physik und Theorie der Wärme, 3. Aufl. de Gruyter, Berlin
Schubert, M.; Weber, G. (1993): Quantentheorie: Grundlagen und Anwendungen. Spektrum
Akademischer Verlag, Heidelberg
Shimoda, A. (1991): Introduction to Laser Physics, 2nd ed. Springer, Berlin
Svelto, O. (2010): Principles of Lasers, 5th ed. Plenum Press, N. Y.
Szöke, A.; Javan A. (1963): Phys. Rev. Letters 10, 512
Yariv, A. (1991): Optical Electronics, 4th ed. Saunders, Philadelphia
Teil II
Laser-Resonatoren und Wellenleiter

Laser-Resonatoren haben den Zweck, das Licht oder andere elektromagnetische


Strahlung in einem oder in wenigen Moden zu konzentrieren, damit die Strahlungs-
dichte darin so groß wird, dass die induzierte Emission gegenüber der spontanen
Emission überwiegt. Ein Laser-Resonator muss deshalb für einen oder wenige
Moden eine starke Strahlungs-Rückkopplung aufweisen, jedoch die Strahlung in
den anderen Moden möglichst ohne Rückkopplung nach außen abgeben.
Es werden folgende Typen von Laser-Resonatoren, respektive Strahlungs-
Rückkopplungen besprochen: Spiegel-Resonatoren (Kap. 6), Wellenleiter-
Resonatoren (Kap. 7) und Distributed-Feedback-Systeme (Kap. 8). Das Verhalten
der Laser-Resonatoren wird beschrieben durch die Eigenschaften ihrer Moden, d. h.
durch Feldverteilungen, Lage und Abstände der Eigenfrequenzen, Entartungen,
Dämpfungen. Für die Beschreibung von Laser-Resonatoren eignen sich drei Dar-
stellungen der Optik: Strahlenoptik oder geometrische Optik (Abschn. 6.1 und 6.2),
skalare Beugungstheorie (Abschn. 6.3, 6.4 und 6.5), und die Maxwell-Gleichungen
(Kap. 7). Je nach Resonator-Typ und Fragestellung verwendet man die eine oder die
andere Darstellung.
Spiegel-Resonatoren
6

6.1 Strahlenoptik

Die Ausbreitung von Licht oder anderer elektromagnetischer Strahlung lässt sich
durch Strahlenoptik d. h. geometrische Optik, unter der Voraussetzung beschreiben,
dass die Abmessungen d und Krümmungsradien R der betrachteten optischen
Elemente viel größer sind als die Wellenlängen λ der elektromagnetischen Strahlung

d, R  λ ð6:1Þ

In der Laser-Physik dient die Strahlenoptik vor allem zur Beschreibung der
Spiegel-Resonatoren. Sie bildet die Grundlage der Stabilitätskriterien von Resona-
toren (Abschn. 6.2).
Die Stabilitätskriterien von Resonatoren werden hergeleitet mit paraxialer Optik.
Bei der paraxialen Optik oder auch Gaußschen Optik beschränkt man sich auf die
geometrische Optik von Strahlen, welche sich entlang der geraden Achse eines
optischen Systems fortpflanzen mit den Voraussetzungen, dass einerseits ihre Ab-
stände r von der optischen Achse viel kleiner als die Durchmesser d der optischen
Elemente und andererseits die Neigungen der Strahlen gegenüber der optischen
Achse gering sind. Zum Verständnis der paraxialen Optik genügt es, den Verlauf
der achsennahen Strahlen beim Durchgang durch die maßgebenden optischen Ele-
mente, wie z. B. dünne Linsen, gekrümmte Spiegel, dielektrische Schichten, zu
verfolgen. Dieser Verlauf kann durch zweidimensionale Matrizen beschrieben wer-
den (Born und Wolf 2009; Kneubühl 1994; Siegman 1986; Svelto 2010; Thyagara-
jan und Ghatak 1981; Yariv 1991).
Die mathematische Definition des paraxialen Strahls ergibt sich aus Abb. 6.1.
Ein Strahl wird bei axialsymmetrischen optischen Systemen beschrieben durch
den Abstand r(z) von der Achse am Ort z der Achse. Der Strahl heißt paraxial,
wenn seine Neigung gegenüber der Achse so klein ist, dass die entsprechenden

# Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2018 67


M. W. Sigrist, Laser: Theorie, Typen und Anwendungen,
https://doi.org/10.1007/978-3-662-57515-4_6
68 6 Spiegel-Resonatoren

Lichtstrahl

α 1 = arctan (r1' ) ≈ r1'


Abstand r

r1

z1 optische Achse z

Abb. 6.1 Paraxialer Strahl

Winkelfunktionen sin und tan mit guter Genauigkeit durch ihre Argumente ersetzt
werden können, d. h.

dr ðzÞ
r 0 ðzÞ ¼ ¼ tanα  sinα  α: ð6:2Þ
dz

So gilt z. B. für α ¼ 8

ðr 0  sinαÞ
 1%:
r0
Ein paraxialer Strahl kann durch einen Strahlvektor beschrieben werden unter
Benutzung von r und r0 . Es gibt zwei Definitionen des Strahlvektors; die eine ist
abhängig vom Brechungsindex n der Optik
 
! r ðzÞ
r ðzÞ ¼ ð6:3aÞ
r 0 ðzÞ

und die andere erlaubt eine vom Brechungsindex n der Optik unabhängige Beschrei-
bung
 
!∗ r ðzÞ
r ðzÞ ¼ : ð6:3bÞ
nð z Þ r 0 ðzÞ

Letztere Definition ist unabhängig vom Brechungsindex n, da n sin(α) gemäß dem


Brechungsgesetz konstant ist

n1 sin α1 ¼ n2 sin α2 ¼ konst: ð6:4Þ

In der paraxialen Optik können die optischen Elemente auf der Achse durch
!
zweidimensionale Matrizen M dargestellt werden, welche die Strahlvektoren r ,
!∗
resp. r , an zwei verschiedenen Orten z1 und z2 auf der optischen Achse verknüpfen
6.1 Strahlenoptik 69

 
! ! M 11 M 12
r2 ¼ M r1 mit M ¼ : ð6:5Þ
M 21 M 22

Mit dieser Darstellung können paraxiale optische Systeme einfach beschrieben


werden. Ein optisches System bestehend aus k nacheinander angeordneten optischen
Elementen, welche durch die Matrizen Mi, i ¼ 1, 2, . . . k dargestellt werden, wird
durch das Matrixprodukt

M ¼ Mk . . . M2M1

repräsentiert.
Im Folgenden sind einige Beispiele optischer Elemente aufgeführt. Dabei ver-
wenden wir die vom Brechungsindex n abhängige Definition (6.3a) der Strahl-
vektoren.

a) Ungestörte Fortpflanzung der Strahlen. Der Strahl breitet sich ungestört aus. Am
Ort z1 beträgt sein Abstand zur optischen Achse r1 und die Neigung r 01 . Nach dem
ungestörten Durchlaufen des Weges von z ¼ z1 bis z ¼ z2 ¼ z1 + L beträgt der
Abstand von der Achse r 2 ¼ r 1 þ Lr 01 , während die Neigung α gleich geblieben
ist, d. h. r 02 ¼ r 01 gemäß Abb. 6.2. Aus dieser Betrachtung ergibt sich als
Darstellung der ungestörten Fortpflanzung der Strahlen längs eines Achsenstücks
der Länge L folgende Matrix
 
1 L
M¼ : ð6:6Þ
0 1

Aus entsprechenden Überlegungen ergeben sich auch folgende Darstellungen


(Abb. 6.3, 6.4 und 6.5):
b) Brechungsgesetz von Snellius an einer Grenzfläche zwischen Materialien mit den
Brechungsindizes n1 und n2

r2'

r1'
L = z2 – z1
r2 = r1 + L r1'
r1 r2 r2' = r1'

z
z1 z2
L

Abb. 6.2 Ungestörte Fortpflanzung der Strahlen


70 6 Spiegel-Resonatoren

n1 n2
n1 sin α 1 = n2 sin α 2
α2 z1 = z0 – ε
z2 = z0 + ε
α1
Grenzübergang ε 0

z
z1 ε z0 ε z2

Abb. 6.3 Brechungsgesetz von Snellius

r1 r2
( (
r1' ( ( r2'
r2 = r1
r2' = r1' -
r2
f

r1' } r' · f
1
z

Abb. 6.4 Dünne Linse

r2

r1

z
F f

Abb. 6.5 Sphärischer Spiegel


6.2 Stabilitätskriterien für Spiegel-Resonatoren 71

r S1 S2

R1 R2

z
M2 M1

Abb. 6.6 Spiegelresonator: Spiegel Si, Krümmungsradien Ri, Krümmungsmittelpunkte Mi

 
1 0
M¼ : ð6:7Þ
0 n1 =n2

c) Dünne Linse mit der Brennweite f


 
1 0
M¼ : ð6:8Þ
1=f 1

d) Sphärischer Spiegel mit Krümmungsradius R und Brennweite f ¼ R/2


R > 0: Spiegel konkav gegen Mittelpunkt.
R < 0: Spiegel konvex gegen Mittelpunkt
0 1 0 1
1 0 1 0
M¼@ 2 A¼@ 1 A: ð6:9Þ
 1  1
R f

6.2 Stabilitätskriterien für Spiegel-Resonatoren

Ein Spiegel-Resonator besteht aus zwei auf der optischen Achse liegenden Spiegel
S1 und S2. Die Spiegel weisen einen Abstand L auf und haben die Krümmungsradien
R1 und R2 (Abb. 6.6). Nach Definition sind die Krümmungsradien positiv, d. h.
Ri > 0, wenn die Spiegel in Bezug auf das Resonatorinnere konkav sind.
Ein Spiegel-Resonator heißt optisch stabil, wenn ein paraxialer Lichtstrahl im
Resonator auch nach beliebig vielen Reflexionen an den Spiegeln den Resonator nicht
verlässt. Im Rahmen der Strahlenoptik zeigt ein optisch stabiler Resonator keine
Strahlenverluste. Es ist jedoch zu beachten, dass auch ein optisch stabiler Resonator
im Allgemeinen Beugungsverluste aufweist. Insgesamt haben aber optisch stabile
72 6 Spiegel-Resonatoren

r
f1 f1

f2 f2 f2

L L L L

Abb. 6.7 Linsenleitung analog zum Spiegelresonator

Spiegel-Resonatoren meist geringere Verluste als optisch instabile, bei denen Licht-
strahlen nach einer oder mehreren Reflexionen an den Spiegeln aus dem Resonator
austreten.
Die Entscheidung, ob ein Spiegel-Resonator optisch stabil oder instabil ist, lässt
sich anhand der Stabilitätskriterien fällen. Diese Stabilitätskriterien lassen sich mit
Hilfe der Matrixdarstellung der paraxialen Optik formulieren. In der paraxialen
Optik sind gemäß Abschn. 6.1 gekrümmte Spiegel und dünne Linsen in Bezug auf
die Berechnung des Strahlenganges analog. Somit ist das Verhalten eines Licht-
strahls, der im Resonator zwischen Spiegeln mit den Krümmungsradien R1 und R2
hin und her reflektiert wird, dasselbe wie das Verhalten eines Lichtstrahls in einem
System von dünnen Linsen mit den Brennweiten f1 ¼ R1/2 und f2 ¼ R2/2, welche auf
der optischen Achse im Abstand L alternierend hintereinander angeordnet sind
(Abb. 6.7). Die Strahlfortpflanzung in diesem System, welches eine Linsenleitung
darstellt, und in einem Spiegel-Resonator sind äquivalent.
Zur Beurteilung der Stabilität eines Spiegel-Resonators betrachten wir zunächst
den Verlauf eines Lichtstrahls, der einen vollständigen Umgang, engl, „round-trip“, im
Resonator macht. Der analoge Prozess in der Linsenleitung ist in Abb. 6.8 dargestellt.
!  
Die gesamte Transformation des Strahlvektors r 1 ¼ r 1 ; r 01 bei einem vollstän-
digen Umgang im Resonator kann durch das Produkt der Matrizen der einzelnen
optischen Elemente von Abb. 6.8 dargestellt werden.
     
! 1 0 1 L 1 0 1 L 1 0 !
r2 ¼ r 1:
1=2f 1 1 0 1 1=f 2 1 0 1 1=2f 1 1
ð6:10Þ
2:Halblinse freier Mittel freier 1:Halblinse
rechts Raum linse Raum links

Für die Beschreibung dieser Transformation und der Stabilitätskriterien eignen


sich die sogenannten Resonatorparameter gi

gi ¼ 1  L=Ri ¼ 1  L=2f i mit i ¼ 1, 2: ð6:11Þ


6.2 Stabilitätskriterien für Spiegel-Resonatoren 73

r f1 = R1/2 f1 = R1/2
f1
f2 = R2/2

→ r1
r1 = ( r ′1)
z
→ r2
( )
r2 = r 2′

Halblinse Linse Halblinse

L L

Abb. 6.8 Strahlengang in der Linsenleitung analog zum „round-trip“ im Spiegel-Resonator

Aus (6.10) und (6.11) ergibt sich für die Resonatormatrix MR folgende Darstel-
lung
 
! ! ð2g1 g2  1Þ 2g2 L
r2 ¼ M R r 1 mit M R ¼ : ð6:12Þ
2g1 ðg1 g2  1Þ=L ð2g1 g2  1Þ

Die Moden oder Eigenschwingungen des Spiegel-Resonators und der analogen


Linsenleitung erhält man aus der Eigenwert-Bedingung

! !
M R r k ¼ λk r k mit k ¼ a, b, ð6:13aÞ

respektive
    
ð2g1 g2  1Þ 2g2 L λ 0 rk
 ¼ 0: ð6:13bÞ
2g1 ðg1 g2  1Þ=L ð2g1 g2  1Þ 0 λ r 0k

Die Eigenwerte λ der Resonatormatrix MR lassen sich bestimmen durch Nullset-


zen der Determinante der Matrix in Gl. (6.13b)
 
1 0
j M R  λE j¼ 0 mit der Einheitsmatrix E ¼ : ð6:14Þ
0 1

Die Bedingung (6.14) ergibt die quadratische Gleichung

λ2  2ð2g1 g2  1Þ λ þ 1 ¼ 0 ð6:15Þ

mit den Lösungen


h i1=2
λa, b ¼ ð2g1 g2  1Þ  ð2g1 g2  1Þ2  1 : ð6:16Þ

Die Eigenwerte λa,b sind reell oder komplex


74 6 Spiegel-Resonatoren

Für j 2g1 g2  1 j> 1

sind λa, b ¼ exp ð θÞ reell, ð6:17aÞ

wobei cosh θ ¼ 2g1 g2  1,

und für j 2g1 g2  1 j 1 ð6:17bÞ

sind λa, b ¼ exp ð iφÞ komplex,

wobei cos φ ¼ 2g1 g2  1:


! !
Die Eigenvektoren r a und r b von MR sind definiert durch die Bedingungen

! ! ! !
M R r a ¼ λa r a und M R r b ¼ λb r b : ð6:18Þ
! !
Die beiden Eigenvektoren r a und r b bilden eine Basis (Anton 2005; Kowalsky
!
und Michler 2003; Nef 1977). Dies bedeutet, dass ein beliebiger Strahlvektor r 1 als
Linearkombination dieser beiden Vektoren dargestellt werden kann

! ! !
r1 ¼ Ca r a þ Cb r b : ð6:19Þ

Nach einem „round trip“ des Strahls im Resonator hat der entsprechende Strahl-
!
vektor r 2 die Form

! ! !
r2 ¼ λa C a r a þ λa C b r b : ð6:20Þ

Die Fortpflanzung der Lichtstrahlen im Spiegel-Resonator und in der analogen


Lichtleitung werden somit im Wesentlichen bestimmt durch die Eigenwerte λa,b. Für
eine Vielfachreflexion mit n vollständigen Umgängen des Lichtstrahls im Spiegel-
!
Resonator findet folgende Transformation des ursprünglichen Strahlvektors r 1 statt

! ! ! !
r nþ1 ¼ M Rn r 1 ¼ λan C a r a þ λbn Cb r b : ð6:21Þ

Sofern kein Strahl den Resonator verlässt, ist er stabil Diese Bedingung ist
erfüllt für

j λa j¼j λb j¼ 1, d:h: mit ð5:17bÞ j 2g1 g2  1 j 1:

Daraus ergibt sich das Stabilitätskriterium für Spiegel-Resonatoren.

optisch stabil : 0  g1 g2  1
ð6:22Þ
optisch instabil : g1 g2 < 0 oder g1 g2 > 1:
6.2 Stabilitätskriterien für Spiegel-Resonatoren 75

Abb. 6.9 Illustration der stabil instabil


Faustregeln betreffend stabile
S1 S2
und instabile Spiegel-
Resonatoren M1
M2

Für die Stabilität eines Spiegel-Resonators maßgebend sind demnach die beiden
Strecken (SM)i; i ¼ 1, 2, zwischen den Spiegelmittelpunkten Si und den entspre-
chenden Krümmungsmittelpunkten M1:

• Der Resonator ist stabil, wenn die beiden Strecken teilweise überlappen.
• Der Resonator ist instabil, wenn die beiden Strecken getrennt sind oder wenn die
eine Strecke sich innerhalb der anderen befindet.

Diese Faustregeln sind illustriert in Abb. 6.9.


Abb. 6.10 präsentiert die wichtigsten stabilen Resonatoren und Abb. 6.11 kon-
fokale instabile Resonatoren.

a. planar (Fabry-Perot)

R1 ¼ R2 ¼ 1
g1 ¼ g2 ¼ 1
b. schwach konkav

R1 ¼ R2 ¼ groß
g1 ¼ g2  1
c. fokal

R1 ¼ R2 ¼ 2L
g1 ¼ g2 ¼ 1=2
76 6 Spiegel-Resonatoren

a b

c d

e f

Abb. 6.10 Optisch stabile Resonatoren

Abb. 6.11 Optisch instabile


Resonatoren

2af1 /f 2 S1 S2 2a
f1 f2

2a (f2 + d)/f 2 S1 S2 2a
d

f2

f1 = d + f2
6.2 Stabilitätskriterien für Spiegel-Resonatoren 77

d. konfokal

R1 ¼ R2 ¼ L
g1 ¼ g2 ¼ 0

e. fast konzentrisch

L=2 < ðR1 ; R2 Þ < L


g1 ¼ g2  1

f. sphärisch (konzentrisch)

R1 ¼ R2 ¼ L=2
g1 ¼ g2 ¼ 1

Das Stabilitätskriterium (6.22) wird meist dargestellt mit Hilfe des Stabilitätsdia-
gramms (Abb. 6.12), in dem die stabilen und instabilen Bereiche in der g1-g2-Ebene
eingetragen sind (Siegman 1986; Svelto 2010; Thyagarajan und Ghatak 1981; Yariv
1991).
Wegen der relativ geringen Beugungsverluste werden meist optisch stabile Reso-
natoren verwendet. Optisch instabile Resonatoren kommen da zum Einsatz, wo bei
hoher Verstärkung des Lasermediums Probleme der Modenselektion auftreten, z. B.
bei den sogenannten 10 μm-TEA-CO2-Lasern (Abschn. 13.6.2).

Abb. 6.12 Stabilitätsdia- g2


gramm der Spiegel-
Resonatoren
g1 g2 = 1

1 planar
g1 g2 = 0

g1
1
konzentrisch
konfokal

g 1 g2 = 1
78 6 Spiegel-Resonatoren

6.3 Prinzipien der skalaren Feldtheorie von Resonatoren

Die wichtigsten Moden und ihre Beugungsverluste der am häufigsten verwendeten


Spiegel-Resonatoren lassen sich in guter Näherung mit skalaren Feldern, der Form
!  !
E r ; t ¼ E r eiωt ð6:23Þ

unter Berücksichtigung des Superpositionsprinzips und des Prinzips von Huygens


berechnen. Das bei Spiegel-Resonatoren maßgebende Phänomen ist die Fresnel-
Beugung (Klein und Furtak 1988; Möller 2007).
Das Superpositionsprinzip lautet:
!  !  ! 
„Zwei gleichartige Felder E 1 r ; t und E 2 r ; t lassen sich zu einem neuen Feld E 1þ2 r ; t
addieren“
!  !  ! 
E1 r ; t þ E2 r ; t ¼ E 1þ2 r ; t : ð6:24Þ

Die entsprechenden Strahlungsintensitäten verhalten sich wie die Betrags-


quadrate der komplexen Feldamplituden. Dies ist die Grundlage der Interferenz-
Erscheinungen in der Optik.
Das Prinzip von Huygens erlaubt die Berechnung der Ausbreitung der Felder. Für
Wellen im dreidimensionalen Raum postuliert es:

„Eine Welle breitet sich so aus, dass jeder Punkt, den sie erreicht, selbst zum Zentrum einer
sich ausbreitenden Kugelwelle wird.“

! ! 
Voraussetzungen für den Ersatz der wirklichen vektoriellen Felder E r ; t und
! !  ! 
H r ; t durch skalare Felder E r ; t sind:

a) Der Spiegelabstand L und der Spiegeldurchmesser 2a müssen viel größer sein als
die Wellenlänge λ

L, a  λ: ð6:25Þ

! !  ! ! 
b) Die wirklichen elektromagnetischen Felder E r ; t und H r ; t müssen nahezu
senkrecht zur optischen Achse und somit transversal zur Fortpflanzungsrichtung
sein. Man beschränkt sich daher auf die sogenannten transversal elektromagne-
tischen oder TEM-Moden der Spiegelresonatoren.
! !  ! ! 
c) Die elektromagnetischen Felder E r ; t und H r ; t müssen linear polari-
siert sein.
Ein Maß für den Charakter der Beugungseffekte an Spiegel-Resonatoren ist die
Fresnel-Zahl F oder N

a2
F¼N¼ : ð6:26Þ
λL
6.4 Fabry-Perot-Resonator 79

Abb. 6.13 Beugungsbedingte


Strahlaufweitung an einer
Blende des Durchmessers 2a
im Abstand L θL
θ
Sp
2a B 2a
L
θ
θL

Sie kann wie folgt physikalisch interpretiert werden. Der beugungsbedingte


Öffnungswinkel θ eines Lichtstrahls der Wellenlänge λ an einer Blendenöffnung B
des Durchmessers 2a beträgt (Born 2004; Hecht und Schleitzer 2014)

λ
θ :
2a
Somit beträgt entsprechend Abb. 6.13 das Leistungsverhältnis des an einem
Spiegel Sp mit dem Durchmesser 2a im Abstand L von der Blendenöffnung B
reflektierten Lichts zum nicht reflektierten etwa

πa2 a a2
 ¼ ¼ F:
2
πða þ LθÞ  πa2 2Lθ λL

Der Wert der Fresnel-Zahl F bestimmt Beugungs-Typ und -Verlust gemäß


folgendem Schema:

) %HXJXQJ 9HUOXVW
ื )UDXQKRIHU JUR¡ ð6:27Þ
ุ )UHVQHO NOHLQ

Spiegel-Resonatoren mit gleichen Fresnel-Zahlen F haben die gleichen Beu-


gungsverluste unabhängig von α, L und λ.

6.4 Fabry-Perot-Resonator

Als Fabry-Perot-Resonator bezeichnet man einen offenen Resonator, bestehend aus


zwei sich gegenüber stehenden identischen planparallelen koaxialen Spiegeln ge-
mäß Abb. 6.14. Die Spiegel werden entweder kreisförmig mit dem Radius a oder
rechteckig mit den Kantenlängen 2a und 2b gewählt. Der Spiegelabstand L und die
Abmessung a, b sind viel größer als die Wellenlänge λ.
80 6 Spiegel-Resonatoren

Der Fabry-Perot-Resonator war der erste gebräuchliche Laserresonator. Er fand


vor allem beim ersten Laser, dem Rubinlaser, Verwendung (vgl. Abschn. 16.1). Der
Grund dafür war, dass seinerzeit die Wirkungsweise der anderen optischen Resona-
toren noch nicht hinreichend bekannt war. Theoretisch hat der Fabry-Perot-Resona-
tor gegenüber anderen Laser-Resonatoren den Vorteil, dass der volle Querschnitt des
laseraktiven Materials ausgenutzt werden kann. Dafür hat er wesentliche Nachteile.
So verlangt der Fabry-Perot-Resonator sehr gleichmäßige ebene Spiegel, die au-
ßerdem sehr genau parallel sein müssen. Für einen Resonator mit dem
Spiegelabstand L ¼ 1 m und dem Intensitäts-Reflexionskoeffizienten Rsp ¼ 0,99
der Spiegel müssen die Spiegel auf eine Bogensekunde parallel sein. Dies ist in der
Praxis wegen Erschütterungen und thermischen Deformationen der Spiegel-
halterung und des Gesamtaufbaus kaum zu erfüllen. Kleinste konvexe Erhebungen
auf den Spiegeln lassen die Beugungsverluste im Fabry-Perot-Resonator drastisch
ansteigen. Deswegen müssen die Spiegel auf λ/50 eben sein, was erhebliche Schwie-
rigkeiten bei der Herstellung bereitet. Aus diesen Gründen wurden die Laser sehr
bald mit andersartigen Resonatoren ausgerüstet. In theoretischer Hinsicht zeigt der
Fabry-Perot-Resonator jedoch Aspekte, welche auch heute für viele Laser-
Resonatoren relevant sind.
Der Vorläufer der für Laser verwendeten Fabry-Perot-Resonatoren ist das am
Ende des letzten Jahrhunderts erfundene Fabry-Perot-Interferometer (Fabry und
Perot 1897–1901), welches in der hochauflösenden Spektrometrie Verwendung
findet. In einer speziellen Form entspricht es dem in Abb. 6.14 dargestellten Fabry-
Perot-Resonator mit kreisförmigen Spiegeln von unendlichem Radius a ¼ 1.
Wegen L  λ können seine wesentlichen Eigenschaften mit der Theorie skalarer
Felder durch Betrachtung von Vielstrahlinterferenz berechnet werden. In der Folge
beschränken wir uns auf Eigenschaften, die auch bei den für Laser verwendeten
Fabry-Perot-Resonatoren eine Rolle spielen.

Abb. 6.14 Fabry-Perot-Resonator mit kreisförmigen Spiegeln


6.4 Fabry-Perot-Resonator 81

Wir betrachten eine ebene TEM-Welle, welche zwischen den unendlich großen
Spiegeln des Fabry-Perot-Interferometers hin- und herläuft. Die hin- und herlaufen-
den Wellenzüge überlagern sich zu einer stehenden Welle. Da auf idealen Spie-
geloberflächen die transversalen elektrischen Felder der TEM-Welle null sein müs-
sen, können im Fabry-Perot-Interferometer q Halbwellen auftreten, für die gilt

L ¼ qðλ=2Þ mit q ¼ 1, 2, 3, . . . ð6:28Þ

Wegen L  λ ist q eine große ganze Zahl. Für einen Resonator der Länge
L ¼ 0,5 m in Luft mit dem Brechungsindex n ¼ 1 sowie für eine Wellenlänge
λ ¼ 500 nm gilt q ¼ 2  106. Da im Fabry-Perot-Interferometer mit fester Länge L nur
ganz bestimmte Halbwellen mit diskreten Wellenlängen λq auftreten können, spricht
man von Resonanzen und bezeichnet (6.28) als Resonanzbedingung. Die den ver-
schiedenen q zugeordneten stehenden Wellen bezeichnet man als longitudinale
Grundmoden TEM00q und dementsprechend q als longitudinale Modenzahl. Die
Bedeutung der beiden Nullen im Index wird später erläutert. Ist c0 die Phasenge-
schwindigkeit des Lichts im Medium des Interferometers, so ergeben sich folgende
Resonanzfrequenzen vq

vq ¼ qðc0 =2LÞ: ð6:29Þ

Der Frequenzabstand Δv zwischen zwei benachbarten Grundmoden TEM00,q + 1


und TEM00q ist deshalb

Δvqþ1, q ¼ vqþ1  vq ¼ c0 =2L, ð6:30Þ

ein Wert der für viele Spiegelresonatoren typisch ist. Mit L ¼ 0,5 m findet man für
ein Interferometer im Vakuum Δvq+1,q ¼ 6  108 Hz.
Beim Durchlaufen eines Interferometers der Länge L erfährt eine TEM00q-Welle
die Phasenänderung Φq

Φq ¼ πq ¼ 2πL=λq ¼ kq L, ð6:31Þ

wobei kq die Kreiswellenzahl darstellt. Die Größe 2πL/λq ¼ kqL bezeichnet man auch
als geometrische Phasenänderung. Sie entspricht der Phasenänderung bei einem
Durchlauf durch ein Fabry-Perot-Interferometer der Länge L. Bei Fabry-Perot-Reso-
natoren mit endlichem Spiegelradius a und anderen Spiegel-Resonatoren ist die
geometrische Phasenänderung verschieden von Φq ¼ πq wegen Beugungseffekten.
Falls die beiden Spiegel des Fabry-Perot-Interferometers gemäß a ¼ 1 unendlich
groß sind, treten keine Beugungsverluste auf. Dies entspricht der unendlich großen
Fresnel-Zahl F ¼ a2/λL ¼ 1 des Fabry-Perot-Interferometers.
Bis jetzt haben wir ideale Spiegel vorausgesetzt, d. h. Intensitäts-Reflexionsko-
effizienten Rsp ¼ 1. Wirkliche Spiegel reflektieren nicht vollständig (vgl. Tab. 6.1).
Dementsprechend ist der relative Intensitätsverlust 2δR einer TEM-Welle bei vollem
Umlauf im Fabry-Perot-Interferometer bei Reflexion an den Spiegeln
82 6 Spiegel-Resonatoren

Tab. 6.1 Intensitäts- Rsp


Reflexionskoeffizienten
λ in nm Al Ag Au Cu Laser
Rsp für frisch
aufgedampfte Metalle 10600 0,987 0,995 0,994 0,989 CO2
bei senkrechtem Einfall 3460 0,981 0,994 0,993 0,986 HBr
1064 0,956 0,994 0,990 0,986 Nd:YAG
850 0,867 0,992 0,982 0,983 GaAs/GaAlAs
694 0,897 0,989 0,970 0,975 Rubin
632 0,910 0,987 0,965 0,954 He-Ne
514 0,917 0,965 0,572 0,619 Argon
442 0,922 0,947 0,387 0,540 He-Cd
337 0,925 0,633 0,367 0,382 N2
247 0,920 0,294 0,334 0,374 KrF*

 
2δR ¼ 1  R2sp ’ 2 1  Rsp oder δR ’ 1  Rsp , ð6:32Þ

wobei δR den relativen Reflexionsverlust pro Durchgang gemittelt über einen vollen
Umlauf im Fabry-Perot-Interferometer beschreibt.
Sofern die TEM-Welle im Medium des Resonators schwach absorbiert wird,
existiert ein zusätzlicher relativer Dämpfungsverlust δD pro Durchgang

δD ¼ 1  eLa ’ La, ð6:33Þ

wobei α die Absorptionskonstante, respektive die Intensitätsabschwächung der


Welle pro Längeneinheit sowie κ diejenige pro Zeiteinheit gemäß (4.27) darstellt.
Beim Übergang vom Fabry-Perot-Interferometer zum Fabry-Perot-Resonator und
anderen Resonatoren müssen noch die relativen Beugungsverluste δB pro Durchgang
berücksichtigt werden. Die Bestimmung von δB für die verschiedenen Resonatoren
ist eine wesentliche Aufgabe der Resonatortheorie.
Der relative Gesamtverlust δ pro Durchgang gemittelt über den vollen Umlauf ist
die Summe aller verschiedenartigen Teilverluste

δ ¼ δR þ δD þ δB ð6:34Þ

Der Verlust δ bewirkt eine endliche Halbwertsbreite δv einer Resonanz bei der
Frequenz v entsprechend

δv ¼ v=Q ¼ 1=2πτ ¼ ð1=2π Þðc0 =LÞδ ¼ ðc0 =2πLÞδ, ð6:35Þ

wobei Q die Kreisgüte, englisch „quality factor“ oder „Q factor“, der Resonanz be-
zeichnet, vgl. auch Gl. (4.29). Vergleicht man den Frequenzabstand Δvq+1,q benach-
barter Grundmoden (6.30) mit der Halbwertsbreite δv der Resonanz, so findet man
 
Δvqþ1, q =δv ¼ ðc0 =2LÞ 2πL=c0 δ ¼ π=δ ¼ f : ð6:36Þ
6.4 Fabry-Perot-Resonator 83

In der Theorie der Fabry-Perot-Interferometer bezeichnet man das Verhältnis f als


Finesse.
Die Feldverteilungen, Resonanzbedingungen und Beugungsverluste der
einfachsten Moden von Fabry-Perot-Resonatoren mit endlich großen kreis-
förmigen oder rechteckigen Spiegeln wurden zuerst mit einer digitalen Rechen-
maschine aufgrund der skalaren Feldtheorie (vgl. Abschn. 6.3), insbesondere mit
der Fresnel-Beugung und dem Huygens-Prinzip, approximativ berechnet (Fox und
Li 1961). Im Wesentlichen handelt es sich dabei um die Lösung von linearen
homogenen Fredholmschen Integralgleichungen (Smirnow 1991; Smithies 1965).
Kurz danach wurde anhand der strengen Lösung des Problems der Beugung am
offenen Ende eines Hohlleiters eine approximative analytische Lösung gefunden
(Vainshtein 1962).
Bei den erwähnten Berechnungen am in Abb. 6.14 dargestellten Fabry-Perot-
Resonator startet man mit einer axialen TEM-Welle mit einer vorgegebenen Feld-
verteilung E1(P1) auf dem Spiegel S1 und betrachtet die Feldverteilung E2(P2) auf
dem Spiegel S2 nach einem Durchgang der TEM-Welle. Die am Spiegel S2 reflek-
tierte TEM-Welle erzeugt nach ihrem Rücklauf auf dem Spiegel S1 die iterierte
Feldverteilung E 01 ðP1 Þ . Ist die TEM-Welle in Resonanz mit dem Resonator, so
bezeichnet man sie als TEM-Moden. In diesem Fall erwartet man, dass sich die
Feldverteilung E1(P1) auf dem Spiegel S1 nach einem Durchgang der TEM-Welle
auf dem Spiegel S2 reproduziert, abgesehen von Abschwächung und Vorzeichen
(Fox und Li 1961)
 
E 2 P02 ¼  j γ j E 1 ðP1 Þ: ð6:37Þ

Der Punkt P20 auf dem Spiegel S2 wird bestimmt wie in Abb. 6.14 dargestellt.
Definiert man mit dem Faktor γ gemäß

γ ¼ exp ½ðδB =2 þ iΦÞ


ð6:38Þ
mit δB ’ 1  jγ j2 für δB
1,

wobei Φ die Phasenverschiebung pro Durchgang und δB den relativen Beu-


gungsverlust pro Durchgang darstellen, so findet man aus (6.37) die Resonanzbe-
dingung

Φ ¼ Φq ¼ πq, ð6:39Þ

wobei q eine große ganze Zahl entsprechend (6.31) bedeutet. Wegen Beu-
gungseffekten im Fabry-Perot-Resonator mit endlich großen Spiegeln muss die
geometrische Phasenverschiebung größer sein als die wirkliche (Fox und Li 1961)

2πL=λq > πq mit q groß, ganz


ð6:40Þ
oder 2πL=λq ¼ πq þ ΔΦ mit ΔΦ > 0,

wobei λq die Resonanzwellenlänge und ΔΦ die Phasendifferenz zwischen geome-


trischer und wirklicher Phasenverschiebung darstellt.
84 6 Spiegel-Resonatoren

Für Fabry-Perot-Resonatoren mit kreisförmigen Spiegeln vom Radius a 6¼ 1


müssen wir zur Beschreibung der Felder Zylinderkoordinaten (r,φ,z) einführen. Die
Ebenen der Spiegel S2 und S1 sind bestimmt durch (r,φ,z ¼  L/2) wobei r und φ
beliebig sind. Die Feldverteilungen E1(P1) der verschiedenen TEM-Moden auf dem
Spiegel S1 lassen sich dann approximativ beschreiben durch (Kleen und Müller
1969; Vainshtein 1962)

E1 ðP1 Þ ¼ E ℓpq ðr; φ; z ¼ L=2Þ !


r uℓ, pþ1 ð6:41Þ
/ cos ðℓ φÞ J ℓ
a 1 þ ð1 þ iÞK=ð8πFÞ1=2

mit

ℓ ¼ 0, 1, 2, . . .; p ¼ 0, 1, 2, . . .; q ganz, groß;
K ¼ – ζ(1/2) π1/2; F ¼ a2/Lλ;
uℓ, p+1 ¼ (p+1)-te Nullstelle der Bessel-Funktion ℓ-ter Ordnung.

Dabei bedeutet Jℓ(u) die Bessel-Funktion ℓ-ter Ordnung und die Riemannsche
Zetafunktion (Abramowitz und Stegun 1972). Der imaginäre Anteil des Feldes
beruht auf Beugungseffekten. Er verschwindet mit zunehmendem Radius a, weil
dann die Fresnel-Zahl F beliebig groß wird.
Bei den TEMℓpq-Moden bezeichnet ℓ die azimutale und p die radiale Modenzahl.
Beide werden auch transversale Modenzahlen genannt im Gegensatz zu der longi-
tudinalen Modenzahl q. Es ist zu beachten, dass die Feldverteilungen Eℓpq ¼ Eℓp
nicht von der longitudinalen Modenzahl q abhängen. Abb. 6.15 zeigt die Feld-
verteilungen Eℓp der einfachsten TEMℓpq-Moden.
Die den Feldverteilungen Eℓpq ¼ Eℓp entsprechenden Intensitätsverteilungen
Iℓpq ¼ IℓP sind bestimmt durch die Relation
 2
I ℓpq / Eℓpq  : ð6:42Þ

Die der Beziehung (6.40) entsprechende Resonanzbedingung der Fabry-Perot-


Resonatoren mit kreisförmigen Spiegeln vom Radius a 6¼ 1 ist in guter Näherung
(Vainshtein 1962)

2L=λℓpq ¼ ð2L=c0 Þvℓpq ¼ q þ π 1 ΔΦℓp


2K

2 1 þ pffiffiffiffiffiffiffiffiffi
¼ q þ 2πℓ,ppþ1ffiffiFffi 

u 8πF ð6:43Þ
2 2 :
1 þ pffiffiffiffiffiffi
2
K
8πF
þ 8πF
K

Für große Fresnel-Zahlen F  1 gilt demnach

1
uℓ, pþ1 2
2L=λℓpq ¼ ð2L=c0 Þvℓpq ’ q þ : ð6:44Þ
F 2π
6.4 Fabry-Perot-Resonator 85

TEM00 TEM10 TEM20

TEM01 TEM11 TEM21

TEM02 TEM12 TEM22

Abb. 6.15 Feldverteilungen Eℓp von TEMℓpq-Moden des Fabry-Perot-Resonators mit kreis-
förmigen Spiegeln (Fox und Li 1961)

Für den Beugungs-Intensitätsverlust δB pro Durchgang findet man entsprechend


(Vainshtein 1962)

pffiffiffiffiffiffiffiffiffi
uℓ, pþ1 2 1 þ pffiffiffiffiffiffi
K
δB, ℓpq ¼ δB, ℓp ¼ K 2πF 

8πF
2 2 : ð6:45Þ
2πF
ffiffiffiffiffiffi
1 þ 8πF þ 8πF
p K K2

Auch hier ergibt sich für große Fresnel-Zahlen F  1 eine einfache Beziehung
 2
δB, ℓpq ¼ δB, ℓp ’ F 3=2 uℓ, pþ1 =2π : ð6:46Þ

Die beiden Näherungen (6.44) und (6.46) geben wichtige Auskunft über die
Beziehungen zwischen dem Grundmode TEM00q und dem nächsthöheren Mode
TEM10q. Der Frequenzabstand dieser Moden beträgt für F  1 im Vergleich zu
dem Frequenzabstand der Grundmoden
   
v10q  v00q = v00, qþ1  v00q ’ 0:225=F: ð6:47Þ
86 6 Spiegel-Resonatoren

Das bedeutet, dass beim Fabry-Perot-Resonator diese Moden-Frequenzsepara-


tion mit zunehmender Fresnel-Zahl F abnimmt. Dies steht im Gegensatz zu den
Verhältnissen beim konfokalen Resonator (Abschn. 6.5).
Aus der Formel (6.45) geht hervor, dass die Beugungs-Intensitätsverluste δB,ℓp
der TEMℓpq-Moden mit niederen transversalen Modenzahlen sich nur wenig unter-
scheiden. Deshalb haben Laser mit Fabry-Perot-Resonatoren die Neigung, bei
kleinsten Störungen den Mode zu wechseln.
Für große Fresnel-Zahlen F  1 gilt außerdem gemäß Beziehung (6.46), dass das
Verhältnis der Beugungsverluste δB von verschiedenen Moden von der Fresnel-Zahl
F nicht beeinflusst wird, insbesondere
δB, 10q =δB, 00q ’ 2, 53: ð6:48Þ

Dieses Verhältnis ist erheblich kleiner als das entsprechende des konfokalen
Resonators (Abschn. 6.5). Durch Ändern der Geometrie eines Fabry-Perot-Resona-
tors mit hoher Fresnel-Zahl F kann dieses Verhältnis nur unmerklich verändert
werden.
Entsprechende Verhältnisse herrschen beim Fabry-Perot-Interferometer mit end-
lich großen rechteckigen Spiegeln der Kantenlängen a und b. Da jedoch die Fabry-
Perot-Resonatoren in der heutigen Lasertechnik insgesamt an Bedeutung verloren
haben, verweisen wir auf die entsprechenden Referenzen (Fox und Li 1961; Kleen
und Müller 1969; Vainshtein 1962).

6.5 Konfokaler Resonator

Der konfokale Resonator besteht entsprechend Abb. 6.16 aus zwei sphärischen
Hohlspiegeln mit gleichem Krümmungsradius R1 ¼ R2 ¼ L ¼ 2 f. Die Brennpunkte
der beiden Spiegel fallen zusammen. Die Moden des konfokalen Resonators werden
TEM-Moden genannt, da sie trotz Beugungseffekten in guter Näherung transversale
elektromagnetische Wellen darstellen. Ihre Berechnung basiert ebenfalls auf der
skalaren Feldtheorie (Abschn. 6.3). Der konfokale Resonator wird häufig benutzt,
weil er die geringsten Beugungsverluste aufweist und am wenigsten kritisch in der
Justierung ist. Außerdem ist die transversale Modendiskriminierung besser als beim
planparallelen Resonator. Die vom transversalen Grundmode TEM00 abweichenden
höheren TEM-Moden haben alle hohe Beugungsverluste und schwingen nur schwer
an. Allerdings muss man eine schlechtere Ausnutzung des Laservolumens und damit
eine geringere Verstärkung in Kauf nehmen.
Die konfokalen Resonatoren sind in der Praxis meist mit koaxialen kreisförmigen
Spiegeln vom Radius a ausgerüstet. In vielen Fällen sorgen jedoch Brewster-
Fenster, schräg gestellte optische Elemente und andere Störfaktoren dafür, dass der
Laser in TEM-Moden oszilliert, welche dem konfokalen Resonator mit gleichen
koaxialen rechteckigen Spiegeln der Kantenlängen a und b entsprechen. Wir werden
daher beide Resonatortypen besprechen. Die TEM00q-Grundmoden sind in beiden
Fällen gleich. Wegen ihrer besonderen Bedeutung werden wir sie am Schluss dieses
Kapitels noch eingehend betrachten.
6.5 Konfokaler Resonator 87

Abb. 6.16 Konfokaler S1 S2


Resonator: Spiegel S1, S2, R1 = R R2 = R
Krümmungsradien Ri ¼ R,
Krümmungsmittelpunkte Mi,
Resonatorlänge L ¼ R
-L/2 +L/2
M2 z = z0 M1 z

L=R

Die komplexen skalaren Felder der TEM-Moden der konfokalen Resonatoren


können in guter Näherung in analytischer Form dargestellt werden, sowohl für
Resonatoren mit rechteckigen Spiegeln (Boyd und Gordon 1961), als auch für
solche mit kreisförmigen Spiegeln (Boyd und Kogelnik 1962). Im Anschluss an
die Betrachtungen der Fabry-Perot-Resonatoren mit kreisförmigen Spiegeln im
Abschn. 6.4 starten wir nun mit der Besprechung der konfokalen Resonatoren mit
ebenfalls kreisförmigen Spiegeln.

6.5.1 Konfokale Resonatoren mit kreisförmigen Spiegeln

Zur Beschreibung der Feldverteilung der TEM-Moden auf den Spiegeln sowie im
Innern des konfokalen Resonators mit kreisförmigen Spiegeln benutzen wir Zylin-
derkoordinaten (r,φ,z). Die Mittelpunkte der beiden Spiegel S1 und S2, welche den
Krümmungsmittelpunkten M2 und M1 entsprechen, liegen bei (0, 0,  L/2) gemäß
Abb. 6.16. Unter dieser Voraussetzung findet man für die skalaren Felder der
TEMℓpq-Moden, welche zum Teil auch als TEMpℓq-Moden bezeichnet werden,
folgende Darstellung (Boyd und Kogelnik 1962)


E ℓ, pq ðr; φ; zÞ ¼ E ℓ, pq ½Rλ=2π 1=2 ρ, φ, ½R=2 Z
!
ð2ρÞℓ ℓ ð2ρÞ2 ρ2
/ cos ℓφ  ð1þℓÞ=2 Lp exp  ð6:49Þ
1 þ Z2 1 þ Z2 1 þ Z2
  
ð1 þ Z Þπ R ρ2 Z π 1Z
 exp  i þ  ð ℓ þ 2ρ þ 1 Þ  arctan
λ 1 þ Z2 2 1þZ

mit ℓ ¼ 0, 1, 2, . . .; p ¼ 0, 1, 2, . . .; q ganz, groß,


ρ ¼ (2π/Rλ)1/2r, Z ¼ (2/R)z.

In dieser Formel bezeichnet Lpℓ ðuÞ die zugeordneten Laguerre-Polynome


(Magnus et al. 1966; Abramowitz und Stegun 1972)
88 6 Spiegel-Resonatoren

dp  pþℓ u 
Lpℓ ðuÞ ¼ ð1=p!Þuℓ eu u e ,
dup
z:B: L0ℓ ðuÞ ¼ 1,
L1ℓ ðuÞ ¼ ℓ þ 1  u,
1 1
L2ℓ ðuÞ ¼ ðℓ þ 1Þðℓ þ 2Þ  ðℓ þ 2Þu þ u2 :
2 2
Die den Feldern (6.49) zugeordneten Intensitätsverteilungen Iℓpq(r,φ,z) lassen
sich mit der Beziehung (6.42) berechnen. Beispiele sind in Abb. 6.17 dargestellt. Die
Aufnahmen wurden mit einem Helium-Neon-Laser bei einer Wellenlänge von
1153 μm gemacht (Röss 1966). Die mit Asterisks gekennzeichneten Aufnahmen
repräsentieren Überlagerungen verschiedener Moden.
Aus Abb. 6.17 geht hervor, dass die radiale Modenzahl p die Anzahl Ringe
minimaler Intensität, und die azimutale Modenzahl ℓ die Anzahl Azimute minimaler
Intensität angeben.
Die Phasen der in (6.49) beschriebenen Feldverteilungen führen zu den folgenden
Resonanzbedingungen für die TEMℓpq-Moden

2L=λℓpq ¼ ð2L=c0 Þvℓpq ¼ q þ π 1 ΔΦℓp


1 ð6:50Þ
¼ q þ ðℓ þ 2p þ 1Þ:
2
Daraus ergibt sich, dass zwei Moden TEMℓpq und TEMℓ*p*q* die gleiche Reso-
nanzfrequenz aufweisen, wenn

ℓ þ 2p þ 2q ¼ ℓ ∗ þ 2p∗ þ 2q∗ : ð6:51Þ

Diese Modenentartung ist ein erheblicher Nachteil des konfokalen Resonators.


Zudem ist die Moden-Separation unabhängig von der Fresnel-Zahl F. Es gilt z. B.
 
v00, qþ1  v00q ¼ v01q  v00q ¼ 2 v10q  v00q ¼ ðc0 =2LÞ: ð6:52Þ

Die Beugungsverluste δB der einfachsten TEMpℓq-Moden des konfokalen Reso-


nators mit runden Spiegeln werden in Abb. 6.18 verglichen mit denjenigen des
entsprechenden Fabry-Perot-Resonators (Fox und Li 1961). Wie zu erwarten, sind
für Fresnel-Zahlen F > 1 die relativen Beugungs-Intensitätsverluste δB des konfo-
kalen Resonators erheblich kleiner als die des Fabry-Perot-Resonators. Dies gilt
wegen des radialen exponentiellen Abfalls der Felder des konfokalen Resonators.
Aus Abb. 6.18 kann man folgende Approximationen für die relativen Beugungs-
Intensitätsverluste δB pro Durchgang in einem konfokalen Resonator mit kreis-
förmigen Spiegeln der wichtigsten TEMℓpq-Moden für F > 1 ablesen

δB ðTEMÞ00q ’ 0,5  103 F7:67 ,


ð6:53Þ
δB ðTEMÞ10q ’ 102 F7:67 :
6.5 Konfokaler Resonator 89

Abb. 6.17 Intensitätsverteilungen von TEMpℓq-Moden eines konfokalen Resonators mit kreis-
förmigen Spiegeln

Daraus lässt sich das Verlustverhältnis zwischen erstem Nebenmode TEM10q und
Grundmode TEM00q des konfokalen Resonators mit runden Spiegeln errechnen.
   
δB TEM10q =δB TEM00q ’ 20: ð6:54Þ

Dieses Verhältnis ist etwa 10-mal so groß wie dasjenige des entsprechenden
Fabry-Perot-Resonators (6.48), was für den konfokalen Resonator einen Vorteil
bedeutet.
90 6 Spiegel-Resonatoren

Abb. 6.18 Beugungsverluste 100


δB der wichtigsten TEMℓpq-
Moden von konfokalem und TEM10
Fabry-Perot-Resonator als
Funktion der Fresnel-Zahl F 20 TEM00
(Fox und Li 1961; Kleen und
10
Müller 1969)

TEM20
2

δ B [% ]
1

TEM10
0,2
TEM00
0,1

Fabry-Perot-Resonator
konfokaler Resonator
0,02
0,01
0 0,4 0,8 1,2
F= a2 / L λ

6.5.2 Konfokale Resonatoren mit rechteckigen Spiegeln

Zur Beschreibung der Feldverteilungen der TEM-Moden der konfokalen Resonato-


ren mit rechteckigen Spiegeln mit den Kantenlängen a und b benutzen wir kar-
tesische Koordinaten (x, y, z). Die Mittelpunkte der Spiegel S1 und S2, welche den
Krümmungsmittelpunkten M2 und M1 entsprechen, befinden sich bei (0, 0,  L/2).
Die komplexen skalaren Felder Emnq(x, y, z) der TEMmnq-Moden der betrachteten
Resonatoren lassen sich wie folgt darstellen (Boyd und Gordon 1961)

pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
E mnq ðx; y; zÞ ¼ E mnq Rλ=2π X; Rλ=2π Y; ½R=2 Z
rffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi! rffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi!
1 2 2 X2 þ Y 2
/ pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiH m X Hn Y exp 
1 þ Z2 1 þ Z2 1 þ Z2 1 þ Z2
(  2     )
ð1 þ Z Þπ R X þ Y2 Z π 1Z ð6:55Þ
exp  i þ    ðm þ n þ 1Þ  arctan
λ 1 þ Z2 2 1þZ

mit m ¼ 0, 1, 2, . . . ; n ¼ 0, 1, 2, . . . ; q ganz, groß;

X ¼ ð2π=RλÞ1=2 x; Y ¼ ð2π=RλÞ1=2 y; Z ¼ ð2=RÞ z,

In dieser Formel bezeichnet Hm(u) die Hermite-Polynome (Abramowitz und


Stegun 1972; Magnus et al. 1966)
6.5 Konfokaler Resonator 91

dm   
H m ðuÞ ¼ ð1Þm expðu2 Þ exp u2 ,
dum
z:B:H 0 ðuÞ ¼ 1, H 1 ðuÞ ¼ 2u,
H 2 ðuÞ ¼ 4u2  2, H 3 ðuÞ ¼ 8u3  12u:

Die den Feldern (6.55) zugeordneten Intensitätsverteilungen Imnq(x,y,z) lassen


sich gemäß der Beziehung (6.42) berechnen. Beispiele sind in Abb. 6.19 dargestellt.
Aufnahmetechnik und Umstände entsprechen denjenigen von Abb. 6.17.
An Abb. 6.19 erkennt man, dass die transversalen Modenzahlen m und n die
Anzahl der vertikalen und horizontalen Geraden minimaler Intensität angeben.
Die Phasen der in Gl. (6.55) angegebenen Felder ergeben folgende Resonanzbe-
dingungen für die TEMmnq-Moden

0
1
2L=λmnq ¼ 2L=c vmnq ¼ q þ π 1 Φmn ¼ q þ ðm þ n þ 1Þ: ð6:56Þ
2
Daraus ergibt sich wiederum, dass zwei Moden TEMmnq und TEMm*n*q* dieselbe
Resonanzfrequenz aufweisen, wenn

m þ n þ 2q ¼ m∗ þ n∗ þ 2q∗ : ð6:57Þ

Diese Modenentartung existiert also auch für den konfokalen Resonator mit
rechteckigen Spiegeln. Ebenso ist die Moden-Separation unabhängig von den
Fresnel-Zahlen Fa ¼ a2/Lλ und Fb ¼ b2/Lλ. Wir finden z. B.

Abb. 6.19 Intensitätsverteilungen von TEMmnq-Moden eines konfokalen Resonators mit recht-
eckigen Spiegeln (Röss 1966)
92 6 Spiegel-Resonatoren

 
v00, qþ1  v00q ¼ 2 v10q  v00q ¼ ðc0 =2LÞ: ð6:58Þ

Die Beugungsverluste des konfokalen Resonators mit rechteckigen Spiegeln sind


ebenfalls erheblich niedriger als diejenigen des Fabry-Perot-Resonators. Für einen
konfokalen Resonator mit quadratischen Spiegeln der Seitenlänge 2a ergeben sich
für den Grundmode TEM00q und den ersten transversalen Mode TEM10q etwa
folgende relativen Beugungs-Intensitätsverluste δB pro Durchgang für große Fres-
nel-Zahlen F ¼ α2/Lλ > 10 (Boyd und Gordon 1961)
 
δB TEM00q  ’ 104  F 13:3 ,
ð6:59Þ
δB TEM10q ’ 4  103  F 13:3 :

Das Verhältnis der Beugungsverluste ist entsprechend obigen Beziehungen


   
δB TEM10q =δB TEM00q ’ 40: ð6:60Þ

Dies ist in den meisten Fällen auch erheblich günstiger als beim Fabry-Perot-
Resonator.

6.5.3 Die Grundmoden

Vergleichen wir die skalaren Felder (6.49) und (6.55) der Moden von konfokalen
Resonatoren mit runden bzw. rechteckigen Spiegeln, so finden wir, dass beide
Resonatortypen die gleichen Grundmoden TEM00q besitzen. Sie sind charakterisiert
durch ein besonders einfaches Feld. Die transversale Feldverteilung E00q(r,φ,z ¼ const)
entspricht einer Gauß-Funktion. Der Strahlverlauf und die Phasenflächen des
Grundmodes TEM00q eines konfokalen Resonators sind in Abb. 6.20 dargestellt
(Weber und Herziger 1978). Die Abstände auf der z-Achse sind normiert durch
Z ¼ 2z/R, wobei R ¼ L Krümmungsradien und Länge des konfokalen Resonators
darstellen. Die beiden sphärischen Resonatorspiegel liegen bei Z ¼ 1.
Die Fleckgröße W(z) eines Grundmodes TEM00q des konfokalen Resonators ist
definiert als der Abstand r ¼ W(z) vom entsprechenden Punkt auf der Achse, bei dem
das Feld E00q(r, φ, z) ¼ E00q(r, z) des Grundmodes auf den 1/e-ten Wert des Feldes
E00q(0, z) auf dem Achsenpunkt bei z abgesunken ist, d. h.

j E00q ðW ðzÞ; zÞ j¼ ð1=eÞ j E 00q ð0; zÞ j: ð6:61Þ

Mit Hilfe von (6.49) erhalten wir


n o1=2
W ðzÞ ¼ W 0 1 þ ð2z=RÞ2

mit W ð0Þ ¼ W 0 ¼ ðλR=2πÞ1=2 , ð6:62Þ

und W ðL=2Þ ¼ W ðR=2Þ ¼ W sp ¼ 21=2 W 0 :


6.5 Konfokaler Resonator 93

Flächen kon-
stanter Phase W( Z )
2W0
θ= λ
πW0

Strahltaille
L=R

-1 0 1 2 3 4
Z= 2 z / R

Abb. 6.20 TEM00q-Mode des konfokalen Resonators. Eingezeichnet sind Phasenflächen,


Fleckgröße W(z) und Öffnungswinkel 2θ

W0 entspricht dem Radius der Strahltaille, Wsp ist die Fleckgröße auf den beiden
Spiegeln.
Das Verhalten des Grundmoden im Fernfeld, d. h. in Abständen |z|, welche ein
Vielfaches der Resonatorlänge L betragen, wird durch den Öffnungswinkel 2θ des
Strahls beschrieben. Dieser Winkel ist definiert durch

θ ¼ lim W ðzÞ=z ¼ ð2λ=πLÞ1=2 ¼ λ=πW 0 : ð6:63Þ


z!1

Für die halben Öffnungswinkel θ0p der kreissymmetrischen TEM0pq-Moden


des konfokalen Resonators mit kreisförmigen Spiegeln gilt (nach Kleen und
Müller 1969)

θ0p ’ ½1 þ 2p 1=2 θ0 ,

wobei θ0 den halben Öffnungswinkel der TEM00q-Moden darstellt.


Die Phasenflächen der Grundmoden TEM00q definiert durch Φ00q ¼ konst bilden
annähernd Kugelflächen, wie in Abb. 6.20 dargestellt. Der Krümmungsradius R(z)
der Phasenfläche, welche die Resonatorachse im Punkt z schneidet, ist gegeben
durch (Kleen und Müller 1969)
n o
RðzÞ ¼ z 1 þ ðR=2zÞ2
n  2 o ð6:64Þ
¼ z 1 þ πW 20 =λz :

Der Krümmungsradius R als Funktion von z ist in Abb. 6.21 aufgezeichnet. Die
Phasenfläche bei der Strahltaille z ¼ 0 bildet wegen R(0) ¼ 1 eine Ebene. Die
Spiegel des konfokalen Resonators sind bei z ¼  L/2 ¼  R/2 im Gegensatz zu den
Spiegeln des Fabry-Perot-Resonators selbst Phasenflächen mit minimalen Krüm-
mungsradien R(z ¼  R/2) ¼ R.
94 6 Spiegel-Resonatoren

R (z)

z
-R/2 z=0 R/2

L=R

Abb. 6.21 Krümmungsradien R(z) der Phasenflächen der Grundmoden des konfokalen Resona-
tors als Funktion der Schnittpunkte z der Phasenflächen mit den Achsen. Die Spiegel des konfoka-
len Resonators liegen bei z ¼  L/2 ¼  R/2

6.6 Allgemeine stabile Resonatoren mit sphärischen Spiegeln

Für stabile Resonatoren mit beliebigen sphärischen Spiegeln existiert im Rahmen der
Theorie skalarer Felder keine exakte Lösung (Boyd und Kogelnik 1962; Kleen und
Müller 1969). Da jedoch die Phasenflächen des konfokalen Resonators gemäß (6.64)
annähernd Kugelflächen darstellen, kann jeder Resonator mit sphärischen Spiegeln in
die Phasenflächen des konfokalen Resonators eingebettet werden (vgl. Abb. 6.22).
Zur Bestimmung dieser Einbettung gehen wir von der Länge L und den
Krümmungsradien Ri, i ¼ 1, 2 der Spiegel des allgemeinen Resonators aus. Wir
müssen nun den Krümmungsradius R des dazugehörigen konfokalen Resonators
sowie die Positionen zi, i ¼ 1, 2, der den Spiegeln des allgemeinen Resonators
entsprechenden Phasenflächen des konfokalen Resonators berechnen (Abb. 6.23).
Diese Größen sind durch folgende drei Gleichungen verknüpft

z2 ¼ L n
þ z1 , o
ð6:65Þ
Ri ¼ zi 1 þ ðR=2zi Þ2 mit i ¼ 1, 2:

Die Lösung dieser drei Gleichungen ergibt

R2 ¼ L2 4g1 g2 ð1  g1 g2 Þ=ðg1 þ g2  2g1 g2 Þ2 ,


z1 ¼ Lg2 ð1  g1 Þ=ðg1 þ g2  2g1 g2 Þ, ð6:66Þ
z2 ¼ Lg1 ð1  g2 Þ=ðg1 þ g2  2g1 g2 Þ,

wobei für stabile Resonatoren gemäß (6.11) und (6.22) gilt

0  g1 g2  1 mit gi ¼ 1  ðL=Ri Þ, i ¼ 1, 2:
6.6 Allgemeine stabile Resonatoren mit sphärischen Spiegeln 95

allgemeiner Resonator

R
konfokaler
Resonator
L

Abb. 6.22 Einbettung des allgemeinen Resonators in die Phasenflächen des konfokalen Resona-
tors

R1

R2
W0
L
z
z1 0 z2

Abb. 6.23 Einbettungsparameter

Das Stabilitätskriterium (6.22) kann auch gefunden werden, indem man berück-
sichtigt, dass R eine reelle Zahl ist. Somit muss in der obigen Gl. (6.66) R2 0 sein,
woraus sofort (6.22) folgt.
Die Strahltaille der Grundmoden TEM00q des allgemeinen Resonators liegt bei
z ¼ 0 (Abb. 6.23) und hat den Radius

W 0 ¼ ðRλ=2πÞ1=2
ð6:67Þ
¼ ðLλ=2πÞ1=2 ½g1 g2 ð1  g1 g2 Þ 1=4 =½g1 þ g2  2g1 g2 1=2 :

Der Öffnungswinkel 2θ der Grundmoden TEM00q (6.63) ist bestimmt durch

θ ¼ λ=πW 0 ¼ ð2λ=πRÞ1=2
ð6:68Þ
¼ ðλ=πLÞ1=2 ½g1 þ g2  2g1 g2 1=2 =½g1 g2 ð1  g1 g2 Þ 1=4 :

Die Resonanzbedingungen der allgemeinen stabilen Resonatoren mit sphärischen


Spiegeln lauten für die TEMℓpq -Moden der kreisförmigen Spiegel

2L=λℓpq ¼ ð2L=c0 Þvℓpq n o


ð6:69Þ
¼ q þ ðℓ þ 2p þ 1Þπ 1 arccos ðg1 g2 Þ1=2
96 6 Spiegel-Resonatoren

und für die TEMmnq-Moden der rechteckigen Spiegel

2L=λnmq ¼ ð2L=c0 Þ vmnq n o


ð6:70Þ
¼ q þ ðm þ n þ 1Þπ1 arccos ðg1 g2 Þ1=2 :

Wie bereits erwähnt, sind die TEMℓpq-Moden und die TEMmnq-Moden des
konfokalen Resonators mit R ¼ L und g1 g2 ¼ 0 entartet, wie durch (6.51) und
(6.57) beschrieben. Die Resonanzfrequenzen der höheren Moden fallen zum Teil mit
denjenigen der Grundmoden zusammen. Bei den allgemeinen Resonatoren mit
sphärischen Spiegeln ist dies normalerweise nicht der Fall. Sie zeigen praktisch
keine Entartung der höheren transversalen Moden mit den Grundmoden. Hier
überlagern sich die transversalen Moden als äquidistante Satelliten der linearen
Skala der Grundmoden gemäß Abb. 6.24.
Die Moden-Separation der longitudinalen Grundmoden TEM00q beträgt wie
zuvor

v00, qþ1  v00q ¼ c0 =ð2LÞ, ð6:71Þ

und diejenige des ersten Nebenmode TEM10q vom entsprechenden Grundmode

v10q  v00q ¼ ðc0 =2LÞπ1 arccos ðg1 g2 Þ1=2 : ð6:72Þ

Beim allgemeinen Resonator ist der Nebenmode TEM10q nicht mit dem Grund-
mode TEM00,q+1 entartet.
Die Beugungsverluste δB der Moden von symmetrischen allgemeinen Resonatoren
mit gleichen sphärischen Spiegeln mit Durchmesser 2a und Krümmungsradien
R1 ¼ R2 ¼ Rs ¼6 L können durch Einführung einer äquivalenten Fresnel-Zahl F0 aus
den Beugungsverlusten des konfokalen Resonators ermittelt werden (Kleen und Müller
1969). Diese äquivalente Fresnel-Zahl F0 berechnet sich aus folgender Beziehung

 1=2 n o1=2  
F 0 ¼ 1  gs 2 F s ¼ 2ðL=RS Þ  ðL=RS Þ2 a2 =Lλ , ð6:73Þ

wobei Fs die eigentliche Fresnel-Zahl des symmetrischen allgemeinen Resonators


darstellt. Die Beugungsverluste δB des symmetrischen allgemeinen Resonators sind
diejenigen des entsprechenden konfokalen Resonators mit der äquivalenten Fresnel-
Zahl F0. Die Beugungsverluste δB der wichtigsten Moden des konfokalen Resona-
tors sind berechnet und tabelliert.

6.7 Strahlqualitätsfaktor M2

In der Praxis weicht das Laserstrahlprofil oft vom Idealfall des Grundmodes TEM00
des Gaußstrahles, der die kleinste Divergenz aufweist, ab. Die Ursache ist meist das
Anschwingen höherer transversaler Moden. Zur allgemeinen Charakterisierung von
6.7 Strahlqualitätsfaktor M2 97

Abb. 6.24 Frequenzspektren konfokal extrafokal


der TEMℓpq-Moden der
s = 2p +  c′/2L c′/2L
konfokalen Resonatoren mit
Entartung und der 0
extrafokalen allgemeinen 1
Resonatoren ohne Entartung
2
3
4

Gesamtspektrum

q q+1 q q+1
ν ν

Laserstrahlprofilen wird heute meist die Maßzahl M2 verwendet. Sie beschreibt die
Divergenz oder auch den Taillenradius des Strahles im Vergleich zu den entspre-
chenden Parametern des TEM00-Modes. So sind sowohl der Taillenradius W0 als
auch der Divergenzwinkel θ eines realen Laserstrahles um den Faktor M gegenüber
dem Grundmode vergrößert. Man erhält somit für das Strahlparameterprodukt:

θW 0 ¼ M 2 λ=π: ð6:74Þ

Die minimale Beugungsmaßzahl M2 ¼ 1 trifft nur für den idealen TEM00-Mode


zu, ansonsten ist M2 > 1. Der M2-Faktor eines Strahles limitiert die Fokussierung bei
vorgegebener Strahldivergenz und damit auch die maximal erreichbare Leistungs-
dichte im Brennpunkt einer Linse.
Für radial nicht-symmetrische Strahlen, wie z. B. für die Strahlung eines Dioden-
lasers oder eines Diodenlaserbarrens, kann der Faktor M2 für die beiden orthogonal
zueinander und orthogonal zur Emissionsrichtung stehenden Richtungen in zwei
unabhängige Faktoren Mx2 und My2 aufgeteilt werden.
Aufgrund seiner Definition (6.74) kann der Faktor M2, auch Strahlfortpflan-
zungsfaktor genannt, durch die Messung der Strahlradiusentwicklung entlang der
Fortpflanzungsachse, d. h. durch Ausmessen der sogenannten Strahlkaustik, bestimmt
werden gemäß

M 2 ¼ θW 0 π=λ: ð6:75Þ

Es soll noch erwähnt werden, dass sich die Qualität eines Laserstrahles nicht
durch eine einzige Zahl M2 vollständig quantifizieren lässt, sondern dass auch noch
andere Parameter – je nach Anwendung – für eine geeignete Charakterisierung
wichtig sein können. Immerhin lässt M2 eine erste Beurteilung zu und ist deshalb
weit verbreitet. Von Laseranbietern wird M2 oft auch direkt mit den sonstigen
Laserdaten aufgeführt. Als typische Beispiele seien M2 < 1,1 für einen Faserlaser,
M2 < 1,25 für einen CO2-Laser oder auch M2 ¼ 1, d. h. TEM00-Mode, für einen
HeNe-Laser genannt.
98 6 Spiegel-Resonatoren

Literatur
Abramowitz, M.; Stegun I. A. (1972): Handbook of Mathematical Functions. 10th printing. John
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Kneubühl, F. K. (1994): Repetitorium der Physik, 5. Aufl. Teubner, Stuttgart
Kowalsky, H.-J.; Michler, G. O. (2003): Lineare Algebra, 12. Aufl. de Gruyter, Berlin
Magnus, W.; Oberhettinger, F.; Soni, R. P. (1966): Formulas and Theorems for the Special
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Möller, K. D. (2007): Optics, 2nd ed. Springer, N. Y.
Nef, W. (1977): Lehrbuch der Linearen Algebra. Birkhäuser, Basel
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Siegman, A. E. (1986): Lasers. Univ. Press, Oxford
Smirnow, W. I. (1991): Lehrgang der höheren Mathematik, 11. Aufl. Hochschulbücher für Mathe-
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Smithies, F. (1965): Integral Equations, 2nd ed. Cambridge University Press, Cambridge, UK
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Vainshtein, L. A. (1962): Sov. Phys. JETP 17, 709
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Nürnberg
Yariv, A. (1991): Optical Electronics. 4th ed. Saunders, Philadelphia
Wellenleiter
7

Konventionelle optische Laser-Resonatoren (Kap. 6), wie z. B. Fabry-Perot-Reso-


natoren oder Resonatoren mit sphärischen Spiegeln, zeigen enorme Beu-
gungsverluste für kleine Fresnel-Zahlen F, d. h. für

F ¼ a2 =Lλ  1: ð7:1Þ

Hier bedeutet λ die Wellenlänge der Laserstrahlung, L die Länge des Resonators
sowie 2a der Durchmesser der Spiegel. Für verschiedene Gas-, Farbstoff- und
Halbleiterlaser können derart kleine Fresnel-Zahlen wegen restriktiver physikali-
scher und technischer Randbedingungen oft nicht vermieden werden. Für konven-
tionelle optische Resonatoren bedingt dies nicht tolerierbare Beugungsverluste. Der
Ausweg aus diesem Dilemma sind die Laser-Wellenleiter.
Vor der Entdeckung der Laser wurden Wellenleiter praktisch nur in der Mikro-
wellentechnik verwendet (Borgnis und Papas 1958). Im infraroten und optischen
Spektralbereich beschränkte man sich damals auf die rudimentäre Kanalisierung
elektromagnetischer Strahlung in Lichtleitern, engl. „light pipes“ (Kneubühl und
Affolter 1979). Erst nach der Entwicklung der Gas-, Halbleiter- und Farbstofflaser
wurde es notwendig und möglich, eigentliche Wellenleiter auch in diesen Spektral-
bereichen einzusetzen.
Der Einsatz von hohlen Wellenleitern in Gaslasern (Degnan 1976; Kneubühl
1977; Kneubühl und Affolter 1979; Yamanaka 1977) wurde vorerst für den opti-
schen Spektralbereich vorgeschlagen (Marcatili und Schmeltzer 1964). Bei dieser
Gelegenheit wurden die Moden von dielektrischen Hohlleitern sowie deren Verluste
approximativ berechnet. Experimentell nachgewiesen wurde jedoch eigentliche
Wellenleitung in einem dielektrischen Rohr erstmals mit einem Submillimeterwel-
len-Laser bei Wellenlängen von 0,337 mm und 0,774 mm (Schwaller et al. 1967).
An diesem Laser wurde demonstriert, dass die experimentell bestimmten Reso-
nanzbedingungen und Verluste der Laser-Moden nicht mit der Theorie der kon-
ventionellen Spiegel-Resonatoren (Bergstein und Schachter 1964) übereinstimmen.

# Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2018 99


M. W. Sigrist, Laser: Theorie, Typen und Anwendungen,
https://doi.org/10.1007/978-3-662-57515-4_7
100 7 Wellenleiter

Darauf wurden die Wellenleiter-Moden nochmals berechnet und anschließend


experimentell überprüft (Steffen und Kneubühl 1968). Das Ergebnis stimmte mit
früheren Berechnungen überein (Marcatili und Schmeltzer 1964). Im optischen
Spektralbereich wurde ein hohler Wellenleiter erstmals bei einem He-Ne-Laser
mit Erfolg verwendet (Smith 1971).
Charakteristisch für die hohlen Wellenleiter der Gaslaser ist das relativ große
Verhältnis von 10 bis 50 zwischen Wellenleiter-Innendurchmesser 2a und
Wellenlänge λ. Man bezeichnet sie daher als überdimensioniert, englisch „over-
sized“. Im Gegensatz dazu stehen die Hohlleiter der Mikrowellentechnik, bei denen
dieses Verhältnis in den meisten Fällen von der Größenordnung Eins ist.
Wellenleiter-Festkörperlaser, wie z. B. „heterostructure junction“ Laser und
optisch gepumpte Dünnfilm-Laser, spielen eine wichtige Rolle in der integrierten
Optik. Die Wellenleiter dieser Laser bestehen aus dünnen Schichten oder Fasern,
welche einen höheren Brechungsindex als ihre Umgebung aufweisen. In diesem Fall
bewirkt die Totalreflexion der Strahlung an diesen inneren Grenzflächen den
Wellenleiter-Effekt. Wegen ihrer Bedeutung wurden die Wellenleiter-Fest-
körperlaser vielfach beschrieben (Chang et al. 1974; Kogelnik 1975a, b; Panish
1975; Tamir 1975; Taylor und Yariv 1974).
Bei Farbstofflasern werden dünne Kapillaren, welche mit flüssigen Lösungen
des Laser-Farbstoffs gefüllt sind, als Wellenleiter eingesetzt (Wang 1974; Zeidler
1971). Dabei wird das Material der Kapillaren so gewählt, dass es einen niedrigeren
Brechungsindex als die Farbstoff-Füllung aufweist. Auch hier bewirkt die Totalre-
flexion den Wellenleiter-Effekt. Der Farbstoff in den Kapillaren wird entweder mit
einem Laser (Wang 1974; Zeidler 1971) oder mit einer Blitzlicht-Lampe gepumpt
(Burlamacchi et al. 1974).
Unter den für die Laser verwendeten Wellenleitern dominieren diejenigen aus
dielektrischen Materialien (Marcuse 1991). Metall-Hohlleiter werden selten einge-
setzt (Affolter und Kneubühl 1981; Preiswerk et al. 1984).

7.1 Mikrowellen-Hohlleiter

Elektromagnetische Wellen mit Wellenlängen λ zwischen 1 mm und 30 cm bezeich-


net man als Mikrowellen. Sie entsprechen Frequenzen v zwischen 300 GHz und
1 GHz. In der Mikrowellentechnik werden vor allem Wellenleiter in den verschie-
densten Formen eingesetzt. Es handelt sich dabei meist um metallische Hohlleiter
(Atwater 1962; Baden-Fuller 1990; Borgnis und Papas 1958; Marcuvitz 1993; Ramo
et al. 1994; Stratton 1941). Ihre Theorie bildet eine Grundlage für die Laser-
Wellenleiter. Die Berechnung der Wellenfortpflanzung in Mikrowellen-Hohlleitern
basiert auf den Maxwell-Gleichungen, d. h. auf der Theorie der vektoriellen elek-
tromagnetischen Felder. Weder die geometrische Optik noch die Theorie skalarer
Felder, welche zur Berechnung der Spiegel-Resonatoren dienen (Kap. 6), genügen
zum Studium der Mikrowellen-Hohlleiter.
7.1 Mikrowellen-Hohlleiter 101

7.1.1 Ideale Hohlleiter

Der übliche Mikrowellen-Wellenleiter ist ein zylindrisches Metallrohr mit einem


Innendurchmesser d ¼ 2a von der Größenordnung der Wellenlänge λ (Abb. 7.1).
Der Einfachheit halber nehmen wir an, dass

a) die Metallwände ideale elektrische Leiter mit einer unendlichen Leitfähigkeit


σ ¼ 1 sind, und
b) das Innere des Rohres evakuiert ist.

Die Voraussetzungen a) und b) bedingen verlustlose Fortpflanzung der Mikro-


wellen im zylindrischen Metallrohr.
Unter der Voraussetzung b), dass der Mikrowellen-Hohlleiter evakuiert ist,
können wir für die elektromagnetischen Kenngrößen der Felder in seinem Inneren
schreiben

! ! ! ! ! !
D ¼ ε0 E ; B ¼ μ0 H ; j ¼ 0; ρeℓ ¼ 0: ð7:2Þ
! ! !
E ist das elektrische Feld, D die dielektrische Verschiebung, H das magnetische Feld,
! !
B die magnetische Induktion, j die Stromdichte ρeℓ und die elektrische Ladungs-
dichte. ε0 und μ0 beschreiben die elektrische bzw. magnetische Feldkonstante. Die
entsprechenden Maxwell-Gleichungen (2.1) und (2.2) sowie die Wellengleichungen
des Vakuums (2.3) wurden bereits im Abschn. 2.1 erläutert.
Die Wellenfortpflanzung in Mikrowellen-Hohlleitern kann aus diesen Gleichun-
gen direkt berechnet werden. Besser ist jedoch der Umweg über die Hertzschen
! ! !
Vektoren Π und Π ∗ (Borgnis und Papas 1958). Der elektrische Hertz-Vektor Π und
!
der magnetische Hertz-Vektor Π ∗ sind definiert durch die Beziehungen
! ! ! _
! ! _ !
! !
ð7:3Þ
E ¼ rot rot Π; H ¼ ε0 rot Π , und E ¼ μ0 rot Π ∗ ; H ¼ rot rot Π∗ :

x Vakuum
d
z

Metall

Abb. 7.1 Mikrowellen-Hohlleiter


102 7 Wellenleiter

In den obigen sowie in den folgenden Gleichungen ist die zeitliche Ableitung,
wie in der Physik üblich, durch einen Punkt gekennzeichnet.
! !
Die Hertz-Vektoren Π und Π ∗ sind durch die Gleichungen (7.3) nicht eindeutig
!  !  !
bestimmt. Für beliebige differenzierbare Funktionen U r ; t und V r ; t ergeben Π
! ! ! ! !
und Π ∗ die gleichen Felder E und H wie (Π þ gradU ) und (Π ∗ þ gradV ). Beide
! !
Hertz-Vektoren Π und Π ∗ erfüllen die Hertz-Wellengleichung des Vakuums

_
! ! _
! !
Π ¼ c2 Δ Π und Π ∗ ¼ c2 ΔΠ ∗ : ð7:4Þ

Dies lässt sich anhand der Maxwell-Gleichungen (2.1) und (2.2) sowie den
charakteristischen Funktionen (7.2) des Vakuums beweisen. Als Beispiel dient der
!
Beweis für Π

! _
! ! €
!
0 ¼ rot E þ μ0 H ¼ rot rot rot Π þ μ0 ε0 rot Π
   
! !
2

!
2

! !
¼ rot grad div Π ΔΠ þ c Π ¼ rot c Π  ΔΠ

! !
Somit ist Π bestimmt bis auf einen Gradienten in der Form (Π þ grad U).
In Mikrowellen-Hohlleitern bewegen sich elektromagnetische Wellen längs der
Achse in der z-Richtung. Somit entsprechen die Hertz-Vektoren longitudinalen
Wellen in der Achsenrichtung z

! ! !
Π ¼ Φðx; yÞ exp fiðωt  βzÞg e z , Π ∗ ¼ ψ ðx; yÞ exp fiðωt  βzÞg e z : ð7:5Þ

Dabei kennzeichnet ω die Kreisfrequenz und β die Fortpflanzungskonstante. Die


skalaren Felder Φ und ψ erfüllen folgende Differentialgleichungen und Randbedin-
gungen auf der Innenwand des Mikrowellen-Hohlleiters

ΔΦðx; yÞ þ ðβc Þ2 Φðx; yÞ ¼ 0; Φðx; yÞ ¼ 0 auf Innenwand;


 2 δ ð7:6Þ
Δψ ðx; yÞ þ β∗ ψ ðx; yÞ ¼ 0; ψ ðx; yÞ ¼ 0 auf Innenwand;
c
δn
wobei δ/δn die Differentiation in der Richtung senkrecht zur Innenwand bedeutet.
 2
(βc)2 und β∗
c entsprechen (ω/c)2 – β2.
Die Randbedingungen der Differentialgleichungen (7.6) bestimmen deren Lösun-
gen in Form von Eigenwerten für die „cut-off“-Fortpflanzungskonstanten βc und β∗
c
sowie den entsprechenden Eigenfunktionen Φ und ψ welche die Feldverteilungen
der Wellenmoden des Mikrowellen-Hohlleiters bestimmen. Man unterscheidet zwei
7.1 Mikrowellen-Hohlleiter 103

Typen von Wellenmoden. Die transversal magnetischen TM- oder elektrischen E-


Moden sowie die transversal elektrischen TE- oder magnetischen H-Moden. Diese
Bezeichnungen ergeben sich aus den Feldkomponenten der Moden

TMðEÞ  Moden: TEðHÞ  Moden:


E z ¼ β2c Φ exp iðωt  βzÞ, E z ¼ 0,
! ! ! !
Et ¼ iβ grad Φ exp iðωt  βzÞ, Et ¼ Z e z  Ht ,
H z ¼ 0, H z ¼ β∗2
c ψexp iðωt  βzÞ,
! ! ! ! ð7:7Þ
Ht ¼ Z 1 e z  Et , Ht ¼ iβ grad ψ exp iðωt  βzÞ,

mit der Wellenimpedanz


Z ¼ β=ε0 ω:

Diese Darstellung der Felder demonstriert, dass die Wellen in Hohlleitern weder
mit Strahlenoptik noch mit skalarer Feldtheorie gedeutet werden können.
Die „cut-off“-Fortpflanzungskonstanten βc und β∗ c bestimmen die Dis-
persionsrelation der Wellenmoden des Hohlleiters, d. h. die Abhängigkeit der
Fortpflanzungskonstanten β von der Kreisfrequenz ω. Die Kombination von (7.3)
bis (7.6) ergibt
TM(E)-Moden:

ðω=cÞ2 ¼ β2c þ β2 , ð7:8Þ

TE(H) -Moden:

ðω=cÞ2 ¼ β∗2
c þβ :
2

Die Dispersionsrelationen (7.8) sind maßgebend für die Fortpflanzung der Wellen
in Mikrowellen-Hohlleitern. Sie bestimmen die Beziehungen zwischen folgenden
Kenngrößen der Wellenmoden

ω ¼ 2πv Kreisfrequenz,
ωc ¼ cβc „cut-off“-Kreisfrequenz,
λ ¼ 2πc=ω Wellenlänge im freien Raum,
λg ¼ 2π=β Wellenleiter-Wellenlänge, ð7:9Þ
λc ¼ 2π=βc „cut-off-Wellenlänge,
υPh ¼ ω=β Phasengeschwindigkeit,
υGr ¼ dω=dβ Gruppengeschwindigkeit:

Diese Definitionen ergeben aus (7.8) folgende Relationen

ω2 ¼ ω2c þ c2 β2 ; υPh υGr ¼ c2


  2 1=2
1=2 ð7:10Þ
υPh ðβÞ ¼ c 1 þ ωc =βc ; υGr ðωÞ ¼ c 1  ½ωc =ω2
104 7 Wellenleiter

Abb. 7.2 Dispersionsrelation ω


eines Wellenmodes in einem
Mikrowellen-Hohlleiter
ω = cβ
ωc √ 2

ωc

βc β

v ω
v Ph v Gr v Ph

c 2 ωc 2
c ωc
c/ 2

vG
βc β c v

Abb. 7.3 Phasen- und Gruppengeschwindigkeit eines Wellenmodes in einem Mikrowellen-Hohl-


leiter

Die wichtigen Beziehungen zwischen Kreisfrequenz, Fortpflanzungskonstanten,


Gruppen- und Phasengeschwindigkeit sind in den Abb. 7.2 und 7.3 dargestellt. Die
Gruppengeschwindigkeit υGr bestimmt den Energietransport.
Hier muss erwähnt werden, dass die elektromagnetischen Wellen in einem
Hohlleiter die gleichen Dispersions- und Geschwindigkeitsrelationen (7.10) aufwei-
sen wie ein relativistisches Teilchen mit der Masse m0 und der Compton-
Wellenlänge λCompton, wobei

ωc ¼ 2πm0 c2 h; λc ¼ λCompton ¼ h=m0 c:

Standardtypen von Mikrowellen-Hohlleitern haben einen rechteckigen oder


kreisförmigen Querschnitt. Für unsere weiteren Betrachtungen können wir uns auf
Hohlleiter mit kreisförmigem Querschnitt gemäß Abb. 7.4 beschränken.
Für Hohlleiter mit kreisförmigem Querschnitt findet man aus (7.6) die folgenden
Bestimmungsgleichungen für die „cut-off“-Fortpflanzungskonstanten βc und β∗ c dar-
gestellt durch βℓp und β∗
ℓp sowie deren entsprechende Eigenfunktionen Φ ℓp und ψ ℓp.
7.1 Mikrowellen-Hohlleiter 105

Abb. 7.4 Mikrowellen- y


Hohlleiter mit kreisförmigem
Querschnitt

Metall

a r
φ

TM(E)-Moden:
 
J ℓ αβℓp ¼ 0; ℓ ¼ 0, 1, 2, . . . ; p ¼ 1, 2, 3, . . . ,
 cos
1=2 J ℓ rβℓp sin ℓφ ð7:11Þ
Φℓp ðr; φÞ ¼ ð2=π ð1 þ δ0ℓ ÞÞ  ,
αβℓp J ℓþ1 αβℓp

TE(H)-Moden:
0

J ℓ αβ∗ ℓp ¼ 0; ℓ ¼ 0, 1, 2, . . . ; p ¼ 1, 2, 3, . . . ,

cos
J ℓ rβ∗ ℓφ
1=2 ℓp sin ð7:12Þ
ψ ℓp ðr; φÞ ¼ ð2=π ð1 þ δ0ℓ ÞÞ
2 1=2
:
∗ ∗
αβℓp  ℓ 2
J ℓ αβℓp

Jℓ(u) ist die Bessel-Funktion ℓ-ter Ordnung (Abramowitz und Stegun 1972) und
δmn das Kronecker Delta mit

δmn ¼ 0 für m 6¼ n; δmn ¼ 1 für m ¼ n:

Der Hauptmode des Hohlleiters mit der größten „cut-off“-Wellenlänge ist der
TE11-Mode, wogegen der TM01-Mode den TM-Mode niedrigster Ordnung darstellt.
Weiter ist zu beachten, dass der TM11-Mode mit dem TE01-Mode entartet ist. Die
entsprechenden „cut-off“-Wellenlängen sind

λ∗
c ðTE11 Þ ¼ 3:41a; λc ðTM01 Þ ¼ 2:61a; ð7:13Þ
λ∗
c ðTE01 Þ ¼ λc ðTM11 Þ ¼ 1:64a:

wobei a dem Innenradius des Hohlleiters entspricht (Abb. 7.4). Abb. 7.5 zeigt die
Feldlinien im Querschnitt des Hohlleiters mit kreisförmigem Querschnitt. Alle TMℓp-
und TEℓp-Moden sind zweifach entartet für ℓ  1, da ihre φ Abhängigkeit sowohl
durch cos ℓφ als auch durch sin ℓφ beschrieben werden kann. Dagegen sind die TM0p-
und TE0p-Moden nicht entartet, weil sie wegen ℓ ¼ 0 nicht von φ abhängen.
106 7 Wellenleiter

7.1.2 Ideale Resonatoren

Aus den Hohlleitern mit kreisförmigem Querschnitt kann man zylindrische Resona-
toren bilden, indem man sie an ihren Enden mit ebenen Metallplatten abschließt.
Ihre Felder kann man bestimmen durch Überlagerung von nach links und nach
rechts laufenden Wellen der Form (7.11) respektive (7.12). Die Resonanzbedingung
beruht auf der Phasenbeziehung

βL ¼ 2πL=λ
 g ¼πq, q ¼ 1, 2, 3, . . . ð7:14Þ
oder L ¼ λg =2 q,

wobei L die Resonatorlänge darstellt. Die Resonanzbedingung kann gemäß (7.8)


und (7.10) auch auf folgende Art geschrieben werden
n o1=2
2L=λ ¼ ð2L=cÞv ¼ q2 þ ðβc L=πÞ2 , ð7:15Þ

wobei βc die „cut-off“-Fortpflanzungskonstante bedeutet. Für feste Resonatorlänge


L erhält man folgende Resonanzwellenlängen und Resonanzfrequenzen für die TMℓpq-
und TEℓpq-Moden des zylindrischen Resonators mit kreisförmigem Querschnitt

TM  ℓpq:
J ℓ uℓp ¼ 0,

2 1=2 ð7:16Þ
uℓp L
2L=λℓpq ¼ ð2L=cÞvℓpq ¼ q þ
2
πa ,

TEℓpq :
dJ ℓ ∗

u ¼ 0,
du ℓpq  ð7:17Þ
u∗ L
2 1=2
2L=λ∗
ℓpq ¼ ð2L=cÞvℓpq ¼ q þ
2 ℓp
πa :

Die Darstellungen (7.16) und (7.17) der Resonanzbedingungen sind nicht üblich
in der Mikrowellentechnik; sie entsprechen jedoch der Formulierung der Resonanz-
bedingungen von Laser-Resonatoren, wie sie z. B. in Kap. 6 oder im folgenden
Abschn. 7.2 auftreten.

7.1.3 Reale Hohlleiter

Bis jetzt haben wir Hohlleiter mit ideal elektrisch leitenden Wänden und Vakuum im
Innern betrachtet. In Wirklichkeit enthalten die realen Mikrowellen-Hohlleiter meist ein
dielektrisches verlustbehaftetes Material, das von Wänden aus unmagnetischem Metall
mit endlicher Leitfähigkeit umgeben ist. Dies bewirkt dielektrische Verluste im Innern
des Hohlleiters sowie Verluste durch den Skin-Effekt an den metallischen Wänden.
7.1 Mikrowellen-Hohlleiter 107

- +
λ*c = 1.22a
λ* = 3.41a
c

- -

+ +
TE11 TE21

λc = 2.61a

TM01 +
λc = 1.64a

λ*c = 1.64a

-
TE01 TM11

Abb. 7.5 Elektrische – und magnetische – Feldlinien der Wellenmoden niedriger Ordnung im
Hohlleiter mit kreisförmigem Querschnitt. Die momentanen Oberflächenladungen sind durch 
angedeutet
108 7 Wellenleiter

Die Deutung der Verluste basiert auf dem Verhalten eines homogenen isotropen
unmagnetischen Mediums im elektromagnetischen Feld, welches durch folgende
Beziehungen bestimmt ist (vgl. (7.2))

! ! ! ! ! !
D ¼ εε0 E ; B ¼ μ0 H ; j ¼ σ E ; ρeℓ ¼ 0: ð7:18Þ

Daraus ergibt sich folgende Formulierung der Maxwell-Gleichungen

! _
! ! ! _
!
rot E ¼ μ0 H ; rot H ¼ σ E þ εε0 E ; ð7:19Þ
! !
div E ¼ 0; div H ¼ 0:
!
Durch Berechnung von rot(rot E) finden wir ohne Umweg über die Hertz-Vektoren
!
die Wellengleichung des elektrischen Feldes E

! _ 
! !

Δ E ¼ μ0 σ E þ ε=c2 E : ð7:20Þ

Befindet sich das reale Medium, welches durch diese Wellengleichung beschrie-
ben wird, in einem Hohlleiter mit ideal elektrisch leitenden Wänden, so finden wir
die komplexe Dispersionsrelation

β2 þ β2c ¼ þ εðω=cÞ2  iσμ0 cðω=cÞ, ð7:21Þ

wobei βc die „cut-off“-Fortpflanzungskonstante kennzeichnet. Der Realteil Re β der


Fortpflanzungskonstante β bestimmt die Wellenleiter-Wellenlänge λg, wogegen der
negative Imaginärteil – Im β die Dämpfungskonstante α beschreibt

  1 dP 1 dðℓnPÞ
Re β ¼ 2π=λg ; Im β ¼ α ¼  ¼ : ð7:22Þ
2P dz 2 dz
P entspricht der Leistung der Welle im Hohlleiter-Querschnitt an der Stelle z.
Befindet sich ein verlustarmes Dielektrikum im Innern des Hohlleiters, dann ist
der zweite Term in der Dispersionsrelation (7.21) viel kleiner als der erste. Dies
erlaubt folgende Näherungen
 2
εðω=cÞ2 ’ β2c þ 2π=λg ,
1 n o1=2 ð7:23Þ
αd ’ Im β ¼ ωμ0 σ εðω=cÞ2  β2c :
2
αd beschreibt den dielektrischen Verlust im Hohlleiter mit ideal elektrisch leitenden
Wänden. Die erste Gleichung von (7.23) demonstriert, dass die reelle Dis-
persionsrelation λg(ω) eines Hohlleiters in erster Näherung nicht vom dielektrischen
Verlust beeinflusst wird.
7.1 Mikrowellen-Hohlleiter 109

Der Skin-Effekt an den Metallwänden des Hohlleiters kann ebenfalls durch die
komplexe Dispersionsrelation (7.21) beschrieben werden. Bei der Beschreibung des
Eindringens der Mikrowellen