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Das Kunstmagazin der ZEIT

Nº109 Dezember 2015     Seit 1930

Anselm Kiefer: »Ich kann nicht malen«


20 Seiten
IZ
SCHWiE
al
Spez

€ 11,80 (D) 00109


SFR 20,– (CH)
€ 13,– (A, I, LUX, NL)
4 190713 511804

Amsterdam Holland im Bann von Asiens Schätzen Haute Couture Roben zum Sammeln
100 Jahre Dada Als die Kunst des Unsinns den Sinn der Kunst neu entdeckte
Marten van Cleve - A Wedding Procession
On canvas - 155.3 x 256 cm

Winter Exhibition
December 2015

Catalogue available upon request and on our website

www.johnnyvanhaeften.com

+44 (0) 207 930 3062


paintings@johnnyvanhaeften.com
UNSER
TITELBILD
TITELBILD: Laura Stevens; Bild rechts: Georges Poncet

Henry Morgenthau, im Zweiten Weltkrieg Anselm Kiefers Bild »Der Morgenthau Plan«, ren. Dann wird den Blumen ihre Unschuld
Finanzminister der USA, ist vor allem durch gemalt 2014, ist jetzt in seiner großen genommen«, erklärt der Künstler dazu. In der
den Plan berühmt geworden, der seinen Na- Ausstellung im Centre Pompidou zu sehen hier gezeigten Version von »Der Morgenthau
men trägt. Im August 1944 ließ er einen Ent- Plan« kommt eine weitere Komponente hin-
wurf ausarbeiten, was mit Deutschland nach die Siegermächte nach der entsetzlichen zu – Kiefer zitiert van Gogh. Wie in dessen
der absehbaren Niederlage zu geschehen Schuld Nazideutschlands mit dem besiegten »Kornfeld mit Krähen« wogt der Weizen vor
habe. Morgenthau empfahl die Zersplitte- Land hätten machen können. tiefblauem Himmel im Wind, schemenhaft
rung des Landes, vor allem aber forderte er Anselm Kiefer, dem wir die Titelge- sind die Vögel zu erkennen. Am oberen Rand
die Rückführung Deutschlands in einen schichte dieser Ausgabe widmen (ab Seite 24), ist in Kiefers typisch krakeliger Schreibschrift
Agrarstaat, der nie wieder zu Macht gelangen hat sich schon in den Neunzigern in einigen »der Morgenthau Plan« zu lesen. So wird die
würde. Präsident Roosevelt war das Memo- Aquarellen auf den Morgenthau-Plan bezo- Natur mit Geschichte und Kunsthistorie auf-
randum zu radikal, und sein Nachfolger Tru- gen. In den letzten Jahren griff er das Thema geladen, sie wird mythenschwer wie das meis-
man zielte ohnehin bald im Kalten Krieg ge- in einer Bildserie wieder auf. »Als ich damals te bei Kiefer. Die Bedeutungsschichten über-
gen den Ostblock auf ein wiedererstarktes diese Blumen in meinem Haus in Paris malte, lagern und durchdringen sich, jeder
Deutschland an der Seite Amerikas. So blieb kam mir ein Gedanke: Ich könnte doch das Pinselstrich trägt seinen Teil an der Last der
der Morgenthau-Plan eine Gruselvision, was Motiv mit dem Morgenthau-Plan kombinie- Geschichte.  SEBASTIAN PREUSS

3
INHALT
Kolumnen
10 Die Marktfrau
Drei Messen in München – ein Dada S. 36
Wettbewerb mit fatalen Folgen

12 Drei Wünsche
Schöne Gefäße, ein verborgenes
Porträt bei Thomas Bayrle und
ein prächtiger Lehnstuhl von 1810

14 Heimliche Zwillinge
Hella von Sinnen und ein
blondes Wesen im »Großstadt«-
Panoptikum von Otto Dix

Bilder: bpk/CNAK-MNAM/VG Bild-Kunst, Bonn 2015; Sammlung Würth


Kritikerfrage
Was bleibt vom Kunstjahr 2015?
SCHWEIZ
16 Hand des Meisters
Engel aus dem Erzgebirge:
AGENDA
Die Holzfigürchen von Wendt a b S . 77
& Kühn werden 100 Jahre alt

18 Was passt zu …


Adrian Ghenie?
Die großen Geschichten
20
Was haben Sie gesehen,
Herr Obrist? 24 Material und Mythos 36 Dada forever
In Turin die kleine, sehr aktive Anselm Kiefer blieb hierzulande Vor hundert Jahren stellte der

Messe Artissima, die belebten immer umstritten, doch in Europa Dadaismus die Kunst auf den
Steine von Adrián Villar Rojas wird er verehrt. So wie jetzt in Kopf. Der Urknall in Zürich
und das Electronic Beats Festival Paris mit zwei großen Schauen wird dort vielfältig gefeiert

42 Gute Geschäfte
Der Handel mit asiatischen
Luxusgütern machte Amsterdam
reich. Das Rijksmuseum zeigt
den Einfluss der Schätze aus
Fernost auf die Kultur Europas

48
Die Lust der Erkenntnis
Meisterwerke der Jahrhunderte:

Im Martin-Gropius-Bau Berlin

macht die Sammlung Würth
Kunstgeschichte anschaulich

54 Abschied vom Sonnenkönig


Der Tod von Ludwig XIV.
wurde sorgsam in Szene gesetzt.
Eine Ausstellung in Versailles
erinnert an das Spektakel
Sammlung Würth S. 48

4
Agenda

77 SCHWEIZ AGENDA 90 Messen


Das Tessin ruft Art Basel Miami Beach
Die erste Ausstellung in
Luganos neuem Museum 92 Stilkunde
Souvenirs des 18. Jahrhunderts:
80 Ausstellungen 3D-Korkmodelle
Ben Vautier in Basel, Mode des
Japonismus in Genf, Eurasia 94 Auktionen
im Fotomuseum Winterthur, Albert Anker bei Koller in Zürich;
Sammlung Knecht in Zürich, Christie’s und Sotheby’s bieten
Cy Twombly, »Auf der Suche Alte Meister an; Design bei
nach 0,10« in der Fondation Quittenbaum; Pierre Bergé
Beyeler, Kirchner als Fotograf versteigert seine Bibliothek;
Karl & Faber, Neumeister und
Sammlerseminar S. 64 84 Schaufenster Ketterer rufen Zeitgenössisches auf;
Mirós »Métamorphose« (1936) Asiatika bei Nagel und Lempertz;
in der Galerie Gmurzynska Gorny Mosch hält Antiken bereit
58 Drei Tage Zürich
Miró im Kunsthaus, ein Bummel
Auktionen S. 94
am Limmatquai, Shoppen in
der Bahnhofstraße, neue Kunst
im Löwenbräu-Areal und
Bilder: Courtesy of The Metropolitan Museum of Art/Victor Skrebneski/Skrebneski Photograph, 1983; Koller, Zürich; Jan Schuler/fotolia

abends in die Kronenhalle



64 Sammlerseminar
Haute-Couture-Roben sind edle
Solitäre in der Masse der Vintage-
Mode. Das Schönste: Meist
kosten sie jetzt sehr viel weniger
als bei ihrer Entstehung

72 Glossar
Schauen, kennen, kaufen

74 Thurn und Taxis Fragebogen


Sheila Hicks über ihr Ouessant 86 Kunsthandel 114 Kunststück
Neue Aufgaben für den Emil Noldes »Marabus« (um 1923)
Kunstmarktverband der Schweiz aus der Sammlung Ziegler

88 Nachrichten 122 Bild meines Lebens


Das erste unterirdische Museum Der englische Regisseur Mike Leigh
in Bochum, Wiedereröffnung über Jan Vermeers
Augusteum, Fabergé-Entde- »Junge Frau am Virginal«
ckung, eine Kreiselskulptur von
Jitish Kallat, in memoriam
Florian Karsch, Colnaghi-Fusion

Personalien
Chantal Pontbriand, Andreas
Beitin, Alexander Kunkel, Gail

Kirkpatrick, Matthias Frehner

89 Hammerpreise 6 Editorial
Meissener Kratervasen, 8 Impressum
ein Porträt von Auguste 9 Mitarbeiter des Monats
Amalie de Beauharnais und 119 Termine
eine kleine Hungana-Figur 121 Vorschau
Drei Tage Zürich S. 58

5
EDITORIAL

Bilder: Berlinische Galerie, Landesmuseum für Moderne Kunst, Fotografie und Architektur/2015, Zürich, ProLitteris/VG Bild-Kunst, Bonn 2015; Wolfgang Stahr
Liebe Leserinnen,
liebe Leser,
bei den New Yorker Herbstauktionen herrscht
immer eine ganz besondere Stimmung, nicht
nur, weil sie als Gradmesser des weltweiten
Kunstmarkts gelten. Im Rockefeller Center wird
schon der große Weihnachtsbaum installiert,
während auf der gegenüberliegenden Straßen-
seite Hunderte Sammler und Händler mit Platz-
karten in den Auktionssaal bei Christie’s strö-
men. In manchen Momenten hält das Publikum
den Atem an: wenn Preise Dimensionen anneh-
men, bei denen nur noch Milliardäre mitspielen lar-Marke war schon überschritten, und immer
können. So war es auch diesmal, als der Auktio- noch waren sieben Bieter mit im Spiel. Schließ-
nator Jussi Pylkkänen einen verführerischen lich erhielt ein chinesischer Sammler bei 152 Mil-
Akt mit maskenhaftem Gesicht von Amedeo lionen den Zuschlag, das sind mit Aufgeld 170
Modigliani versteigerte. Die 100-Millionen-Dol- Millionen Dollar. Ein Rekordpreis für Modiglia-
ni, und beinahe sogar ein absoluter Auktionsre-
kord – an gleicher Stelle erzielten im Mai Picas-
sos »Femmes d’Alger« 179 Millionen.
Picasso und Modigliani waren nicht die
einzigen Künstler, die sich von afrikanischer
Kunst beeinflussen ließen. Hannah Höch, die
derzeit mit einer Ausstellung im Kunsthaus ­
Stade geehrt wird, schuf 1924 die Collage, die Sie
hier sehen: »Aus einem ethnographischen Mu-
seum«. Zum 100. Dada-Jubiläum 2016 (ab Seite
36) wird das Blatt erst im Museum Rietberg in
Zürich und später in der Berlinischen Galerie zu
sehen sein – übrigens zusammen mit der Gu-
Maske von der Elfenbeinküste, die die Künstle-
rin hier neu interpretierte. Wir richten in der
vorliegenden Ausgabe den Blick auf Zürich, und
andere ausgewählte Orte der Schweiz, wo Kunst
und Handel blühen.

Viel Spaß beim Lesen und Entdecken.

Ihre Lisa Zeitz


Chefredakteurin

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Moderner Schmuck 18. Dezember Bonn: Dr. Peter Dittmar Jan Menssen, jan.menssen@zeit.de
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Asiatika 30. Dezember New York: Dr. Barbara Kutscher
Venedig: Petra Schaefer
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Moderne & Klassische Zeitmesser 30. Dezember Zürich: Christian von Faber-Castell Dorotheenstr. 3, 10117 Berlin

Die ist seit 1930 die führende Zeitschrift


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MITARBEITER
DES MONATS
Laura Stevens
Die junge englische Fotografin war sehr
nervös vor ihrem Treffen mit Anselm
Kiefer. Ein komplizierter Künstler solle
das sein, in anderen Sphären schwe-
bend. Doch dann kam alles ganz an-
ders: »Er war charmant und lustig und
froh darüber, dass ihm jemand genau
sagte, was zu tun sei.« So wurde das
Shooting im Pariser Atelier von Kiefer
(ab S. 24) zu einem der Höhepunkte in
der Karriere von Stevens, die auch für
The Times Magazine und Le Monde fo-
tografiert: »Es war überwältigend, die
gigantischen Umfänge und Maßstäbe
zu erleben, in denen er arbeitet.«
Bilder: privat (3)

Thomas E. Schmidt
Der Berliner Kulturkorrespondent der ZEIT wandelt seit
Langem schon auf den Wegen zur asiatischen Kunst. Er
schätzt ihre Schönheit ebenso wie ihre Fremdheit. »Wer sich
auf die Künste zwischen Indien und China einlässt, muss
lernen, reisen, lernen«, betont Thomas E. Schmidt. Voller
Neugier fuhr er nach Amsterdam, um mehr über den Ein-
fluss der asiatischen Kunst auf Holland zu erfahren (S. 42).

Christian von Faber-Castell


Vor 40 Jahren löste er die legendäre Maria Netter
als Schweizkorrespondent für die weltkunst ab.
Seitdem beobachtet Christian von Faber-Castell
vom Züricher See aus Markt und Ausstellungsge-
schehen und ist bestens in der Szene vernetzt. Dies-
mal stellt er den jüngst gegründeten Dachverband
Kunstmarkt Schweiz (S. 86) und ein neues Kultur-
zentrum in Lugano (S. 78) vor. Privat sammelt er
übrigens erotische Kunst aus allen Bereichen.

9
DI E M A R K T F R AU

Einigkeit macht stärker


Gleich drei Messen konkurrieren im Münchner Kunstherbst um Aussteller
und Sammler. Ein Verdrängungswettbewerb, der Folgen hat

r war enttäuschend: Mein Be- ders Konrad Bernheimer für seine Absage an Standgestaltung und Déjà-vus schwächen

E such der Münchener Kunst- nur eine Messe auf dem Messegelände in
und Antiquitätenmessen in die- Riem. Stattdessen etablierte der gut vernetz-
sem Jahr fiel auf das einzige te Galerist für alte Meister eine internationa-
den originellen Eindruck ab.
Die 2009 gegründeten Highlights traten
zunächst mit musealem Anspruch an. Doch
Novemberwochenende, an dem alle drei Pa- le Messe von Händlern für Händler auf dezi- das internationale Preisniveau musste an die
rallelveranstaltungen geöffnet hatten. 1956 diert hohem Niveau. Die Highlights können bescheideneren Möglichkeiten deutscher Pri-
ging die einst strahlende 1. Deutsche Kunst- ihren erfrischenden neuen Look aber nur vatsammler angepasst werden. Das gab Aus-
und Antiquitäten-Messe im Haus stellern, die weg wollten vom Post-
der Kunst in München an den palast, die Möglichkeit, zu den
Start. 2015 wird im Postpalast ihr Highlights zu wechseln. Denn Qua-
60. Jubiläum gefeiert, weit weg lität bemisst sich nicht automatisch
vom Niveau der einst geschmacks- in astronomischen Preisen. Das füh-
bildenden deutschen Leitmesse. ren auch ein paar profilierte Ausstel-
Das Jubiläum findet nur auf dem ler mit hohen Qualitätsstandards
Papier statt, zu spüren ist es nicht. wie Monika Fahrensons »Brigantine

Bild: privat; Pablo Castagnola


Zu heterogen fallen hier Angebot 1900« oder das Kunstkabinett Streh-
und Aussteller in Anspruch und ler auf der eher volkstümlichen
Leistung auseinander. Wichtige Nockherbergmesse vor.
jüngere Sammelgebiete wie Foto- Die unglückliche Sezession in
grafie und Design sucht der Kunst- drei Messen beruht nicht zuletzt auf
freund im Postpalast vergebens. Veranstaltern, die persönlich nicht
Aber noch anderes irritiert in miteinander können. Mit Blick auf
München und schadet dem Um- 2016 bietet sich jetzt die Chance,
satz. Statt auf den sich in breiter Brücken zu bauen. Neben Konrad
Front vollziehenden Geschmacks- Bernheimer und Georg Laue stößt
wandel – weg von der alten Kunst der junge Kunsthändler Alexander
hin zum Zeitgenössischen – mit Kunkel ab sofort zur Highlights-Ge-
Schulterschluss und neuen Kon- schäftsleitung – ein Zukunftssignal.
zepten zu reagieren, mutet man Dazu kommt, dass sich etliche Post-
den verbliebenen Interessenten palast-Aussteller nach Veränderung
Jahr für Jahr drei Spielorte zu. Mit sehnen. Und auch Andreas Ramer,
der Folge, dass sich jenseits der Ver- der die Nockherberg-Messe organi-
nissagen Besucher allerorts nicht siert, ist an mehr Kundenorientie-
eben in Strömen auf die Suche be- rung gelegen. »Die Kunst kennt kei-
geben nach dem Schönen, Wert- Gute, alte Zeiten: Lange vor der Art Cologne und nen Feind außer den Ignoranten«,
vollen oder Kuriosen. der Tefaf ging die Münchner Kunstmesse an das Seneca-Zitat setzt Wolf Krey,
Den größten Anlass zur Sorge den Start. Heute laboriert man an der Zersplitterung Manager der Kunst-Messe Mün-
um die Schlagkraft des deutschen chen, dem Katalog der sogenannten
Handels müsste indes der deutli- Jubiläums-Messe voran. Ignoranz
che Schwund an Mitstreitern geben. Der teilweise durchsetzen. So pflegen zwar neben bezieht sich an der Isarmetropole nicht nur
setzt allen drei Messen sichtbar zu. Weder bei Konrad Bernheimer und seinen Töchtern Isa- auf Unkenntnis der Kunst, sondern auch auf
den Highlights noch auf der Kunst-Messe bel und Blanca Bernheimer vor allem Georg überholte Feindbilder.
München oder der populären »Kunst & An- Laue und Florian Sundheimer gekonnt den Nix für ungut, Ihre Marktfrau ×
tiquitäten«-Messe auf dem Nockherberg rei- Dialog zwischen Wunderkammer und Mo-
chen die im nahen Ausland rekrutierten derne. Viele Aussteller in der recht kostspie- Susanne Schreiber
Neuaussteller an die Weggebliebenen heran. ligen Zeltarchitektur in einem Hof der Mün- ist Redakteurin des
»Eine Messe ist nur so gut, wie ihr schwächs- chener Residenz planen aber Aufriss und Handelsblatt und betreut
ter Aussteller«, lautete seinerzeit das schla- Angebot nicht anders als für andere Messen dort seit vielen Jahren
gende Argument des Highlights-Mitbegrün- auch. Das ernüchternde Resultat: beliebige den Kunstmarkt

10
Alessandro
Magnasco (-)
die reifen jahre eines
antikonformistischen malers

 vom . November  bis . Januar 

, rue Laffitte  Paris

Galerie Canesso
PARIS
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. Uhr - . Uhr
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DR E I W Ü N S C H E

Sie finden die Kunstmarktpreise oft schwindelerregend?


Wir stellen Ihnen Objekte für unter 10 000 Euro vor

5000  €

Erkennen Sie das Genie?

Bilder: Ariane Laue; Courtesy the artist and Galerie Barbara Weiss, Berlin/VG Bild-Kunst, Bonn 2015; art fundus biedermeiermöbel
Schaut man ganz genau hin, so zeichnet sich
unter den Linien und Wellen ein Gesicht ab.
Thomas Bayrle porträtierte 1971 in dem Sieb-
druck (70 x 55 cm) den US-Schriftsteller Norman
Mailer. Wir haben die Arbeit in der Berliner
Galerie Barbara Weiss (030 2624284) entdeckt.

1200  €

Für die Speisekammer viel zu schade


Nahezu modern wirken die Formglasflaschen aus dem
18. und 19. Jh., die Ariane Laue im »Raum für Objekte«
(089 2800972) in München im Angebot hat. Die braune
und die zart grüne Flasche wurden ehemals als Vorrats-
gefäße benutzt. Wir finden, sie sind viel zu schön dafür.

Sitzen wie ein ungarischer Fürst


Der Armlehnstuhl mit den vergoldeten Schnitzereien aus dem
ungarischen Pécs um 1810 wirkt wie ein Thron. Das Möbel ist
in Mahagoni furniert und in ebonisiertem Obstholz gefertigt.
Die Ahornintarsien sind mit Tuschmalereien verziert. Bei Art
Fundus (089 2605548) in München ist das edle Stück zu kaufen.

7900 €
12
Paradeplatz 2 · 80 0 1 Zurich, October - January 2016

galerie gmurzynska
20th century masters since 1965
H E I M L IC H E Z W I L L I N G E

Bilder: Uwe H. Seyl/VG Bild-Kunst, Bonn 2015; ddp images/Sven Simon; Frank Röth/F.A.Z.
Großstadt-Kokotte  Hella von Sinnen

Wir alle kennen sie als Kassiererin in dem legendären Werbespot zur Aids-
Prävention. »Tina, wat kosten die Kondome?«, schrie sie durch den Laden,
und der schamhafte Käufer wollte im Boden versinken. Anja Gebauer von
der Galerie Maier & Co. Fine Art hat die Komödiantin jetzt im Kunstmu-
seum Stuttgart wiederentdeckt: in Otto Dix’ »Großstadt«-Triptychon. Über
Funde wie diesen freut sich Ihre bildredaktion@weltkunst.de

K R I T I K E R F R AG E

Was bleibt vom Kunstjahr 2015?

Samuel Herzog Kia Vahland Niklas Maak Lindsay Pollock Hanno Rauterberg
Neue Zürcher Zeitung Süddeutsche Zeitung Frankfurter Allgemeine Zeitung Art in America DIE ZEIT

Die Frage, warum man Der Wille, NS-Raubkunst Gute Kunst. Die Venedig- Das neue Whitney Museum, Vor allem Okwui Enwezor,
nicht Gastrokritiker zu erkunden. Der Eindruck, Biennale eher nicht. Die Picassos Skulpturen im der dem Kunstsystem
geworden ist – und doch dass die Kunst es gegen Hoffnung, dass am Berliner MoMA oder die Video- »vollständige Machtlosig-
auch die Lust, es immer ihre Verkäuflichkeit immer Kulturforum nicht noch künstlerin Rachel Rose. keit« attestierte, weil es
wieder mit dieser seltsamen schwerer hat, wie auf der ein Privatsammlermuseum Die wuchernden Messen, sich mit den Interessen
Sache zu versuchen, die Venedig-Biennale zu sehen. entsteht, sondern ein Kunstfonds und Online- des Kapitals arrangiert
man gemeinhin als Kunst Was hoffentlich nicht wirkliches neues Museum. Shops ziehen dagegen die habe. Sich selbst schloss er
bezeichnet. bleibt: all die Fälschungen ganze Kunstwelt herunter. dabei nicht aus. Zumin-
und Fehlzuschreibungen. dest das ist rühmlich.

14
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über 1500 Positionen
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Elf weiße Punkte


Engel aus dem Erzgebirge: Die Holzfigürchen von
Wendt & Kühn bezaubern seit 100 Jahren
durch Leichtigkeit und fröhliche Gesichtszüge

1 ermöglichte ihr einen neuen Blick auf das derinnen zu fertigen. Zurzeit werden etwa
traditionelle Handwerk ihrer Heimat. 400 Figuren, Spieldosen und Wanduhren an-
Grete Wendt schuf Holzengel, die man geboten. Jedes Jahr kommen neue, großteils
so noch nicht gesehen hatte. Sie schienen in in Handarbeit gefertigte Figuren hinzu.

Bilder: ruemmlerfotografie 2013; Sabrina Rothe 2010; S+M Rümmler (2); Michael Biedowicz
Bewegung zu sein, zu musizieren, zu laufen Zunächst wird der Rumpf der Engel ma-
und zu fliegen. Das erreichte sie, indem sie schinell gedrechselt, und die einzelnen Glie-
die Gliedmaßen schräg anschnitt und wieder der werden gefertigt. Benutzt werden Linde,
neu zusammensetzte. So durchbrach sie die Buche und Ahorn, die teils per Hand zuge-
ie schönsten Dinge entstehen schnitten werden. Das ist Milimeterarbeit,

D manchmal aus Mangel. So


wie die Handwerkskunst des
Erzgebirges. Als im Erzgebir-
denn die wenige Zentimeter großen Figuren
bestehen meist aus zahlreichen Einzelteilen.
Die zusammengesetzten Engel kommen
ge kein Silber mehr gefördert werden konn- dann in ein weißes Farbbad, um die Figuren
te, musste man sich etwas anderes einfallen zu grundieren. Anschließend werden sie be-
lassen. Zu den Erzeugnissen des Erzgebirges malt. Dabei gleicht kein Farbton dem ande-
gehören seitdem Uhren, Bürsten und viele ren. Das Blau der Trommel ist etwa tiefer und
Schnitzereien. Heute sind Krippenfiguren dunkler als das der Drehorgel, welches sich
und Engel aus der Region weltbekannt. wiederum deutlich vom blassblauen Strich
Die Kunst des Drechselns war im Erz- 3
gebirge schon lange verbreitet, als eine jun-
ge Frau namens Grete Wendt in Grünhaini- Symmetrie des Drechselns. Die Grünhaini-
chen auf eine geniale Idee kam. Ihr war cher Engel nahmen fortan eine natürliche
aufgefallen, dass all die üblichen Holzfigu- Körperhaltung an und wirkten auf einmal
ren eine sehr statische Statur hatten. Gretes unbeschwert und leicht.
Vater war Direktor der örtlichen Gewerbe- Zusammen mit ihrer langjährigen Weg-
schule gewesen und hatte seine Tochter auf gefährtin Margarete Kühn hatte sie einen
die Königlich-Sächsische Kunstgewerbe- Beststeller kreiert. Seit 1923 spielen die Engel
schule in Dresden geschickt. Das Studium von Wendt und Kühn Geige, Mandoline,
Pauke, Harfe und Posaunen und reiten als 4
Weihnachtsbaumschmuck auf Mondsicheln
und Kometen. Auf der Weltausstellung in Pa- am Kragen unterscheidet. Die typisch fröhli-
ris 1937 wurde die Komposition »Engelberg chen Engelsgesichter beherrschen nur wenige
mit Madonna« mit einer Goldmedaille und Malerinnen in Grünhainichen, sie geben den
dem Grand Prix bedacht. Dies machte ihre Engelchen ihren unverkennbar kindlichen
fröhlichen Engel mit den grünen Flügeln Ausdruck. Am Ende werden die Flügel mit je-
weltbekannt. Die beiden Gestalterinnen ent- weils elf weißen Punkten verziert. Immer
wickelten eine unbändige Schaffenskraft. Sie wurde gerätselt, warum es genau elf Punkte
hinterließen etwa 2500 Figurenentwürfe in sind. Bis Grete Wendt erklärte: »Es hat sich
2 60 Aktenordnern, einen Zeichnungsschrank halt so ergeben«.  ×
mit Skizzen in 100 Fächern und Mappen mit
1 Musizieren gern: Engel mit Becken auf fast 2000 Zeichnungen. Tillmann Prüfer ist Style
Schweif 2 Milimeterarbeit ist das Anbrin- Dies ermöglicht es der 1915 gegründeten, Director des ZEITmagazin.
gen der Einzelteile 3 Die weißen Pünktchen noch immer in Familienhand befindlichen Er stellt hier jeden Monat
sind das Wahrzeichen der Figuren 4 Treten Manufaktur Wendt & Kühn, heute aus- herausragende Leistungen der
oft in Gruppen auf: die Blumenkinder schließlich Originale nach Vorbild der Grün- Handwerkskunst vor

16
Jackson Pollock (American, 1912—1956)
Mural, 1943 (detail), Oil and casein on canvas, 242.9 x 603.9 cm
Gift of Peggy Guggenheim, 1959.6
University of Iowa Museum of Art; Reproduced with permission from The University of Iowa Museum of Art
© Pollock-Krasner Foundation/VG Bild-Kunst, Bonn 2015

Unter den Linden 13/15, Berlin


and organized by
curated by dr. david anfam
25.11.—10.4.

10—20 Uhr, montags Eintritt frei; deutsche-bank-kunsthalle.de


the university of iowa museum of art
Energy Made Visible
Jackson Pollock’s Mural
WA S PA S S T Z U …

Adrian Ghenie
4

Bilder: Christie’s Images Ltd. 2015; Pieke Bergmans; Bokja Design; Studio Job; Simone Post/Jongeriuslab
Mit seinen düster-suggestiven Bildern,
die historische und popkulturelle Re­
ferenzen mischen, ist der 1977 geborene
rumänische Maler Adrian Ghenie zum
Liebling des Kunstmarkts geworden.
Sein »Pie Fight Interior« (2012) erzielte
im Oktober bei Christie’s in London
einen Zuschlag von 605 000 Euro

1 Lichttropfen 2 Sofacollage 3 Tortenschlacht 4 Dunkeldecke


Dunkle Atmosphäre, Wie Flickenteppiche der Bekannt wurde Ghenie mit Farbe und Struktur: Die
schummriges Licht: Ghenie Geschichte wirken Ghenies seinen Bildern von Kuchen- Decke hat Simone Post
lässt uns oft im Unklaren Bilder. Stoffe aus dem Mitt- schlachten. Den Kerzen­ zusammen mit Jongerius-
darüber, was genau passiert. leren Osten hat das Desig- halter »Biscuit« entwarf lab für By TextielMuseum
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Im kunstversessenen Turin die kleine, sehr aktive


Messe Artissima, die belebten Steine von
Adrián Villar Rojas und das Festival Electronic Beats

Hans Ulrich Obrist


ist Kurator für zeitgenössische Kunst und
leitet die Serpentine Gallery in London

Bilder: Courtesy of the artist and Pilar Corrias Gallery; Matteo Bosonetto; Fondazione Sandretto Re Rebaudengo, Turin; Milena Carstens; Illustration: Andrea Ventura
Herr Obrist, was haben Sie gesehen? Keine Sorge, ich kann Sie gut hören. Zurück Sie waren in Turin für ein öffentliches ­
Ich möchte von meinem Besuch in Tu- nach Turin … Gespräch mit dem Künstler ADRIÁN VILLAR
rin vor wenigen Tagen erzählen, aber es ist Ich war sehr begeistert von einer Sechzi- ROJAS (3), richtig?
nicht ganz einfach, weil der Koffer mit mei- gerjahre-Fotografin, die etwa den jungen Ja, in der Fondazione Sandretto Re Re-
nen Notizen von der Reise dorthin verloren Alighiero Boetti und eine ganze Reihe weite- baudengo war sein Gesamtkunstwerk zu se-
gegangen ist. rer Künstler seiner Generation fotografiert hen. Wir haben ja in einer früheren Kolumne
hat. Der hochinteressante Hassan Sharif aus bereits über seine Ausstellung in Istanbul in
Sie sind heute in New York gelandet … Dubai war zu sehen und man konnte den lei- diesem Jahr gesprochen, und von dort hat er
… ja, und mein Koffer ist nicht mitge- der vergessenen italienischen Bildhauer Paolo­ 98 Steine mit nach Turin gebracht, dafür wa-
kommen. Aber gut, legen wir los. Die kleine Icaro auf der Messe bestaunen. Es war sehr ren sieben Lastwagen nötig! Er hat die Steine
Turiner Kunstmesse Artissima ist ja unglaub- überraschend, wie eigentlich immer in Turin. mit verschiedensten Materialien belebt.
lich aktiv, etwa mit ihrer Plattform »Present
Future«, die Künstler verschiedener Genera- Was ist das Besondere der Kunststadt Turin? Belebt?
tionen zusammenbringt, von den Fünfziger- Der Bürgermeister hat mir erzählt, dass Ja, mit Gemüse, mit Obst, mit Pilzen,
bis zu den Achtzigerjahren. Diesmal waren man jedes Jahr 100 Millionen Euro für Kunst mit Moos, Knochen, Skeletten. Das war eine
besonders interessant: serielle Puppengemäl- ausgibt – für eine Stadt dieser mittleren Grö- richtig belebende Erfahrung. Er hat es außer-
de des deutschen Malers Peter Dreher, von ße ist das richtig viel Geld. Und es gibt jedes dem geschafft, dass für ihn in der ausstellen-
dem man ja vor allem die Wassergläser kennt. Jahr neben den Schauen älterer Künstler den den Fondazione die Elektrizität ausgeschaltet
Die »Puppenköpfe« sind zwischen 1983 und Illy-Preis für jüngere Künstler. Im vergange- wird – man erlebt seine Kunst also in einem
1985 entstanden, kleine Formate, 40 auf 30 nen Jahr hat ihn die großartige RACHEL ROSE wunderbaren Dämmerlicht.
Zentimeter … einen Moment, bitte. (1) gewonnen, die jetzt bei uns in der Serpen­
tine Gallery eine Einzelausstellung hat. Die- Und was beschäftigt Sie derzeit außerhalb
Sie sitzen im Auto gerade, oder? ses Jahr fand ich die enzyklopädische Arbeit der Kunstwelt?
Ja, wir fahren von Manhattan nach von Basel Abbas und Ruanne Abou-Rahme Normalerweise erzähle ich an dieser
Brooklyn, und der Verkehr ist schrecklich faszinierend: Es geht um verschiedene Archi- Stelle von Büchern, die ich gerade lese, aber
heute hier. Wir müssen gleich durch einen ve, es ist eine Recherche im Mittleren Osten, diesmal geht es um Musik. Der deutsche
Tunnel, ich hoffe, ich verschwinde nicht. ein Protestzug gegen das Vergessen. Journalist Max Dax hat mich in Turin auf
dem Festival Electronic Beats interviewt und
mich anschließend mitgenommen auf Kon-
zerte. Ich habe Jamie xx erlebt, das war groß-
artig, aber das absolute Highlight war der
junge italienische Klangkünstler LORENZO
SENNI (2) nachts um fünf. Er ist sensationell.
In seinen Sessions bewegt er sich zwischen
Musik und Kunst, und in diesen Zwischen-
1 zonen entstehen ja heutzutage meistens die
interessantesten Dinge.

Zum Schluss, lieber Herr Obrist, wünsche


ich Ihnen diesmal vor allem, dass Ihr Koffer
wieder auftaucht.
Tausend Dank! Ich werde Sie auf dem
Laufenden halten. ×

Christoph Amend, Herausgeber


der WELTKUNST,
befragt Hans Ulrich Obrist
2 3 jeden Monat nach seinen
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MATERIAL
UND
MYTHOS

Mit seinen schwergewichtigen Werken spaltet Anselm Kiefer


die Kunstwelt: Die Deutschen bleiben skeptisch, in
Frankreich und England wird er gefeiert. Nun ehrt Paris den
Künstler in zwei Ausstellungen. Wir trafen ihn vorab

VON P ORT R ÄT
T I M AC K E R M A N N L AU R A S T E V E N S
25
HEA DZEILE

V
Von seiner Kunst heruntergeblickt, sieht gen in Paris, keine 30 Kilometer Luftlinie ent­
Anselm Kiefer eher klein aus. Aus drei aufei­ fernt vom Atelier in Croissy-Beaubourg. Im
nandergestapelten Schiffscontainern besteht Dezember beginnt Kiefers große Retrospek­
die Skulptur, die einen ausgezeichneten tive im Centre Pompidou. Daneben läuft be­
Beobachtungsposten über das riesige Atelier reits eine Ausstellung in der Bibliothèque na­
bietet. Ich könne doch hinaufsteigen, hatte tionale de France mit seinen Künstlerbüchern
die Assistentin vorgeschlagen, und dort war­ – ein in der Rezeption oft vernachlässigter Be­
ten. Aus dieser Höhe wirkt Anselm Kiefer, so reich im Werk des Malers und Bildhauers. Im
wie er jetzt angeradelt kommt, geradezu nor­ vergangenen Jahr gab es eine Retro­spektive
mal: ein netter älterer Herr. Am locker fallen­ in der Londoner Royal Academy of Arts, im
den Leinenhemd steht der oberste Knopf of­ kommenden Frühjahr zeigt die Wiener
fen, dazu weite Stoffhose, Baseballmütze ­Albertina noch eine Schau mit Kiefers Holz­
und Schlappen. Das ist nicht der Dress eines schnitten. Der Künstler ist in diesem März
Künstlerfürsten. So zieht sich ein Künstler­ 70 Jahre alt geworden. Aus diesem Anlass
philosoph an, der auf der Fahrradroute durch und dank der vier Ausstellungen ist nun in
die Weiten seiner Wirkungsstätte nun vor der Europa wirklich einmal der »komplette
Containerskulptur stoppt. Behände er­ ­Kiefer« zu sehen. Deutsche Museen sind an
klimmt Kiefer die Stahltreppe, begrüßt den diesem Fest­reigen nicht beteiligt. »Warum
Gast und wirft dabei gleich einen Seitenblick ­eigentlich nicht?«, fragt man sich.
auf die Bleibänder voll applizierter Fotogra­ Als Nächstes bremst Kiefer vor einer
fien, die im Inneren des Containers von der Reihe von Glasvitrinen, um mit zwei Assisten­
Decke hängen. Er scheint zufrieden. Das ten zu sprechen, die wie ihr Chef in der riesi­
Werk soll bald das Atelier verlassen. gen Halle mit dem Fahrrad unterwegs sind.
Nun müsste man den Künstler eigent­ »Da müssen noch Buchstaben hinein«, er­
lich zu seiner Skulptur befragen, doch der klärt der Künstler und zeigt auf eine Vitrine,
verschwindet schon wieder die Treppe hinab. in der Aluminium-Sonnenblumen aus einer
Die Zeit ist knapp, und wir wollen noch über alten Setzmaschine wachsen. Die Lettern
einiges sprechen an diesem Morgen, unter werden später auf dem Boden der Vitrine in
anderem über seine zwei großen Ausstellun­ einem ungeordneten Haufen liegen wie ver­

28
A N SE L M K I E F E R

streute Samen. »Der fehlende Buchstabe« misst das Areal, dass sich der deutsche Künst- steht, an der noch der Schriftzug des legen-
nennt Kiefer das Werk. Nach einer kabbalis- ler 1992 bei seinem Umzug ins südfranzösi- dären Pariser Warenhauses Samaritaine les-
tischen Theorie fehlt im Alphabet der Thora sche Dorf Barjac kauft. Er interpretiert es bar ist. An der Längsseite der Halle konnten
ein heute nicht mehr bekannter Buch­stabe. künstlerisch – mit dem Bagger. Als er 15 Jahre früher 25 Lastwagen gleichzeitig beladen
Würde man ihn finden, verschwände so- später Barjac in Richtung Paris verlässt, ste- werden, heute sind hier Container mit Mate-
gleich alles Negative aus der Welt und der hen hohe Betontürme auf dem Gelände, und rial und einige von Kiefers riesigen Flug-
heiligen Schrift. Böses wird in Gutes verwan- der Untergrund ist durchlöchert von Höhlen zeugskulpturen aus Blei geparkt. Im Inneren
delt, Leid in Freude. Problem erledigt. und Tunneln. Nimmt man dazu Kiefers Bil- verlieren sich in der Leere des riesigen Rau-
Schön wäre, wenn man so das Rätsel der, mit ihren märkischen Morastäckern, an- mes selbst die Türme des Bühnenbilds, das
Anselm Kiefer gleich mit lösen würde. Voll- tiken Pyramiden und anonymen Hochhaus- Kiefer 2009 für die Pariser Opéra Bastille
ends nahe kommt man diesem Künstler wüsten, dann liegt der Verdacht nahe, dass baute. Schüchtert ihn diese gigantische Hal-
nicht. Dem einkreisenden Zugriff entwischt sich hier ein Künstler in der Tradition der le gar nicht ein? »Das ist für mich gemütlich
er im Gespräch durch kühne Ausreißer zu in- Landschaftsmalerei sieht. »Sicher«, antwortet hier drinnen«, entgegnet der Künstler. »Das
Bild vorherige Seite: Ian Reeves/Anselm Kiefer; Bild links: Charles Duprat; Bild rechts: Jörg von Bruchhausen, Berlin/Collection Würth, Künzelsau

tellektuellen Ahnen: Spinoza, der Kabbalist Kiefer. »Landschaften sind Träger von I­ deen. ist der Unterschied: Sie kommen herein und
Isaak Luria, Brentano. Anselm Kiefer hat um Wie soll ich eine Idee sonst darstellen? Ich bin sind beim Anblick überwältigt. Für mich ist
sich herum ein Labyrinth errichtet, dessen ja Künstler, kein Philosoph.« das Atelier wie meine Haut.« Er fühle sich
Wände aus philosophischen Texten bestehen. Auch das Atelier bei Paris ist eine Art sehr wohl darin. »Ich wusste schon früh, ich
Texte, die untrennbar Teil seiner Persönlich- Landschaft, und wir sind jetzt schon eine brauche in etwa diese Dimension, um die
keit geworden sind. Es bleibt einem nichts an- Weile unterwegs. Kiefers Reich ist vor allem: 40 000 Quadratmeter.«
deres übrig, man muss dem ausgelegten groß. Allein der Weg dorthin braucht seine Und so findet sich nicht nur ausrei-
­Ariadnefaden zumindest ein Stück folgen. Zeit. Erst den Vorortzug in Richtung Osten, chend Platz für die Produktion, sondern
»Ein bisschen labyrinthartig ist das hier ja dann vom Bahnhof noch eine gute halbe auch für die Planung seiner Ausstellungspro-
auch«, sagt Kiefer und lächelt, während wir Stunde zu Fuß an Fabriken und Wiesen vor- jekte. Andere Künstler mögen ihre Bilder in
die Regale seines Materiallagers passieren, die bei, bis man schließlich vor einer Lagerhalle kleinen Modellen hin und her schieben. An-
bis in halsbrecherische Höhe mit handschrift- selm Kiefer simuliert seine Auftritte in voller
lich etikettierten Kisten gefüllt sind. Dort Lebensgröße. Es ist ein einzigartiges Erlebnis,
f indet man unter anderem getrocknete
­ wenn man – Wochen vor der Eröffnung –
Kugel­fische, Brennnesseln, Hanf, Asche oder durch die Räume des Centre Pompidou läuft,
Papyrus. Es gibt Schachteln mit kleinen Blei- nur eben akkurat nachgebaut in Kiefers Ate-
U-Booten und welche mit rostigem Stachel- lier, hier einen Blick auf das Meisterwerk
draht. Häufig sei er im Lager, um zu schauen, »Margarethe« (1981) wirft, dort die »Wege der
welches Material ihn inspiriere, erzählt der Weltweisheit« (1976/77) studiert, keine Origi-
Künstler. »Am liebsten, wenn ich müde bin nale zwar, aber doch verblüffend gut gelun-
und nicht mehr so kontrolliert. Dann funk­ gene Reproduktionen. Vor dem Bild »Für
tionieren die Materialien wie Synapsen: Ein Paul Celan: Ascheblume« mit seinen sieben­
Gegenstand beginnt plötzlich mit einem an- einhalb Metern Kantenlänge spürt man
deren zu sprechen. Es entstehen so die er- dann auch wieder, wie gut es einem tut, sich
staunlichsten Dinge.« bisweilen von Kiefers orchestrierter Monu-
Aus seiner Materialsammlung füllt er mentalität überwältigen zu lassen.
Vitrinenskulpturen, oder er integriert die Ge- Er hat sich also richtig vorbereitet für
genstände in seine Leinwände, auf denen sich den Gala-Auftritt in dem Land, das ihm seit
massive Farbschichten wie Sedimente abgela- einem Vierteljahrhundert ein Zuhause bietet
gert haben: Braun- und Grautöne, häufig und das seinen berühmtesten Künstler-
auch Schwarz. In einem Seitentrakt des Ate- migranten nach anfänglichem Zögern nun
liers, den wir an diesem Tag nicht betreten, bedingungslos liebt. 2007 durfte Kiefer sich
warten Dutzende solcher Gemälde darauf, im Louvre mit einem Selbstbildnis verewi-
dass der Künstler sie bearbeitet, weitertreibt, gen, das ihn, splitternackt ausgestreckt, un-
umarbeitet. Ganz fertig werden sie nach sei- ter dem Sternenhimmel zeigt. Im selben Jahr
ner Vorstellung nie. Übrigens: Ein typisches räumte ihm Paris noch das Grand Palais für
Kiefer-Bild, das manchem Betrachter über- seine Monumentalinstallation »Sternenfall«
trieben monumental erscheint, hat für den frei. 2011 hielt er eine Vortragsreihe vor dem
Künstler menschliches Maß. »Ein Bild muss renommierten Collège de France. Und jetzt
man tanzen. Ich arbeite unheimlich körper- das Centre Pompidou und die National­
lich. Und ein Bild hat immer das Format, wo bibliothek. In Deutschland dagegen: relative
Blick zurück im Hohn: Kiefers »Heroisches
ich gerade noch hinreichen kann«, erklärt er. Kiefer-Wüste. Die letzte Retrospektive gab es
Sinnbild I« von 1969/1970. Li. Seite: In einem
Dann macht er plötzlich ein Geständnis: »Ich ehemaligen Warenlager bei Paris hat 1991 in der Berliner Nationalgalerie. Danach
kann gar nicht malen. Ich habe kein Talent sich der Künstler ein riesiges Atelier einge­ blieb es Privatsache, Kiefer größer zu zeigen
dazu, das überrascht jeden, weil es wie Koket- richtet. Dort finden selbst die Türme – 2004 in der Sammlung Würth und 2011/2012
terie klingt. Aber es ist wahr.« seines Opernbühnenbildes von 2009 Platz. mit der Sammlung Grothe im Museum
Nicht leugnen lässt sich Kiefers Gestal- Vorige Doppelseite: »Margarethe« (1981) Frieder Burda in Baden-Baden und in der
tungswillen, der Platz braucht: 60 Hektar nach Paul Celans Gedicht »Todesfuge« Bonner Bundeskunsthalle. Jedesmal war das

29
HEA DZEILE

30
HEA DZEILE

Blick ins Materiallager des Künstlers:


In den Regalen warten zum Teil komplette
Werke auf ihre finale Erweckung. Die
Skulptur im Zentrum des Bildes entstand,
indem Kiefer ein Becken mit heißem,
­flüssigem Blei ausgoss und erkalten ließ

31
Bild vorherige Doppelseite: Charles Duprat; Bild links: Atelier Anselm Kiefer/Seattle Art Museum
»Die Orden der Nacht« (1996) ist ein Selbstbildnis des Künstlers, das der Theorie des Rosenkreuzers
Robert Fludd folgt, wonach Mensch, Pflanzenwelt und Kosmos untrennbar miteinander verbunden sind

Frühwerk sehr schwach vertreten. In Bonn setzte ihn spät nachts vor dem Louvre ab. Da stehst! Das sieht ganz anders aus, wenn man
waren überhaupt keine Arbeiten vor 1990 zu stand er vor einer schwarzen Mauer. »Paris den Gruß richtig macht.« Kiefer lacht.
wichtigen frühen Kiefer-Themen wie Natio- war schmutzig«, erzählt Kiefer. »Heute wirkt Der Künstler hat diese Werke einmal als
nalsozialismus, germanische Sagen oder Ho- die Innenstadt ja wie ein Disneyland.« eine Identitätsfindung bezeichnet. Sie durch-
locaust zu sehen. Umso lauter tönt jetzt na- Maler wollte der Sohn eines Kunstpä­ brachen das Schweigen der Deutschen in der
türlich der doppelte Paukenschlag aus Paris. dagogen schon seit Kindertagen werden. Ma- Nachkriegszeit. »In der Schule hatten wir
Die Wahlheimat lag schon früh ganz lerei studieren hingegen nicht. »Ich hatte ei- dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr als zwei
nah. Geboren wurde Anselm Kiefer in den nen Geniekomplex. Ich dachte, ich brauche Wochen gewidmet«, erzählt Kiefer. »Und
letzten Kriegstagen, am 8. März 1945, in Do- die Akademie nicht«, sagt Kiefer. Nach eini- auch zu Hause hatte ich nie etwas von der Ju-
naueschingen, aufgewachsen ist er im badi- gen Jura- und Romanistikseminaren landete denverfolgung gehört. Erst durch meine Rei-
schen Ottersdorf in Sichtweite der Rhein­ er schließlich doch noch beim Kunststudi- sen nach Frankreich und in die Niederlande
auen. »Ich wusste, jenseits des Flusses lag um in Freiburg und Karlsruhe. Ein früher dämmerte mir, dass es da etwas gegeben ha-
Frankreich. Das war für mich das unbekann- Mentor wurde Joseph Beuys, den Kiefer re- ben musste.« Zufällig fiel ihm eine Schall-
te Land«, erzählt er. »Ich lernte ja auch in der gelmäßig aufsuchte. »Ich habe meine Bilder platte mit Hitler-Reden in die Hände. »Diese
Schule als erste Fremdsprache Französisch. eingerollt aufs Autodach geschnallt und bin Stimme, dieser Tonfall, das nimmt man
So war die französische Kultur immer Teil nach Düsseldorf gefahren, um sie ihm zu zei- nicht nur mit den Ohren wahr. Das geht un-
meiner Entwicklung. Corneille und Racine gen.« So bekam Beuys 1969 auch als einer der ter die Haut«, sagt er. »Ich fand das absurd
konnte ich zum Teil auswendig. Meine Mit- ersten Kiefers Buchprojekt »Besetzungen« zu und gleichzeitig extrem faszinierend. Also
schüler machten sich darüber lustig, weil ich sehen, seine Abschlussarbeit. Der Student bin ich dem nachgegangen. Und was tut
diese getragene Sprache imitiert und selbst reiste dafür durch die Schweiz, Italien und man, wenn man etwas untersuchen will?
ein wenig so wie Corneille gesprochen habe.« Frankreich. Er fotografierte sich dabei, wie er Man versetzt sich in die Rolle. Mit dem eige-
Kiefers Stimme wird tief und grollend, als er an verschiedenen Orten seinen rechten Arm nen Körper.« Vom Vater hatte er sich dafür
zu deklamieren beginnt: »Rome, Rome – zum Hitlergruß hob. »Beuys war der Einzige, dessen Wehrmachtsuniform ausgeliehen.
l’unique objet de mon ressentiment!« Eine der damals professionell reagiert hat«, erin- »Heroische Sinnbilder« heißt ein Gemäl-
Mitarbeiterin bringt Kaffee. Wir nehmen in nert sich Kiefer. Er habe gesagt: »Ja, das ist dezyklus, der zwischen 1969 und 1971 auf
der Sitzgruppe seines Büros Platz. eine gute Aktion.« Viele Professoren und Grundlage der »Besetzungen« entstand. Fla-
Zu ersten Mal überquerte er mit 17 Jah- Kommilitonen hätten ihn dagegen heftig an- niert man im ersten Raum der Retrospektive
ren die Grenze, mit einem Stipendium, um gegriffen. »Die halten mich für einen Neo­ an diesen Bildern vorbei, zieht eines den Blick
auf den Spuren seines Jugendhelden Vincent nazi«, habe er seinem Mentor geklagt. Beuys auf sich: Darin schweben im blauen Himmel
van Gogh zu forschen. Per Autostopp ging es beruhigte ihn: »Unfug, Anselm, du bist kein drei weiß blitzende Mamorskulpturen –
mit dem Lastwagen nach Paris, der Fahrer Faschist. Das ist ja lächerlich, wie du da »Nike krönt den Sieger« (1853) von Friedrich

32
Bild: Collection Museum Boijmans Van Beuningen, Rotterdam/Anselm Kiefer

Die »Dachboden-Bilder« der frühen Siebziger zeigen das damalige Atelier des Künstlers. Zudem zitiert Kiefer aus
Wagners Opern. So verweist »Notung« (1973) auf das mythische Schwert des glücklosen Helden Siegmund

Drake sowie zwei heroische Kämpfer der Na- Vielleicht wurde diese Ironie nicht verstan- Schulhauses im Odenwald entstehen, lassen
zi-Bildhauer Arno Breker und Josef Thorak. den, weil sich die Kritiker von Anfang an auf Wagners Opern anklingen und die zugrunde
Kiefer selbst ist nur klein mit erhobenem das Pathos stürzten, das er an zahlreichen liegenden germanischen Sagen. Indem er die
Arm am unteren Bildrand abgebildet, in die- Stellen zweifellos entwickelt. Und weil er Verstrickung von Geschichte und Mythos
ser Konstellation erscheint er als eine Art »le- ernsthafte Interessen hatte, die im linksintel- thematisierte, gewann Kiefer den Mythos für
bendige Skulptur«. Das englische Künstler- lektuellen Milieu der Zeit als anrüchig gal- die deutsche Nachkriegskunst zurück. »Es ist
duo Gilbert & George kommt einem in den ten. Richard Wagner zum Beispiel. »Die gan- völlig verkehrt, die deutschen Mythen zu ta-
Sinn, das sich ebenfalls 1969 zum ersten Mal ze Mythologie bei Wagner kam mir sehr buisieren«, sagt der Künstler. Geschätzt wur-
als lebende »Singing Sculpture« inszenierte. entgegen. Ich habe damals viel gelesen über de sein Engagement lange nicht. Als der
Interpretiert man Kiefers Bilder unter die- ihn«, sagt Kiefer. »Adorno hat sich ja auch FAZ-Kritiker Werner Spies 1980 bei der Bien-
sem Aspekt des Performativen, dann wird mit ihm auseinandergesetzt.« Wagner als nale in Venedig die Werke von Kiefer und
deutlich, wie sich hier der Künstlerkörper größte Musikerpersönlichkeit seiner Zeit fas- ­Georg Baselitz sah, beklagte er eine »Überdo-
den deutschen Heldenplastiken entgegen- ziniere mit seiner Diskrepanz zwischen sis am Teutschen«. Und Petra Kipphoff be-
stellt – die ihm auch noch jederzeit auf den Mensch und Werk. »Da ist natürlich einer- scheinigte in der ZEIT den beiden Künstlern,
Kopf zu fallen drohen. Es ist sonderbar, dass seits sein Antisemitismus, andererseits war er auf dem »deutschen Holzweg« zu sein. »Das
die Ironie daran so selten gesehen wird. Zu- Revolutionär, hat auf den Barrikaden ge- hat mich nicht niedergeworfen. Überhaupt
mal auf dem Titel der »Besetzungen«, für die kämpft, musste fliehen. Und an seiner Musik nicht«, erinnert sich Kiefer, mittlerweile be-
sich der hitlergrüßende Kiefer als Tourist vor ist vieles unglaublich modern. Die unendli- quem ins Sofa gesunken, das rechte Bein an
Sehenswürdigkeiten des Bildungsbürger- che Melodie bei ›Tristan und Isolde‹ etwa – den Körper gezogen, den Arm auf die Lehne
tums wie dem Kolosseum in Rom postierte, das ist für mich wie eine Meditation. Die gestützt – Goethe-Pose. »Ich war damals wie
der verräterisch lakonische Zusatz »Ein paar ›Meistersinger‹ hingegen fand ich eher witzig Siegfried, unverwundbar. Ich hatte noch
Fotos« steht. Überhaupt: Bei Kiefers Künst- und bescheuert. Dazu habe ich viele Bilder nicht einmal ein Blatt auf dem Rücken.«
lerbüchern stößt man auf allerlei Albernhei- gemacht, alle sehr ironisch.« Auf die Frage nach dem möglichen
ten. In »Donald Judd hides Brünhilde« (1976) Gemälde mit Titeln wie »Parsifal«, »Der Grund für die Skepsis der deutschen Kritiker
beispielsweise birgt der Minimalismus-­ Nibelungen Leid« oder »Notung«, die 1973 und Museumsdirektoren weiß der Künstler
Würfel Fotos aus Erotikmagazinen. auf dem Dachbodenatelier eines ehemaligen keine Antwort. Er interessiert ihn nach eige-

Die zum Teil sehr heftige Kritik an seinen Bildern habe ihn
nicht getroffen, sagt Kiefer: »Ich war wie Sieg fried, unverwundbar.«
33
A N SE L M K I E F E R

Schlüssel war, mit dem sich Kiefer von der


Verkettung in die eigene deutsche Vergangen­
heit löste. Die jüdische Kabbala hat ihn aber
auch in seiner künstlerischen Arbeitsweise
befreit: »Zim Zum« heißt ein Kiefer-Bild von
1990, nach einem Begriff Isaak Lurias. Dieser
bedeutet, dass sich Gott ein Stück aus sich
selbst zurückziehen muss, um Platz für die
Schöpfung zu schaffen. »Ich ziehe mich als
Künstler auch zurück, wenn ich ein Werk ein
Jahr lang in den Regen hinausstelle. Oder es
in die Elektrolyse gebe und es mal machen
lasse für eine Weile«, sagt Kiefer. Er wolle an­
dere Elemente in die Kunst einbinden. Che­
mie, Physik. »Manchmal lasse ich ein Bild fal­
len«, erklärt der Künstler, der den Angriff von
Experiment und Zufall auf das eigene Ego
nicht fürchtet. »Ein Künstler ist sowieso nur
zu 40 Prozent für sein Werk verantwortlich.
Wir arbeiten alle mit dem Material, das durch
Künstlerbücher als Unikate produziert Anselm Kiefer seit 1969, dem Beginn seiner uns hindurchgeht. Ich habe ja die Mytholo­
Karriere. Die neuesten sind sehr farbenfroh. Oben: »Ich bin der ich bin« von 2015 gie nicht erfunden, zum Beispiel.«
Was gibt es noch zu fragen? Vielleicht,
warum bei einem 70-jährigen Künstler, der
bei der Kritik unter dauerhaftem Schwer­
nem Bekunden auch nicht. Vielleicht, so schichte mit ihren zersplitterten Sinnzusam­ mutverdacht steht, in jüngster Zeit so viele
könnte man spekulieren, war seine Form der menhängen und gelegentlichen irrationalen Blumenbilder auftauchen. »Ich bin besessen

Bild: Charles Duprat/Anselm Kiefer


stellvertretenden Vergangenheitsbewälti­ Abwegen seit Mitte der Achtzigerjahre nur von Blumen«, gesteht Kiefer. Überall habe er
gung einfach nicht differenziert genug; wa­ noch eine untergeordnete Rolle. Die Be­ sie gepflanzt. In Barjac hatte er Mohnblu­
ren die Generationskonflikte, die sich in den schäftigung zunächst mit jüdischer Kabbala menfelder, in Paris sind es Rosen. »Aber ich
deutschen Nachkriegshaushalten abspielten, und später mit dem Zen-Buddhismus lenkt habe ein schlechtes Gewissen, wenn ich sie
in der Realität komplexer und dramatischer. den Blick des Künstlers in Richtung Kosmos. male. Denn Blumen sind affirmativ, nicht
Vielleicht auch spielt die nach dem Krieg er­ Aus Titeln wie »Dein und mein Alter und wahr? Deshalb kann man sich nicht rückhalt­
lernte Furcht vor dem Pathos weiterhin eine das Alter der Welt« oder »Sternenfall« weht los an ihnen erfreuen.« Also verknüpft er in
Rolle. In Frankreich, wo es ein starkes Inte­ der kalte Hauch des Universums, mit dem seinem Gemälde »Der Morgenthau Plan«
resse an der deutschen Romantik gibt, ist Kiefer sich gut arrangieren kann. Zugleich (2014) die blühenden Wiesen mit der unrea­
­diese Furcht weniger verbreitet. Und für die wird der Mythos das bestimmende Element lisierten Idee des amerikanischen Finanzmi­
Engländer und Amerikaner ist Kiefer ohne­ seiner Kunst. Uralte Namen erscheinen auf nisters Henry Morgenthau (1891–1967),
hin der deutsche Künstler par excellence. seinen Bildern: Osiris, der ägyptische Gott Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg in
Das Unbehagen der Deutschen blieb da­ der Unterwelt, und seine Gattin Isis, die einen Agrarstaat umzuwandeln. Einen Zu­
gegen selbst dann bestehen, als der Künstler Göttin der Wiedergeburt. Oder Lilith, die sammenbruch der Wirtschaft, Hungersnöte,
1981 seine vielleicht wichtigste Werkserie Nachtdämonin, die in den Ruinen lebt. Millionen Tote hätte das gegeben, so Kiefer.
nach Paul Celans »Todesfuge« begann. Der »Mythen erklären die Welt. Sie stellen noch »Mich interessiert die Ambivalenz von
für das Gedicht charakteristische Gegensatz eine Einheit in der Welt dar«, sagt Kiefer, Schönheit und Terror. Ich habe unlängst
zwischen der blonden »arischen« Margarete dessen Anspruch auf Welterklärung man ­wieder Baudelaire gelesen, die ›Blumen des
und der schwarzhaarigen jüdischen Sula­ weiter voraussetzen darf. Sein Denken folgt ­Bösen‹. Das hat mich sehr fasziniert. Baude­
mith wird in den Gemälden durch Stroh und mittlerweile der makellosen Form eines laires Gedichte sind wahnsinnig farbenfreu­
verkohltes Holz auf Leinwand symbolisiert. Kreises. Kiefer hat einmal behauptet, dass er dig, und gleichzeitig sind sie unheimlich
An seiner Trauer über den Holocaust hat Kie­ sowohl in die Vergangenheit als auch in die schwarz.« Und seine eigenen Bilder – fragt
fer keine Zweifel aufkommen lassen. Auch Zukunft sehe. Dort betrachtet er den un­ man –, die der vergangenen Jahre? Eine Dun­
deshalb blickt er mit Freude auf das Deutsch­ barmherzigen Zyklus von Entstehen und kelheit schimmert nach wie vor aus diesen
land der Gegenwart, das sich in der Flücht­ Vergehen: Über die Geschichte wird Gras Leinwänden, aber sind die Bilder nicht auch
lingskrise zu einer humanitären Haltung wachsen, und der Körper des Künstlers sehr farbig, sehr gestisch in ihrem Ausdruck,
­bekennt. »Man kann zwar nicht wiedergut­ nährt im Selbstbildnis »Die Orden der irgendwie … sehr malerisch? »Ja, stimmt«,
machen, was in der Vergangenheit gesche­ Nacht« (1996) riesige schwarze Sonnenblu­ antwortet Kiefer. Ein ironischer Zug umspielt
hen ist. Das ist natürlich unmöglich. Aber men. In diesem Weitblick liegt auch eine jetzt seinen Mund. »Vielleicht gelingt es mir
die Deutschen haben jetzt diese fantastische Stärke: So manches Ruinenbild Kiefers aus ja doch noch, ein Maler zu werden.« ×
Chance bekommen, die Waagschale zumin­ den Neunzigern wirkt angesichts aktueller
dest ein bisschen anders hinzurücken.« globaler Krisen plötzlich wieder ­visionär. »Anselm Kiefer«, Centre Pompidou, Paris,
Zur Tagespolitik äußert sich Kiefer hin Der französische Kunsthistoriker Dani­ 16. Dezember bis 18. April;
und wieder, gelegentlich auch provokant. In el Arasse hat einmal darauf hingewiesen, dass »Anselm Kiefer, l’alchimie du livre«, Bibliothèque
seinem Werk jedoch spielt die reale Ge­ das jüdische, messianische Denken der nationale de France, Paris, bis 7. Februar

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DADA
FOREVER
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2
3

36
HEA DZEILE

Vor gut hundert Jahren stellte der Dadaismus die Kunstwelt auf den Kopf
und wirkt mit seiner Lust am Banalen und Paradoxen bis heute nach.
Der Urknall geschah in Zürich, wo das Jubiläum vielfältig gefeiert wird

37
Eines davon ging so: »gadji beri bimba/

Bilder vorherige Doppelseite: Bibliotheque Historique de la Ville de Paris, France/Archives Charmet/Bridgeman Images/VG Bild-Kunst, Bonn 2015; Landesmuseum Zürich/VG Bild-Kunst, Bonn 2015; Berlinische Galerie, erworben aus Mitteln der Stiftung DKLB,
glandridi lauli lonni cadori/gadjama bim
beri glassala/glandridi glassala tuffm i zim-
brabim/blassa galassasa tuffm i zimbra-

Berlin/VG Bild-Kunst, Bonn 2015; Hugo Ball/Photo PVDE/Bridgeman Images; akg-images; arp museum/VG Bild-Kunst, Bonn 2015; bpk/CNAK-MNAM/VG Bild-Kunst, Bonn 2015; Bild links: Bridgeman Images/VG Bild-Kunst, Bonn 2015
brim«. Ball hatte sich fest vorgenommen,
während des Vortrags auf jeden Fall ernst
zu bleiben. Und wie er also mit leiernder,
tonloser Stimme seine seltsamen, noch nie
von einem Menschen gehörten Worte
sprach, ergriff ihn eine Epiphanie: »Einen
Moment lang schien mir, als tauche in mei-
ner kubistischen Maske ein bleiches, ver-
störtes Jungensgesicht auf, jenes halb er-
schrockene, halb neugierige Gesicht eines
zehnjährigen Knaben, der in den Toten-
messen und Hochämtern seiner Heimat-
pfarrei zitternd und gierig am Munde der
Priester hängt.« Anschließend erlosch, wie
er es angeordnet hatte, das Licht, und Ball,
der magische Bischof, wurde schweißgeba-
det von der Bühne transportiert.
Was sich an jenem Abend im Juli des
Jahres 1916 im Cabaret Voltaire abspielte,
war künstlerisch gesehen eine Art Urknall:
Von da an war nichts mehr wie zuvor. Und
so kam es, dass ein kleines Lokal in einer
unscheinbaren Gasse der Altstadt von Zü-
rich zum Epizentrum der Kunst des 20.
Jahrhunderts wurde. Die Schallwellen sind
noch immer deutlich vernehmbar, sie lau-
fen in Endlosschleifen um den Erdball. Ein
kühner Plan, gefasst von einer Handvoll
Frauen und Männer, die vor dem Ersten
Weltkrieg in die neutrale Schweiz geflohen

F
waren, ist hundert Jahre später Wirklich-
keit geworden: Dada ist überall.
Der Bildhauer Hans Arp, auch er ein
Dadaist der ersten Stunde, formulierte es
1 so: »Dada war da, bevor Dada da war.«
Dada war kein Stil, sondern eine Geisteshal-
tung: Opposition als Notwendigkeit, Wi-
Für diesen Abend hatte sich Hugo Ball et- derstand mit Witz. Von allen Revolutionen,
was Besonderes vorgenommen. Und beson- die Künstler seit dem Impressionismus in
ders sollte auch das Kostüm sein, in dem er Europa angezettelt haben, war Dada die ra-
vors Publikum treten wollte. »Meine Beine dikalste, umfassendste. Ein Frontalangriff
standen in einem Säulenrund aus blau glän- auf das spätkaiserzeitliche Wertesystem,
zendem Karton, der mir schlank bis zur das in seinem morbiden Wahn gerade dabei
Hüfte reichte, sodass ich wie ein Obelisk aus- war, Millionen junger Menschen in den si-
sah.« In seinem ein paar Jahre darauf veröf-
fentlichten Tagebuch beschrieb der Dichter,
was danach geschah. Über der Säule, in der
er sich befand, trug er »einen riesigen, aus Vorige Doppelseite: Wie alles begann:
Pappe geschnittenen Mantelkragen«, wel- 1 Von Hans Arp gestaltete Dada-Broschü-
re, 1916 2 Marcel Duchamps »Fountain«,
cher sich durch »Heben und Senken der Ell-
1917 3 George-Grosz-Aquarell »Daum
bogen flügelartig bewegen« ließ. Auf dem
marries her pedantic automaton George
Kopf hatte Ball einen hohen, zylinderarti-
in May 1920. Johan Heartfield is very glad
gen, blau-weiß gestreiften Schamanenhut. of it«, 1920 4 Performance von Hugo Ball
Auf diese Weise vollständig bewegungsunfä- im Zürcher Cabaret Voltaire, 1916 5 Pro-
hig geworden, mussten ihn Helfer auf die gramm des »1. Dada-Abends« 1916 in Zü-
Bühne tragen. Dann begann er, seine Laut- rich 6 Erste Dada-Schau in der Zürcher
gedichte vorzutragen, zum ersten Mal über- Galerie Corray 1917 7 »Mechanischer
haupt. Weltpremiere, sozusagen. Kopf« von Raoul Hausmann, um 1919/20

38
10 0 J A H R E DA DA

cheren Tod zu schicken. »Der Dadaist liebt


das Außergewöhnliche, ja das Absurde«,
schrieb Hugo Ball kurz vor dem denkwür-
digen Auftritt im Cabaret Voltaire in sein
Tagebuch – aber erwies sich die Realität des
Ersten Weltkrieges als nicht noch um eini-
ges absurder? Dada war eine Form von in-
tellektueller Notwehr, angesichts des allge-
mein herrschenden Irrsinns, der selbst
empfindsame Zeitgenossen wie die Maler
Bilder: akg-images/VG Bild-Kunst, Bonn 2015; Christie’s Images Ltd./VG Bild-Kunst, Bonn 2015; bpk/Sprengel Museum Hannover/Michael Herling/Aline Gwose; Bielefelder Kunstverein

August Macke und Franz Marc zu begeis-


terten Soldaten machte. »Was wir zelebrie-
ren«, so der gebürtige Pirmasenser Hugo
Ball und zweifellos der größte Künstler,
den die Pfalz jemals hervorgebracht hat,
»ist eine Buffonade und eine Totenmesse
zugleich.« 2
Angeblich, so heißt es, sei Dada eine
Antikunst-Bewegung gewesen. Nichts
könnte falscher sein. Dada war der Jung- Dada und die Folgen: 1 Hannah Höchs
brunnen der Kunst. Die Dadaisten versorg- Collage »Da-Dandy«, 1919 2 Koloriertes
ten sich und alle, die nach ihnen kamen, Foto der »1. Internationalen Dada-
mit einem ganzen Arsenal an neuen Aus- Messe« 1920 in Berlin, mit u.a. Hannah
drucksformen. Sie prägen das künstlerische Höch (sitzend), Raoul Hausmann
Geschehen bis heute: Alltagsfotos und Illus- (rot) und George Grosz (hellblau) 3 Bei
ihrer Performance »Lips of Thomas«
trationen aus der Werbung, banale Haus-
von 1975 ritzte sich Marina Abramović
haltsgegenstände als Readymades und thea-
ein Pentagramm in den Bauch. Eine
tralische Performances, die Kombination Fotografie davon erzielte bei Christie’s
2014 87 581 Euro (inkl. Aufgeld)
4 Streichholzschachtel von Dieter Roth,
1968 5 Konkrete Poesie: Eugen Gom- 5
ringer, »ping pong (visuelle Konstella-
tionen 1951–1968)

Denn schon bald breitete sich die Bewe-


gung aus, infizierte wie ein heilsames
Virus immer mehr unabhängige Geister,
in Berlin und New York, in Paris, Köln
und Hannover. Die Berlinische Galerie be-
sitzt einen der weltweit größten Bestände
an Dada-Werken. Dort bereitet man der-
zeit eine Schau vor, die den Einfluss von
Dada auf Künstler aus afrikanischen Län-
dern beleuchten wird. »Dada«, sagt Ralf
Burmeister, Kurator der Ausstellung, »ver-
stand sich selbst als ›weltwirksam‹ und es
gab Bemühungen, einen dadaistischen
Weltatlas zu veröffentlichen, den soge-
nannten ›Dadaglobe‹.«
3 Die Dadaisten machten Kunst,
wie man sie noch nie gesehen
hatte: Skulpturen aus Puppen-
von Text und Bild und, wie man an Hugo köpfen, Reliefs von Bau-
Ball sehen konnte, auch das Alphabet als klötzchen, Bilder mit
solches. Mit einem Mal war buchstäblich Buchstaben drauf, die
alles möglich. Zürich, wo es deshalb im aussahen wie anonyme
nächsten Jahr zum hundertsten Jubiläum Erpresserbriefe. Die Berli-
zahlreiche Ausstellungen, Vortragsveran- nerin Hannah Höch er-
staltungen und sonstige Feierlichkeiten ge- fand die Collage, indem
ben wird, war die Keimzelle einer monu- sie Fotos aus diversen Zeitun-
mentalen Ausweitung der Kunstzone, gen ausschnitt und zusammen auf
sowohl ideell als auch geografisch. 4 ein Blatt Papier klebte. Auf den ersten Blick
HEA DZEILE

stimmt dort nichts mehr: keine Perspektive,


keine Proportionen, und die Botschaften,
die man da zu lesen bekam, waren auch
recht merkwürdig: »Gegen feuchte Füsse«,
stand auf einer, »Schatzkammer des deut-
schen Gemüts entleert«.
George Grosz porträtierte in seinen
Werken die gesellschaftliche Mischpoke aus
Kriegsgewinnlern, Prostituierten und ordi-
nären Verbrechern grotesk verzerrt und
derart ins Karikaturhafte gewendet, dass
diese Gemälde keiner vergisst, der ihnen
einmal gegenüberstand. Jenseits des Atlan-
tiks, in New York, wärmte sich Marcel Du-
champ derweil an der Idee, ein Pissbecken
in einer Galerie als Kunst ausstellen zu kön-
nen. Er ersetzte die Theorie durch die Pra-
1
xis, und nahm so nicht nur die Concept Art
vorweg, sondern schuf mit dem »Fountain«
des imaginären Künstlers R. Mutt eines der 1 Videoinstallation »Der magische Krug« dung des Cabaret Voltaire statt, 1958 in Düs-
wirkungsmächtigsten Kunstwerke des von John Bock, 2013 2 Richard Hamiltons seldorf. In den USA war man etwas fixer.
zwanzigsten Jahrhunderts (wobei R. für Ri- Pop-Art-Collage »Just what is ist that Dort widmete Alfred H. Barr den Dadais-
chard stand). Zum ersten Mal in der Ge- makes today’s homes so different, so ten bereits zwanzig Jahre früher die große
schichte der Kunst wurden das charmant appealing?«, 1956 3 Seite aus »Der Ausstellung »Fantastic Art, Dada and Sur-
Spinnerte, der Humor, die Kritik und der DaDa«, hrsg. von Raoul Hausmann, Berlin, realism«. Mittlerweile sind die Arbeiten der
1919 4 »Konkretes Relief« von Hans Arp,

Bilder: Martin Schlecht/John Bock/Courtesy Sprüth Magers; Kunsthalle Tübingen/Bridgeman Images/VG Bild-Kunst, Bonn 2015
Unsinn zu scharfen Waffen. »Dada«, sagt Dadaisten in den renommiertesten Museen
1916/17 5 Die Kunsterneuerer Hans Arp,
der Kurator Burmeister, »war konstruktive Europas und Amerikas zu sehen, in der
Tristan Tzara und Hans Richter vor dem
Destruktion.« Hotel Elite 1918 in Zürich Tate Gallery in London ebenso wie im Cen-
Es sollte eine Weile dauern, bis die Da- tre Pompidou in Paris und dem New Yor-
daisten Teil des allgemein gültigen Kanons ker Museum of Modern Art. Doch fast
wurden. In Deutschland fand die erste Re- noch eindrucksvoller ist die Liste derjeni-
trospektive gut vierzig Jahre nach Grün- gen Künstlerinnen und Künstler, die von
Dada bewusst oder unbewusst geprägt wur-
den. Die Surrealisten aus dem Kreis um An-
dré Breton in Paris hielten dem Vernehmen
nach nicht viel von den Dadaisten, trotz-
dem ist ihre Kunst ohne sie undenkbar.
Das Gleiche gilt für die Pop-Art: Ri-
chard Hamiltons berühmte Collage »Just
what is it that makes today’s homes so dif-
ferent, so appealing?«, in der die drei magi-
schen namensgebenden Buchstaben »Pop«
vorkommen, ist purer Dadaismus. Genauso
Andy Warhol: Er fand erst zu seinem eige-
nen Stil, als er Dada-Prinzipien beherzigte
und sich den vermeintlich banalen Dingen
zuwendete, Siebdrucken von Geldscheinen
etwa oder von Fotos aus Illustrierten.

Zum ersten Mal in der


Geschichte der Kunst wurden
das charmant Spinnerte,
der Humor, die Kritik und der
Unsinn zu scharfen Waffen.
2

40
10 0 J A H R E DA DA
Bilder: bpk/ Staatsbibliothek zu Berlin/Ruth Schacht/VG Bild-Kunst, Bonn 2015; Jörg P. Anders/bpk/Nationalgalerie, SMB, Verein der Freunde der Nationalgalerie/VG Bild-Kunst, Bonn 2015; Stiftung Arp e.V. Rolandswerth/Berlin/VG Bild-Kunst, Bonn 2015

100 Jahre Dada


3 ZÜRICH
Ein bislang nie publiziertes Buchprojekt
Tristan Tzaras, mit Text- und Kunstbeiträgen
von u. a. Hans Arp, André Breton, Max Ernst.
»Dadaglobe Reconstructed«, Kunsthaus Zürich,
Die Fluxus-Bewegung, die Aktionen von 5. Februar bis 1. Mai
Joseph Beuys, die Material-Assemblagen
und Plastiken aus Schokolade von Dieter In Zusammenarbeit mit dem MoMA New
Roth oder die Performances von Marina York widmet man sich dem eklektischen
AbramoviĆ – sie alle sind nicht vorstellbar Werk des großen Provokateurs Picabia.
ohne Dada. Auch ein Künstler wie Jeff »Francis Picabia. Eine Retrospektive«, Kunsthaus
Zürich, 3. Juni bis 25. September
Koons verdankt Hugo Ball und Marcel Du-
champ mehr, als er wohl einzugestehen be-
Die Atmosphäre des Jahres 1916 wird mit
reit wäre. Doch die Staubsauger und Bas- Filmen, Fotos, Kunstwerken und digitalen
ketbälle in Vitrinen, mit denen der aktuelle Medien sinnlich erfahrbar gemacht.
King of Kunstmarkt vor rund dreißig Jah- »Dada Universal«, Landesmuseum Zürich,
ren bekannt wurde, sind reine, originäre 6. Februar bis 29. März
Readymades im Duchamp’schen Sinn.
Ähnlich verhält es sich mit den groß- ANCONA
artigen, verrückten Filmen und Installatio- In Kooperation mit dem Staatlichen
Museum Schwerin sind Werke von
nen des deutschen Künstlers John Bock: Sie
Duchamp und der Fluxus-Kunst zu sehen.
wirken, als sei ihr Urheber als Jugendlicher
»Marcel Duchamps Dada und Neodada«, Museo
in Schleswig-Holstein auf ein Dada-Gym- Comunale d’Arte Moderna, 27. März bis 26. Juni
nasium gegangen. Und wie immer, wenn
der Mainstream die Avantgarde schluckt, BERLIN
sind auch im Fall von Dada die Tragödien Die Schau dokumentiert gemeinsam mit
der Vereinfachung, der Abstumpfung und dem Museum Rietberg Zürich den
Sinnentleerung nicht weit. Aufmerksam- 5 Einfluss afrikanischer Kunst auf Dada.
keits-Junkies und Selbstdarsteller wie die Berlinische Galerie, »Dada Afrika«, 4. August bis
Pop-Sängerin Stefani Joanne Angelina Ger- 7. November
manotta alias Lady Gaga hätte in ihrem
REMAGEN
Aufzug gut ins Cabaret Voltaire gepasst. Die Geschichte der beiden Keimzellen des
Vielleicht hätte Hugo Ball auch sie in einen Dada, des Cabaret Voltaire und der Galerie
blau glänzenden Obelisken verwandelt. Es Dada in Zürich, steht hier im Fokus.
hätte sich sicher jemanden gefunden, der »Genese Dada. 100 Jahre Dada«, Arp Museum
sie auf die Bühne trägt. × Bahnhof Rolandseck, 14. Februar bis 5. Juni

41
HEA DZEILE

42
A SI E N I N A M S T E R DA M

Gute Geschäfte
Der Handel mit asiatischen Luxusgütern machte Amsterdam im
Bild links: Collectie Stedelijk Museum Alkmaar; Bilder rechts: Peabody Essex Museum, Salem, USA; Rijksmuseum, Amsterdam, on loan from the Koninklijk Oudhheidkundig Genootschap

17. Jahrhundert zur reichsten Stadt der Welt. Das Rijksmuseum zeigt,
wie die Schätze aus Fernost die Kultur Europas beeinflussten

VON
T HOM A S E . S C H M I D T

D
Der Mann ist ein echter Aufsteiger, aus be-
scheidenen Verhältnissen stammend und
nicht dafür ausersehen, im seidenen Anzug
Ungefähr als Geleynssen de Jongh geboren
wird, entwinden sich die Niederländer nach
einem langen Krieg der spanischen Herr-
zu posieren. Mit 19 trat er in das Unterneh- schaft. Sie sind nun frei, eine Republik eher
men ein und arbeitete sich bis ins oberste wider Willen, ein kleines Land ohne Verbün-
Management empor. Das hieß 35 Jahre Asien, dete. Die einzige Chance, die sie besitzen,
auf Borneo, in den Molukken, in Indien, als liegt auf See. Und weil die bisherigen Herren
»Chefhändler« in der Zentrale Batavia und der Meere, die Portugiesen, gerade in schlech-
in Persien, wo er für die Firma sogar einmal
eine Seeschlacht ausfocht. So rosig und glän-
zend Wollebrand Geleynssen de Jongh sich
im Jahr 1674 auch malen ließ, damals zurück-
gekehrt nach Holland in einen wohlha-
benden Ruhestand – so sehr ist sein
Gesicht doch auch dasjenige der
Vereinigten Ostindischen Com-
pagnie (VOC), der ersten Welt-
macht im Zeichen der guten
Geschäfte: nicht unbedingt
schön, ein genussfähiger,
gelegentlich auch gut ge-
launter Kerl. Nur anlegen
möchte man sich mit ihm
nicht. Wenn es ums Ha-
benwollen geht, versteht
er keinen Spaß.

Blau-weiß nach chinesischem


Vorbild: Pyramidenvase aus
Delft, Fayence, um 1690. Die
Lackschale mit sehr feiner Malerei
stammt aus Japan, um 1650.
Li.: Wollebrand Geleynssen de Jongh,
Topmanager der Ostindien-Kompagnie,
gemalt von Caesar van Everdingen, 1674

43
Schätze aus jener Zeit des großen Luxus, so-
fern sie damals aus Asien eingeführt wur-
den. Elfenbeinschnitzereien aus Ceylon
sind zu bewundern, Lackkabinette aus Japan,
Brokate aus Guangzhou, Möbel von der Ko-
romandelküste und Gold aus Goa. Womit
die feinen Häuser an der Herrengracht aus-
gestattet wurden, hier ist es: Perlmuttarbei-

Bilder: Rijksmuseum, Amsterdam (2)


ten aus Gujarat, Waffen aus Vietnam, Süd-
seeschneckengehäuse sowie Gemälde mit
exotischen Ansichten und Landkarten. Und
selbstverständlich ist auch das blau-weiße
Porzellan zu sehen, das auf den Stillleben je-
ner Zeit so faszinierend schimmert, auf den
Bildern von Pieter oder Willem Claesz., Jan
Treck, Frans Snijders – und jenen des unver-
gleichlichen Willem Kalf.
Was hier dokumentiert wird, sind die
ter Verfassung sind, segeln die Niederländer Jahrhunderts. Sie handelt mit Gewürzen, Zeugnisse einer ersten Globalisierung. Por-
los, vor allem in Richtung Osten. Zimperlich Perlen, Diamanten und Sklaven, mit Roh- tugiesen und Spanier vor ihnen, danach Bri-
sind sie nirgends, wo sie vor Anker gehen. stoffen und Luxusgütern aller Art. Amster- ten und Franzosen, vor allem aber die Nie-
Ihre 1602 gegründete Ostindische Handels- dam wird binnen weniger Jahre zur reichs- derländer jener Epoche waren es, die in
gesellschaft macht sich in Windeseile dort ten Stadt der Welt; darüber staunen selbst die jeden Winkel der Welt vordrangen und den
breit, wo später auch Geleynssen de Jongh Niederländer. Später werden sie das ihr »Gol- Globus mithilfe von Handelsbeziehungen
auftauchen wird, beinahe überall zwischen denes Zeitalter« nennen. erschlossen. Marktwirtschaft einte die Welt
dem heutigen Iran und der australischen Das Rijksmuseum in Amsterdam zeigt schon im 17. Jahrhundert. Doch nicht nur in
Nordküste. Die VOC steht für die wohl größ- nun in einer wahrhaft die Sinne betörenden schnödem Reichtum bestand die Frucht all
te wirtschaftliche Erfolgsgeschichte des 17. Ausstellung die größten, feinsten, seltensten jener riskanten Unternehmungen, sondern

44
sollte diese Offenheit sich als »Chinoiserie«
oder »Japonismus« niederschlagen, Strömun-
gen, die bis weit ins 20. Jahrhundert wirkten.
Am Ursprung dieses Phänomens stand
in der Tat die VOC. Zuvor waren die Schätze
Asiens vornehmlich den Höfen vorbehalten,
Mitbringsel für Königinnen und ihre gieri-
gen Gatten, Geschenke für die gekrönte Ver-
wandtschaft oder nützliche Kirchenfürsten.
Die Republikaner aus den nördlichen Nie-
derlanden verfolgten jedoch andere Ziele:
Sie entwickelten für Luxusgüter die dazuge-
hörigen Märkte, sie nahmen das große Ge-
schäft ins Visier. Sie machten das Exotische
käuflich, handelten mit den Spitzenstücken
des asiatischen Kunsthandwerks, importier-
ten Behältnisse aus Elfenbein, lackierte Tru-
hen und Schränke, bis dahin vollkommen
unbekanntes mehrfarbiges Kakiemon-Por-
zellan aus Japan oder feinste Seidenstoffe aus
China oder Indien. In Amsterdam wie in Ba-
tavia, dem heutigen Jakarta in Indonesien,
wo die VOC ihr Hauptquartier aufgeschla-
gen hatte, markierte man mit solchen Prezio-
sen seinen gesellschaftlichen Status. Gezielt

Rückkehr der zweiten Ostindienexpedition


nach Amsterdam 1599, Gemälde von
Hendrik Cornelsz. Vroom. Re. japanischer
Kabinettschrank mit Flächen aus
Rochenhaut und feiner Lackmalerei.
Li. Fayenceplatte aus Delft mit detail­-
reicher Chinoiserie-Malerei, um 1670/90
Bild: Peabody Essex Museum, Salem, USA

auch in Kunstwerken. Die Ausstellung führt


vor, wie sich die materielle Kultur Europas
verwandelte unter dem Eindruck dieser exo-
tischen, so begehrenswert glitzernden und
zerbrechlichen Gegenstände, von denen
man oft nicht einmal wusste, aus was sie be-
standen, geschweige denn, wie sie bearbeitet
worden waren.
Ein Stilwandel erfasste daraufhin so
manches künstlerische Genre des alten Kon-
tinents, und auch das Kunsthandwerk erhielt
einen kräftigen Schub. In Delft etwa wurden
massenweise blau-weiße Fayencen produ-
ziert, die dem begehrten Porzellan aus Ost-
asien ähnelten. Die Malerwerkstätten boom-
ten, ebenso die Teppichwirkereien und
Tischlereien. Neue Motive wurden nachge-
fragt, eine exotische Ornamentsprache galt
nun als elegant. Die Neugier gegenüber
Asien entwickelte sich seither stetig. Später

45
A SI E N I N A M S T E R DA M

wurden solche Stücke auch in der Handels- stellte schon 1614 den Handel mit ihnen ein,
diplomatie eingesetzt, als Bestechungsge- weil sich in Europa einfach keine potenten
schenke für Lizenzen und Ankerplätze. Abnehmer finden ließen. Zwanzig Jahre
Doch die wirklich geniale Idee der später wurden japanische Lacke dann
Niederländer bestand darin, breiten versuchsweise erneut eingeführt: In-
Bevölkerungsgruppen Zugang zum zwischen streiften die Emissäre der

Bilder links: Rijksmuseum, Amsterdam, B. Westendorp-Osieck Bequest, Amsterdam; Rijksmuseum, Amsterdam; Bilder rechts: Rijksmuseum, Amsterdam (2)
Luxus zu verschaffen. Porzellan bei- europäischen Fürstenhäuser durch
spielsweise kauften sie in riesigen die Amsterdamer Luxusläden, und
Mengen ein, meist wenig quali- viele dieser wundervoll dekorier-
tätsvolle, sogenannte »Kraak«-Wa- ten und doch schlichten Möbel
re aus China oder deren japani- wanderten nach Frankreich. Eine
sche Nachahmungen. In den der schönsten Truhen stammt aus
Städten der Republik blühte der dem Besitz von Kardinal Mazarin,
Kunsthandel auf, jedermann woll- dem Chefminister Ludwigs XIV.
te mit Tässchen und Tellerchen Im Jahr 1693 war dann endgültig
spekulieren. Das Angebot ließ die Schluss mit dem Lackhandel. Zu
Preise bald sinken. So schön wie auf klein der Kreis der Reichen, der sich
den »Pronk«-Stillleben Willem Kalfs so etwas leisten konnten. Viele Lack-
ist Kraak-Porzellan nie wieder gewesen, arbeiten in dieser Ausstellung sind Leih-
wo es, Austern, Zitronen oder Pfeffer prä- gaben, aus Schweden, den USA, aus Russ-
sentierend, auf edle persische Teppiche dra- land oder Großbritannien. Nur wenige
piert wird und im Lichte eines magischen Museen können sich glücklich schätzen, eine
Sonnenstrahls funkelt. Beinahe jede hollän- von ihnen zu besitzen.
dische Familie besitzt noch heute chinesi- Selten und begehrt: japanische Porzellan- Für den heutigen Betrachter wirkt der
sches oder japanisches Exportgeschirr aus teller aus Arita mit Kakiemon-Dekor, hier auf den niederländischen Stillleben ausge-
dieser Zeit; die Auktionshäuser im Land bie- ein Exemplar von 1670/90. In Meissen und stellte Prunk manchmal aufdringlich, fast
ten es bis heute in großen Mengen an. anderen europäischen Manufakturen griff geschmacklos. Er lässt auf Gier, Eitelkeit,
Die eigentliche Entdeckung dieser Aus- man später diese Muster vielfach auf. großen Hunger und Durst schließen, so bril-
stellung besteht jedoch in etwas anderem: Unten: Die japanische Truhe von 1635/45 lant die Malerei auch ist. Für ein republika-
ist eines der bedeutendsten Lackobjekte
Versammelt sind japanische Lackobjekte aus nisches und calvinistisches Publikum muss-
im Besitz des Rijksmuseums. Solche
der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts in einer te der Luxus damals ein moralisches Problem
Objekte waren so teuer, dass sie sich in
Qualität, wie man sie nur selten zu sehen be- Europa kaum jemand leisten konnte darstellen, denn feudale Pracht war zu Zei-
kommt. Vor allem Kabinettschränke und ten des Krieges gegen Spanien ebenso ver-
Truhen geben von den komplizierten und pönt wie ein »katholisches« Wohlleben. Der
aufwändigen Techniken der japanischen Sinneswandel trat jedoch in wenigen Jahren
Lackkünstler Zeugnis, und zwar in höchster ein, denn mit dem neuen Handelsreichtum
Vollendung. Solche Meisterwerke waren kamen sehr rasch auch die Luxusgüter ins
auch damals sündhaft teuer, und die VOC Land. Und wenn dem Protestanten der ge-

46
Willem Kalf, Stillleben mit chinesischem
Porzellan, Nautiluspokal und Früchten,
1662. Unten: silberner Behälter in Schiffs-
form für kostbare Gewürze aus Fernost

Solange der Glaube christlich war und ein je­


der wusste, wo er gesellschaftlich hingehörte,
war so manches gestattet. Aufschlussreich in
diesem Zusammenhang ist das Porträt des
Pieter Cnoll und seiner Frau Cornelia van
Nijenrode samt Töchtern und malaiischen
Sklaven. Auch Cnoll war »Chefkaufmann«
in Batavia, Cornelia die Tochter des VOC-
Statthalters in Hirado in Japan – und dessen
japanischer Kurtisane. Die Familie war Ober­
schicht, sie strotzte vor Standesbewusstsein,
ihre verzwickte Herkunft war trotzdem kein
Makel. Asiatische Ehefrauen, vorausgesetzt
christlich erzogen, wurden nicht versteckt.
Im Gegenteil, viele von ihnen führten nach
dem Tod ihrer Männer den Handel fort und
wurden als Geschäftsfrauen anerkannt. Man
darf das Leben im Batavia jener Jahre nicht
idealisieren, es war gewiss keine demokrati­
sche multikulturelle Gesellschaft. Aber vieles
wurde weniger eng gesehen, und überaus
pragmatisch richtete man sein Dasein auf die
Bedingungen vor Ort ein.
Das Rijksmuseum präsentiert mit
»Asien in Amsterdam« eine Kunstausstel­
lung. Sie ist kein Beitrag zur Kolonialge­
schichte; in Deutschland wäre eine solche
unbefangene Schau des Schönen wohl kaum
möglich, zu stark der Druck, sich mit der ei­
genen Vergangenheit auseinandersetzen zu
müssen. Über die finsteren Seiten der VOC,
schäftliche Erfolg als Zeichen sei­ das Kolonial­regime in Indonesien, die Aus­
ner Auserwähltheit galt, als legiti­ beutung, die militärische Gewalt, den Skla­
mer Lohn für ein gottgefälliges venhandel, kann man sich in Amsterdam an­
Leben, so war in dieser Ausnahme­ deren Ortes informieren. Richtig ist jedoch
situation des schnellen Geldes der auch, dass die Kolonialgeschichte der Nieder­
Luxus gleich mit geadelt. lande keine Geschichte der Genozide ist.
Es gab kein Zögern, keine dezen­ Diese Ausstellung will vor allem an die
ten Vorbehalte, weder unter Bürgern erste wirtschaftliche Globalisierung erin­
noch unter Künstlern. Das Neue, Teure und nern und an die gewaltige kulturelle Verän­
Fremdländische wurde vom ersten Tag an derungskraft, die von ihr ausging. Wolle­
umarmt und ins eigene Leben eingefügt. brand Geleynssen de Jongh, der Held einer
Rembrandt beispielsweise besaß ein ganzes vergessenen Seeschlacht bei Qeshm, posiert
Album wertvoller Porträtminiaturen aus In­ ganz selbstverständlich inmitten teurer Stof­
dien. Ganz selbstverständlich radierte er die fe und Teppiche aus den Kolonien. Völlig un­
exotischen Physiognomien nach und fügte sie befangen lässt er schwarze Sklaven den Son­
als Motive in seine Gemälde ein. Ein paar die­ nenschirm über ihm halten, während doch
ser Übungsblätter sind in der Schau zu sehen. seine Republik die Sklaverei streng verboten
Vergleicht man Original und Nachahmung hatte. So treffen die Kultur und das histori­
dieser kleinen Kostbarkeiten, geht der Punkt sche Unrecht in diesem Bild aufeinander,
allerdings an die Kollegen der Mogulzeit. ohne dass die Zeitgenossen daran Anstoß ge­
Wenn man so will, weichten die Sitten nommen hätten. Die Kunstgeschichte ist im­
zuerst in Batavia auf. Dort, fern jeder Kon­ mer auch das Vergessen all der Schrecknisse,
trolle und den Augen der Tugendwächter ent­ deren Zeugin sie war. ×
zogen, leisteten sich die Handelsherren einen
fürstlichen Lebensstil. Auch waren Heiraten »Asien in Amsterdam. Luxus im Goldenen Zeit­
mit asiatischen Partnerinnen gang und gäbe. alter«, Rijksmuseum, Amsterdam, bis 17. Januar

47
Die Lust der Erkenntnis
Meisterwerke aus fünf Jahrhunderten: Im Berliner Martin-Gropius-Bau
macht die Sammlung Würth Kunstgeschichte auf individuelle Art anschaulich

VON
CHR ISTI A N E M EI X N ER
Bild links: Max Beckmann/Sammlung Würth/VG Bild-Kunst, Bonn 2015; Bild rechts: Christo und Jeanne-Claude/Sammlung Würth

Christo und Jeanne-Claude widmeten »Wrapped Magazines« (2000) ihrem Förderer


und Sammler Reinhold Würth. Links: Max Beckmann hat seine zweite Frau Mathilde ­
unzählige Male porträtiert – hier als »Quappi in Blau im Boot« (1926/1950).

49
E
Ein Kuss sollte es werden, doch wie alle Mo-
tive im »Lebensfries« von Edvard Munch ge-
riet die Szene etwas unheimlich und intensiv.
Eine Frau mit flammend rotem Haar beugt
sich über den gekrümmten Oberkörper eines
Mannes. Eine Geste, die schnell dominant
wirkt und im Symbolismus des späten 19.
Jahrhunderts, dem Munch trotz seiner Vor-
reiterrolle für die Expressionisten tief ver-
bunden war, meist den weiblichen Dämon
verriet. So hatte das Gemälde im Freundes-
kreis des Künstlers schnell seinen Titel weg:
»Vampir«. Munch kapitulierte daraufhin und
nahm Abstand von der ursprünglichen Idee,
das Bild »Liebe und Schmerz« zu nennen.
Dennoch betonte er auch später, es zeige
nichts anderes als ein küssendes Paar.
Das Düstere jener Szene, ihre Phantas-
magorie, ist ein eher ungewöhnliches Motiv
in der Sammlung von Reinhold Würth. Als
Bild aber illustriert es wunderbar das Ver-
hältnis des Unternehmers aus Künzelsau zur
Kunst: Sie hat ihn umarmt, gepackt und
nicht wieder losgelassen. Die Frau mit dem
roten Schopf betört nicht bloß in der großen
Ausstellung »Von Hockney bis Holbein. Die
Sammlung Würth in Berlin« im Martin-Gro-
pius-Bau. Sie verkörpert auch jene Macht, die
Würth stets aufs Neue anstiftet und zu einem
der größten europäischen Sammler gemacht
hat, der seinen kulturellen Kosmos immer
noch weiter ausdehnt.
15 Museen zählt Würths Kunstimperi-
um inzwischen, weil mit nahezu jeder neuen
europäischen Niederlassung des Unterneh-
mens ein neuer Ort für die 17 000 Werke um-
fassende Kollektion entstanden ist. Andere
Stücke zirkulieren weltweit durch Museen.
So wie nun jene 400 Werke in Berlin, die
vom späten Mittelalter bis in die unmittelba-
re Gegenwart reichen. Zusammen erzählen
sie die Geschichte von Malerei und Skulptur
allerdings rückwärts, das deutet sich schon
1
im Titel an, der Holbeins großartige »Schutz-

50
2

mantelmadonna« als eines der wichtigsten


Tafelbilder des 16. Jahrhunderts und wert-
vollsten Besitz des Sammlers ans Ende stellt.
Den Anfang macht David Hockney, auch in
den Ausstellungsräumen, wo sich die vier
Großformate seiner Serie »Three Trees near
Thixendale« aus dem Jahr 2008 gegenüber-
hängen: ein Jahr im Zyklus der Natur, die die
drei Bäume entlaubt, mit Schnee umfängt
und schließlich erneut sprießen lässt.
Das Thema ist klar und offenbart sich
dank der figürlichen Sprache des britischen
Malers schnell. Ganz anders die gestischen,
pastosen Kompositionen eines Walter Stöh-
rer und die Collagen von Eduardo Paolozzi,
der Zeitungsbilder mit Werbeprospekten in
seiner »Bunk«-Serie zu wilden Alltagsszenen
vermengt. Oder die strikte Geometrie eines
Max Bill, der in Berlin ebenso mit großen,
konkreten Granitskulpturen wie feinsten
Farblinien auf weißer Leinwand vertreten ist:
Reinhold Würth lässt wenig Zweifel daran,
dass er sich die abstrakten Tendenzen der
Kunst sukzessive erschließen musste. Die
Ausstellung bildet diesen Weg ab, indem sie
erzählt, wie ein Mann der Zahlen und Bilan-
zen zu einzelnen Künstlern gefunden hat.
Auch die alten Meister, die heute mit
Lucas Cranach d. Ä., Hans von Kulmbach,
Tilman Riemenschneider oder Hans Hol-
bein d. J. gut vertreten sind, entdeckte der
Unternehmer vergleichsweise spät für sich.
Die Tür zur Kunst haben ihm Zeitgenossen,
anfangs aus seiner Heimatregion, geöffnet.
Aus der Beschäftigung mit ihrem Werk resul-
tierte die Neugier auf die großen Entwick-
lungslinien der Moderne. Die Frage danach,
wer Maßgebliches geleistet hat. So rückten
jene Künstler der Avantgarde in den Blick-
3 punkt, die heute zu den Glanzlichtern der
Sammlung zählen: Picasso, Max Ernst, Joan
Miró, Lucio Fontana, Eduardo Chillida,
Ernst Ludwig Kirchner oder Georges Braque.
Gern erzählt Würth von seinem ersten spek-
takulären Kauf: Wie er 1972 mit seiner Frau
Carmen am Luganer See war, eine Galerie in
der Nähe besuchte und dort von Emil Noldes
Aquarell »Wolkenspiegelung in der Marsch«
so fasziniert war, dass er es unbedingt besit-

Die Sammlung Würth war stets offen für we-


niger bekannte Künstler, zugleich ist der Ka-
non der Moderne mit einer Fülle von Werken
präsent: 1 Pablo Picasso, »Venus und Ar-
5 mor«, 1968 2 Max Liebermann, »Jungen
nach dem Bade«, 1903 3 Edvard Munch,
»Vampir«, 1917 4 Sonia Delaunay,
»Rythme coloré«, 1954 5 Henry
4 Moore, »Large Interior Form«, 1982

51
David Hockneys Herbstlandschaft der Se-
rie »Three Trees near Thixendale« von

Bilder vorherige Seite: Pablo Picasso/Sammlung Würth/VG Bild-Kunst, Bonn 2015; Sammlung Würth (4); Bilder diese Seite: Sammlung Würth (2)
2008. Links das Hauptwerk der Sammlung:
Hans Holbein d. J. malte die Madonna
1525/28 für Jakob Meyer zum Hasen. Unten
ein »Lüsterweibchen« von Tilman Riemen-
schneider, das um 1505 entstand

zen wollte. Für eine Summe, die ihn an- Oder ganz wunderbare Dialoge beobachten,
schließend zweifeln ließ. Heute weiß er, wie wie sie sich zwischen einer raren Skulptur
richtig die Entscheidung war, schon weil von Hans Hartung und seinen mit Bürsten
Blätter dieser Qualität immer wertvoller ge- und Besen gemalten Zeichen entspinnen.
worden sind – sagt Würth. Den Kaufmann Was der Besucher nicht ausblenden
blendet er nie aus, und so wird auch die kann, sind die häufig erratischen Werkkom-
Schau zweimal von Räumen unterbrochen, binationen. Viel zu viele Werke streiten in
in denen unter anderem Firmengeschichte den Räumen um Aufmerksamkeit. Auch die
das Thema ist. kuratorischen Setzungen bringen einen Teil
Diese Einladung zum Abschweifen der Exponate in rätselhafte Nachbarschaften.
kann man annehmen oder ignorieren und Manchmal erschöpft sich das Ausstellungs-
sich weiter der Kunst widmen. Den beiden konzept in rein formalen Bezügen, an ande-
Gemälden zum Beispiel, in denen man rer Stelle scheinen inhaltliche Parallelen auf.
Victor Vasarely völlig abseits seiner Op-Art- So wenn mehrere Gemälde mit Bäumen ne-
Bilder als Maler amorpher Formen begegnet, beneinander hängen, ohne dass sich daraus
die ihn Anfang der Fünzigerjahre beschäftig- eine Einsicht, etwa in die Genese der Land-
ten. Man kann sich der monumentalen schaftsmalerei, ablesen ließe. Wenn eine
Skulptur »Large Interior Form« von Henry Sammlung derart von persönlichen Anzie-
Moore oder Picassos Gemälde »Venus und hungskräften lebt wie diese, wäre ein Ausstel-
Armor« zuwenden, das ein altes Sujet auf- lungskonzept der komplett subjektiven Bezü-
greift und zugleich als Selbstbildnis fungiert. ge womöglich angemessener gewesen.

52
S A M M LU N G W Ü RT H

Würth kennt viele Künstler persönlich. men: Wo er »Ausdruckswille, Tiefgang und Prunkstück ein kleiner »Gefesselter Sklave«
Christo und Jeanne-Claude etwa realisierten eine gewisse Kraft« erkennt, sei sein Interes- zählt, den Leonhard Kern 1645 aus Birn-
mit ihrem Projekt »Wrapped Floors and Stair- se geweckt. Wobei er fast immer Skulptur baumholz schnitzte.
ways and Covered Windows« 1995 im Muse- und Malerei den Vorzug gibt, weil sich ihm In mehr als 50 Jahren hat die Sammlung
um Würth in Künzelsau ihre größte Innen- dort die »immanenten Qualitäten« direkt of- zu einer inneren Struktur gefunden, in der
raumverhüllung, nachdem der Unternehmer fenbaren. Neue Medien sucht man deshalb sich Werke zu Gruppen und Kunstkreisen
sie in Hamburg bei Freunden kennenlernte vergeblich in der Ausstellung, und auch ordnen. Würth, der vor allem seinem Ge-
und auf seine direkte Art aufforderte: »Chris- sonst verzichtet sie auf Ausgewogenheit. schmack vertraut, weiß aber auch, dass man
to, du könntest auch mal bei uns was ma-
chen!« Später widmete ihm das Paar mit
»Wrapped Magazines (für Reinhold Würth)« Die gewaltige Sammlung erzählt, wie sich Reinhold Würth
Bilder: David Hockney/Sammlung Würth/Foto Richard Schmidt

eine persönliche Arbeit – als Hommage an ei-


nen Förderer, der ganze Werkblöcke erwirbt, die Künstler der Moderne sukzessive erschlossen hat.
wenn sich darin das Konzept einer künstleri-
schen Strategie offenbart.
Mit dem Verständnis wuchsen die Kon- Analog zum Sammler, der sich von der Ge- mitunter von der Expertise anderer profitie-
volute. Manche wie die von der Deutschen genwart in die Vergangenheit vortastete, ren sollte. Die Ausstellung trägt seinen indi-
Lufthansa zusammengetragene Grafiksamm- konstruiert die Schau eine Kunstgeschichte, viduellen Abdruck, auch wenn er ihr Arran-
lung zu Max Ernst, die 1998 zum Verkauf die sich um den Lichthof im Martin-Gro­ gement einem Team unter der Leitung von
stand, kaufte Würth komplett. Dem Werk pius-Bau und damit um die monumentale In- Peter-Klaus Schuster überlassen hat. Trotz
des Surrealisten widmet die Ausstellung denn stallation »The Last Judgement Sculpture« mancher kritikwürdiger Ideen machen die
auch viel Platz und stellt ihn quantitativ auf von Anthony Caro gruppiert: ein Jüngstes Kuratoren den Kern der Sammlung sichtbar:
eine Stufe mit Picasso, von dem nicht mehr Gericht aus großen, verformten Körpern, Würths Menschenbild, nicht durchweg opti-
Werke zu sehen sind. Dieser persönliche Maß- Schädeln und Posaune blasenden Engeln, de- mistisch, aber immer getragen von einem tie-
stab wird legitimiert durch einen Sammler, nen das Instrument tief im Hals zu stecken fen Verständnis für das Humane. Es mani-
der Intuition mit rationalem Kalkül mischt. scheint. Schon als Würth im Atelier des briti- festiert sich in der Madonna ebenso wie im
Der nicht auf den Kanon der Museen geeicht schen Bildhauers die ersten verkleinerten Schwarzlicht-Porträt von Andy Warhol.
ist und den es langweilt, dass andere private Entwürfe sah, war er begeistert. Caro zeigte Kunstliebe entwickelt ihre Eigendyna-
Sammlungen einander oft so ähneln. sein abgründiges Welttheater, ein Kommen- mik. Die Sammlung Würth wächst weiter
Würth setzt große Namen neben we­ tar zum Balkankrieg und seinen Gräueln, al- und entfaltet mit jedem Neuankömmling
niger Bekanntes, mischt expressionistisch-fi- lerdings erst noch auf der Biennale von Vene- ein immer größeres Panorama der Kunst in
gurative Strömungen mit Tendenzen der dig 1999, bevor er es dem Sammler überließ. ihrer jeweiligen Zeit. ×
Abstraktion oder der Geometrie wie Sonia Von diesem assoziativen Ensemble ist es
Delaunays »Rythme coloré« von 1954. Sein ein kleiner Schritt zu den herausragenden »Von Hockney bis Holbein. Die Sammlung Würth
persönliches Urteil fasst er bündig zusam- Objekten früherer Epochen, zu denen als in Berlin«, Martin-Gropius-Bau, bis 10. Januar

53
V ERSA ILLES

D
Der 1638 geborene Ludwig XIV., König von
Frankreich und Navarra aus der Dynastie der
Bourbonen, starb am 1. September 1715 so,
wie er gelebt hatte: als Protagonist eines von
ihm jahrzehntelang mitinszenierten Schau-
spiels. Der unter den Fenstern seines Schlaf-
und Sterbezimmers von Schloss Versailles
wartenden Menge rief der Oberste Kammer-
herr vom Balkon zu: »Der König ist tot!« Um
gleich wieder abzutreten, die schwarze Feder
seines Huts gegen eine weiße zu tauschen, er-
neut hinauszugehen und dreimal zu prokla-
mieren: »Es lebe der König!«.
Mit dem Ableben des Sonnenkönigs
setzte eine Maschinerie ein, die jetzt Thema

Bild: Christophe Fouin/Château de Versailles (dist-RMN-Grand Palais)


der Ausstellung »Le Roi est mort. Louis XIV
– 1715« auf Schloss Versailles ist. Sie stellt das
Ereignis, mit dem eine Epoche zu Ende ging,
in den Kontext höfischer Rituale seit dem
Mittelalter und spannt einen Bogen bis zum
Staatsbegräbnis der Moderne.
Ludwig XIV. symbolisiert das »Große
Jahrhundert« Frankreichs. In der Tat waren
die Krone und das Land nie zuvor so mäch-
tig gewesen. Von seinem vor den Toren des
Städtchens Versailles bei Paris errichteten
Schloss aus konnte der Souverän das franzö-
sische Territorium durch Eroberungen (da-
runter das Elsass) maßgeblich vergrößern.
Seine Hegemonialpolitik hatte dem Land
eine Führungsposition in Europa verschafft,

Abschied vom
aber auch auf dem Gebiet von Kunst und
Kultur setzte sein absolutistischer Staat
Maßstäbe. Aus Louis quatorze (für vierzehn)

Sonnenkönig
wurde so Louis le Grand (der Große). Der
Preis dafür waren horrende Schulden, die
Untertanen wurde von der ihnen auferlegten
Steuerlast schier erdrückt. Als Bauern und
einfaches Volk vom Tod des Königs erfuhren,
gab es auch Freudentänze.
Als Ludwig XIV. vor dreihundert Jahren starb, wurde Eine Epoche ging zu Ende, weil mehre-
re Generationen nur ihn als Staatsoberhaupt
eine aufwendige Trauermaschinerie in Gang gesetzt. erlebt hatten (Queen Elisabeth II. feierte un-
Eine Ausstellung in Versailles erinnert an das sorgsam längst ihr 63-jähriges Thronjubiläum, wäh-
rend er es auf 72 Jahre brachte). Und doch
inszenierte Zeremoniell mit teils makabren Zügen blickte man jetzt hoffnungsvoll auf den
Nachfolger. Als mit den Worten »Vive le roi!«
die kontinuierliche Weitergabe der Erbmo­
VON narchie verkündet wurde, war Ludwig XV.
P E T E R K ROPM A N N S ein Knabe von fünf Jahren. Erst im Alter von
16 Jahren übernahm er die Regierungsge-
schäfte von seinen während der Regentschaft
eingesetzten Vertretern und erwies sich
dann als ein würdiger Erbe seines Urgroßva-

54
V ERSA ILLES

ters. Das Volk wird ihn schätzen, ja lieben und die von bis zu 900 Fackelträgern be- würfe rekonstruieren. Im Original überlie-
und ihn deswegen den bien-aimé nennen. leuchtet wurde, führte an Paris und am fert sind dagegen Trauerreden und Texte, die
Doch nur einer wird als Roi soleil in die Ge- Montmartre vorbei. dem König huldigten, sowie Partituren für
schichte eingegangen sein. Die Ausstellung in Versailles illustriert Requiems und andere Trauermusik, die der
Der höfische Apparat setzte nun alles mit ihren Exponaten, was man über das ge- Versenkung dienten und der Verbindung
daran, damit Ludwig XIV. zuteil wurde, was samtkunstwerkartige Zeremoniell heute von weltlicher Macht und Religion Ausdruck
toten Königen zustand. Es war ein bis ins noch in Erfahrung bringen kann. Zu den verliehen. Höhepunkt der Feierlichkeiten
letzte festgelegtes, von der Etikette bestimm- ausgestellten Stücken gehören Bildnisse des war die einer Barockoper vergleichbar insze-
tes Zeremoniell. Zunächst wurde der Leich- Königs und einzelner hochgestellter Persön- nierte Totenmesse, die am 53. Trauertag statt-
nam des Monarchen obduziert, wobei ein lichkeiten, darunter solche von der Hand des fand. Langhaus und Chor von Saint-Denis
Protokoll detailliert die Ergebnisse festhielt, Malers Hyacinthe Rigaud. Eine Rarität ist wurden dafür mit aufwendigen Dekoratio-
bevor ihm Innereien wie Lungen und Gedär- das aus Bienenwachs geformte, mit Haaren, nen ausstaffiert.
me sowie das Herz entnommen wurden. Spitze, Seide, Samt und einem Glasauge ge- Eine umfassende Schau über Ludwig
Während Erstere ein Behältnis füllten, das staltete Profil des Königs im Alter von etwa XIV. liegt erst wenige Jahre zurück. Auch des-
zur Beisetzung in der Pariser Kathedrale No- 68 Jahren. Geschaffen hat es Antoine Benoist, halb wurde nicht der Versuch unternommen,
tre-Dame bestimmt war, wurde das Or­gan, es gilt als gleichsam fotorealistisches Porträt. die 53 im Mittelpunkt stehenden Tage zum
das fast genau 77 Jahre geschlagen hatte, in Zu sehen sind aber auch Stiche, Urkunden, Aufhänger einer Blockbuster-Ausstellung zu
ein Gefäß gelegt, das in die Pariser Jesuiten- Bücher sowie Objekte, darunter chirurgi- machen. In der jetzt touristenärmeren Zeit
kirche Saint-Paul-Saint-Louis gebracht wur- sches Besteck und pharmazeutische Gerät- hat dafür die Wissenschaft Hausrecht erhal-
de. Allein die Überführung der Herzurne in schaft, wie sie bei Autopsie und Einbalsamie- ten, allerdings auch ein namhafter Szenograf.
die Barockkirche an der Rue Saint-Antoine rung zum Einsatz kamen, und Kuriositäten Zahlreiche einzelne Forschungsergebnisse,
im Marais erfolgte durch einen Konvoi aus wie zu Trauerflor und -tracht passende Fä- die detailreich sind, wenn nicht trocken an-
mehreren Kutschen, begleitet von einem cher, mit denen man sich bei langatmigen muten, wurden von den Kuratoren gebün-
Kardinal, mehreren Geistlichen und Adligen Gottesdiensten Luft verschaffen konnte. Teil delt und Pier Luigi Pizzi anvertraut. Die letz-
sowie 20 Pagen, 20 Dienern, 30 Mann der der Inszenierung waren Kulissen, von denen ten Ausstellungsbauten des italienischen
Leibgarde und 30 Schweizergardisten. sich nur die steinernen, wie das Schloss als Bühnenbildners (für das Pariser Petit Palais)
Anschließend wurde der Leichnam ein- Start- und die Kathedrale als Zielpunkt des waren ebenso bemerkenswert wie sachdien-
Bilder: DR; Château de Versailles

balsamiert und eingesargt, erst mit Holz, Trauerzugs, erhalten haben. Vieles jedoch lich und lassen eine angemessene Präsentati-
dann mit Blei, und aufgebahrt. Während der war eigens für diesen Anlass aus Holz, Draht on der fast 280 Exponate internationaler
Tage, die all diese Prozeduren beanspruchten, und Gips, Stuckmarmor oder Stoff entstan- Leihgeber erwarten. ×
bereiteten Hofbeamte und Handwerker die den und nicht aufbewahrt worden. Gerade
weiteren Etappen logistisch vor. Schließlich über ephemere Aufbauten wissen wir wenig; »Le Roi est mort. Louis XIV – 1715«, Schloss Ver-
– gut eine Woche war inzwischen vergangen manches lässt sich mithilfe erhaltener Ent- sailles, bis 21. Februar
– wurde der Leichnam in die Kathedrale von
Saint-Denis gebracht. Deren Grüfte hatten
seit dem 6. Jahrhundert als Grablege vieler
fränkischer Könige gedient, und seit Hugo Amtlich: Die im Kirchen-
Capet (940–996) waren dort fast sämtliche buch der Pfarrei Notre-
Dame zu Versailles hinter-
gekrönten Häupter Frankreichs zur Ruhe ge-
legte Sterbeurkunde
bettet worden. Der Trauerzug, bei dem
von Ludwig XIV. Re. sein
nichts dem Zufall überlassen wurde, legte fünfjähriger Nachfolger,
den Weg vom Schloss zur Kathedrale mit we- porträtiert von Hyacinthe
nigen Karossen und zu Fuß zurück und Rigaud. Li. Seite: Das aus
brauchte dafür fast eine ganze Nacht. Die gut Wachs geformte Profil
30 Kilometer lange Strecke, die der Hofstaat des Sonnenkönigs von
unter Pauken und Trompeten absolvierte Antoine Benoist, um 1706

55
Berliner Festspiele
Martin-Gropius-Bau
© Gemeentemuseum Den Haag, Niederlande
Komposition in Oval mit Farbflächen 2, 1914

4. September bis 6. Dezember 2015


Piet Mondrian (1872 - 1944)

Piet Mondrian. Die Linie


Veranstalter: Berliner Festspiele / Martin-Gropius-Bau. Eine Ausstellung der Stichting Gemeentemuseum Den Haag und des Martin-Gropius-Bau.
Mit Unterstützung der Botschaft des Königreichs der Niederlande in Berlin. Kurator: Hans Janssen.

Madonna des Bürgermeisters Jacob Meyer zum Hasen,


(„Schutzmantelmadonna“) 1525/26 und 1528
© Sammlung Würth, Foto: Philipp Schönborn
11. September 2015 bis 10. Januar 2016

Von Hockney bis Holbein

Hans Holbein d.J.


Die Sammlung Würth in Berlin
Veranstalter: Museum Würth und Berliner Festspiele / Martin-Gropius-Bau.
© Centre Pompidou, MNAM-CCI, Dist. RMN-Grand Palais /
© Estate Germaine Krull, Museum Folkwang, Essen, Photo

image Centre, Pompidou, MNAM-CCI


Selbstportrait mit Icarette, um 1928

15. Oktober 2015 bis 31. Januar 2016

Germaine Krull – Fotografien


Germaine Krull

Veranstalter: Berliner Festspiele / Martin-Gropius-Bau. Eine Ausstellung des Jeu de Paume in Zusammenarbeit mit Berliner Festspiele / Martin-Gropius-Bau.
Ermöglicht durch den Sparkassen-Kulturfonds des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes.

29. Oktober bis 13. Dezember 2015

Leonid Breschnew und Erich Honecker küssen sich am


Russland und Deutschland. Von der

5.10.1979 in Ost-Berlin, nach der Ernennung des


sowjetischen Staatschefs zum “Held der DDR”
Konfrontation zur Zusammenarbeit

Quelle: akg-images / AP
Eine Ausstellung zum 70. Jahrestag
des Endes des Zweiten Weltkrieges
Veranstalter: Eine Ausstellung des Deutsch-Russischen Museums Berlin-Karlshorst in Kooperation mit dem Staatsarchiv der Russischen Föderation.
Chinamora Reserve, Chipuku Höhle, 8.000-2.000 v.Chr.,

65x121 cm © Frobenius-Institut Frankfurt am Main

21. Januar bis 16. Mai 2016


Aquarell von Elisabeth Mannsfeld, 1929

Kunst der Vorzeit


Rote Malerei, Simbabwe,

Felsbilder aus der Sammlung Frobenius


Veranstalter: Berliner Festspiele / Martin-Gropius-Bau. Eine Ausstellung des Frobenius-Instituts an der Goethe-Universität Frankfurt am Main.
In Zusammenarbeit mit dem Martin-Gropius-Bau.

Niederkirchnerstraße 7, 10963 Berlin, Tel. +49 30 254 86 0


Mi–Mo 10–19 Uhr, Di geschlossen, an den Feiertagen geöffnet, 24.12. und 31.12. geschlossen
Eintritt frei bis 16 Jahre
www.gropiusbau.de/schuelerprogramm
Edwin Braun, „Heinz Mack während Film- u fnahmen zum Film Tele M ack“, 1968, Archiv Mack
hina, 2013, Vincentt C allebaut Architectures
Vincent Callebout, „ASIAN CAIRNS“, Shen en, Ch
Hauptsponsor:

www.wieleben
wilh

n -ludwigshafen.de
bilder

5.12.15
Zukunfts-

bis Fujimoto
von Malewitsch

28.2.16
helmhackmuseum
Drei Tage in

Zürich

VON
Y VON N E L I E DK E

58
Z Ü R IC H

Die Altstadt ist malerisch, das


Bild links: Gregor Lengler/laif; Bilder rechts: Arthur Faust/Kunsthaus Zürich; Kunsthaus Zürich/2015 ProLitteris, Zürich/VG Bild-Kunst, Bonn 2015; Roland zh/Wikimedia; Restaurant Kronenhalle; Zürich Tourism/Fabian Frinzel

Bankenviertel geleckt, und die


Luxemburgerli von Sprüngli
schmecken immer gleich gut.
Nichts Neues in Zürich? Im einst
industriellen Nordwesten der Stadt
hat die zeitgenössische Kunst
Quartier bezogen, der alte Rotlicht-
bezirk wird zum Hipster-Viertel.
Und auf den Namen Giacometti
stößt man überraschend oft
1

1. TAG Heimplatz wird unser erster


Haltepunkt. Es ist das wichtigs-
»Unter sieben Brücken musst te Kunstmuseum der Stadt und
du fahren«, könnte man als beherbergt eine imposante
Motto – in Abwandlung eines Sammlung. Die meisten zieht es
berühmten deutschen Schlagers zu den dürren, langgliedrigen
– dem Zürichbesucher mit auf Figuren von Alberto Giacometti,
den Weg geben. Gemeint sind von denen es hier viele zu
damit die Brücken der Limmat. bewundern gibt. Bemerkens-
Wer eines der Ausflugsboote an wert ist aber auch die größte
den Kais hinter dem Bahnhof Munch-Sammlung außerhalb 3
nimmt und in Richtung Norwegens, wichtige Werke der
Zürichsee fährt, dem eröffnet Moderne von Picasso und Beck-
sich eine schöne Perspektive auf mann sowie Zeitgenössisches
die Stadt. Derjenige, der lieber von Rothko bis zu den Lokal-
zu Fuß unterwegs ist, kann matadoren Fischli/Weiss. Hinzu
2
natürlich auch den (autofreien) kommen sehenswerte Wechsel-
Limmatquai am rechten Ufer ausstellungen, aktuell etwa Joan
des Flusses entlang spazieren, Miró mit einem Fokus auf
um einen ersten Eindruck von »Mauer, Fries, Wandbild«.
4
der Stadt zu gewinnen. Das zen- Gleich um die Ecke stoßen
tral gelegene Kunsthaus am wir bei unserem Bummel auf
 das Großmünster, das Wahrzei-
chen von Zürich. Die von Karl
1 Mittelalter bis Gegenwart
vereint das Kunsthaus Zürich dem Großen gestiftete Kirche
war im 16. Jahrhundert ein Zen-
2 Hundert Jahre Dada stehen
vor der Tür: Doppelporträt von trum der Reformation unter
Johannes Baader und Raoul Zwingli. Sehenswert sind die
Hausmann, 1919 2009 eingesetzten Glasfenster
3 Ort der Schweizer Künstler: von Sigmar Polke, aber auch die
Das Helmhaus am Limmatufer Chorfenster von Augusto
4 Dunkles Holz, grünes Leder: Giacometti, Albertos Onkel.
Die legendäre Kronenhalle: Vorbei am Ende des 17. Jahrhun-
5 Der Erweiterungsbau des derts direkt über dem Wasser
Kunsthauses soll 2017 fertig sein errichteten Rathaus überqueren
Linke Seite: Die beiden Münster wir die Limmat und erreichen
als Wahrzeichen: Blick von der die Schipfe. Das idyllische
5
Limmat auf die Altstadt Handwerkerquartier erstreckt

59
Z Ü R IC H

Bilder: picture alliance/Lisa Hammel/Bildarchiv Monheim; Berrgdorf AG/VG Bild-Kunst, Bonn 2015; Courtesy the artist; Thies Wachter; Salon Theater Herzbaracke
2

»Nirgendwo sonst in Europa kann man


Gegenwartskunst in dieser Dichte bestaunen.«

1 4

sich unterhalb des Lindenhofs 2. TAG schweizerische Bankier Eduard


(mit toller Aussicht) und hat von der Heydt, der in den
sich viel von seinem mittelalter- Heute beginnen wir mit einer 1920er-Jahren begann, »primiti-
lichen Charme bewahrt. Von Reise um die Welt. Wir besu- ve Kunst« zu sammeln. Vor
hier ist es nicht weit zu Zürichs chen das Museum Rietberg, das allem die afrikanischen Plasti-
Shoppingmeile, der in der eine Ansammlung schöner Vil- ken und Masken, etwa aus Mali,
Adventszeit reich geschmückten len in einem herrlichen Park ist, 3 der Elfenbeinküste und Benin,
Bahnhofstrasse. Den Abend die seit 2007 durch einen gläser- sind von höchster Qualität. Ein
beschließen wir in der Kronen- nen, grünblauen Eingangspavil- Tipp für den Sommer: Kaufen
halle, wo es gutes Essen und edle lon (»Smaragd« genannt) ver- Sie im Museumscafé einen Pick-
Kunst (Miró, Picasso) an den bunden sind. Das Museum hat nickkorb, und machen Sie es
Wänden gibt. Die Marmorti- sich den außereuropäischen sich damit im Park gemütlich.

sche dort hat übrigens ein drit- Kulturen verschrieben. Einen Lässt das Wetter es zu, sollte
ter Giacometti entworfen, wichtigen Grundstock für die 1 Die Augustinergasse im man noch ein wenig auf der
mittelalterlichen Schipfe-Viertel
Albertos Bruder Diego. Kollektion legte der deutsch- Seepromenade spazieren, so
2 Ein architektonisches Juwel: wie es die Züricher um 1800 für
Centre de Corbusier in Seefeld
sich entdeckten. Sie ist noch
3 »Building modern bodies« heute ein beliebter Erholungs-
heisst eine aktuelle Ausstellung
raum, auf dem Musiker, Stra-
in der Kunsthalle; mit dabei Lea
Rasovszkys »Fresh Squeeze« ßenkünstler und Schmuckver-
käufer ihr Glück versuchen.
4 Das Löwenbräu Areal mit
dem Migros Museum, der Von der Terrasse am Bürkliplatz
Kunsthalle Zürich und Galerien hat man eine wunderbare Aus-
5 Die »Herzbaracke« legt im sicht auf das untere Becken des
Winter Anker am Bellevue Zürichsees.
6 Der Legende nach auf den Kulissenwechsel: Von der
Grabstätten der Stadtheiligen malerischen Altstadt geht es
erbaut; das Großmünster jetzt in den Nordwesten, in den
7 Viel Platz: Die Ausstellungs- industriell geprägten Kreis 5.
räume des Migros Museum Hier hat sich auf dem Gelände
5
für Gegenwartskunst einer umgebauten Brauerei,

60
3. TAG
Die wichtigsten Kunsthot­
spots haben wir jetzt schon
gesehen, aber Zürich und
Umgebung haben natürlich
GRÖSSERalsZ
ürich
:Se
ineMu
seen-
noch weit mehr zu bieten. vielfalt. G rösseralsZ ürich: Seine
Heute ist der Tag der M u seen vielfalt.G rösserA LSZ ürich:
musealen Kleinode. Begin­ SeineM useenvielfalt.G rösserals
nen wir mit dem Museum
Langmatt in Baden, das Zürich: SeineM useenvielfalt.
unter dem Dach einer G rö sseralsZ Ü R IC H :SeineM usee n-
prächtigen Fabrikantenvilla vielfalt.G rösseralsZ ürich: Seine
6 residiert. Dank des Ver­
mächtnisses des letzten
M useenvielfalt.G rösseralsZ ürich:
dem Löwenbräu-Areal, die Nachkommens der Brown- SeineM useenvielfalt. G rösserals
Gegenwartskunst angesie­ Sulzer-Dynastie kann sich Z ürich: S E IN EM useenvielfalt.
delt. Neben dem Migros nun die Öffentlichkeit an
Museum und der Kunst­ den zusammengetragenen
G rösseralsZ ürich:SeineM useen-
halle Zürich mit ihrem Familienschätzen erfreuen. vielfalt. G rösseralsZ ürich: Seine
exzellenten Ausstellungs­ Gemälde von Monet, M useen vielfalt.G rösseralsZ ürich:
programm finden sich hier Renoir, Cézanne treffen auf
auch renommierte Galerien nobles französisches Mobi­
SeineM useenvielfalt. G rösserals
wie Hauser & Wirth oder liar sowie ostasiatische und Zü rich:Se ineM U SE E N V IELF A LT.
Eva Presenhuber. Nirgend­ europäische Keramiken.
wo sonst in Europa kann Abgerundet wird das Ganze
Fü rseineG rösseb ietetZ üricheineM useenvielfalt,die
Bilder: Jan Schuler/fotolia; Lorenzo Pusterla

man zeitgenössische Kunst durch einen wunderbaren ihresgleichensu ch t. EntdeckenSied asb reiteSpekt-
einer solchen Dichte be­ Garten, in dem die ausge­ rum der5 4Zü rcherM useen :ww w .museen-zuerich.ch
staunen. Für einen Imbiss stellten Impressionisten
zwischendurch empfiehlt sicher so manches Motiv
sich die Markthalle in den gefunden hätten.
Viaduktbögen. Wem der Sinn mehr
In unmittelbarer Nach­
barschaft hat noch eine
nach Moderne steht, der
sollte sich das Centre de
21.11.2015–07.02.2016:
andere Kunstgattung Quar­ Corbusier/Museum Heidi They Printed It!,
tier bezogen: Das Schau­
spielhaus Zürich betreibt in
Weber im Zürcher Seefeld
nicht entgehen lassen. Das Gabriel Sierra,
der Schiffbauhalle drei
Theaterbühnen. Und kuli­
farbenfrohe, filigrane Haus
ist der letzte Entwurf, den
Building Modern
narisch bekommen die der berühmte Schweizer Bodies. The Art of
Besucher auch etwas gebo­
ten. Das in Form eines Glas­
Architekt in den 1960er-Jah­
ren verwirklicht hat, und er Bodybuilding
kubus in die Halle gebaute passt so gar nicht zu dem
Restaurant LaSalle besticht von ihm postulierten Diktat
durch sein industrielles des rechten Winkels. Leider
Ambiente und seine vorwie­ ist das von der Mäzenin
gend französischen und ita­ Heidi Weber gestiftete Haus
lienischen Gerichte. nur im Sommer zugänglich.

Kunsthalle kunsthalle
7
Zürich zurich.ch
Z Ü R IC H

Für alle, die noch mehr Schwei- 2004 wiedereröffnete Cabaret


zer Künstler als Pipilotti Rist Voltaire. Hier wurde 1916 von
kennenlernen wollen, ist das Hugo Ball die Dada-Bewegung
Helmhaus eine gute Adresse. Im aus der Taufe gehoben. Nun
Stadtzentrum gelegen, bietet rüstet sich die Bar und Klein-
es neben abwechslungsreichen kunstbühne für das hundertjäh-
Ausstellungen auch immer rige Dada-Jubiläum im kom-
wieder interessante Lesungen menden Jahr, das in der Stadt
und Gesprächsabende. mit vielen Veranstaltungen
Ganz in der Nähe, in der begangen wird. (Gute Übersicht
Spiegelgasse, stößt man auf das verschafft die Website
dada100zuerich2016.ch). Wer
sich selbst auf das schwankende
Terrain zwischen Kunst und
2
Irrsinn begeben will, dem offe-
riert die Absinth-Karte
ungeahnte Möglichkeiten. Sogar Robbie Williams soll hier

Bilder: Kunsthalle Zürich; Reto Gehrig; Karte: 123map, Daten: OpenStreetMap, Lizenz ODbL; Grafik: Peggy Seelenmeyer
Zum Schluss noch zwei schon gesichtet worden sein.
Insidertipps für einen amüsan- Und wer das alte Rotlichtviertel
ten Abend: Die Herzbaracke ist im Kreis 4 erkunden möchte,
ein schwimmender Salon (auf  das durch eine wachsende Zahl
einem blau gestrichenen Schiff), 1 »They printed it« thematisiert hipper Läden, Restaurants
der jeweils Anfang November die Selbtvermarktung von und Bars immer attraktiver
am Bellevue anlegt und seine Künstlern, bis 7. Februar 2016 in wird, für den ist die Bar Rossi
Gäste mit Musik, Kabarett, der Kunsthalle zu sehen mit ihren wechselnden Aus­
Zauberei, Tanz und einem köst- 2 Für Nachtschwärmer: Bar stellungen und DJ-Sets ein per-
1
lichen Abendessen verwöhnt. Plaza im früheren Rotlichtviertel fekter Ausgangspunkt.

Zürich auf einen Blick


Ob luxuriös oder ein- als 100 Jahre später
fach, in der Altstadt wird es explizit als Her-
oder am See – unter berge bezeichnet.
den rund 250 Hotels in Somit vermutlich das
Zürich findet sich für älteste Hotel Zürichs.
jeden Geldbeutel die Storchengasse 16
passende Unterkunft. 2
1
3 Limmatblick

1 Baur au Lac Nomen est omen. Doch

Die Topadresse für den neben dem Blick über-
Zürichgast in der Nähe rascht das Hotel mit
des Bürkli-Platzes. His- dadaistisch inspirierten
torische Patina (1844 Kleinigkeiten und Zim-
geründet, 2014 umfas- mernamen.
send renoviert), Gour- Limmatquai 136
met-Küche und Gast 4 7
lichkeit auf höchstem 4 Greulich

Niveau, was die FIFA- Kleines Boutique-Hotel
3
Bosse als Stammgäste mit modernem Design,
zu schätzen wussten. von dort ist man schnell
10
Talstraße 1 im Löwenbräu Areal 8
H. Greulich-Str. 56 1 Schiffbauhalle
2 Storchen 2 Löwenbräu Areal 2 3 5
  9
Traditionsreiches Haus 5 The Dolder Grand 3 Kunsthaus

direkt am Limmatufer, Etwas außerhalb gele- 4 Museum Rietberg 1 6
ideal zum Erkunden der gen, oberhalb der Stadt 5 Opernhaus
5
Altstadt. 1357 wurde in grüner Lage, besticht 6 Kronenhalle
das «Hus zum Stor- das Haus durch exzel- 7 Hauptbahnhof
chen» in den Steuerbü- lenten Komfort und ein 8 Cabaret Voltaire
chern der Stadt Zürich riesiges Spa- und Well- 9 Helmhaus
zum ersten Mal er- nessangebot 10 Bahnhofstrasse 4
wähnt und etwas mehr Kurhausstraße 65

62
Anzeige
GALLERY GUIDE

Théodore Strawinsky: Ernst Ludwig Kirchner:


Petruschka: Ballerina Das „Bildhaueratelier“
(Kostümstudie), 1944, neben dem Wildboden-
Tuschfeder und Gouache haus (Davos), 1924

Strawinsky in Appenzell E. L. Kirchners fotografisches Werk


Das Kunstmuseum Appenzell zeigt erstmals in der Deutschschweiz Ernst Ludwig Kirchner war wie viele seiner Zeitgenossen von den
die Werke des Westschweizer Künstlers Théodore Strawinsky Möglichkeiten der Fotografie fasziniert und nutzte diese in viel-
(1907–1989), des ältesten Sohns des Komponisten Igor Strawins­ky. fältiger Weise. Das Kirchner Museum Davos verfügt über einen
Anhand einer Auswahl von 120 Stillleben, Porträts, Landschaften, umfangreichen Bestand an Glas- und Zellulose-Negativen aus der
Zeichnungen und Bühnenentwürfen aus den Jahren 1920 bis Zeit von 1908 bis 1939. Erstmals werden in einer Ausstellung rund
1960 wird das Œuvre des neusachlichen Malers vorgestellt: ein 300 fotografische Werke präsentiert: von Akten und Ateliersze-
Werk, das still und poetisch, subtil und mythisch ist. nen über Porträts bis hin zu Landschaften und Sachfotografien.

Théodore Strawinsky: Lied der Stille, Der Künstler als Fotograf,


5. November 2015 bis 27. März 2016 22. November 2015 bis 1. Mai 2016
Kunstmuseum Appenzell Kirchner Museum Davos
Unterrainstraße 5, CH-9050 Appenzell Promenade 82, CH-7270 Davos
www.h-gebertka.ch www.kirchnermuseum.ch

Kennerschaft & Tradition seit 1864


Die Galerie Kornfeld ist eines der bedeutendsten
Auktionshäuser im Bereich der bildenden
Kunst und kann auf eine über 150-jährige Geschichte
zurückblicken. Aufgrund unserer langjährigen
Tätigkeit auf dem Gebiet der Grafik und Hand-
zeichnungen alter Meister und der Kunst des
19. bis 21. Jahrhunderts sind wir eingebunden in
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Haute-Couture-Roben sind die edlen Solitäre in der Masse der Vintage-Mode. Und das
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