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Es war das erste Mal, dass Vucic auf Krisenmanagement umschalten musste.

Mit dem
sicheren Gespür für ein Thema, das den Wahlkampf gefährden könnte, zog er die
Genehmigungsgesetze für Rio Tinto zurück. Das öffentliche Interesse an dem Aufreger-
Thema ließ schlagartig nach.
"Das Regime hat alles in der Hand"
Ohne die Gleichschaltung der meisten Medien und der fast grenzenlosen Finanzmittel der
Regierungspartei wäre so eine politische Dominanz nicht möglich gewesen, schreibt die
unabhängige Wochenzeitung Vreme. Jüngst enthüllten investigative Journalisten, dass die
Fortschrittspartei zwischen 2015 und 2021 rund 23 Millionen Euro allein für Wahlkampf
ausgab - dreimal mehr als alle Oppositionsparteien zusammen. "Das Regime hat so alles in
der Hand und kann mit den politischen Gegnern Katz und Maus spielen", kommentierte
Vreme.

Übermächtige Medienpräsenz: Serbiens Staatschef Aleksandar Vucic bei einer Corona-Impfung am


6.04.2021
Nachdem die Opposition die vorherige Parlamentswahl im Jahr 2020 wegen unfairer
Bedingungen weitgehend boykottiert hatte, werden es einige Bündnisse nun dennoch ins
Parlament schaffen. Die Koalition Vereint für den Sieg Serbiens (US), bestehend aus einem
breiten Spektrum von demokratischen Parteien links und rechts der Mitte, könnte zwischen
15 und 20 Prozent der Stimmen holen. Sogar noch etwas besser könnte ihr
Präsidentschaftskandidat Zdravko Ponos abschneiden, der ehemalige Chef des Generalstabs
der Armee. Auch das neue links-grüne Bündnis Moramo (Wir müssen) könnte den Sprung
über die Drei-Prozent-Hürde ins Parlament schaffen. Bis vor Kurzem noch unvorstellbar in
Serbien, bekamen die Umweltparteien durch den Kampf gegen das Lithium-Bergwerk
Aufwind.
Nationalismus als Zusatz
Weitaus schwerer tut sich die rechte und nationalistische Szene, die mit fünf
Präsidentschaftskandidaten und fünf Listen antritt. Zwar sind viele Wähler für patriotische
und nationalistische Parolen empfänglich. Über 80 Prozent der Bürger im Land lehnen
einen NATO-Beitritt ab, rund zwei Drittel betrachten Russland als wichtigsten Partner.
Dennoch haben Rechte und Nationalisten keine wirklich guten Chancen, ins Parlament
einzuziehen.

Wahlplakat des serbischen Ultranationalisten und verurteilten Kriegsverbrechers Vojislav Seselj von der
Serbischen Radikalen Partei (SRS)
Der Politologe Bursac hat eine Erklärung dafür. Themen wie die Kosovo-Frage
interessierten die Menschen mittlerweile weniger als soziale und wirtschaftliche Themen.
Nationalismus sei heute keine Grundlage für Populismus, sondern lediglich ein Zusatz.
Massive Neuverschuldung
"Vucics Hauptwähler sind seit 2012 die Verlierer der Wirtschaftskrise - Rentner,
Hausfrauen und Arbeiter mit niedrigem oder mittlerem Einkommen. Im Wahlkampf
verspricht der Präsident neue Fabriken, Autobahnen und Krankenhäuser. Die Botschaft ist
klar: Es gibt Hoffnung für Serbien und jeden Einzelnen", sagt Bursac der DW.
Manche Beobachter warnen, dass die Regierung auf die aktuelle Krise nur mit massiver
Neuverschuldung reagieren könne. Nach den Wahlen drohten die Preise für Lebensmittel
und Energie noch deutlicher zu steigen. Analysten sind zudem davon überzeugt, dass der
Druck aus Brüssel immens werden wird, sich endlich an den Sanktionen gegen Russland zu
beteiligen.
Mitarbeit: Radmilo Markovic

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