Adorno
aus dem Band „Gesammelte Schriften Band 10 Teil 2“ wird dargestellt, warum, sowohl in der
deutschen Gesellschaft als auch im Individuum, weder ein bewusster noch unbewusster Bruch
mit der nationalsozialistischen Ideologie getätigt wurde. Versucht wird nun einzelne Aspekte
der Argumentation wiederzugeben.
Der erste Teil des Textes thematisiert der Rückgang des Bewusstseins des Einzelnen für die
eigene kollektive Geschichte. Die unterschiedlichen Einzelaussagen in früheren
Gruppenexperimenten ließen sich in Kategorien zuordnen. Manche Teilnehmer*innen
spielten in ihren Aussagen die Zahlen herunter, andere wiederrum verwendeten
euphemistische Umschreibung für die Gräueltaten, Schutzbehauptungen wurden aufgestellt
oder man versuchte sich in der Umkehrung der Schuld. Insgesamt stellt Adorno fest, kommt
es durch die bewusst getätigten Aussagen zu einem komplexen Versuch der Abwehr der
Schuld und einer Verdrängung des Geschehene ins Unterbewusste.
Mit der Integration der BRD in den Westen, welches sich als antagonistisches System zur
Sowjetunion versteht, wird zunehmend vor der kommunistischen Gefahr gewarnt, die ähnlich
zu Hitlers anti-bolschewistischer Propaganda ist. Laut Adorno würden viele Menschen nun
bewusst oder unbewusst die Schlussfolgerung ziehen, dies wäre nicht das Einzige, bei dem
Hitler Recht gehabt haben könnte. Es findet nicht nur eine Verdrängung der Vergangenheit
statt, sondern man zweifelt an, ob alles damals so schlimm war.
Ein weiterer Aspekt des Textes ist der Konformismus der Einzelnen gegenüber anderer und
der Gesellschaft. Man möchte weder mit unliebsamen Fragen zur Vergangenheit noch zu den
Gegenwärtigen Verhältnissen auffallen, vor allem, da sich nicht wenige wieder in einer
komfortablen ökonomischen Situation befinden.
In sozialpsychologischen Tests konnte bei Menschen, die anfällig für faschistische
Propaganda sind, weitere sich ähnelnde Charakterzüge erkannt werden. Dazu gehören
Konformismus, ein schwaches Ich und der Wunsch sich mit einem starken Kollektiv zu
identifizieren; diese werden als „[a]utoritätsgebunde Charaktere“ bezeichnet (Adorno, 2003:
561).
Ihr Unvermögen die Widersprüche der kapitalistischen Vergesellschaftung zu begreifen, führt
dazu, individuelles Versagen auf Grund der objektiven Verhältnisse, auf ein subjektives
Unvermögen zurück zu führen. Sie können mit der Autonomie als Subjekt in der
entfremdeten Gesellschaft nichts anfangen, da sie sich chancenlos gegenüber den kalten
kapitalistischen Verhältnissen wähnen. Auch in Situationen der wirtschaftlichen Prosperität,
ist die Angst vor dem Niedergang der eigenen ökonomischen Situation ein ständiger
Begleiter. Genau hierin lag das Versprechen der nationalsozialistischen Volksgemeinschaft,
welche „auch Schutz gegen die universale Angst, durch die Maschen durchzufallen“ bot
(Adorno, 2003: 563). Nicht nur der Einzelne konnte sich in der Volkgemeinschaft aufgehoben
fühlen, unter den Nationalsozialisten wurde nun der „kollektive Narzißmus[sic!]“ ins
unermessliche gesteigert (Adorno, 2003: 563). Gleichzeitig fand der Terror einzig gegen
ausgewählte Gruppen statt, welche als absolute Gefahr für die Volksgemeinschaft dargestellt
wurden. Die Bedienung paranoider Ängste führte zu einem eliminatorisch antisemitischen
und kollektiven Wahn.
Adorno geht davon aus, dass der Wunsch nach einem starken Staat, der die Wirtschat lenkt
und somit dem Individuum von seiner Verantwortung befreit, weiterhin sehr präsent ist.
Außerdem sei zwar „[d]ieser kollektive Narzißmus […] durch den Zusammenbruch des
Hitlerregimes aufs schwerste geschädigt worden“ (Adorno, 2003: 563), unterbewusst glaube
man aber, nur durch Zufall verloren zu haben und die Deutschen hätten genauso gut als Sieger
hervorgehen können. Neben der unbewältigten Vergangenheit ist somit das zentrale
Argument des Textes die aktuellen gesellschaftlichen Verhältnisse, welche dieselben sind wie
zu Zeiten des Aufstiegs des Faschismus. Jedoch sieht Adorno, die deutlich bessere
ökonomische und finanzielle Situation als Indiz dafür, dass die Demokratie im Individuum
besser verankert sein könne.
Im letzten Teil des Textes wird elaboriert, inwieweit aktuelle pädagogische Bemühungen zum
Stärken der Demokratie stattfinden und ob diese erfolgversprechend sind. Nach Theodor W.
Adorno finden zum einen zu wenig Bemühungen statt und zum anderen würden
propagandistische Maßnahmen beispielweise gegen Antisemitismus, die Menschen mit diesen
Einstellung selten erreichen und kaum überzeugen. Er sei eher der Meinung, die Erinnerung
des Individuums an sein eigenes Leid während und nach dem Krieg als Konsequenz der
Alliierten auf den Faschismus, sei das kurzfristig wirksamste gegen eben jenen.