01.09.2019
Schichtdienste
DGB
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Schichtarbeit: Gesetzliche Grundlagen
Der Begriff "Schichtarbeit" ist gesetzlich nicht genau definiert - auch wenn verschiedene Aspekte von Schichtarbeit im Arbeitszeitgesetz (ArbZG) erwähnt
werden. So behandelt etwa §6 des Arbeitszeitgesetzes "Nacht- und Schichtarbeit":
(2) Die werktägliche Arbeitszeit der Nachtarbeitnehmer darf acht Stunden nicht überschreiten. Sie kann auf bis zu zehn Stunden nur verlängert werden, wenn abweichend
von § 3 innerhalb von einem Kalendermonat oder innerhalb von vier Wochen im Durchschnitt acht Stunden werktäglich nicht überschritten werden. Für Zeiträume, in denen
Nachtarbeitnehmer im Sinne des § 2 Abs. 5 Nr. 2 nicht zur Nachtarbeit herangezogen werden, findet § 3 Satz 2 Anwendung.
(3) Nachtarbeitnehmer sind berechtigt, sich vor Beginn der Beschäftigung und danach in regelmäßigen Zeitabständen von nicht weniger als drei Jahren arbeitsmedizinisch
untersuchen zu lassen. Nach Vollendung des 50. Lebensjahres steht Nachtarbeitnehmern dieses Recht in Zeitabständen von einem Jahr zu. Die Kosten der
Untersuchungen hat der Arbeitgeber zu tragen, sofern er die Untersuchungen den Nachtarbeitnehmern nicht kostenlos durch einen Betriebsarzt oder einen
überbetrieblichen Dienst von Betriebsärzten anbietet.
(4) Der Arbeitgeber hat den Nachtarbeitnehmer auf dessen Verlangen auf einen für ihn geeigneten Tagesarbeitsplatz umzusetzen, wenn
a) nach arbeitsmedizinischer Feststellung die weitere Verrichtung von Nachtarbeit den Arbeitnehmer in seiner Gesundheit gefährdet oder
b) im Haushalt des Arbeitnehmers ein Kind unter zwölf Jahren lebt, das nicht von einer anderen im Haushalt lebenden Person betreut werden kann, oder
c) der Arbeitnehmer einen schwerpflegebedürftigen Angehörigen zu versorgen hat, der nicht von einem anderen im Haushalt lebenden Angehörigen versorgt werden
kann,
sofern dem nicht dringende betriebliche Erfordernisse entgegenstehen. Stehen der Umsetzung des Nachtarbeitnehmers auf einen für ihn geeigneten Tagesarbeitsplatz
nach Auffassung des Arbeitgebers dringende betriebliche Erfordernisse entgegen, so ist der Betriebs- oder Personalrat zu hören. Der Betriebs- oder Personalrat kann dem
Arbeitgeber Vorschläge für eine Umsetzung unterbreiten.
(5) Soweit keine tarifvertraglichen Ausgleichsregelungen bestehen, hat der Arbeitgeber dem Nachtarbeitnehmer für die während der Nachtzeit geleisteten Arbeitsstunden
eine angemessene Zahl bezahlter freier Tage oder einen angemessenen Zuschlag auf das ihm hierfür zustehende Bruttoarbeitsentgelt zu gewähren.
(6) Es ist sicherzustellen, daß Nachtarbeitnehmer den gleichen Zugang zur betrieblichen Weiterbildung und zu aufstiegsfördernden Maßnahmen haben wie die übrigen
Arbeitnehmer.
Dieser Paragraf des Arbeitszeitgesetzes regelt bei Nacharbeit also unter anderem:
Auch bei Nacharbeit darf eine (werk-)tägliche Arbeitszeit von acht Stunden nicht überschritten werden. Ausnahme: Die tägliche Arbeitszeit kann auf zehn
Stunden verlängert werden, wenn "innerhalb von einem Kalendermonat oder innerhalb von vier Wochen im Durchschnitt acht Stunden werktäglich nicht
überschritten" werden.
Beschäftigte, die in Nachtarbeit arbeiten "sind berechtigt, sich vor Beginn der Beschäftigung und danach in regelmäßigen Zeitabständen von nicht weniger als
drei Jahren arbeitsmedizinisch untersuchen zu lassen" (ab dem 50. Lebensjahr sogar im Abstand von einem Jahr). Für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer
müssen diese Untersuchungen auf jeden Fall kostenlos sein.
Unter bestimmten Bedingungen muss der Arbeitgeber einen Beschäftigten in Nacharbeit auf dessen verlangen auf einen für ihn oder sie geeigneten
Tagesarbeitsplatz umzusetzen.
Und: Beschäftigte in Nachtarbeit müssen " den gleichen Zugang zur betrieblichen Weiterbildung und zu aufstiegsfördernden Maßnahmen haben wie die
übrigen Arbeitnehmer".
Glossar
Die Normalarbeitszeit bezeichnet Arbeit, die montags bis freitags tagsüber zur jeweils gleichen Zeit liegt. Schichtarbeit zählt zu den atypischen Arbeitszeitformen. Nach
Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts liegt Schichtarbeit vor, wenn mehrere Beschäftigte sich an einem Arbeitsplatz nach geregelter zeitlicher Reihenfolge
abwechseln.
Wechselschicht ist eine besondere Form der Schichtarbeit, in der die Arbeitszeit einem Mehrschichtsystem folgt, z.B. einem Zwei- oder Dreischichtsystem. Eine Person
leistet also Wechselschicht, wenn sich die Arbeitszeit dauerhaft rhythmisch verändert, sie also ihre Arbeit zu wechselnden Zeiten ausübt (Frühschicht / Spätschicht,
Tagschicht / Nachtschicht oder Frühschicht/Spätschicht/Nachtschicht).
Nach dem Arbeitszeitgesetz ist die Nacht- und Schichtarbeit nach „gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen über die menschengerechte Gestaltung der
Arbeit festzulegen“. Diese beruhen auf arbeitsmedizinischen Untersuchungen.
Für die Tarifbeschäftigten des öffentlichen Dienstes ist der Ausgleich für Arbeit in Schicht- und Wechselschicht im TVöD und im TV-L geregelt (§§ 8, 27). Beamtinnen und
Beamte erhalten einen Ausgleich gemäß den Erholungsurlaubs- und Erschwerniszulagenverordnungen, die im Bund und in den Bundesländern unterschiedlich
geregelt sind. Die genauen Voraussetzungen für eine Zulage bzw. Zusatzurlaub können an dieser Stelle nicht dargestellt werden.
3-Schicht-Modell / Dreischichtbetrieb
In einem 3-Schicht-Modell wird ein Betrieb in der Regel 24 Stunden "rund um die Uhr" besetzt - mit einer Frühschicht, einer Spätschicht und einer Nachtschicht zu je acht
Stunden Arbeitszeit.
Colourbox
Schichtdienst rund um die Uhr: Krankenhäuser und Pflegestationen müssen beispielsweise 24 Stunden am Tag besetzt sein
Was bedeuten Schichtarbeit und Nachtarbeit für die Beschäftigten - und ihre Gesundheit?
Macht Schichtarbeit krank? Wie wirkt sich Schichtarbeit auf die Gesundheit aus?
Arbeit in Wechselschicht wirkt sich negativ auf das Wohlbefinden und die Gesundheit aus. Die Beschäftigten müssen zeitverschoben schlafen, essen und
arbeiten. Weil viele Körperfunktionen einem tagesperiodischen Rhythmus unterliegen, ist dabei eine Anpassung an die Nachtarbeit nicht vollständig
möglich. Der Körper kommt aus dem Takt, als wesentliche Folge gelten Ein- und Durchschlafstörungen. Dazu kommt, dass der Schlaf nach einer
Nachtschicht durch Helligkeit und Lärm eher gestört wird, kürzer ausfällt und damit weniger erholsam ist.
Die Details zu Schichtarbeit im Betrieb wird der Betriebsrat in der Regel mit dem Arbeitgeber in einer Betriebsvereinbarung zur Schichtarbeit festhalten.
Eine Betriebsvereinbarung ist ein rechtlich bindender Vertrag zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber. Betriebsvereinbarungen kann aber nur ein ordentlich
gewählter Betriebsrat abschließen - auch deshalb sollte jeder Betrieb einen Betriebsrat haben.
Warum rechtlich verbindliche und verlässliche Regelungen (z.B. mit einer Betriebsvereinbarung) zum Thema Schichtarbeit so wichtig sind, zeigt die
folgende Grafik. Denn 40 Prozent der Schichtarbeiterinnen und Schichtarbeiter wünschen sich "eine geregelte Arbeitszeit mit festem Anfang und Ende"
(bei Beschäftigten ohne Schichtarbeit äußern diesen Wunsch nur 17 Prozent).
Kurzauswertungen von Betriebsvereinbarungen und Dienstvereinbarungen über flexible Schichtsysteme hat die Hans-Böckler-Stiftung veröffentlich
(Download PDF).
Wie viel ein Betriebsrat beim Thema Schichtarbeit mit einer
Betriebsvereinbarung für die Beschäftigten erreichen kann, zeigen etliche
Beispiele. Etwa der Betriebsrat der LEAR Corporation Wismar GmbH. Er
erhielt für das von ihm durchgesetzte Schichtmodell 2017 den Deutschen
Betriebsräte-Preis in Silber. Unter Beibehaltung eines Vollkonti-
Schichtsystems hat der Betriebsrat durchgesetzt, dass der Wert einer
tarifkonform bezahlten Pause in Freizeit umgewandelt wird. So haben die
Beschäftigten bei gleichem Entgelt mehr Freizeit zur Verfügung. Aufgrund
der gesundheitlichen Entlastung und einem Plus an Freizeit wird die
Neuregelung von den Beschäftigten gut angenommen. Es gibt keinen
einzigen 7-Tageblock mehr. Die Blocklängen sind unterschiedlich von
mindestens 2 bis maximal 6 Arbeitstage und mindestens 2 bis maximal 4
Tagen Freizeit am Stück.
Sprache Übersetzung
Teile dieses Beitrags basieren auf dem Beitrag "Schichtarbeit: Gegen den biologischen
Rhythmus" aus dem DGB-Beamtenmagazin 1/2018