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DÄMONISCHE BESESSENHEIT

DEMONIC POSSESSION
HEXENFORSCHUNG

Herausgegeben von
Dieter R. Bauer, Wolfgang Behringer, Heide Dienst,
Iris Gareis, Sönke Lorenz, H.C. Erik Midelfort,
Jürgen Michael Schmidt und Wolfgang Schild

in Zusammenarbeit mit dem


Institut für Geschichtliche Landeskunde und
Historische Hilfswissenschaften
der Universität Tübingen

Band 9
DÄMONISCHE BESESSENHEIT

Zur Interpretation eines kulturhistorischen Phänomens

DEMONIC POSSESSION

Interpretations of a Historico-Cultural Phenomenon

Herausgegeben von

Hans de Waardt, Jürgen Michael Schmidt


H.C. Erik Midelfort, Sönke Lorenz
und Dieter R. Bauer

Verlag für Regionalgeschichte


Bielefeld 2005
Die Drucklegung des Bandes wurde gefördert durch:

Vereinigung der Freunde der Universität Tübingen e.V.


(Universitätsbund)

Verein der Freunde und Förderer des Instituts für Geschichtliche


Landeskunde und Historische Hilfswissenschaften
an der Universität Tübingen e.V.

Titelbild: »Besessene«, Ausschnitt aus dem Heilig-Blut-Fresko von Cosmas Damian Asam
(1686–1739) im westlichen Mittelschiff der Basilika Weingarten/Oberschwaben
Foto: Ernst Fesseler, Bad-Waldsee

Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek


Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie;
detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.

© Verlag für Regionalgeschichte


Alle Rechte vorbehalten
ISSN 0948-7131
ISBN 3-89534-489-3

Redaktion: Stefan Kötz, Tübingen


Einband: Martina Billerbeck, Bielefeld
Satz: Jürgen Michael Schmidt, Tübingen
Druck und Bindung: AZ Druck, Kempten
Gedruckt auf alterungsbeständigem Papier nach ISO 9706
Printed in Germany
Inhalt

Vorwort ...................................................................................................................... 7

Hans de Waardt
Dämonische Besessenheit: Eine Einführung ...................................................... 9
Demonic Possession: An Introductory Note.................................................... 20

BESESSENHEIT, KRANKHEIT UND BETRUG:


ASPEKTE DES ABENDLÄNDISCHEN DISKURSES BIS ZUM BEGINN DER MODERNE
Johannes Dillinger
Beelzebulstreitigkeiten: Besessenheit in der Bibel ........................................... 37
Rainer Jehl
Melancholie und Besessenheit im gelehrten Diskurs des Mittelalters.............. 63
H.C. Erik Midelfort
Natur und Besessenheit: Natürliche Erklärungen für Besessenheit
von der Melancholie bis zum Magnetismus ..................................................... 73
Renate S. Klinnert
Von Besessenen, Melancholikern und Betrügern: Johann Weyers
De Praestigiis Daemonum und die Unterscheidung der Geister ...................... 89
Albrecht Burkardt
Besessenheit, Melancholie und mal de mère in Wunderberichten
französischer Heiligsprechungsprozesse des frühen 17. Jahrhunderts............ 107
Joyce Miller
»Towing the Loon«: Diagnosis and Use of Shock Treatment
for Mental Illness in Early-Modern Scotland ................................................. 127

BESESSENHEIT IN KUNST UND MEDIEN


Jan Frans van Dijkhuizen
Theatricality, Inwardness and the Demonic in Ben Jonson ............................ 145
Ursula-Maria Krah
»Vom boesen Feindt / dem Teuffel / eingenommen …«:
Das Motiv der Besessenheit in Flugschriften der Frühen Neuzeit.................. 163
DIE »GOLDENE ZEIT DER BESESSENHEIT«: FALLSTUDIEN
Alison Weber
The Inquisitor, the Flesh, and the Devil:
Alumbradismo and Demon Possession........................................................... 177

Jürgen Beyer
Besessenheit und Bußpredigt: Der Fall Hans Vater (1559–1562) .................. 193
David Lederer
»Exorzieren ohne Lizenz …«: Befugnis, Skepsis und Glauben
im frühneuzeitlichen Bayern........................................................................... 213
Trevor Johnson
Besessenheit, Heiligkeit und Jesuitenspiritualität:
Der Straubinger Exorzismus von 1664........................................................... 233
Marc Wingens
Political Change and Demon Possession in the South of the Dutch Republic:
The Confrontation of a Protestant Bailiff and a Catholic Priest in 1650 ........ 249

BESESSENHEIT IM 19. UND 20. JAHRHUNDERT


María Tausiet
The Possessed of Tosos (1812–1814): Witchcraft and Popular Justice
During the Spanish Revolution....................................................................... 263
Sarah Ferber / Adrian Howe
The Man who Mistook his Wife for a Devil: Exorcism, Expertise and
Secularisation in a Late Twentieth-Century Australian Criminal Court......... 281
Samuel Pfeifer
Psychopathologie und Kausalattribution:
Besessenheit als Metapher für psychisches Leiden ........................................ 293

INTERKULTURELLE FRAGESTELLUNGEN: BESESSENHEIT UND SCHAMANISMUS


Rune Hagen
Traces of Shamanism in the Witch Trials of Norway:
The 1692 Trial of the Sami Shaman Anders Poulsen ..................................... 307
Hoo Nam Seelmann
Besessenheit im koreanischen Schamanismus und ihr kultureller Kontext.... 327

Orts- und Personenindex ........................................................................................ 341


Vorwort

Der Glaube, daß Dämonen von einem Menschen Besitz ergreifen können, war und
ist in sehr vielen Kulturen verbreitet. In der europäischen Geschichte gelten die spät-
mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Jahrhunderte, insbesondere das 16. und 17.
Jahrhundert, als die »Goldene Zeit«1 der Besessenheit, mit einer geradezu epidemi-
schen Vielzahl spektakulärer Fälle. Aber noch bis heute findet sich der Glaube an
diese Möglichkeit auch bei uns, etwa ganz offiziell in der katholischen Kirche, die
erst jüngst einen neuen Exorzismus herausgebracht hat.
Sucht man indes nach seriösen wissenschaftlichen Publikationen, die sich diesem
Thema zu nähern versuchen, findet man nur eine begrenzte Anzahl, insbesondere in
Deutschland. Ungeachtet der zeitweise großen Bedeutung des Phänomens ›Beses-
senheit‹ in der Geschichte war das Interesse der Historiker daran bis vor kurzem
doch eher bescheiden. Es wurde überhaupt erst geweckt, seit die Forschung zur gro-
ßen abendländischen Hexenverfolgung über die Strafverfahren hinaus einen neuen
Untersuchungsschwerpunkt gefunden hat: das magische Weltbild in Mittelalter und
Früher Neuzeit. Zu diesem gehörte auch die Besessenheit als integraler Bestandteil.
Und so ist es kein Zufall, daß die große Zeit der Hexenverfolgungen zugleich die
große Zeit der Besessenen und Exorzisten war. Eine intensive Beschäftigung mit
dieser Seite einer magischen Welt erscheint also mehr denn je geboten. Vor dem Hin-
tergrund der medizingeschichtlichen Entwicklung kommt dabei kulturhistorischen
bzw. historisch-anthropologischen Ansätzen eine besondere Bedeutung zu. Frucht-
bar ist außerdem die komparative Betrachtung, die nach Besessenheit zu anderen Zei-
ten und in anderen Kulturen fragt.
Auch beim vorliegenden Band kam der Anstoß aus dem Bereich der ›Hexenfor-
schung‹. Nachdem die Idee im Arbeitskreis Interdisziplinäre Hexenforschung (AKIH)
geboren war, konnten wir 1999 an der Akademie der Diözese Rottenburg-Stuttgart
eine Tagung zum Thema ›Besessenheit‹ verwirklichen, zu der Vertreter der Ge-
schichtswissenschaft, der historischen Anthropologie, der Theologie, der Ethnologie
und der Psychiatrie aus dem In- und Ausland zusammengekommen sind. Das war
der Ausgangspunkt für das vorliegende Buch. In den vergangenen Jahren konnten
die Vorträge weiter ausgearbeitet und zur Publikationsreife gebracht werden. Wir
danken allen Autoren für die großartige Zusammenarbeit und für die Geduld, die sie
gezeigt haben: Aufgrund finanzieller Engpässe verzögerte sich die Publikation schließ-
lich um mehr als zwei Jahre.

1
Edward W. MONTER, Witchcraft in France and Switzerland. The Borderlands during the Re-
formation, London 1976, S. 60.
8 Vorwort

Trotz des von der Geschichte vorgegebenen Schwerpunkts auf der europäischen
Frühen Neuzeit reicht das Spektrum nun von den Anfängen unserer Kultur bis ins
20. Jahrhundert, von der Bibel bis zu Erklärungsansätzen der modernen medizini-
schen Psychiatrie. Im interkulturellen Vergleich werden über Europa hinaus Korea
und Australien exemplarisch miteinbezogen. Wir hoffen, daß damit ein innovatives
Buch entstanden ist, das der Forschung in einem bisher wenig beachteten Bereich ei-
nige Impulse geben wird. Daß darüber hinaus noch vieles auf diesem Gebiet zu tun
ist, kann keine Frage sein.
Der vorliegende Band wurde am Institut für Geschichtliche Landeskunde und Hi-
storische Hilfswissenschaften der Universität Tübingen erstellt. Auf die Drucklegung
der englischen Texte hat Erik Midelfort ein wachsames Auge geworfen. Die Redak-
tion des Bandes lag bei Stefan Kötz, dem unser Dank für sein großes Engagement
gilt, ebenso wie den übrigen Mitarbeitern des Instituts, die ihn dabei unterstützt ha-
ben. Insbesondere Wencke Meteling, Christine Krüger, Tanja Granzow und Kathrin
Mutterer sind hier zu nennen. Die Zusammenarbeit mit dem Verlag für Regionalge-
schichte war – wie immer – hervorragend.
Die Drucklegung schließlich wäre ohne die großzügige Unterstützung der Vereini-
gung der Freunde der Universität Tübingen (Unibund) und des Vereins der Freunde
und Förderer des Instituts für Geschichtliche Landeskunde und Historische Hilfswis-
senschaften an der Universität Tübingen e.V. nicht möglich gewesen. Wir danken
sehr für diese Förderung.

Die Herausgeber
HANS DE WAARDT

Dämonische Besessenheit
Eine Einführung

»Ich bin’s nit, ich bin’s nit!« soll Martin Luther – damals noch ein Augustinermönch
im Kloster zu Erfurt – gerufen haben, als man eines Tages die Bibelstelle vorlas, in
der Jesus gebeten wird, bei einem besessenen Kind den bösen Geist auszutreiben1.
Als der junge Kleriker diese Bibelverse hörte, erlitt er einen Anfall, fiel zu Boden
und brüllte mit fast unmenschlicher Stimme die eben zitierten Worte. Glaubt man
drei zeitgenössischen Chronisten, dann war Luther in diesem Moment von einem Dä-
mon besessen. Erik Erikson, dessen bekannte psychoanalytische Biographie Der junge
Mann Luther genau damit beginnt, sieht den Vorfall als einen Schlüssel zum Ver-
ständnis der persönlichen Entwicklung des Reformators, auch wenn er zugibt, daß die
historische Grundlage der Geschichte eher fragwürdig erscheint. Weder ist bekannt,
ob Luther diesen Ausspruch in Lateinisch oder Deutsch tat, noch weiß man, wann ge-
nau sich der Vorfall ereignete. Ja, es kann nicht einmal ausgeschlossen werden, daß
es sich bei der gesamten Geschichte um eine Erfindung handelt. Aber unbestreitbar
ist die Tatsache, daß sowohl Luthers Gegner als auch seine Anhänger die Geschichte
verwendeten, um ihre jeweiligen Positionen zu Luther zu untermauern. Katholische
Autoren nahmen den Vorfall als Beleg dafür, daß dieser Ketzer schon immer unter
dem Befehl des Teufels gestanden habe. Die Protestanten hingegen waren davon
überzeugt, daß der Vorfall ein Beispiel für die aus ›Gottes Gnade fließenden Prüfun-
gen‹ war, mit denen der zukünftige Reformator auf die Probe gestellt werden sollte.

Die Symptome und ihre kulturelle Verortung

Diese Geschichte ist in vielerlei Hinsicht ein typisches Beispiel für die Schwierig-
keiten, mit denen ein Forscher konfrontiert wird, der sich mit dämonischer Beses-
senheit beschäftigt2. Undeutlichkeit und Undifferenziertheit sind Hauptmerkmale
vieler Berichte, die sich mit diesem Phänomen befassen. Das Neue Testament etwa
berichtet von vielen Begebenheiten, in denen Jesus besessene Menschen von Dämo-
nen befreite. In Johannes Dillingers Beitrag in diesem Band wird jedoch klar, daß
uns diese Berichte kein klares Diagnosemodell liefern3. Auch Angaben späterer Zei-
ten erweisen sich als nicht viel eindeutiger. In ihrem Werk La folie au Moyen Age
legt Muriel Lahaire für das Mittelalter eine lange Liste von möglichen, oftmals sich
10 Hans de Waardt

widersprechenden Symptomen dämonischer Besessenheit vor4. Ein Dämon konnte


sein Opfer in Form eines Alptraumes im Schlaf heimsuchen, aber auch, wenn es
vollkommen wach war. Viele Besessene stießen kontinuierlich Schreie und wilde Flü-
che aus, andere blieben schweigsam oder konnten überhaupt nicht mehr sprechen.
Eine beachtliche Zahl der Opfer dämonischer Übergriffe krümmte ihre Körper in un-
nachahmlicher Art und Weise, während andere komplett bewegungslos verharrten.
Bei der Mehrzahl der Besessenen handelte es sich um Frauen, aber es gab auch eine
erhebliche Anzahl an besessenen Männern. Sowohl Mitglieder des Klerus als auch
Laien konnten von bösen Geistern heimgesucht werden. Letztendlich konnten in je-
der sozialen Schicht und in jeder Altersgruppe Besessene nachgewiesen werden.
Auch gab es kaum Übereinstimmungen in den Ritualen, die verwendet wurden,
um Dämonen auszutreiben. Erst im 15. Jahrhundert begannen die höherrangigen Ver-
treter der Kirche, ihre Kontrolle über den Gebrauch jener sakramentalen Rituale aus-
zuweiten5. Dies führte zur Verkündigung des Rituale Romanum 1614 durch Papst
Paul V., eines Leitfadens, der dazu gedacht war, diesen Bereich der Aktivitäten der
Kirche zu regulieren. In seinem letzten Kapitel legte das Rituale Romanum fest, daß
katholische Geistliche, bevor sie einen Exorzismus beginnen durften, erst herausfin-
den mußten, ob ein Patient wirklich besessen war oder möglicherweise an schwarzer
Galle oder einer anderen natürlichen Krankheit litt6. Danach wurden verschiedene
Symptome dämonischer Besessenheit aufgezählt. Befallene Menschen beherrschten
›unbekannte Sprachen‹, wußten von verborgenen oder weitentfernten Dingen und
zeigten physische Stärke, die nicht ihrem Alter oder ihrer körperlichen Erscheinung
entsprach. Das Rituale Romanum hob hervor, daß es noch viele weitere Zeichen
gäbe, unterließ es aber bedauerlicherweise, die Einzelheiten dazu auszuführen. Fer-
ner betonte es, daß Dämonen oftmals nur scheinbar einen menschlichen Körper ver-
ließen. Oder die Dämonen täuschten die Beobachter dadurch, daß sie die Annahme
stärkten, der Heimgesuchte leide an einer natürlichen Krankheit. Sie konnten ihr Op-
fer während der Behandlung einschlafen lassen und dann den Eindruck vermitteln,
die Gesundheit wäre wiederhergestellt worden. Daher konnte theoretisch auch eine
Person, die sich absolut normal verhielt, besessen sein. Es ist bemerkenswert, daß
diese unklaren Konturen selbst in der überarbeiteten Ausgabe der Rituale Romanum,
die unlängst vom Vatikan veröffentlicht wurde, noch vorhanden sind7. So war es kei-
ne Frage, daß es sich oftmals als schwierig erweisen mußte zu entscheiden, ob die
Probleme eines Patienten von einem Dämon verursacht worden waren oder von wid-
rigen körperlichen Umständen herrührten.
In ihren Beiträgen zu diesem Band thematisieren Rainer Jehl, Erik Midelfort und
Renate Klinnert die medizinische Untersuchung von Körpersäften im Mittelalter und
in der Frühen Neuzeit (Humoralpathologie). Ein Übermaß an schwarzer Galle wurde
als Ursache für schwere Melancholie angenommen. Unter dem Einfluß dieses physi-
schen Leidens, so die Meinung, würde der Leidende dann seinen Geist diabolischen
Täuschungen öffnen und letztendlich in tiefer Hoffnungslosigkeit versinken. Darauf
weist das Rituale Romanum hin, wenn es die Notwendigkeit unterstreicht, einen oder
mehrere Ärzte zu konsultieren, bevor ein Exorzismus beginnen dürfe. Obwohl diese
Dämonische Besessenheit 11

Vorsichtsmaßnahme auch in vielen Handbüchern für Exorzisten verfochten wurde8,


konnte sie aber eben nicht die vielen Unsicherheiten in der Diagnose beseitigen, wie
sich bei Erik Midelfort und David Lederer in ihren Analysen der Exorzismus-Hand-
bücher zeigt. Doch nicht nur gegen Krankheiten fiel die Abgrenzung schwer: Im Jahr
1594 schrieb der Jesuit Petrus Thyraeus in seinem Handbuch, daß es sich manchmal
als schwierig erweise zu entscheiden, ob eine Person besessen oder eine Hexe sei9.
Im 16. und 17. Jahrhundert war der Teufelspakt eines der schrecklichsten Elemente
des Hexereiverbrechens, er konnte aber auch als Zeichen von diabolischer Besessen-
heit interpretiert werden. Beispiele hierfür werden sowohl von Trevor Johnson als
auch von David Lederer angeführt. Und neben den Hexen gab es noch weitere Grup-
pen, deren Taten und Verhalten viel mit denjenigen Menschen gemeinsam hatten,
die von Dämonen besessen waren: Aufstrebende Mystiker oder angehende Heilige
wären hier zu nennen10. Eine Karriere als visionärer Mystiker barg stets das Risiko,
des Kontaktes mit dem Teufel angeklagt zu werden. Ekstatische Erlebnisse konnten
als Zeichen von dämonischer Besessenheit gedeutet werden, was hier von Alison
Weber gezeigt wird. Ebenso konnte die Verehrung sogenannter ›lebender Heiliger‹
ganz plötzlich in Ablehnung umschlagen, wenn die übernatürlichen Kräfte nicht län-
ger auf heilige, sondern dämonische Ursprünge zurückgeführt wurden11. Die Trennli-
nie zwischen göttlicher Prophezeiung und dämonischer Inspiration wurde mit ähnli-
cher Leichtigkeit verwischt12.
Dennoch wäre es übertrieben zu behaupten, daß fast jede Art von Verhalten als
Zeichen dämonischer Besessenheit gedeutet werden konnte. Die Reichweite von
Handlungen, die solch maßgebende Texte wie das Rituale Romanum als relevante
Symptome ansahen, war in der Tat sehr groß, und viele andere Phänomene könnten
der Liste hinzugefügt werden, beispielsweise unglaubliche körperliche Verrenkun-
gen und andere sonderbare Anfälle, das Erbrechen von ungewöhnlichen Dingen wie
Stecknadeln, Nadeln oder Stoffstücken, die Abscheu vor dem Wort der Bibel und –
in einem katholischen Kontext – die Abscheu vor der Hostie, dem Weihwasser, den
Reliquien und anderen geweihten Gegenständen. Es gibt jedoch ein Element, das al-
le diese Symptome gemeinsam zu haben scheinen: Es scheint, als würden nur jene
Handlungen als Zeichen dämonischer Besessenheit interpretiert, die die Grenzen der
physischen, mentalen oder soziokulturellen Kapazität einer bestimmten Person über-
schreiten13. Wo die Grenzen angesetzt werden, hängt vom jeweiligen Individuum ab,
was ein Grund dafür ist, daß eine breite Auswahl an möglichen Diagnosen individu-
ell geprüft werden mußte, bevor ein endgültiges Urteil getroffen werden konnte.
Ein besonders berüchtigter französischer Besessenheitsfall ist ohne Zweifel das
Drama, das sich im Ursulinenkonvent von Loudun in den 1630er Jahren ereignete.
Das erste Opfer dieses großräumigen dämonischen Angriffs wurde Jeanne des Anges,
die Vorsteherin des Frauenklosters. Als Kind hatte sie immer wieder die Autobiogra-
phie der Mystikerin Teresa von Ávila gelesen14. Jeanne versuchte eindeutig, diese
Vorgängerin nachzuahmen, aber anders als ihre spanische Heldin wurde sie nicht als
lebende Heilige anerkannt, obwohl es ihr später gelang, ein gewisses Ansehen als
stigmatisierte Mystikerin zu erlangen. Stattdessen wurde festgestellt, daß sie beses-
12 Hans de Waardt

sen sei. Nur der Jesuit Jean-Joseph Surin konnte die Dämonen, die sie heimsuchten,
austreiben. Es waren insgesamt sieben, genauso viele wie von Maria Magdalena Be-
sitz ergriffen hatten.
Das Konzept der dämonischen Besessenheit war offensichtlich in hohem Maße
bedingt durch die dichotome jüdisch-christliche Idee des Universums, in dem Gott, ob-
wohl allmächtig und allwissend, es zuließ, sich immer wieder durch Satan und des-
sen dämonische Diener besiegen zu lassen. Menschen, die glauben, daß sowohl die
Vertreter Gottes als auch die des Teufels die Grenzen zwischen dem Bereich der Na-
tur und dem Übernatürlichen leicht überschreiten können, werden ein häufiges Vor-
kommen von beidem, sowohl von himmlischer Eingebung als auch von dämonischer
Besessenheit, erwarten. Das dichotome Konzept des Universums unterscheidet die
jüdisch-christliche Kosmologie von vielen anderen Kulturen. Diese Art von dämoni-
scher Besessenheit, die im vorliegenden Band hauptsächlich diskutiert wird, ist aus
diesem Grund in den Sprachen vieler asiatischer Kulturen kaum oder überhaupt
nicht erklärbar, wie sich bei Hoo Nam Seelmann zeigt15. Das Übersetzungsproblem ist
ein erhebliches Hindernis in den Beziehungen zwischen denjenigen Kulturen, in denen
das westliche Konzept der dämonischen Besessenheit vorherrschend ist, und denjeni-
gen, in denen der Schamanismus dominiert, wie in Korea. Der sich daraus ergebende
Mangel an gegenseitigem Verständnis kann bis zu Gewalttätigkeit und Totschlag
führen, wie Rune Hagen in seiner Analyse eines Prozesses im 17. Jahrhundert zeigt, in
dem ein Sami-Schamane durch ein dänisch-norwegisches Gericht verurteilt wurde16.

Magischer Diskurs und unterschiedliche Interessen

Wenn sie die Ursache eines Leidens herausfinden wollten, fragten sich der Betroffe-
ne oder seine Freunde und Verwandten zunächst, ob es natürlichen oder übernatürli-
chen Ursprungs war. Im ersten Fall baten sie einen Allgemeinarzt oder Chirurgen
um Hilfe und Unterstützung. Falls sie aber annahmen, daß die Ursache des Leidens
in übernatürlichen Vorgängen zu finden war, suchten sie nach jemandem, der sich
darauf spezialisiert hatte, Geister zu vertreiben oder Flüche aufzuheben. Wurde an-
genommen, daß Hexerei oder ein Dämon im Spiel waren, so ergaben die verwendete
Sprache und die Rollen, die von den Diskussionsteilnehmern angenommen wurden,
letztendlich ein Schema, das sich als ›magischer Diskurs‹ bezeichnen läßt17. Die In-
teressen, die die an diesem Diskurs beteiligten Parteien jeweils vertraten, hatten gro-
ßen Einfluß auf das Ergebnis.
Große Teile unserer Informationen über dämonische Besessenheit stammen aus
Berichten über Teufelsaustreibungen, von denen eine Mehrzahl von Exorzisten oder
deren Gegnern verfaßt wurde. Andere Informationen finden sich in Pamphleten oder
Flugblättern, einem Quellentyp, in dem das Phantastische und Spektakuläre norma-
lerweise noch stärker betont wird. Letztere Quellengattung wird im vorliegenden Band
von Ursula-Maria Krah analysiert18. Der besondere Charakter der einschlägigen Quel-
len erklärt, warum sich die Geschichte der europäischen Besessenheit größtenteils
Dämonische Besessenheit 13

mit jener der Teufelsaustreibung bzw. Befreiung von Dämonen deckt. Dieser Band
befaßt sich nur mit Teufelsaustreibungen, die dazu gedacht waren, Menschen zu be-
freien. Teufelsaustreibungen, die Teil des Taufrituals waren, die dazu gedacht waren,
wiederkehrende Geister zu vertreiben, die unliebsames Ungeziefer beseitigen sollten
oder die verwendet wurden, um den Willen von Hexen während eines Verhörs zu bre-
chen, werden hier nicht berücksichtigt19. Auch die dämonische Inbesitznahme von Tie-
ren und Objekten wird nicht diskutiert. Es sollte jedoch beachtet werden, daß solche
Formen dämonischer Angriffe sehr oft als wirkliche Bedrohung angesehen wurden.
Daß katholische Kleriker immer eine herausragende Rolle bei der Teufelsaustrei-
bung spielten, ist offensichtlich. Peter Brown, ein Spezialist auf dem Gebiet der Kir-
chengeschichte der Spätantike und des Frühmittelalters, hat die Tatsache, daß es die
frühchristlichen Missionare als ihre besondere Pflicht ansahen, Dämonen auszutrei-
ben, noch einmal unterstrichen20. In der gesamten christlichen Literatur werden die
ambivalenten und in gewisser Weise gesichtslosen daemones des Heidentums mit
menschenähnlichen Zügen ausgestattet. Der Teufel war der ›Rivale‹ des Heiligen,
und der Neid, der Haß und die Todessehnsucht eines besiegten Favoriten kennzeich-
nen seine Reaktionen gegenüber der Menschheit21. Durch seinen Tod am Kreuz hat-
te es Christus den Menschen ermöglicht, sich von der dämonischen Besessenheit zu
reinigen. Heilige wie der ehemalige Soldat Martin von Tours sahen es als ihre per-
sönliche Aufgabe, den Teufel zu bekämpfen. Schon als junger Priester befreite Mar-
tin Dutzende von energumeni. Auf diese Weise setzte er ein Beispiel für viele früh-
mittelalterliche Kleriker. Im Gallien des 6. Jahrhunderts wurden die erfolgreichen
Teufelsaustreibungen, die in den christlichen Basiliken ausgeführt wurden, als über-
zeugender Beweis für die Gegenwart und Macht der christlichen Heiligen angese-
hen. Auf diese Weise konnte die Kirche als Institution beweisen, daß sie direkten Zu-
gang zur höchsten Instanz der segensreichen übernatürlichen Mächte hatte, nämlich
zu Gott. Von diesem Zeitpunkt an verwies die mittelalterliche Kirche auf die Funktion
der Teufelsaustreibung als ein Zeichen für die eigene Legitimation.
Ein Jahrtausend später, im 16. Jahrhundert, stellten energische Konkurrenten die
katholische Kirche erneut in Frage. Um gegen diese neuen Gegner vorzugehen, wur-
de die altbewährte propagandistische Taktik wiederbelebt22. Spektakuläre Teufelsaus-
treibungen wurden organisiert, um die Haltlosigkeit des Anspruchs der Protestanten
zu beweisen, sie wären die besseren und reineren Christen. Offenbar wurden beson-
ders in Frankreich viele solcher oftmals hoch theatralischen Teufelsaustreibungen
durchgeführt, aber auch andere Länder erlebten diese dramatische Berufung auf gött-
liche Macht und Stärke23. Im vorliegenden Band analysieren Trevor Johnson und
David Lederer Beispiele aus Deutschland, und Marc Wingens zeigt, wie ein nieder-
ländischer Priester mit der öffentlichen Teufelsaustreibung versuchte, das Eindringen
reformierter säkularer Autoritäten abzuwehren. Der protestantische Klerus unterließ
es für gewöhnlich, einen eigenen Dienst auf diesem Gebiet anzubieten, womit er den
Gebrauch der Teufelsaustreibung als propagandistisches Mittel für die Katholiken
noch attraktiver machte. Als in der niederländischen Republik beispielsweise die re-
formierte Kirche von katholischen Ordensgeistlichen herausgefordert wurde, die be-
14 Hans de Waardt

reit waren, Dämonen unter der Bedingung auszutreiben, daß die protestantischen
Auftraggeber wieder zur Mutterkirche zurückkehrten, versuchten zunächst einige pro-
testantische Pfarrer, diese Aktivitäten nachzuahmen24. Aber die reformierte Kirche
verbot bald dieses Mimikry, das sie als abergläubischen katholischen Tand ansah25.
In England benutzten puritanische Seelsorger rituelle Gebete und Fasten in ihrem
Kampf gegen die dämonischen Kräfte, die Männer und Frauen in die Verzweiflung
und den Selbstmord trieben26. Laut Michael Macdonald drängten die Anführer der
puritanischen Bewegung den Klerus dazu, ›praktische Theologie‹ anzubieten, womit
sie die Heilung kranker Seelen meinten27. Aber solche protestantischen Versuche hin-
terließen nur einen armseligen Eindruck im Vergleich zu den spektakulären Teufels-
austreibungen der Katholiken28. Kürzlich stellte Stuart Clark die These auf, daß die
Zunahme der Anzahl an Besessenheitsfällen im 16. und 17. Jahrhundert in Westeu-
ropa direkt mit der eschatologischen Angst vor dem nahen Weltende verbunden ge-
wesen sei. Das Phänomen sei als Bestätigung dafür angesehen worden, daß die Macht
des Teufels rasch anwachse29. Erik Midelfort hat darauf hingewiesen, daß die Zunah-
me von Hexereiverfahren im 16. Jahrhundert u.a. auch dadurch erklärt werden könne,
daß es in den protestantischen Regionen Europas unmöglich geworden sei, Teufels-
austreibungen zur Heilung von Besessenheit anzuwenden30. Viele Menschen müssen
sich wohl in ihren spirituellen Bedürfnissen im Stich gelassen gefühlt haben, und
das in einer Zeit, die Lucien Febvre als »un siècle qui veut croire«, als ein Jahrhun-
dert, das glauben wollte, charakterisiert hat31. Auf der anderen Seite jedoch konnten
vorreformatorische Rituale oftmals überleben, sogar in Regionen, die gründlich re-
formiert worden waren. In seinem Beitrag zeigt Joyce Miller, daß in Schottland Be-
schwörer und Gaukler das therapeutische Vakuum füllten, was auch in vielen anderen
Ländern so geschah.
Die Besessenen hatten oftmals ein persönliches Interesse an der Diagnose ›Beses-
senheit‹. Viele von ihnen hatten kein anderes Ziel als die Befreiung von einer un-
heilvollen, übernatürlichen Macht, aber einige verfolgten auch andere Absichten. Im
spätantiken und frühmittelalterlichen Gallien riefen manche als Besessene die Heili-
gen an, um der Härte weltlicher Richter zu entgehen. Oder wie Peter Brown es for-
mulierte: »some at least, came in order to be possessed; and in so doing they could
place the rights and wrongs of their case before the praesentia of the saint rather than
expose themselves to the hard justice of their fellows.«32 Besessenheit wurde also
auch verwendet, um Probleme zu lösen, die keine direkte dämonische Ursache hat-
ten. Dies wird durch frühneuzeitliche Quellen belegt, z.B. durch die Beschreibung
von vorgetäuschter Besessenheit. Im vorliegenden Band analysiert Jürgen Beyer die
Karriere von Hans Vater, der um 1560 durch Mitteldeutschland zog und sich, wo
immer er hinkam, als Opfer dämonischer Besessenheit ausgab. Einige Leute glaub-
ten ihm, andere jedoch waren davon überzeugt, daß er ein Hochstapler sei, dessen
einziges wirkliches Ziel es war, Almosen und andere Formen von Unterstützung zu
erhalten. Seine Abenteuer mußten zu dieser Zeit wohlbekannt gewesen sein, denn sie
wurden nicht nur in Pamphleten und Flugblättern diskutiert, sondern auch von be-
rühmten Autoren wie Johann Wier (Weyer) und Jean Bodin behandelt33.
Dämonische Besessenheit 15

Aber Besessenheit konnte auch andere Motive haben als die Hoffnung, das Mit-
leid der Zuschauer ausbeuten zu können, so z.B. die Möglichkeit, die eigene soziale
Stellung zu verbessern. In ihrem Beitrag stellt Hoo Nam Seelmann heraus, daß kore-
anische Schamanen oft aus eher bescheidener und unterprivilegierter Umgebung
stammen. Wenn sie jedoch Schamanen werden, erhalten sie die Möglichkeit, einen
speziellen Status zu erlangen, der außerhalb der normalen Hierarchie liegt. Ein ähn-
liches Motiv mag auch bei den europäischen Fällen von Besessenheit gewirkt haben.
Die Wünsche von europäischen Besessenen wurden gewöhnlich von anderen Perso-
nen wie Klerikern, Medizinern und sonstigen Zeugen als Wünsche der heimsuchen-
den Dämonen formuliert (nach den Worten Michels de Certeau war dies das ab-
schreckende »andere«)34. Aber man kann trotzdem annehmen, daß viele europäische
Besessene der Frühen Neuzeit hofften, daß ihnen ihr persönliches Unglück den Weg
zu einer Verbesserung der sozialen Position ebnen würde. 1635 beispielsweise trie-
ben zwei Priester in einem holländischen Dorf bei Haarlem bei einer besessenen jun-
gen Frau drei Dämonen aus. Auf die Frage der Kleriker, warum sie sich offenbart
hätten, gaben die höllischen Parasiten eine dreifache Antwort: Das würde viele Men-
schen veranlassen, für das Mädchen zu beten; Menschen, die das Opfer früher ge-
haßt hätten, würden anfangen, es zu lieben; und es würde sich die Chance ergeben,
die Häretiker zu bekehren, die die besten Freunde der Dämonen gewesen waren35.
Im vorliegenden Band diskutiert Trevor Johnson das Schicksal einer jungen Baye-
rin, deren Besessenheit zum Teil auf ihre Phantasien um eine – wohl eingebildete –
Verbindung zu einem Holländer zurückging. Weil sie zur Besessenen wurde, war sie
– zumindest zeitweise – von den gewöhnlichen Zwängen befreit, denen Frauen sonst
unterlagen. María Tausiet deutet in ihrem Beitrag die große Besessenheitswelle, die
die Einwohner des kleinen spanischen Dorfes Tosos 1812 heimsuchte, auch als ein
Mittel der betroffenen Dorfbewohner, in einer sich rasch wandelnden Welt das Inte-
resse ihrer Gemeinde zu erhalten.
Die öffentliche Teufelsaustreibung war in vielerlei Hinsicht ein dynamischer Pro-
zeß, in dem alte Positionen gestärkt und neue getestet werden konnten. Die Besesse-
nen wurden von Dämonen heimgesucht, was bedeutete, daß sie sich zwischen dem
Bereich des Natürlichen und des Übernatürlichen bewegten. Diese grenznahe Positi-
on bot den Opfern die Möglichkeit, ihre Lage zu verbessern oder wenigstens einer
Verschlechterung ihres vorherigen Status vorzubeugen36. Sie brachte sie in eine Po-
sition, von der aus sie ihre eigene Version der Dinge, die geschehen waren, oder so-
gar ihre ganze Lebensgeschichte präsentieren konnten. Hierin finden sich einige Ähn-
lichkeiten zu den Anweisungen der Beichtväter an Nonnen, die eine Karriere als
Mystikerin anstrebten, denn diese sollten eine Autobiographie über ihren Werdegang
schreiben37. In beiden Fällen wurde Menschen, die offensichtlich in engem Kontakt zu
übernatürlichen Kräften standen, die Möglichkeit gegeben, einer aufmerksamen Zu-
hörerschaft die eigene Version ihrer Erlebnisse zu präsentieren. Die öffentliche Teu-
felsaustreibung war folglich in gewisser Weise ein Aushandeln von Identitäten38. Dies
bezog sich nicht nur auf die Besessenen selbst, sondern auch auf die anderen Par-
teien. Die katholische Kirche konnte ihren Anspruch als einzige Trägerin der wahren
16 Hans de Waardt

Religion stärken, und die Kleriker, die das Ritual ausführten, konnten sich einen Na-
men als Experten der Teufelsaustreibung machen39. Sogar Gegner der Teufelsaustrei-
bung konnten diese verwenden, um ihre eigenen Interessen voranzutreiben. Viele
Mediziner neigten dazu zu bestreiten, daß Dämonen die Ursache für die Probleme
ihrer Patienten sein sollten. Sie bestanden darauf, daß sie statt der Kleriker konsul-
tiert würden. Ein Arzt des 16. Jahrhunderts, Johann Wier (Weyer), dessen Positio-
nen hier von Renate Klinnert besprochen werden, wetterte in seinen De praestigiis
daemonum gegen die teufelsaustreibenden Kleriker, die sich in medizinische Ange-
legenheiten einmischten. Es scheint so, als wäre er in dieser Sache wenigstens teil-
weise von dem Wunsch beseelt gewesen, seinen Berufsstand vor konkurrierenden
›Pfuschern‹ zu bewahren40.
Zu betonen, daß einige Leute sehr pragmatische Gründe hatten, in die Rolle eines
Besessenen zu schlüpfen, impliziert indes nicht automatisch, daß ihre Beschwerden
nicht aufrichtig waren. Es gab sicher manche, die sich in der Hoffnung auf materiel-
len Gewinn so verhielten, als wären sie besessen. Aber beileibe nicht alle, die eigene
Interessen verfolgten, waren Betrüger. Es ist ein Charakteristikum der dämonischen
Besessenheit, daß sie eine Ausdrucksmöglichkeit für Probleme bot, die ansonsten in
ihrer Zeit nicht diskutierbar gewesen wären. Der Inhalt dieser Ausdrucksmöglichkeit
war wohl bekannt. Von öffentlichen Teufelsaustreibungen konnten die Menschen
lernen, welche Motive akzeptiert wurden und welche nicht, denn Dämonen wurden
oftmals nach den Gründen gefragt, aus denen sie eine bestimmte Person heimsuch-
ten. Menschen, die niemals selbst einen Besessenheitsfall miterlebt hatten, konnten
wichtige Informationen aus anderen Quellen beziehen. Flugblätter und Pamphlete
hatten in dieser Hinsicht viel zu bieten, wie Ursula-Maria Krah unterstreicht. Und
auch Theaterstücke waren hierfür geeignet, wie Jan Frans van Dijkhuizen zeigt41.

Aufklärung, Rationalismus und traditionelle Lösungen

Zurückweisung durch die politischen oder religiösen Eliten war eindeutig nicht ge-
nug, um den Glauben an dämonische Besessenheit und die Wirksamkeit der Teufels-
austreibungen, die entweder mit den Regeln der katholischen Kirche oder mit denen
der Volksheiler konform gingen, zu verdrängen. In der Zeit der Aufklärung traten
kritische Philosophen auf, die die Besessenheit als absolute Unmöglichkeit abtaten.
Kirchliche und weltliche Eliten folgten ihnen nicht immer ganz in dieser fundamen-
talen Ablehnung, aber wenn es zur Bewertung von individuellen Einzelfällen kam,
tendierten auch sie dazu, dämonische Besessenheit nicht mehr als eine mögliche Er-
klärung zu akzeptieren. David Lederer präsentiert im vorliegenden Band ein Modell
für diese Entwicklung.
Im 18. Jahrhundert begannen die spektakulären Teufelsaustreibungen der früheren
Zeit den kirchlichen Würdenträgern vielfach peinlich zu werden. 1750 beispielswei-
se befahl der Bischof von Poitiers, eine Darstellung aus der Kapelle des Ursulinen-
konvents in Loudun zu entfernen, die zeigte, wie Jean-Joseph Surin bei Jeanne des
Dämonische Besessenheit 17

Anges den Teufel austreibt42. Diese neue Einstellung führte dazu, daß sich erneut
viele Gläubige von ihren religiösen Führern verlassen fühlten. Wie María Tausiet
zeigte, wurden die Dorfbewohner von Tosos sehr ärgerlich, als sich die kirchlichen
Beamten weigerten, ihre Misere ernstzunehmen. Der Bischof und seine Mitarbeiter
waren davon überzeugt, daß die Besessenen in Wahrheit melancholisch und hyste-
risch waren. Im 19. Jahrhundert wurde ›Hysterie‹ zum neuen Etikett, das Mitglieder
der kulturellen Eliten denjenigen aufdrückten, deren Verhalten außerhalb dieser do-
minanten Kreise immer noch als Zeichen von dämonischer Besessenheit interpretiert
wurde43. Der Pariser Neurologe Jean-Martin Charcot, seine Studenten und Bewun-
derer sind ohne Zweifel die bekanntesten Vertreter einer Schule, die die Diagnose
von Hysterie favorisierte44.
Trotz dieser mißbilligenden Haltung wurde von Fällen dämonischer Heimsuchung
über das gesamte 19. und 20. Jahrhundert hinweg berichtet. In The superstitious mind
hat Judith Devlin eine große Anzahl von französischen Vorfällen aufgelistet45. Der
bekannteste Fall ist ohne Zweifel jene Besessenheitswelle, die das Dorf Morzines in
den französischen Alpen 1857 heimsuchte und nur langsam in den 1860er Jahren ein
Ende fand46. Auch hier weigerten sich die Kirchenführer, den Ansichten der Dorfbe-
wohner beizutreten. Der Ortspfarrer war zwar willig genug, seine Gemeindemitglie-
der zu erlösen, aber der Bischof unterstützte die Meinung eines Pariser Arztes, der
massive »hystéro-démonopathie« diagnostizierte. Man kann annehmen, daß dem Bi-
schof wohl bewußt war, daß er sich vor den Mitgliedern der gebildeten Elite lächer-
lich gemacht hätte, wenn er die Dorfbewohner in der Überzeugung unterstützt hätte,
sie seien von Dämonen besessen.
In den höheren Rängen der katholischen Kirche wird die Teufelsaustreibung heute
nicht länger als sinnvolles Mittel zur Bekämpfung anderer Konfessionen angesehen.
Das bedeutet jedoch nicht, daß einzelne Priester nicht mehr dazu bereit wären, Dä-
monen privat auszutreiben. Tatsächlich scheint im Verlauf der vergangenen zwei
Jahrzehnte die Häufigkeit, mit der dieser Service geleistet wurde, zugenommen zu
haben, oder zumindest der Wunsch danach. Vor ungefähr zwanzig Jahren waren Ge-
suche um Teufelsaustreibung noch ein seltenes Phänomen in der belgischen Kir-
chenprovinz Mecheln-Brüssel, aber allein im Jahr 1998 erhielt der Erzbischof min-
destens 900 solcher Anfragen47. Kürzlich äußerten die italienischen Bischöfe große
Sorge über den wachsenden Einfluß des Teufels und die Notwendigkeit, Opfern dä-
monischer Besessenheit zu helfen48. Wenig ist über den Ausgang dieser Bestrebungen
bekannt, denn kirchliche Würdenträger behandeln die Angelegenheit mit höchster
Diskretion, da sie jeden öffentlichen Skandal vermeiden wollen. Öffentliche Exor-
zismen, bei denen eine große Anzahl an Zeugen der Befreiung von bösen Geistern
beiwohnen kann, sind heutzutage nicht mehr opportun49. 1972 begann Emmanuel
Milingo, der vier Jahre zuvor zum Erzbischof von Lusaka ernannt worden war, Mas-
senveranstaltungen in Sambia zu organisieren, wo er Tausende von Dämonen aus-
trieb50. Der Vatikan war nicht amüsiert. 1982 wurde der Erzbischof nach Rom beor-
dert und dazu gezwungen, in Europa zu bleiben. Er setzte jedoch seine Praktiken
dort bald mit mindestens ebenso viel Erfolg fort wie in Afrika. Dies veranlaßte die
18 Hans de Waardt

katholische Kirche dazu, alle Verbindungen mit ihm abzubrechen. Die Kirche benutzt
die Teufelsaustreibung nicht länger als Rechtfertigungsmittel, um ihren Anspruch
auf Vormachtstellung zu untermauern oder um konkurrierende Konfessionen abzu-
wehren. Unter bestimmten Umständen erlaubt sie Teufelsaustreibungen jedoch, so-
lange sie unter höchster Diskretion stattfinden.
Einige protestantische Kirchen sind ebenfalls dazu bereit, die Gläubigen von bö-
sen Geistern zu erlösen. Die Strategie dort ist jener der katholischen Kirche wohl
sehr ähnlich. In der englischen Kirche scheint es beispielsweise ein starkes Bedürf-
nis nach Befreiung von übernatürlichen Phänomenen zu geben51. Wenig ist über die
Häufigkeit bekannt, mit der dort Teufelsaustreibungen durchgeführt werden, auch
nicht über die Gründe, aus denen heraus Menschen darum bitten. Die traditionelle,
aber nicht offizielle Politik ist anscheinend eine von ›don’t ask – don’t tell‹52. Dabei
scheint es, als ob das Bedürfnis nach Befreiung sowohl auf katholischer als auch auf
protestantischer Seite am häufigsten in den sogenannten ›charismatischen Gruppen‹
auftritt. In diesem Buch diskutiert der Psychiater Samuel Pfeifer die Angst vor dä-
monischen Einmischungen unter seinen Patienten, die solch religiösen Gruppierun-
gen angehören. Sarah Ferber und Adrian Howe analysieren im Detail eine kürzlich
abgehaltene australische Gerichtsverhandlung gegen eine Gruppe von charismati-
schen Christen. Deren rohe und lange andauernden Bemühungen, eine Frau von ei-
nem Dämon zu befreien, hatten zum Tod dieser Frau geführt. Es gibt weitere Bei-
spiele für solch tödliche Versuche, Menschen von den bösen Kräften des Teufels zu
befreien53. Das erklärt, warum Christen, die die Möglichkeit von übernatürlicher Ein-
mischung in irdische Angelegenheiten sehr ernst nehmen, die Anwendung von Teu-
felsaustreibungen jetzt häufig auch als eine Form der Psychotherapie diskutieren. In
den letzen fünfzehn bis zwanzig Jahren fand beispielsweise eine Diskussion zu die-
sem Thema im Journal of Psychology and Theology statt, einer Zeitschrift, die sich
als »evangelical forum for the integration of psychology and theology« präsentiert54.
Das Feld der Psychotherapie ist auch der Ort, an dem sich eine weitere Interpreta-
tionsvariante herausgebildet hat. Seit den 1970er Jahren befindet sich die Hysterie
als psychiatrisches Diagnosemodell auf dem absteigenden Ast. Aber eine neue Inter-
pretation ist in diesem Bereich in Form des ›Multiple Personality Disorder‹ (MPD)
aufgetaucht. Eine Gruppe von Psychotherapeuten hat Symptome, die in früheren Zei-
ten als Zeichen von Besessenheit oder Hysterie interpretiert worden waren, als Symp-
tome für mentale Störungen identifiziert, bei denen sich die Persönlichkeit eines Pa-
tienten in eine Reihe verschiedener Persönlichkeiten aufgespaltet hat, die manchmal
sogar in Unkenntnis voneinander stehen55. Diesbezüglich wird von satanistischen
Sekten ausgegangen, die entsetzliche Orgien organisieren, bei denen ganz kleine Kin-
der so stark mißbraucht werden, daß ihre Psyche sich teilt, um mit den entsetzlichen
Schrecken umgehen zu können56.
Die Einführung von MPD und das Wiederauftauchen von satanistischen Kulten
sind, so könnte man sagen, wiederkehrende Geister frühmittelalterlicher und früh-
neuzeitlicher Dämonologie. Sie scheinen eine Sicht der Welt wiederzubeleben, die
wir verloren gegangen glaubten. Aber wäre das wirklich der Fall, dann nur bis zu ei-
Dämonische Besessenheit 19

nem bestimmten Grad. Die Darstellung heutiger satanistischer Kulte, ihrer ange-
nommenen Orgien und das Bedrohungsgefühl der christlichen Gesellschaft haben
viel mit den dämonologischen Konstruktionen der früheren Zeit gemeinsam. Doch
zu sagen, daß sich das momentane Bild mit dem früheren deckt, wäre eine Übertrei-
bung. Ein ausreichender Grund, warum heutige satanistische Kulte nicht komplett
mit den frühmodernen Gruppierungen von Teufelsanbetern gleichgesetzt werden soll-
ten, liegt bereits im Unterschied des kulturellen Kontextes, in den die beiden Vor-
stellungen jeweils gehören. Alle Varianten wie dämonische Besessenheit, mystische
Visionen, prophetische Inspirationen, Schamanismus oder mentale Probleme in Form
von Melancholie, Hysterie oder MPD haben genauso wie der echte Betrug nur in ih-
rem jeweiligen speziellen kulturellen Umfeld ihre spezielle Bedeutung. Als Interpre-
tationsversuche von Verhalten, das die Grenzen der Natur zu überschreiten scheint,
sind sie verbunden mit den jeweils aktuellen Vorstellungen von den Grenzen zwi-
schen der Natur und dem Übernatürlichen. Dies bezieht sich auf den bestimmten so-
ziokulturellen Zusammenhang, in dem sie stehen. Aus diesem Grund müssen Vorfälle,
anhand derer die verschiedenen Konzepte diskutiert werden, immer in den Rahmen
der Gesellschaften gestellt werden, in denen sie vorkommen. Eine Sammlung solch
›dichter Beschreibungen‹ oder ›Mikrostudien‹ kann hilfreich sein, um sich dem kom-
plizierten und vielschichtigen Charakter der dämonischen Besessenheit als kulturel-
lem Phänomen anzunähern57. Die Ergebnisse können dann als Basis für eine verglei-
chende Synthese genutzt werden, um dem chamäleonartigen, mit sehr vielseitigen
Qualitäten ausgestatteten vielschichtigen System von Konzepten, von denen ›dämo-
nische Besessenheit‹ nur eines darstellt, Gerechtigkeit widerfahren zu lassen. Die
Angst vor dämonischer Besessenheit hat oftmals zum Verdacht der Hexerei geführt.
Als solches ist das Phänomen zudem von besonderem Interesse für diejenigen For-
scher, die sich mit der Geschichte der Hexerei befassen. Die Herausgeber hoffen, daß
das vorliegende Buch diesen Zwecken dienen möge.

(aus dem Englischen von Viktoria Schineis)


Demonic Possession
An Introductory Note

»It isn’t me, it isn’t me!« Martin Luther – at that time still an Augustinian monk in
the Erfurt monastery – is reported to have shouted, one day when the Bible passage
was read in which Jesus is asked to expel a dumb spirit from a possessed child1. On
hearing these verses the young cleric went into a fit, fell on the ground and roared
with a bull-like voice the words just quoted. According to three contemporary chron-
iclers Luther was at that moment possessed by a demon. Erik Erikson, whose well-
known psychoanalytic biography Young man Luther really starts with this incident,
saw it as a key to understand the personal development of the church-reformer, al-
though he admitted that the basis of this story is rather dodgy. It is for that matter
unknown, whether Luther expressed himself in German or in Latin, nor is it certain
when the incident took place. And on top of that, it cannot be excluded that the
whole story is a fabrication. But it is undeniably true that both Luther’s adversaries
and his supporters used it to underpin their respective views. Catholic authors argued
that it showed that this heretic had always been under the Devil’s command, where-
as Protestants maintained that this incident was an example of the ›catastrophes of
God’s mercy‹ that were meant to test the future reformer.

Symptoms and culture

This anecdote is in many ways typical for the difficulties that a researcher of demon-
ic possession has to face2. Indistinctness is a prominent feature of many of the case
histories that deal with this phenomenon. The New Testament for instance informs
us of many incidents in which Jesus drove out demons from possessed people. But
from Johannes Dillinger’s contribution to this volume it becomes clear that these re-
ports do not provide us with a consistent diagnostic system3. Data from later periods
are not all too clear either. As regards the Middle Ages, in her La folie au Moyen
Age Muriel Lahaire sums up a long list of possible, often contradictory, symptoms
of demonic possession4. A demon could enter his victim by way of a nightmare, but
also when his victim was fully awake. Many possessed were given to continuous
shouting and ferocious swearing, but others remained silent or even unable to speak
at all. Considerable numbers of these victims of demonic invasion would twist their
bodies in impossible contortions, whereas others were completely paralysed. The
majority of the possessed were female, but there were also significant numbers of
possessed males. Members of the clergy could be taken over by evil spirits, but so
Demonic Possession 21

could lay-people. And finally, possessed were found at every social layer and in ev-
ery possible age group.
Neither was there much conformity in the rituals that were used to drive out de-
mons. It was only in the fifteenth century that higher echelons of the Church began
to expand their control over the use of such sacramental rituals5. This led to the procla-
mation in 1614 by Pope Paul V of the Rituale Romanum, a compendium that was
meant to regulate this section of the Church’s activities. In its final chapter the Ritu-
ale Romanum stipulated that Catholic clergymen, before starting an exorcism, had to
find out whether a patient was indeed possessed or perhaps suffering from black bile
or another natural illness6. It then summed up a number of symptoms of demonic pos-
session. People thus afflicted commanded ›unknown languages‹, knew about things
that were hidden or put away at great distance, and showed physical strength that did
not match their age or bodily appearance. The Rituale Romanum emphasised that
there were many more signs, but unfortunately refrained from giving any further de-
tails. It also stressed that demons often only seemingly departed from a human body,
or that they tried to trick observers into believing that the sufferer had a natural ill-
ness. They could make their victim fall asleep during treatment and then give him
the impression that his health had been restored. So, in theory even a person who be-
haved completely normal could be possessed. It is by the way noteworthy that this
indistinctiveness is still present in the revised edition of the section of the Rituale
Romanum on demonic possession that was recently promulgated by the Vatican7.
So much is clear then, that it was often difficult to decide whether a patient’s prob-
lems were caused by demons or sprang from physical circumstances. In their contri-
butions to this volume Rainer Jehl, Erik Midelfort, and Renate Klinnert discuss me-
dieval and early-modern humoral pathology according to which an excess of black
bile was thought to cause severe melancholy. Under the influence of this psychic
distress the sufferer would then open his mind for diabolic delusions, and eventually
fall into deep despair. This explains why the Rituale Romanum underscored the ne-
cessity of consulting one or more physicians before an exorcism could be started.
This caution is also advocated in many exorcists’ manuals8, but this could not ex-
clude all indistinctiveness, as is shown here by Erik Midelfort and David Lederer in
their analyses of exorcists’ manuals. In 1594 for instance, the Jesuit Petrus Thyraeus
wrote in his exorcists’ manual that it was sometimes difficult to decide whether a
person was possessed or was a witch herself9. In the sixteenth and seventeenth cen-
turies the diabolic pact was one of the most heinous elements of the crime of witch-
craft. But the occurrence of a pact could nevertheless also be interpreted as just an-
other sign of diabolic possession, examples of which are given here by both Trevor
Johnson and David Lederer. There were, however, apart from the witches also other
groups whose actions and behaviour had much in common with that of the demoni-
cally possessed. Many characteristics of aspiring mystics or prospective saints were
all too similar to the qualities that were ascribed to witches10. A career as visionary
mystic entailed the risk of being accused of contacts with the devil. Ecstatic experi-
ences could also be identified as signs of demonic possession, as is shown here by
22 Hans de Waardt

Alison Weber. The appreciation of so-called ›living saints‹ could suddenly shift from
veneration to disgust when their preternatural powers were no longer sought in sacred
but in demonic origins11. And the line that distinguished divine prophecy from de-
monic inspiration suggestion was blurred with a similar ease12.
But it would be an exaggeration to say that virtually any sort of conduct could be
explained as a sign of demonic possession. The range of actions that authoritative
texts like the Rituale Romanum recognised as relevant symptoms was indeed very
wide and many other phenomena could be added to the list as for example impossi-
ble bodily contortions and other strange fits, the throwing up of strange objects like
pins, needles or pieces of cloth, the abhorrence of the word of the Bible, and in a
Catholic context also of consecrated hosts, holy water, relics and other sacred ob-
jects. There is one element though that all these symptoms seem to have in common.
It appears that only those actions were interpreted as signs of demonic possession
that transgressed the boundaries of the physical, mental or socio-cultural capacities
of a particular person13. The location of these boundaries varied of course for each
individual, which is one of the reasons why a wide variety of possible diagnoses had
to be taken into consideration before a final conclusion could be reached.
The most notorious French possession case is without doubt the drama that over-
took the Ursuline convent of Loudun in the 1630s. The first to fall victim to this large-
scale demonic attack was Jeanne des Anges, the prioress of this nunnery. As a child
she had repeatedly read the autobiography of the exemplary mystic Teresa de Ávi-
la14. Jeanne clearly tried to emulate this predecessor, but in contrast to her Spanish
heroine she was not acknowledged as a living saint, although she later managed to
win some renown as a stigmatised mystic. Initially, it was concluded that she was pos-
sessed. Only the Jesuit Jean-Joseph Surin was capable of driving out the demons that
possessed her, all in all seven, just as many as had been vexing Maria Magdalene.
The concept of demonic possession was evidently largely determined by the Ju-
daeo-Christian dichotomous conception of the universe, in which God, though al-
mighty and all-knowing, allows himself to be constantly defied by Satan and his de-
monic servants. People who believe that both the agents of God and those of the
devil can easily cross the boundaries that separate the domain of nature from preter-
and supernature, will also be inclined to expect a frequent occurrence of both angelic
inspiration and demonic possession. This dichotomous conception of the universe
sets the Judaeo-Christian cosmology apart from many other cultures. The type of de-
monic possession that is mostly discussed here is for that reason hardly or not at all
explicable in the idioms of many Asiatic cultures, as is shown by Hoo Nam Seel-
mann15. This translation problem is a considerable handicap in contacts between cul-
tures where the western concept of demonic possession is predominant and cultures
like the Korean where shamanism is highly valued. The resulting lack of mutual un-
derstanding can even lead to violence and manslaughter, as Rune Hagen shows in
his analysis of a trial from the seventeenth century in which a Sami shaman was
tried by a Danish-Norwegian court of law16.
Demonic Possession 23

Magical discourse and differing interests

To decide the nature of an affliction, the sufferer or his friends and relatives would
ask themselves if it stemmed from a natural or a preternatural cause. In the first case
they would ask a medical doctor or a surgeon for his help and assistance. If, on the
other hand, they believed that the cause was to be found in preternatural doings, they
would look for someone who was specialised in driving away ghosts or was able to
undo spells. If witchcraft or the activity of a demon was presumed to be at work, the
language used and the roles played by the people participating in such discussions
eventually fitted into a pattern that could be called the ›magical discourse‹17. The
specific interests of the parties that participated in this discourse largely decided its
outcome.
Much of our information on demonic possession comes from reports about exor-
cisms, the majority of which were produced either by exorcists or their opponents.
Other information comes from pamphlets and broadsheets, a type of source in which
the marvellous and spectacular are usually emphasised even more strongly. This type
of data is analysed here by Ursula-Maria Krah18. The particular character of the rele-
vant sources explains why the history of European possession overlaps to a large de-
gree with that of exorcism, the expelling or deliverance of demons. This book only
deals with exorcisms that were meant to liberate human beings. Exorcisms that were
used to break the will of witches under interrogation, were part of the ritual of bap-
tism, were used to drive away revenant ghosts, or to eliminate obnoxious vermin, are
not taken into consideration here19. Nor will the demonic possession of animals and
objects be discussed. It should be held in mind though, that those forms of demonic
attack were all too often experienced as a real enough threat.
That Catholic clergymen have always had a prominent role in cases of exorcism is
obvious. Peter Brown, a specialist in the history of the Church in late classical and
early medieval times, has underlined the fact that early Christian missionaries saw it
as their duty to drive out demons20. In all Christian literature, the ambivalent and
somewhat faceless daemones of paganism are invested with human-like motives.
The Devil was the ›rival‹ of the saint; and envy, hatred and the deadly spleen of a
defeated favourite mark his reactions to the human race21. By his death on the cross
Christ had enabled the human race to purge itself of demonic possession. Saints like
the former soldier Martin of Tours took it as their personal task to fight Satan. Al-
ready as a young priest Martin exorcised dozens of energumeni. Thus he set an ex-
ample for many early medieval clergymen. In sixth century Gaul the successful ex-
orcisms that were performed in the Christian Basilicas were seen as convincing
proof of the presence and power of the Christian saints. Thus the Church could, as
an institution, prove that it had direct access to the supreme source of beneficial su-
pernatural forces, that is to God. Since then the medieval Church pointed to this
function of exorcism as a sign of its legitimacy.
A millennium later, in the sixteenth century, forceful competitors again challenged
the Catholic Church. In order to fight these new adversaries it revived the old propa-
24 Hans de Waardt

gandistic tactic22. Spectacular exorcisms were organised to prove the futility of the
claim of the Protestants that they were better and purer Christians. It seems that it
was especially in France where such, often highly theatrical, exorcisms were staged,
but other countries also served as sceneries for these dramatic appeals to divine might
and power23. In this book Trevor Johnson and David Lederer analyse examples from
Germany, and Marc Wingens shows how public exorcism was used by a Dutch
priest in his attempts to ward off the intrusions of the reformed secular authorities.
That Protestant clergy ordinarily refrained from offering a service of their own in
this field, made it all the more attractive for the Catholics to use the exorcism as a
propagandistic device. In the Dutch Republic for instance, the Reformed Church
was challenged by Catholic regular clerics, who were ready to drive out demons on
the condition that their Protestant clients returned to the Mother Church. Initially
some Protestant ministers tried to copy these activities24, but the Reformed Church
soon suppressed this mimicry of what it considered superstitious popery25. In Eng-
land Puritan ministers used rituals of prayer and fasting in their battles with the de-
monic powers that urged men and women to despair and kill themselves26. Accord-
ing to Michael Macdonald, the leaders of the Puritan movement urged the clergy to
offer ›practical divinity‹, with which they meant the cure of sick souls27. But such
Protestant experiments made a poor impression in comparison to the spectacular ex-
orcisms of the Catholics28. Recently Stuart Clark argued that the increase of the
number of possession cases in Western Europe in the sixteenth and seventeenth cen-
turies was directly connected to eschatological fears that the end of the world was at
hand and that this phenomenon was taken as proof that the power of Satan was
growing rapidly29. Erik Midelfort has suggested that the increase of the number of
witchcraft trials in the sixteenth century was partly caused by the fact that in those
parts of Europe that were dominated by Protestants it had become impossible to turn
to exorcism as a cure for possession30. Many people must have felt abandoned in
their spiritual needs and that in a period which Lucien Febvre has characterised as
»un siècle qui veut croire«, a century that wanted to believe31. On the other hand
however, pre-Reformation rituals often managed to survive, even in regions that
were thoroughly reformed. In this book Joyce Miller shows that in Scotland charm-
ers and cunning folk stepped in to fill the therapeutic vacuum and this happened in
many other countries as well.
The possessed often had a personal stake in the process. Many of them had no
other objective than liberation from a malign, preternatural force, but some had other
perspectives as well. In late-classic and early-medieval Gaul the possessed some-
times addressed saints with the purpose of avoiding the harshness of the secular
judges. As Peter Brown put it: »some at least, came in order to be possessed; and in
so doing they could place the rights and wrongs of their case before the praesentia of
the saint rather than expose themselves to the hard justice of their fellows.«32 So,
possession was also used as a means to solve problems that had no direct demonic
cause. This is corroborated by sources from the early modern period, for instance by
reports about faked possession. In this book Jürgen Beyer analyses the career of
Demonic Possession 25

Hans Vater, who round 1560 wandered through central Germany presenting himself
wherever he went as the victim of demonic possession. Some people believed him,
others however were convinced that he was an impostor whose only genuine ambi-
tion was to receive alms and other forms of support. His adventures must have been
well known at the time, as they were not only discussed in pamphlets and broad-
sheets, but also by famous authors like Johann Wier (Weyer) and Jean Bodin33.
But possession could also have other motives than the hope of exploiting the mer-
cy of bystanders and spectators, as for instance the chance to improve one’s social
capital. In her contribution Hoo Nam Seelmann points out that Korean shamans of-
ten come from rather modest or even underprivileged surroundings. But by becom-
ing shamans they are enabled to obtain a special status that lies outside the ordinary
social hierarchy. A similar motive may also have been at work in European cases of
possession. The wishes of the European possessed were usually voiced by others,
such as clerics, physicians and other witnesses, and for that matter the possessing
demons (who in the words of Michel de Certeau are the exemplary »other«)34. But it
nevertheless seems acceptable to assume that many early-modern European pos-
sessed hoped that their personal disaster would open the road to an improvement of
their public position. In 1635 for instance, in a Dutch village near Haarlem, two
priests exorcised a young woman who was possessed by three demons. On the cler-
ics’ question why they manifested themselves, the hellish occupants gave a threefold
answer: it would inspire many people to pray for the girl; people who had formerly
hated their victim would now begin to love her; and it created a chance to convert
the heretics who were their, the demons’, real friends35. In this book Trevor Johnson
discusses the vicissitudes of a young Bavarian woman, whose possession was partly
caused by her fantasies about an – apparently chimerical – relation with a Dutch-
man. By becoming possessed she was liberated – at least temporarily – from the
usual restraints on women. In her contribution María Tausiet analyses the massive de-
monic possession that haunted the inhabitants of the small Spanish village of Tosos
in 1812 as a means for these villagers to uphold the interests of their community in a
world that was rapidly changing.
Public exorcism was in many respects a dynamic process in which old positions
could be buttressed and new ones tested. The possessed were taken over by demons,
which meant that they were betwixt and between the domain of nature and that of
preternature. This liminal position however created a possibility for the victims to
barter over an improvement of their position, or to prevent a diminishment of their
former status36. It put them in a position in which they could present their own ver-
sion of things that had happened or even of their whole life story. There is some
similarity in this with the instruction that their confessors regularly gave to nuns
who ventured on a career as mystics: to write an autobiography37. In both cases peo-
ple who were in close contact with preternatural forces were given the opportunity
to present to an attentive audience their own version of their adventures. Public ex-
orcism was thus in a way also a negotiation for identity38. This applied not only to
the possessed, but also to other parties. The Catholic Church could strengthen its
26 Hans de Waardt

claims as the sole bearer of true religion and the clergymen who performed the ritual
could build up a name as expert exorcists39. Even opponents of the exorcism could
use it to further their own interests. Many physicians were inclined to deny the role
of demons in causing the problems of their patients, and insisted that they should be
consulted instead of clergymen. The sixteenth-century physician Johann Wier (We-
yer), whose ideas are discussed here by Renate Klinnert, pounded away in his De
praestigiis daemonum at the exorcising clergymen who meddled in medical affairs.
It does seem that he was at least partly inspired in this by a desire to rid his profes-
sion of these bunglers40.
To say that some people had very practical reasons to assume the role of a possessed
does not automatically imply that their complaints were not genuine. There certainly
were people who were inspired by a hope for material gain to behave as if pos-
sessed. But this does not automatically mean that all people who brought up some
personal interest of theirs were nothing but frauds. It is one of the characteristics of
demonic possession that it offered an idiom to phrase problems that would otherwise
have remained impossible to discuss. The contents of this idiom were well known.
From public exorcisms people could learn which motives were acceptable and which
were not, as demons were often asked for their motives to enter this specific person.
People who had never personally witnessed a case of possession could draw the ne-
cessary information from other sources. Broadsheets and pamphlets had much to of-
fer in this respect, as is shown here by Ursula-Maria Krah. And so did theatre plays,
as Jan Frans van Dijkhuizen shows in this book41.

Enlightenment, Rationalism and traditional solutions

Rejection by political or religious elites was clearly not enough to suppress the be-
lief in demonic possession and in the efficacy of exorcism, either in a form that was
in line with the rules of the Catholic Church or in the way of lay cunning folk. In the
age of Enlightenment critical philosophers came to dismiss possession as an outright
impossibility. Ecclesiastical and secular elites did not always follow them complete-
ly in this fundamental rejection, but when it came to judging individual cases they
were inclined not to accept demonic possession anymore as a reasonable option. Else-
where in this book, David Lederer presents a model for this development.
In the eighteenth century Church officials began to look upon the spectacular ex-
orcisms of an earlier age as a somewhat embarrassing reminder. In 1750 for instance
the bishop of Poitiers ordered a depiction of Jean-Joseph Surin exorcising Jeanne
des Anges to be removed from the chapel of the Ursuline convent in Loudun42. This
new policy again caused many faithful to feel abandoned by their religious leaders.
As is shown here by María Tausiet the villagers of Tosos were very angry when
Church officials refused to take their plight seriously. The bishop and his staff were
convinced that the possessed were in reality melancholic and hysterical. In the nine-
teenth century ›hysteria‹ became the new label that members of socio-cultural elites
Demonic Possession 27

put on persons whose behaviour people outside these domineering circles still inter-
preted as a sign of demonic possession43. The Paris neurologist Jean-Martin Charcot
and his students and admirers are without doubt the best-known representatives of
the school that favoured the diagnosis of hysteria44.
But despite this disapproving attitude, cases of demonic invasions were reported
all through the nineteenth and the twentieth century. In her The superstitious mind
Judith Devlin has listed a large number of French incidents45. The best known of
these is without doubt the possession that overtook the village of Morzines in the
French Alps in 1857, and only slowly came to an end in the 1860s46. Here too,
Church leaders refused to commit themselves to the views of the villagers. The local
priest was willing enough to exorcise his parishioners, but the bishop supported the
view of a Paris physician who diagnosed massive »hystéro-démonopathie«. It may
be assumed that the bishop was well aware that he ran the risk of being ridiculed by
members of the educated elite if he supported the villagers’ conviction that they
were possessed by demons.
In higher echelons of the Catholic Church exorcism is nowadays no longer seen as
a useful tool to combat other confessions. That does not mean however, that its
priests are no longer willing to drive out demons in private. It actually seems that in
the course of the past two decades the frequency with which this service is rendered
has been growing. About twenty years ago, requests for exorcism were a rare phe-
nomenon in the Belgian church-province of Malines-Brussels, but in the year 1998
alone the archbishop received at least 900 of such petitions47. Recently Italian bish-
ops have shown great concern about the growing power of the devil and the necessi-
ty of helping victims of demonic possession48. Little is known actually about the
outcome of these endeavours as church officials treat them with the utmost discre-
tion as they clearly want to prevent any public scandal. Public meetings where crowds
of witnesses can witness the expelling of evil spirits are now discouraged49. In 1972
Emmanuel Milingo, who had been ordained archbishop of Lusaka four years earlier,
began to organise mass-meetings in Zambia where he drove out thousands of de-
mons50. The Vatican was not amused and in 1982 it called the archbishop to Rome
and forced him to stay in Europe. He however soon resumed his practice there with
at least as much success as he had had in Africa. This motivated the Vatican to cut
off all ties with him. The Catholic Church is now no longer inclined to use exorcism
as an apologetic device to support its claim to supremacy or to ward off competing
confessions. It does allow the exorcism however as long as it is performed with the
strictest discretion.
Some Protestant Churches are also willing to deliver the faithful from evil spirits.
The policy there seems to be rather similar to that of the Catholic Church. It appears
for instance that the demand for deliverance of paranormal phenomena is also strong
within the Church of England51. Little is known of the frequency with which exor-
cism is rendered there, nor of the reasons why people ask for it, as the traditional,
but unofficial policy seems to be one of ›don’t ask – don’t tell‹52. It seems that it is
especially in so-called ›charismatic groups‹, both Catholic and Protestant, that the
28 Hans de Waardt

need of deliverance is most keenly felt. In this book the psychiatrist Samuel Pfeifer
discusses the fear of demonic interferences among patients of his who belong to
such religious groupings. Sarah Ferber and Adrian Howe analyse in detail a recent
Australian trial against a number of such charismatic Christians whose rough and
prolonged efforts to expel a demon from the wife of one of them had resulted in the
woman’s death. There are other examples of such deadly attempts to rescue human
beings from the evil forces of the devil53. This explains why Christians who take the
possibility of preternatural interference in earthly matters very seriously now fre-
quently discuss the use of exorcism, not only as a means to ward off demons but al-
so as a form of psychotherapy. For the past fifteen years or so a discussion on this
topic has been going on in the Journal of Psychology and Theology for example, a
periodical that presents itself as an »evangelical forum for the integration of psychol-
ogy and theology«54.
The field of psychotherapy is also the place where the most recent interpretative
option has manifested itself. Since the 1970s hysteria is on the wane as a psychiatric
diagnosis. But a new interpretation has entered the scene in the form of ›Multiple
Personality Disorder‹ (MPD). A number of psychotherapists have identified symp-
toms that in former times were interpreted as signs of possession or hysteria as symp-
toms of a mental disorder in which the personality of a patient has split up in a num-
ber of distinct alters who are often completely unaware of each other’s existence55.
Satanic sects are believed to organise abuse horrid orgies in which very young chil-
dren are abused so intensely that their minds fragment in order to deal with the ap-
palling terrors to which they have been submitted56.
The introduction of MPD and reappearance of satanic cults are, one could say, a
revenant of late-medieval and early-modern demonology. They seem to revive a
world vision that seemed to have gone lost, but if that is indeed the case then only so
to a certain degree. The depiction of the satanic cults of today, of their supposed or-
gies and of the threat they assumedly pose to Christian society, has much in com-
mon with the demonological constructions of an earlier age. But to say that the pre-
sent image coincides with the previous one would be an overstatement. A sufficient
reason why satanic cults of today should not be equated entirely with early-modern
groupings of devil worshippers is found in the difference between the cultural con-
texts of which the two images form a part. Demonic possession, mystic visions, pro-
phetic inspiration, shamanism, mental problems in the form of melancholy, hysteria,
or MPD, and pure and simple fraud, all these options have a meaning only within
specific cultural settings. As interpretations of behaviour that seems to transcend the
limits of nature, they are connected to current views on the boundaries between na-
ture and preter- or supernature, that is to the particular socio-cultural context in
which they function. For that reason incidents in which these concepts are discussed
should always be analysed within the framework of the societies in which they oc-
cur. Such a collection of ›thick descriptions‹ or ›micro-histories‹ may help to eluci-
date the intricate and multi-faceted character of demonic possession as a cultural
phenomenon57. This can then be used as a basis for a comparative synthesis that will
Demonic Possession 29

do justice to the chameleon-like and highly versatile qualities of the multi-layered


system of concepts of which ›demonic possession‹ is but one. Fears of demonic pos-
session have often led to suspicions of witchcraft. As such this phenomenon is of
specific interest to researchers who study the history of witchcraft. We hope that this
book may serve this purpose.

Notes / Anmerkungen
1
Erik ERIKSON, Young Man Luther. A Study in Psychoanalysis and History, New York 1962,
p. 23. The Bible verse in question was Mark 9.17: »And one of the multitude answered and said,
master, I have brought unto thee my son, which hath a dumb spirit.«
2
See for views and interpretations regarding the phenomenon of demonic possession, apart from
literature mentioned in this book, also Vincent CRAPANZANO/Vivian GARRISON (eds.), Case Studies
in Spirit Possession, New York 1977; Brian P. LEVACK (ed.), Possession and Exorcism. Articles on
Witchcraft, Magic and Demonology, vol. 9, New York e.a. 1992.
3
See also Otto BÖCHER, Christus Exorcista. Dämonismus und Taufe im Neuen Testament,
Stuttgart e.a. 1972; James D.G. DUNN/Graham H. TWELFTREE, Demon-Possession and Exorcism
in the New Testament, in: Churchman 94 (1980), pp. 210–225; Eric PLUMER, The Absence of Ex-
orcisms in the Fourth Gospel. Exploring the Development of the Conflict Between Johannine
Christianity and Pharisaic Judaism Through Scriptural Omission, in: Biblica 78 (1997), pp. 350–
368; Walter KIRCHSCHLAGER, Messianic Healer. A Redaction-Historical and Religio-Historical
Study on Exorcism in the ›Gospel According to Saint Matthew‹, in: Biblische Zeitschrift 42 (1998),
pp. 133–135. On the practice of exorcism during the first centuries of the Christian era, see Peter
BROWN, Sorcery, Demons and the Rise of Christianity. From Late Antiquity into the Middle Ages,
in: IDEM, Religion and Society in the Age of Saint Augustine, New York 1972, pp. 118–146; Ric
J.S. BARRETT-LENNARD, Christian Healing after the New Testament. Some Approaches to Illness
in the Second, Third, and Fourth Centuries, Lanham 1994; Eric SORENSEN, Possession and Exor-
cism in the New Testament and Early Christianity, Tübingen 2002.
4
Muriel LAHAIRE, La folie au Moyen Age, XIe–XIIIe siècles, Paris 1991, pp. 29–32.
5
Adolph FRANZ, Die kirchlichen Benediktionen im Mittelalter, vol. 2, Freiburg 1909, p. 642.
6
»Signa autem obsidentis daemonis sunt, ignota lingua loqui pluribus verbis, vel loquentem in-
telligere; distantia, & occulta patefacere; vires supra aetatis seu conditionis naturam ostendere; & id
genus alia, quae cum pluribus concurrunt, majora sunt indicia« (Rituale Romanum Pauli V. Pont.
Max. jussu editum. Addita formula pro benedicendis populo & Agris a S. Rituum Congregatione
approbata, Antwerp 1826, p. 335). Cf. Adolf RODEWYK, Die dämonische Besessenheit in der Sicht
des Rituale Romanum, Aschaffenburg 1963.
7
See Rituale Romanum. De exorcismis et supplicationibus quibusdam, in: Notitiae. Commen-
tarii ad nuntia de re liturgica edenda cura Consilii ad Exsequendam Constitutionem de Sacra Liturgia
35 (1999), pp. 137–156. See also De Exorcismis et supplicationibus quibusdam, in: Ephemerides
Liturgicae 114 (2000), pp. 209–226; Alessandro PISTOIA, Riti e preghiere di esorcismo. Probleme
di traduzione, in: ibid., pp. 227–240; Achille M. TRIACCA, Spirito Santo ed esorcismo. In margine
al recente Rituale, in: ibid., pp. 241–269; A. WARD, The Psalm Collects of the Rite of Exorcisms,
in: ibid., pp. 270–301. See also Cardinal Jorge A. MEDINA ESTÉVEZ, Actes du Saint-Siège. Le nou-
veau rituel des exorcismes dans le Rituel Romain, in: La documentation catholique 96,2198 (1999),
pp. 159–160.
8
Cf. for instance Maximilianus AB EYNATTEN, Manuale exorcismorum […], Antwerp 1635,
pp. 13–18.
30 Hans de Waardt

9
Petrus THYRAEUS, De daemoniacis liber unus […], Cologne 1594, pp. 36–38, cap. XIX: An
Sagae atque Malefici a Daemonibus obsiderentur.
10
Herbert THURSTON, The Physical Phenomena of Mysticism, London 1952, mentions as spe-
cific qualities of mystics the power of levitation, stigmatisation and light-giving spots on the skin.
Some living saints received so-called ›Tokens of Espousal‹, for instance a ring sent by God himself
to a saintly virgin. Some were able to let objects fly through the air, to stand in a fire without get-
ting burned, to elongate their bodies, to see things invisible for normal human beings, and to live
without food. They sometimes emanated a special odour, and often their bodies did not decay after
death. Many possessed also showed one or more of these qualities, as did many witches, with of
course the one exception of the incombustibility.
11
Cf. Gabriela ZARRI (ed.), Finzione e santitá tra medioevo ed età moderna, Turin 1991; Aviad
M. KLEINBERG, Prophets in their Own Country. Living Saints and the Making of Sainthood in the
Later Middle Ages, Chicago 1992. See also Hans VAN OERLE, Liedwy von Schiedam. Mystica
oder Hysterica?, in: Peter DINZELBACHER/Dieter BAUER (eds.), Frauenmystik im Mittelalter, Ost-
fildern 1990, pp. 395–404; Albrecht BURKARDT, A False Living Saint in Cologne in the 1620s. The
Case of Sophia Agnes von Langenberg, in: Marijke GIJSWIJT-HOFSTRA/Hilary MARLAND/Hans DE
WAARDT (eds.), Illness and Healing Alternatives in Western Europe, London/New York 1997, pp.
80–97; Armando MAGGI, Uttering the Word. The Mystical Performances of Maria Maddalena de’
Pazzi – A Renaissance Visionary, Albany 1998, pp. 119–137; Barbara NEWMAN, Possessed by the
Spirit. Devout Women, Demoniacs, and the Apostolic Life in the Thirteenth Century, in: Speculum
73 (1998), pp. 733–770; Anne Jacobson SCHUTTE, Aspiring Saints. Pretense of Holiness, Inquisi-
tion, and Gender in the Venetian Republic, 1618–1750, Baltimore 2001.
12
Cf. Willem FRIJHOFF, Wegen van Evert Willemsz. Een Hollands weeskind op zoek naar zich-
zelf, 1607–1647, Nijmegen 1995, pp. 275–289; Stuart CLARK, Thinking with Demons. The Idea of
Witchcraft in Early Modern Europe, Oxford e.a. 1997, pp. 334, 434; Diane PURKISS, Invasions.
Prophecy and Bewitchment in the Case of Margaret Muschamp, in: Tulsa Studies in Women’s Lit-
erature 17 (1998), pp. 235–253. See in this connection also Clarke GARRETT, Spirit Possession and
Popular Religion. From the Camisards to the Shakers, Baltimore e.a. 1987.
13
Cf. CLARK, Thinking with Demons (see n. 12), pp. 160–178.
14
Sœur Jeanne DES ANGES, supérieure des Ursulines de Loudun (XVIIe siècle). Autobiographie
d’une hystérique possédée d’après le manuscrit inédit de la bibliothèque de Tours, annoté et publié
par les docteurs Gabriel LEGUE/Gilles DE LA TOURETTE, préface de M. le professeur [Jean-Martin]
CHARCOT, membre de l’Institut, Paris 1886, p. 55. See on the Loudun affair also the memoirs of
her confessor, the Jesuit Jean-Joseph SURIN, Triomphe de l’amour divin sur les puissances de l’en-
fer et science expérimentale des choses de l’autre vie 1653–1660, suivi de Michel DE CERTEAU,
Les aventures de Jean-Joseph Surin, Grenoble 1990. See also the correspondence between Surin
and Jeanne des Anges: Jean-Joseph SURIN, Correspondance, ed. Michel DE CERTEAU, preface Ju-
lien GREEN, [Paris] 1966. The most important modern study of this affair is without doubt Michel
th
DE CERTEAU, La Possession de Loudun, Paris 1970. Already in the 17 century the veracity of the
demonic possession of the Loudun Ursulines and the justification for the execution of their confes-
sor Urbain Grandier were passionately denounced, especially by the Huguenots, e.g. by Nicolas
Aubin, a French reformed minister who after the Edict of Nantes was repealed, had fled to the
Netherlands where he became a friend of Balthasar Bekker. See his Histoire des diables de Loudun
ou de la possession des religieuses Ursulines, et de la condamnation et du supplice d’Urbain Gran-
dier, curé de la même ville, Amsterdam 1693. Surin also authored a number of mystic works and
poems. Till well into the 20th century French ultramontanists repeatedly reissued his works. For an
impression of the impact that this affair had in France, see also Albrecht Burkardt’s contribution to
this book. As regards the autobiography of Teresa de Ávila, see The Life of Saint Teresa of Avila
by Herself, translated and introduced by John M. COHEN, Harmondsworth 1957; Alison WEBER,
Demonic Possession 31

Saint Teresa, Demonologist, in: Anne J. CRUZ/Mary Elizabeth PERRY (eds.), Culture and Control
in Counter-Reformation Spain, Minneapolis/Oxford 1992, pp. 171–195.
15
See also Bruce KAPFERER, A Celebration of Demons. Exorcism and the Aesthetics of Heal-
ing in Sri Lanka, Providence 1991; Richard L. STIRRAT, Power and Religiosity in a Post-Colonial
Setting. Sinhala Catholics in Contemporary Sri Lanka, Cambridge e.a. 1992; Robert M. SOLOMON,
Living in Two Worlds. Pastoral Responses to Possession in Singapore, Frankfurt a.M. 1994; Ma-
rine CARRIN (ed.), Managing Distress. Possession and Therapeutic Cults in South Asia, New Delhi
1999. In other parts of the world European ideas about the nature of preternatural forces also collided
with cosmologies that made it extremely difficult to impose their notions of the differences between
the nature of God and that of the devil, for instance in America (cf. Fernando CERVANTES, The
Devil in the New World. The Impact of Diabolism in New Spain, New Haven/London 1994; Irene
SILVERBLATT, Moon, Sun, and Witches. Gender Ideologies and Class in Inca and Colonial Peru,
Princeton 1987; Alfred A. CAVE, ›Indian Shamans and English Witches in 17th-Century New-
England‹, in: Essex Institute Historical Collections 128 (1992), pp. 239–254).
16
It remains to be seen whether Carlo Ginzburg’s well-known thesis that the perception of
witches as people who are able to fly was indeed based on a substratum of shamanist ideas that
were once shared by cultures all over the Eurasian continent, is compatible with this translation
problem. Another sort of intercultural contrast that is of interest here, one in which shamanism does
not necessarily have a part, is that between the beliefs that are held by migrants and those of the orig-
inal population. In Ineke VAN WETERING, Women as Winti Healers. Rationality and Contradiction
in the Preservation of a Suriname Healing Tradition, in: GIJSWIJT-HOFSTRA/MARLAND/DE WAARDT,
Illness and Healing Alternatives (see n. 11), pp. 243–261, ideas about spirit possession are dis-
cussed that are held by Surinamese immigrants in the Netherlands. See also Cor HOFFER, Volks-
geloof en religieuze geneeswijzen onder moslims in Nederland, Amsterdam 2000, deals with the
ideas that Muslim healers there have about possession.
17
Cf. Hans DE WAARDT, From Cunning Man to Natural Healer, in: Hans BINNEVELD/Rudolf
DEKKER (eds.), Curing and Insuring. Essays on Illness in Past Times. The Netherlands, Belgium,
England and Italy, 16th–20th Centuries, Hilversum 1993, pp. 35–36.
18
See also CLARK, Thinking with Demons (see n. 12), pp. 389–434; H.C. Erik MIDELFORT, A
History of Madness in Sixteenth-Century Germany, Stanford 1999, pp. 55–78.
19
Regarding exorcisms during interrogations, see Hans DE WAARDT/Willem DE BLÉCOURT, ›It
is no Sin to Put an Evil Person to Death‹. Judicial Proceedings Concerning Witchcraft during the
Reign of Duke Charles of Gelderland, in: Marijke GIJSWIJT-HOFSTRA/Willem FRIJHOFF (eds.),
Witchcraft in the Netherlands from the Fourteenth to the Twentieth Century, Rotterdam 1991, pp.
71–74; Hans DE WAARDT/Willem DE BLÉCOURT, Rhein, Maas und Schelde entlang. Das Vordrin-
gen der Zaubereiverfolgungen in die Niederlande, in: Andreas BLAUERT (ed.), Ketzer, Zauberer,
Hexen. Die Anfänge der europäischen Hexenverfolgungen, Frankfurt a.M. 1990, pp. 184–191. On
the baptismal exorcism, see Franz Joseph DÖLGER, Der Exorzismus im altchristlichen Taufritual.
Eine religionsgeschichtliche Studie, Paderborn 1909; Henry A. KELLY, The Devil at Baptism. Ritu-
al, Theology, and Drama, Ithaca 1985; Elizabeth A. LEEPER, From Alexandria to Rome. The Valen-
tinian Connection to the Incorporation of Exorcism as a Prebaptismal Rite, in: Vigilia Christianae
44 (1990), pp. 6–24; Arnold ANGENENDT, Der Taufexorzimus und seine Kritik in der Theologie
des 12. und 13. Jahrhunderts, in: Albert ZIMMERMANN (ed.), Die Mächte des Guten und Bösen.
Vorstellungen im XII. und XIII. Jahrhundert über ihr Wirken in der Heilsgeschichte, Berlin 1977,
pp. 388–409; Bodo NISCHAN, The Exorcism Controversy and Baptism in the Late Reformation, in:
Sixteenth Century Journal 18 (1987), pp. 31–51. As to exorcisms to drive away revenants, see Jean-
Claude SCHMITT, Les revenants. Les vivants et les morts dans la société médiévale, Paris 1994. As
regards the exorcism of obnoxious animals, see Catherine CHENE, Juger les vers. Exorcismes et
procès d’animaux dans le diocèse de Lausanne (XVe–XVIe s.) (Cahiers lausannois d’histoire médi-
évale, t. 14), Lausanne 1995. Ritual cursing is also not taken into consideration here, see on that
32 Hans de Waardt

Lester K. LITTLE, Benedictine Maledictions. Liturgical Cursing in Romanesque France, Ithaca/


London 1993. See also Alain CABANTOUS, Histoire du blasphème en Occident. Fin XVIe–milieu
XIXe siècle, Paris 1998.
20
Peter BROWN, The Cult of the Saints. Its Rise and Function in Latin Christianity, Chicago
1981, pp. 106–127.
21
BROWN, Religion and Society (see n. 3), pp. 136–137. See also Christopher DONALDSON,
Martin of Tours. Parish Priest, Mystic and Exorcist, London/Henley 1980, pp. 45, 100, where it is
claimed that the exorcisms by representatives of the late-classical and early medieval Church really
were »the first halting steps ever towards methodical treatment of the mentally sick«.
22
See e.g. Traugott OESTERREICH, Possession Demoniacal & Other Among Primitive Races in
Antiquity, the Middle Ages, and Modern Times, New York 1966; Cécile ERNST, Teufelaustreibun-
gen. Die Praxis der katholischen Kirche im 16. und 17. Jahrhundert, Bern e.a. 1972; Daniel P.
WALKER, Unclean Spirits. Possession and Exorcism in France and England in the Sixteenth and
Seventeenth Centuries, London 1981.
23
Cf. Henri WEBER, L’exorcisme a la fin du XVIe siècle. Instrument de la contre réforme et
spectacle baroque, in: Nouvelle revue du seizième siècle 1 (1983), pp. 79–101; Jonathan L. PEARL,
»A School for the Rebel Soul«. Politics and Demonic Possession in France, in: Historical Reflec-
tions 16 (1989), pp. 286–306; Anita M. WALKER/Edmund H. DICKERMAN, »A Woman under the
Influence«. A Case of Alleged Possession in Sixteenth-Century France, in: Sixteenth Century Jour-
nal 22 (1991), pp. 534–554; Carleton S. CUNNINGHAM, The Devil and Religious Controversies of
Sixteenth-Century France, in: Essays in History 35 (1993), pp. 33–47; Moshe SLUHOVSKY, A Di-
vine Apparition or Demonic Possession? Female Agency and Church Authority in Demonic Pos-
session in Sixteenth-Century France, in: Sixteenth Century Journal 27 (1996), pp. 1039–1055; Ani-
ta M. WALKER/Edmund H. DICKERMAN, The Haunted Girl. Possession, Witchcraft and Healing in
Sixteenth Century Louviers, in: Proceedings of the Annual Meeting of the Western Society for
French History 23 (1996), pp. 207–218; Anita M. WALKER/Edmund H. DICKERMAN, Magdeleine
des Aymards. Demonism or Child Abuse in Early Modern France?, in: Psychohistory Review 24
(1996), pp. 239–264.
24
On exorcisms by Protestant ministers in the Netherlands, see Hans DE WAARDT, Toverij en
samenleving. Holland 1500–1800, Den Haag 1991, pp. 148–149; Benjamin J. KAPLAN, Possessed
by the Devil? A Very Public Dispute in Utrecht, in: Renaissance Quarterly 49 (1996), pp. 738–759.
On the exorcisms by Catholic clergy there, see DE WAARDT, Toverij en samenleving (see this
note), pp. 171–183, 245–249.
25
Hans DE WAARDT, Chasing Demons and Curing Mortals. The Medical Practice of Clerics in
the Netherlands, in: Hilary MARLAND/Margaret PELLING (eds.), The Task of Healing. Medicine,
Religion and Gender in England and the Netherlands, 1450–1800, Rotterdam 1996, pp. 171–203.
26
Michael MACDONALD/Terence R. MURPHY, Sleepless Souls. Suicide in Early Modern Eng-
land, Oxford 1990, pp. 53–54.
27
Michael MACDONALD, Religion, Social Change, and Psychological Healing in England,
1600–1800, in: William J. SHEILS (ed.), The Church and Healing, Oxford 1982, p. 103
28
See on Protestant attempts in the German Empire Lisl GUTWENGER (ed.), »Treibt Dämonen
aus!« – von Blumhardt bis Rodewyk. Vom Wirken katholischer und evangelischer Exorzisten,
Stein a.R. 1992.
29
CLARK, Thinking with Demons (see n. 12), p. 409.
30
MIDELFORT, A History of Madness (see n. 18), pp. 68–69.
31
Lucien FEBVRE, Le problème de l’incroyance en XVIe siècle. La religion de Rabelais, Paris
1942, 21947. But see also Perez ZAGORIN, Ways of Lying. Dissimulation, Persecution, and Con-
formity in Early Modern Europe, Cambridge 1990, pp. 289–330.
32
BROWN, The Cult of the Saints (see n. 20), p. 111.
Demonic Possession 33

33
A clear case of fraud in Richard RAISWELL, Faking It. A Case of Counterfeit Possession in
the Reign of James I, in: Renaissance and Reformation 23,3 (1999), pp. 29–48. Dutch material is
discussed in DE WAARDT, Toverij en samenleving (see n. 24), pp. 217–218.
34
Cf. Michel DE CERTEAU, L’écriture de l’histoire, Paris 1975, pp. 256–257.
35
DE WAARDT, Toverij en samenleving (see n. 24), pp. 173–174.
36
Cf. Victor TURNER, Betwixt and between. The Liminal Period in Rites de Passage, in: IDEM,
The Forest of Symbols. Aspects of Ndembu Ritual, Ithaca/London 1967, pp. 93–111.
37
See on this e.g. Isabelle POUTRIN, Le voile et la plume. Autobiographie et sainteté féminine
dans l’Espagne moderne, Madrid 1995. See also Alison WEBER, Between Ecstasy and Exorcism.
Religious Negotiation in Sixteenth-Century Spain, in: The Journal of Medieval and Renaissance
Studies 23 (1993), pp. 221–234.
38
Cf. Daniel DRUCKMAN, Negotiation and Identity. Implications for Negotiation Theory, in: In-
ternational Negotiation 6 (2001), pp. 281–291, esp. p. 282.
39
A good description of an individual Catholic cleric who built up a name as an expert in the
driving out of demons is Giovanni LEVI, Inheriting Power. The Story of an Exorcist, Chicago 1988,
and of a Protestant one in Michael MACDONALD, Mystical Bedlam. Madness, Anxiety, and Healing
in Seventeenth-Century England, Cambridge e.a. 1981.
40
A desire to eliminate competing occupational groups is common to all professional groups.
The medical profession is no exception to this rule (cf. Eliot FREIDSON, Profession of Medicine. A
Study of the Sociology of Applied Knowledge, Chicago/London 1988). For the early modern peri-
od, see Irvine LOUDON, Medical Care and the General Practitioner, 1750–1850, Oxford 1986.
41
Pictorial art could of course be highly instructive as well, see e.g. Charles ZIKA, Exorcising
our Demons. Magic, Witchcraft and Visual Culture in Early Modern Europe, Leiden 2003.
42
Jeanne DES ANGES, Autobiographie (see n. 14), p. 49. Instead of removing the painting, the nuns
had it covered with a portrait of Christ. The painting was lost when the convent was closed in 1773.
43
In classical times hysteria was, otherwise than what is often believed, not yet a nosological
entity. Physicians like Hippocrates did use terms like ›hysterical‹ but always in a rather vague
sense. Medical doctors only developed a consistent clinical picture of this illness in Western Europe
round 1600 (cf. Helen KING, Once Upon a Text. Hysteria from Hippocrates’ Times, in: Sander L.
GILMAN e.a. (eds.), Hysteria beyond Freud, Berkeley e.a. 1993, pp. 3–90; George S. ROUSSEAU,
»A Strange Pathology«, Hysteria in the Early Modern World, 1500–1800, in: ibid., pp. 91–221).
44
The bibliography of studies about Jean-Martin Charcot and his school is immense. See e.g.
Jan GOLDSTEIN, Console and Classify. The French Psychiatric Profession in the Nineteenth Centu-
ry, Cambridge e.a. 1987, pp. 322–377; Jean CEARD, Démonologie et démonopathies au temps de
Charcot, in: Histoire des Sciences Médicales 28 (1994), pp. 337–343; Mark S. MICALE, Approach-
ing Hysteria. Disease and its Interpretations, Princeton 1995; Sarah FERBER, Charcot’s Demons.
Retrospective Medicine and Historical Diagnosis in the Writings of the Salpêtrière School, in: GIJS-
WIJT-HOFSTRA/MARLAND/DE WAARDT, Illness and Healing Alternatives (see n. 11), pp. 120–140;
Sander L. GILMAN, The Image of the Hysteric, in: IDEM, Hysteria beyond Freud (see n. 43), pp.
345–452.
45
Judith DEVLIN, The Superstitious Mind. French Peasants and the Supernatural in the Nine-
teenth Century, New Haven/London 1987, pp. 120–139. See also Matthew RAMSEY, Professional
and Popular Medicine in France, 1770–1830. The Social World of Medical Practice, Cambridge
1988. See also Patrick VANDERMEERSCH, The Victory of Psychiatry over Demonology. The Origin
of the Nineteenth-Century Myth, in: History of Psychiatry 2 (1991), pp. 351–363; Hervé GUILLE-
e e
MAIN, Déments ou démons? L’exorcisme face aux sciences psychiques (XIX –XX siècles), in: Re-
vue d’histoire de l’Église de France 87 (2001), pp. 439–471.
46
See on this spectacular incident Ruth HARRIS, Possession on the Borders. The »Mal de Mor-
zine« in Nineteenth-Century France, in: Journal of Modern History 69 (1997), pp. 451–478. On the
34 Hans de Waardt

belief in demonic possession in the French country side in the 20th century, see e.g. Jeanne FAV-
RET-SAADA, Les mots, la mort, les sorts, Paris 1977.
47
Marc IEREN, ›Verlos ons van het-de kwade De actuele pastoraal van het exorcisme‹, in: Col-
lationes. Vlaams tijdschrift voor theologie en pastoraal 30,1 (2000), pp. 37–60. The total figure of
appeals for exorcisms in this region was probably higher, as data from abbeys or convents are not
included in this figure. See also John J. NICOLA, Is Solemn Public Exorcism a Viable Rite in the
Modern Western World? A Theological Response, Washington 1976; Robert T. SEARS, A Catholic
View of Exorcism and Deliverance, in: Willard M. SWARTLEY (ed.), Essays on Spiritual Bondage
and Deliverance, Elkhart 1988, pp. 100–114; Thomas B. ALLEN, Possessed. The True Story of an
Exorcism, New York e.a. 1993; Patrick DONDELINGER, The Practice of Exorcism in the Church, in:
Concilium. International Journal for Theology 278 (1998), pp. 58–67. Examples of exorcisms from
the USA in ALLEN, Possessed (see this note); Michael W. CUNEO, American Exorcism. Expelling
Demons in the Land of Plenty, New York 2001; Ian STEVENSON, Possession and Exorcism. An Es-
say Review, in: Journal of Parapsychology 59 (1995), pp. 69–76.
48
Magie et démonologie. Lettre pastorale de la conférence des évêques de Toscane, in: La doc-
umentation catholique 76,2104 (1994), pp. 988–998; Superstition, magie, satanisme. Note pastorale
de la conférence épiscopale de Campanie, in: ibid. 77,2122 (1995), pp. 802–809.
49
Cf. NICOLA, Is Solemn Public Exorcism a Viable Rite (see n. 47).
50
See Gerrie TER HAAR, Spirit of Africa. The Healing Ministry of Archbishop Milingo of Zam-
bia, London 1992; Paolo LUGIATO/Andrea TORNIELLI/Tomaso WALLISER, Milingo. Santo o stre-
gone?, in: Epoca. Settimanale politico di grande informazione 47,2375 (1996), pp. 8–23; Vittorio
LANTERNARI, From Africa into Italy. The Exorcistic-Therapeutic Cult of Emmanuel Milingo, in:
Peter B. CLARKE (ed.), New Trends and Developments in African Religions, Westport 1998, pp.
263–283. See also Actes du Saint-Siège. Monition canonique adressée a Mgr Emmanuel Milingo,
in: La documentation catholique 98,2253 (2001), p. 724. Cf. Heike BEHREND/Ute LUIG (eds.),
Spirit Possession. Modernity and Power in Africa, Oxford e.a. 1999.
51
Cf. Linda MALIA, A Fresh Look at a Remarkable Document. Exorcism – The Report of a
Commission Convened by the Bishop of Exeter, in: Anglican Theological Review 83 (2001), pp.
65–88. See also Robert PETITPIERRE (ed.), Exorcism. The Report of a Commission Convened by
the Bishop of Exeter, London 1972; John RICHARDS, Exorcism, Deliverance and Healing. Some
Pastoral Guidelines, Bramcote 1976.
52
MALIA, A Fresh Look (see n. 51), p. 66.
53
See e.g. Manfred ADLER, Tod und Teufel in Klingenberg. Eine Dokumentation, Aschaffen-
burg 1977; Felicitas D. GOODMAN, The Exorcism of Anneliese Michel, Garden City 1981; V. HE-
DOUIN e.a., A Case of Fatal Salt Water Intoxication Following an Exorcism Session, in: Forensic
science international 99 (1999), pp. 1–4; Volker SCHMIDT/Manfred OEHMICHEN/Hans Günter KÖ-
NIG, Tod nach wiederholter exorzistisch motivierter Mißhandlung, in: Rechtsmedizin. Organ der
Deutschen Gesellschaft für Rechtsmedizin 9,2 (1999), pp. 65–69. See Willem Cornelis VAN DAM,
Dämonen und Besessene, Aschaffenburg 1970, for a defence by a reformed minister of his exorcist
practices.
54
See S.H.T. PAGE, The Role of Exorcism in Clinical Practice and Pastoral Care, in: Journal of
Psychology and Theology 17 (1989), pp. 121–131; W.P. WILSON, Demon Possession and Exor-
cism. A Reaction to Page, in: ibid., pp. 135–139; S.H.T. PAGE, Exorcism Revisited. A Response,
in: ibid., p. 140; Christopher H. ROSIK, When Discernment Fails. The Case for Outcome Studies on
Exorcism, in: ibid. 25 (1997), pp. 354–363; Dennis L. BULL e.a., Exorcism Revisited. Positive Out-
comes with Dissociative Identity Disorder, in: ibid. 26 (1998), pp. 188–196; IDEM, A Phenome-
nological Model of Therapeutic Exorcism for Dissociative Identity Disorder, in: ibid. 29 (2001),
pp. 131–139. See also Graham H. TWELFTREE, The Place of Exorcism in Contemporary Ministry,
in: St Mark’s Review 127 (Sep. 1986), pp. 25–39; Agnieszka TENNANT, Exorcism Therapy, in:
Christianity Today. A Fortnightly Magazine of Evangelical Conviction 45,11 (2001), p. 49.
Demonic Possession 35

55
Concerning MPD, see the contributions to the special issue on this theme of Child Abuse &
Neglect 15 (1991), pp. 163–211, where the reality of this syndrome is defended. See for a diametri-
cally opposed view Harold MERSKEY, The Manufacture of Personalities. The Production of Multiple
Personality Disorder, in: British Journal of Psychiatry 160 (1992), pp. 327–340; Fred H. FRANKEL,
Adult Reconstruction of Childhood Events in the Multiple Personality Literature, in: American
Journal of Psychiatry 150 (1993), pp. 954–958. Leon D. HANKOFF, Religious Healing in First-Cen-
tury Christianity, in: The Journal of Psychohistory 19 (1991/92), pp. 387–407, argues that the pos-
sessed who were healed by Jesus and early Christian leaders were suffering from MPD.
56
By now a plethora of literature concerning the so-called ›satanic sects‹ is available and only a
very limited selection can be mentioned here. See e.g. David K. SAKHEIM/Susan E. DEVINE, Out of
Darkness. Exploring Satanism and Ritual Abuse, New York 1992; John PARKER, At the Heart of
Darkness. Witchcraft, Black Magic and Satanism Today, London 1993; Mary DEYOUNG, Speak of
the Devil. Rhetoric in Claims-Making about the Satanic Ritual Abuse Problem, in: Journal of Soci-
ology and Social Welfare 23 (1996), pp. 55–74. The possibility that children, for instance those
who played a role in early-modern witch trials, were in reality victims of satanic sects has also been
brought up, see Bill ELLIS, Kurt E. Koch and the ›Civitas Diaboli‹. Germanic Folk Healing as Sa-
tanic Ritual Abuse of Children, in: Western Folklore 54 (1995), pp. 77–94; WALKER/DICKERMAN,
Magdeleine des Aymards (see n. 23); Gustav HENNINGSEN, The Child Witch Syndrome. Satanic
Child-Abuse of Today and Child Witch Trials of Yesterday, in: Journal of Forensic Psychiatry 7
(1996), pp. 581–593; D. LAMB, The Child Witch Syndrome. A Reply, in: ibid., pp. 594–599; Ri-
ckard L. SJOBERG, False Allegations of Satanic Abuse. Case Studies from the Witch Panic in
Rattvik 1670/71, in: European Child & Adolescent Psychiatry 6 (1997), pp. 219–226. See also Paul
R. MCHUGH, Witches, Multiple Personalities, and Other Psychiatric Artefacts, in: Nature Medicine
1 (1995), pp. 110–114; Elizabeth LOFTUS/Katherine KETCHAM, The Myth of Repressed Memory,
New York 1994; Claudette WASSIL-GRIMM, Diagnosis for Disaster. The Devastating Truth about
False Memory Syndrome and its Impact on Accusers and Families, New York 1995.
57
Cf. Clifford GEERTZ, Thick Description. Toward an Interpretative Theory of Culture, in:
IDEM, The Interpretation of Cultures, New York 1973, pp. 3–30.
JOHANNES DILLINGER

Beelzebulstreitigkeiten
Besessenheit in der Bibel*

Das Neue Testament wird mit Selbstverständlichkeit als Grundlage für die Dämo-
nenaustreibungen der christlichen Kirchen requiriert. Dies verschleiert nicht nur die
theologische Fragwürdigkeit des Exorzismus in der Gegenwart. Auch die differen-
zierten Aussagen der Bibel und das komplexe Spannungsfeld, in dem gerade die Tä-
tigkeit von Jesus als Exorzist stand, werden so zum Rechtfertigungsmaterial degra-
diert und ahistorisch vereinfacht. Die Exorzismen Jesu waren weit davon entfernt,
spektakulärer Beweis seiner Göttlichkeit zu sein, etwa in dem Sinn, in dem sie spä-
ter die Gottgefälligkeit verschiedener religiöser Richtungen beweisen sollten. Viel-
mehr waren sie geeignet, den Stifter des Christentums seinen Zeitgenossen verdäch-
tig zu machen.
Der folgende Text liest die Besessenheitserzählungen der Bibel nicht als ›Tatsa-
chenberichte‹, sondern nur als authentische Aussagen über den Besessenheitsglauben
der Zeit ihrer Niederschrift. Bezüglich des Neuen Testaments wird die communis
opinio des gesamten Forschungsfeldes, nämlich daß Jesus von Nazareth und einige
seiner Anhänger tatsächlich exorziert haben, übernommen. Es ist jedoch nicht die
Aufgabe dieses Textes, die historischen ›Tatsachen‹ bezüglich dieser Exorzismen
aus den in theologischer Intention verfaßten biblischen Erzählungen herauszupräpa-
rieren. Thema ist vielmehr der Dämonenglauben selbst als Teil der jüdisch-christli-
chen Weltdeutung. Es konnte den biblischen Autoren nur gelingen, in ihren Exorzis-
muserzählungen theologische Aussagen zu transportieren, wenn diese Erzählungen
in ihrem jeweiligen Rahmen plausibel, glaubhaft waren. Sie mußten daher ein für
die Zeitgenossen in den Details stimmiges Bild von Besessenen und dem Umgang
mit Besessenheit zeichnen. Dies gilt natürlich besonders insofern, als die neutesta-
mentlichen Autoren nicht eine Theorie des Exorzismus oder einen Dämonenmythos
entwarfen, sondern Geschichten erzählten, die sie in der jüngsten Vergangenheit be-
kannter Orte und Personen verorteten. Ihre Darstellungen durften daher in Inhalt und
Form den von Religion und Alltagserfahrung aufgespannten Horizont der Leser nur
partiell überschreiten. Die Besessenheitsgeschichten als Metaphern oder mythische

*
Dieser Artikel ist an den Universitäten von Tübingen, Trier und Georgetown entstanden und
konnte vermutlich nur dort entstehen. Ich danke allen Kolleginnen und Kollegen, Theologen und
Historikern, die zu seiner Entstehung beigetragen haben.
38 Johannes Dillinger

Versatzstücke einer gelehrten Minderheitentradition zu betrachten, würde eindeutig


der Aussage und der Gestalt der Texte widersprechen1.
Selbstverständlich kannte der antike Orient keine von der Religion klar zu tren-
nende Medizin2. Beschwörer und Heiler arbeiteten zusammen. In Mesopotamien be-
gegnete ein zweipoliges Konzept: Gesundheit und Wohlergehen wurden verstanden
als Nähe des jeweils persönlichen Schutzgottes zu einem Menschen, sogar als Woh-
nen des Schutzgottes im Körper des ihn verehrenden Menschen. Krankheit bedeute-
te einmal die Ausfahrt dieses Schutzgottes, als Strafe für Sünde bzw. als Folge von
Zauberei, oder aber die Einfahrt eines bösen, krank machenden Geistes in einen
Menschen. Die Vertreibung von Krankheitsgeistern oblag professionellen Exorzis-
ten. Ihre Beschwörungen umfaßten eine allgemeine Beschreibung der Aktivitäten
der Krankheitsgeister sowie ihres Überfalls auf den jeweiligen Patienten, eine Anru-
fung mächtiger Götter, die Selbstpräsentation des Exorzisten als Sachwalter dieser
Götter und die Aufforderung an den namentlich identifizierten Schadensgeist, sich
zu entfernen3. Die Aufforderung konnte zur Überredung werden, wenn dem Geist
Geschenke versprochen und eine neue Wohnung in Gestalt einer Puppe angeboten
wurden4. Zu der Beschwörung trat ein Ritual, etwa das Verbrennen von Räucher-
werk und das Besprengen des Besessenen mit Wasser. Trunk hat diese älteste Form
des Exorzismus als ritualistisch bezeichnet. Nach der Beschreibung Malinowskis er-
wies sie sich als magische Technik: Ihre Wirksamkeit wurde als abhängig von der
Haltung des Magiers, von dem angewandten Ritual und dem zauberkräftigen Wort
aufgefaßt5. Dieser ritualistischen Dämonenaustreibung entspricht – rein formal be-
trachtet – der heute noch geübte Exorzismus. Kaum ein anderes Element unserer
Kultur dürfte trotz aller Wandlungen so deutlich archaische Züge bewahrt haben.

1
Die biblischen Zeugnisse sind zu spärlich, zu disparat und in ihrer theologischen Aussageabsicht
in zu prekärer Distanz zur historischen ›Realität‹, um, wie Hollenbach forderte, eine »social science of
demoniacs, exorcists and exorcism« zu schreiben (Paul W. HOLLENBACH, Jesus, Demoniacs and Pub-
lic Authorities, in: Journal of the American Academy of Religion 49 (1981), S. 567–588).
2
Das folgende nach Anne JEFFERS, Magic and Divination in Ancient Palestine and Syria, in:
Baruch HALPERN/Manfred WEIPPERT (Hrsg.), Studies in the History and Culture of the Ancient
Near East, Bd. 8, Leiden/New York 1996, S. 230–235; Herbert HAAG, Teufelsglaube, Tübingen
2
1974, S. 151–162; Marie-Louise THOMSEN, Witchcraft and Magic in Ancient Mesopotamia, in:
Bengt ANKARLOO/Stuart CLARK (Hrsg.), Witchcraft and Magic in Europe. Biblical and Pagan So-
cieties, Philadelphia 2001, S. 1–95, hier S. 69–79.
3
Vgl. spezifisch zu Ägypten Yvan KOENIG, Magie et magiciens dans l’Egypte ancienne, Paris
1994; Dimitri MEEKS/Christine FAVARD-MEEKS, Les dieux égyptiens, Paris 1995. Vgl. zum Zwei-
stromland Jesús L.C. ILARRI, Demonología mesopotámica, Madrid 1970.
4
Vgl. zu magischen Bildwerken Dessa RITTIG, Assyrisch-babylonische Kleinplastik magischer
Bedeutung vom 13.–6. Jahrhundert v.Chr. (Münchener vorderasiatische Studien, Bd. 1), München
1977, zum Exorzismus bes. S. 147f.
5
Bronislaw MALINOWSKI, Magic, science and religion, in: Joseph NEEDHAM (Hrsg.), Science,
Religion and Reality, London 1925, S. 19–84, nachgedruckt in: DERS., Magic, Science and Reli-
gion and Other Essays, Bristol 21982, S. 17–92, hier S. 37–41.
Beelzebulstreitigkeiten 39

Das Alte Testament akzentuierte das Verständnis von Krankheit anders. Der monar-
chische Monotheismus der Israeliten versuchte, fremde Götter und Geister theologisch
zu neutralisieren, indem er sie aus dem religiösen Alltag weitestgehend ausgrenzte.
Die in den Körper von Menschen einfahrenden Krankheitsgeister erschienen im Al-
ten Testament nicht. Schadenzauber und Verfluchungen, die Krankheiten verursa-
chen konnten, waren natürlich bekannt (Iob 31,30; 2 Sam. 3,29; Ez. 13,17)6. Krank-
heit stand jedoch wesentlich in der Verfügung Gottes, er schickte sie den Menschen
als Strafe. Hab. 3,5 treibt diese Sichtweise in ein Extrem: Gott wird hier geschildert
als von Krankheiten umschwärmt wie ein Herrscher von Soldaten und Höflingen.
Heilung wurde als Folge von Buße gedeutet7. Besonders deutlichen Ausdruck fand
diese Auffassung in den Krankenpsalmen Ps. 6, Ps. 38 und Ps. 88. Dieses Konzept
hatte weitreichende Konsequenzen: Wo wie Ex. 15,26 nur Gott allein Heilung brin-
gen kann, wurde sowohl die Tätigkeit des Arztes wie auch die des Exorzisten nicht
nur sinnlos, sondern sogar sündhaft8. Dem entspricht die Abwertung der Exorzisten
in Dan. 2,2: Sie gehören zu Nebukadnezars Hofstaat von Magiern, deren Unfähig-
keit mit Daniels Begnadigung kontrastiert wird9. Es mag sich in der Praxis der Volks-
religion ereignet haben, daß Leviten böse Geister austrieben, Teil der theologischen
Sicht des levitischen Dienstes war der Exorzismus aber nicht10.
Vor diesem Hintergrund wird deutlich, daß die Vertreibung böser Geister nicht zu
den Taten gehörte, die die Propheten vom Messias erwarteten. Nach Lukas erklärte
Jesus in seiner Antwort an die Jünger von Johannes, daß er all das tat, was Jesaja
über den Messias prophezeit hatte (Lk. 7,18–23). Seine Dämonenaustreibungen, von
denen im vorhergehenden Satz die Rede gewesen war, erwähnte er nicht: Für sie bot
die Messias-Überlieferung des Alten Testaments keinen Anknüpfungspunkt. Die
Überwindung der Dämonen durch den Messias, von der die Apokryphen sprechen,
wird als Kampf bzw. als Endgericht geschildert, nicht als Exorzismus11. Der redaktio-
nelle Einschub Mt. 12,23 kann nicht als Gegenargument angeführt werden. Vielmehr
macht gerade diese Stelle, die ohne die Überzeugungskraft eines alttestamentlichen

6
JEFFERS, Magic (wie Anm. 2), S. 232–234.
7
Vgl. etwa Ex. 4,11; Num. 12,9–10; 1 Sam. 5,6. Siehe dazu JEFFERS, Magic (wie Anm. 2), S.
231f., mit weiterer Literatur.
8
Vgl. etwa das Heilungsritual Lev. 14,1–8, das zwar Elemente heilender Magie enthält, aber
ohne Exorzismus auskommt.
9
Vgl. zur Deutung von ’asepîu als ›Exorzist‹ JEFFERS, Magic (wie Anm. 2), S. 28–30. Daß Dä-
monenaustreiber aufgefordert werden, den Traum des Königs zu deuten, erklärt sich zwanglos aus
ihrer allgemeinen magischen Kompetenz, möglich erscheint auch, den beunruhigenden Traum als
von Dämonen verursacht zu verstehen.
10
Ebd., S. 29, mit weiterer Literatur.
11
Vgl. etwa 1 Hen. 55,4; TestDan. 5,10–11a. Dazu ausführlich mit reicher Literatur Graham
TWELFTREE, Jesus the Exorcist. A Contribution to the Study of the Historical Jesus, Tübingen
1993, S. 182–189; dagegen Anthony HARVEY, Jesus and the Constraints of History, London 1982,
S. 117f.
40 Johannes Dillinger

Zitats auskommen muß, deutlich, daß die jüdische Tradition den Messias nicht als
Exorzisten kennzeichnete12.
Bei diesem Befund stehenzubleiben, hieße allerdings, die komplexe Vielzahl der
Theologien der alttestamentlichen Schriften zu verflachen. Natürlich verwandten die
biblischen Autoren Personifikationen von Krankheiten, insbesondere Seuchen (vgl.
etwa Ps. 91,5–6; Hos. 13,14). In solchen Personifikationen allzu bereitwillig einen
Dämon zu erkennen, d.h. die personifizierenden Metaphern als Beweis für den Glau-
ben an die Person eines bösen Geistes zu lesen, dürfte die Tragfähigkeit der Quellen
jedoch überfordern13. In jedem Fall wird man festhalten können, daß von einem Ex-
orzismus im Zusammenhang mit solchen Personifikationen nie die Rede war. Der
Volksglaube des alttestamentlichen Israel kannte weitere, sozial gedachte Geister-
wesen14. Diese Geister undifferenziert als ›Dämonen‹ zu bezeichnen und damit eine
Identität mit den Besessenheitsgeistern der jüngeren Überlieferung zu suggerieren,
wie das die Exegese bis zur Gegenwart tut, entspricht der Auffassung der frühneu-
zeitlichen Dämonologie, nicht der Kultur des Alten Israel. Die Geisterwesen wurden
nach ihrer Gestalt benannt. Sie hießen die ›Schwarzen‹ (sedim, vgl. Dtn. 32,17; Ps.
106,37), die ›Haarigen‹ (se’irim, vgl. 2 Chr. 11,15; Jes. 13,21 und 34,14) oder die
›Trockenen‹ (sijjim, vgl. Jes. 13,21 und 34,14). Sie hielten sich angeblich in Ruinen
und in der Wüste auf. Ihre Anwesenheit zu erwähnen, gehörte zur Beschreibung men-
schenfeindlicher, verlassener Orte. Vermutlich kann die ›Sündenbock‹-Episode Lev.
16,6–26 in diesen Kontext eingepaßt werden: Der für Azazel bestimmte Bock wird
in die Wüste getrieben. Azazel dürfte also einer der Wüstengeister sein. Zeitweilig
scheint der Glaube an diese Geisterwesen die Form eines unorthodoxen Kultes ange-
nommen zu haben bzw. wurden Israeliten, die sich dem Kult kanaanäischer Götter
zuwandten, als Verehrer von sedim verunglimpft15. In Jes. 50,39 firmierte Lilith,
vermutlich die zum bösen Geist herabgestufte akkadische Sturmgöttin Lilitu, die in
der jüngeren jüdischen Folklore große Aufmerksamkeit fand16. Diese Geister wur-
den nicht für Krankheiten verantwortlich gemacht. Man wird sie eher als eine Paral-

12
Meinrad LIMBECK, Satan und das Böse im Neuen Testament, in: HAAG, Teufelsglaube (wie
Anm. 2), S. 271–388; weniger skeptisch TWELFTREE, Jesus (wie Anm. 11), S. 182. Vgl. in diesem
Zusammenhang auch das im Kontext der gerade geschilderten Dämonenaustreibung kaum passen-
de Zitat Is. 53,4 in Mt. 8,17.
13
Gaster las eine ganze Reihe von Krankheitsbezeichnungen und Metaphern als Dämonenna-
men, so daß er eine eindrucksvolle Liste böser Geister im Alten Testament zusammenstellen konn-
te, die in ihrem Detailreichtum an die ›Dämonenkataloge‹ Weyers oder De Plancys erinnert (Theo-
dore GASTER, Art. Demon, Demonology, in: George A. BUTTRICK u.a. (Hrsg.), The Interpreter’s
Dictionary of the Bible, Bd. 1, Nashville 1962, S. 817–824).
14
Vgl. zum folgenden HAAG, Teufelsglaube (wie Anm. 2), S. 170f.
15
Vgl. Lev. 17,7; 2 Kö. 23,8; Ps. 95,5 LXX; dazu HAAG, Teufelsglaube (wie Anm. 2), S. 166–
172; Dieter TRUNK, Der messianische Heiler. Eine redaktions- und religionsgeschichtliche Studie
zu den Exorzismen im Matthäusevangelium, Freiburg i.Br. 1994, S. 242.
16
Ronald ISAACS, Ascending Jacob’s Ladder. Jewish Views of Angels, Demons, and Evil Spir-
its, Northvale/Jerusalem 1998, S. 97, 99–102; HAAG, Teufelsglaube (wie Anm. 2), S. 170.
Beelzebulstreitigkeiten 41

lele zu niederen Naturgottheiten der Antike oder auch zu den Naturgeistern der euro-
päischen Frühen Neuzeit sehen dürfen.
Nicht nur die kultische Verehrung dieser Geister wurde sanktioniert. Bereits der
bloße Glaube an die Existenz dieser Wesen, der in der Volkskultur des alten Israel
offenbar fest verwurzelt war, stellte eine potentielle Gefahr für den Monotheismus
dar. Um diesen Glauben zu bekämpfen, wurde von der Redaktion gelehrter Theolo-
gie massiv in traditionelle Erzählungen über die Geschichte des Volkes Israel einge-
griffen17. Der Angriff des himmlischen Wesens auf Jakob am Fluß Jabbok (Gen.
32,22–30) erscheint ganz unmotiviert, ebenso dessen offensichtliche Angst vor dem
Sonnenaufgang. Ähnlich rätselhaft ist Ex. 4,24, wo geschildert wird, daß Gott Mose
überfällt, um ihn umzubringen. Beide Episoden erschließen sich dem Verständnis
nur, wenn man annimmt, daß hier volkstümliche Sagenstoffe, die vom Kampf mit
einem Nacht- bzw. Wüstengeist berichteten, eine radikale monotheistische Umdeu-
tung erlebten: Eine Kritik am Glauben an böse Geister zu formulieren, war den bib-
lischen Autoren offenbar so wichtig, daß sie es in Kauf nahmen, einem Engel oder
sogar YHWH selbst gewalttätige Angriffe ohne erkennbaren Grund oder Sinn auf die
wichtigsten Personen der jüdischen Geschichte zu unterstellen18.
Diese Art des Umgangs mit Geistermotiven kann auch in einer Episode nachge-
wiesen werden, in der es zwar nicht um Besessenheit, jedoch um Geisterspuk, Um-
sessenheit, geht. König Saul wurde vom Geist Gottes verlassen und von einem bösen
Geist heimgesucht (1 Sam. 16,14–23 und 18,10–11). Deutlich ist das Motiv von
Krankheit respektive Gesundheit als verursacht durch die Nähe zu Göttern und Gei-
stern19. David konnte den Geist zeitweilig durch sein Lyraspiel vertreiben. Sauls Geist
wurde als böse, aber auch als gottgesandt apostrophiert. Die Anfälle des Königs be-
zeichnete der biblische Autor als prophetisches Sprechen. Dennoch wurde die Musik
des Gottesmannes und Psalmendichters David als Mittel zur Austreibung des Gei-
stes präsentiert. Die Einordnung der Motive in die monotheistische Ordnung ist per-
fekt: Der Geist hat keinerlei Selbststand, sowohl seine Tätigkeit als auch seine Ban-
nung werden als Werk Gottes dargestellt20. Damit löste sich freilich die theologische
Deutung sozialen Verhaltens von den konkreten Formen des Verhaltens: Sauls Hand-
lungen unter dem Einfluß des bösen Geistes wurden analog, sogar mit denselben Vo-
kabeln, beschrieben wie die prophetische Ekstase, als der Geist Gottes ihn berührte
(1 Sam. 10,11 und 18,10). Die ›Scheidung der Geister‹ erfolgte nicht anhand spezifi-

17
Vgl. zum folgenden Anton JIRKU, Die Dämonen und ihre Abwehr im Alten Testament, in:
DERS., Gesammelte Schriften, Graz 1966, S. 1–107, hier S. 31f.; HAAG, Teufelsglaube (wie Anm.
2), S. 173, 180.
18
Ob Ex. 12,29 ebenfalls in diese Tradition gehört, muß hier offenbleiben.
19
Peter K. MACCARTER, I Samuel. A new Translation with Introduction, Notes & Commentary
(The Anchor Bible, Bd. 8), Garden City 1980, S. 280, spricht hier anschaulich, aber letztlich irre-
führend von einem »vacuum«, in das der böse Geist eindringe.
20
So perfekt, daß neuere, stark pastoral orientierte Kommentare den Geist ohne weitere Diskus-
sion als banalen erzählerischen Trick abtun und die ethische Dimension des Handelns Gottes selbst
zum Thema machen (vgl. David JOBLING, I Samuel, Collegeville 1998, S. 90f.).
42 Johannes Dillinger

scher Verhaltensmuster, sie wurde vielmehr allein bestimmt von der theologischen
Aussageabsicht, die hier die vorübergehende Begnadung Sauls, dort die Überlegen-
heit Davids (vgl. den direkten Kontext 1 Sam. 16,18.21) beweisen wollte21.
David gelang es, den Geist wenigstens zeitweise durch Musik zu vertreiben. Ob-
wohl er sich in Kommentaren stereotyp wiederholt, trägt der pauschale Hinweis, daß
die heilende und/oder Dämonen bannende Kraft von Musik allen Kulturen des Alten
Orients bekannt gewesen sei, wenig zur Erklärung dieser Passage bei22. Zunächst
muß festgehalten werden, daß in der Regel nicht angenehme Musik, sondern viel-
mehr Lärm als Mittel angesehen wurde, mit dem man böse Geister vertreiben konn-
te23. Wichtiger als die negative Konnotation aus dem Umfeld des Alten Israel er-
scheint daher die positive Bedeutung von Musik, wie sie dem Alten Testament über
die Psalmendichtung selbst hinaus entnommen werden kann: Der Geist Gottes hatte
vordem Saul ergriffen, als dieser die Musik der wandernden Propheten hörte (1 Sam.
10,5.10–11). Elisha mußte wie Saul eine Lyra hören, um sich dem Willen Gottes
öffnen zu können (2 Kö. 3,15)24. Die Selbstverständlichkeit, mit der die Höflinge
Saul rieten, sich von einem Lyraspieler von seinem Leiden befreien zu lassen, spricht
also wahrscheinlich nicht dafür, daß es sich hierbei um eine allgemein bekannte und
anerkannte Form von Exorzismus handelte, sondern vielmehr um eine Variante der
religiösen Bedeutung von Musik. Selbst die ›Abwehr‹ des Geistes stellte der bibli-
sche Autor also nur indirekt und uneigentlich dar: Seinem Gesamtkonzept entspre-
chend geht es um die Nähe zu Gott.
Eine weitere Strategie des Umgangs mit Geistermotiven aus der Populärkultur
wird in dem um 200 v.Chr. verfaßten Buch Tobit greifbar25. Dort erscheint der Geist
Asmodeus, der die sieben ersten Ehemänner Sarahs in der Hochzeitsnacht tötete
21
Einen Zusammenhang zwischen Sauls Heimsuchung durch den bösen Geist und seinem Be-
such bei der Totenbeschwörerin von Endor (1 Sam. 28,7–25), den die Hexenlehre der Frühen Neu-
zeit nahelegen würde, kennt die Bibel nicht (vgl. zur Episode von Geisterbeschwörung ausführlich
und skurril um political correctness bemüht JOBLING, Samuel (wie Anm. 20), S. 185–189). Auf
den dürren Sätzen des Bibeltextes eine medizinische Diagnose zu gründen, die Saul als manisch-
depressiven Patienten darstellt, dem David mit Musiktherapie Linderung verschaffen konnte, er-
scheint fragwürdig (vgl. kritisch MACCARTER, Samuel (wie Anm. 19), S. 280f.).
22
Vgl. etwa MACCARTER, Samuel (wie Anm. 19), S. 281. Deutlich bildet sich die Tradition der
Anthropologen der Intellektualistenschule in einem älteren Kommentar ab, der einen in diesem Zu-
sammenhang sehr fragwürdigen Verweis auf den graecoromanischen Kulturraum wagt (vgl. Henry
SMITH, A Critical and Exegetical Commentary on the Books of Samuel (The International Critical
Commentary, Bd. 9), New York 1899, S. 148).
23
HAAG, Teufelsglaube (wie Anm. 2), S. 156, 177; ausführlicher Theodor GASTER, Myth, leg-
end and custom in the Old Testament, New York 1969, S. 263–278.
24
Ob hierher auch, wie Jeffers vermutet, Miriams Freudengesang Ex. 15,20–21 gehört, erscheint
fraglich (vgl. JEFFERS, Magic (wie Anm. 12), S. 29).
25
Vgl. zu Textgestalt und Überlieferung Robert HANHART (Hrsg.), Tobit, Academia Scientia-
rum Gottingensis: Septuaginta. Vetus Testamentum Graece, Bd. 5, Göttingen 1983, S. 7–31. Cryer
vermutet exorzistische Motive in der Populärkultur Israels, schenkt Tobit aber keine weitere Auf-
merksamkeit (Frederick H. CRYER, Magic in Ancient Syria-Palestine and in the Old Testament, in:
ANKARLOO/CLARK, Witchcraft and Magic in Europe (wie Anm. 2), S. 137–139).
Beelzebulstreitigkeiten 43

(Tob. 3,7–8). Auf den Rat des Engels Raphael hin gelang es Tobias, Asmodeus zu
vertreiben, indem er nach seiner Hochzeit mit Sarah im Brautgemach die Galle eines
Fisches als Räucherwerk verbrannte. Der Geist floh ins entfernteste Ägypten, wo er
von Raphael gefesselt wurde (Tob. 8,1–3)26. Bedeutung und Herkunft des Namens
›Asmodeus‹/›Aschmodai‹ sind unklar. In der persischen Mythologie trägt einer der
Begleiter Angra Mainyus, des Gottes des Bösen, den Namen ›Aeshma daeva‹ (Geist
des Zorns)27. Da die Sarah-Episode im medischen Ekbatana angesiedelt wird, er-
scheint durchaus denkbar, daß ein leicht abgewandelter persischer Geistername über-
nommen wurde. Ebenfalls persischen Einfluß, jedoch nicht in der Form einer unkri-
tischen Übernahme, sondern als bewußte Verunglimpfung, vermutete Gray, der den
Namen ›Asmodeus‹ auf den obersten Gott der zoroastrischen Religion, Ahura Maz-
da, zurückführte: Damit hätte die alttestamentliche Polemik den wichtigsten Gott ei-
ner fremden Religion zum mörderischen bösen Geist herabgewürdigt28.
Die Asmodeus-Episode ist ebenso wie einige andere Elemente aus dem Buch To-
bit für das Alte Testament völlig atypisch. Das Ausräuchern böser Geister mit übel-
riechendem Material gehörte zum Kernbestand heidnischer Dämonenvertreibung29.
Hierbei handelt es sich offensichtlich um eine Übernahme aus der andersgläubigen
Umwelt, möglicherweise auch um ein Stück unorthodoxer jüdischer Volkskultur.
Gleichwohl ist der Text durchgehend und konsequent bemüht, die Motive von Zau-
ber- und Dämonenglaube, die er vermutlich in der mündlichen Überlieferung vor-
fand, abzuschwächen und in die YHWH-Religion einzupassen. Die Eingeweide des
Fisches werden in einer kurzen Belehrung durch den Engel fast wie Medikamente
nach modernem Verständnis dargestellt: Um sie anzuwenden, ist kein Ritual, keine
Anrufung eines Geistes oder Gottes nötig (Tob. 6,8–9). Darüber, wie Asmodeus die
Ehemänner von Sarah tötete, erfahren wir ebensowenig wie darüber, ob es frühere

26
Hier wird vermutlich nicht auf Ägyptens Reputation als Heimat mächtiger Zauberer ange-
spielt (vgl. Ex. 7,11), sondern nur eine menschenleere Einöde als Ort der Verbannung des Geistes
benannt (Carey MOORE, Tobit (The Anchor Bible, Bd. 40A), New York 1996, S. 236). Ob hier der
Gedanke, daß die Wüste die eigentliche ›Heimat‹ bösartiger oder zumindest schreckender Geister-
wesen ist, mitschwingt, muß offen bleiben. Die Fesselung Asmodeus’ spricht eher dagegen. Vgl.
zum Motiv der Fesselung böser Geister TRUNK, Heiler (wie Anm. 15), S. 384.
27
James BARR, The Question of Religious Influence. The Case of Zoroastrianism, Judaism, and
Christianity, in: Journal of the American Academy of Religion 13 (1985), S. 201–235, hier S. 214–
216; so neuerdings auch TRUNK, Heiler (wie Anm. 15), S. 383. Die jüdische Mystik versuchte, den
Namen ›Asmodeus‹ mit dem Hinweis darauf, daß er den gleichen numerischen Wert wie ›Pharao‹
hat, als Titel des Königs der Dämonen zu deuten (ISAACS, Ascending (wie Anm. 16), S. 102f.).
28
John GRAY, The Meaning of the Name Asmodeus, in: Journal of the Royal Asiatic Society of
Great Britain and Ireland NS 69 (1934), S. 790–792, passim.
29
TRUNK, Heiler (wie Anm. 15), S. 382–385; HAAG, Teufelsglaube (wie Anm. 2), S. 156. Vgl.
zur Frage der Übernahme heidnischen Erzählguts Paul DESELAERS, Das Buch Tobit. Studien zu
seiner Entstehung, Komposition und Theologie, Göttingen 1982, S. 280–291; Matthias DELCOR,
Apocrypha and Pseudepigrapha of the Hellenistic Period. Tobit, in: William DAVIES/Louis FINKEL-
STEIN (Hrsg.), The Cambridge History of Judaism, Bd. 2, Cambridge 1989, S. 409–503, hier S.
476–478; MOORE, Tobit (wie Anm. 26), S. 11–18, 201, 236.
44 Johannes Dillinger

Versuche gab, den Geist zu vertreiben. Sarah und ihre Familie scheinen überhaupt
nicht zu wissen, daß sie die Opfer eines bösen Geistes sind: Sarahs Gebet bietet kei-
nen Hinweis darauf, ihr Streit mit der Magd deutet in eine völlig andere Richtung
(Tob. 3,8–15)30. Die Vertreibung Asmodeus’ wird schließlich in bewußter Antikli-
max mit wenigen Sätzen abgetan. Selbst das Gebet um Schutz, das Tobias und Sarah
in der Hochzeitsnacht sprechen, wird nicht in der Situation verankert (Tob. 8,5–8).
Es bleibt unklar, ob das Brautpaar sich pauschal vor Gefahr schützen will, ob es die
Rückkehr des Geistes fürchtet oder noch gar nichts von seiner Bannung weiß. Wich-
tig ist dem biblischen Autor nur die Gelegenheit, seine Auffassung von Ehe darzu-
stellen und exemplarisch in Gebetsform zu bringen31. Daß Tobias schon vor seiner
Ankunft in Ekbatana von Asmodeus gehört hat (Tob. 6,14), ist für die Logik der
Handlung nötig. In der jetzigen Fassung des Textes wirkt die Passage als Fremdkör-
per, da nicht erläutert wird, woher er dieses Wissen hat, das eindeutig noch nicht
einmal Sarah selbst zugesprochen wird32. Es handelt sich hier wohl um einen Rest
einer älteren Überlieferungsschicht der Erzählung. Einen solchen Rest stellt auch die
in einigen Textzeugen erhaltene Notiz dar, nach der Asmodeus Sarah liebte. Man
wird hier einen Reflex auf die Mythe von den Göttersöhnen (Gen. 6,1–4) in einem
volkstümlichen Sagenstoff erkennen dürfen, der seinerseits zur Basis des Buches
Tobit wurde33. Daß der Engel Raphael als der eigentliche Dämonenvertreiber prä-
sentiert wird, erhöht für den heutigen Leser den phantastischen Charakter Tobits.
Raphael wurde als Gegner böser Geisterwesen angesehen: Ebenso wie Asmodeus
soll er Azazel gebunden haben (1 Hen. 10,4–5). Aber selbst dieses Element schuf für
die Zeitgenossen Distanz zu Heterodoxie und Zauberei: Die Kompetenz, sich mit
bösen Geistern auseinanderzusetzen, wird nicht Magiern und Exorzisten, sondern
himmlischen Wesen und damit Gott zugesprochen. Daß als Begleiter und Helfer To-
bias’ ein Engel erscheint, ist sehr wahrscheinlich bereits ein redaktioneller Eingriff
in ein populäres Vorgängerfabulat, in dem ursprünglich ein dankbarer Totengeist fir-
mierte34. Angesichts dieses Befundes erscheint es unangemessen, Tobit als Muster-
beispiel für die Kontamination biblischer Theologie mit unorthodoxem Volksglauben
abzuqualifizieren. Es handelt sich hier vielmehr um den Versuch, populäre magisch-
religiöse Stoffe aufzuarbeiten und mit theologischem Inhalt zu füllen.
Die Zurückhaltung der biblischen Redaktion dem Dämonenstoff gegenüber gab
die spätere Überlieferung auf: Der Unterhaltungswert der Erzählung war zu verführe-
risch. Asmodeus, den die biblische Fassung konsequent zur ›Unperson‹ ohne Eigen-
schaften oder klare Motivation gemacht hatte, entwickelte sich zum ›Helden‹ eines
Fabulatkomplexes. Der Dämon wurde in der jüdischen Überlieferung zum Doppel-

30
MOORE, Tobit (wie Anm. 26), S. 146, 148, 152.
31
Das Gebet gehört heute zur Hochzeitszeremonie der Amish. Hieronymus erkannte das Poten-
tial der Stelle: Entsprechend seiner Ehetheologie griff er autoritativ in den Text ein und ergänzte ei-
ne dreitägige Abstinenz der Eheleute (ebd., S. 241–245).
32
Ebd., S. 148, 152, konstatiert den latenten Widerspruch, ohne ihn zu deuten.
33
Vgl. ebd., S. 205, 243.
34
Ebd., S. 10–14.
Beelzebulstreitigkeiten 45

gänger, Gegner und unfreiwilligen Helfer Salomos, den er beim Tempelbau unter-
stützen mußte. Er erhielt eine Familiengeschichte, nach der er verheiratet und selbst
der Sohn des gefallenen Engels Shamadon und einer menschlichen Frau sein sollte.
In der jüngeren jüdischen Überlieferung wurde Asmodeus immer mehr zur komi-
schen, fast schon sympathischen Figur, die mit dem gesichtslosen Geist des Buches
Tobit kaum mehr gemein hatte als der ›dumme Teufel‹ der mitteleuropäischen Volks-
überlieferung mit dem Satan der christlichen Theologie35.
Das Buch Tobit dürfte nach dem Jahr 200 v.Chr. verfaßt worden sein, nachdem
der jüdische Schriftenkanon abgeschlossen worden war36. Aufnahme in die katholi-
sche Bibel fand es nur vermittelt über die Septuaginta. Tobit gehört somit zu dem
deuterokanonischen Schrifttum des ersten und zweiten vorchristlichen Jahrhunderts.
Erst in diesen sogenannten Pseudepigraphen gewann die Lehre von den Geistern an
Bedeutung. Die Eingliederung Palästinas in die hellenistischen Reiche nach der Er-
oberung des Jahres 331 v.Chr. stürzte die traditionelle Kultur in eine schwere Krise.
Aus der Erfahrung nicht nur kultischer Überfremdung, sondern auch religiöser Par-
teienbildung innerhalb des Judentums entstand ein Schrifttum neuer Qualität, das so-
wohl den Jenseits- und Auferstehungsglauben des Christentums vorbereitete als auch
die Grundzüge seiner Dämonologie entwarf.
Erst jetzt wurde eine Verbindung zwischen den bösen Geistern und dem Satan ge-
schaffen. Der oben beschriebene Rigorismus, der radikal Gott für jedes Übel verant-
wortlich gemacht und so Schadensgeister verdrängt hatte, wurde nicht durchgehalten.
Man versuchte, den monarchischen Monotheismus für die Theodizeeproblematik
fruchtbar zu machen. Die nachexilische Redaktion des Buches Ijob führte ein nicht
näher charakterisiertes himmlisches Wesen, den Satan, ein (Ijob 1,6–12 und 2,1–7)37.
Auf Forderung des Satans und durch ihn, wenn auch mit Erlaubnis Gottes, wurde
Ijob geschädigt38. Die Person des Satans ist wohl erst möglich geworden, nachdem
Israel in Kontakt mit dem persischen Reich gekommen war. Dort gab es seit dem 5.
Jahrhundert einen reisenden Visitationskommissar, das ›Auge des Königs‹, der Miß-
stände aufzudecken und anzuzeigen hatte39. Diese Rolle übernahm im Hofstaat Got-
tes der Satan, der ›Ankläger‹. Die geläufige Erklärung der Aufgabe des Satans durch
den Verweis auf die Funktion eines Staatsanwalts oder auch nur eines Klägers im
Gerichtswesen ist ahistorisch und irreführend: Erstens kannte die Justiz des alten Is-
rael keinen amtlichen Ankläger, zweitens hat der Ijob-Prolog nicht den Charakter ei-
ner Gerichtsverhandlung. Strafe und Verführung zur Sünde wurden vom Werk Gottes

35
Vgl. Pes. 110a, Zoh. 3,76b; dazu TRUNK, Heiler (wie Anm. 15), S. 386f.; MOORE, Tobit (wie
Anm. 26), S. 46–48, 154; ISAACS, Ascending (wie Anm. 16), S. 102f.
36
MOORE, Tobit (wie Anm. 26), S. 40–42, 48–53.
37
Vgl. dazu HAAG, Teufelsglaube (wie Anm. 2), S. 201–205.
38
Hierauf beruhte natürlich die Konstruktion der permissio Dei in der Dämonologie.
39
HAAG, Teufelsglaube (wie Anm. 2), S. 199–203; A. Leo OPPENHEIM, The Eyes of the Lord,
in: Journal of the American Oriental Society 88 (1968), S. 173–180, passim; Hans H. SCHRAEDER,
Das Auge des Königs, in: Iranica 3,10 (1934), S. 3–24, passim. Den Kontext untersucht neu Mela-
nie KOEHLMOOS, Das Auge Gottes. Textstrategie im Hiobbuch, Tübingen 1999.
46 Johannes Dillinger

zur Aufgabe des Satans: So schrieb etwa 1 Chr. 21 eine aus 2 Sam. 24 bekannte Epi-
sode um: Während in 2 Sam. Gott selbst David den Gedanken eingibt, eine schwere
Sünde zu begehen, ist es in 1 Chr. der Satan, der den König verführt.
Die alttestamentliche Episode von Göttersöhnen, die auf die Erde hinabsteigen
und mit Menschen Heroen zeugen (Gen. 6,1–4)40, wurde von den Pseudepigraphen
zum bekannten Motiv des Engelsturzes, des Entstehungsmythos’ der Dämonen, um-
gestaltet und mit dem Satan verbunden41. Diesen verstand man als den mächtigsten
gestürzten Engel. Neben dem Satan wurden weitere böse Geisterwesen genannt: Be-
lial oder Beliar (Abgrund), den das Neue Testament noch erwähnt, und der Fürst
Mastema (Feindschaft). Hier schloß sich ein Kreis: Der Monotheismus hatte die Ent-
fernung des bösen Geistes aus Ex. 4,24 gefordert, so daß Moses Angreifer mit Gott
identifiziert werden mußte. Das apokryphe Jubiläenbuch gestaltete die Episode im
Licht von Theodizeeproblematik und Dämonologie nochmals um: Nun sollte der
Fürst Mastema, der Anführer der bösen Geister, Mose attackiert haben. Diese Entla-
stung Gottes eröffnete die Möglichkeit, den Gegner zu verteufeln. Die Episode wurde
in eine dämonologisch umgestaltete Exoduserzählung eingefügt: Der Fürst Mastema
war die treibende Kraft hinter dem Pharao, er inszenierte die zeitweilige Festnahme
Moses ebenso wie den Angriff der Ägypter auf das ausziehende Israel. Das Attentat
auf Mose war nur einer der Versuche Mastemas, den Ägyptern zum Sieg über das
Gottesvolk zu verhelfen (Jub. 48,2–3 und 9,15–19)42.
In den bösen Geistern der Apokryphen wurde der Satan, der Verführer zur Sünde,
mit den schreckenden und schädigenden Geistern des Volksglaubens zusammenge-
führt. Damit war die Grundlage der Dämonologie gelegt: eine Vereinheitlichung von
Schadensgeistern, Spukgeistern und Verführungsgeistern in einer hierarchischen Ord-
nung. Mt. 12,43–46 und Lk. 11,24–26 konnten, anders als die ältere Tradition, Wü-
stengeister und einfahrende Geister identifizieren. Das Heer der Dämonen wurde von
einer dualistischen Theologie als Gegner Gottes interpretiert, der Satan wurde vom
Widersacher des einzelnen Menschen tendenziell zum Widersacher Gottes43. Ent-
sprechend wurde die Beseitigung der Dämonen zum Motiv der Apokalyptik: Ein
kommendes Reich Gottes sollte am Ende des Äons die Dämonen endgültig überwin-
den44. Das Konzept von bösen Geistern, die sowohl Krankheit bringen als auch zur
Sünde verführen, wurde offengehalten und in beide Richtungen weitergeführt.
Das erste Henochbuch und das Jubiläenbuch charakterisierten, ähnlich wie Tobit,
die Engel als eigentliche Gegenspieler der bösen Geister. Daß der Exorzismus nach
wie vor nicht thematisiert wurde, erklärt sich vor allem aber daraus, daß die zwischen-

40
Vgl. auch in ähnlicher Motivik Ps. 82. Das ›Herabsteigen‹ wird eindeutig zum Sturz und zur
Strafe in Jes. 14,12 und 24,21–23. Vgl. zu dieser Mythe grundlegend Julian MORGENSTERN, The
Mythological Background of Ps. 82, in: Hebrew Union College Annual 14 (1939), S. 29–126, passim.
41
Vgl. dazu HAAG, Teufelsglaube (wie Anm. 2), S. 221–227, 233, 241–245.
42
Ebd., S. 231f.
43
Franz ANNEN, Die Dämonenaustreibungen Jesu in den synoptischen Evangelien, in: Theolo-
gische Berichte 5 (1976), S. 107–146, hier S. 130–132.
44
TRUNK, Heiler (wie Anm. 15), S. 291f.
Beelzebulstreitigkeiten 47

testamentliche Geisterlehre sich auf die Gefahr der Verführung durch Dämonen kon-
zentrierte45. Nicht der Körper des Menschen oder seine Umwelt, sondern vielmehr
seine Seele waren das Angriffsziel der Dämonen. Die Lehre von den bösen Geistern
hatte ihren Sitz im Leben damit in der Paränese. Unter den in Quamran gefundenen
Textfragmenten befanden sich vier apokryphe Psalmen, die als die Lieder präsentiert
wurden, mit denen David den bösen Geist von Saul vertrieben hatte. Daß es sich
hierbei um Gebete für Exorzisten handelte, muß bezweifelt werden. Vermutlich dien-
ten die Texte einem ethischen Konzept, entsprechend eher dem Einzelnen oder der
Gemeinde zur Versicherung gegen moralische Zweifel und Schuldgefühle46.
Trotz aller Unterschiede wird man die Traditionen des Alten Testaments und der
Apokryphen hinsichtlich der Vertreibung böser Geister unter einen gemeinsamen
Nenner bringen können, der zugleich die jüdischen Überlieferungsstränge mit den
heidnischen verband: Die Vertreibung eines Geistes war an eine instrumentell wirk-
same Handlungsfolge, das Lyraspiel oder das Verbrennen von Räucherwerk, gebun-
den47. Im weiteren Sinn wird man von rituellen Exorzismen sprechen können48.
Das Neue Testament zeichnet hier ein vollständig anderes Bild. Zunächst soll die
jeweilige Darstellung der Besessenen untersucht werden. Die Texte werden dabei
auf die in ihnen implizierten sozialen Plausibilitäten befragt, auf die Räume und For-
men, in denen dämonische Besessenheit denkbar war. Die Exorzismusschilderungen
sind disparat49. Zunächst suggerieren die zahlreichen summarischen Hinweise auf
Dämonenaustreibungen, daß die wenigen Fälle, denen die Erzählungen etwas klare-
re Konturen verleihen, nur einen Bruchteil der Gesamtzahl darstellen. Selbst diese
Handvoll von Exorzismusepisoden zeichnet aber Personen als Opfer der Dämonen,
die sich weder hinsichtlich ihres Geschlechts, ihres Alters, ihrer sozialen Position
noch ihrer Religion derselben Gruppe zuordnen lassen50. Der Besessene von Kaphar-
naum wohnte offenbar der Versammlung in der Synagoge bei. Der Text bietet keiner-
lei Anhaltspunkt dafür, daß der Mann nicht als vollberechtigtes Mitglied der Syna-
gogengemeinde anerkannt wurde (Mk. 1,23; Lk. 4,33). Wie sich seine Besessenheit

45
Das folgende ebd., S. 270–275. Vgl. auch Martin HENGEL, Judentum und Hellenismus, Tü-
bingen 21973, S. 398.
46
TRUNK, Heiler (wie Anm. 15), S. 280–282, 288; dagegen Émile PUECH, Un rituel d’exor-
cismes, in: Revue de Qumrân 14 (1990), S. 377–403, hier S. 402f.
47
Dies gilt auch, wenn der Gesang zur Lyra, wie oben geschildert, originär nicht zur Vertrei-
bung böser Geister, sondern zur Konzentration auf Gott diente: Das ritualistische und instrumentel-
le, insofern bis zu einem gewissen Grad technische Element wird gerade darin deutlich, daß nur der
beste Musiker für Saul spielen sollte.
48
Die Differenzierung zwischen charismatischem und rituellem Exorzismus wird von Trunk
übernommen. Trunks Terminus ›ritualisierter‹ Exorzismus wird jedoch gemieden, da er suggeriert,
daß der charismatische Exorzismus die ältere Form sei (vgl. programmatisch prägnant TRUNK, Hei-
ler (wie Anm. 15), S. 21f.).
49
Vgl. zur Orientierung die Zusammenstellung der Exorzismen in den synoptischen Evangelien
bei ANNEN, Dämonenaustreibungen (wie Anm. 43), S. 110–112.
50
Vgl. zum folgenden TWELFTREE, Jesus (wie Anm. 11), S. 143–145; Rainer KAMPLING, Jesus
von Nazareth. Lehrer und Exorzist, in: Biblische Zeitschrift 30 (1986), S. 237f.
48 Johannes Dillinger

äußerte, wird weiter unten näher untersucht. Der besessene Junge aus Mt. 17,14–21,
Mk. 9,14–29 und Lk. 9,37–42 scheint aus einer gesellschaftlich anerkannten Familie
zu stammen. Die Menschenmenge, die ihn und seinen Vater umgab, kann kaum ein-
fach nur mit der Neugier der Passanten erklärt werden, da nicht erwähnt wird, daß
das Kind akute Zeichen von Besessenheit zeigte51. Vielmehr sollte hier wohl die An-
teilnahme der Öffentlichkeit an der Notlage des Vaters demonstriert werden. Die seit
Jahren andauernden Besessenheitsphänomene führten offenbar nicht dazu, daß die
Familie des Jungen gemieden wurde. Seine Heilung wurde vielmehr zum solidarisch
getragenen gemeinsamen Anliegen. Dafür spricht auch, daß die Schriftgelehrten sich
die Mühe machten, mit den Jüngern öffentlich über den Exorzismus zu diskutieren.
In Mk. 7,24–30 und Mt. 15,21–28 ist davon die Rede, daß Jesus auf Bitte einer Mut-
ter deren Tochter von einem unreinen Geist befreite. Der Kontext der Erzählung ist
Jesu ›Heidenmission‹, die Frau und damit auch die besessene Tochter werden durch
die Bezeichnung als Griechen und Syrophönizier bei Markus, als Kanaanäer bei Mat-
thäus nachdrücklich als Heiden gekennzeichnet52. Aus den Hinweisen auf den helle-
nistischen kulturellen Kontext der Familie der Besessenen und dem Umstand, daß er
in ihrem Elternhaus gepflegt wurde, wollte Twelftree folgern, sie stamme aus der
Oberschicht53.
Die Exorzismuserzählung der Bibel, die das Bild des Besessenen vielleicht am
nachdrücklichsten geprägt hat, die Dämonenaustreibung in Gerasa (Mk. 5,1–20; Lk.
8,26–39) bzw. Gadara (Mt. 8,28–34) zeichnet ein anderes soziales Profil des Betrof-
fenen. Der Besessene – in der Matthäus-Fassung die beiden Besessenen – haben ihre
gesellschaftliche Einbindung und ihre familiären Bindungen völlig verloren. Mat-
thäus reduziert sie darauf, daß sie eine Bedrohung für andere Menschen darstellten.
Die beiden anderen Synoptiker machen dagegen das Heraustreten aus der Gesell-
schaft zum Thema und die Reintegration zum zentralen Anliegen Jesu. Der Besessene
war tobsüchtig. Normale Beziehungen konnte er nicht mehr unterhalten. Die Reste
gesellschaftlicher Bindungen wurden zur Fesselung des Besessenen mit Ketten per-
vertiert. Selbst diese rein negative ›Anbindung‹, die noch eine gewisse Fürsorge impli-
zierte, scheiterte. Der Besessene war geflohen, er lebte in Gräbern, d.h. an unreinen,
gemiedenen Orten. Markus und Lukas beschreiben ausführlich und kontrastierend
den Effekt der Heilung: Das Verhalten des Mannes normalisierte sich, er konnte
wieder mit anderen Menschen umgehen. Die Bitte des Geheilten, sich ihm als Jün-
ger anschließen zu dürfen, lehnte Jesus ab. Er schickte ihn ausdrücklich zurück in
sein Haus und zu seiner Familie54. Die Vorteile, die es hätte haben können, als Macht-
beweis marktschreierisch einen von Dämonen Befreiten unter seinen ihn begleiten-

51
Vgl. die kritische Sichtung der Forschung bei TWELFTREE, Jesus (wie Anm. 11), S. 91–93.
52
Vgl. Gail O’DAY, Surprised by Faith. Jesus and the Canaanite Woman, in: Listening 24
(1989), S. 290–301; Gerd THEIßEN, Lokal- und Sozialkolorit in der Geschichte von der syrophöni-
kischen Frau (Mk. 7,24–30), in: Zeitschrift für neutestamentliche Wissenschaft und die Kunde der
älteren Kirche 75 (1984), S. 202–225.
53
TWELFTREE, Jesus (wie Anm. 11), S. 144f. nach HOLLENBACH, Jesus (wie Anm. 1), S. 571.
54
Vgl. Mk. 5,18–20; Lk. 8,38–39.
Beelzebulstreitigkeiten 49

den Anhängern vorzuzeigen, interessierten Jesus offensichtlich nicht. Wie die Beses-
senheit deutlich im Modus sozialer Beziehungen beschrieben worden war, so wurde
die Wiederaufnahme in die Gesellschaft letztes Ziel des Exorzismus. Aus welchem
Stratum der Gesellschaft der Besessene gekommen war, verlor gegenüber dieser
Hauptaussage für die Evangelisten seine Bedeutung und muß daher offenbleiben.
So unterschiedlich die gesellschaftliche Position der Besessenen ausfiel, so unter-
schiedlich waren auch die Beschreibungen der Besessenheitsphänomene. Der Mann
in der Synagoge von Kapharnaum (Mk. 1,23; Lk. 4,33) machte überhaupt nur auf
sich aufmerksam, weil er in lautes Geschrei ausbrach, als Jesus zu predigen begann.
Daß der Besessene in der Synagoge anwesend sein durfte, könnte darauf hindeuten,
daß sein Zustand bislang unentdeckt geblieben war. Erst die Predigt Jesu brachte
den Geist dazu, sich durch eine aggressive Abwehrreaktion zu verraten55. Die Vor-
stellung von einer Besessenheit, die sich erst durch die vorausgreifende Abwehr des
Dämons gegenüber einem potentiellen Exorzisten feststellen läßt, war in der helleni-
stischen Überlieferung bekannt56. Die theologische Aussageabsicht dieser stark kon-
struierten Erzählung ist deutlich: Markus setzte ganz an den Beginn seiner Schilde-
rung der Tätigkeit Jesu eine Episode, die die Autorität von dessen Predigt indirekt
über die wütende und ängstliche Antwort des bösen Geistes beweisen sollte. Diese
Autorität der Predigt wurde gerade eben dadurch unterstrichen, daß der Dämon in
ihr überhaupt nicht angesprochen worden war, trotzdem aber einen Kampf gegen Je-
sus aufnehmen wollte. Der Geist reagierte, als sei ein Exorzismus begonnen worden.
Indirekt war dies bereits eine Aussage über die Dämonenaustreibungen Jesu und
ihre Beziehung zu seiner gesamten Mission: Jesus brauchte keine festen Formeln
und rituelle Routinen, um sich für das Wohl der Menschen einzusetzen. Seine ge-
samte Tätigkeit verfolgte dieses Ziel mit unerhörter Energie. Die hier exemplarisch
eng geführte Verbindung von Predigt und Dämonenaustreibung war im gesamten re-
ligiösen Umfeld des Neuen Testaments unbekannt. Für Jesus und seine Jünger frei-
lich wurde sie programmatisch57.
Ausführlich wird das Verhalten des besessenen Jungen geschildert: Die als Beses-
senheit gedeuteten Phänomene zeigten sich nur zeitweilig. Das Kind fiel zu Boden,
ihm trat Schaum vor den Mund, es knirschte mit den Zähnen. Es fiel – oder stürzte
sich absichtlich – in Wasserflächen und offenes Feuer (Mt. 17,14–21; Lk. 9,37–42).
Bei Markus war der Junge zudem stumm und taub (Mk. 9,14–29). Der Wortlaut legt

55
TWELFTREE, Jesus (wie Anm. 11), S. 59f., 144. Hollenbach holte diesen Sinn der Episode nicht
ein, da er einfach davon ausging, daß die Possession des Mannes bekannt war und er dennoch ohne
weiteres zur Synagogenversammlung zugelassen wurde (HOLLENBACH, Jesus (wie Anm. 1), S. 571).
56
TWELFTREE, Jesus (wie Anm. 11), S. 60. Vgl. Vit. Ap. 4,20; dazu TRUNK, Heiler (wie Anm.
15), S. 338–342. Man wird diese Parallele jedoch trotz der grundsätzlichen Übereinstimmung inso-
weit mit Vorsicht betrachten müssen, als hier ausdrücklich festgehalten wurde, daß der Besessene
zwar erst vom Exorzisten als solcher erkannt, sein sozial auffälliges Verhalten jedoch bereits von an-
deren bemerkt und kritisiert worden war. Anders als bei den Jesuserzählungen wurde Besessenheit
zudem von Apollonios positiv diagnostiziert.
57
Vgl. dazu KAMPLING, Jesus (wie Anm. 50), passim.
50 Johannes Dillinger

dabei nahe, daß das Kind nicht gehörlos war, sondern sein Sprachverlust ebenso an-
fallsartig wie die übrigen Symptome auftrat.
Daß die heidnische Frau Jesus allein aufsuchte, ohne ihre besessene Tochter zu
ihm zu bringen (Mk. 7,24–30; Mt. 15,21–28), suggeriert, daß das Mädchen sich so
stark auffällig verhielt, daß es nicht in der Öffentlichkeit gezeigt werden sollte. Der
Hinweis in Mk. 7,30, daß das Kind nach dem Fernexorzismus ruhig schlafend auf-
gefunden wurde, legt nahe, daß hier nicht der Verlust von Sinneseindrücken oder
kurzzeitige Anfälle als Besessenheit verstanden worden waren, sondern wohl eher
Tobsucht ähnlich der des Besessenen von Gerasa58. Dieser verletzte sich selbst, schrie,
tobte und entwickelte außerordentliche Kraft (Mk. 5,1–20; Mt. 8,28–34; Lk. 8,26–
39)59. Als ungewöhnlich stark wurde auch der Besessene in der Episode Apg. 19,11–
17 dargestellt. Ein weiterer Besessener war stumm (Lk. 11,14) bzw. stumm und blind
(Mt. 12,22). Darüber hinaus werden in diesen Episoden keine Verhaltensmerkmale
der Opfer der Dämonen geschildert, es dürfte also nur die Störung der Sprache bzw.
der Sinne als dämonische Possession verstanden worden sein. Die Summarien gehen
auf die Erscheinungsform der Besessenheit nicht ein.
Aus diesem komplexen Befund ergeben sich zwei negative Folgerungen. Erstens
wird man die Behauptung, Besessenheitserscheinungen seien Versuche, mit sozialer
Spannung umzugehen, anhand der Darstellungen des Neuen Testaments nicht erhär-
ten können60. Hollenbach hat so argumentiert. Indem er methodisch fragwürdig die
Erzählungen des Neuen Testaments mit Fällen von vermuteter Besessenheit und
Geisteskrankheit im kolonialen Algerien und Haiti des 20. Jahrhunderts verglich, ver-
suchte er zu belegen, daß es der soziale und politische Druck der römischen Besat-
zung gewesen sei, der die Besessenheitsphänomene als Massenerscheinung ausgelöst
habe. Besessenheit sei ein Mittel, gesellschaftlichen Belastungen auszuweichen, oder,
wie Hollenbach angesichts der Parallelisierung der römischen Legionen und der Dä-
monen in Gerasa plausibel machen wollte, gar eine Form politischen Protestes61.
Eine solche funktionalistische Engführung ist in sich problematisch; der biblische
Befund weckt weitere Zweifel: Daß sich die durch das Besatzungsregime ausgelöste
gesellschaftliche Krise gleichermaßen als Besessenheitsphänomen bei Personen aus

58
Die Beschreibung des Zustandes des Mädchens nach dem Exorzismus läßt Twelftree außer
acht, kommt jedoch zu ähnlichen Vermutungen. Seine Spekulation über Angstzustände, unter de-
nen das Mädchen gelitten haben soll, deuten den Text in Richtung einer dämonischen Obsession
ähnlich der Sarahs. Dies wäre im Neuen Testament ohne weiteres Beispiel (TWELFTREE, Jesus (wie
Anm. 11), S. 144f.).
59
Hollenbachs Behauptung, die ›Schwere‹ der Besessenheit sei häufig durch die Anzahl der in
das Opfer eingefahrenen Dämonen ausgedrückt worden, bezieht sich nur auf die Erwähnung der
›Legion‹ böser Geister in Gerasa (HOLLENBACH, Jesus (wie Anm. 1), S. 570). Von hier auf den Dä-
monenglauben insgesamt zurückschließen zu wollen, verbietet die Quellenlage.
60
Ebd., passim; vgl. auch John D.M. DERRETT, Spirit-Possession and the Gerasene Demoniac,
in: Man NS 14 (1978), S. 286–293, hier S. 288.
61
HOLLENBACH, Jesus (wie Anm. 1), S. 572–582. Fragwürdig ist hier der Versuch, Quellenlük-
ken durch »sociologically oriented approches« überwinden zu wollen (ebd., S. 572f.).
Beelzebulstreitigkeiten 51

verschiedenen sozialen Schichten und Altersgruppen, bei beiden Geschlechtern, Ju-


den und Heiden geäußert haben soll, ist äußerst fragwürdig62. Angemessener dürfte
es sein, auf den kulturellen Umbruch hinzuweisen, den der Kontakt mit hellenisti-
schen Gesellschaften, nicht erst nach der römischen Eroberung, sondern spätestens
seit Antiochus IV. Epiphanes, in Palästina auslöste. Dadurch erst wird erklärbar,
weshalb zu neutestamentlicher Zeit offenbar fast alle gesellschaftlichen Gruppen be-
reit waren, außergewöhnliches Verhalten als dämonische Besessenheit zu deuten,
obwohl die Tradition des Alten Testaments so wenig über Dämonen und nichts über
einfahrende Geister sagte63. Hollenbach führte seine Argumentation konsequent wei-
ter: Besessenheit könne als ›Eskapismus‹ verstanden werden. Sie habe insofern dazu
beigetragen, den status quo in Palästina aufrechtzuerhalten und sei daher von den re-
ligiösen und staatlichen Autoritäten akzeptiert worden. Die Exorzismen seien des-
halb ein wesentlicher Grund für die feindselige Haltung dieser Autoritäten Jesus ge-
genüber gewesen64. Da bereits die Grundlagen von Hollenbachs weit ausholendem
Gedankengang fragwürdig sind, kann er mit dem zweifelhaften Beleg Lk. 13,32 nicht
ausreichend gestützt werden.
Es ergibt sich aus der Durchsicht der Quellen zweitens, daß die pastoral motivierte
Behauptung, Besessenheit sei einfach nur die biblische Sprache für Geisteskrankheit,
nicht zutrifft: Sicher wurden vornehmlich Störungen des Bewußtseins als Besessenheit
gedeutet, grundsätzlich scheint aber jede Krankheit, ganz entsprechend älteren heid-
nischen Konzepten, als Wirken eines Dämons interpretierbar gewesen zu sein. Dassel-
be Symptom, die Unfähigkeit zu hören und zu sprechen, kann sowohl als Besessenheit
gedeutet werden als auch unkommentiert stehen, d.h. wohl als Krankheit verstanden
werden (Mk. 7,31–37 und 9,14–27)65. Die Diagnose ›dämonische Besessenheit‹ war
durch das soziale Umfeld der Betroffenen, das zum Teil deutlich als Öffentlichkeit
apostrophiert wurde, immer schon vorgegeben: Jesus und seine Jünger stellten Be-
sessenheit selbst weder positiv fest noch hinterfragten sie je eine solche Diagnose.

62
Hollenbachs Behauptung, die Besessenen hätten großenteils zur Unterschicht gehört, kann
aus den Quellen, wie oben gezeigt, nicht erhärtet werden. Seine Argumentation in diesem Punkt
braucht nicht weiter kommentiert zu werden: »The larger number [of demoniacs] […] must have
come from the lower class in response to the horrendous economic conditions of the time. These
conditions were enough to drive anyone mad« (ebd., S. 580f.).
63
Die Einschränkung ›fast alle‹ ist notwendig, da kein Zeugnis darüber vorliegt, daß die religiös
konservativen Sadduzäer den Dämonenglauben akzeptierten. Dazu faktisch korrekt, allerdings mit
problematischer Deutung ebd., S. 580.
64
Die Pharisäer führten laut Hollenbach deshalb nur wenige Exorzismen durch, weil auch sie
Teil des ›Unterdrückungssystems‹ waren (ebd., S. 583).
65
Selbst Kampling holte diese Offenheit der Zuschreibung von Besessenheit nicht ein. Er wand-
te auf die biblischen Texte eine Auffassung von Exorzismus an, die der traditionellen kirchlichen
Lehre, nicht aber den Evangelien entspricht: »Auch wenn der antike Mensch Krankheiten ganz all-
gemein auf den Einfluß schädigender Geister zurückzuführen wußte, so ist die Besessenheit eines
Menschen durch den Dämon doch eine bedeutend gewichtigere Manifestation der feindlichen Kräf-
te. Der Besessene ist seines eigenen Ichs beraubt, an dessen Stelle der Dämon getreten ist« (KAMP-
LING, Jesus (wie Anm. 50), S. 238).
52 Johannes Dillinger

Erst in der Apostelgeschichte werden unterschiedliche kulturelle Deutungen von


Besessenheit erkennbar. Im makedonischen Philippi begegnete Paulus eine Sklavin,
deren Besitzer ihre Dienste als Orakel anboten (Apg. 16,16–24). Ihre Fähigkeiten als
Wahrsagerin wurden offenbar so gedeutet, wie es die griechische Tradition vorgab:
Wie Pythia wurde die Sklavin von einem Gott ergriffen, der durch sie als Medium
auf die Fragen der Ratsuchenden antwortete66. Dieses Orakel wurde von Lukas,
wenn nicht als Jahrmarktsattraktion, so doch eindeutig als Geschäft dargestellt: Die
Sklavin, der die Würde einer Priesterin ebenso fehlte wie ihren Besitzern irgendeine
erkennbare Verbindung zu einem etablierten Kult, mußte für den Profit ihrer Herren
arbeiten. Paulus deutete die Ekstasen der Orakelsklavin als dämonische Besessenheit
und exorzierte sie. Daraufhin wurden Paulus und sein Helfer Silas von den Besitzern
der Sklavin bei der römischen Obrigkeit verklagt. Lukas suggerierte dabei als Motiv
der Anklageerhebung den finanziellen Verlust, den das Ende der Wahrsagerei für
die Herren der Sklavin bedeutete. Dennoch lassen die Anklagepunkte einen tieferen
Konflikt durchscheinen: Paulus und Silas wurde vorgeworfen, Juden zu sein, die
heidnische Traditionen verletzten. Bezeichnend ist der Rekurs der Ankläger auf die
nicht nur rechtliche, sondern auch kulturelle Einheit, die das römische Bürgerrecht
zwischen ihnen und der Obrigkeit schaffen sollte. Offenbar wurde also nicht nur der
Exorzismus abgelehnt, es ging auch um das diesem zugrundeliegende Verständnis
der Besessenheit: Die positive Wertung als Ergriffenheit durch einen Gott im heid-
nisch-hellenistischen Kontext stand gegen die negative Deutung als Possession im
jüdischen und entstehenden christlichen Horizont. Der Streit um das Orakel in Phi-
lippi zeigte damit sehr deutlich die Konfliktlinie eines Kulturzusammenstoßes, der
Konkurrenz von Deutungssystemen, wie sie für Missionssituationen charakteristisch
ist67. Zur typischen Pauluserzählung wurde die Episode durch ihre Auflösung, in der
die Missionare auch für sich die Rechte von cives einforderten (Apg. 16,37–40).
Die Besessenheit als solche bleibt im Neuen Testament theologisch völlig unre-
flektiert. Die biblischen Autoren verweigern konsequent jede Erklärung dafür, wieso
die Opfer der Dämonen von diesen attackiert wurden. Die Besessenheit wurde nicht
als Sündenstrafe apostrophiert68. Ob es ein solches Verständnis analog der Ethisie-

66
Vgl. dazu Georg LUCK, Arcana mundi, Baltimore 21986, S. 229–234, 288f.
67
Daß Kirchschläger keinen wesentlichen Unterschied zwischen der Episode in der Apostelge-
schichte und den Exorzismen des Evangliums gelten lassen wollte, ist insofern unverständlich (Wal-
ter KIRCHSCHLÄGER, Jesu exorzistisches Wirken aus der Sicht des Lukas, Klosterneuburg 1981, S.
256).
68
So richtig die Beobachtung Kremers ist, daß die Verbindung von Krankheit und Sünde in Tei-
len der jüdisch-christlichen Theologie eine Trennung von Verführungsgeistern und einfahrenden
Krankheitsgeistern problematisch macht, so ist doch festzustellen, daß es keinerlei Beleg für das
Verständnis von Besessenheit als Sündenstrafe im Umfeld Jesu gibt. Auch Apg. 10,38 kann die Be-
weislast eines Gegenargumentes nicht tragen (Jacob KREMER, »Heilt Kranke … treibt Dämonen
aus!« (Mt. 10,8). Zur Bedeutung von Jesu Auftrag an die Jünger für die heutige Pastoral, in: Josef
WIENER (Hrsg.), Zeichen des Heils, Wien 1975, S. 33–52, hier S. 41f.). Hollenbach verweist in die-
sem Zusammenhang auf Jo. 9,2–3. Dies erscheint wenig hilfreich, weil hier nicht von einem Beses-
Beelzebulstreitigkeiten 53

rung von Krankheit in der Gesellschaft gab, muß offenbleiben. Zeugnisse dafür oder
gar eine positive Akzeptanz dieser Deutung finden sich im Neuen Testament nicht.
Ein Dialog um Heilung und Sündenvergebung, wie er in Mk. 2,5–10 geschildert
wurde, entwickelte sich im Umfeld der Besessenheitsepisoden nie. Die Evangelien
stellten die Besessenheit nicht in den Horizont der Magiepolemik: Besessenheit wur-
de nie als Folge eines Fluches oder Schadenzaubers gedeutet. Auch der Gedanke,
daß Menschen ihren Körper freiwillig einem Geist als ›Gefäß‹ anbieten, in der Ter-
minologie des Spiritismus also als ›Medium‹ wirken, findet sich in den Besessen-
heitserzählungen nicht. In der oben besprochenen Episode Apg. 16,16–24, wo das
Motiv der besessenen Orakelpriesterin aufgegriffen wurde, ist diese Possession zu-
mindest implizit als unfreiwillig charakterisiert.
Der Befund ist damit in mehrfacher Beziehung offen: Traditionsbildung setzte gera-
de erst ein, eine feste Struktur hatte sich noch nicht gebildet. Eine theologische Deu-
tung der Besessenheit, die darüber hinausging, daß der Besessene nicht als sündhaft
angesehen wurde, läßt sich nicht eindeutig belegen. Einen klar umrissenen Katalog
von Verhaltensweisen, die als Anzeichen von Possession gedeutet wurden, gab es
nicht. Dennoch suggerieren die Quellen, daß die Interpretationskategorie ›Besessen-
heit‹ über soziale Grenzen hinaus präsent war. Gewählt wurde sie nicht im Anschluß
an vorgängige autoritative Stellungnahmen religiöser Spezialisten, sondern im Rah-
men eines offenen diskursiven Geschehens, bei dem dem sozialen Umfeld der betrof-
fenen Person eine entscheidende Rolle zugekommen sein dürfte. Die Rabbiner führten
keine Dämonenaustreibungen durch, sie verstanden sich als Lehrer, nicht als Heiler
oder Exorzisten69. Ihrer Distanz zu diesem Bereich scheint das Fehlen einer etablier-
ten ›Lehrmeinung‹ zu diesem Gebiet, seine Variabilität und Offenheit zu entsprechen.
Jesus schließlich hat, wie weiter unten gezeigt werden wird, nicht eine Theologie der
Besessenheit oder gar eine Dämonenlehre entworfen, sondern vielmehr den Austrei-
bungen eine eschatologische Tiefendimension verliehen, die vom konkreten Exorzis-
mus ebenso wie von der Beschäftigung mit Geisterwesen insgesamt wegwies.
Neben der Eschatologisierung brachte die Jesus-Überlieferung ein weiteres neues
Element ein, das mit dem einzigen gemeinsamen Nenner der älteren Exorzismustra-
dition brach. Die Exorzismen Jesu verzichteten auf jegliches Ritual. Die Gattung der
Exorzismuserzählungen der Evangelien ist entsprechend folgendem Schema gebaut:
Der Exorzist trifft den Besessenen. Kurz werden die Symptome der Besessenheit ge-
schildert. Der Dämon versucht Jesus abzuwehren. Jesus befiehlt ihm zu schweigen
und auszufahren. Die ›Heilung‹ wird konstatiert70. Riten und Gebete, Symbolhand-
lungen jeder Art, fehlen. Die Austreibung der Dämonen gelang durch die Macht der
Person Jesu selbst: Die Exorzismen Jesu waren charismatische Exorzismen. Der
Kontrast zum ritualistischen Exorzismus wurde durch Verfremdungen gesteigert. So

senen, sondern von einem Kranken die Rede ist. Eine Argumentation mit Analogieschlüssen ist in
dieser komplexen Fragestellung problematisch (HOLLENBACH, Jesus (wie Anm. 1), S. 571).
69
HOLLENBACH, Jesus (wie Anm. 1), S. 583; vgl. auch KAMPLING, Jesus (wie Anm. 50), passim.
70
Detailliert ANNEN, Dämonenaustreibungen (wie Anm. 43), S. 117–124.
54 Johannes Dillinger

benannten die Dämonen Jesus, bevor er sich an sie wandte, als den Höchsten und
den Sohn Gottes, um ihre Kenntnis seines Namens und seiner Identität zu demonst-
rieren, die ihnen magische Macht über ihn verleihen sollte. In Gadara rief der Dä-
mon Gott an, um Jesus zu vertreiben (Mk. 5,7). Parodistisch wurden die Rollen von
Dämon und Exorzist verkehrt, die Tradition der rituellen Geisteraustreibung ad ab-
surdum geführt, um die Macht des Charismatikers noch eindringlicher darzustellen.
Wenn Jesus dann doch, quasi als Rückfrage, in Gadara den Namen des Dämons er-
fragte, erhielt er eine Antwort, die den Exorzisten eigentlich in Verzweiflung stürzen
müßte: »Legion, denn unserer sind viele.« Aber auch dies wurde nur zum Anlaß ei-
ner weiteren Demonstration der Überlegenheit Jesu, die nun bis zur Burleske gestei-
gert wurde: Die Unzahl von Dämonen wurde kurzerhand in einige Tausend Schwei-
ne verbannt, die die nicht unbeträchtliche Strecke zum See Genesareth galoppierten
und sich dort ertränkten. Damit wurde wiederum das Motiv der Bannung vertriebe-
ner Geister in unreine oder entlegene Orte, wie Tobit es noch unkritisch übernehmen
konnte (vgl. oben), verfremdet. Vor dem Hintergrund der vorausgehenden plastischen
Schilderung des Elends des Besessenen wurde die Austreibung zur Feier der Macht
Jesu über Dämonen, vor dem Hintergrund der exorzistischen Traditionen zur Glori-
fizierung des Charismatikers gegenüber dem Ritual. Die letzte Bestätigung fand die-
se Textaussage darin, daß die Einwohner von Gadara, Heiden, von denen das jüdi-
sche Publikum vermutet haben dürfte, daß sie mit magischen Traditionen vertraut
waren, die Tätigkeit Jesu als unkontrollierbar und beängstigend empfanden. Sie ba-
ten Jesus nachdrücklich, ihr Land zu verlassen (Mk. 5,17).
Vom charismatischen Exorzismus weicht nur Mk. 9,28–29 ab, wo Jesus erklärte,
daß bestimmte Dämonen nur durch Gebet und Fasten ausgetrieben werden könnten.
Er reagierte damit auf die enttäuschte Nachfrage seiner Jünger, die mit ihren Exor-
zismen gescheitert waren. Von ihm selbst wurde ein entsprechendes Vorgehen nie be-
richtet. In dieser Passage kann eine jüngere Redaktion christlicher Gemeinden erkannt
werden: Offenbar waren die Gemeinden mit charismatischen Exorzismen gescheitert.
Das magische Element des Rituals, mit dem auch Fehlschläge systembestätigend ge-
deutet werden konnten, mußte wieder eingeführt werden. Wie bereits erwähnt, kom-
men nach Malinowski im magischen Akt das zauberkräftige Wort, das Zaubermittel
und die richtige innere Einstellung des Magiers zusammen. Wenn sich das gewünsch-
te Ergebnis nicht einstellt, wird nicht die Wirksamkeit von Magie hinterfragt, sondern
ein Fehler, eine Nachlässigkeit in einem dieser drei Punkte, vermutet. Die Markus-
Passage bildet dieses Denken sehr genau ab: Wenn sich ein Dämon nicht vertreiben
läßt, hieß das nicht, daß der Exorzismus oder gar die ihm zugrunde liegende religiöse
Überzeugung fragwürdig war. Der Exorzist hatte sich nur nicht ausreichend vorbe-
reitet, er hatte noch nicht intensiv genug gebetet, nicht lange genug gefastet.
Es wurde zurecht darauf hingewiesen, daß Jesus nicht der einzige charismatische
Exorzist seiner Zeit war. Formal ähnliche Exorzismen wurden von dem wandernden
pythagoreischen Philosophen Apollonios von Tyana berichtet71. Diese formale Ähn-

71
Vgl. zu Apollonios von Tyana ausführlich TRUNK, Heiler (wie Anm. 15), S. 328–337.
Beelzebulstreitigkeiten 55

lichkeit hat jedoch enge Grenzen. Apollonios etwa diagnostizierte Besessenheit und
entlarvte aktiv böse Geister in Menschengestalt (Vit. Ap. 4,10.20.25). Art und Er-
scheinung der Geisterwesen, mit denen Apollonios konfrontiert wurde, wurden ent-
sprechend graecoromanischen Motiven anders als die der Dämonen des Neuen Te-
staments geschildert. Dennoch weist der Umstand, daß Jesus dem Wundertäter aus
dem hellenistischen Kulturraum näher zu stehen scheint als der jüdischen Tradition,
nachdrücklich darauf hin, wie schwierig es für die Zeitgenossen gewesen sein muß,
dem Exorzisten Jesus gegenüber Stellung zu beziehen. Dies gilt natürlich auch, gera-
de weil die Deutung sowohl der Besessenheit als auch des Exorzismus im Judentum
zur Zeit Jesu noch so offen war. Die alttestamentlichen Schriften hatten die Dämonen-
austreibungen nur am Rande thematisiert, die unterschiedlichen religiösen Strömungen
des zwischentestamentlichen Palästina hatten den Geisterglauben zwar apokalyptisch
aufgeladen, zur Formulierung einer Orthodoxie bezüglich des Exorzismus war es
aber nicht gekommen. Indem Jesus nun jedes Ritual, selbst die Anrufung Gottes bei
seinen Exorzismen, verweigerte, machte er diese ohnehin schon fragwürdigen Prak-
tiken weiter suspekt und setzte sich Verdächtigungen, Magievorwürfen aus.
Der von den Synoptikern überlieferte sogenannte Beelzebulstreit vermittelt einen
Eindruck von der Auseinandersetzung um die Deutung und Bedeutung der Exorzis-
men Jesu (Mk. 3,22–27; Mt. 12,22–30; Lk. 11,14–23)72. Jesus wurde darin vorge-
worfen, er treibe Dämonen mit Hilfe von Beelzebul, dem Herrn der Dämonen, aus.
Der Historiographie der Hexenprozesse sind solche Situationen bekannt: Aufsehen-
erregende Heilungen als mirakulös oder magisch verstandene Kuren konnten im früh-
neuzeitlichen Europa Hexereiverdacht erregen. Auch ohne elaborierte Hexenlehre
war die Grundstruktur des Beelzebulstreits ähnlich73. Im Beelzebulstreit formulier-
ten Jesu Gegner eine aggressive Antwort auf die Frage, woher er den Einfluß, den er
offensichtlich über die bösen Geister ausübte, hatte. Die Exorzismen wurden als Ma-
gie, als Frucht von Kontakt und Einvernehmen mit den Dämonen, gedeutet: Jesus
Christus unter Hexereiverdacht! Daß sich Prediger, religiöse Experten, als Exorzi-
sten betätigten, war, wie gesagt, im jüdischen Umfeld zu dieser Zeit noch ungewohnt
und suspekt. Jesus auf eine Stufe mit den verachteten Zauberinnen von Ez. 13,18–19
zu stellen oder ihn gemäß Dtn. 18,9–22 zu verurteilen, lag nahe. Der Magievorwurf
eröffnete die Möglichkeit, Jesus den Verstoß gegen eine ganze Reihe von Normen
des Alten Testaments zur Last zu legen: das Verbot der als heidnische Hybris ver-
standenen Zauberei (Jes. 47,12 LXX; Mich. 5,11 LXX) und die Zurückweisung jeder

72
Ein Reflex auf die dem Beelzebulstreit zugrundeliegende Auseinandersetzung könnte Jo. 10,21
darstellen. Vgl. zum Beelzebulstreit ausführlich LIMBECK, Satan (wie Anm. 12), S. 294–303;
TWELFTREE, Jesus (wie Anm. 11), S. 98–113.
73
Vgl. zum Magievorwurf gegen Jesus Gerd THEIßEN, Urchristliche Wundergeschichten, Gü-
tersloh 1974, S. 241; HOLLENBACH, Jesus (wie Anm. 1), S. 569; TRUNK, Heiler (wie Anm. 15), S.
65, 68f.; Meinrad LIMBECK, Beelzebul – eine ursprüngliche Bezeichnung für Jesus?, in: Helmut
FELD/Josef NOLTE (Hrsg.), Wort Gottes in der Zeit. Festschrift Karl Hermann Schelke zum 65. Ge-
burtstag, Düsseldorf 1973, S. 31–42, hier S. 39.
56 Johannes Dillinger

Form von Geisterbeschwörung (Dtn. 18,11; Lev. 19,31 und 20,6.27)74. Laut Markus
behaupteten die Gegner Jesu sogar, daß er den Beelzebul habe (Mk. 3,22.30). Sehr
wahrscheinlich gehörten Gerüchte, nach denen Jesus selbst besessen sein sollte, zum
Tagesgespräch, sogar das Johannes-Evangelium erwähnt sie (Jo. 7,20, 8,48 und
10,20). Vordem war Johannes der Täufer in gleicher Weise diffamiert worden (Lk.
7,33). Damit wurde ein anderer Vorwurf gegen Jesus, der bei Markus (Mk. 3,21) un-
mittelbar vor der Beelzebulepisode steht, nämlich der, daß er wahnsinnig sei, weiter
gesteigert.
Die Deutung des Namens ›Beelzebul‹ ist schwierig75. Er dürfte zunächst zu dem
Gott eines Heilungsorakels in Ekron gehört haben und ›Herr der himmlischen Woh-
nung‹ bedeuten. Die alttestamentliche Polemik entstellte ihn zu ›Beelzebub‹, der ›Herr
der Fliegen‹ (2 Kön. 1,2–17)76. Die Bedeutung im vorliegenden Streitgespräch muß
jedoch im neutestamentlichen Kontext gesucht werden. Laut Mt. 10,25 wurde Jesus
selbst als Beelzebul bezeichnet77. Gaston vermutete, daß so Elemente der Tätigkeit
Jesu miteinander verbunden und parodiert wurden: Jesus hatte angekündigt, den Tem-
pel, die himmlische Wohnung also, zu zerstören und in drei Tagen wiederaufzubauen.
Jesus führte magieverdächtige Exorzismen durch. Es lag nahe, ihm eine Verbindung
mit dem Dämon, der ›Herr der himmlischen Wohnung‹ hieß, zu unterstellen und sogar
dessen Namen spöttisch auf ihn zu übertragen78. Mit den Exorzismen manövrierte
Jesus sich und sein Anliegen also in einen unscharf umgrenzten, immer schon anrü-
chigen religiösen Grenzraum, wo er seinen Gegnern breiteste Angriffsfläche bot.
1978 legte Morton Smith eine Studie vor, in der er behauptete, Jesus sei von sei-
nen Zeitgenossen vornehmlich als Magier verstanden worden. Eine andere Deutung
sei gar nicht möglich gewesen, da die Heilungen und Exorzismen Jesus ganz eindeu-
tig als Magier ausgewiesen hätten79. Es muß hier nicht näher auf Smiths Ansatz ein-
gegangen werden, seine These ist in jüngster Zeit von Twelftree mit bestechender
Quellenarbeit widerlegt worden80. Es bleibt allerdings das Problem, daß der Ver-

74
TRUNK, Heiler (wie Anm. 15), S. 242f.
75
Vgl. den kurzen Überblick zur Forschungslage ebd., S. 46f.
76
Ein skurriler Kommentar zur Dämonie von Insekten bei JEFFERS, Magic (wie Anm. 2), S. 232.
77
Limbeck versuchte zu zeigen, daß ›Beelzebul‹ zunächst nur ein Schimpfname für Jesus gewe-
sen sei und erst bei der Übertragung der Episode ins Griechische das Mißverständnis, es handele
sich bei ›Beelzebul‹ um den Namen eines Dämons, entstand (LIMBECK, Satan (wie Anm. 12), S.
297–300). Ziel von Limbecks Argumentation ist es dabei zu zeigen, daß aus dem Beelzebulstreit
keine Aussagen über das Verhältnis des Satans zu den Dämonen abgeleitet werden können. Eine
neue Kritik dieses Ansatzes bei TRUNK, Heiler (wie Anm. 15), S. 46f.
78
Lloyd GASTON, Beelzebul, in: Theologische Zeitschrift 18 (1962), S. 247–255, hier S. 254f.
Auch wenn man Limbeck folgen will, bleibt der Kern des Arguments erhalten: Jesus wurde unter-
stellt, nur deshalb exorzieren zu können, weil er Kontakte mit Dämonen unterhielt (LIMBECK, Sa-
tan (wie Anm. 12), S. 299–301). In jedem Fall wird man die explizite Identifikation von Beelzebul
und Satan (Mk. 3,22) für eine spätere Gemeindebildung halten können.
79
Morton SMITH, Jesus the Magician, Berkeley 21998.
80
Vgl. TWELFTREE, Jesus (wie Anm. 11), S. 190–207; Jan-Adolf BÜHNER, Jesus und die antike
Magie, in: Evangelische Theologie 43 (1983), S. 156–175.
Beelzebulstreitigkeiten 57

dacht des illegitimen Umgangs mit dämonischen Mächten bei Jesus in der Tat nahe-
lag. Die Glaubwürdigkeit des Predigers und Wundertäters hing davon ab, ob dieser
Verdacht entkräftet werden konnte. Im Beelzebulstreit versuchte Jesus, den Vorwurf
des Umgangs mit Dämonen abzuwehren. Er entwarf dazu zunächst gar keine theolo-
gische Argumentation zu seiner Rechtfertigung, sondern präsentierte einen einfa-
chen Vernunftschluß, der wohl der im Magievorwurf implizierten Dämonenangst
begegnen sollte: Wenn Dämonen sich gegenseitig austrieben, konnte das nur bedeu-
ten, daß ihre Macht gebrochen war81. Die rhetorische Frage Jesu an seine Gegner, in
wessen Namen ihre Söhne, d.h. ihnen nahestehende Personen, Dämonen austrieben,
kehrte die Frage nach der Machtquelle des Exorzisten um. Den Schlüssel zum Ver-
ständnis bieten Mk. 9,38–41 und Lk. 9,49–50, wo von einem Exorzisten berichtet
wird, der nicht zu den Jüngern gehörte, aber im Namen Jesu Dämonen austrieb82. Die
Erfolge Jesu als Exorzist brachten ihm also nicht nur Verdächtigungen ein. Andere
Dämonenaustreiber begannen in ihren Beschwörungen Jesu Namen zu benutzen, sie
gaben ihn als Quelle ihrer Macht an. Diese fremden Exorzisten traten damit in Kon-
kurrenz zu den Anhängern Jesu, die von ihm autorisiert worden waren, zu heilen und
Dämonen auszutreiben. Jesus eröffnete seinerseits keinen Beelzebulstreit um den
Nachweis der Orthodoxie dieser fremden Exorzisten, sondern untersagte es seinen
Jüngern, gegen sie vorzugehen.
Der letzte Teil der Antwort Jesu auf die Vorwürfe im Beelzebulstreit ist die Deu-
tung seiner Fähigkeiten als Exorzist durch ihn selbst. Er stellte seine Dämonenaus-
treibungen in einen eschatologischen Kontext. Der Exorzismus war ein Zeichen für
den Anbruch des Reichs Gottes83. Die apokalyptische Deutung des Sieges über Dä-
monen, die die Pseudepigraphen vorbereitet hatten, wurde entsprechend dem Kern
der Botschaft Jesu abgewandelt: Nicht in unbestimmter Zukunft, sondern jetzt, in
der Gegenwart Jesu, war die Gottesherrschaft gekommen. Eine solche Deutung cha-
rismatischer Dämonenaustreibungen, die von dem Charismatiker wegweist, findet in
der Überlieferung um Apollonios von Tyana keine Parallele84.
Der Beelzebulstreit, der die Messianität Jesu grundsätzlich in Frage gestellt hatte,
findet sich bei allen Synoptikern in plastischer und ausführlicher Form. Die Vertei-
digung gegen den Magieverdacht war offenbar auch der jungen Kirche ein wichtiges
Anliegen. Während die Gegner Jesu seine Dämonenaustreibungen als Magie abwer-
teten und sich von ihnen distanzierten, bewerteten seine Anhänger sie als Zeichen
seiner Wundermacht und versuchten, an ihr zu partizipieren. Die schwierige Frage
nach der Textgeschichte der Aussendungsbefehle (Mk. 3,13–16 und 6,7.12–13; Mt.
10,1 und 10,7–8; Lk. 9,1–2.6 und 10,17–20) kann hier nicht erläutert werden. Die

81
TRUNK, Heiler (wie Anm. 15), S. 51–54.
82
Trunk sah diese Verbindung nicht und deutete die Stelle als allgemeinen Hinweis auf die
fragwürdige Orthodoxie des Exorzismus, die es ermöglicht hätte, jedem Exorzisten Magie vorzu-
werfen (ebd., S. 68f.).
83
Vgl. dazu kompakt ANNEN, Dämonenaustreibungen (wie Anm. 43), S. 125–129.
84
TWELFTREE, Jesus (wie Anm. 11), S. 217–228.
58 Johannes Dillinger

Formulierungen dürften großenteils oder vollständig auf die Urkirche zurückgehen.


Sie spiegelten ihre Praxis und versuchten sie unter die Autorität Jesu zu stellen85.
Sowohl bei Matthäus als auch bei Lukas enthalten die Texte Kautelen, die auf erste
Mißbräuche des Exorzismus im Frühchristentum, Machtpositionen von Dämonenaus-
treibern und Exorzismus als verfügbare Dienstleistung hinweisen. Sie lesen sich in-
sofern weniger als Aufforderungen denn als Warnungen. Dennoch gehörte die Hei-
lung Besessener als Fähigkeit und Aufgabe offensichtlich zum Selbstverständnis der
frühen Kirche.
Die Akzentuierung, die die Exorzismen Jesu von den Evangelisten erfuhren, wa-
ren unterschiedlich. Mehr noch als Lukas machte Markus die Exorzismen als Bewei-
se für die Göttlichkeit Jesu unbedenklich stark86. Eine explizite Verbindung von Ex-
orzismus und Anbruch der Gottesherrschaft fehlte bei Markus. Die Aussageabsicht
der Dämonenaustreibungen war rein christologisch. Gleichwohl wurde der Exorzis-
mus bei Markus auch zum zentralen Auftrag an die Jünger (Mk. 3,14 und 6,7). Bei
der Antwort auf die Frage der Jünger, wieso ihnen ein Exorzismus mißlang, konnte
Markus (Mk. 9,28–29) Jesus einen Hinweis auf rituelle Praktiken in den Mund le-
gen, während Lukas ausschließlich, Matthäus vornehmlich den mangelnden Glauben
der Jünger verantwortlich machte (Lk. 9,41; Mt. 17,20–21). Matthäus ordnete die
Exorzismen den Heilungswundern zu: Jesus zeigte sich auch in den Exorzismen vor
allem als Heilender87. Der Evangelist verfolgte deutlich die Absicht, den Einfluß von
Charismatikern und Exorzisten auf die frühchristlichen Gemeinden zurückzudrän-
gen, in dem er offenbar eine Gefährdung der Orthodoxie sah. Maßstab des Glaubens
waren nicht Dämonenaustreibungen, sondern die Agape, die christliche Liebe. Mat-
thäus distanzierte sich insofern von Markus, dessen Interesse an den Gottessohnbe-
kenntnissen der Dämonen er nicht teilte. Matthäus’ Sondergut ist die einzige wesent-
liche Quelle der synoptischen Tradition, in der keine Exorzismen erwähnt werden88.
Ähnlich Matthäus ordnete Lukas die Exorzismen den Heilungswundern zu89. Auch
wenn Lukas den Dämonen wenig Aufmerksamkeit schenkte und Hinweise auf Exor-
zismen aus seinen Vorlagen herauskürzte90, spitzte er doch einen Punkt mehr als die
übrigen Synoptiker zu: Lukas machte die Rolle des Satans und seine Beziehung zu
den Besessenheitsgeistern stärker als die anderen Synoptiker91. Es war wohl der Rest

85
Vgl. dazu ausführlich TRUNK, Heiler (wie Anm. 15), S. 193–200; KREMER, Heilt (wie Anm.
68), S. 33–40.
86
Das folgende nach ANNEN, Dämonenaustreibungen (wie Anm. 43), S. 132–134.
87
TRUNK, Heiler (wie Anm. 15), S. 199–210, 426–431.
88
ANNEN, Dämonenaustreibungen (wie Anm. 43), S. 115.
89
KIRCHSCHLÄGER, Wirken (wie Anm. 67), S. 267f.
90
Ebd., S. 268f., 272.
91
Seiner Grundannahme folgend, daß Satan zur Zeit Jesu noch nicht mit Krankheitsgeistern zu-
sammen gedacht worden sei, bestritt Limbeck, daß das Logion Lk. 10,18 ursprünglich im Zusammen-
hang mit einem Exorzismus stand. Erst frühe christliche Redaktoren hätten das isoliert überlieferte
Wort in diesen Kontext gesetzt (LIMBECK, Satan (wie Anm. 12), S. 282–290). Für Kirchschläger ist
das Logion ebenso unproblematisch wie der Assoziationszusammenhang von Dämonen, Satan und
Beelzebulstreitigkeiten 59

von Heterodoxie und Anrüchigkeit, der dem Exorzismus noch immer anhaftete und
der Johannes veranlaßte, die Dämonenaustreibungen schweigend zu übergehen. Hin-
zu dürfte kommen, daß zur Zeit Johannes’ die Exorzismen von den frühchristlichen
Gemeinden als Sieg über den Satan apostrophiert wurden. Dies widersprach der jo-
hanneischen Theologie, die den Sieg über den Teufel ausschließlich im Kreuz sah92.
Bereits die Apostelgeschichte zeigt wieder Einbrüche des ritualistischen Exorzis-
mus und die erste Wertung einer gescheiterten Dämonenaustreibung nicht nur als
Zeichen mangelnder, sondern falscher religiöser Überzeugung. Die Apostelgeschichte
erzählt, daß die Dämonen ausfuhren, wenn Kleidungsstücke, die Paulus getragen hat-
te, auf die Besessenen gelegt wurden (Apg. 19,11). Hier ist der Bruch bereits vollzo-
gen: Wirksam wurde ein Werkzeug, das zwar in Abhängigkeit von der Person des
Kerygmatikers, aber doch getrennt von ihm wirksam sein sollte. Dies war ein Schritt
hin zu der Teilbarkeit und Verfügbarkeit der Infrastruktur einer religiösen Institu-
tion. Es wurde betont, daß Paulus den Namen Christi anrief, um böse Geister zu ver-
treiben. In diesen Kontext der Reritualisierung der Dämonenaustreibung gehört auch
die bereits zitierte Aufforderung Markus’, Exorzisten sollten fasten und beten. Voll-
ends in eine neue Phase seiner Entwicklung trat der Exorzismus in der Episode Apg.
19,11–17: Ihr Legendencharakter und ihre Komik mindern ihre Aussagekraft nicht93.
Vielmehr dürften wir es hier mit einer frühen christlichen Polemik zu tun haben, die
in Form einer populären Erzählung mit hohem Unterhaltungswert Aufmerksamkeit
auf das Christentum lenkte, es vom Judentum unmißverständlich als neue Religion
abgrenzte und Autorität exklusiv für die neue Lehre beanspruchte: Jüdische Exorzi-
sten, die wie der fremde Exorzist des Evangeliums versuchten, Geister im Namen
von »Jesus, den Paulus verkündigt« (Apg. 19,11–17) auszutreiben, scheiterten exemp-
larisch. Der Besessene verprügelte sie derartig, daß sie sich verarzten lassen muß-
ten94. Der Dämon wies die glücklosen Exorzisten zurecht: »Jesus kenne ich, auch
von Paulus habe ich gehört. Aber ihr, wer seid ihr?« Hier ist der erfolgreiche Exor-
zismus zum Beweis der Rechtgläubigkeit und zur Domäne der Orthodoxie gewor-
den. Jesus hatte die Tätigkeit der fremden Exorzisten noch begrüßt, die Erfolge der
im Namen Jesu wirkenden jüdischen Dämonenaustreiber waren nicht bestritten wor-
den. Die sich etablierende neue Religion konnte dies nicht mehr zulassen. Wie im
Beelzebulstreit, geht es in dieser Episode letztlich um die Quelle der Macht des Ex-
orzisten, über die sein Verhältnis zu Gott definiert werden soll. Daß die Apostelge-
schichte die erfolglosen Exorzisten als Mitglieder der Familie des Hohenpriesters
präsentierte, machte die Überlegenheit des Christentums noch deutlicher: Selbst die

dem Bösen zur Zeit Jesu und bei Jesus selbst (KIRCHSCHLÄGER, Wirken (wie Anm. 67), S. 239–242).
Vgl. auch die Engführung Apg. 10,38, die in dieser Form sicherlich nicht auf Petrus zurückgeht.
92
TWELFTREE, Jesus (wie Anm. 11), S. 141f.
93
So etwa Jürgen ROLOFF, Die Apostelgeschichte, Göttingen 1981, S. 256; Gottfried SCHILLE,
Die Apostelgeschichte des Lukas, Berlin 1983, S. 379; in diesem Sinn auch KAMPLING, Jesus (wie
Anm. 50), S. 239.
94
Sicherlich eine unerwartete Verbindung von Exorzismus und Medizin.
60 Johannes Dillinger

angesehensten Würdenträger des Judentums versuchten, sich der Macht Christi zu


bedienen, scheiterten aber wegen ihres ›falschen‹ Glaubens95.
Es liegt in der Fluchtlinie der Auseinandersetzung von Christen und Magiern in
der Apostelgeschichte, daß diese Besessenheitsepisode mit der Feststellung abschloß,
viele Zauberer, die von ihr erfuhren, hätten sich bekehrt. Die Attraktivität der neuen
Religion lag zu einem gewissen Grad in ihrer Wundermacht. Auch wenn Theißens
Behauptung, »das ganze Urchristentum ist eine exorzistische Bewegung«, überzo-
gen ist96, so zeigt die Episode Apg. 19,11–17 doch eindringlich, wie sich die neue
Religion durch die Verfügung über den Exorzismus zu profilieren versuchte. Dämo-
nenaustreibungen gehörten zum frühesten Angebot der Kirche als Institution, die
Überführung der Jesusbewegung in eine organisierte Religion gelang mit ihrer Hilfe.
Im Horizont dieser Deutung der Exorzismen wurde es dann den Kirchenvätern mög-
lich, die Anklage des Beelzebulstreits umzudrehen: Der Vorwurf an die Adresse Jesu,
Magie zu gebrauchen, wurde für sie zum exemplarischen Beleg für den verstockten,
auch durch Wunder nicht belehrbaren Unglauben der Juden. Deren Unterstellung,
Jesus habe im Kontakt zu Dämonen gestanden, wurde ihnen als äußerste Blasphemie
zur Last gelegt97.
Das charismatische Element des Exorzismus verschwand am Ende der charismati-
schen Gründungsphase der neuen Religion. Angesichts der Konkurrenz unterschied-
licher religiöser Systeme und der großen Bandbreite von als Besessenheit deutbaren
Erscheinungen wurde auf den Exorzismus freilich nicht verzichtet: Es kam zum
Rückgriff auf den Zeremonienbestand der ritualistischen Dämonenaustreibung. Die
alte, Religionen übergreifende Tradition des ritualistischen Exorzismus wurde durch
das Christusereignis nicht dauerhaft gebrochen. Der Gott des Christentums wurde
als neuer Name in die Beschwörungsformeln eingefügt. Damit konnte der ritualisti-
sche Exorzismus als Teil der neuen Religion weiteres Terrain erobern. Der Beelze-
bulstreit war entschieden.

95
Es ist für die Aussageabsicht Lukas’ dabei völlig unerheblich, ob diese Episode historisch ist
oder ob sich die Exorzisten nur fälschlich als Verwandte des Hohenpriesters ausgaben (vgl. dazu
ROLOFF, Apostelgeschichte (wie Anm. 93), S. 256; KAMPLING, Jesus (wie Anm. 50), S. 239). Kirch-
schläger akzeptierte den Exorzismus ohne weiteres tatsächlich als Test für den orthodoxen, nicht-
magischen Glauben. Dennoch hielt er fest: »Für die Frage nach dem Verständnis des Verfassers be-
züglich Dämonen und deren Bannung sind […] keine besonderen Erkenntnisse zu erzielen«
(KIRCHSCHLÄGER, Wirken (wie Anm. 67), S. 260).
96
THEIßEN, Wundergeschichten (wie Anm. 73), S. 248; dazu auch KAMPLING, Jesus (wie Anm.
50), S. 247.
97
Vgl. z.B. Augustinus, De sermone domini in monte, in: DERS., Opera, hrsg. von Almut MUT-
ZENBECHER (Corpus Christianorum. Series Latina, Bd. 35), Turnhout 1967, S. 1–188, hier Kap.
1,22,75–76, S. 84f. Dazu auch Georges TAVARD, Art. Dämonen V. Kirchengeschichtlich, in: Theo-
logische Realenzyklopädie, Bd. 8, Berlin/New York 1981, S. 286–300, hier S. 286–291.
Beelzebulstreitigkeiten 61

Abstract

Im heidnischen Alten Orient konnten Krankheiten als Besessenheit durch einen bö-
sen Geist verstanden werden. Die Heilung erfolgte dadurch, daß der Geist von einem
professionellen Exorzisten ausgetrieben wurde. Solche Exorzismen können als ›ritu-
alistisch‹ bezeichnet werden. Entscheidend für ihren Erfolg war nicht die Person des
Exorzisten, sondern das angewandte Ritual. Der Austreiber rief den Geist an. Er nann-
te die Gottheit oder das Geisterwesen, das ihm seinerseits Macht verliehen hatte und
auf seine Bitte hin den Krankheitsgeist vertreiben würde. Er befahl dem bösen Geist,
aus dem Kranken auszufahren und ihn nicht mehr heimzusuchen. Zaubersprüche,
Amulette, Räucherwerk und Puppen konnten bei solchen Ritualen Anwendung finden.
Der strenge Monotheismus des Alten Testaments stand dem Geisterglauben kritisch
gegenüber. Krankheiten wurden als Strafe Gottes gedeutet. Die biblischen Autoren
ersetzten Geisterwesen in traditionellen Erzählstoffen durch Gott (Gen. 32,23–32;
Ex. 4,24–26). Obwohl die Bibel sich mit populärem Geisterglauben auseinanderset-
zen mußte (Jes. 13,21 und 34,14), schenkte sie den Geisterwesen an sich kaum Auf-
merksamkeit. Die Beziehung der Geister zu YHWH blieb unklar, sie anzubeten wurde
freilich als Götzendienst sanktioniert (vgl. etwa Lev. 17,7). Dafür, daß böse Geister
als Gefolgsleute des Satans angesehen wurden, finden sich im Alten Testament kei-
ne klaren Belege. Es gibt zwei Episoden, die sich mit Dämonenspuk (Umsessenheit)
befassen. In der ersten wird der Geist durch die Musik, die David für Saul macht,
vertrieben (1 Sam. 16,14–23). In der zweiten wird der Geist Asmodeus durch ein
Ritual vertrieben, das den Praktiken heidnischer Exorzisten ähnelt (Tob. 8,2–10).
Zur Zeit Jesu ist ein neuer Typ von Exorzismus belegt. In ›charismatischen‹ Exor-
zismen verzichtete der Dämonenaustreiber auf jegliches Ritual und rief nicht einmal
eine Gottheit um Hilfe an. Neben Jesus praktizierte der Neopythagoräer Apollonios
von Tyana diese Art von Exorzismus. Die Exorzismen Jesu standen jedoch in radikal
anderen Kontexten als die des Apollonios, zudem deutete Jesus seine eigenen Gei-
steraustreibungen in einzigartiger Weise.
Die Darstellungen dämonischer Besessenheit im Neuen Testament unterscheiden
sich stark voneinander. Die Besessenen kamen aus unterschiedlichen sozialen Schich-
ten. Die Evangelisten interpretieren die Exorzismen Jesu auf unterschiedliche Weise:
Markus wertete sie als Beweis seiner Göttlichkeit, ähnlich Lukas spielte Matthäus
ihre Bedeutung herab, um religiöser Sensationslust keine Nahrung zu bieten, Johan-
nes ignorierte sie. Die Tätigkeit Jesu als Exorzist brachte ihn in Verruf. Dämonenaus-
treibungen wurden noch immer in die Nähe von Magie und heidnischen Praktiken ge-
rückt. Gerüchte, nach denen Jesus ein Zauberer, der mit Dämonen im Bunde war, oder
sogar selbst besessen sein sollte, waren offenbar weit verbreitet. Im sogenannten
›Beelzebulstreit‹ (Mt. 12,22–31 par.) verteidigte sich Jesus gegen die Vorwürfe, Ma-
gie zu treiben, und gab seinen Exorzismen eschatologische Bedeutung.
Die Exorzismen der Apostel kehrten zu den hergebrachten Formen des ritualisti-
schen Exorzismus zurück. Erfolgreiche Dämonenaustreibungen wurden als ›Beweise‹
für die Wahrheit und Überlegenheit des entstehenden christlichen Glaubens präsen-
62 Johannes Dillinger

tiert. Die Entwicklung des Exorzismus spiegelt somit die Entwicklung des Christen-
tums zur institutionell verfaßten Religion wider.

Beelzebul Controversies: Demonic Possession in the Bible

In the non-Jewish Ancient East, illness was regarded as demonic possession that had
to be cured by professional exorcists. Their kind of exorcism has been called ›ritu-
alistic‹. The person of the exorcist is of minor importance, the ›cure‹ is affected by
the ritual. The exorcist invokes the demon, he identifies the deity or spirit that has
given him authority to exorcise and will drive away the demon at his bidding. The
exorcist commands the demon to leave and protects the patient from further assaults.
Physical aids such as incense, amulets, spells and puppets could be used.
The strict monotheism of the Old Testament was hostile to the belief in demons. It
explained illness as God’s punishment and allowed God to replace evil spirits in tra-
ditional narrations (Gen. 32,23–32; Exod. 4,24–26). Although biblical authors had to
face folk beliefs concerning spirits (Jes. 13,21 and 34,14), they paid hardly any atten-
tion to them. Worshipping these spirits was denounced as idolatry (e.g. Lev. 17,7),
although their relationship to YHWH was never clearly defined. There is no positive
proof in the Old Testament that evil spirits were regarded as the retainers of Satan.
There are two cases of demonic haunting (obsession). In the first, the demons are ex-
orcised by David’s singing for Saul (1 Sam. 16,14–23), in the second, the demon
Asmodeus is driven away by a ritual resembling the practices of pagan exorcists
(Tob. 8,2–10).
Around the time of Jesus, a new pattern of exorcism can be found. In ›charismatic‹
exorcism, the exorcist did not employ any ceremonies nor did he invoke the help of a
deity. Apart from Jesus, the Neopythagorean philosopher Apollonios of Tyana prac-
tised this kind of exorcism. However, there were obvious differences in the manner
Jesus and Apollonios used exorcism as well as in the significance they gave to it.
The descriptions of demonic possession in the New Testament vary greatly from
each other. The demoniacs came from all strata of society. The evangelists interpreted
Jesus’ exorcisms in different ways: whereas Mark regarded them as proofs for the
divinity of Christ, their significance was played down by Luke as well as by Mat-
thew who fought early Christianity’s fascination with miracles, while John ignored
them. Jesus’ activity as an exorcist aroused considerable suspicion. Exorcism was
still regarded as dangerously akin to idolatry and magic. Rumours about Jesus being
a wizard or a demoniac himself were obviously wide-spread. In the so-called ›Beel-
zebul controversy‹ (Mt. 12,22–31 par.), Jesus defended himself against the charge of
magic and gave his exorcisms eschatological meaning.
The exorcisms of the apostles lacked ›charismatic‹ quality and again used ele-
ments of ritual. Successful exorcisms were presented as ›proofs‹ for the superiority
and truth of the new Christian faith. Thus, the development of exorcism mirrored the
emergence of Christianity as an organized religion.
RAINER JEHL

Melancholie und Besessenheit


im gelehrten Diskurs des Mittelalters

Die Beschäftigung mit dem Mittelalter ist gekennzeichnet durch das Phänomen des
blinden Flecks. Weil er unseren ureigensten Problem- und Erkenntnisstandort be-
zeichnet, nehmen wir ihn nicht wahr. Das gilt auch für den gelehrten Diskurs des
Mittelalters. Er steht uns zu nahe, als daß wir ihn schon aus der Distanz als etwas
faszinierend Fremdes wahrnehmen würden, wie das etwa bei der Antike, zumal der
nichteuropäischen, der Fall ist. Daran ändern auch die mittlerweile immer weniger
vertraute lateinische Gelehrtensprache und die strenge Argumentationskultur nichts,
mit denen uns in Artikeln und Quaestionen dieser Diskurs begegnet. Es soll daher
im folgenden in einem ersten Schritt der Ort der Phänomene Besessenheit und Me-
lancholie im gelehrten Diskurs des Mittelalters umschrieben werden. In einem zwei-
ten Schritt soll dann das Erkenntnisinteresse sichtbar gemacht werden, aus dem he-
raus sich mittelalterliche Gelehrte mit diesen Phänomenen befaßt haben.
Beide Schritte sollen an Texten eines Theologen des 13. Jahrhunderts, nämlich
Bonaventuras, demonstriert werden, der dem Franziskanerorden angehörte und ein
Zeitgenosse des Thomas von Aquin war. Beide wurden in demselben Jahr 1257 ma-
gistri regentes an der Universität Paris. Beide sind im selben Jahr 1274 gestorben.
Bonaventura steht wie Thomas von Aquin als Mitglied eines der beiden neugegrün-
deten Mendikantenorden und als Mitglied des Lehrkörpers der bedeutendsten Uni-
versität des Mittelalters mitten in der großen intellektuellen Auseinandersetzung des
13. Jahrhunderts, bei der auf der einen Seite antikes Denken in der Gestalt der aristo-
telischen Naturphilosophie und Metaphysik, auf der anderen Seite genuin christliche
Traditionen, vermischt mit dem mehr neuplatonisch-augustinischen Erbe, aufeinan-
derprallen1.

1
Monographien zu Bonaventura erscheinen nicht gerade häufig. Gute erste Informationen lie-
fern Peter SCHULTHESS/Ruedi IMBACH, Die Philosophie im lateinischen Mittelalter. Ein Handbuch
mit einem bio-bibliographischen Repertorium, Düsseldorf/Zürich 2000, S. 402; Richard HEINZ-
MANN, Philosophie des Mittelalters (Grundkurs Philosophie, Bd. 7), Stuttgart 1992, S. 223–232;
Kurt FLASCH, Das philosophische Denken im Mittelalter. Von Augustin zu Machiavelli, Stuttgart
1986, S. 341–348; Werner DETTLOFF, Art. Bonaventura, in: Theologische Realenzyklopädie, Bd. 7,
Berlin/New York 1981, S. 48–55; Fernand VAN STEENBERGHEN, Die Philosophie im 13. Jahrhun-
dert, hrsg. von Max A. ROESLE, München/Paderborn/Wien 1977, S. 185–253. Wichtige Einzeldar-
stellungen: Jacques G. BOUGEROL, Introduction à l’étude de saint Bonaventure (Bibliothèque de
Théologie, Série I: Théologie dogmatique, Bd. 2), Tournai 1961; Etienne GILSON, Die Philosophie
64 Rainer Jehl

I. Besessenheit

Wenn wir uns fragen, wo Bonaventura in seinem Werk als Gelehrter – und damit
wissenschaftlich im Sinne seiner Zeit – über Besessenheit spricht, so empfiehlt es
sich, in seinem Sentenzenkommentar nachzuschauen. Bonaventura hat auch asze-
tisch-mystische Schriften und zahlreiche Predigten verfaßt, unter seinen spekulativ-
systematischen Werken ragt aber der Sentenzenkommentar als frühes Hauptwerk
heraus. Es handelt sich dabei um einen Kommentar zu der Sentenzensammlung des
Petrus Lombardus aus der Mitte des 12. Jahrhunderts, die zur Zeit Bonaventuras das
Lehrbuch der Theologie war, das von jedem angehenden Magister zu kommentieren
war. Bonaventura hielt diese Vorlesungen über die Sentenzen in den Studienjahren
1250/51 und 1251/52 an der Universität Paris und erwarb sich damit den Grad eines
Lizentiaten der Theologie2.
Im zweiten Buch dieses Sentenzenkommentars erläutert Bonaventura, was er un-
ter Besessenheit versteht, indem er der Frage nachgeht, »utrum daemones habitare
possint in corporibus humanis«, d.h. ob die Dämonen den menschlichen Körpern
einwohnen können. Seine Antwort lautet:

»Die Dämonen können aufgrund ihrer feinen (subtilitas) und geistigen (spirituali-
tas) Natur jeden Körper durchdringen und ungehindert in ihm sein. Aufgrund ihrer
Wirkmacht (potestas) können sie die Körper, in denen sie sind, bewegen und durch-
einanderbringen (commovere und conturbare). Die Dämonen können also, soweit
es ihre Wirkmacht und natürliche Feinheit betrifft, in die menschlichen Körper ein-
dringen und sie quälen (vexare), wenn sie nicht von einer höheren Gewalt daran ge-
hindert werden. Erst wenn ihnen das Eindringen und Quälen erlaubt wird, kann
man sagen, daß sie einen Körper besetzt halten (obsidere). Die Erlaubnis aber gibt
Gott, und zwar entweder zur Demonstration seines Ruhmes oder zur Bestrafung
des Sünders oder zur Züchtigung des Sünders oder zu unserer Belehrung.«3

Der Ausgangspunkt für Bonaventuras Konzeption von Besessenheit sind die Stellen
in den Evangelien, in denen von der Austreibung der Dämonen die Rede ist. Ob,
wann und warum sie den menschlichen Körper besetzen, ist Sache Gottes. Er allein
läßt es zu. Das gehört ganz wesentlich zum Begriff der Besessenheit. Wie das Inne-

des Heiligen Bonaventura, Köln/Olten ²1960; Rainer JEHL, Melancholie und Acedia. Ein Beitrag zu
Anthropologie und Ethik Bonaventuras (Veröffentlichungen des Grabmann-Institutes, Bd. 32), Pader-
born u.a. 1984; John F. QUINN, The Historical Constitution of St. Bonaventure’s Philosophy, Toronto
1973; Joseph RATZINGER, Die Geschichtstheologie des hl. Bonaventura, München/Zürich 1961.
2
Vgl. zum Sentenzenkommentar Bonaventuras Balduinus DISTELBRINK, Bonaventurae Scripta
authentica dubia vel spuria critice recensita (Subsidia scientifica franciscalia, Bd. 5), Rom 1975, S.
4–8.
3
Wir zitieren den Sentenzenkommentar Bonaventuras nach der kritischen Ausgabe: Doctoris
Seraphici S. BONAVENTURAE […], Opera Theologica selecta, Bde. I–IV, Editio minor, Ad Claras
Aquas (Quaracchi) 1934–1949. Nach der internen Stellenangabe (liber, distinctio, pars, articulus,
quaestio etc.) geben wir auch die externe Stellenangabe in Klammern (tomus, pagina), hier also: In
II Sent., dist. 8, pars 2, art. unicus, quaest. 1, concl. (II,222a).
Melancholie und Besessenheit im gelehrten Diskurs des Mittelalters 65

wohnen genauer zu verstehen ist, zeigt Bonaventura in der Erwiderung auf den ers-
ten Gegeneinwand:

»In einer Sache sein, kann auf zweierlei Weise sein. Erstens wie das Aufgenom-
mene in einem Aufnehmenden, z.B. das Wasser in der Vase. So kann z.B. der Dä-
mon gut in einem Götzenbild wohnen. Zweitens kann etwas in einem anderen so
sein, daß es in das Innere einer Sache einfließt (influere) und durch dieses Einflie-
ßen diese Sache am Leben erhält und zur Vollkommenheit bringt (conservare et
perficere): So kann der Dämon weder im Götzenbild noch in einem Menschen
sein.«4

Es war kein geringerer als Romano Guardini, der in seiner noch immer viel zu we-
nig bekannten Habilitationsschrift über Systembildende Elemente in der Theologie
Bonaventuras aus dem Jahre 1924 herausgearbeitet hat, daß der Begriff der Influenz
bei Bonaventura mit dem Leben selbst in eins gesetzt wird, das von der Seele dem
Körper mitgeteilt wird5, ursprünglich aber aus dem ewigen Sein selbst stammt. Guar-
dini hat auch den neuplatonischen Rahmen dargestellt, in dem diese Lehre vom Le-
bensfluß steht, die Bonaventura vor allem über die Schriften des Pseudo-Dionysios
Areopagita und den Liber de causis zugänglich waren6. Vor diesem Hintergrund
wird uns dann ein Argument verständlich, das Bonaventura gegen die Möglichkeit
der Einwohnung eines Dämons in den menschlichen Körper anführt. Dort wird wie
folgt argumentiert:

»Die Seele ist vereint mit dem Körper wie sein vollendendes und sein bewegendes
Prinzip (perfectio/motor). Wenn sie aber dem Körper als vollendendes Prinzip ver-
bunden ist, bedeutet das, daß unmöglich im Körper ein zweites vollendendes We-
sen sein kann; folglich kann, wenn die Seele dem Körper als bewegendes Prinzip
verbunden ist, unmöglich im selben Körper ein zweites geistiges Bewegungsprin-
zip sein. Wenn also der Dämon weder als Bewegungsprinzip noch als vollenden-
des Prinzip im menschlichen Körper sein kann, dann überhaupt nicht.«7

Dieses Argument wird noch verstärkt durch ein weiteres, daß nämlich nicht zwei
Geistwesen an einem Ort zugleich sein können, was sowohl für zwei Engel als auch
für den Fall von einer Seele und einem Engel zugleich in einem Körper zutreffen
würde. Das widerspricht sowohl der Lehre Augustins, nach der die Seele im ganzen
Körper ist, also keinen Platz übrig läßt, als auch dem hierarchischen Ordodenken des
Neuplatonismus, dem Bonaventura gerade bei der Lehre von den Engeln zutiefst
verpflichtet ist8.

4
In II Sent., dist. 8, pars 2, art. unicus, quaest. 1, ad obiectum 1 (II,222a–b).
5
Romano GUARDINI, Systembildende Elemente in der Theologie Bonaventuras. Die Lehre vom
Lumen mentis, von der Gradatio entium und der Influentia sensus et motus (Studia et documenta
franciscana, Bd. 3), Leiden 1964, S. 125ff.
6
Ebd., S. 139–145.
7
In II Sent., dist. 8, pars 2, art. unicus, quaest. 1, ad obiecta 3–4 (II,222b).
8
Vgl. In II Sent., dist. 6 (II,152–163).
66 Rainer Jehl

Auf diesen Fragenkomplex antwortet Bonaventura, indem er darauf achtet, ob die


Seele als Bewegungsprinzip des Körpers oder als vollendendes Prinzip des Körpers
betrachtet wird. Im letzteren Falle gilt: »Ein zu Vollendendes kann nur eine Vollen-
dung haben, denn das eine nähert sich dem anderen an und umgekehrt.«9 Die Ein-
wohnung des Dämons auf diese Weise in einen lebenden Körper ist ausgeschlossen.
Die Seele ist aber auch Bewegungsprinzip. Ein Bewegtes hingegen kann mehrere
Beweger haben, und ein »motor« kann vieles bewegen, vor allem wenn die beweg-
ten Dinge entsprechend angeordnet sind. Diese Anordnung ist dadurch gegeben, daß
Bonaventura hier auf die moralische Ebene ausweicht und von einer sündigen Seele
ausgeht, die gerechterweise von Gott dem Dämon als dem Verursacher ihrer Qual
und Niedergeschlagenheit unterworfen wird. Quälen (»tortor«) und Niedergeschla-
gen-Machen (»afflictio«) als Handlungen des Dämons werden hier als äußere Bewe-
gungen aufgefaßt und nicht so sehr als innere, der Seele zuzuordnende Regungen.
Es zeigt sich insgesamt, daß Bonaventura die Einwohnung des Dämons auf den
Körper des Menschen begrenzt. Die Seele ist davon eher unberührt. Auch in den fol-
genden Quaestionen desselben Artikels wird deutlich, welche Schwierigkeiten Bo-
naventura hat nachzuweisen, daß die Dämonen die Sinne des Menschen täuschen10
oder gar schlechte Gedanken in seinem Inneren erzeugen können11. Vielmehr gilt,
daß die Dämonen weder der Menschenseele eingegossen (»illabi«) werden können12,
noch daß die Dämonen die geheimen Gedanken des menschlichen Gewissens erfor-
schen können13. Beides ist im eigentlichen Sinne Gottes Weisheit vorbehalten.
Die Seele hat relativ wenig mit dem menschlichen Körper zu tun, selbst bei einem
von uns als überwiegend psychisch empfundenen Phänomen wie dem der Besessen-
heit. Das hat seinen Grund darin, daß Bonaventura auch im Zusammenhang der Beses-
senheit die Seele als den Sitz des freien Willens und des unabhängigen Gewissensur-
teils erhalten möchte. Wie sonst könnte Besessenheit als Folge einer gerechten Strafe
Gottes für menschliche Sünde, die per definitionem den freien Willen voraussetzt,
aufgefaßt werden14?

II. Wie sieht das bei der Melancholie aus?

Mit der antiken Säftelehre wird auch das Krankheitsbild der Melancholie als medizi-
nischer Symptomkomplex dem Mittelalter vermittelt15. Schon das Haupt der salerni-
tanischen Ärzteschule, Constantinus Africanus (1010–1087), beschäftigt sich mit dem

9
In II Sent., dist. 8, pars 2, art. unicus, quaest. 1, ad obiecta 3–4 (II,222b).
10
Ebd., quaest. 3 (II,224b–227b).
11
Ebd., quaest. 4 (II,228a–229a).
12
Ebd., quaest. 2 (II,222b–224b).
13
Ebd., quaest. 6 (II,230b–233b).
14
Ebd., concl. (II,231b–232a).
15
In diesem Abschnitt über die Melancholie folgen wir weitgehend unserer Darstellung in JEHL
(wie Anm. 1), bes. S. 275f.
Melancholie und Besessenheit im gelehrten Diskurs des Mittelalters 67

Symptombild der Melancholie und sucht nach Ursachen und Möglichkeiten der The-
rapie. Obwohl auch psychopathologische Phänomene bei seiner Beschreibung in den
Blick kommen, bleibt die Melancholie eine somatische Krankheit, die ihre Ursache
in einer schlechten »complexio«, d.h. Mischung der Körpersäfte, hat. Entsprechend
sind seine Therapieansätze somatisch orientiert (Diät, Gymnastik und Bäder, Klima-
wechsel). Die Psychotherapie spielt keine große Rolle16.
Bonaventura ist selbst kein Arzt oder Naturphilosoph, dennoch kommt er an ver-
schiedenen Stellen seines Werkes auf das Humoralschema und an einigen Stellen
auch auf die Melancholie zu sprechen, und zwar als Theologe. Zugunsten einer Ein-
schränkung auf den Sentenzenkommentar soll auf die Stellen in den moralisch-asze-
tischen und pastoralen Schriften verzichtet werden. Dort stellt Bonaventura etwa die
Frage, ob die Erbsünde in allen Menschen gleichmäßig vorzufinden sei, und kommt
dabei zu dem Schluß, daß die erbsündliche Konkupiszenz in ihrer die Sexualität per-
vertierenden Form eher das cholerische und sanguinische Temperament betrifft als
das melancholische17.
Man könnte nun aus der jeweiligen Zugehörigkeit zu einem Temperament Schlüs-
se bezüglich der moralischen Wertung sexueller Handlungen ziehen, seien diese nun
entlastender oder belastender Natur. Bonaventura ist sich dieses Problems durchaus
bewußt, wenn er sagt, daß eine vom Temperament her begründete Intensität der Kon-
kupiszenz weder zur persönlichen Schuld beitrage noch schuldhaft sein könne, son-
dern in die Verantwortung der Natur falle oder eine Folge der Strafe sei, die nach
der Ursünde über den Menschen verhängt wurde: »Sed talis intensio nihil facit ad
culpam, non enim est culpabilis, sed naturalis vel poenalis.«18
In dem kleinen Wörtchen »vel« liegt das Moderne dieser Stelle, weil sie neben ei-
ner theologischen zumindest auch eine natürliche Erklärung bestehen läßt.
Ähnlich verhält es sich mit der Frage19, ob die geistige Begabung (»subtilitas in-
genii«) und die Gedächtnisstärke (»habilitas ad memorandum«) vom Körper oder
von der Seele kommt20. Bonaventura lehnt in beiden Fällen eine naturphilosophische
Erklärung nicht ab, welche eine positive Disposition durch eine bestimmte Säftemi-
schung als Ursache der besonderen Begabung zugrundelegt, wenn er auch der theo-
logischen Erklärung den Vorzug gibt, welche in beiden Fällen eine natürliche Gabe
Gottes (»dona naturalia«) erkennt.
Diesem Beispiel kann auch das weitere Beispiel einer in diesem Falle hemmen-
den, negativen Anlage zur Seite gestellt werden, wenn es um den Gebrauch der Ver-
nunft (»usus rationis«) bei Menschen geht, die dem Wahnsinn und der Raserei ver-
fallen sind (»phreneticus et furiosus«)21. Sobald die Seele in einen solchen Körper

16
Vgl. ebd., S. 274–276.
17
In II Sent., dist. 33, art. 2, quaest. 1, concl. (II,814a–815b).
18
Ebd. (II,814b).
19
Vgl. zum folgenden JEHL (wie Anm. 1), S. 282f.
20
In II Sent., dist. 32, dub. 6 (II,804b).
21
In II Sent., dist. 31, art. 2, quaest. 1, concl. (II,774a).
68 Rainer Jehl

eingegossen wird22, bleibt sie für die Zeit ihrer Existenz in diesem Körper rasend
und unwissend, da das vernünftige Seelenvermögen bei seinen Tätigkeiten auf den
Körper angewiesen ist und durch dessen schlechte Disposition in seiner Ausübung
gehindert wird. Es kann gewissermaßen nicht von der Potenz in den Akt übergehen.
Das schlechte Zusammenwirken von körperlicher Disposition und seelischem Ver-
mögen beruht letztlich auf einer Unangepaßtheit der körperlichen Mischung an die
Seele, derenthalben diese ihre eigentliche Aufgabe, welche in der Vervollkomm-
nung (»perfectio«) des Körpers besteht, nur in eingeschränkter Weise erfüllen kann.
Bonaventura gibt dazu eine genaue physiologische Erklärung: Die schädlichen Dämp-
fe (»fumositates«), welche von den schlechten Körpersäften zum Gehirn aufsteigen,
behindern dort jene allerfeinsten, körperlichen Geister (»spiritus subtilissimi et nobi-
lissimi corporales«), die für die Vermittlung der von der Seele kommenden geistigen
Impulse an die körperlichen Organe zuständig sind.
Entscheidend für unsere Betrachtung ist auch hier, daß die körperliche Disposition
nur die Ausübung und den Gebrauch des vernünftigen Vermögens der Seele (»usus
rationis«) beeinflussen kann. Das Vermögen als solches ist vom Körper unabhängig,
ist Sache der Seele, wofür sich Bonaventura ausdrücklich auf die aristotelische For-
mel beruft: »Intellectus est ab extrinseco.«23
Kann man nach diesen Beispielen das Verhältnis von Temperament (»complexio«)
und Seele noch genauer bestimmen? Gibt es doch einen ursächlichen Zusammenhang
zwischen der körperlichen Anlage und den seelischen Verhaltensweisen? Wie zwin-
gend ist er?
Bonaventura führt das in einer großen Conclusio zur Frage aus, ob durch den Ein-
fluß der Sterne verschiedene sittliche Verhaltensweisen in den Menschen ausgelöst
werden:

»Es ist nämlich klar, daß unterschiedliche Dispositionen des Körpers viel zu unter-
schiedlichen Regungen (affectiones) und Verhaltensweisen der Seele beitragen.
Meistens nämlich ahmt die Seele das Temperament (complexio) des Körpers nach;
daher sind die Choleriker zornig, die Sanguiniker freundlich, die Melancholiker
finster und die Phlegmatiker faul. Das gilt aber nicht notwendigerweise; die Seele
beherrscht nämlich ihren Körper, und das am meisten, wenn ihr die Gnade zu Hilfe
kommt. Wir sehen nämlich, daß viele Choleriker trotzdem sanftmütig und Melan-
choliker freundlich sind. Da nun die Kraft der himmlischen Körper auf die Mi-
schung und die Qualität des Temperaments einwirkt, wirkt sie folglich irgendwie
auf die Qualität des Verhaltens ein, dennoch aber nur von Ferne (de longinquo).«24

22
Vgl. zum folgenden JEHL (wie Anm. 1), S. 284f.
23
In II Sent., dist. 35, art. 2, quaest. 6, concl. Zu den Aristoteleszitaten siehe Aristoteles, De ani-
ma III,4 (429b,3–5) und III,5 (430a,17–18).
24
In II Sent., dist. 14, pars 2, art. 2, quaest. 3, concl. Übersetzung der Stelle bei JEHL (wie Anm.
1), S. 297f.
Melancholie und Besessenheit im gelehrten Diskurs des Mittelalters 69

Analysiert man diese Textstelle25, so ist zunächst festzuhalten, daß Bonaventura hier
unseres Wissens das einzige Mal in seinem authentischen Schrifttum die vier Tem-
peramente in einem zusammenhängenden Quarternas erwähnt. Deutlich hebt er auch
den psychosomatischen Zusammenhang hervor, der in der Temperamentenlehre tra-
ditionell zum Ausdruck kommt. Bei der Interpretation dieses Zusammenhangs aber
zeigt er sein eigenes Profil. Wohl sieht er eine gewisse Einwirkung von seiten des
Körpers und seiner Mischung auf die Seele und die Qualität ihres Verhaltens. Aber
das Mischungsverhältnis ist nur die causa remota für eine bestimmte Qualität ihres
Verhaltens.
Die finstere Traurigkeit des Melancholikers etwa ist nur von Ferne (»de longin-
quo«) durch die Vorherrschaft der schwarzen Galle unter den Körpersäften bestimmt,
oder etwa, so könnten wir weiterfahren, durch die Vorherrschaft des Elements Erde
unter den vier Elementen in der Körpermischung oder gar durch den Einfluß der Ge-
stirne – im Falle der Melancholie des Saturn.
Es ist nicht die somatische Beschaffenheit, welche die psychische Eigenschaft
hervorbringt, sondern die Seele stellt sich aus eigenem Antrieb auf die körperliche
Disposition ein, ahmt sie nach. Zu dieser Nachahmung aber ist die Seele nicht ge-
zwungen, denn die Seele herrscht über den Körper. Eine solche Herrschaft der Seele
über die von der körperlichen Sphäre angeregten Leidenschaften (»passiones«) ist
aber Sache der Weisen (»spiritualiter sapientes«), und das sind auch nach Bonaven-
tura nur wenige. Er verwendet für sie in diesem Zusammenhang das schöne Adagium
des Ptolemäus: »Sapiens homo dominabitur astris.«26
Wenn aber Bonaventura die Herrschaft der Seele über den Körper und die durch
ihn angeregten sinnlichen Leidenschaften mit dem Ideal des Weisen verbindet, so
steht im Hintergrund weniger das Bild des stoischen Weisen, gegründet auf Ataraxia
und Apatheia. Vielmehr sieht Bonaventura in der Herrschaft der Seele den geeigne-
ten Ansatzpunkt für das Wirken der Gnade Gottes im Menschen: »Die Seele be-
herrscht nämlich ihren Körper, und dies am besten (maxime), wenn ihr die Gnade zu
Hilfe kommt.«27 Es sind also wieder theologische Gründe, welche Bonaventura dazu
bewegen, die herrschaftliche Unabhängigkeit der Seele angesichts natürlicher Erklä-
rungsmodelle zu stärken.

III. Bezüge zum Aristotelismusstreit des 13. Jahrhunderts

In all den gezeigten Beispielen geht es verdeckt oder offen um ein Problem: Können
körperliche Gegebenheiten das Verhalten der Menschen auch im seelischen Bereich
determinieren und damit seine Freiheit zur Sünde einschränken? Mehr als am Bei-
spiel der Besessenheit wird am Beispiel der Melancholie deutlich, daß hier von neu-

25
Vgl. zum ebd., S. 298f.
26
In II Sent., dist. 14, pars 2, art. 2, quaest. 3, ad obiectum 2.
27
Ebd., concl.
70 Rainer Jehl

en, durch die aristotelische Natur- und Seelenlehre beeinflußten Auffassungen einer
eher dichotomistischen Konzeption des Menschen, welche der Vorherrschaft des See-
lischen und damit der Herrschaft des freien Willens einen einseitigen Vorrang gab,
der Boden zumindest strittig gemacht wird zugunsten eines ganzheitlicheren Modells
für das Zusammenspiel von Körper und Seele. Damit wird aber auch das Konzept
der Sünde als universalem Erklärungsmodell für alle psychischen Probleme in Frage
gestellt.
Sollte Bonaventura demnach in seinem Sentenzenkommentar Anfang der 50er
Jahre des 13. Jahrhunderts noch davon ausgehen, daß hier ein ausgleichbares Neben-
einander besteht, so sollte er knapp 20 Jahre später solche deterministischen Tenden-
zen, wie sie noch mehr von einigen seiner Zeitgenossen aus Aristoteles herausgele-
sen wurden, als Irrlehre scharf verurteilen, zusammen mit den Vorstellungen von der
Ewigkeit der Welt und der Einheit des Intellekts in allen Menschen28. Bonaventuras
Invektiven führen zusammen mit den Angriffen des Thomas von Aquin gegen die
Aristoteles-Kommentare des arabischen Philosophen Averroes zu den Lehrverboten
und Verurteilungen von Lehrsätzen in den Jahren 1270 und 1277 durch den Bischof
von Paris29. Aber schon Kurt Flasch hat in seiner kommentierten deutschen Überset-
zung der Verurteilungen von 1277 die verquere Situation aufgezeigt, in der sich Bo-
naventura ebenso wie der Bischof von Paris befinden. Sie verteidigen die Freiheit
des Menschen um den Preis eines neuplatonisch gefärbten Dualismus von Seele und
Körper und stellen jene, die hier mehr als nur dispositive und kontingente Abhängig-
keiten von den körperlichen Gegebenheiten sehen – nämlich psychosomatische Zwän-
ge – in die Ecke von abergläubischen Astrologen, wenn nicht schlimmerem30. Im
Sentenzenkommentar von 1250/52 ist Bonaventura da noch offener, neugieriger und
toleranter, sogar pluralistischer. Das wurde durch die konflikthafte Zuspitzung der
intellektuellen Situation an der Pariser Universität in tragischer Weise zugeschüttet.
Wie viele Menschen dieser hohen Vorstellung von der unbedingten Herrschaft der
Seele und des Willens über den Leib ihre menschenwürdige Behandlung oder gar ihr
Leben opfern mußten, weil sie minderbegabt, einseitig begabt, geistig behindert, see-
lisch belastet und verhaltensgestört oder einfach ›melancholisch‹ und ›besessen‹ wa-
ren, muß hier unbeantwortet bleiben.

28
Die einschlägigen Stellen aus den Collationes de septem donis und den Collationes in Hexae-
meron sind zusammengestellt und kommentiert bei JEHL (wie Anm. 1), S. 291–297.
29
Kurt FLASCH, Aufklärung im Mittelalter? Die Verurteilung von 1277. Das Dokument des Bi-
schofs von Paris eingeleitet, übersetzt und erklärt, Mainz 1989; Roland HISSETTE, Albert le Grand
et Thomas d’Aquin dans la censure parisienne du 7 Mars 1277, in: Albert ZIMMERMANN (Hrsg.),
Studien zur Mittelalterlichen Geistesgeschichte und ihren Quellen (Miscellanea Mediaevalia, Bd.
15), Berlin/New York 1982, S. 226–246; Pierre MANDONNET, Siger de Brabant et l’averroisme la-
tin au XIIIe siècle, Louvain ²1908.
30
Vgl. hierzu den Kommentar von Kurt Flasch zu These 137 in FLASCH (wie Anm. 29), S. 207f.
Melancholie und Besessenheit im gelehrten Diskurs des Mittelalters 71

Abstract

Phänomene wie das der ›Besessenheit durch einen Dämon‹ werden heute am ehe-
sten im Bereich des Psychischen angesiedelt, weil wir hier noch Gebiete des Uner-
forschten, Unbestimmten und Unerklärlichen anzunehmen bereit sind. Im gelehrten
Diskurs des Mittelalters, wie z.B. im Sentenzenkommentar, den der Franziskaner
Bonaventura († 1274) in den Jahren 1250/52 geschrieben hat, wird deutlich, daß hier
die Verhältnisse umgekehrt sind. Besessenheit wird eher als ziemlich mechanistisch
zu verstehende Einwohnung eines Dämons in den Körper eines Menschen betrach-
tet. Die Seele ist davon wenig berührt. Der Vergleich mit der Melancholie, die bei
Bonaventura wie allgemein im Mittelalter als ebenfalls rein somatische Erscheinung
angesehen wird, zeigt, daß Bonaventura einer Konditionierung der Seele durch so-
matische Voraussetzungen wenig Möglichkeiten einräumt. Zu hoch ist die Vorstel-
lung von der Herrschaft der Seele über den Körper und die Freiheit des Willens.
Vermeintlich deterministischen Tendenzen, wie sie zur Zeit Bonaventuras durch den
Einfluß der aristotelischen antidualistischen Leib-Seele-Konzeption befürchtet wur-
den, erteilt Bonaventura eine deutliche Absage. Hierin steht er durchaus im Einklang
mit den ›Aristoteles-Verboten‹ an der Universität Paris in den Jahren 1270 und
1277. Der Preis dafür sind dualistische Tendenzen bei der Betrachtung des Leib-See-
le-Verhältnisses und geringe Möglichkeiten zur moralischen Entlastung von Men-
schen, die unter konstitutionsbedingten Schwächen, geistigen Behinderungen und psy-
chischen Krankheiten leiden.

Melancholy and possession in the scholarly mediaeval discourses

Phenomena such as ›demonic obsession‹ are nowadays most likely to be located in


the spheres of the psyche because we are prepared to accept that there are still areas
which remain unexplored, indefinite and inexplicable. In the scholarly mediaeval dis-
courses, such as the Commentary of Sentences written by the Franciscan friar Bona-
ventura († 1274) during the period 1250/52, it becomes obvious that the circum-
stances are reversed. Possession by demons is seen to be more a mechanical occupation
of a human being. The soul is little affected by it. The comparison with melancholy
which Bonaventura like his contemporaries in the middle ages considered to be a
purely somatic condition shows that he sees little possibility of a conditioning of the
soul by somatic conditions. The concept of the dominance of the soul over the body
and the freedom of will is placed too high. Bonaventura flatly rejects the probable
deterministic tendencies which fell under the influence of the Aristotelian antidualist
body-soul concepts and which were feared by his contemporaries. In this respect he
is in clear agreement with the ›Aristotelian Bans‹ pronounced by the University of
Paris in 1270 and 1277. The price to be paid for this is the dualistic tendencies in the
reflection of the body-soul relationship and the insufficient possibility for the moral
relief of human beings who suffer from constitutional weaknesses, mental handicaps
and psychological disorders.
H.C. ERIK MIDELFORT

Natur und Besessenheit


Natürliche Erklärungen für Besessenheit
von der Melancholie bis zum Magnetismus

Bereits in der Frühen Neuzeit gab es auf Seiten der Medizin Bestrebungen, angebli-
che Fälle von Teufelsbesessenheit als etwas ganz anderes zu entlarven und auf na-
türliche Weise zu erklären. In einem kurzen Aufsatz wie dem vorliegenden kann nicht
jeder bekannte und nicht einmal jeder wichtige Fall beschrieben werden, in dem Me-
diziner oder andere ›Naturalisten‹ einen besessenen Menschen einfach für krank er-
klärten1. Eine Auswahl muß genügen. Dabei ist es jedoch unerläßlich, nicht nur die
Einsichten und Positionen der medizinischen Fakultäten in der Frühen Neuzeit kurz
darzustellen, sondern auch die Reaktionen der Exorzisten und der katholischen Kir-
che. Bemerkenswerterweise wird sich dabei herausstellen, daß die katholische Kirche
im Rituale Romanum schließlich eine beinahe ›naturalistische‹ Position vertrat.
In den ersten Anfängen des Christentums, wie sie sich in den Evangelien darstel-
len, wurde nicht zwischen Naturerscheinungen und übernatürlichem, teuflischem Wir-
ken unterschieden: Beides erscheint untrennbar ineinandergeflochten. Betrachten wir
dazu ein wohlbekanntes Wunder Jesu:

»Und da sie zu dem Volk kamen, trat zu ihm ein Mensch und fiel ihm zu Füßen
und sprach: Herr, erbarme dich über meinen Sohn; denn er ist mondsüchtig und hat
ein schweres Leiden; er fällt oft ins Feuer und oft ins Wasser. Und ich habe ihn zu
deinen Jüngern gebracht, und sie konnten ihm nicht helfen.« (Mt. 17,14–16)

Zunächst leidet der Sohn an einer natürlichen Krankheit (griech.: λ νια αι; lat.:
lunaticus est). Und wie in vielen anderen ähnlichen Situationen in der Bibel erwartet
der Vater, daß der Herr und seine Jünger dem Sohn helfen werden. Diese Hilfe wird
nun aber durch die Austreibung des Teufels ( αιµονιον; daemonium) gewährt:

»Und Jesus bedräuete ihn; und der Teufel fuhr aus von ihm, und der Knabe ward
gesund in derselbigen Stunde.« (Mt. 17,18).

1
Die beste Zusammenfassung bietet Stuart CLARK, Thinking with Demons. The Idea of Witch-
craft in Early Modern Europe, New York 1997.
74 H.C. Erik Midelfort

Hier wird offenbar, was in Jesu Teufelsaustreibungen und Wunderheilungen häufig


nur implizit zum Ausdruck kommt: daß Krankheit, Unfall, Unglück und viele andere
Schäden oftmals als teuflisch verursacht oder gar als Besessenheit verstanden wur-
den2. Ohne unsere Kenntnisse von Bakterien, Viren und krankheitserregenden Sub-
stanzen, aber auch ohne Kenntnis der damals aktuellen griechischen hippokratischen
Säftelehre, erschienen viele ›natürliche Zustände‹ als Beispiele von Teufelsbesessen-
heit. Kennzeichnend für diese Ansicht war, daß Jesus und seine Nachfolger selten die
Frage stellten, ob eine Krankheit oder Lähmung natürlichen oder übernatürlichen
Ursprungs war. Der Teufel konnte jeden angreifen oder in Besitz nehmen, Krank-
heit, Blindheit und Krämpfe erregen und das Leben samt allen Gütern schädigen und
zerstören. Diese Zustände mußten nicht ein eindeutig ›übernatürliches‹ Aussehen ha-
ben, sie konnten auch täuschend ›natürlich‹ erscheinen. Den Christen der Antike und
des frühen Mittelalters wurde zwar durchaus geboten, zwischen dem Wirken von
teuflischen und göttlichen Geistern zu unterscheiden. Es war aber nur wichtig zu wis-
sen, ob eine Vision, eine Erscheinung oder eine Berufung göttlichen Ursprungs war
oder nicht. Bei körperlichen Symptomen schien eine solche Unterscheidung nicht
nötig. Vereinfachend kann man deshalb die Situation der Welt der Evangelien (wenn
nicht des ganzen Neuen Testaments) bildlich wie folgt darstellen:

Man mußte bei diesem Modell keinen besonderen Scharfsinn aufwenden, um Natur-
welt und Geisterwelt auseinanderzuhalten. Sie flossen ineinander. Diese biblische
Welt mit ihren Ansichten, ihren Prophezeiungen und ihrer Sprache blieb seitdem für
viele christliche Theologen, Wissenschaftler und auch für den gemeinen Mann, so-
weit er die Evangelien lesen oder auch nur hören konnte, eine wichtige Quelle für
die Deutung von Krankheit. Im Mittelalter und in der Frühen Neuzeit waren die Bi-

2
Morton SMITH, Jesus the Magician, San Francisco 1978, S. 106–108; Graham H. TWELFTREE,
Christ Triumphant. Exorcism Then and Now, London 1985; Graham H. TWELFTREE, Jesus the Ex-
orcist. A Contribution to the Study of the Historical Jesus, Tübingen 1993; Everett FERGUSON, De-
monology of the Early Christian World, New York 1984; Franz ANNEN, Die Dämonenaustreibun-
gen Jesu in den synoptischen Evangelien, in: Theologische Berichte 5 (1970), S. 107–146; Susan R.
GARRETT, The Demise of the Devil. Magic and the Demonic in Luke’s Writings, Minneapolis
1989; Gregory E. STERLING, Jesus as Exorcist. An Analysis of Matthew 17,14–20, Mark 9,14–29,
Luke 9,37–42a, in: The Catholic Biblical Quarterly 55 (1993), S. 467–493.
Natur und Besessenheit 75

belgeschichten von Wunderkuren und Teufelsaustreibungen stets präsent und konnten


als Beweismittel und erprobte Argumente dafür benutzt werden, daß jede Krankheit
eigentlich vom Teufel kam oder daß eine teuflische Herkunft zumindest möglich
war3. Mystiker und Scholastiker versuchten häufig, ihre geistigen Erlebnisse und
theologischen Erkenntnisse auf diese Weise wissenschaftlich zu begründen und plau-
sibel zu machen4.
Dies war aber nicht die einzige abendländische Tradition. Kurz gefaßt nämlich
scheint diese Darstellung in der neutestamentlichen Welt jenen Glauben an Beses-
senheit zu teilen, gegen den die hippokratische Schule – die naturalistische Bewe-
gung der griechischen Medizin – jahrhundertelang kämpfte. Nur teilweise siegreich,
mußten hippokratische Ideen schließlich einen gütlichen Vergleich mit dem Chri-
stentum schließen5. Seitdem gab es im Westen ständig Spannungen und Kompromis-
se zwischen Positionen, die sich nicht vereinbaren ließen6.
So entwickelte sich im Mittelalter im Westen, besonders an den Universitäten, eine
gelehrte Medizin – und daneben eine Anzahl von nicht ganz so sehr gelehrten medi-
zinischen Richtungen –, die Krankheiten und Unfälle, Unglück und Schaden primär
als natürlich deuteten. Im 16. Jahrhundert findet man diese These manchmal sogar in
der zugespitzten Form, daß es überhaupt keine teuflischen Krankheiten und auch
keine Teufelsbesessenheit gebe. Das war z.B. die Lehre des Aristotelikers Pietro
Pomponazzi7 in Padua (1462–1524), aber auch des Platonikers Levinus Lemnius,
des Arztes von Zierikzee (1505–1568). Nach Lemnius konnte man die merkwürdig-
sten Symptome auf natürliche Weise erklären. Besessene Menschen fielen oft mit
schäumendem Mund und knirschenden Zähnen zu Boden, sie schrien und sprachen
mit tiefer Stimme, sie sahen falsche Visionen, hörten verführerische Stimmen und
stießen Gotteslästerungen aus. Sie benahmen sich, mit anderen Worten, als ob sie
nicht bei Sinnen und gottlos wären. Für solche Zustände hatte Lemnius eine ganz

3
Zur Zusammenarbeit von Medizinern und Theologen siehe Jean CÉARD, The Devil and Love-
sickness. Views of 16th Century Physicians and Demonologists, in: Donald A. BEECHER/Massimo
CIAVOLELLA (Hrsg.), Eros and Anteros. The Medical Traditions of Love in the Renaissance (Uni-
versity of Toronto Italian Studies, Bd. 9), Ottawa 1992, S. 33–47; grundlegend Jean CÉARD, Folie
et démonologie au XVIe siècle, in: Folie et Déraison à la Renaissance, Brüssel 1976, S. 9–47; DERS.,
La nature et les prodiges. l’Insolite au XVIe siècle en France, Genf 1977.
4
Barbara NEWMAN, Possessed by the Spirit. Devout Women, Demoniacs, and the Apostolic
Life in the Thirteenth Century, in: Speculum 73 (1998), S. 733–770; Nancy CACIOLA, Mystics, De-
moniacs, and the Physiology of Spirit Possession in Medieval Europe, in: Comparative Studies in
Society and History 42 (2000), S. 268–306.
5
Owsei TEMKIN, Hippocrates in a World of Pagans and Christians, Baltimore 1991.
6
Darrel W. AMUNDSEN, Medicine, Society, and Faith in the Ancient and Medieval Worlds,
Baltimore 1996; Ronald L. NUMBERS/Darrel W. AMUNDSEN, Caring and Curing. Health and Medi-
cine in the Western Religious Traditions, New York 1986.
7
Pietro POMPONAZZI, De naturalium effectuum admirandum causis, sive de incantationibus li-
ber, Basel 1556. Die Handschrift dieser Arbeit war schon in den 1520er Jahren öffentlich bekannt
(vgl. Martin L. PINE, Pietro Pomponazzi. Radical Philosopher of the Renaissance, Padua 1986).
76 H.C. Erik Midelfort

natürliche Erklärung parat8: Diese Menschen waren melancholisch9. Das heißt, sie
litten an einem Überfluß von schwarzer Galle, einer dicken, klebrigen Flüssigkeit,
die, wenn sie überreichlich vorhanden war, wie Gift den Körper und die Sinne ver-
darb. Geistreiche Mediziner konnten fast alles mit diesem Saft, besonders in seiner
gebrannten Form (der sog. melancholia adusta), erklären10. Es ist erstaunlich, wie
viele Zustände Lemnius als die Folgen schwarzer Galle deutete: Liebe, Zorn, Wahn-
vorstellungen, Genie und andere besondere Geisteszustände, Trübsinn, Schwermut,
Visionen, aber auch physikalische Symptome wie ungewöhnliche Kraft, Blähungen,
Krämpfe, Kopfschmerzen, besondere Sprachfähigkeiten und andere leibliche Leiden
wie Verwirrtheitsanfälle, Rausch und Ohnmacht. Lemnius war dermaßen überzeugt
von der Allmacht der schwarzen Galle, daß er sogar so weit ging, auf sie auch die
angebliche Fähigkeit melancholischer Irrsinniger zurückzuführen, fremde Sprachen
beherrschen zu können, obwohl sie sie noch nie zuvor gehört hatten11. Trotz seines
Hinweises auf die platonische Lehre von der Reminiszenz war dies allerdings selbst
für wohlwollende Zeitgenossen ein übertriebener und zweifelhafter Erklärungsver-
such. (Halten wir nebenbei fest, daß solche Beispiele ungewöhnlicher Sprachbeherr-
schung auch heute noch auftauchen, jetzt aber als Beweis für Seelenwanderung
gelten.) Bei aller Übertreibung bietet uns Lemnius ein nützliches Beispiel für die All-
gegenwart der Melancholie unter Philosophen und Medizinern um 1600.

Melancholie war in der ganzen Frühen Neuzeit die allgemeinste Erklärung für be-
sondere Zustände12. Kenner der englischen Literatur werden sofort an das Meister-
werk frühneuzeitlicher Prosa von Robert Burton denken: The Anatomy of Melan-
choly, veröffentlicht 1621 und dann in vielen weiteren Ausgaben (1624, 1628, 1632,

8
Levinus LEMNIUS, De miraculis occultis naturae libri iiii, Antwerpen 1574.
9
H.C. Erik MIDELFORT, A History of Madness in Sixteenth-Century Germany, Stanford 1999,
S. 171.
10
John F. SENA, A Bibliography of Melancholy. 1660–1800, London 1970.
11
LEMNIUS, De miraculis (wie Anm. 8), lib. 2, cap. 2.
12
Jennifer RADDEN (Hrsg.), The Nature of Melancholy. From Aristotle to Kristeva, New York
2000; Winfried SCHLEINER, Melancholy, Genius and Utopia in the Renaissance, Wiesbaden 1991;
Elizabeth Parshall BRADBURY, Intellectual Influences of the Sixteenth and Early Seventeenth Centu-
ries in Robert Burton’s The Anatomy of Melancholy, Magisterarbeit University of San Diego 1998.
Natur und Besessenheit 77

1638, 1651, 1652 Oxford, 1652 London, 1660, 1676), wobei das Werk allerdings
erst in unserer Zeit Übersetzungen in andere Sprachen erlebte (französisch 2000,
teilweise deutsch 1952, italienisch 1994)13. Burton griff jedoch nicht die radikale In-
terpretation von Pomponazzi und Lemnius auf, er lehnte nicht den Einfluß des Teu-
fels ab. In der Frage der teuflischen bzw. melancholischen Erscheinungen wie der
Wahrsagerei und der ungewöhnlichen Kenntnis von Fremdsprachen oder Geheim-
nissen nahm Burton zwar die naturalisierenden Lehren von Guainerius, Montaltus,
Pomponazzi und Lemnius sowie die platonischen Lehren von Ficino, Pierleonus und
Iamblichus14 zur Kenntnis. Doch am Ende entschied er sich weder für die eine noch
für die andere, sondern für die Lehre von »Avicenna and his associates, that such
symptoms proceed from evil spirits, which take all opportunities of humours de-
cayed, or otherwise, to pervert the soul of man«15.
Die französische Literatur kennt ein radikaleres naturalisierendes Beispiel, das
wahrscheinlich aufgrund seiner Radikalität weniger oft verlegt wurde: das Kompen-
dium des Arztes Jacques Ferrand, Traité de l’essence et guérison de l’amour16. In
diesem Werk findet man vollständige und weitschweifige Erläuterungen über die
fleischlichen, die geistigen, aber auch die geistlichen Wirkungen der überfließenden
Melancholie. Wo Inquisitionsbehörden tätig waren, konnte man jedoch in Schwie-
rigkeiten geraten, wie Jacques Ferrand erfuhr, der es im Jahr 1620 mit der Inquisition
von Toulouse zu tun bekam. Sein Buch wurde verdammt und verbrannt, nicht nur
weil er sich für die gerichtliche Astrologie eingesetzt hatte, sondern auch, weil er die
naturalisierende Ansicht vertreten hatte, daß die Liebe nicht eine die Seele betref-

13
Eleanor P. VICARI, The View from Minerva’s Tower. Learning and Imagination in The Ana-
tomy of Melancholy, Toronto 1989; Robert BURTON, The Anatomy of Melancholy, hrsg. von Tho-
mas C. FAULKNER/Nicolas K. KIESSLING/Rhonda L. BLAIR, 3 Bde., Oxford 1989–1994. Es ist auf-
fällig, daß nur ein Bruchstück von Burtons Meisterwerk auf deutsch unter dem Titel erhältlich ist
(Schwermut der Liebe, Zürich 1952; Die Anatomie der Melancholie, Zürich 1988, Mainz 1995 u.ö.).
14
Antonius GUAINERIUS, Opera medica, Pavia 1481; Philotheus Elianus MONTALTO, Tractatus
accuratiss[imus] de morbis capitis, St. Gervais 1628; POMPONAZZI, De naturalium (wie Anm. 7);
LEMNIUS, De miraculis (wie Anm. 8); IAMBLICHUS, De mysteriis Aegyptiorum, Chaldaeorum, As-
syriorum […] [nunc primum … Nicolao Scutellio … interprete], Rom 1556; es scheint, daß Burton
die neuplatonische Sammlung kannte: (ANONYMUS), Index eorum, quae in hoc libro habentur. Iam-
blichus de mysteriis [etc.], Venedig 1497. Pierleonus war ein Freund des Marsiglio Ficino, dessen
Werk De voluptate in der eben genannten Sammlung zu finden war. Zu Burtons Quellen siehe be-
sonders Michael HEYD, Robert Burton’s Sources on Enthusiasm and Melancholy, in: History of
European Ideas 5 (1984), S. 17–44; Lawrence BABB, The English Malady, East Lansing 1951;
Ruth A. FOX, The Tangled Chain, Berkeley 1971; Bridget Gellert LYONS, Voices of Melancholy,
London 1971.
15
BURTON, Anatomy of Melancholy (wie Anm. 13), Bd. 1, S. 429.
16
De la maladie d’amour, ou melancholie erotique. Discours curieux qui enseigne à cognoistre
l’essence, les causes, les signes, & les remedes de ce mal fantastique, Toulouse 1610, Paris 21623
(englische Übersetzung: Erotomania or a Treatise Discoursing of the Essence, Causes, Symptoms,
Prognosticks, and Cure of Love or Erotique Melancholy, übersetzt von Edward CHILMEAD, Oxford
1640, 21645).
78 H.C. Erik Midelfort

fende Zuneigung sei, sondern eine physikalische, körperliche und deshalb von Medi-
zinern zu behandelnde Bedrängnis17.
Eine ähnlich radikale Haltung findet man in der skeptischen Arbeit von Reginald
Scot, seiner Discoverie of Witchcraft (1584), die es unternahm zu beweisen, daß der
Teufel in der modernen Welt keine physische Gewalt ausüben könne: Angebliche
Besessenheitsfälle entpuppten sich als Krankheit, Einbildung oder Betrug. Aus radi-
kalen religiösen Gründen ging Scot allerdings in seiner Skepsis so weit, daß er die
Bibel als treuen Lebensführer fast preisgab – sie spiegelte eine verlorene Welt wi-
der18. Sein Werk wurde erst 1651, 1654 und 1665 wieder verlegt. Es wurde aber oft
gelesen, z.B. von dem Arzt Edward Jorden, der im Jahr 1603 einen Fall von Beses-
senheit heftig bestritt. Nach Jordens Beweisführung war die vierzehnjährige Mary
Glover nicht besessen, sondern eine Betrügerin und Hysterikerin19. Michael MacDo-
nald hat dieses Beispiel glänzend untersucht und als wahrscheinlich herausgearbei-
tet, daß Jorden anstelle der Melancholie die bis dahin ziemlich seltene und selten be-
schriebene Krankheit der Hysterie eingesetzt habe, weil die junge Glover nicht reif
genug gewesen sei, um eine plausible Melancholikerin zu sein. Jordens Argumenta-
tionslinie hatte ihre Stärke in ihrer strengen Logik, aber auch eine merkwürdige
Schwäche: In dem Hexenprozeß, der aus den Anklagen der besessenen Glover her-
vorging, mußte Jorden seine naturalistische Ansicht gegen die Ansichten des Hohen
Landrichters Sir Edmund Anderson verteidigen. Nachdem Jorden Glovers Zustand
als natürlich diagnostiziert hatte, fragte ihn Anderson:

»Wie nennen Sie das?«


Jorden: »Passio hysterica.«
Anderson: »Können Sie es heilen?«
Jorden: »Ich weiß es nicht. Ich möchte das nicht unternehmen, aber eine taugliche
Untersuchung sollte darüber angestellt werden.«
Anderson: »Glauben Sie, daß sie [d.h. Glover] sich krank stellt?«
Jorden: »Nein, bei meinem Gewissen. Ich glaube, sie täuscht nicht.«

17
Donald BEECHER/Massimo CIAVOLELLA (Hrsg.), Jacques Ferrand. A Treatise on Love-
sickness, Syracuse 1990, S. 26–38.
18
Daniel P. WALKER, Unclean Spirits. Possession and Exorcism in France and England in the
Late Sixteenth and Early Seventeenth Centuries, Philadelphia 1981; Keith THOMAS, Religion and
the Decline of Magic. Studies in Popular Beliefs in Sixteenth and Seventeenth Century England,
London 1971; Sidney ANGLO, Reginald Scot’s Discoverie of Witchcraft. Scepticism and Saddu-
ceeism, in: DERS. (Hrsg.), The Damned Art. Essays in the Literature of Witchcraft, London 1977, S.
106–139; DERS., Melancholia and Witchcraft. The Debate Between Wier, Bodin and Scot, in: Folie
et Déraison à la Renaissance (wie Anm. 3), S. 209–222; David WOOTTON, Reginald Scot, Abra-
ham Fleming: The Family of Love, in: Stuart CLARK (Hrsg.), Languages of Witchcraft. Narrative,
Ideology and Meaning in Early Modern Culture, New York 2000, S. 119–138.
19
Michael MACDONALD (Hrsg.), Witchcraft and Hysteria in Elizabethan England. Edward Jor-
den and the Mary Glover Case, London 1991, S. xliif.
Natur und Besessenheit 79

Anderson: »Also, bei meinem Gewissen, es ist nicht natürlich. Denn wenn Sie mir
weder eine natürliche Ursache noch eine natürliche Kur nennen, sage ich Ihnen, es
ist nicht natürlich.«20

Nach den allgemeinen Vorstellungen um 1600 mußte es für natürliche Krankheiten


auch natürliche Heilmittel geben. Fehlten diese oder versagten sie, galt dies als deut-
liches Indiz für übernatürliche Ursachen. Deshalb nahmen die meisten Wissenschaft-
ler eine vermittelnde Position ein und gestanden zu, daß der Teufel Leute verhexen
oder wirklich in Besitz nehmen konnte und daß dabei die Merkmale der Zauberei
und der possessio oder obsessio ganz (oder fast) natürlich erscheinen konnten. Aus
dieser Sicht gab es eindeutig natürliche Zustände auf der einen Seite und eindeutig
übernatürliche Zustände auf der anderen Seite, dazwischen lag aber ein großes Feld
von schwer bestimmbaren Zuständen – eine Zone, die entweder natürlich oder über-
natürlich zu erklären war. Dies war eine so übliche Ansicht, daß man sie überall im
16. und 17. Jahrhundert bei verschiedenen Wissenschaftlern findet. Selbst Johann
Weyer, der angeblich dachte, sämtliche Hexerei und Teufelei sei die Wirkung von
melancholia und Betrug, schrieb eine große Zahl von physischen Wirkungen dem
Teufel zu. Buch IV seiner De Praestigiis Daemonum (1563, sechs lateinische Aus-
gaben bis 1583) war der Frage gewidmet, wie man die ›Verhexten‹ verstehen sollte.
Nicht als verhext, meinte Weyer, nicht als von einer Hexe beschädigt, sondern häu-
fig als besessen21. Selbst die erfahrensten Ärzte konnten sich leicht täuschen. Weyer
erzählt die Geschichte eines berühmten Arztes, der ein Mädchen als Melancholike-
rin betrachtete, obwohl es eigentlich von einem schlauen und betrügerischen Teufel
besessen war – einem Teufel, der es verstand, natürlich scheinende Zustände und
Wirkungen nachzuahmen22. Diese Ähnlichkeiten, Gemeinsamkeiten und Überschnei-
dungen von natürlichen und unnatürlichen Zuständen erschwerten eine differenzierte
Diagnose. Es gab nicht nur »secreta naturae«, Naturgeheimnisse, sondern auch
Schwindel, weil der Teufel sich am Betrug der Menschheit ergötzte. Seine unsicht-
baren Schlingen konnten selbst den Erfahrensten und Vorsichtigsten erfassen. Eine
Zone des Übergangs von Krankheit zum teuflischen Angriff wurde auch in Sprich-
wörtern deutlich, wie »Melancholia balneum diaboli«, d.h. »Die Melancholie ist des
Teufels Bad«. Einige natürliche Zustände waren dem Teufel außerordentlich will-
kommen: Trübe, schwermütige, schlecht ernährte, niedergeschlagene, einsame, wi-
derspenstige Menschen öffneten sich leicht dem Angriff des Geistes der Traurig-
keit23. Deshalb war es ein Gemeinplatz, daß Geselligkeit und Musik, Heiterkeit und

20
THOMAS, Religion (wie Anm. 18), S. 546; MACDONALD, Witchcraft and Hysteria (wie Anm.
19), S. xvii.
21
Johann WEYER, De Praestigiis Daemonum, Basel 1583, lib. IV, cap. 1, 3, 4, 6, 8 (englische
Übersetzung: George MORA (Hrsg.), Witches, Devils, and Doctors in the Renaissance, übersetzt
von John SHEA, Binghamton 1991, S. 283–286, 290–295, 297–302).
22
Ebd., lib. IV, cap. 17 (MORA, Witches, Devils, and Doctors (wie Anm. 21), S. 326–329).
23
MIDELFORT, A History of Madness (wie Anm. 9), S. 57, 104, 107, 162; BURTON, Anatomy
of Melancholy (wie Anm. 13), Bd. 1, S. 143, 402, 429; Bd. 3, S. 344, 429.
80 H.C. Erik Midelfort

vernünftiges Essen die Gesundheit förderten und dem Teufel ein Hindernis setzten.
Kein Wunder, daß selbstmörderische Gedanken als direkt vom Teufel inspiriert gal-
ten und Fälle von Besessenheit häufig auf Selbstmord hinausliefen24. Im Vergleich
zu der Darstellung in den Evangelien könnte man diese in der Frühen Neuzeit übli-
che Weltanschauung wie folgt darstellen:

Solche Abbildungen haben den Vorteil, daß sie uns das Problem einer differenzier-
ten Diagnose nachdrücklich vor Augen stellen. Sie verdeutlichen die Schwierigkeit
der biblischen discretio spirituum (1 Thess. 5,19–21; 1 Kor. 12,10). Für die frühneu-
zeitlichen Wissenschaftler, die dieses Modell vertraten, ging es nie darum, den Teu-
fel aus dieser Welt auszuschließen, als ob er nicht mehr tätig oder anwesend sei. Ihr
Problem bestand darin, im konkreten Einzelfall herauszufinden, ob der Teufel oder
die Natur für eine bestimmte Krankheit oder ein erlebtes Übel verantwortlich waren.
Nicht jeder Christ mußte diese Sicherheit besitzen, aber die katholische Kirche stell-
te sich während des 16. Jahrhunderts zunehmend auf den Standpunkt, daß sich der
Exorzist über die Anwesenheit des Teufels sicher sein solle, bevor er versuchte, ihn
auszutreiben. Vor 90 Jahren beschrieb Adolf Franz diese Entwicklung in Dogma
und Praxis, die im Jahre 1614 mit der zugespitzten Formulierung des Rituale Roma-
num Papst Pauls V. ein Ende fand25:

24
MIDELFORT, A History of Madness (wie Anm. 9), S. 77f.; Michael MACDONALD/Terence R.
MURPHY, Sleepless Souls. Suicide in Early Modern England, Oxford 1990; David LEDERER, Re-
forming the Spirit. Society, Madness, and Suicide in Central Europe, 1517–1809, Diss. phil. New
York 1995.
25
»In primis ne facile credat, aliquem a daemone obsessum esse, sed nota habeat ea signa, qui-
bus obsessus dignoscetur ab iis, qui re atrabile, vel morbo aliquo laborant. Signa autem obsidentis
daemonis sunt: ignota lingua loqui pluribus verbis, vel loquentem intelligere. Distantia, & occulta
patefacere. Vires supra aetatis, seu conditionis naturam ostendere, & id genus alia, quae cum pluri-
Natur und Besessenheit 81

»Zuerst, glaube nicht leicht, daß jemand vom Teufel besessen ist, sondern [halte
fest,] daß es besondere Zeichen gibt, durch die man weiß zu unterscheiden zwi-
schen den Besessenen und denen, die entweder an Melancholie oder an irgend ei-
ner anderen Krankheit leiden. Solche Zeichen der Teufelsbesessenheit sind: 1) die
Fähigkeit, unbekannte Fremdsprachen zu sprechen mit vielen Wörtern oder eine
Fremdsprache zu verstehen; 2) das Entdecken von Geheimnissen oder weit ent-
fernten Geschehnissen; 3) übernatürliche Kraft (die eigene Natur oder Zustand über-
treffend) auszuweisen; und 4) andere Zeichen dieser Art, die in ihrer Vielzahl zu-
sammenlaufen.«

Diese Prüfungskriterien des Rituale Romanum gelten bis heute noch fast wörtlich
und sind offensichtlich dafür verantwortlich, daß die Besessenheit so selten gewor-
den ist. Die genannten Symptome sind so unerklärlich, so offenbar übernatürlich, daß
selbst der moderne Skeptiker überrascht wäre, wenn er ihnen begegnen würde und
keinen Betrug oder menschlichen Fehler erkennen könnte. Diese Symptome einer
echten Besessenheit sind so stark und glaubwürdig, daß man sie wie eine Art ›nega-
tives Wunder‹ betrachten darf. Und wie andere echte (positive und übernatürliche)
Wunder kommen sie heute äußerst selten vor26. Zugespitzt kann man es so ausdrük-
ken: Wenn man beide Sorten von Wundern erwartet und nicht für unmöglich hält,
tauchen sie auch im täglichen Leben häufig auf. Aber umgekehrt: Wenn diese Wun-
der als (fast) unmöglich betrachtet werden, so hören sie auch auf, zum Vorschein zu
kommen. Bildlich kann man dieses Verhältnis so darstellen:

Aus dieser Abbildung wird deutlich, daß man nicht den Teufel verleugnen oder sei-
ne Einmischung in die Welt ablehnen muß. Aber nach den Voraussetzungen von
Abb. 4 kann man sich erst dann der Anwesenheit des Teufels sicher sein, wenn sol-

ma concurrunt, majora sunt indicia« (Adolph FRANZ, Die Kirchlichen Benediktionen im Mittelal-
ter, Freiburg i.Br. 1909; Philip T. WHEELER (Hrsg.), The Roman Ritual in Latin and English. With
Rubrics and Planechant Notation, Bd. 2, Milwaukee 1952, S. 168f.). Übersetzung durch Verfasser.
26
David BASINGER/Randall BASINGER, Philosophy and Miracle. The Contemporary Debate,
Lewiston 1986; Robert M. BURNS, The Great Debate on Miracles. From Joseph Glanvill to David
Hume, Lewisburg 1981.
82 H.C. Erik Midelfort

che ›negativen Wunder‹ klar vor Augen treten. Interessant ist, daß diese Position
nicht nur unter Katholiken festen Fuß fand, sondern auch unter einigen Evangeli-
schen, wie z.B. bei Johann Heinrich Zedler (1706–1763):

»Die eigentlichen Kennzeichen einer Wahrhafften Besitzung sind diese, wenn der
Besessene Dinge redet, die er nicht gelernet, und zukünfftige Zufälle vorhersaget,
von welchen allen er aber dennoch hernachmahls nichts weiß, wenn der Paroxysos
vorüber; ferner, wenn man eine übernatürliche Stärcke an einem solchen befindet,
welche weder mit der ordentlichen Natur derer Menschen, noch des Besessenen
übereinstimmt. Man saget, diese Würckungen könten von der Natur nicht hervor-
gebracht werden, Gott möchte sie auch nicht zugeschrieben werden, weil gemei-
niglich die Besessenen denselben zu lästern pflegen, also bliebe der Teufel, als die
eintzige wahre Ursache, zurücke […] Die Sache mag nun seyn wie sie will, so
muß man doch niemahls auf eine übernatürliche Ursache verfallen, wenn noch ei-
ne natürliche kan angegeben werden.«27

Das Rituale Romanum und seine Nachahmer setzten die Hürde so hoch, daß Beses-
senheit kaum mehr möglich erschien. Theologisch gesehen hatte dieses Verfahren
den Vorteil, daß die Sakramentalien der Kirche jetzt vor Betrug und Aberglaube
besser geschützt waren, aber auch den deutlichen Nachteil, daß der Teufel willkür-
lich und ohne biblische Begründung einfach aus vielen seiner beliebten Territorien
und Aktivitäten verbannt oder besser gesagt ›weggedacht‹ wurde.
Es war also kein Wunder, daß das Rituale Romanum sich nur langsam durchset-
zen konnte. In vielen Ländern behielten die alten regionalen Rituale bis ins 18. oder
sogar bis ins 19. Jahrhundert ihre Kraft und Gültigkeit28. Ich zitiere hier nur eine
kleine Anzahl von Beispielen, die sich beliebig erweitern ließe. Nehmen wir etwa
den meistveröffentlichten Exorzisten des 16. Jahrhunderts, Girolamo Menghi (1529–
1609), der sehr stark die Ansichten des Malleus Maleficarum vertrat. Im späten 16.
Jahrhundert erlebten Menghis Werke ständig neue Ausgaben mit Privilegio und Per-
missu Superiorum. Im 3. Buch seines Compendio dell’Arte Essorcistica (1576) liste-
te er eine große Anzahl von geistlichen Mitteln auf, mit denen man die Angriffe und
Inbesitznahmeversuche des Teufels abwenden könne29. Sie schließen »Exorzismen
und die anderen Kräfte der kirchlichen Medizin« mit ein30. Selbst nach der öffentli-
chen Bekanntmachung des Rituale Romanum im Jahre 1614 erlebten seine Werke
zwanzig weitere Ausgaben, fast alle mit Lizenz und Approbatio Superiorum. Im Jah-

27
Johann Heinrich ZEDLER/Carl Günther LUDOVICI, Grosses vollständiges Universal-Lexikon
aller Wissenschafften und Künste, Bd. 3, Leipzig 1733, S. 1497f.
28
Enciclopedia cattolica, Bd. 10, Città del Vaticano 1949, Sp. 1010–1016.
29
Vgl. zu Menghi Ottavio FRANCESCHINI (Hrsg.), Compendio dell’arte essorcistica et possibili-
ta delle mirabili & stupende opperationi delli Demoni, & de Malefici. Con li rimedij opportuni alle
infirmità maleficiali (1576), ND Genf 1986, Nachwort von Franceschini, S. i–xix; Armando MAGGI,
Satan’s Rhetoric. A Study of Renaissance Demonology, Chicago 2001; George Joseph HUMMEL,
Medicinal Exorcisms. The ›Ritual Virtues‹ of the ›Remedia Efficacissima‹ and the Work of Giro-
lamo Menghi, Diss. phil. University of Connecticut 1999.
30
FRANCESCHINI, Compendio (wie Anm. 29), S. 227f., 253.
Natur und Besessenheit 83

re 1709 landeten endlich das Kompendium der Kunst des Exorzisten und andere Wer-
ke Menghis auf dem Index der verbotenen Bücher31. Im gleichen Jahr versuchte die
Kongregation des Index, weitere Exorzismusbücher zu verdammen, einschließlich
der entsprechenden Werke von Zacharias Vicecomes, Albertus Albertinus und Vale-
rius Polidoro. Diese Kampagne wurde 1725 fortgesetzt, dann wieder 1727, 1754,
1763 und 176432. Es ist leider schwer zu sagen, welche Stellen genau Anstoß erreg-
ten und warum diese Verbote erst im 18. Jahrhundert zunahmen. Es liegt aber die
Annahme nahe, daß die aufgeklärte Hierarchie in Rom zunehmend die Vermischung
physischer Elemente und natürlicher Mittel in den Exorzismusritualen als abergläu-
bisch betrachtete und verwarf.

Tabelle 1: Ausgaben der Werke von Girolamo Menghi33


1570–1589 1590–1609 1610–1639 1640–1689 1690–1729
Aureus 1 0 0 0 0
Compendio 9 7 1 0 0
Parte 2da 0 1 0 0 0
Flag. Daem. 11 2 1 0 0
Fustis Daem. 2 3 1 0 1
Flag. & Fust. 5 12 7 6 3
Eversio Daem. 2 0 0 0 0
Fuga Daem. 0 1 0 0 1
gesamt 30 26 10 6 5

Ein anderes Beispiel solcher Werke bietet das Alexicacon des Candidus Brognolo
O.F.M. (1607–1677), ein Opus von insgesamt 1076 Quarto-Seiten (den umfassen-
den Index nicht mitgezählt). Es enthält scharfe Erörterungen der Überschneidungen
physischer und teuflischer Wirkungen in medizinischen und theologischen Ansich-
ten34. Brognolo war überzeugt davon, daß der Teufel viele natürliche Mittel brauchen
und mißbrauchen könne, mit denen die verschiedenen Verhexungen und Inbesitznah-
men erklärt werden könnten35. Der Arzt mußte entscheiden, ob bestimmte Schäden
durch rein natürliche oder durch übernatürliche Kräfte verursacht worden seien, wo-
bei die Anzahl übernatürlicher Ursachen nach Brognolo sehr groß war. Nach seiner

31
Franz Heinrich REUSCH, Der Index der verbotenen Bücher. Ein Beitrag zur Kirchen- und Li-
teraturgeschichte, Bd. 2, Bonn 1885, S. 219. Verboten wurden Menghis Compendio dell’arte essor-
cistica, Flagellum daemonum und Pars secunda, quae Fustis daemonum inscribitur.
32
REUSCH, Index (wie Anm. 31), Bd. 2, S. 220.
33
Die Tabelle ist den Angaben von Antonio Aliani in FRANCESCHINI, Compendio (wie Anm.
29), S. xxi–xxiii, entnommen.
34
Candidus BROGNOLUS, Alexicacon, hoc est de maleficiis, ac morbis maleficis cognoscendis.
Opus tam exorcistis quam medicis, ac theologis, confessariis, parochis, inquisitoribus, ac inquisito-
ribus, ac in quacunque necessitate constitutis utilissimum, Venetiis 1714.
35
Ebd., Bd. 1, S. 46–278.
84 H.C. Erik Midelfort

Ansicht waren viele Krankheiten teuflischen Ursprungs36. Deshalb gab er nicht nur
die sicheren und anerkannten Symptome für Teufelsbesessenheit an, die das Rituale
Romanum genannt und gefordert hatte, sondern noch viele weitere Zeichen und Situ-
ationen, die einen Exorzismus erfordern würden37. Brognolo betonte, daß der Exor-
zist eigentlich viele Krankheiten heilen könne, die von Teufeln verursacht worden
seien38. Man mußte dabei nicht sicher sein, daß der Teufel anwesend war, um ein so-
genanntes »Praeceptum probativum, aut lenitivum quod sit daemoni, vel ad proban-
dum, an sit in tali corpore, vel ad impediendum ne noceat obsesso« anzuwenden39.
Schon wenn die Anwesenheit des Teufels wahrscheinlich schien, durfte man mit gu-
tem Gewissen mit dem »Praeceptum conditionatum contra daemonem« fortfahren40.
Bei solchen Lehrsätzen war es kaum verwunderlich, daß auch Brognolo 1727 auf
den Index gesetzt wurde41. Er ging zu weit über das Verständnis von Besessenheit
und Exorzismus im Rituale Romanum hinaus.
Auch ein erster Überblick über die Druckgeschichte des Rituale Romanum läßt
den Schluß zu, daß es sich nicht gleich durchsetzen konnte. Der Höhepunkt der Aus-
gaben vor 1800 scheint erst in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts erreicht wor-
den zu sein:

Tabelle 2: Ausgaben des Rituale Romanum vor 180042


1614– 1631– 1651– 1671– 1691– 1711– 1731– 1751– 1771– gesamt
1630 1650 1670 1690 1710 1730 1750 1770 1800
Ausgaben 10 6 11 2 2 5 5 12 5 58
Übersetzungen 0 2 1 0 0 0 0 0 1 4
gekürzte und 1 0 1 5 1 1 0 1 2 12
akkomodierte
Ausgaben
Kommentare 0 0 0 0 0 0 2 7 3 12
gesamt 11 8 13 7 3 6 7 20 11 86

Es lassen sich insgesamt 42 Ausgaben bis zum Jahr 1710 und 44 weitere Ausgaben
und Kommentare zwischen 1711 und 1800 feststellen. Der Höhepunkt lag nach die-
ser Rechnung zwischen 1751 und 1770.

36
Ebd., Bd. 1, S. 470–472.
37
Ebd., Bd. 2, S. 240–242.
38
Ebd., Bd. 3, S. 50.
39
Ebd., Bd. 3, S. 117.
40
Ebd., Bd. 3, S. 117, 251, 265–267.
41
REUSCH, Index (wie Anm. 31), Bd. 2, S. 220.
42
Quellen für diese verbesserungsfähige Tabelle sind die Angaben des National Union Catalog,
Pre-1956 Imprints. A Cumulative Author List Representing Library of Congress Printed Cards and
Titles Reported by Other American Libraries, 754 Bde., London 1968–1981, und des WorldCat im
Internet: http://www.lib.virginia.edu/valbin/dbs/gate2.pl?db=WorldCat (4. Juni 2001).
Natur und Besessenheit 85

Man kann also festhalten, daß unter den Wissenschaftlern der Frühen Neuzeit drei
Hauptinterpretationen von Besessenheit miteinander konkurrierten: erstens die natu-
ralistische Auffassung, wonach die Besessenheit (zumindest in der wahrnehmbaren
Welt) höchstens metaphorisch verstanden wurde; zweitens die fallorientierte oder
empirische Deutung, wie sie etwa Weyer und Menghi vertraten, wonach ein Phäno-
men sowohl eine natürliche als auch eine dämonische Ursache haben konnte; und
drittens die Ansicht des Rituale Romanum, wonach eine echte Besessenheit nur dann
zu glauben war, wenn alle natürlichen Erklärungen fehlschlugen, womit die Beses-
senheit zu einer Art Wunder wurde. Selbst in einer Zeit, in der allen Theologen klar
war, daß Rom die Grenzen des Übernatürlichen zunehmend enger und strenger zog,
gab es unter katholischen Theologen immer noch Versuche, Krankheiten und natürlich
erscheinende Schäden als eigentlich von Teufeln und Hexen verursacht zu erklären.
Als Beispiel dafür ist der 1733 von Paolo Maria Cardo herausgegebene Kommentar
zum Rituale Romanum zu nennen, der auch eine Liste von ›wahrscheinlichen‹ Zei-
chen der Besessenheit enthielt und den jetzt verbotenen Brognolo zitierte43. Als letztes
Beispiel dieser Art sei das Armamentarium ecclesiasticum complectens arma spiri-
tualia fortissima ad insultus diabolicos elidendus (1736) von Ubald Stoiber aus Frei-
sing genannt, das 1754 verboten wurde44.
Solche Werke vor allem waren es, die Pater Johann Joseph Gaßner (1727–1779) aus
Klösterle im Vorarlberg sammelte und las, als er in den 1760er und 1770er Jahren ver-
suchte, seine Kenntnisse über den Exorzismus zu vervollkommnen und auf seine eige-
nen körperlichen und geistigen Leiden anzuwenden. Es ist hier nicht der Ort, um
Gaßners Karriere ausführlicher zu skizzieren, aber es sei doch auf die Größe des
Streits verwiesen, den er dadurch auslöste, daß er damit begann, Tausende durch Ex-
orzismen zu heilen. Im Jahre 1775 war er in Ellwangen, Regensburg und Sulzbach
tätig, nicht aber in München, wo die neugegründete Bayerische Akademie der Wis-
senschaften und andere aufgeklärte Gegner seinen Einfluß eindämmten. Um Gaßner
brach ein literarischer und politischer Kampf aus, der etwa 150 große und kleine
Druckwerke hervorbrachte. Seine Gegner – Katholiken wie Ferdinand Sterzinger in
München und Protestanten wie der Verleger Friedrich Nicolai in Berlin – vermute-
ten, daß Gaßner und seine Patienten nur vorspielten, Teufel auszutreiben bzw. von
Teufeln besessen zu sein. Für solche Skeptiker war alles Betrug. Andere Gegner be-
zweifelten zwar die Ehrlichkeit Gaßners nicht, hielten es aber für wahrscheinlich,
daß er unbewußt die ›natürlichen‹ Kräfte des Magnetismus der Sterne (die soge-
nannte ›Sympathie‹) oder Franz Anton Mesmers ›tierischen Magnetismus‹ einsetzte,
also in Wirklichkeit nur Scheinwunder hervorbrachte und Scheinaustreibungen vor-
nahm. Im Jahre 1775 sprachen solche Skeptiker nicht mehr von der Melancholie und
auch nicht von der Hysterie, obwohl ihre Taktik einer naturalisierenden Reduktion
von geistigen Begebenheiten genau dieselbe war wie zweihundert Jahre zuvor. Die

43
Paulus Maria CARDUS, Rituali Romani Documenta de exorcizandis obsessis a daemonio
commentariis, Venetiis 1733, S. 128–135.
44
REUSCH, Index (wie Anm. 31), Bd. 2, S. 220f.
86 H.C. Erik Midelfort

Humoraltheorie war für Mediziner seit dem späten 17. Jahrhundert aber mehr als
fragwürdig geworden, nachdem die Anatomie und die Physiologie vergeblich die
schwarze Galle als Körpersaft gesucht und endlich ihre Existenz verneint hatten45.
Lediglich Dichter und Denker fuhren fort, von dem klebrigen Saft zu sprechen. Als
Metapher war er immerhin noch zu gebrauchen. Da die ›naturalisierende‹ Partei also
nicht mehr glaubhaft sagen konnte, daß die Besessenen buchstäblich einen Überfluß
von schwarzer Galle hätten, versuchte sie, andere unsichtbare Kräfte wie den Mag-
netismus ins Spiel zu bringen, um die scheinbaren Wunder und Geistererscheinun-
gen zu entzaubern.
Franz Anton Mesmer mußte allerdings in Paris eine ähnliche Enttäuschung erleben,
als aufgeklärte Experten feststellten, daß sein neuentdeckter tierischer Magnetismus
wissenschaftlich ebenfalls unhaltbar war. Es war und ist bei Wundern und Exorzis-
men immer wieder zu beobachten, daß übereifrige Naturalisten nicht selten mit na-
turwissenschaftlichen Erklärungen zur Stelle sind, die ebenso schwach, ebenso über-
mütig und ebenso vermessen sind wie die dämonologischen Erklärungsversuche.
Mit ihrer streng restriktiven Deutung von Besessenheit, wie man sie im Rituale Ro-
manum findet, ist es der katholischen Kirche indes gelungen, ihre Lehre vom Exor-
zismus auch im Zeitalter einer siegreichen Naturwissenschaft aufrechtzuerhalten.

Abstract

Der Beitrag untersucht verschiedene Erklärungen für dämonische Besessenheit in


der Frühen Neuzeit.

1.) ›Naturalisierende‹ Ärzte erklärten gelegentlich, daß alle dämonischen Krank-


heiten in Wirklichkeit Fälle von Melancholie oder Hysterie seien. Levinus Lem-
nius und Edward Jorden sind gute Beispiele für einen solchen Standpunkt, der
bis zum 18. Jahrhundert aber eine eher extreme Auffassung blieb.
2.) Weiter verbreitet war die Position von Schriftstellern wie Johann Weyer (Wier)
und Girolamo Menghi, Zeitgenossen des späten 16. Jahrhunderts, die davon aus-
gingen, daß viele Krankheiten tatsächlich dämonischen Ursprungs, viele schein-
bare Fälle von dämonischer Besessenheit in Wirklichkeit aber natürliche Krank-

45
Thomas H. JOBE, Medical Theories of Melancholia in the Seventeenth and Early Eighteenth
Centuries, in: Clio Medica 19 (1976), S. 217–231; Stanley W. JACKSON, Melancholia and the Waning
of the Humoral Theory, in: Journal of the History of Medicine and Allied Sciences 33 (1978), S.
367–378; Cécile ERNST, Teufelsaustreibungen. Die Praxis der katholischen Kirche im 16. und 17.
Jahrhundert, Bern 1972; Massimo RIVA, Saturno e le Gracie. Malinconici e ipocondriaci nella let-
teratura italiana del settecento, Palermo 1992; Esther FISCHER-HOMBERGER, Hypochondrie, Me-
lancholie bis Neurose. Krankheiten und Zustandsbilder, Bern 1970.
Natur und Besessenheit 87

heiten seien. Diese Auffassung betonte die Überschneidung von dämonischen


und natürlichen Erklärungen und die Schwierigkeiten, sie auseinanderzuhalten.
3.) Eine dritte und zunehmend verbreitete Auffassung isolierte dämonische Phäno-
mene völlig. Im Jahr 1614 gab die römisch-katholische Kirche ein neues Rituale
Romanum heraus, das in Bezug auf die Feststellung von dämonischer Besessen-
heit äußerst restriktiv vorging, indem es mit Erfolg festlegte, daß jedes Phänomen
als natürlich angesehen werden müsse, solange es nicht ganz offensichtlich über-
natürlich sei. Mit diesem Standpunkt (geteilt von Zedlers Universallexikon der
Jahre 1732 bis 1750) wurde dämonische Besessenheit zu einer Art ›negativem
Wunder‹, das immer seltener wurde und nur äußerst schwer zu beweisen war.
Diese extreme Auffassung konnte sich bis zum 18. und 19. Jahrhundert in der
Kirche jedoch nicht endgültig durchsetzen, weshalb wir die Frühe Neuzeit als ei-
ne Zeit der Auseinandersetzung zwischen den drei Hauptpositionen charakterisie-
ren können, von denen dieser Beitrag handelt.

Nature and Possession: Physical Explanations of Demonic Possession


from Melancholy to Magnetism

This paper examines several explanations of demonic possession in the early mod-
ern period.

1.) ›Naturalizing‹ physicians sometimes declared that all demonic illnesses were
actually instances of melancholy or hysteria. Levinus Lemnius and Edward Jor-
den are good examples of this position, which remained an extreme view until
the eighteenth century.
2.) Much more common was the position of writers such as Johann Weyer (Wier)
and Girolamo Menghi, contemporaries in the late sixteenth century, who thought
that many illnesses were actually demonic but that many apparent cases of de-
monic possession were actually natural illnesses. This view emphasizes the
overlap between demonic and natural explanations and the difficulty of telling
them apart.
3.) A third increasingly common view separated demonic phenomena completely.
In 1614 the Roman Catholic Church published a new Rituale Romanum that
severely restricted the tests for demonic possession by effectively declaring that
every phenomenon was to be considered natural unless it was obviously super-
natural. On this view (shared by Zedler’s Universallexikon of 1732 to 1750),
demonic possession became a kind of ›negative miracle‹, both increasingly rare
and extremely hard to prove. This extreme view did not finally prevail in the
Church until the eighteenth or nineteenth centuries, and so we can characterize
the early modern period as a time of competition among the three main posi-
tions highlighted in this paper.
RENATE S. KLINNERT

Von Besessenen, Melancholikern und Betrügern


Johann Weyers De Praestigiis Daemonum und die Unterscheidung der Geister

Zu Beginn der großen Verfolgungswellen des 16. Jahrhunderts erfährt das Phäno-
men der Besessenheit eine – in dieser Gründlichkeit – neuartige Betrachtung aus der
humanistisch-medizinischen Perspektive des gelehrten klevisch-jülichen Leibarztes
Johann Weyer. In seinem 1563 erstmals in lateinischer Sprache erschienenen Haupt-
werk De Praestigiis Daemonum1 nehmen Besessenheitserscheinungen einen breiten
Raum ein. Zwei umfangreiche Bücher beschäftigen sich ausschließlich mit »denen
welche als mann meint von den Unholden veruntrewt worden« zu sein und »wie
man denen so man veruntrewet oder von einem bösen Geist besessen seyn vermeiy-
net zu hülff kommen möge«2.
Um aber das für Johann Weyer und sein publizistisches Werk bedeutsame Zusam-
menwirken spezifischer lokal-territorialer3, politischer und geistesgeschichtlicher4
Wirkfaktoren anzudeuten, sind zu Beginn einige Erläuterungen zum Werdegang des
Autors notwendig5. Johann Weyer wurde um 1515 in Grave/Nordbrabant6 geboren,

1
Johann WEYER, De praestigiis daemonum, et incantationibus, ac veneficiis, Libri V, Basel: Jo-
hannes Oporinus 1563; auch in: Johann WEYER, Opera Omnia, Amsterdam: Peter van den Berge
1660.
2
Hier zitiert nach der Ausgabe Johann WEYER, De praestigiis daemonum. Von Teufelsge-
spenst, Zauberern und Gifftberytern […], übersetzt von Johannes FÜGLIN, Frankfurt a.M.: Nikolaus
Basseus 1586, ND Darmstadt 1970.
3
Irmgard HANTSCHE, Atlas zur Geschichte des Niederrheins (Schriftenreihe der Niederrhein-
Akademie, Bd. 4), Essen 2000; Anton SCHINDLING/Walter ZIEGLER (Hrsg.), Die Territorien des
Reiches im Zeitalter der Reformation und Konfessionalisierung 1500–1650, Bd. 3: Der Nordwesten
(Katholisches Leben und Kirchenreform im Zeitalter der Glaubensspaltung, Bd. 51), Münster 1991.
4
John P. DOLAN, The influence of Erasmus, Witzel and Cassander in the Church Ordinance
and Reform Proposals of the United Duchees of Cleve during the Middle Decades of the 16th centu-
ry (Reformationsgeschichtliche Studien und Texte, Bd. 83), Münster 1957; Anton J. GAIL, Johann
von Vlatten und der Einfluß des Erasmus von Rotterdam auf die Kirchenpolitik der vereinigten Her-
zogtümer, in: Düsseldorfer Jahrbuch 45 (1951), S. 1–109; Cornelis AUGUSTIN, Erasmus von Rot-
terdam. Leben – Werk – Wirkung, München 1986.
5
Carl BINZ, Doctor Johann Weyer, ein rheinischer Arzt, der erste Bekämpfer des Hexenwahns.
Ein Beitrag zur Geschichte der Aufklärung und der Heilkunde, Berlin 21896.
6
Eine erste Lebensbeschreibung ist der Gesamtausgabe Amsterdam 1660 angefügt; ausführli-
cher Heinrich ESCHBACH, Dr. Johann Wier. Der Leibarzt des Herzogs Wilhelm III. von Cleve-Jü-
lich-Berg, in: Düsseldorfer Jahrbuch 1 (1886), S. 57–174, hier S. 70ff.; BINZ (wie Anm. 4), S. 17ff.;
90 Renate S. Klinnert

stammte aus einer angesehenen Patrizierfamilie, erhielt eine umfassende Schulbil-


dung und betrieb danach das, was man damals ›humanistische Studien‹ nannte, und
zwar in Bonn, wo er Famulus/Schüler Agrippas von Nettesheim7 wurde. 1534 wech-
selte er nach Paris und Orléans, schloß dort 1538 seine Medizinstudien ab, arbeitete
währenddessen als Erzieher der Söhne des königlichen Leibarztes Ramard und be-
wegte sich in hohen akademischen Kreisen. Im gleichen Jahr kehrte er dann in seine
Vaterstadt Grave zurück, heiratete und praktizierte als Arzt. Dies tat er so erfolg-
reich, daß ihn 1545 die Stadt Arnheim in die Stellung eines Stadtarztes berief. Ange-
regt durch den Einfluß Agrippas von Nettesheim, der in Hexereifragen eine eindeutig
kritisch-ablehnende Position einnahm8, und von der Stadt Arnheim darin unterstützt,
begann Weyer offenbar frühzeitig mit medizinischen Untersuchungen an Besesse-
nen und entlarvte 1548 in einem Hexereifall einen Wahrsager durch sein medizini-
sches Gutachten als Scharlatan9.

Rudolf VAN NAHL, Zauberglaube und Hexenwahn im Gebiet von Rhein und Maas. Spätmittelalter-
licher Volksglaube im Werk Johann Weyers 1515–1588 (Rheinisches Archiv, Bd. 116), Bonn 1983,
S. 37ff. Weyer stammt also aus dem Kerngebiet der devotio moderna. Möglicherweise ist seine in-
tensive christliche Grundhaltung auf den Einfluß dieser Frömmigkeitsbewegung zurückzuführen;
sein Bruder Matthes wurde als Mystiker bekannt, dessen Spiritualität große Parallelen zum späteren
erasmischen Programm erkennen läßt.
7
Charles G. NAUERT, Agrippa von Nettesheim (1486–1535), in: Rheinische Lebensbilder 4
(1970), S. 57–77.
8
Dieser universal gebildete Humanist, Arzt, Theologe und Jurist war Schüler des Abtes Johan-
nes Trithemius von Sponheim gewesen. Nach anfänglicher Begeisterung für gelehrte Zauberei und
okkulte Philosophie hatte er sich offiziell von diesem Weg abgewandt. 1519 war Agrippa von Net-
tesheim Stadtsyndikus in Metz und trat als nachhaltiger Gegner von Hexenprozessen hervor. Im
Rahmen eines Prozesses kam es zur grundsätzlichen Auseinandersetzung mit Inquisitor Savini. In-
teressant ist die Art seiner Kritik, die er nicht nur durch zwei juristische Eingaben an den Magistrat
der Stadt Metz, sondern auch in mehreren Kapiteln seines Hauptwerkes De vanitate scientiarum
declamatio invectiva von 1527 öffentlich machte. Er führte den Nachweis formaler Rechtsverstöße
und allgemeiner Inkompetenz des Inquisitors. Er stellte die Praktiken Savinis bloß, der auf ordent-
liche Untersuchungen verzichtete, vorschnelle Verdammungen über Angeklagte aussprach sowie
unwürdige, verbrecherische und unvereidigte Zeugen (sogar Todfeinde der Angeklagten) zuließ.
Agrippa von Nettesheim stützte sich für seine streng juristische Argumentation auf die Rechtslitera-
tur und auf fundierte theologische Kenntnisse (Heinrich Cornelius AGRIPPA VON NETTESHEIM, De
occulta Philosophia, Würzburg 1510, ND durch Friedrich BARTH, H.C. Agrippas von Nettesheim
Magische Werke, 5 Bde., Stuttgart 1855, ND Nördlingen 1987). Diese Apotheose der Philosophie
ist stark von kabbalistischen, orientalischen, astrologischen und klassisch griechischen Einflüssen
durchsetzt und hat überwiegend kompilatorischen Charakter (Paola ZAMBELLI, Scholastiker und
Humanisten. Agrippa und Trithemius zur Hexerei. Die natürliche Magie und die Entstehung kriti-
schen Denkens, in: Archiv für Kulturgeschichte 67 (1985), S. 41–79; DIES., Cornelius Agrippa, ein
kritischer Magus, in: August BUCK (Hrsg.), Die okkulten Wissenschaften in der Renaissance (Wol-
fenbütteler Abhandlungen zur Renaissanceforschung, Bd. 12), Wiesbaden 1992, S. 65–89).
9
De Praestigiis, VI/2, S. 402f.; ESCHBACH (wie Anm. 6), S. 87; BINZ (wie Anm. 5), S. 21f.
(Binz vermutet hier bereits den Beginn seiner Arbeit an De Praestigiis); VAN NAHL (wie Anm. 6),
S. 46f., erwähnt für 1548 ein direktes Eingreifen Weyers bei einer Hexereianklage in Arnheim, die
er abweisen konnte.
Von Besessenen, Melancholikern und Betrügern 91

Auf persönliche Empfehlung des herzoglichen Beraters und Erasmus-Freundes


Konrad von Heresbach wurde Weyer 1550 zum Leibarzt Herzog Wilhelms V. von
Kleve-Jülich-Berg berufen. Mit Weyer wurde ein Mann nach Düsseldorf geholt, der
durch seine Herkunft und seinen Bildungsweg in die besondere humanistische Land-
schaft des Hofes paßte. Herzog Wilhelm vertrat eine stark humanistisch geprägte,
sowohl in politischen als auch kulturellen und religiösen Bereichen um Reformen
bemühte Politik10. Als Leibarzt wurde Weyer in den Kreis der erasmischen Hofräte
und Gelehrten aufgenommen und seine publizistische Arbeit durch Gewährung ent-
sprechender Freiräume und herzoglichen Schutz gefördert. So konnte Weyer neben
seinen Aufgaben als Leibarzt und herzoglicher Vertrauter in diplomatischen Dingen
eine breite literarische Tätigkeit entfalten. Diese umfaßte neben dem umfangreichen
Hauptwerk De Praestigiis (ab 1563 Basel), dieser berühmten und wirkungsreichen
dämonologischen Abhandlung, auch De Lamiis (Basel 1577), die man mit einem
Umfang von knapp einhundert Seiten als Kurzfassung bezeichnen kann, pharmako-
logische Texte (Medicarum observationum rararum liber, Basel 1567), psychiatri-
sche Studien (De Ira morbo liber, Basel 1577; Tractatus de commentitiis ieiuniis,
Basel 1577) sowie klinische Krankheits- und Heilmittelbeschreibungen (Artzneybuch,
Basel 1580; De scorbuto observatio, Wittenberg 1585). Seine Texte ständig überar-
beitend, ergänzend, kommentierend und verbessernd, blieb Weyer, nachdem ihn sein
Sohn Galen 1578 in der Stellung des Leibarztes bei dem inzwischen schwerkranken
Herzog Wilhelm abgelöst hatte, bis in seine letzten Lebensjahre publizistisch aktiv.
Seinen Arztberuf noch immer ausübend, starb Weyer 1588 in Tecklenburg.

De Praestigiis Daemonum

Bereits ein kurzer Blick auf den editorischen Werkprozeß von De Praestigiis Dae-
monum zeigt, daß es sich dabei nicht um eine einmalige Herausgabe einer abge-
schlossenen Schrift und ihrer Nachdrucke handelt, sondern um einen sich über zwan-
zig Jahre hinziehenden Werkprozeß, bei dem sich der Vorgang der Textproduktion
durch Weyer und die sogleich einsetzende Rezeption durch Gleichgesinnte wie Geg-
ner wechselseitig beeinflußt haben.
Von diesem seit der Erstausgabe 1563 in lateinischer Sprache bei dem ehemaligen
Paracelsus-Schüler Johannes Oporinus in Basel erschienenen Werk gingen insge-
samt sechs lateinische Originalausgaben Weyers, meiner Meinung nach fünf deutsch-
sprachige Originalausgaben, sieben nicht autorisierte deutsche Übersetzungen durch

10
Wilhelm JANSSEN, Die Vereinigten Herzogtümer im 16. Jahrhundert, in: Meinhard POHL
(Hrsg.), Der Niederrhein im Zeitalter des Humanismus. Konrad Heresbach und sein Kreis (Schrif-
ten der Heresbachstiftung Kalkar, Bd. 5), Bielefeld 1997, S. 9–36; DERS., »Gute Ordnung« als Ele-
ment der Kirchenpolitik in den vereinigten Herzogtümern Jülich-Kleve-Berg, in: Burkhard DIETZ/
Stefan EHRENPREIS (Hrsg.), Drei Konfessionen in einer Region. Beiträge zur Geschichte der Kon-
fessionalisierung im Herzogtum Berg vom 16. bis zum 18. Jahrhundert (Schriftenreihe des Vereins
für Rheinische Kirchengeschichte, Bd. 136), Köln 1999, S. 33–48.
92 Renate S. Klinnert

Johannes Füglin (dies sind sicherlich die bekanntesten) und diverse Übersetzungen
der lateinischen Fassung (z.B. ins Französische ab 1567) in Druck. Der Vergleich
der verschiedenen Fassungen ermöglicht wichtige Einblicke in die ›weyerspezifi-
sche‹ redaktionelle Arbeitsweise. In verschiedenen Schüben hat Weyer De Praesti-
giis überarbeitet, ergänzt und aktualisiert. Er nutzte die Möglichkeiten der damaligen
Publizistik (Wechsel der Formate und Druckformen, Layout, Glossen, Umgehung
der Zensur durch ›Variation‹ etc.) und setzte ganz bewußt sowohl publizistische Wirk-
mittel als auch sprachlich-argumentative Elemente zielgruppenorientiert ein.

Besessenheit

Besessenheitsphänomenen kommt in De Praestigiis Daemonum große Bedeutung


zu, weshalb ihnen ein entsprechend breiter Raum gewährt wird. Neben dem Teufel,
seiner Herkunft und seiner potestas sowie den Hexen und Zauberern sind den Beses-
senen und den möglichen Therapieformen zwei ganze Bücher gewidmet, je nach
Ausgabe Bücher III/IV bzw. IV/V. Neben der Schilderung der traditionellen Sicht-
wiese aber ist Weyers medizinisch fundierter Zugriff auf das Besessenheitsphäno-
men zentral, da er über ein medizinisch-naturphilosophisches Diskussionspotential
verfügt und in den dämonologischen Diskurs einbringt, das über die traditionelle
theologische und juristische Argumentation deutlich hinausgeht.
Was ist nun Besessenheit im Sinne Weyers? Gleich zu Beginn von Buch IV11 der
1586er Ausgabe, die ich als die bekannteste und in ihrer Textgestalt am weitesten
entwickelte gewählt habe, liefert Weyer eine Definition von Besessenheit. Sie beginnt
folgendermaßen:

»Die heisset man veruntrewet, welche auff viel mancherley und mehrteils seltsame,
ungewöhnliche weis und gestalt, außerhalb dem allgemeinen Lauff der Natur, aus
Verhengniß Gottes, von dem Teuffel in ihrem Leibe getrieben werden […].«12

Diese Definition greift auf traditionelle klassische Muster zurück und beschreibt Be-
sessenheit als übernatürliches Phänomen (praeter naturalis), das der Interpretation
bedarf. Sie basiert auf göttlicher Zulassung, ebenso wie das Eingreifen des Teufels nur
auf göttliche Zulassung hin geschieht. Dabei ist es charakteristisch für den medizi-
nisch-naturphilosophischen Zugriff Weyers, daß der Teufel als Teil der von Gott ge-
schaffenen Natur stets physiologisch, d.h. durch Beeinflussung des humoralen Gleich-
gewichts, auf die Seele einwirkt. Der Teufel schleicht sich ein, er bringt die guten
Körpersäfte durcheinander, vergiftet Herz und Hirn mit schädlichen Säften, verstopft

11
Titelüberschrift des ersten Buches: »Von denen / welche / als mann meint / von den Unholden
veruntrewt worden sind« (FÜGLIN (wie Anm. 2), S. 239–301).
12
Ebd., S. 239.
Von Besessenen, Melancholikern und Betrügern 93

die Adern und schwächt den Körper. Dadurch werden die »spirituus«, die konstruk-
tiven Seelenkräfte, verwirrt und die menschlichen Vorstellungskräfte manipuliert13.
Aus humoralpathologischer Sicht ist insbesondere die Frau durch die Menstruation
in ihrem Säftehaushalt instabil, daher ›defekt‹ und leichter zu beeinflussen und in der
Konsequenz auch durch Geistwesen wie den Teufel und seine Dämonen gefährdet.
Mentale und körperlich-geistige Schwäche ist aber gerade ein bevorzugter Angriffs-
punkt der teuflischen Infiltration, die sich im Krankheitsbild der Melancholie zeigt.

Melancholie

Die Melancholie, die im 16. Jahrhundert großes ›wissenschaftliches‹ Interesse auf


sich zog14, galt ursprünglich in der griechischen Antike nach den Vorstellungen der
Humoralpathologie als Krankheitsbezeichnung15. Die vier Elemente Erde, Wasser,
Feuer und Luft sind als Bausteine in jeweils spezifischer Mischung in allen Dingen
enthalten16. Krankheit beim Menschen entsteht demnach, wenn die vier elementaren
Körpersäfte (humores), also Phlegma, Blut, gelbe und schwarze Galle, durch Verän-
derung ihrer Anteile das Gleichgewicht zerstören (›Dyscrasie‹) und den Körper be-
einträchtigen. Der Überfluß an Melancholie, schwarzer Galle, die als erdig, schwer,
kalt und trocken bezeichnet wird, gilt als besonders schädlich, da er extreme Ge-
fühlslagen und Wahnvorstellungen bis hin zu Irrsinn erzeugt17. Während jedoch im

13
Ebd., S. 239.
14
»Der Aufstieg der ›Melancholie‹ als psychischer Modekrankheit des 16. Jahrhunderts ist po-
sitiv erweisbar. Man lernte, die Diagnose zu stellen, und der Arzt Weyer fand in genialer ›Interdis-
ziplinarität‹ den Weg zur juristischen Lehre von der Unzurechnungsfähigkeit« (Wolfgang BEHRIN-
GER, Neue historische Literatur. Erträge und Perspektiven der Hexenforschung, in: HZ 249 (1989),
S. 619–640, hier S. 636).
15
Im folgenden Erwin PANOFSKY/Fritz SAXL, Dürers ›Melencolia I‹. Eine quellen- und typen-
geschichtliche Untersuchung, Leipzig/Berlin 1923, S. 15ff.
16
»Jedes dieser vier Prinzipien ist charakterisiert durch Empfindungsqualitäten: die Erde als
trocken und kalt, das Wasser als kalt und feucht, die Luft als feucht und warm, warm und trocken
schließlich das Feuer. Diese Prinzipien formen die Stoffe bis zu den Sphären des Universums und
repräsentieren die Gesetzmäßigkeit des Kosmos« (Heinrich SCHIPPERGES, Melancholia als mittel-
alterlicher Sammelbegriff für Wahnvorstellungen, in: Studium Generale 20 (1967), S. 723–736,
hier S. 725).
17
Die Melancholia ist ein spiritus, der aus dem schwarzgalligen humor entsteht und exaltierte
wie manisch-depressive Zustände auslöst. Diese Extreme zwischen Wahnsinn, Lethargie und kon-
templativer Genialität sind ursächlich mit den ambivalenten Saturneinflüssen verbunden (Daniel P.
WALKER, Spiritual and Demonic Magic. From Ficino to Campanella (Studies of the Warburg Insti-
tute, Bd. 22), London 1958, ND Nendeln/Liechtenstein 1976, S. 5). Nach Galen ist sie ein Leiden,
das den Verstand verletzt, tiefe Schwermut und soziale Isolation erzeugt. Andere antike Ärzte er-
wähnen den Verfall des Körpers, organische Funktionsstörungen, Schlaflosigkeit und die Verän-
derung der Persönlichkeit durch krankhaften Argwohn, Verfolgungswahn, wirre Einbildungen und
ständige Angstzustände (SCHIPPERGES (wie Anm. 7), S. 726f.). Ähnliche Symptombeschreibungen
›melancholischer Weiber‹ finden sich auch bei Weyer.
94 Renate S. Klinnert

Mittelalter besonders die Scholastik die genialischen Möglichkeiten der Melancholie


weiterträgt, bleibt sie in der Beurteilung durch die Medizin das, was sie ursprünglich
war: eine krankhafte Störung des körperlichen und seelischen Zustandes18. Eine sy-
stematische Zusammenstellung der mit ihr verbundenen Wahnideen zeigt typische
Formen von Geisteskrankheit19. Die ständigen Einbildungen beeinträchtigen den Ver-
stand und führen zum Verlust des Urteilsvermögens; permanente Angstzustände ver-
letzen die Seelenkräfte und ziehen Charakterveränderungen nach sich. Die Trugbilder
sind eine Folge gestörter Hirnfunktionen, die den gesamten Organismus in Ungleich-
gewicht bringen und die organischen Abläufe behindern. Diese spezifisch körperli-
che Disposition produziert wiederum ihre spezifischen Phantasmata. Obwohl also das
melancholische Leiden eigentlich irreal ist, führt es doch zu körperlichen Beschwer-
den. Die allgemeinen Symptome sind Niedergeschlagenheit, Angst vor alltäglichen,
insbesondere vor ›unsichtbaren‹ Dingen, paranoide Vorstellungen wie Phantomge-
räusche, -gerüche und -gebilde, vielfältige Phobien, Zukunftsängste, Schlafsucht bei
von schwarzer Galle umnebeltem Gehirn oder Schlaflosigkeit bei durch die Galle
›entzündetem‹ Gehirn.
Die Beschwerden lassen sich in zwei Hauptgruppen einteilen: hypochondrische
und kephalose, solche, die von der Erkrankung der Hirnsubstanz ausgehen. Dazu ge-
hören verschiedenste Verhaltensabnormitäten, Affektstörungen, manische Depressi-
vität, ›Wahngrübelei‹ und Epilepsie (als im Gehirn kreisende Flüssigkeit). Aber auch
schockartige Erlebnisse können zu solchen Zuständen führen, wie die affektiv be-
dingte Melancholie, bei der Schicksalsschläge den Geist nachhaltig erschüttern. Die
schwarze Galle, selbst sowohl von körperlichen als auch seelischen Reizen bewegt,
gilt als körperliche Ursache von Traum- und Wahnvorstellungen.
Bei der Auffassung von Melancholie, wie sie Weyer vertritt, finden sich die zent-
ralen Punkte des zeitgenössischen medizinischen Diskurses wieder20. Melancholie
ist eine Erkrankung, »welche eines theils von speiß / tranck / lufft / kummer / forcht

18
Die Melancholie ist eine psychosomatische Konstellation. Ihre Schädigungen beziehen sich
gleichzeitig auf Körper und Seele, die ganze seelische Disposition des Melancholikers ist durch die
schwarze Galle geprägt, seine geistige Einstellung und auch die ethische Haltung.
19
Im folgenden SCHIPPERGES (wie Anm. 7), S. 727–731.
20
Christopher BAXTER, Johan Weyer’s ›De Praestigiis Daemonum‹. Unsystematic Psychopath-
ology, in: Sidney ANGELO (Hrsg.), The Damned Art. Essays in the Literature of Witchcraft, Lon-
don 1977, S. 53–75, hier S. 62; Sidney ANGELO, Melancholia and Witchcraft. The Debate between
Wier, Bodin and Scot, in: Folie et déraison à la Renaissance, Brüssel 1976, S. 209–222, hier S.
212f., erhebt den Vorwurf, Weyer habe die von ihm bereits vorgefundenen Indizien nicht für eine
stringente Argumentation für die völlige Entdämonisierung und Entmythologisierung des Hexen-
wesens verwendet. Er habe zwar Gemütskrankheiten als Auslöser für Wahnvorstellungen ange-
führt, aber reale teuflische Einflüsse als Krankheitsursache angenommen. Damit habe er die perso-
nale Realität und Wirksamkeit des Teufels und der Dämonen akzeptiert, und es sei Reginald Scot
vorbehalten gewesen, sie ganz in die Irrealität zu verweisen. Weyer hingegen, der gegen das He-
xen- und Teufelsbild des Malleus Maleficarum kämpft, versucht eine diskutierende Auseinanderse-
tzung und Aufweichung der Gegenposition. Eine generelle Absage hätte jeden Diskurs verhindert,
eine Überzeugungsarbeit unmöglich gemacht.
Von Besessenen, Melancholikern und Betrügern 95

der armut / etc. zum theil von deß himmels und der gestirnen construktionen / zum
theil auch von anderer / so nicht wol bey jhnen selbst sindt / beywohnunge / wider-
fehrt und begegnet«21. Besondere Aufmerksamkeit widmet Weyer den Körpersäften,
die die organische Basis bestimmter seelischer Zustände sind, sowie deren Manipu-
lation durch ›externe‹ Einflüsse. Teufel und Dämonen können die »feuchtigkeitten
und spiritus« des Menschen dermaßen bewegen, daß ihm »seltzame species oder ge-
stalten vorschweben«22.

»Wenn es sich begibt / daß viel uberflüssiges bluts sich setzt zum principio sensiti-
vo / so setzen sich damit dahin die formen / so in die einbildung gefaßt hat. Denn
es ist die imagination oder einbildung […] ein Schatzkammer aller deren gestalten
/ so durch die eusserlichen sinn / als durch Fenster / zur Seel hinein scheinend.
Auff solche weise mögen nun die bösen Geister gar leichtlich die Spiritus unnd
Feuchtigkeiten der innerlichen und eusserlichen sinnen bewegen / unnd in die Or-
gana oder Instrument der selben etliche gestalten ein führen / daß den Menschen /
er schlaffe oder wache / nicht anderst / dann als wenn er solche warhafftig gesehen
bedünckt.«23

Der körperliche Ursprung der Störung liegt im Gleichgewicht der Säfte, welches
durch unmäßiges Leben, Essen, Trinken und schlechten Vorsatz verlorengehen kann.
Das aber schwächt den Verstand und die Seele des Menschen durch Einbildungen
und macht eine teuflische Einflußnahme auf die Vorstellungskraft des Geistes und
die Sinne möglich. Die Übertretung der göttlichen Gebote signalisiert Unglauben,
der böse Geister anzieht. Weyer beschreibt detailliert die Zusammenhänge zwischen
melancholischer Stimmung und der destruktiven Veränderung der geistigen Kräfte.
Der Überfluß an schwarzer Galle wirkt dahin,

»daß auch die VIS IMAGINATRIX oder innerliche einbildung […] dermaßen ver-
wüstet […] daß ihren viel ding / die aber in der warheit nichts denn wie ein Traum
im schlaff / oder schatten an der wandt / fürkommen und vorschweben […] mehr-
theils aber verletzt / wie denn in der unvernunfft augenscheinlich […] geschwechet
werde. Hat es nun die gestalt […] daß der Teuffel […] als ein geschwinder geist /
sich in die ORGANA SENSUUM hinein schleichen / die feuchtigkeit und spiritus
[…] treiben und bewegen / oder auch den lufft / so ausserhalb denselben / in form
und gestalt / wie er es begert / entgegen werffen köndte? Vorab dieweil […] er
sich nach eines jeden menschen Temprament / alter / geschlecht und anderen der-
gleichen umbstenden / wol zu halten […] Daher […] die fürkommenden Bilder /

21
De Praestigiis, I/20, S. 54. Planeteneinflüsse, insbesondere die des Saturn, betrachtet Weyer
als gegeben. Bemerkenswert ist, daß er weder der positiven Umdeutung der Melancholie noch des
dazugehörigen Saturn durch die neoplatonische florentinische Schule folgt, sondern ganz der medi-
zinischen Linie mit ihrer negativen Beurteilung, obwohl er offenbar die Schriften von Marsilio Fi-
cino (durch Agrippa von Nettesheim) kennt. Zu Ficinos astraler Magie, Planeteneinflüssen auf die
vis imaginum und der Rezeption durch Agrippa von Nettesheim siehe WALKER (wie Anm. 17), S.
75ff., 90ff.
22
De Praestigiis, III/3, S. 149.
23
De Praestigiis, III/8, S. 162.
96 Renate S. Klinnert

so in der vorbildung entstehen / mehrtheils auch durch den SPIRITUM VISORIUM


in NERVIS OPTICIS widerscheinen / und das so eigentlich und wesentlich / daß
solchen angefochtenen Personen ein jede / den todt darob erlitte / ehe sie / daß es
anderst warlich ergangen / bekenntlich unnd anredt were.«24

Die Art der Phantasiegebilde und das Traumerleben ist durch das jeweilige Tempe-
rament bestimmt, bei den Melancholikern trägt es krankhaft deformierte Züge25. In
dieses Beziehungssystem greift nun der Teufel als subtiler Geist ein. Das Tempera-
ment als Grundlage nutzend, produziert er seine Verblendungen durch Manipulation
des individuellen Phantasiepotentials im inneren Wesen seiner Opfer, die daher nicht
zwischen eigener Wahrnehmung und eingegebenen Bildern unterscheiden können
und sie als völlig real empfinden. Nur ein scharfer Verstand könne mit genauer Be-
obachtung zwischen derart vom Teufel Besessenen und saturnischen Melancholikern
unterscheiden; andererseits löse auch die Anfechtung böser Geister oft selbst Melan-
cholie aus, und melancholische Zustände förderten den Einfluß böser Geister und
Besessenheit26.
Die Einbildungskraft des Menschen wird durch den teuflischen Einfluß beschä-
digt, die virtuellen Wahrnehmungen verfälscht, Stimme, alle Sinne, Sprache und
Verhalten sind bei Melancholikern krankhaft verändert. Fallbeispiele von Wahnan-
fällen zeigen, daß »In summa / es möchte ein gantze anzahl Exempel / durch welche
das Gesicht / Gehör / unnd andere Sensus allein durch Melancholey underweilen
verletzt / offenbar / auß vielen glaubwirdigen Historien angezogen / unnd durch die
tägliche erfahrnis befestigt werden«27. Die Melancholie und damit auch die teufli-
sche Einwirkung hat ihren Sitz im Gehirn, wodurch sich auch das ›Gemüt‹, d.h. We-

24
Weyer beruft sich hierbei ausdrücklich auf Galen (De Praestigiis, III/7, S. 161). Die Paralle-
len zwischen der Form teuflischer Infiltration in den menschlichen Geist und dem Modell des pla-
netaren Einwirkungsprozesses in der Magie Ficinos ist verblüffend (vgl. das Schema bei WALKER
(wie Anm. 17), S. 77).
25
»[…] gleicherweise geht es mit dem Traum auch zu / denn die Bildnussen so im schlaff vor-
schweben / nach den aufsteigenden dämpfen deß leibs geformet und gestalt sindt. Und daher kompt
es auch / daß den Cholericis von Feuwer / den Phlegmaticis von Wasser / den Melancholicis von
scheußlichen / erschröcklichen Teuffels Angesichten (denn je die Melancholey der bösen geistern
Spielhauß ist) den Sanguinicis aber von lieblichen / luftigen / frölichen dingen / als von singen /
springen / tanzen etc. drumet. Und also geschichts / wann im schlaff die bildnissen durch die dünste
/ so von den humoribus oder feuchtigkeiten uber sich dämpffen / in der phantasia so oder anders
formiert werden / und einem beharlich vorschweben / daß als dann mancher ein Eydt schwür / er
hette das ding warhafftig vor augen gesehen / da er doch nichts anders dann schatten unnd blosse
bildnissen gewesen seynd« (De Praestigiis, III/8, S. 163).
26
»Und wie bei den vollen / unsinnigen / unnd Melancholischen die Ratio oder vernunfft /
durch ihre böse feuchtigkeiten und dämpff / geschendt wirdt / also kan sie auch der Satan / welcher
selbst ein Geist ist / bewegen / zu seinem schwenck (durch Gottes verhengniß) brauchen / und da-
durch die vernunfft dermassen verderben / daß sie deren dringen die hiergendt in der Welt vorhan-
den / bildnissen / nicht anderst / denn als ob sie zugegen / fassen / und darob auch steiff halten« (De
Praestigiis, III/8, S. 163, IV/25, S. 289, V/28, S. 373).
27
De Praestigiis, III/7, S. 161.
Von Besessenen, Melancholikern und Betrügern 97

sen und Persönlichkeit des Menschen, verändern. In extremer Form glaubt sich der
Erkrankte sogar in ein Tier verwandelt28.
Diese komplexen Wirkungszusammenhänge und die Verhältnisse von Krankheit,
Melancholie und teuflischer Besessenheit sind allerdings für Nichtfachleute nicht mehr
zu durchschauen. »Denn sich je underweilen in den kranckheiten / so schwere unnd
wunder seltzame symptomen und zufäll zutragen / welche aber unverstandene / uner-
fahrne / und kleingläubige Leuthe für maleficia und veruntreuwen halten […].«29 Da-
her kommt es aus Unwissenheit und Unglauben zur falschen Ursachenzuschreibung.
Trotz der schwierigen Doppelnatur der melancholischen Symptome ist eine Hei-
lung möglich30. Sie beinhaltet zwei Ansätze: Zuerst muß eine Heilung des Körpers
durch den Arzt erfolgen, der die Harmonisierung der körperlichen Säfte durch spezi-
elle Diätetik einleitet und durch eine musisch-künstlerische Therapie den Überschuß
an saturnischen Kräften abbaut. Die anschließende Heilung der Seele soll durch ei-
nen gewissenhaften Kirchendiener erfolgen, der eine gründliche Unterweisung der
Kranken/Besessenen in der christlichen Religion und in den Hauptartikeln der Glau-
benslehre gewährleistet. Die Betonung der unendlichen Gnade Gottes und seiner
Barmherzigkeit, die Ermahnung zur tätigen Buße und Erneuerung und Besserung
des Lebens fördern das Gottvertrauen und sollen für eine Einpflanzung des ›lebendi-
gen Gotteswortes‹ in die Seele des Geheilten sorgen. So ausgerüstet, ist eine weitere
Gefährdung durch teuflische Einflüsterungen nicht mehr zu erwarten.
In vergleichbarer Weise wirkt der Teufel auch auf Hexen, die eigentlich keine ak-
tive ›teuflische‹/›schädigende‹ Handlungen begehen. Bei ihnen handelt es sich um
Fälle passiver Teufelsbesessenheit, die sich in Wahnvorstellungen, Obsessionen etc.
äußert. Hexen sind melancholische Besessene, die der Teufel für seine verderblichen
Zwecke instrumentalisiert. Da die mit der Schadenzauberei verbundenen Schädigun-
gen, soweit sie nicht durch Gifteinwirkung hervorgerufen wurden, Produkt teufli-
scher Täuschung oder göttlicher Strafe sind, an der die Hexen und ›Unholden‹ kei-
nerlei aktiven Anteil haben, ist es konsequent, die übliche Strafpraxis in Frage zu
stellen. Angebliche Hexen, die von ihrer Zauberfähigkeit und ihrem Schadensver-
mögen überzeugt sind, sind nach Weyers Beurteilung aufgrund melancholischer Ge-
mütserkrankung, Drogeneinfluß und/oder teuflischer Manipulation unzurechnungs-
fähig. Ihnen fehlt der strafwürdige eigene, freie Wille, und dementsprechend haben
sie als strafunmündig zu gelten31. Selbst wenn sie ein womöglich sogar freiwilliges

28
»Daß sie aber an jhrem gemüt durch den Teuffel […] seind betrogen […] also daß sie selbst
vermeint haben / es sey von jnen beschehen / deß sie aber keinen gewalt nie gehabt / gleich wie an-
dere besessenen / Melancholischen […] die sich in Hünd oder Wölff vermeinen verwandelt seyn /
unsinnige Narren und kinder / dessen tragen ich keinen zweiffel […]« (De Praestigiis, III/16, S.
185). Vgl. zur Lycanthrophie auch De Praestigiis, IV/23, S. 287.
29
De Praestigiis, V/28, S. 373.
30
SCHIPPERGES (wie Anm. 7), S. 731f. (De Praestigiis, V/28, S. 374).
31
Im klassischen Ketzerprozeß galten die Faktoren Intelligenz und Geisteszustand des Ange-
klagten unter Umständen als strafmindernd, Kleriker wurden härter als idiotae und simplici bestraft.
Weyer greift auf diese bei den Hexenprozessen sonst nicht zugelassene Mäßigungsmöglichkeit zu-
98 Renate S. Klinnert

Geständnis ablegen, zeigen sie damit nur den Grad ihrer Verblendung, da dies ein
vernünftiger, bewußter Mensch aus einem Selbsterhaltungstrieb heraus nicht tun
würde. Weyer kehrt hier ein Hauptbeweismittel des Hexenprozesses zum Entlastungs-
indiz um, indem er einen medizinisch-psychologisch ausgerichteten Maßstab anlegt:

»Ein unweiser aber unnd unsinniger Mensch / hat weder Vernunfft noch Willen /
derowegen er einiges Betrugs halben / nicht verdächtig gehalten / noch die Schuldt
jhme zu gemessen mag werden […] dieweil die Unholden / alt unnd betagt / ar-
muts und elendts halben in Zweiffelung gerathen / in jhrer Phantasey bestürtzet /
verwirret / durch die Pharmaca zur Unsinnigkeit etwan getrieben / und daß ihnen
der Teuffel Sinne unnd Witz hinweg reisset / daß sie daher offtmals / wie sie ein
böse Sache (so jhnen doch zu thun unmöglich gewesen) begangen / bekennen /
unnd sich durch solches Bekanntnuß selbsten / freywillig in den todt bringen und
führen / welches warlich ein standthafftiger starcker Mensche niemals gethan / die-
weil sein Wille anders nicht / denn wie er seyn solle / geschaffen.«32

Anders als der Reformator Johannes Brenz, mit dem Weyer einen Briefwechsel über
diese Problematik geführt hat33, vertritt Weyer die Ansicht, daß der böse Wille und
die planvolle Absicht des Menschen, solange sie nicht öffentlich gemacht oder in die
Tat umgesetzt werden, nicht durch den weltlichen Richter zu ahnden, sondern allein
vor Gott zu verantworten sind, da nur dieser die Gedanken des Menschen kenne34.
Weyer betont also die persönliche Verantwortlichkeit des Menschen vor Gott und die
Begrenzung der Aufgaben der weltlichen Gerichtsbarkeit in Gewissensfragen35.
Um eine angemessene Handhabung von Besessenheitserscheinungen zu gewähr-
leisten, fordert Weyer eine genaue Untersuchung der Phänomene und eine klare Unter-
scheidung zwischen Wahnvergehen und realen Taten, zwischen wirklich dämonischen
Phänomenen und solchen, die nur dafür gehalten werden36. Soweit keine Giftanwen-
dung vorliegt, d.h. kein bewußtes, planendes, schädigendes Vorgehen, lehnt er die To-
desstrafe für Hexerei kategorisch ab. Solange nicht das Gegenteil bewiesen sei, sei

rück und betont die geistige Zerrüttung und Verwirrung der alten Mütterlein (Siegfried LEUTEN-
BAUER, Hexerei- und Zauberedikt in der Literatur von 1450–1550. Mit Hinweisen auf die Praxis im
Herzogtum Bayern, Berlin 1972, S. 117).
32
De Praestigiis, VI/27, S. 471.
33
De Praestigiis, Apologia, S. 491–502.
34
»Gedancken seyn vor den Menschen zollfrey / wenn sie verhalten werden. Dieweil deß men-
schen will und gedancken deß her es niemandts / allein Gott beweist / so kan auch der mensch we-
gen seins heimelichen fürnemmens unnd bösen Willens / von der weltlichen Obrigkeit mit nichten
gestrafft werden / es werde denn der will ins werck gesetzt« (De Praestigiis, Glosse VI/24, S. 459).
35
Inwieweit hier auch eine konfessionelle Kritik an der katholischen Beichte vorliegt, kann ich
nicht entscheiden. Bedenkenswert ist allerdings, daß Weyer alle Formen überfrachteten, mißbrauch-
ten kirchlichen Brauchtums heftig kritisiert; die überkommene Ohrenbeichte ohne Wahrung des
Beichtgeheimnisses etc. gehört sicher dazu.
36
Gegen die in diesem Zusammenhang eingesetzten Ordale argumentiert Weyer wieder juristisch:
»Die heiligen Canones lassens gar nicht zu […] denn alles was die heiligen Vätter nicht gelehret oder
bestettigt / soll mit nichten abergleubischer weise vorgnommen oder erdichtet werden / sondern eigner
und freywilliger bekanntnuß nach […] soll die straff erfolgen« (De Praestigiis, VI/9, S. 418).
Von Besessenen, Melancholikern und Betrügern 99

es möglich, sie von ihren Teufelsgespenstern und zwanghaften Wahnvorstellungen


zu befreien und sie durch geduldige Unterrichtung in den Grundlagen des christlichen
Glaubens und helfende Anleitung wieder in die Kirche und die Gemeinde zurückzu-
führen.

»[…] dieweil offtermele Weiber / nie denn bewiesen / nit mehr denn in jrer phan-
tasey von dem Teuffel geäfft werden / und sie derhalben niemandt warhafftig /
sonder allein durch falschen wohn […] im traum / schaden zufügen / so were kein
besser mittel denn daß man sie in Christlicher Religion auß dem heiligen Göttli-
chen wort etwas gründtlichen underrichtete / auch ernstlichen vermahnet / solchen
Teuffelstemponeyen mit fleissigem Gebett widerstand zuthun / und sich dem
HERRN Christo auch seiner geliebten Kirchen mit Leib und Seel zu ergeben. Da
sollen nun billich beyde die Vo[r]stender und gantze Gemein ihr bestes thun. Jene
mit lehren und vermahnen / diese aber mit ernstlichem Gebett / für ein solches
weißloß unnd vom bösen Wolff dem Teuffel verführten Schäflein.«37

Die grundlegende religiöse Erziehung soll der verbreiteten Unwissenheit entgegen-


wirken, die Unglauben und Aberglauben fördert. Die ›Besessene‹/›Unholde‹ wird
aus der Isolation befreit und soll sich vertrauensvoll an die Kirche/Gemeinde wen-
den, die sich ihrer durch doppelte Anstrengung mit religiöser Lehre und Ermahnung
durch den Vorsteher und unterstützendem Gebet durch die Gemeinde annimmt. Das
Gebet soll den Exorzismus zur Abwehr teuflischer Trugbilder ersetzen und den Wi-
derstand der ›Unholden‹ gegen weitere Anfechtungen stärken. Mitleid und Annahme
des Opfers, tätige Hilfe statt Schuldzuweisung, Abstrafung und Vernichtung, Integ-
ration des verlorenen Schafes und Abbau vorhandener Aggressionen sind die von
Weyer vorgeschlagenen Mittel zur Behandlung der ›Besessenen‹ und ›Unholden‹.

Gegenmagie und ärztliche Kunst

Nachdem die bisherigen Ausführungen Weyers den Krankheitscharakter der Beses-


senheitsphänomene erwiesen haben, ist die Aufgabe von Buch V, Präventivmaßnah-
men und Behandlungsmöglichkeiten zu entwickeln und den üblichen Methoden kritisch
gegenüberzustellen. Da es sich um körperliche und seelische Erkrankungszustände
handelt, ist eine Vorbeugung gegen teuflische Anfechtung durch eine Stärkung der
Seele und des Gemüts erfolgversprechend. Christen sollen auf Gott bauen, »in wa-
ren Lehr / und rechten Gottesdienst wol und gründlich unterrichtet seyn / und jme
und seinem Willen gantz und gar vertrauwen und ubergeben / mit lebendigem glau-
ben / unnd ungezweiffelter hoffnung festiglich halten«38.
Die Umsetzung dieser Maßnahme fällt in den Aufgabenbereich der Geistlichen.
Aber gerade Kirchendiener und Seelenhirten sind es, die nicht auf die unverfälschte

37
De Praestigiis, VI/23, S. 448f.
38
De Praestigiis, V/1, S. 301. Dies ist ein rhetorisch wirksamer Vorgriff auf Weyers eigene Me-
thode; an den Anfang gestellt, ermöglicht sie beim Leser den Aufbau einer kritischen Distanz.
100 Renate S. Klinnert

Lehre bauen, sondern aus Unwissenheit, mangelndem Fleiß und Nachlässigkeit die
teuflische Verstrickung fördern. Sie führen einfache Leute zu verbotenen und fal-
schen Mitteln, geben Heilkuren, ohne überhaupt über das notwendige medizinische
Fachwissen zu verfügen39. Angesichts des durch diese Praktiken verursachten Scha-
dens erhebt Weyer den Vorwurf, daß solche »teufelsleibigen Leuthe / so ungestrafft
von Weltlicher Obrigkeit geduldet werden«40. Diese »Zauberpfaffen« halten ihre got-
teslästerlichen Exorzismen vor völlig Ungebildeten ab, die sie mit »geweihten Gegen-
ständen« wie Weihwasser und Weihrauch, aber auch Salz, Wachs, Kerzen, Palm-
zweigen, Kräutern und viel Brimborium beeindrucken und täuschen. Gegenstände
werden auf dem Altar deponiert, um als mit Heilsenergie aufgeladene Kontaktreli-
quien magisch wirksam zu sein. Weyer prangert diesen Mißbrauch als Eingebung des
Teufels an, die darüber hinaus durch Schändung des Altars auch Gottes Zorn und
weitere Zulassungen an den Teufel hervorruft. Einfache Leute hielten diesen Zau-
berkram für fromm und würden von diesen Geistlichen auch darin bestärkt. Die Gläu-
bigen aber sollen zu Gott selber beten und nicht zu Wahrsagern gehen, da sie damit
einen Bruch ihres Taufgelöbnisses begehen, der einen Abfall von Gott bedeutet41!
Die Heilung von Krankheiten durch Besprechungen42 ist ebenfalls unfrommer Be-
trug. Die angeführten Fälle sind Beispiele für den klassischen Analogzauber, wie er
schon in den Merseburger Zaubersprüchen überliefert ist. Magische Kuren mißbrau-
chen die Heilige Schrift, indem sie einzelne Worte und Gebete als rituelle Beschwö-
rungsformeln verwenden, die als analoger Zauber wirken sollen43. Die biblischen
Worte selbst haben dabei keinerlei magische Kraft, auch nicht durch die rituelle wie-
derholende Anwendung; die angeblichen Erfolge sind betrügerische Täuschung oder
teuflisches »Fatzwerck« und werden durch den mangelnden christlichen Glauben
der Behandelten ermöglicht44. Auch Periapten, am Körper getragene Fetische aus al-
lerlei Bestandteilen, enthalten häufig Zettel mit Schriftworten; wenn diese Anhänger
Wirkung zeigen, dann durch natürliche Zutaten wie ätherische Öle, Magnete etc.45
Dieser äußerlichen magischen Vereinnahmung der Heiligen Schrift stellt Weyer die
innere seelische Wirkung des lebendigen Gotteswortes entgegen46; er übt Kritik am

39
De Praestigiis, V/2, S. 306.
40
De Praestigiis, V/24, S. 363.
41
De Praestigiis, V/3, S. 309. Der Hinweis auf Gottvertrauen als Abhilfe in schwierigen Le-
benslagen zieht sich durch die ganze Argumentation. Die scharfe Absage an die weitverbreiteten
magischen Rituale und ihre Bewertung als ›Abfall von Gott‹ bezieht sich direkt auf die Anklage-
praxis, Hexen als Abtrünnige zu beschuldigen. Die Kirche betrachte Hexen als Ketzer, dulde gleich-
zeitig aber solche magischen Praktiken!
42
De Praestigiis, V/8, S. 321ff. Weyer fragt angesichts des angewandten Unsinns, wo der Un-
terschied zwischen Beten und Fluchen sei.
43
De Praestigiis, V/4, S. 310f.
44
Den so Behandelten wird nicht nur nicht geholfen, sondern sie werden auch noch bösartig
hinters Licht geführt, z.B. durch Zauberzettel mit Teufelsfluch gegen Augenkrankheit (De Praesti-
giis, V/18, S. 345f.).
45
De Praestigiis, V/20, S. 351.
46
De Praestigiis, V/9, S. 325.
Von Besessenen, Melancholikern und Betrügern 101

Brauchtum der Alten Kirche und stellt ihr eine von solchem Mißbrauch befreite er-
neuerte katholische (!) Kirche gegenüber.

»Aber auff welcher heiliger / oder hellischer Schrifft zeugnuß / auch auff was Exem-
pel sich gründe die gemein unnd sehr lang zeit eingewurtzelte weiß / unnd der ver-
altet brauch / die veruntreuwten zu heylen / und die bösen Geister auszutreiben /
durch einen jeden ungeschickten / unnd offtermals zwifach blinden Schlüngel / ist
mir fürwar nit zu wissen. Denn je solche brillenreisser die bösen Geister hindan
zuverjagen / nichts anders denn zum theil einen gumpest ungereimter ceremonien /
zu dem theil aber grausame / ja Gotteslesterliche exorcismos und beschwerungen
brauchen. Aber deß schreien sie wie ein Zanbrecher / machen ein langes und brei-
tes geschwetz / ziehen an etliche Evangelia […] brummen auch ein mal etliche die
Artickel des Glaubens […] Was wollten aber dise ding allesamen den Sathan zu-
vertreiben für ein krafft haben [… Dies ist] stracks wider / der newhaar worden /
Catholischen Kirchen meynung.«47

Die meisten volkstümlichen Mittel zur Teufelsaustreibung gehören in den Bereich


der angewandten Magie und Teufelsbeschwörung. Neben den schon erwähnten Be-
sprechungen finden die verschiedensten Gegenstände Verwendung; sie sollen ent-
weder durch magische Aufladung, analog oder einfach nur abschreckend wirken48.
Aber auch die kirchlich offiziell erlaubten Heilmittel stellen die magische Kraft über
die sakramentale Wirkung und sind in Weyers Sicht exorzistische Praktiken.
Die exorzistische Abwehrmagie49 ist für Weyer ein Rückfall auf die vom Teufel
entwickelte schwarze Magie, mit pseudoreligiösen Formen ummäntelt. Sie wird durch
unlautere Geistliche ausgeführt, meist »Meßpfaffen«, »beschorene Bubenhälse«, die
größtenteils ungeschickt, ungelehrt, »volle Tropfen« sind; sie können selten lesen,
verstehen in der Regel aber noch seltener, was die von ihnen benutzten lateinischen
Formeln bedeuten50. Sie berufen sich zwar ständig auf Gott und die Heiligen, ihr
eigentlicher Patron ist aber der Teufel, der ihnen auch den ›Erfolg‹ schenkt, um den
allgemeinen Unglauben zu fördern.
Weyer beschreibt das Vorgehen eines Exorzisten detailliert (Beichte, Suche nach
Zauberfetischen usw.); die sinnlose Häufung der angewendeten Rituale sei geradezu
heidnisch, nach dem Grundsatz: Viel hilft viel. Die ganze Zeremonie sei oberflächlich,
ohne innere Anteilnahme, formelhaft, sinnentleert, ohne Wirkung, insgesamt gänzlich

47
De Praestigiis, V/40, S. 393f.
48
Z.B. Schwefelrauch (analog), Meerwasser (wegen des Salzes?), Ölbaumäste (symbolisch),
Weihrauch und geweihte Gegenstände (magisch), Drogen wie Eisenkraut, Baldrian, Wurzeln (ana-
log zu medizinischer Wirkung), Galle eines schwarzen Hundes / Leder vom Kopf der Hyäne (Ku-
riosa, abschreckend), Jaspis / Heliotrop / rote Koralle / Edelsteine (symbolisch, medizinisch). Weyer
bezeichnet diesen ganzen Bereich des Volksaberglaubens als des ›Teufels Jahrmarkt‹ (De Praesti-
giis, V/21, S. 353ff.).
49
De Praestigiis, V/23, S. 359.
50
De Praestigiis, V/23, S. 360. Dies ist sicher eine polemische Zuspitzung, jedoch zeigen die
Ergebnisse der herzoglichen Kirchenvisitationen in Hinsicht auf den Bildungszustand und Amtsei-
fer in vielen Gebieten das Bild einer ungebildeten und ›ungeschickten‹ Geistlichkeit.
102 Renate S. Klinnert

gottlos51. Er wiederholt seine Forderung nach einem erneuerten, verinnerlichten Glau-


ben, denn »wer im Lamm neu geboren sei, habe mit diesem Kram nichts zu tun«, der
gegen echte, d.h. gottzugelassene Teufelseinwirkung sowieso völlig wirkungslos sei.

»Abergläubige Exorzisten / Egyptische Künst / Versegung / eitele verzuckung /


verfluchte kunst / gang mir nach / Holderträncklein / so auch der Götter bezwingen
möchten / Teuffelsrotten / Plutonische Bücher / hellische beschwerungen / Achron-
tische Ceremonien uff Papier oder Pergament verzeichnet / den Feuwer unnd der
Herdplatten […] aufopffern / ja dem Teuffel zu dem guten Jar / und für seinen
Meßkram schencken / unser vertrauwen und zuversicht aber allein auff Gott setzen
/ und alle hoffnung auf den Herren und König / aller Herren und König / Jhesum
Christum Gottes Sohn / in welchem und durch welchen wir sindt / beweget unnd
leben / bawen.«52

Weyers Behandlungskonzept

Nach dieser beispielreichen und kommentierenden Darstellung der üblichen miß-


bräuchlichen Praxis zur Behandlung Besessener schließt Weyer seine Methode an,
die völlig neu, ohne Rückgriff auf die falschen Traditionen der christlichen Lehre
und der der Apostel angemessen sei53. Wenn irgendein Krankheitsschaden außerhalb
des »allgemeinen Laufes der Natur« und ohne menschliches Zutun festgestellt wird,
soll man sich zuerst zum Arzt begeben, der aufgrund seiner Profession, gelehrter
medizinischer Kunst und langandauernder Übung und Erfahrung die Krankheiten,
ihre Eigenschaften und Ursachen von Grund auf kennt54. Er beginnt mit einer genauen
Untersuchung der Umstände: Ist es angeboren? Ist es eine Krankheit? Ist es durch
melancholischen Humor und dadurch eventuell dämonisch beeinflußt? Ist es sonst
eine schädliche Feuchtigkeit? Welches Medikament kann den Zustand wieder berei-
nigen und das Gleichgewicht wieder herstellen? Diese Erkenntnisse sind zur Beur-
teilung der Krankheit notwendig, da sie sonst durch »unverstandene / unerfahrne /
und kleingläubige Leuthe für maleficia und veruntreuwen« gehalten wird55:

»[…] daß man sich gemeiniglich wider alles Gifft / unnd angeholtenen Holder-
trenklein / der rechtschaffenen gelehrten und erfahrnen Artzeten rath unnd hülff
gebrauchete / welcher ampt denn auff dem Rücken tragen würde / daß sie für das
erste ein scherpffsinniges fleissiges nachtrachten anlegen / auch solches zu für ge-
strecktem zweck ausführen / auff anzeigung der Personen / so den schaden erlitten

51
De Praestigiis, V/23, S. 359. Für Beispiele betrügerischer Exorzismen siehe ebd., V, S. 362–371.
52
De Praestigiis, V/27, S. 372.
53
De Praestigiis, V/28, S. 372f. Diese Maßstäbe zeigen deutlich, daß Weyers Ansprüche weit
über eine Behandlung lediglich der Symptome hinausgehen.
54
Weyer benutzt die Gelegenheit, um den Berufsstand des Arztes deutlich von allen selbstberu-
fenen Heilern abzugrenzen.
55
De Praestigiis, V/28, S. 373.
Von Besessenen, Melancholikern und Betrügern 103

/ Item andere umbstende / und symptomata oder mitlauffende / uber zwerch einful-
lende gebresten ein ernstliches aufsehen haben.«56

Der Arzt besitzt dank seines wissenschaftlichen Studiums und seiner Praxiserfah-
rung ein scharfes Unterscheidungsvermögen und erkennt, wo die Krankheit den Rah-
men des mit medizinischen Mitteln Behandelbaren verläßt und ob möglicherweise
Teufelswerk dahinter steckt. In diesem Fall soll das Opfer anschließend zu einem
Geistlichen überwiesen werden, an den Weyer hohe, geradezu idealtypische Anfor-
derungen stellt. Es solle sich dabei um einen Seelenhirten im eigentlichen Wortsinn
handeln, der einen unbescholtenen Lebenswandel führe und einen guten Ruf habe,
über gesunde christliche Lehre verfüge, das »Mysterium fidei«57 habe, mit gutem
Fachwissen ausgestattet sei und keine materiellen Interessen verfolge58.
Die Aufgabe des Geistlichen ist die Hinführung des Besessenen zur christlichen
Religion, die gründliche und geduldige Unterweisung in den Hauptartikeln des Glau-
bens und die Förderung des Gottvertrauens. Die ›geistlichen Medikamente‹ sind Bi-
belworte, Mahnung und Exempel, Anleitung zur Buße und Besserung des Lebens.
Bei Halsstarrigen ist aber auch Druck und Drohung notwendig und erlaubt. Bei Klein-
mütigen und verzagten Patienten soll verstärkt Hoffnung erweckt und festes Ver-
trauen auf Gottes Güte und Barmherzigkeit geschaffen werden59.
Arzt und Priester sind die beiden tragenden Komponenten der Heilungsmethode
Weyers, die die körperlichen und seelischen Aspekte einer möglichen Erkrankung
berücksichtigt und behandelt. Wenn aber eine Heilung nicht möglich ist, muß die
teuflische Besessenheit als ein gottbestimmtes Schicksal nach dem Vorbild Hiobs
ertragen werden60. Zur vorbeugenden Abwehr teuflischer Einflußnahmen sollen die
Gläubigen jedoch dem Teufel und seinen Einflüsterungen bewußt Widerstand leisten61
und ihm und seinen Täuschungsversuchen keinen Platz einräumen; christliche Gebe-
te wie das ›Vater Unser‹, nicht als magisches exorzistisches Bannritual, sondern als
inniges Gebet verwendet, sind ein »Schild gegen die Feuerpfeile des Widersachers«62.
Sonst ist auch Fasten nützlich, da es die Körpersäfte wieder ausgleicht und die kör-
perliche Disposition gegen dämonische Infiltration festigt63; eine ähnlich bereinigen-
de Wirkung im seelischen Bereich hat das Almosengeben64.

56
De Praestigiis, V/41, S. 398.
57
Dies richtet sich sicherlich gegen die Vielzahl von Klerikern, Mönchen und Geistlichen aller
Art, die sich mit Exorzismus beschäftigen, aber nicht Priester sind.
58
Dieser Katalog beinhaltet alle Forderungen der herzoglichen Kirchenreformpolitik.
59
De Praestigiis, V/28, S. 374.
60
De Praestigiis, V/30, S. 376.
61
De Praestigiis, V/30, S. 377.
62
De Praestigiis, V/30, S. 378.
63
De Praestigiis, V/30, S. 380.
64
De Praestigiis, V/30, S. 382.
104 Renate S. Klinnert

Abstract

Johann Weyer (1515–1588) analysiert in seinem Hauptwerk De Praestigiis Daemo-


num (erste Ausgabe 1563) mit dem kritischen Blick des Arztes detailliert zahlreiche
Beispiele von Besessenheit aus der einschlägigen Literatur und der zeitgenössischen
Alltagspraxis. Dabei charakterisiert er die Mehrzahl der Besessenen – wie auch die
Hexen – als vom Teufel manipulierte Melancholiker, denen er im Geist der christli-
chen Caritas mit Mitleid begegnet. Der klassischen Vier-Säfte-Lehre folgend, be-
schreibt er die Melancholie als krankhafte Störung des Gleichgewichts der Säfte, die
Verstand und Seele schwächt und so einer psychischen Dominanz des Teufels Tür
und Tor öffnet. Der Mensch ist hierbei jedoch nicht willenloses Opfer der dämoni-
schen Angriffe, sondern kann durch aktive mentale Gegenwehr (Gottvertrauen, christ-
liche Lebensführung, Gebete etc.) den Teufel in seine Schranken als ›göttlicher Nach-
richter‹ verweisen.
Als Konsequenz der medizinischen Ursachen lehnt Weyer die Todesstrafe für He-
xen als ungerechtfertigt und falsch ab. Stattdessen plädiert er dafür, den Hexen wie
den Besessenen durch therapeutische Maßnahmen zu Hilfe zu kommen bzw. dem
Phänomen durch Prävention zu begegnen. Er fordert ein Zusammenwirken fähiger
Seelsorger und Ärzte, um einerseits die Seele zu stärken, andererseits die Säfte wie-
der in Balance zu bringen. Kategorisch geht er dabei gegen die Unfähigkeit vieler
Geistlicher und den Mißbrauch bzw. Betrug vor, den vor allem die sogenannten ›Ex-
orzisten‹ treiben, die mit allerlei Beschwörungszauber arbeiten. Er übt Kritik am
Brauchtum der Alten Kirche und stellt ihr eine von solchem Mißbrauch befreite und
damit erneuerte katholische Kirche gegenüber.
Durch seinen holistischen Ansatz bei der Identifizierung und Behandlung von Be-
sessenheit und – damit einhergehend – durch seine Kombination empirischer Aspekte
mit skeptischer Differenzierung liefert Weyer wichtige Impulse für den dämonologi-
schen Diskurs.

Possessed, Melancholics and Swindlers: Johann Weyer’s


›De Praestigiis Daemonum‹ and the interpretation of ghosts

The phenomenon of possession receives much attention in Johann Weyer’s (1515–


1588) main publication De Praestigiis Daemonum (1st edition 1563). As a physician
and inspired by the ideals of Christian charity, he takes a firm stand in favor of the
possessed and witches, most of whom he regards as melancholics manipulated by
the devil. Following the classical doctrine of the four humoral temperaments, he de-
scribes melancholy as a pathological disturbance of the equilibrium of the bodily
fluids. Weakening both mind and soul, melancholy opens the door for the domi-
nance of the devil. It is nevertheless important to note that for Weyer man is not a
helpless victim of demonic attacks, but can rather put satan in his place by relegating
Von Besessenen, Melancholikern und Betrügern 105

him to his role as ›God’s executioner‹ by practicing an active mental resistance (e.g.
trust in God, living a pious, Christian life, prayer, etc.).
Since he identifies medical causes, Weyer presents the death penalty for witches
as an unjustified and unjust practice. Instead he supports prevention and giving ther-
apeutic medical assistance to both witches and the possessed. He recommends a com-
bination of competent pastors and physicians. They should work together on the one
hand to strengthen the soul, and on the other hand to restore the equilibrium of the
bodily fluids. Weyer also fought against the ignorance, abuses and deceptions of cler-
ics, and especially of the so-called ›exorcists‹, who he thought were using all sorts of
magical incantations. He called for a renewed orthodox and catholic church, one that
was liberated from these abuses.
Through his holistic approach to the identification and treatment of demonic pos-
session along with his combination of empirical investigation and skeptical inquiry,
Weyer made a lasting impression on demonological discourse.
ALBRECHT BURKARDT

Besessenheit, Melancholie und mal de mère in


Wunderberichten französischer Heiligsprechungs-
prozesse des frühen 17. Jahrhunderts

Die im Zentrum des vorliegenden Bandes stehenden Phänomene (Besessenheit, Me-


lancholie, Hysterie) wurden bislang vor allem anhand medizinischer (Traktat-)Litera-
tur (Robert Burton, Johann Weyer etc.), gelegentlich anhand von Quellen zur ärzt-
lichen Praxis sowie häufiger anhand von Materialien zu Hexerei und Besessenheit
untersucht1. Im folgenden Beitrag soll es darum gehen, eine weitere Quellengattung
vorzustellen, in der die genannten Phänomene ihren Niederschlag finden. Zugegebe-
nermaßen werden diese nicht immer unter den hier in Frage stehenden Begriffen
verortet; des öfteren heißt es nur, die betroffene Person habe an einer »unbekannten
Krankheit« gelitten, regelmäßig wird auf Schadenzauber verwiesen. Was auf den er-
sten Blick als ein Mangel erscheint, erweist sich bei näherem Hinsehen als eine Er-
kenntnischance: Phänomene wie Besessenheit oder Melancholie können auf diese
Weise in einen breiteren pathologischen Zusammenhang gestellt werden – ausgehend
von einer Quellengattung, die die betroffenen Personen ausführlich zu Wort kom-
men läßt.
Gemeint sind Wundererzählungen, wobei sich die folgenden Analysen vornehm-
lich auf Berichte stützen, die in französischen Heiligsprechungsprozessen der ersten
Hälfte des 17. Jahrhunderts – der Zeitraum, in dem auch die Besessenheitsaffären in
Frankreich ihren Höhepunkt erreichten – überliefert sind2. Die hier besonders in den

1
Vgl. neben dem Meisterwerk von Raymond KLIBANSKY/Erwin PANOFSKY/Fritz SAXL, Saturn
und Melancholie. Studien zur Geschichte der Naturphilosophie und Medizin, der Religion und der
Kunst, Frankfurt a.M. 31998, insbesondere die Arbeiten von H.C. Erik MIDELFORT, Sin, melan-
choly, obsession. Insanity and culture in 16th century Germany, in: Stephen KAPLAN (Hrsg.), Un-
derstanding popular culture, Berlin/New York/Amsterdam 1984, S. 113–146; DERS., Johann Weyer
and the transformation of the insanity defense, in: Ronnie Po-Chia HSIA (Hrsg.), The German peo-
ple and the Reformation, Ithaca/London 1988, S. 234–262; DERS., The devil and the German peo-
ple. Reflections on the popularity of demon possession in Sixteenth-Century Germany, in: Brian P.
LEVACK (Hrsg.), Witchcraft, magic and demonology, Bd. 9: Possession and exorcism, New York/
London 1992, S. 99–119; zuletzt DERS., A history of madness in Sixteenth-Century Germany, Stan-
ford 1999.
2
Die konsultierten Prozesse entstammen alle dem Archiv der Ritenkongregation und werden
heute im Archivio Segreto Vaticano in Rom aufbewahrt; die folgenden Ausführungen stützen sich
auf meine in Kürze in den Collections de l’Ecole Française de Rome erscheinende Dissertation Les
108 Albrecht Burkardt

Blick genommenen Prozesse betreffen zwei Schlüsselfiguren der französischen Ge-


genreformation, die Karmelitin Marie de l’Incarnation (1566–1618) alias Mme Aca-
rie sowie François de Sales (1567–1622), Bischof von Genf, dessen Diözese zwar in
Savoyen lag, der aber auch in Frankreich von großem Einfluß gewesen ist; daher
gab es im Laufe des Verfahrens auch hier Anhörungen3. In beiden Fällen wurden die-
se vor allem in Städten des bassin parisien der 1620er Jahre, kurz nach dem Tod der
beiden Persönlichkeiten, durchgeführt; für François de Sales in Orléans und Paris,
für die Karmelitin u.a. in Pontoise, Amiens sowie ebenfalls in der Hauptstadt4. Da-
bei handelt es sich bereits um apostolische, von Rom aus dirigierte Prozesse, also um
solche der zweiten Stufe eines Heiligsprechungsverfahrens5. Beide causae waren so
auch relativ erfolgreich: François de Sales wurde 1662 heiliggesprochen; für Marie
de l’Incarnation kam es 1791 immerhin zu einer Seligsprechung.
Zusätzlich wurden neben Wundererzählungen aus den François de Sales in seiner
Heimatdiözese gewidmeten Anhörungen auch zwei Prozesse der ersten, in die Kom-
petenzen des vor Ort ansässigen Bischofs fallenden Stufe des Heiligsprechungsver-
fahrens konsultiert – der eine befaßt sich mit dem 1643 verstorbenen Bischof von
Marseille, Jean-Baptiste Gault, der andere mit dem Kapuziner Honoré Bochard de
Champigny († 1624)6. Die Untersuchungen spielen sich in Marseille respektive in

clients des saints. Maladie et quête du miracle à travers les procès de canonisation de la première
moitié du XVIIe siècle en France, Thése nouveau régime, Ecole des Hautes Etudes en Sciences So-
ciales (EHESS) 1998.
3
Vgl. zum Werk des François de Sales Henri BREMOND, Histoire littéraire du sentiment reli-
gieux en France depuis la fin de la guerre des religions jusqu’à nos jours, Bd. 1, Paris 21967, S. 68–
128, Bd. 5, S. 5–162; Francis TROCHU, Saint François de Sales. Evêque et prince de Genève […], 2
Bde., Paris 1942; vgl. zu Marie de l’Incarnation die ausführliche Biographie von Bruno DE JÉSUS-
MARIA, La belle Acarie. Bienheureuse Marie de l’Incarnation, Paris 1943.
4
Archivio Segreto Vaticano, Fondo Riti, processus 2235, 2236, 2239 (fortan: ASV, Riti 2235
etc.): Marie de l’Incarnation, Processus super virtutibus ancillae Dei Sororis Mariae ab Incarnatione
[…], 3 Bde., 1630–1633; ASV, Riti 981, S. François de Sales. Dicta et depositiones testium remis-
sionalium Aurelianens., 1628–1629; ASV, Riti 996, François de Sales. Dicta et depositiones testium
remissionalium parisiens., 1628.
5
Vgl. zu den Heiligsprechungsprozeduren die Artikel »Canonisation« in: Dictionnaire de
théologie catholique, Bd. 2, Paris 21932, Sp. 1645–1659, und »Canonizzazione« in: Encyclopedia
cattolica, Bd. 3, Florenz 1949, Sp. 569–607, sowie Giuseppe DALLA TORRE, Santità ed economia
processuale. L’esperienza giuridica da Urbano VIII a Benedetto XIV, in: Gabriella ZARRI (Hrsg.),
Finzione e santità tra medioevo ed età moderna, Turin 1991, S. 231–263; Christian RENOUX, Une
source de l’histoire de la mystique moderne revisitée. Les procès de canonisation, in: Mélanges de
l’Ecole Française de Rome. Italie/Méditerranée 105 (1993), S. 177–217.
6
Vgl. ASV, Riti 1341–1343, Honoré de Paris, Proc. ord. s. fama, 1863–1866, 3 Bde.; ASV, Riti
1661, Processus ordinarius super miris […] Joannis Baptistae Gault, 1643; vgl. zu den Persönlich-
keiten und den ihnen zugeschriebenen Wundern Bernard MONTAGNES, Marseille avec ou sans mir-
acles? La polémique autour des miracles attribués à Mgr. J.-B. Gault (1643–44), in: Provence His-
torique 36 (1986), S. 435–462; Hervé BARBIN/Jean-Pierre DUTEIL, Miracle et pèlerinage au XVIIe
siècle, in: Revue d’Histoire de l’Eglise de France 61 (1975), S. 246–256; vgl. zu den Wundern des
Bischofs von Genf in seiner Diözese unten, Anm. 21.
Besessenheit, Melancholie und ›mal de mère‹ 109

Chaumont in der Champagne ab; den Verfahren ist der Erfolg versagt geblieben, die
Ehre der Altäre wurde beiden Persönlichkeiten bis heute nicht zuteil.
Aus dem hier privilegierten Blickwinkel sind die eigentlichen Protagonisten aller-
dings ohnehin nicht die Heiligen selbst, sondern die Personen, die sie erfolgreich um
Fürsprache anriefen, jene durch ein Wunder Geheilten (miraculés), die in großer Zahl
in den Anhörungen auftreten, um die thaumaturgischen Gaben des Heiligen unter Be-
weis zu stellen. In den François de Sales und Marie de l’Incarnation in Frankreich ge-
widmeten Prozessen finden wir rund 100 Personen dieses Typs. Sie alle berichten von
Wundern post obitum, die sich also nach dem Tod des Heiligen ereignet haben.
Die relativ geringe Zahl von untersuchten Wundern zeigt en passant den eigentli-
chen Anreiz dieser (apostolischen) Prozesse auf: Die Heilungen werden ausführlich
dokumentiert, zu den etwa 100 Fällen sagen insgesamt 353 Zeugen aus. Die Erzäh-
lungen sind relativ lang und ergeben regelrechte Krankengeschichten von Personen,
deren ›Personalien‹ (Alter und Geschlecht, Wohnort, Beruf und Familienstand) man
kennt, da sie zu Protokoll gegeben werden; häufig wird dabei auch der Beichtvater
erwähnt. In den Prozessen der ersten Stufe liegen die Dinge meist anders; es geht
zunächst darum, Material zu sammeln. Für den uns interessierenden Bereich bedeu-
tet dies umso mehr Wunderdarstellungen, aber weniger Zeugen und kürzere Berichte.
So verhält es sich jedenfalls für Honoré Bochard de Champigny, dessen Prozeßakten
allein knapp 180 Wunderberichte enthalten7. Anders bei Jean-Baptiste Gault: Die An-
hörungen passen sich dem Stil der apostolischen Prozesse an und untersuchen nur we-
nige, nicht einmal zwei Dutzend Fälle.
Um die Vorteile der Quelle zu nutzen, muß man zwangsläufig ihre Nachteile in
Kauf nehmen, aus denen aber kein Hehl gemacht werden darf: In einem Heiligspre-
chungsprozeß jener Zeit tauchen beispielsweise Repräsentanten der Unterschichten
nur ausnahmsweise auf, da sie als nicht glaubwürdig eingestuft werden; selbstredend
gilt letzteres auch für Häretiker, die a priori vom Prozeßgeschehen, das im übrigen
unter Geheimhaltung steht, ausgeschlossen sind. Der Großteil der Zeugen stammt so
in aller Regel aus einem juste milieu bürgerlicher Herkunft und makelloser katholi-
scher Gesinnung. Kritik am Wunder ist selten, und es ist damit zu rechnen, daß Aus-
sagen, die wenig orthodox erscheinen, in die Protokolle erst gar nicht aufgenommen
werden. Das gilt beispielsweise für dubiose religiöse Praktiken, abergläubische Ritu-
ale u.ä., die in den Quellen Seltenheitswert besitzen.
Auf dem relativ ›neutralen‹ Gebiet der Krankheiten hingegen sind solche Zensur-
oder Selbstzensurmaßnahmen kaum zu erwarten. Hier gilt es sich vor anderen Fallen
in Acht zu nehmen, vor allem davor, die durch ein Wunder geheilten Leiden nicht
mit dem Spektrum der Krankheiten jener Zeit insgesamt zu verwechseln. Gleich-
wohl decken die Wunderheilungen eine durchaus breite Palette von Krankheiten ab;
sie betreffen längst nicht nur Leiden, die auf psychopathologische Ursachen zurück-

7
Ähnlich extensiv berichtet der ebenfalls konsultierte Diözesanprozeß der Marie de l’Incarna-
tion über rund 120 Wunderheilungen (ASV, Riti 2233, Processus super vita, heroicis virtutibus,
sanctitate ac miraculis ancillae Dei Sororis Mariae ab Incarnatione […], 1622–1627).
110 Albrecht Burkardt

führbar wären. Die ›unbekannten‹ oder auch spezifisch als Melancholie u.ä. bezeich-
neten Krankheiten bilden nur einen Teil der Heilungen, betreffen aber, wie wir se-
hen werden, einen recht genau einzugrenzenden Personenkreis.
Die uns interessierenden Phänomene sind in ihrer Verteilung über die verschiede-
nen Prozesse von einer merkwürdigen Asymmetrie gekennzeichnet, die es als sinn-
voll erscheinen läßt, sie in zwei Gruppen zu unterteilen und getrennt voneinander zu
behandeln. In einem ersten Abschnitt soll es vor allem um das Phänomen der Beses-
senheit gehen (I), in einem zweiten um die als ›unbekannte Leiden‹, als Melancholie
oder mal de mère bezeichneten Krankheiten (II); abschließend gilt es, die Fälle auf
die Gründe ihres Auftauchens hin zu befragen (III).

In unserem Quellenkorpus sind Fälle von dämonischer Besessenheit – trotz der Ver-
breitung des Phänomens gerade in der zweiten Hälfte des 16. und der ersten Hälfte
des 17. Jahrhunderts8 – spärlich vertreten; etwas häufiger finden sie sich nur unter
den François de Sales in Savoyen zugeschriebenen Wundern. Dieser Umstand, will
man ihn nicht als Zufall abtun, liegt möglicherweise darin begründet, daß der Heili-
ge vornehmlich in dieser Gegend gewirkt hat. Man könnte vermuten, daß Heilungen
von Besessenheit vor allem in die Domäne der von ›lebenden Heiligen‹ vollbrachten
Wunder gehörten9. Da dem Bischof von Genf Heilungen dieser Art jedoch auch in
Wundern post obitum zugeschrieben wurden, wäre zudem auf die Beobachtung zu
verweisen, daß der Thaumaturg nach seinem Tod nur (oder vor allem) bei solchen
Krankheiten erfolgreich ist, die er bereits zu Lebzeiten geheilt hat10. Dies würde er-
klären, warum bei Honoré Bochard de Champigny und Jean-Baptiste Gault Heilun-
gen von Besessenheit nicht dokumentiert sind: Für beide sind Wunder dieses Typs
zu Lebzeiten nicht überliefert11. Daß in Paris und Orléans solche Heilungen auch

8
Vgl. Robert MANDROU, Magistrats et sorciers en France au XVIIe siècle, Paris 1968; Daniel P.
WALKER, Unclean Spirits. Possession and Exorcism in the Late Sixteenth and Early Seventeenth
Centuries, Philadelphia 1981; Sarah FERBER, Demonic possession and exorcism in early modern
France, London 2004.
9
Vgl. zum Phänomen der ›lebenden Heiligen‹ Jean-Michel SALLMANN, Image et fonction du
saint dans la région de Naples à la fin du XVIIe et au début du XVIIIe siècle, in: Mélanges de l’Ecole
Française de Rome. Moyen Age – Temps modernes 91 (1979), S. 827–874; DERS., Naples et ses
saints à l’âge baroque (1540–1750), Paris 1994; David GENTILCORE, The church, the devil and the
healing activities of living saints in the kingdom of Naples after the Council of Trent, in: Peter O.
GRELL/Andrew CUNNINGHAM (Hrsg.), Medicine and the Reformation, London/New York 1993,
S. 134–155.
10
Vgl. SALLMANN, Image et fonction du saint (wie Anm. 9), S. 853.
11
Die Gültigkeit dieser Regel ist allerdings begrenzt. Letztere dürfte dahingehend zu modifizie-
ren sein, daß die Anrufung eines Heiligen zumeist über ein bereits geschehenes Wunder gleichen
Typs motiviert wird (z.B. die Heilung von einer gleichgearteten Krankheit). Bei erst vor kurzem im
Ruf der Heiligkeit Verstorbenen kommen zur Auslösung dieses Mechanismus entsprechend vor al-
Besessenheit, Melancholie und ›mal de mère‹ 111

François de Sales nicht zugeschrieben wurden, wäre durch den Zusatz zu erklären,
daß ein Heiliger solcherlei Wunder post mortem auch nur dort wirkt, wo sein Kult
bereits besonders starke Wurzeln geschlagen hat, d.h. im Zweifelsfall eben dort, wo
er zu Lebzeiten vor allem tätig war (hier in der eigenen Diözese).
Unabhängig von den vorstehenden Überlegungen mag ein weiterer Umstand die
Seltenheit dieser Heilungen in den Kanonisationsprozessen erklären. Es ist durchaus
möglich, daß Besessenheit auch deshalb so wenig in diesem Material auftaucht, weil
die Befreiung von ihr in erster Linie dem Ritual des Exorzismus oblag. Ein Heiliger
mochte sich bisweilen als hochbegabter Exorzist entpuppen, aber in den untersuch-
ten Anhörungen ging es um die sozusagen autochthone Wundertätigkeit des Heiligen,
die ein erfolgreicher Exorzismus nur gefährden konnte: Die Heilung mochte hier dem
Ritual selbst zugeschrieben werden12.
Als Konsequenz ergäbe sich, daß der Heilige seine Wunderkraft vor allem dort in
Anschlag brachte, wo eine solche Konkurrenz zum Exorzismus erst gar nicht bestand
– sei es, weil keine Besessenheit vorlag, sei es, weil von Effekten die Rede war, die
durch einen früher oder später zum Einsatz kommenden Exorzismus nicht in Frage
gestellt wurden. Eben diese Konstellation begegnet uns beim Einsatz von Reliquien
der hier in den Blick genommenen Persönlichkeiten in den wenigen Fällen, in denen
die französischen Quellen von Besessenheit berichten. Dabei dürfte es kaum ein Zu-
fall sein, daß dem Geschehen jeweils der Schauplatz von Loudun zugrunde liegt.
Ein erster Fall versetzt uns in das Jahr 1638. Eine gerade dem Exorzismus unterzo-
gene, von vier Teufeln besessene junge Frau wird von einem Kapuziner befragt, ob sie
bereit sei, einer Reliquie des Père Honoré Reverenz zu erweisen. Dies wird zunächst
bejaht, doch sobald die Reliquie sich dem Mund der Frau nähert, beginnen die Teu-
fel sich heftigst zu wehren. Es kommt zu den üblichen Schreien, Zuckungen und
Konvulsionen, bevor die vier Dämonen schließlich klein beigeben müssen. Selbst der
resistenteste unter ihnen wird am Ende gezwungen, die Reliquie zu küssen13.

lem Wunder zu Lebzeiten in Frage. Eine Notwendigkeit ergibt sich daraus aber nicht. Für Jean-
Baptiste Gault etwa sind zu Lebzeiten gar keine Wunder überliefert, was nicht verhindert hat, daß
sein Tod einen geradezu ›panischen‹ Pilgerstrom nach Marseille ausgelöst hat.
12
Für den Fall der Marie de l’Incarnation kommt hinzu, daß eine Frau über die für das Amt des
Exorzisten notwendige priesterliche Weihe ohnehin nicht verfügte.
13
»[…] aiant la bouche tout proche de la relique«, so heißt es im Original, »elle commencea à
faire des contorsions & des cris espouvantables […] Et après le Père luy dict en latin: honore le
chaste, honore le sobre enfant de Sainct Francois […] Et le premier démon appellé Somillon, baisa
la relique, ce que firent deux aultres, scavoir queue de chien & Isabel, sans beaucoup de contradic-
tions; et le Père scachant qu’il y avoit quatre démons, dict en latin: où est le quatriesme? que le qua-
triesme l’honore aussy. Sur quoy il fict plusieurs contorsions et des cris espouvantables, mais enfin
il baisa la relique, comme les aultres, à l’édiffication de plus de cent personnes adsistantes« (Ex-
traict abrégé de l’acte authentique envoié de Loudun au Révérend Père Provincial des capucins de
Paris, de ce qui est arrivé le 18 & 19 Septembre de ceste année 1638, ASV, Riti 1341, fol. 664r).
Dieses und alle folgenden Zitate behalten den Originaltext bei; nur Zeichen- und Akzentsetzung
wurden zum besseren Verständnis modernisiert.
112 Albrecht Burkardt

Ein zweiter Fall stammt aus einer 1646 durchgeführten Anhörung zu Wundern
des François de Sales in Bourges. Auch hier steht eine Reliquie des Heiligen im Mit-
telpunkt, ein Rosenkranz, den die Frau eines in Bourges ansässigen Grundherrn von
ihrem Onkel geerbt hat14. Mehrere Wunder haben sich mittels der Reliquie bereits
ereignet, als eine Reise der Dame sie 1636 auch nach Loudun führt:

»[…] allant par dévotion à nostre Dame des Ardilliers à Saumur et ayant ouy parler
des Religieuses Ursulines que l’on disoit […] possédées en la ville de Loudun elle
avoit eu la curiosité d’aller jusques en ladicte ville de Loudun pour reconnoistre quel-
quechose de la vérité de ce qu’on disoit et estant arrivée au monastère desdites Ursu-
lines l’heure qu’on exorcisoit plusieurs d’icelles, elle se seroit mise a genoux devant
le grand autel tenant le chappelet dudict bienheureux François de Sales, et faisant ses
prières, l’une desdites religieuses sur laquelle on faisoit les exorcismes commença à
dire en ces termes à celuy qui l’exorcisoit en montrant elle déposante, tiens en voilà
une qui tient le chappellet du bienheureux François de Sales et est madame De Chan-
tal qui l’a donné à son oncle et son oncle le luy a donné sur quoy les excorcistes ayant
demandé à elle déposante si telle estoit la vérité elle respondit qu’ouy et luy ayant de-
mandé ledict chappelet il [!] l’auroit appliqué autour du col de ladicte Ursuline qu’il
exorcisoit laquelle incontinant se seroit trouvée délivrée […].«15

Der Sinn dieser Episoden liegt auf der Hand. Es war ein wesentlicher Zweck des
Theaters der Exorzismen, gleichsam ex negativo die Wahrheit der katholischen Glau-
bensüberzeugungen unter Beweis zu stellen, und dies gilt natürlich auch für die Hei-
ligenverehrung16. Wobei der Teufel sich durchaus zu spezifischeren ›Geständnissen‹
bereit fand, wenn die Umstände es verlangten. So war dem Teufel kein Heiliger ver-
haßter als der poverello von Assisi – solange zumindest, wie ein Angehöriger der
Minderbrüder der gerade zu Werke gehende Exorzist war17. Die Besessenen den Re-
liquien einer erst im Ruf der Heiligkeit stehenden Persönlichkeit auszusetzen, war zu-
dem ein probates Mittel, diese Heiligkeit selbst unter Beweis zu stellen: »[…] fau-
dra-t-il donc que je serve encore à cela?«, gibt ein Teufel gequält zu Protokoll, als
seine Bezwingung in einer Schriftfassung festgehalten werden soll, »qui serviroit à la
canonisation du RP Honoré«18. Offensichtlich hatten die Teufel in der Klostergemein-
schaft der Ursulinen ganz besonders unter diesem Mechanismus zu leiden: Loudun
scheint, wie die genannten Beispiele zeigen, ein Tummelplatz dafür gewesen zu sein,
was einmal mehr die große Popularität der Besessenheitsaffäre unter Beweis stellt19.

14
Vgl. Archivio della Congregazione per la Canonizzazione dei Santi, Fondo Q, Busta 592 –
Franciscus di Sales, Nr. 2, S. 42f.
15
Ebd., S. 44–46.
16
Vgl. Gregory HANLON/Geoffrey SNOW, Exorcisme et cosmologie tridentine. Trois cas agenais
en 1619, in: Revue de la Bibliothèque Nationale 28 (1988), S. 12–27.
17
Von einer weiteren Besessenen wird analog dazu berichtet, ein Teufel habe sie in die Hand
gebissen: »et dict [der Teufel] à la fille que c’estoit à cause que le RP d’Honoré estoit enfant de
Sainct François qu’il haït extresmement« (Extrait abrégé, ASV, Riti 1341, fol. 664v–665r).
18
Extrait abrégé, ASV, Riti 1341, fol. 664r.
19
Unübertroffen bleibt bis heute Michel DE CERTEAU, La possession de Loudun, Paris 21990.
Besessenheit, Melancholie und ›mal de mère‹ 113

Auch Jeanne des Anges, die eigentliche Protagonistin der Affäre von Loudun, hat
auf Reliquien des François de Sales zurückgegriffen, ja sich sogar durch die Für-
sprache des Bischofs von Genf letzten Endes für geheilt erklärt. Allerdings ist ihr
diese Heilung gänzlich erst nach Erfüllung des Gelübdes, eine Wallfahrt an das Grab
des Heiligen in Annecy zu unternehmen, zuteil geworden20. Für uns die Gelegenheit,
uns ebenfalls dieser Szenerie zuzuwenden.
Im Stammland des François de Sales begegnen wir, wie angekündigt, einer gan-
zen Reihe von Fällen, die auf Grund ihrer Symptome einander ähneln und die entwe-
der als Besessenheit oder aber als Wahnsinn bzw. Raserei charakterisiert werden21.
Schon zu Lebzeiten heilt der Bischof beispielsweise eine ganze Gruppe Besessener,
die unter der Obhut eines Priesters nach Annecy gelangt, »hurlant, criant si etrange-
ment que tout le monde frémissoit de les ouïr«22. Ebenso findet ein Priester aus Ru-
milly dort Heilung, der der Raserei verfallen war, einer »frénésie si grande qu’il en
couroit les champs«23. Mehrere ähnliche Fälle ließen sich aufführen, darunter auch
solche von Besessenheit befallener Einzelpersonen24. Was den Akt der Heilung be-
trifft, sind wir hier mit den klassischen Vorgehensweisen eines lebenden Heiligen
konfrontiert25. Diese beschränken sich auf ›spirituelle‹ Mittel – die Beichte oder
beichtartige Gespräche etwa – und eine begrenzte Anzahl kirchlicherseits abgeseg-
neter Gesten und Gebete. Die Gruppe von Besessenen wird in der Kathedrale einer
Reihe von Meßfeiern sowie zusätzlichen Gebeten ausgesetzt, bevor der Heilige sie
mit seiner Benediktion entläßt; einer besessenen Frau trägt der Bischof nur auf, das
Vaterunser zu sprechen. Mehr Aufmerksamkeit erhält der rasende Priester aus Ru-
milly. Der Heilung geht ein zweistündiges Gespräch voraus, das mit einer Handauf-

20
Vgl. ebd., S. 309–314, sowie die Autobiographie der Nonne Michel DE CERTEAU (Hrsg.),
Sœur Jeanne des Anges, Supérieure du couvent des Ursulines de Loudun, 1644, suivi de Jeanne des
Anges, Grenoble 21990, S. 187–193, 230–234.
21
Die für François de Sales überlieferten Wunder sind in drei Publikationen dokumentiert: Pou-
voir de saint François de Sales, ou miracles et guérisons opérés par le saint évêque, tirés du procès
de sa canonisation et de pièces authentiques […], deuxième édition, revue sur les pièces originales
[…], Bourg 1911; Charles-R. REBORD (Hrsg.), Gerbes de notes et documents, Annecy 1922; DERS.
(Hrsg.), Glane salésienne. Supplément au »Pouvoir de Saint François de Sales«, Annecy 1922. Die
Fälle wurden systematischer bislang nicht untersucht. Einen anregenden Überblick gibt Arnold VAN
GENNEP, Le culte populaire de Saint François de Sales en Savoie, in: Mercure de France 169 (1924),
S. 612–640 (reediert in: DERS., Culte populaire des saints en Savoie, Paris 1973, S. 135–155); das
›psychopathologisch‹ einschlägige Material dieser Editionen wird kurz angeschnitten bei Edward
SHORTER, From paralysis to fatigue. A history of psychosomatic illness in the modern era, New
York 1992, S. 7.
22
Pouvoir de Saint François (wie Anm. 21), S. 4.
23
Ebd., S. 13.
24
Vgl. beispielsweise ebd., S. 10f., sowie die im folgenden zusätzlich zitierten Fälle.
25
Vgl. GENTILCORE, The church (wie Anm. 9); SALLMANN, Image et fonction du saint (wie
Anm. 9); vgl. zu einem Fall diesseits der Alpen Albrecht BURKARDT, A false living saint in Cologne
in the 1620s. The case of Sophia Agnes von Langenberg, in: Marijke GIJSWIJT-HOFSTRA/Hilary
MARLAND/Hans DE WAARDT (Hrsg.), Illness and healing alternatives in Western Europe, London
1997, S. 80–97.
114 Albrecht Burkardt

legung auf den Kopf des Mannes endet: Der Bischof ordnet an, den Priester freizu-
lassen. Bei einem Domestiken kommt es zu einem fast identischen Verfahren – nur
daß es nach der Handauflegung heißt: »et lui tira par les cheveux«, als hätte das Rup-
fen an den Haarsträhnen einen besonderen Sinn26.
Auf dieser Grundlage kann die Gabe des Heiligen auch nach seinem Tode Wir-
kung zeigen. Dabei tauchen freilich neue Heilungsvarianten auf, sowohl hinsichtlich
der betroffenen Personen als auch mit Blick auf die angezeigten Symptome. In meh-
reren Fällen hat man es beispielsweise mit besessenen Kindern zu tun. Von einer gan-
zen Gruppe wird berichtet, daß diese Kinder »ne cessaient nuit et jour d’aboyer comme
de petits chiens, avec grincement de dents, branlement de tête, et grand tremblement
de tout leur corps«27. Daneben findet man auch wieder einzelne Erwachsene, wobei
wir unter den geheilten Leiden neben der Raserei auch Fälle expressis verbis ange-
zeigten ›Wahnsinns‹ finden; so etwa bei einem Schlüsselmacher, von dem es heißt,
daß »tout le pays le tenoit pour un fou furieux des plus mauvais«28.
Was die Heilungsmechanismen betrifft, tritt an die Stelle der direkten Intervention
des Heiligen die Wallfahrt an dessen Grab und die Berührung seiner Reliquien. Die
diesbezüglichen Annäherungsformen weisen kaum Besonderheiten auf, wobei Aus-
nahmen die Regel bestätigen. Der bereits erwähnte Schlüsselmacher nimmt im be-
nachbarten Fluß mehrfach ein Bad, bevor er, triefend vor Nässe, in die Kirche der
Visitandinnen tritt – ein sehr eigenwilliges Verfahren der Reinwaschung von den ei-
genen Sünden. Die meisten Pilger beichten und kommunizieren, bevor sie sich Grab
und Reliquien nähern29.
Aufs Ganze gesehen ergibt sich für die in Savoyen dokumentierten Fälle das Bild
einer relativ großen Einheitlichkeit mit Blick auf die uns hier interessierenden patho-
logischen Phänomene sowie die zu ihrer Heilung bemühten Devotionsformen. Zu dif-
ferenzieren ist im ersten Fall zwischen Wahnsinn und Raserei sowie im zweiten zwi-
schen Wundern zu Lebzeiten des Heiligen und solchen, die post obitum vollbracht
wurden. Die Heterogenität ist demgegenüber total hinsichtlich der betroffenen Perso-
nen; von den hier in Frage stehenden Leiden werden Kinder wie Erwachsene, Män-
ner wie Frauen geheilt, in Gruppen oder als Einzelpersonen.

26
Pouvoir de Saint François (wie Anm. 21), S. 14, 21.
27
Ebd., S. 109; vgl. zu Fällen einzelner besessener Kinder ebd., S. 193–199; REBORD, Glane sa-
lésienne (wie Anm. 21), S. 38f., 67, 70; DERS., Gerbes et notes (wie Anm. 21), S. 228.
28
Pouvoir de Saint François (wie Anm. 21), S. 85; vgl. für ähnliche, Männer wie Frauen betref-
fende Fälle REBORD, Glane salésienne (wie Anm. 21), S. 36, 42, 44, 56, 61.
29
Vgl. ebd., S. 87f.; vgl. zu den hier angesprochenen Devotionsformen ausführlicher und mit
weiterführender Literatur Albrecht BURKARDT, Pèlerinage et corps saints à travers les témoignages
des procès de canonisation, in: Philippe BOUTRY/Pierre Antoine FABRE/Dominique JULIA (Hrsg.),
Rendre ses voeux. Les identités pèlerines dans l’Europe de l’époque moderne et contemporaine
(XVIe–XVIIIe siècles), Paris 2000, S. 501–529.
Besessenheit, Melancholie und ›mal de mère‹ 115

II

Anders liegen die Dinge, wenn wir uns den Prozessen im bassin parisien zuwenden.
Hier werden Fälle von Wahnsinn, Raserei und Besessenheit selten. Zwar dürften die
beschriebenen Leiden einem in etwa gleichen symptom pool angehören30, doch wer-
den sie anderen Krankheiten zugewiesen und betreffen eine sehr viel spezifischere
Zielgruppe, der fast ausschließlich Frauen angehören.
In Orléans etwa erlangen mehrere Nonnen auf Fürsprache des François de Sales
die zudem sehr plötzliche Heilung von nicht erklärbaren Leiden, die von Konvulsio-
nen bis zur Paralyse reichen. Auch reagiert das im Körper sitzende Übel, wie bei Be-
sessenen, auf den Kontakt mit Reliquien: Setzt man eine solche auf die Stelle, an
welcher der Schmerz sitzt, weicht dieser an einen anderen Ort aus31. Bei einer der
Nonnen manifestiert sich auch eine Stimme, die allerdings nicht aus dem Inneren
kommt, sondern in Form einer Audition die Heilung ankündigt32.
Neben den Nonnen finden wir auch Laien unter den Wundergeheilten dieser Art.
So etwa eine alleinstehende Frau von 24 Jahren, Noelle Chaumart, die monatelang
an einer Krankheit laboriert, die die merkwürdigsten Symptome aufweist – »les
médecins mesmes ny connaissoient rien«. Leibschmerzen gehen Hand in Hand mit
Schweißausbrüchen und Herzrasen, so daß die Frau, »percluse« und »impotente«,
schließlich kaum mehr das Bett verlassen kann. Und doch schleppt sie sich nach
zehn Monaten vor das Bild des François de Sales in der Kirche der Visitandinnen,
um dort mit einem Schlag Heilung zu finden33.
Ganz anders – und doch schon wieder fast vertraut – ist der Fall der Johanne Gode-
froy, einer älteren Frau, die mehr Zeit als Noelle Chaumart für ihre Genesung benö-
tigt – die Dauer einer Novene, die sie in derselben Kirche absolviert. Dafür aber hat
sie auch 13 Jahre mit ihrem Leiden zugebracht, einer »fluxion paralytique«, begleitet
u.a. vom Gefühl extremer Kälte in bestimmten Körperteilen, von Kopf- und Leibschwe-
re, ständiger Schlaf- und Appetitlosigkeit u.ä.34 Im Prozeß der Marie de l’Incarnation
begegnet uns der Fall einer unverheirateten jungen Frau, Françoise Leclerc, die ne-
ben den schon in den vorherigen Fällen genannten Symptomen u.a. mit einer starken
Anschwellung ihres Körpers zu kämpfen hat35. Verschiedene andere Fälle betreffen
urplötzlich auftretende Lähmungserscheinungen.
In all diesen Fällen ist von Besessenheit nie die Rede, was auch einleuchtet, denn
es fehlt ja weitgehend der ›Besessenheitsdiskurs‹: Die betroffenen Personen mögen
zwar Schreie ausstoßen, die bisweilen die ganze Nachbarschaft in Angst und Schrek-
ken versetzen, aber typische Äußerungsformen des Teufels, Blasphemien etwa, lassen

30
SHORTER, From paralysis to fatigue (wie Anm. 21), S. 7.
31
ASV, Riti 981, S. 130.
32
Ebd., S. 6f.
33
Vgl. zu diesem Fall ebd., S. 998–1002 (Zitate S. 998, 1013, 1018).
34
Ebd., S. 528.
35
Vgl. ASV, Riti 2235, fol. 247v–256r.
116 Albrecht Burkardt

sich nicht vernehmen. Häufiger wird allerdings der Verdacht geäußert, die Krankheit
sei auf Hexerei zurückzuführen. So etwa im Fall der Jeanne Allain, der 19jährigen
Tochter eines »laboureur« aus der Nähe von Pontoise, die unversehens an unerträgli-
chen Schmerzen im Rückenmark leidet, was ihr das Gehen unmöglich macht. Scha-
denzauber dürfte die Diagnose einer von Jeanne konsultierten Frau – »en reputation
d’avoir des grandes connaissances pour les maladies plus extraordinaires et des souv-
erains remèdes pour icelles« – gewesen sein, die sie zu Therapiezwecken auf eine
Wallfahrt zu den in der Gegend renommierten Heiligen Saint Prix und Saint Maur
schickt36. Im Fall der Françoise Leclerc ist es offenbar die junge Frau selbst, die nach
dem Versagen aller natürlichen Heilmittel zu dem Schluß kommt, hier müsse Zaube-
rei im Spiel sein – »ne pouvant comprendre qu’à une maladie ordinaire et simple-
ment naturelle tant de remèdes y puissent estre inutiles«37. Ganz ähnlich verhält es
sich bei Françoise Esnault, einer ebenfalls 19jährigen Kaufmannstochter aus der Nähe
von Chaumont, die mehrmals täglich von furchterregenden Konvulsionen befallen
wird, »ce qui fist juger [dieser Umstand] à plusieurs personnes de science, de con-
science & d’expérience qu’un mal si notable accompagné de telles circonstances ne
pouvoist estre naturel mais plustost provenoit de quelques charmes ou sortilèges«38.
Der Verweis auf Schadenzauber ist für die hier in Frage stehenden Leiden nur ei-
ne von drei immer wieder anzutreffenden Erklärungen, die sich im übrigen gegen-
seitig nicht ausschließen. Zu den beiden noch nicht genannten Deutungsmustern ge-
hört die Melancholie. Diese Erklärung kommt beispielsweise bei Noelle Chaumart
und Johanne Godefroy zum Tragen, aber auch bei der einen oder anderen Nonne aus
Orléans sowie bei einer Visitandin aus Paris, die einen »fort grand ennuy intérieur«
beklagt, eine »si grande mélancolie et tristesse […] que je ne sçavois que faire de
moy, ne pouvant en façon quelconque me divertir«39. Dabei lassen sich zwei Melan-
choliekonzepte voneinander unterscheiden. Das erste kommt in der Regel bei den
zur Sache aussagenden Ärzten zum Tragen: Wir haben es hier mit der klassischen,
in den Termini der Humoralpathologie zu Wort kommenden Melancholie zu tun, dem
Reich der ›schwarzen Galle‹40. In einer zweiten, unter den Laien dominierenden Be-
deutungskomponente ist die Melancholie eher eine Folgeerscheinung der eigentlichen
Krankheit. Bisweilen ist so auch nur von ›Traurigkeit‹ die Rede, wie etwa bei der

36
Ebd., fol. 117r; vgl. zur Wallfahrt zu den Heiligen Saint Prix und Saint Maur Jeanne FERTÉ,
La vie religieuse dans les campagnes parisiennes, Paris 1962, S. 347–351. Ein ähnlicher Fall begeg-
net uns im Heiligsprechungsprozeß des Jean-Baptiste Gault: Eine junge Frau aus Marseille wird
ebenfalls von einem paralysierenden Schmerz im Rückenmark ereilt »estant […] allée aux champs
pour laver une lisçive«. Auch in diesem Fall wird der ›Hexenschuß‹ ohne Umschweife auf Scha-
denzauber zurückgeführt; zudem kommt hier ausnahmsweise ein Exorzist zum Einsatz, dessen
Künste mit denen des Heiligen aber natürlich nicht mithalten können: Heilung erfährt die Frau erst
am Grab des Bischofs (ASV, Riti 1661, fol. 10v).
37
Vgl. ASV, Riti 2235, fol. 247v.
38
ASV, Riti 1342, fol. 714v.
39
ASV, Riti 996, fol. 434.
40
Vgl. KLIBANSKY/PANOFSKY/SAXL, Saturn und Melancholie (wie Anm. 1), erster Teil.
Besessenheit, Melancholie und ›mal de mère‹ 117

Tochter eines Tuchfärbers aus Chaumont, die seit Jahren unter Kopfschmerz leidet,
»ce qui l’affligeoit extresmement et luy causoit une grande tristesse«. Ähnliches wird
von einem jungen Kleriker bezeugt; die epilepsieähnlichen Anfälle, unter denen er lei-
det, »luy causoient de grandes peines, tristesses, se voiant en ung estat desplorable et
désespéré«41. In weiteren Fällen wird aber auch wortwörtlich von Melancholie ge-
sprochen, so bei Françoise Leclerc, die geradezu klassische Kennzeichen jenes Lei-
dens an den Tag legt: Vor allem bringt es sie dazu, sich immer mehr zu isolieren, »je
me tenois la plus cachée que je pouvois pour n’estre veüe du monde«42.
Melancholiezustände infolge von Krankheit sind nur allzu verständlich, zumal zu
den physischen Leiden häufig noch materielle Sorgen traten; in den meisten Fällen
gingen Krankheiten Hand in Hand mit Arbeitsunfähigkeit, was (nicht nur, aber doch
insbesondere) bei chronischen Leiden ernsthafte Existenzprobleme mit sich bringen
konnte43. Wir stoßen aber ebenfalls auf Fälle, in denen die Melancholie selbst den
Ausgangs- bzw. den ersten Kristallisationspunkt eines Leidens darstellt, das dann
auch ›physische‹ Folgeerscheinungen hervorbringt. In einigen Fällen werden darüber
hinaus die Gründe sichtbar, die zur Melancholie geführt haben. Johanne Godefroy
etwa erwähnt, daß ihr Leiden durch den Tod einer ihr nahestehenden Person zumin-
dest verstärkt worden ist, was auf eine ganze Reihe weiterer Fälle verweist, in denen
physisches Leid auf einen punktuellen seelischen Schmerz zurückgeführt wird44.
Daß dieser sich zu einer regelrechten Melancholie steigern kann, ist auch für Noelle
Chaumart bezeugt. Zwar spricht die junge Frau nicht selbst darüber, es läßt sich aber
rekonstruieren, daß ihr Leiden mit dem Tod der Eltern einsetzt, der zudem mit dem
sozialen Abstieg einhergeht. Obgleich Tochter eines »honorable marchand«, muß sie
sich nun mit einem Zimmer begnügen, das sie überdies mit einer weiteren Person zu
41
ASV, Riti 1341, fol. 533v, 458. Ähnlich gearteten Fällen begegnen wir auch in Savoyen; vgl.
beispielsweise REBORD, Glane salésienne (wie Anm. 21), S. 38f.: Wie die Tuchfärberstochter leidet
die betroffene junge Frau an starkem Kopfschmerz, der hier Hand in Hand geht mit »de grandes
peines intérieures«. Der Fall macht überdies deutlich, daß Traurigkeit, Melancholie und Seelen-
schmerz nicht nur durch Stärke, Dauer und Aussichtslosigkeit, sondern auch durch die drohende
Verschärfung des Leidens verursacht wurden: Die junge Frau schien »en grand danger de perdre
l’esprit«. Nebenbei erklärt diese Gefahr, warum in diesem Text von ›Seelenschmerz‹ die Rede ist:
Eintretender Wahnsinn hätte zur Folge gehabt, daß die Frau sich nicht bewußt auf den drohenden
Tod hätte vorbereiten können, insbesondere in Form von Beichte und Kommunion. ›Seelenschmerz‹
taucht im übrigen häufiger in den Wunderberichten auf, vor allem bei Mitgliedern des geistigen
Standes; als Heilungseffekt steht ihm die consolation intérieure gegenüber (vgl. beispielsweise
ASV, Riti 2233, fol. 33v; ASV, Riti 2236, fol. 221).
42
ASV, Riti 2235, fol. 247v.
43
Die oben erwähnte Tochter eines Tuchfärbers präzisiert beispielsweise, daß ihre »tristesse«
auch daher rühre, daß das Leiden es ihr unmöglich gemacht habe, weiterhin ihrer Tätigkeit nachzu-
gehen (ASV, Riti 1341, fol. 533v).
44
Vgl. zu den zeitgenössischen Konzeptionen einer ›seelischen Pathogenese‹ von Krankheit
Robert JÜTTE, Ärzte, Heiler und Patienten. Medizinischer Alltag in der frühen Neuzeit, München
1991, S. 56–73 (Zitat S. 47); Heinrich SCHIPPERGES, Geschichte der Medizin in Schlaglichtern,
Mannheim/Wien/Zürich 1990, S. 276–285; DERS., Die Kranken im Mittelalter, München 1990, S.
21–25, 79f.
118 Albrecht Burkardt

teilen hat45. Bei der eben erwähnten Visitandin aus Paris ist die Melancholie aufs
engste mit einem völligen Überdruß am Ordensleben verbunden, der sich möglicher-
weise auf eine erzwungene Klosterweihe zurückführen läßt46. Für den Fall der Fran-
çoise Esnault schließlich sind solche Rekonstruktionen unmöglich, doch finden wir
hier unter den Eigenheiten des Leidens vermerkt, daß die Konvulsionen nur an einem
Ort sich ereignen – »dans la maison […] où ils [die Eltern] faisoient pour lors leur
résidence«. Gewiß läßt sich hier nur spekulieren, aber daß das Leiden sich allein im
Elternhaus bemerkbar macht, läßt für die Beziehungen zwischen Eltern und Tochter
nichts Gutes erahnen.
Im Fall der Françoise Leclerc verfügen wir über keinerlei Informationen dieser
Art. Dafür gelangen wir über ihn zu einer dritten Auslegung der uns interessierenden
Phänomene. Bei der Schilderung der Leiden der jungen Frau wurde bislang ein
Punkt übergangen, der wohl einiges von ihrem Drang nach Einsamkeit erklärt. Das
Anschwellen ihres Körpers ist begleitet von deutlich vernehmbaren Geräuschen in
seinem Innern, die verschiedene Zeugen als Indiz dafür nehmen, im Körper der Frau
befänden sich Würmer, ja gar Kröten, die sich im Leib bewegten, um bisweilen bis
in die Gurgel heraufzukriechen. Sicherlich ist diese Deutung auch onomatopoetisch
begründet. Wahrscheinlich aber verbirgt sich mehr dahinter, genauer eine volkstüm-
lich-vergegenständlichte Form der Vorstellung von der suffocation de la matrice
bzw. dem mal de mère47. Ein Konzept, das aus der Antike stammt und bekanntlich
sowohl etymologisch als auch konzeptuell der Vorgeschichte des Hysteriebegriffs
zugerechnet wird48. Man hat es mit der Vorstellung zu tun, derzufolge es einen pa-
thologischen Zustand gebe, in dem die Gebärmutter sich frei im Körper der Frau be-
wegt (daher die Analogie zur Kröte). Hier haben wir also die dritte Auslegung der
uns interessierenden Phänomene. Auch auf die suffocations de la matrice wird in

45
ASV, Riti 981, S. 997, 1022.
46
Daß solche Fälle auch bei den Visitandinnen vorkamen, zeigen die Beispiele bei Elizabeth
RAPLEY, Women and the religious vocation in seventeenth century France, in: French Historical
Studies 18 (1994), S. 613–631, hier S. 629; vgl. für eine breitere Darstellung des Falls Albrecht
BURKARDT, Les déboires d’une vocation. Un cas d’obsession démoniaque chez les visitandines pa-
risiennes au début des années 1620, in: Bernard DOMPNIER/Dominique JULIA (Hrsg.), L’Ordre de
la Visitation (XVIIe et XVIIIe siècles) (Presses de l’Université de Saint-Etienne, collection Travaux
et recherches du CERCOR), Saint-Etienne 2001, S. 131–152.
47
Vgl. zu den tradierten Vorstellungen von der Kröte Robert JÜTTE, Die Frau, die Kröte und der
Spitalmeister. Zur Bedeutung der ethnographischen Methode für eine Sozial- und Kulturgeschichte
der Medizin, in: Historische Anthropologie 4 (1996), S. 193–215; Jacques BERLIOZ, L’homme au
crapaud. Genèse d’un exemplum médiéval, in: Tradition et histoire dans la culture populaire. Ren-
contres autour de l’œuvre de Jean-Michel Guilchor (Documents d’ethnologie régionale, Bd. 11),
Grenoble 1990, S. 169–203; DERS./Marie A. POLO DE BEAULIEU, Le saint, la femme et le crapaud,
in: Jacques REVEL/Jean-Claude SCHMITT (Hrsg.), L’Ogre historien. Autour de Jacques Le Goff,
Paris 1996, S. 223–242.
48
Vgl. Ilza VEITH, Hysteria. The History of a Disease, Chicago 1965, S. 23; Etienne TRILLAT,
Histoire de l’hystérie, Paris 1986, S. 13–36.
Besessenheit, Melancholie und ›mal de mère‹ 119

den Quellen – nicht nur in ›verbildlichter‹ Form, sondern auch expressis verbis –
noch in anderen Fällen verwiesen49.

III

In einer anregenden Studie hat die Sozialanthropologin Giordana Charuty kürzlich


die Vermutung geäußert, daß die Vorstellung von der ›wandernden Gebärmutter‹ ei-
ner weit zurückreichenden abendländischen Tradition entspreche und hier dem Phä-
nomen zum Ausdruck verhelfe, das Charuty als »désordre de la féminité« bzw. als
»crise de l’identité sexuelle« bezeichnet50. Die Hypothese ist verlockend und könnte
uns einen Schlüssel zum Verständnis der hier in Frage stehenden Phänomene an die
Hand geben. Dabei gilt es allerdings, sich vor verschiedenen Mißverständnissen zu
hüten. So sollte der Rückgriff auf diese Interpretation nicht dazu verleiten, die ge-
schilderten Leiden auf ein einziges pathologisches Muster zurückzuführen. Es geht
in keiner Weise etwa darum, gleichsam durch die Hintertür nachzuweisen, daß alle
betroffenen Personen ›in Wahrheit‹ an Hysterie gelitten hätten51. Auch impliziert das
Konzept der »crise de l’identité sexuelle« nicht, daß sich hier ein stets befriedigtes
bzw. verdrängtes sexuelles Verlangen artikulierte. Und noch weniger ist spezifisch
an Probleme gedacht, die eine Frau mit ihrer Geschlechtsidentität als Frau gehabt
haben könnte. Es geht vielmehr um das Selbstverständnis gegenüber dem eigenen
gesellschaftlichen Status, welcher in unserem Kontext aufs engste mit dem Famili-
enstand der betroffenen Personen verbunden war.
Anhand der aufgeführten Beispiele dürfte in der Tat längst deutlich geworden
sein, daß die hier diskutierten Leiden nicht nur vornehmlich Frauen betrafen, son-
dern insbesondere ledige Frauen, Witwen sowie Nonnen, die größtenteils noch rela-
tiv jung waren. Es wäre scheinheilig zu bestreiten, daß dieser Personenkreis klassische
Befunde zum Phänomen der Hysterie in Erinnerung ruft; doch sollte man daraus kei-
ne anachronistischen Schlüsse ziehen. Zu fragen bleibt, ob in der uns betreffenden
Zeit gesellschaftliche Faktoren auszumachen sind, die es mit sich brachten, daß ins-
besondere Frauen dieses ›Typs‹ der Gefahr einer »crise de l’identité sexuelle« aus-
gesetzt waren.
Zunächst gilt es allerdings, einer ganzen Reihe quellenkritischer Argumente ins
Auge zu sehen, die unsere Fragestellung von vornherein kompromittieren könnten.
Vor allem besteht die Gefahr, einer optischen Täuschung aufzusitzen und ein Prob-
lem zu konstruieren, das nicht gesellschaftliche Realität widerspiegelt, sondern der

49
Vgl. beispielsweise ASV, Riti 981, S. 154f.; ASV, Riti 2236, fol. 478r. Betroffen sind eine
Visitandin aus Orléans sowie eine Ursulinin, die in Saumur eine solche Krise der suffocation de la
matrice durchlebte.
50
Giordana CHARUTY, Folie, mariage et mort. Pratiques chrétiennes de la folie en Europe occi-
dentale, Paris 1997, S. 92.
51
So interpretiert hingegen unverwunden Edward Shorter die Fälle von Besessenheit und Rase-
rei unter den François de Sales in Savoyen zugeschriebenen Wundern (vgl. oben, Anm. 21).
120 Albrecht Burkardt

falschen Auslegung einer mißverständlichen Quellengattung zu verdanken ist. Die


Zeitspezifik der hier zu diskutierenden Phänomene wäre entsprechend in Frage zu
stellen: Heilungen von Krankheiten mehr oder weniger psychopathologischer Natur
finden sich in Wundersammlungen aller Zeiten und Kulturen, und wenn dies erst
recht für das Christentum gelten sollte, dann deshalb, weil sich diese Wunder an de-
nen der Bibel orientierten. Da es sich auf Grund der Plötzlichkeit der Heilung zudem
um besonders spektakuläre Wunder handelt, ist ihr gehäuftes Auftreten in Heilig-
sprechungsprozessen nur allzu wahrscheinlich. Für die Prozesse des François de Sales
ist ein weiterer Punkt von Interesse: Im Laufe des 16. und zu Beginn des 17. Jahr-
hunderts verliert der Begriff der ›heroischen Melancholie‹, der melancholia generosa
(welche die Renaissance etwa als Inspirationsquelle künstlerischen Schaffens stark
gemacht hatte) immer mehr an Wertschätzung. Gerade François de Sales ist ein be-
deutender Vertreter dieser Umkehrtendenzen, und es ist möglich, daß in seinem Hei-
ligsprechungsprozeß genau deshalb besonders viele Wunder auftauchen, in denen
Melancholie in frohen Lebensmut umschlägt52. Wer als Antwort hierauf auf die ›Po-
pularität‹ von Melancholie und Besessenheit im selben Zeitraum verweist, hätte mit
dem Vorwurf zu rechnen, einer optischen Täuschung zu unterliegen: Besessenheit –
von Ärzten regelmäßig als Melancholie diagnostiziert – hätte sich demnach nicht
häufiger ereignet als früher, ihr sei nur mehr Publizität zuteil geworden, da sie sich
auf Grund ihres spektakulären Charakters besonders gut zur Propagierung von Glau-
bensinhalten eignete.
Hier ist allerdings der Punkt erreicht, an dem es gilt, die Dinge vom Kopf auf die
Füße zu stellen. Schon mit Blick auf die ›Melancholiegegnerschaft‹ des Bischofs
von Genf läßt sich festhalten, daß sie ohnehin nicht die geschlechtsspezifische Aus-
richtung der Wunder erklärt, vor allem aber, daß der Wille zur Bekämpfung des Phä-
nomens bereits dessen Häufung voraussetzt. Darüber hinaus aber ist anzunehmen,
daß François de Sales auf einen Prozeß reagiert, an dessen Ingangsetzung die eigene
Bewegung nicht unschuldig gewesen ist. Ohnehin macht eine Welle der Propagie-
rung die dafür genutzten Phänomene zugleich auch immer bekannt und trägt auf die-
sem Weg zu ihrer Reproduktion bei. Mit Blick auf Frankreich darf man aber zudem
vermuten, daß die gegenreformatorische Bewegung auch an der Produktion der hier
in Frage stehenden Phänomene ursächlich beteiligt war. Als Hintergrund wird man
dabei die mit dem Konzil von Trient einsetzende Verschärfung der Klosterdisziplin
einerseits, der Familien- und Sexualmoral andererseits ansehen dürfen. Es liegt auf
der Hand, daß in beiden Fällen eben der Personenkreis von den neuen Tendenzen
besonders betroffen war, der in den Heiligsprechungsprozessen des bassin parisien
den überwiegenden Teil der Opfer von Melancholie und mal de mère stellte. In der
Welt der Klöster waren Probleme mehr als wahrscheinlich, da diese auch weiterhin
einen Absatzmarkt für nicht zu verheiratende Töchter der besseren Gesellschaft dar-

52
Vgl. zu diesem Punkt Marc FUMAROLI, ›Nous serons guéris, si nous le voulons‹. Classicisme
français et maladie de l’âme, in: Le Débat 29 (1984), S. 92–114; vgl. zu den Traditionen der melan-
cholia generosa KLIBANSKY/PANOFSKY/SAXL, Saturn und Melancholie (wie Anm. 1), dritter Teil.
Besessenheit, Melancholie und ›mal de mère‹ 121

stellten, welche mit den so viel strengeren Regeln der posttridentinischen Klosterdis-
ziplin in Konflikt gerieten53. Doch auch in der ›Welt‹ sahen sich unverheiratete, also
vor allem junge bzw. alleinstehende Frauen einem wachsenden Kulpabilisierungs-
druck ausgesetzt, bei dem die ohnehin nicht eben laxistischen Auffassungen von der
honneur familiale durch die katholische Sexualmoral noch verstärkt wurden und
dies zudem auf der Grundlage demographischer Tendenzen, die das Junggesellin-
nendasein – und damit ein unfreiwilliges ›Zölibat‹ – eher verlängerten als verkürz-
ten. Jean-Louis Flandrin hat gezeigt, daß eben diese Tendenzen im Frankreich des
Ancien Régime den Kindsmord begünstigten: »[…] plus la societé se souciait de
faire respecter la morale sexuelle, plus elle se montrait dure pour les filles-mères et
les bâtards, et moins elle laissait aux mères coupables la possibilité de s’attacher à
l’enfant qui était le signe visible de leur déchéance. La répression sexuelle poussait
logiquement à l’infanticide.«54 Hinter den uns interessierenden Leiden wird man einen
ähnlichen Mechanismus vermuten dürfen, nur daß der ›Gewaltakt‹ sich hier gleichsam
im Inneren der betroffenen Person abspielte bzw. dessen Entäußerung das Leiden
war. Dabei ist letzteres nicht allein als Ausdruck eines (fast im Wortsinne) ›ohnmäch-
tigen‹ Protestes zu verstehen, sondern vielfach als Manifestation eines inneren Kon-
fliktes. In solche Krisen geriet nicht, wer von den betreffenden Normen völlig unbe-
eindruckt blieb, sondern nur, wer letztere genügend internalisiert hatte, um es als
schwerwiegende Belastung zu empfinden, wenn sie mit entgegengesetzten Wünschen
und Neigungen in Konflikt gerieten. Umgekehrt ermöglichte diese Konstellation,
daß einige Glückliche im Fall einer ›positiven‹ Lösung des Konfliktes aus der Krise
herausfanden, und sei es auch durch ein Wunder.
Daß vor allem Frauen in solche Situationen gerieten, lag nicht nur in ihrem Fami-
lienstand begründet, der ja auch Männern eigen sein konnte, sondern muß darauf zu-
rückgeführt werden, daß der misogyne Diskurs der Zeit Frauen über die in Frage ste-
henden Normen weitaus stärker kulpabilisierte als Männer. Gerade deshalb war das
›schwache Geschlecht‹ aber auch das bevorzugte Objekt des religiösen Akkulturati-
onsunternehmens – allen voran jene Frauen, die am meisten als der Hilfe bedürftig
bzw. als ›gefährdet‹ erscheinen mußten: ledige Frauen und Witwen55. Dies zu be-
werkstelligen, war zuvorderst die Angelegenheit religiöser Unterweisung. Daß letzte-
re auf den hier in Frage stehenden Personenkreis besonders erfolgreich gewirkt haben
muß, hat in einem wegweisenden Aufsatz bereits H.C. Erik Midelfort vermutet56. Es
bleibt hinzuzufügen, daß im katholischen Raum mit dem Sakrament der Beichte ein
ganz entscheidendes Instrument zur Internalisierung von Normen und zur Normen-

53
Vgl. Giovanna PAOLIN, Lo spazio del silenzio. Monacazioni forzate, clausura e proposte di
vita religiosa femminile nell’età moderna, Pordenone 1996.
54
Jean-Louis FLANDRIN, L’attitude à l’égard du petit enfant et les conduites sexuelles, in: DERS.,
Le sexe et l’occident. Evolution des attitudes et des comportements, Paris 1981, S. 151–216 (Zitat
S. 156).
55
Vgl. Jean DELUMEAU, La peur en Occident (XIVe–XVIIIe siècles). Une cité assiégée, Paris
1978; DERS., Le Péché et la peur. La culpabilisation de l’Occident, Paris 1983.
56
Vgl. MIDELFORT, Sin, melancholy, obsession (wie Anm. 1), S. 140.
122 Albrecht Burkardt

kontrolle zur Verfügung stand57. Mit Blick auf die Beichtpraxis bieten die Zeugen-
aussagen der Heiligsprechungsprozesse interessante Einsichten. In den von uns ein-
gesehenen apostolischen Prozessen geben so gut wie alle Zeugen an, bei wem und
mit welcher Häufigkeit sie zur Beichte gingen. Dabei bestätigen sich die oben ge-
nannten Tendenzen voll und ganz: Frauen beichteten sehr viel häufiger als Männer,
ledige Frauen nochmals deutlich mehr als verheiratete. Analog dazu verhält sich die
Wahl des Beichtvaters. Gerade die Mitglieder des uns interessierenden Personen-
kreises sind durchweg Beichtkinder der strengsten gegenreformatorischen Orden, der
Jesuiten und der Oratorianer des Kardinals de Bérulle, und dies gilt gerade auch für
diejenigen unter ihnen, die durch ein Wunder der Melancholie oder dem mal de
mère etc. entkamen58.
Diese Ergebnisse stützen somit sehr eindeutig die Vermutung, daß die gegenrefor-
matorische Frömmigkeit und Moral den hier in Frage stehenden Krisen nicht nur zur
›Artikulation‹ verhalf – sowie (in Form der Heiligenverehrung) zu einem möglichen
Ausweg aus ihnen –, sondern auch an der Auslösung dieser Krisen zentral beteiligt
war. So sehr letztere auch geschlechtsspezifisch konnotiert gewesen sein mögen,
entscheidend für ihre Entstehung waren die geschilderten Akkulturierungsmechanis-
men; die Krisen konnten entsprechend auch Männer befallen, wobei es aber kein
Zufall ist, daß dies regelmäßiger vor allem für eine Gruppe gilt, von der sicher ange-
nommen werden kann, daß sie ebenfalls den entsprechenden Pressionen ausgesetzt
waren: die der Kleriker59.
Es liegt nahe, den hier vorgetragenen Deutungen entgegenzuhalten, sie fußten auf
einer nur geringen Anzahl von Fallbeispielen. Nun wird ohnehin nicht behauptet, die
hier besprochenen Leiden seien ein Massenphänomen gewesen: Es wäre absurd zu
meinen, jede ledige Frau hätte Probleme dieser Art gehabt, auch nicht jede erfolg-
reich im Geist der Gegenreformation akkulturierte. Doch sollte die Breitenwirkung
der uns interessierenden Phänomene auch nicht unterschätzt werden. Dieser Studie

57
Vgl. zur Bedeutung der Beichte DELUMEAU, Le Péché et la peur (wie Anm. 55), S. 222f.,
517–535; John BOSSY, The social history of confession in the age of the Reformation, in: Transac-
tions of the Royal Historical Society. Fifth series 25 (1975), S. 21–38; DERS., Christianity in the
West, 1400–1700, Oxford 1985, S. 127f.; Robin BRIGGS, The sins of the people. Auricular confes-
sion and the imposition of social norms, in: DERS., Communities of belief. Cultural and social ten-
sion in Early Modern France, Oxford 1989, S. 277–338; Alois HAHN, Zur Soziologie der Beichte
und anderer Formen institutionalisierter Bekenntnisse. Selbstthematisierung und Zivilisationspro-
zeß, in: Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie 34 (1982), S. 408–434; DERS., Sak-
ramentale Kontrolle, in: Wolfgang SCHLUCHTER (Hrsg.), Max Webers Sicht des okzidentalen Chri-
stentums. Interpretationen und Kritik, Frankfurt a.M. 1988, S. 229–253. Vgl. zur Konzentration auf
die Frauen Giovanni ROMEO, Esorcisti, confessori e sessualità femminile nell’ Italia della Controri-
forma, Florenz 1998.
58
Vgl. BURKARDT, Les clients des saints (wie Anm. 2), S. 126–149.
59
Eine ganz ähnliche Typologie weisen die für den (oben erwähnten) Wallfahrtsort Notre Dame
des Ardilliers dokumentierten Wunder auf (vgl. Albrecht BURKARDT, Entre propagande et raréfac-
tion. Les miracles de Notre-Dame des Ardilliers 1594–1713, in: Saumur, capitale européenne du
protestantisme au XVIIe siècle (Cahier de Fontevraud, Bd. 3), Fontevraud 1991, S. 137–156).
Besessenheit, Melancholie und ›mal de mère‹ 123

liegen nur einige wenige Heiligsprechungsprozesse zugrunde, und es ist anzuneh-


men, daß eine breitere Untersuchung sehr viel mehr Fälle an den Tag bringen würde.
Vor allem aber haben wir es bei den Wundergeheilten ja ohnehin nur mit den ›happy
few‹ zu tun, hinter denen eine sehr viel größere Anzahl von Personen angenommen
werden muß, die vergeblich einen Heiligen um Hilfe anriefen. Daß ledige Frauen,
Witwen und Nonnen bevorzugt Opfer von Melancholie wurden, ist indes nicht erst
Historikern des 20. Jahrhunderts aufgefallen; bereits Robert Burton hat in seiner Ana-
tomie der Melancholie auf diese Konstellation hingewiesen – als bemerkenswerte
Ausnahme eines ansonsten vor allem Männer betreffenden Leidens60.
Abschließend bleibt noch einmal zu fragen, wie sich diese für die Prozesse des bas-
sin parisien gemachten Beobachtungen in Beziehung setzen lassen zu dem so anders-
artigen Profil der Wundertaten des François de Sales in Savoyen, wo, wie wir sahen,
Fälle von Besessenheit, Wahnsinn und Raserei Männer und Frauen jeglichen Alters
betrafen. Die unterschiedlichen Befunde stehen nicht unbedingt im Widerspruch zu-
einander, ohne daß dies Überlieferungszufällen angelastet werden müßte. In Savoyen
haben wir es mit dem Tätigkeitsfeld eines ›lebenden Heiligen‹ zu tun, und man darf
vermuten, daß die beobachtete Polyvalenz der Heilungen mit der ›panischen‹ Anzie-
hungskraft zusammenhängt, die der Präsenz einer solchen charismatischen Begabung
in jener Zeit eigen war. Im bassin parisien hingegen begegnen wir einer ganz anderen
Klientel, die weitaus stärker das Produkt eines Akkulturationsunternehmens darstellt;
daher das sehr viel spezifischere Profil. Fälle von Besessenheit sind hier als die dra-
matischste Ausdrucksform eines Leidens zu verstehen, das in Wahrheit über eine grö-
ßere Palette von Artikulationsformen verfügte, die sich zumeist freilich auf rein kör-
perliche Symptome beschränkten. Dennoch finden auch klassische Protagonistinnen
von Besessenheitsaffären ihren Platz in der hier behandelten ›Klientel‹. So etwa Mar-
the Brossier, ein ›Laienstar‹ unter den Besessenen jener Zeit, von der eine Kritikerin
behauptete, sie sei aus unterschiedlichen Gründen »fort triste et solitaire« sowie »hors
d’espoir d’estre mariée […]« gewesen, »de telle façon qu’elle en seroit devenue tout
frénétique«61. Auch Jeanne des Anges gehört selbstredend in diesen Personenkreis.
Und obgleich es kein besseres Bindeglied zwischen den Wundern in Savoyen und de-
nen des bassin parisien gibt, dürfen wir sie deshalb beruhigt aus Annecy an den Ort
zurückkehren lassen, an den sie eigentlich gehört – nach Loudun.

60
Robert BURTON, The Anatomy of Melancholy, hrsg. von Thomas F. FAULKNER/Nicolas K.
KIESLING/Rhonda L. BLAIR, Bd. 1, Oxford 1989, S. 414–418; vgl. zu dieser Typologie Burtons
kurz die Einleitung von Michael MACDONALD, Witchcraft and Hysteria in Elizabethan London.
Edward Jorden and the Mary Glover case, London/New York 1991.
61
Zitiert bei MANDROU, Magistrats et sorciers (wie Anm. 8), S. 164; vgl. zu dem Fall insgesamt
ebd., S. 163–179. Innerhalb unserer eigenen Dokumentation geht allein der erwähnte Fall der Visi-
tandin aus Paris (vgl. oben, Anm. 46) über die rein körperlichen Symptome hinaus, wobei die Krise
nicht als Besessenheit, sondern als ›Obsession‹ bezeichnet wird.
124 Albrecht Burkardt

Abstract

Die Phänomene Besessenheit und Melancholie wurden bisher vorwiegend entweder


anhand von Quellen über spektakuläre Besessenheitsfälle oder anhand von medizini-
scher Literatur untersucht. Der Beitrag möchte eine weitere Quellengattung vorstel-
len: Wunderberichte von Heiligsprechungsprozessen besonders aus Frankreich der
ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts. Nach einer kritischen Analyse der Quellen sind
zwei Aspekte der Wunderberichte Gegenstand der Betrachtung:

1.) In Bezug auf Besessenheit (und die Befreiung von ihr) liefern die Wunderbe-
richte unseres Zeitraums kein besonders reichhaltiges Material. Ein Punkt ist
dennoch bemerkenswert: Die berühmte possession de Loudun begegnet in meh-
reren Heiligsprechungsprozessen. Wir haben damit ein außergewöhnliches Zeug-
nis für die enorme ›Popularität‹ dieses Falles. Loudun war offensichtlich ein
Zentrum für die Untersuchung der Wirksamkeit von Reliquien, besonders von
solchen Personen, die erst kürzlich im Ruf der Heiligkeit verstorben waren.
2.) Im Gegensatz zur Seltenheit von Besessenheitsfällen bieten unsere Quellen zahl-
reiche Beispiele für Wunder, die psychophysische Symptome (und die Befrei-
ung von diesen) betreffen und denjenigen recht ähnlich sind, die man auch bei
Besessenheit finden kann. Manchmal werden sie als ›namenlose‹ Krankheiten
oder als Wirkung eines Zaubers angesehen, aber auch als Melancholie oder Hy-
sterie (d.h. als Auswirkung der sogenannten suffocation of the mother oder mal
de mère) bezeichnet. Es gibt freilich Kriterien, die es uns ermöglichen, diese
Fälle von denjenigen zu unterscheiden, wo Personen als Opfer dämonischer Be-
sessenheit (oder von ›Zwangsvorstellungen‹) betrachtet wurden. Dennoch zeigen
die Wunderberichte deutlich, daß die Besessenheitsfälle im Licht der Existenz
einer viel breiteren Gruppe von Menschen, die an ähnlichen psychopathologi-
schen Phänomenen litten, interpretiert werden müssen. Diese Gruppe aber ist
bemerkenswert homogen – die große Mehrheit der Fälle betrifft Nonnen sowie
unverheiratete junge Frauen –, und es ist wahrscheinlich, daß auch die Ursachen
ihrer Leiden ähnlich waren.

Possession, melancholy and ›mal de mère‹ in the miracle accounts of French


canonisation procedures of the early seventeenth century

The phenomena of possession and melancholy have mostly been studied either
through sources informing about spectacular affairs of possession or through medical
literature. My contribution intends to present another source: the miracle accounts of
canonisation procedures, in particular those produced in France in the first half of
the seventeenth century. After a critical analysis of the sources two aspects concern-
ing the miracle accounts will be the object of comment.
Besessenheit, Melancholie und ›mal de mère‹ 125

1.) As regards possessions (and the liberation from them), the miracle accounts of
our period do not provide particularly rich material. One thing is nevertheless re-
markable: the famous possession de Loudun is present in several canonisation
procedures. We have here an uncommon echo of the enormous ›popularity‹ of
the affair, and obviously, Loudun had been a market place for the examination
of the efficacy of relics, and in particular of such relics deriving from persons
who recently died in reputation of sanctity.
2.) In contrast to the rareness of possessions, our source provides numerous exam-
ples of miracles concerning (the liberation from) psychophysical symptoms
which are quite similar to those one can find in possessions. Sometimes they are
referred to as ›nameless‹ illnesses or as the effect of a spell, but they are also
defined as melancholy or as hysteria (i.e. the effects of the so called ›suffocation
of the mother‹ or mal de mère). There are of course criteria that enable us to see
a difference between these cases and those of persons perceived as victims of
demonic possession (or of an ›obsession‹). Nevertheless the miracle accounts
show clearly that the latter kind of affairs must be interpreted in the light of the
existence of a much broader group of people suffering from similar psychopa-
thological phenomena. This group itself is remarkably homogeneous – the large
majority of the cases concerns nuns and unmarried young women –, and it is
probable that the causes of the suffering are similar, too.
JOYCE MILLER

»Towing the Loon«


Diagnosis and Use of Shock Treatment for Mental Illness in Early-Modern Scotland

Introduction

In scientific and religious terms, the seventeenth century in Scotland was a time of
great change and upheaval. Orthodox medicine was in the process of developing its
scientific rationality and professional organisation, and access to professional health
care was limited to elite members of society or members of their household1. There
were outbreaks of religious and civil war between extreme protestants and episcopa-
lians, as well as royalists and anti-monarchists. The protestant church was still in the
process of complex evolution in both doctrine and organisation. Although presbyte-
rian in form, it had not been fully established throughout the country, nor was it in-
dependent of royal interference.
Although the possibility of demonic possession was acknowledged by Calvinist
church leaders in Scotland, the ritual of the exorcism ceremony had been firmly re-
jected. The alternative purification process was, at best, problematic, as the church in-
creasingly debated the reality of super- or preternatural power, other than that of God.
By the seventeenth century the church in Scotland had distanced itself from partici-
pation in healing in terms of resorting to shrines or carrying out particular rituals. Ac-
cording to the church ministers physical and spiritual health could be achieved through
private prayer and contemplation, rather than through the use of charms and rituals2.
However, despite this the practices and attitudes of lay members of society continued
to involve the use of ritual and charms recommended by those who were perceived or
recognised as healers. The discourse of these popular, or traditional, healers provided a
means of diagnosis and treatment for both physical and emotional illness which was
available to all members of society and which allowed individuals and their families

1
For an examination of the history and practice of early-modern medicine and surgery in Scot-
land, see Helen DINGWALL, Physicians, Surgeons and Apothecaries. Medical Practice in Seven-
teenth-century Edinburgh, East Lothian 1995.
2
See Joyce MILLER, Cantrips and Carlins. Magic, Medicine and Society in the Presbyteries of
Haddington and Stirling, 1603–1688, unpublished thesis University of Stirling 1999, for a detailed
examination of popular healing practices and attitudes of the church during the seventeenth century
in lowland Scotland. See also Michael GRAHAM, Uses of Reform, ›Godly Discipline‹ and Popular
Behaviour in Scotland and Beyond, Leiden 1996, for a discussion and analysis of church discipline.
128 Joyce Miller

some level of control over their illness. With its own rationality and consistency this
remained a powerful aspect of belief and practice throughout the seventeenth centu-
ry and beyond. This paper is an examination of popular and elite definitions of emo-
tional disturbance and its causes and cures in seventeenth-century Scotland.
The continuity of belief in the efficacy of ritual healing in the case of mental ill-
ness in Scotland can be illustrated by the treatment referred to here as »towing the
loon«. An account3 from the nineteenth century noted that a wooded islet, called Ei-
lean Maree, on Loch Maree, in northwest Scotland, was regarded as being a benefi-
cial place for the cure of insane people. The cure involved dragging the sufferers to
the shore, fastening them by a rope to a rowing boat and then towing them round the
island – usually three times. The patient then had to drink some water from the well
on the island which was dedicated to the Celtic saint Maelrubha4. This remedy was
noted as having been used as late as 1850. Sadly, for the patient in this late account,
the ritual did not result in a cure. According to witnesses when the sufferer was re-
turned to land he was bound hand and foot, and still a »raving maniac«. The ritual
was noted as an anachronism when this account was recorded; a relic of supersti-
tious practice which seemed physically dangerous and unlikely to succeed. Although
the practice and belief was acknowledged to have had a long history, its continuation
was regarded as quaint, had negligible rationale and dubious outcome. Nevertheless,
in an age when the diagnosis and treatment of illness by professional medical practi-
tioners was more readily available, it is still intriguing to note that older practices
continued to be used.
Society has distinguished between mental and physical symptoms. However, it is
also true that the discourse of disease which was used in the past does not corre-
spond precisely with our contemporary meanings or interpretations of illness. There-
fore it is often difficult to detect unequivocal incidents of mental disturbance, as op-
posed to physical complaints, from the primary evidence available. This is in part
due to the early-modern cultural phenomena of disease itself and the language and
discourse used, but also because of the quality of the documentary evidence avail-
able. It is clear that the vocabulary used by healers in both popular and elite culture
had different terms of reference from our contemporary linguistic usage. Diseases
were not grouped by morbid entity as they are today, but were diagnosed and treated
symptomatically or by identification of their cause. Melancholia, mania, possession,
distraction, loss of wits or senses were all terms which were used, often interchange-
ably, to refer to mental or emotional symptoms.

3
Samuel R. MACPHAIL, Notes on Highland Charms and Worshipping of Holy Wells, in: Cale-
donian Medical Journal 2 (1896), p. 271.
4
Francis GROOME, Ordonance Gazetteer of Scotland, Edinburgh c. 1895, vol. 2, p. 546. St
Maelrubha was an early Celtic saint who came from Ireland and settled in Applecross on the north-
west coast of the Scottish mainland during the seventh century. His shrine at Applecross became a
place of pilgrimage and good fortune. His feast day was August 25 and the sacrifice of bulls was al-
so associated with his cult. There were other holy or healing sites in the north-west which were re-
lated to Maelrubha, notably Loch Maree and the island of Skye.
»Towing the Loon« 129

Like the rest of early-modern Europe, Scotland was a medically pluralistic socie-
ty. In addition, or as an alternative, to the official hegemony of science and religion,
society often turned to other traditional healers, who were known by the term charm-
er5. Illnesses could be treated in three different ways – the physical treatments of
physicians and surgeons, the spiritual care of ministers or, what was essentially a
combination of the two, ritual charming which was offered by non-professional heal-
ers or charmers. What was common to all three forms of care, or treatment, was the
eirenic principle of expulsion of the bad, reintroduction of good and reestablishment
of balance or normality.
The treatment of epilepsy – or the falling sickness – is an interesting example
which demonstrates the rationales of the different groups. Epilepsy is also an unusual
condition as it had recognisable physical symptoms, but was also believed to have
had certain degree of emotional involvement or overlay. For many orthodox practi-
tioners epilepsy was categorised as episodes of convulsive movement which resulted
in a »hindrance of the mind and senses«6. The cause of this was thought to originate
from problems in the uterus, and so was often associated with an amount of hysteri-
cal behaviour7. However, elite treatments recorded for this condition were varied
and included, for example, taking dried peony flower seeds8 mixed with dried pea-
cock’s dung, which had been gathered in the month of May. The powdered dung and
flower seeds were then to be taken for 7 or 8 days along with aleberry – ale which
was boiled with bread, sugar and spice – most likely to make the mixture palatable.
It was also noted that if the epileptic was male then dried peahen dung was to be
used and vice versa9. In comparison the treatments offered by other traditional heal-
ers may not seem any more, or less, bizarre. According to Martin Martin, who toured
the islands of western Scotland at the end of the seventeenth century, a commonly-
practised popular cure for epilepsy was the burial of a live black cock at the spot
where the sufferers had had their first, or most recent, fit10. The former remedy may
appear to have had pharmacological rationality whereas the latter treatment may seem

5
The term ›charmer‹ was used in Scotland as opposed to ›cunning folk‹ which was used in Eng-
land. Charmers gave healing advice which involved the use of words and ritual, helped in the loca-
tion of lost goods, told fortunes, and diagnosed and counteracted the effects of witchcraft. The pos-
sibility that some individuals could be both malicious witch and healing witch at the same time is
discussed in Robin BRIGGS, Communities of Belief. Cultural and Social Tensions in Early-Modern
France, Oxford 1989, pp. 25–26. See also Éva PÓCS, Between the Living and the Dead, Budapest
1999, esp. ch. 6 and pp. 134–149.
6
National Library of Scotland (NLS), Acc 6605, Medical recipes of John Knox, Glasgow
1688–1689.
7
See Edward JORDEN, Briefe Discourse of a Disease Called the Suffocation of the Mother,
London 1603.
8
Infusion of peony seeds or root was used as an antispasmodic and was used in the treatment of
epilepsy and madness which involved violent spasmodic contractions or rigidity of the limbs.
9
NLS, MS 17852, Sir Henry Bruce’s medical recipes.
10
Martin MARTIN, A Description of the Western Islands of Scotland, c. 1695, 11698, facsimile
edition Edinburgh 1994.
130 Joyce Miller

to be nothing more than ignorant tradition. Nevertheless both were believed by many
to be effective.

Definitions and causes – charmers

Charmers understood that all illnesses were caused by some form of external or spir-
itual force. To a society where acceptance of demonic forces was an acknowledged
part of its belief system, illness caused by spiritual agents, often cast onto the suffer-
er by a third party, caused by a frightening experience or transferred unconsciously,
was not only an acceptable paradigm but, importantly, allowed episodes of illness to
be treatable11. Charmers, like their orthodox counterparts, appear to have relied on
pre-Cartesian cosmology, and although they recognised physical and emotional dif-
ferences in the manifestation, or symptoms, of disease, and treated them accordingly,
the principal cause was fundamentally the same: possession. This basic explanation
informed the process of disenchantment, or expulsion, which was used to remove
the force which caused the symptoms. Symptoms, which demonstrated emotional dis-
turbance, were certainly not beyond the scope of the care or treatment of charmers or
the rest of the ordinary population. Rituals or pilgrimage to a shrine associated with
a particular symptom or general ill-health, although often undertaken on the advice
of a charmer, were part of the common knowledge of society in general. Many of
the rituals used quasi-religious symbolism, order and language which provided both
authority and acceptability. Cases which involved specific mental disturbance were
mentioned less often than those which concerned only physical symptoms, however,
the treatments used by charmers for people who were emotionally or mentally affected
appear to have differed slightly from those used for physical complaints.
According to popular culture in general, and charmers in particular, those suffer-
ing from ill-health may have experienced any, or all, of the following symptoms: nau-
sea, paralysis, heart fevers, insomnia, distraction, loss of wits or loss of appetite, but
the cause of all these was almost certainly due to bewitching or some form of spiri-
tual or demonic possession. It was the cause of an episode of illness, more than the
symptoms themselves, which was the important diagnostic principle, and linguistic
terms and phrases, such as forspoken, the blast of an evil eye or the whaff of an ill
wind were all used to describe the process and identify the cause. Witches could cause
the illness by transferring demonic or evil spirits onto the sufferer12. An important
diagnostic feature of bewitchment was the sudden onset of the symptoms. Physical
symptoms involved sweating, fevers, paralysis and pain which contributed to an over-

11
Robin BRIGGS, Witches and Neighbours. The Social and Cultural Context of European
Witchcraft, London 1996, pp. 120–121.
12
Stuart CLARK, Demons and disease. The disenchantment of the sick (1500–1700), in: Marijke
GIJSWIJT-HOFSTRA/Hilary MARLAND/Hans DE WAARDT (eds.), Illness and Healing Alternatives in
Western Europe, London 1997, pp. 40–58.
»Towing the Loon« 131

all decline, and these terms often corresponded to those which were used by orthodox
medical practitioners. However, if the symptoms were mental, or emotional, then
they were described in much less specific detail and were often simply described as
being »bereft of natural wit«, a »faintness of the spirits« or the more general term
»distracted«13. The specific term ›madness‹ did not feature in the narrative of the doc-
uments14. The extreme physical and emotional symptoms associated with some forms
of emotional disturbance, or demonic possession, such as rigidity, spasms, mania
and violence, which were detailed by medical practitioners and theologians, did not
feature to the same extent in the discourse of charmers. Nevertheless, some form of
spiritual power or possession was clearly understood to be the cause of many emotion-
al disturbances. To return to the remedy for epilepsy described by Martin above, the
principle behind the cause was demonic or spiritual possession. In order to achieve a
cure the demon or spirit which caused the epilepsy would be passed, or transferred,
into the body of the bird when it was buried at the site of the seizure15.
In a case from 1668, Agnes Symson, her brother and three other people were called
to appear before the Stirling presbytery16 in central Scotland, to explain why she had
been taken to the chapel at Struthill, which was in the presbytery district, to recover
her health. Agnes was reported to be »distracted« and the four men had bound her
with tethers and left her at the chapel alone overnight. The first night she had broken
out of her tethers with no obvious sign of improvement, but on the second night, al-
though her tethers were again released, by the morning she had, according to wit-
nesses, come to her »healthe and witts againe and continued so unto this day«17. When

13
Éva Pócs suggests that expressions like ›robbed of the mind‹ or ›enchanted in the mind‹ were
descriptions of out of body experiences or ›soul trips‹ (PÓCS (see n. 5), esp. pp. 59–62). This indi-
cation of communication with the supernatural, albeit during an altered state of consciousness, sug-
gests an acceptance or awareness of supernatural powers, relationships between the living and the
dead, and different, or liminal, realms of existence.
14
The problem of diagnosis and terminology is discussed in H.C. Erik MIDELFORT, A History
of Madness in Sixteenth-Century Germany, Stanford 1999, passim, but esp. pp. 49–55.
15
MARTIN (see n. 10), p. 31. There are other accounts of this practice and belief, some from the
nineteenth century (see also Mary BEITH, Healing Threads, Edinburgh 1995, p. 101). A similar tech-
nique is also discussed in Keith THOMAS, Religion and the Decline of Magic, London 1971, p. 649.
16
The presbytery was a middle level of church court or committee. The reformed church in
Scotland was organised on the Genevan hierarchical model. At the lowest – or parish – level it con-
sisted of individual kirk sessions; then presbyteries which grouped together 10 or so parishes; syn-
ods which consisted of several presbyteries and finally the General Assembly. Each level had both
lay and clerical members. However, during the seventeenth century, the rivalry and dispute over
episcopal and presbyterian church government and its relationship with the crown resulted in armed
conflict. Although the kirk sessions and presbyteries were heavily involved in the social and moral
discipline of the ordinary population, the church also had its own internal disputes and problems to
address. See Gordon DONALDSON, The Faith of the Scots, London 1990, for a general discussion of
the church in Scotland, and David STEVENSON, Revolution and Counter-Revolution in Scotland
1644–1651, London 1977, for an examination of the religious conflict.
17
Stirling Council Archives (SCA), Stirling presbytery minutes, CH2/722/7.
132 Joyce Miller

Agnes was asked about her experiences she described »ane whixt [sic] do go and run
out over her […] several times«18.
Another cure was used to expel a different form of spirit – fairies19. These morally
ambiguous spirits were often blamed for possessing young babies who were vulner-
able to their powers20. John Sharp described the charming ritual which Margaret
Dickson from Pencaitland, in East Lothian, had recommended for his daughter21.
First he was to take a peck of meal and bake it. Sharp was also to take empty egg-
shells and, along with the bread, set them beside the fire. His daughter was also to be
placed beside the fire and at midnight he was to go round his house nine times.
When he returned he was to say the following: »Rys up also and goe where you
should gang in the devill’s name and give me my daughter againe.« If the child was
cured then the bread and eggs would disappear, if they had not disappeared then the
child would remain afflicted. Margaret Dickson also advised another parent to put
on a good fire and »[…] cast the bairn into it, for the bairn was not hirs, for shee was
a hundred years old […]«22. The belief that spirits, in particular fairies, could pos-
sess the bodies of children and be banished by fire was not at all unusual in popular
culture. As a literary motif it is found in Scottish folk tales or Märchen about change-
lings such as Johnnie in the Cradle23. Similarly, eggshells were popularly believed
to be the form of transport used by fairies to cross water. However, as with the use of
immersion in water or social isolation and physical restraint, it was not simply the fire
which was crucial to the successful outcome, but how it was used. The banishment

18
The term ›whixt‹, or ›wisk‹, is a Scottish term for a light stroke or sweeping movement (Mairi
ROBINSON e.a. (eds.), Concise Scots Dictionary, Aberdeen 1985). In this case Agnes may have
been referring to the sensation of light movement or even the fluttering sensation of her heart, but
her explanation may be an illustration of the acceptance and belief in the reality of ephemeral spir-
its such as fairies or demons.
19
The concept and meaning of fairy belief is a much debated area. Fairies, and many other spirits,
could be both helpful and harmful, thus they were neutral or morally ambiguous. Some fairy-like fig-
ures, such as domestic brownies, were extremely helpful but, if thwarted or offended, could cause
havoc. Other interpretations suggest that the fairy represented the Devil (see Diane PURKISS, The
Witch in History, London 1996, pp. 154, 160) or an elite demonological motif. However, the term or
its euphemism »the guid neebors« is referred frequently enough to suggest that the concept was widely
recognised in both elite and popular culture, and was not limited to this elite interpretation.
20
The belief that young children were removed by fairies or other spirits and replaced by evil
impostors or Wechselkinder was not unique to Scotland, and was common to many European cul-
tures. It is mentioned in the Malleus Maleficarum, part 2, question 2, ch. 8. Although part of a pre-
Christian cosmology, fairy belief was not limited to pre-Reformation Scotland as it continued to
circulate long past the Reformation in the sixteenth century. Robert Kirk, a protestant minister,
wrote The Secret Commonwealth of Elves, Fauns and Fairies in 1691 in which he described fairy
land, their society and powers.
21
National Archives of Scotland (NAS), Haddington presbytery records, CH2/185/5.
22
Ibid.
23
See Alan BRUFORD/Donald A. MACDONALD (eds.), Scottish Traditional Tales, Edinburgh
1994, for examples of oral narrative and tale types. In particular Johnnie in the Cradle, pp. 345–
349.
»Towing the Loon« 133

of fairies or other demonic possessing spirits would appear to have been an impor-
tant objective of the rituals.

Ministers

There were some other subtle nuances and variations in the area of mental illness
which were recognised by elites. The condition identified as demonic possession
was treated in quite a different manner from other symptoms. Demonic possession,
according to theological definition, manifested itself by such symptoms as violent
convulsions, reported visions, the speaking of unrecognisable languages, the projec-
tile ejection of objects by vomiting, skin lesions and trance-like states. These specific
symptoms were not found in the descriptions of spiritual possession made by charm-
ers. This form of demonic possession was treated by ministers rather than by physi-
cians, and this diagnostic distinction was recognised by both groups. Because of the
demonic dimension these patients required a different type of treatment which was
provided by isolation and prayers, usually associated with fasting24.
In 1630 the Leith kirk session, which was outside the boundary of Edinburgh, or-
dained that James Hunter, who was »distracted of his wytte«, was to be shackled and
kept in a dark room25. In a diary kept by a minister, John Brand, an entry from 1695
described the condition of one of his parishioners, Alick Steel, who, according to
Brand, was possessed26. Steel reported visual and auditory manifestations of the
Devil, and when Brand preached from the book of Job the verses were »[…] like a
dagger to his heart, and [Steel] fell into a great trembl and sweating […]«27. The pa-
tient continued in a high fever, believing that he had entered a pact with the Devil,
Brand’s treatment involved praying by both himself and an elder until, after some
hours, Steel was suddenly peaceful, when »[…] the devil was driven away«28. The

24
The problem for seventeenth-century Scottish ministers was that they could not carry out cere-
monies which were too reminiscent of catholic exorcism. The concept of exorcism was a difficult
area for Calvinist ministers, thus the use of fasting and prayer were not regarded as an exact equiva-
lent. For a discussion of the Calvinist dilemma in relation to the situation in England and New Eng-
land, see David HARLEY, Explaining Salem. Calvinist Psychology and the Diagnosis of Possession,
in: American Historical Review 101/2 (1996), pp. 307–330; also David HARLEY, Spiritual Physic,
Providence and English Medicine 1560–1640, in: Ole P. GRELL/Andrew CUNNINGHAM (eds.),
Medicine and the Reformation, London 1997, pp. 101–117.
25
David ROBERTSON (ed.), South Leith Records, Edinburgh 1911, p. 19.
26
NLS, MS 1668, Memoirs of John Brand, minister.
27
The experience of Job is discussed in the Malleus Maleficarum, part 2, question 1, ch. 10.
Job’s physical and mental anguish caused him to experience sleep terrors: »Then thou scarest me
with dreams, and terrifiest me through visions« (Job, ch. VII, verse 14).
28
This theory that prayer might relieve emotional suffering is perhaps at odds with the expected
role of the protestant church. Protestantism, and particularly English non-conformists, had rejected
belief in what they termed superstitious ritual, particularly the use of charms and amulets, and be-
lieved that suffering and recovery were part of God’s will. The use of any ceremony which might
134 Joyce Miller

question is, what, if any, was the actual or perceived difference between Agnes Sym-
son’s experience of spiritual possession, the distraction of James Hunter and the de-
monic possession described by John Brand? Is it possible that restraining of the dis-
tracted James Hunter in a darkened room had much in common with Agnes’s treatment
at the local shrine, even though it was carried out under the instructions of the kirk
session rather than ordinary members of the congregation?
This type of experience and demonic imagery was quite acceptable to societies
where religion was a dominant social force, and struggles with the Devil (and other
demons) and temptation, as a precursor to religious enlightenment, were, at least, en-
dorsed although not, perhaps, an everyday occurrence29. It is possible to argue that
medical and religious orthodoxy in the early-modern period cooperated to catego-
rise, distinguish and accept possession as a feature of the history of religion, rather
than perceiving it simply as a medical condition30. The theory that demonic posses-
sion prior to conversion was in some way a more acceptable diagnosis to society
than mental illness has been suggested by Carol Karlsen and others31.
However, to a degree this argument underplays the complexity of both society and
illness. In order to accept the paradigms of natural causation or demonic possession,
as well that of bewitchment, in cultural terms the diagnosis of ill-health was a great
deal more complicated than it is today. All levels of society understood the concept
of bewitchment or possession as the cause of misfortune. The difficulty for medical
practitioners and theologians was integrating this with contemporary religious and
medical theory. It is likely that many elites combined or adapted both systems to fit
the particular conditions of the time. During the seventeenth century some theologi-
ans, such as the protestant bishop of Moray, acknowledged the possibility of be-
witching as a cause of illness. He recorded a healing ritual which was used to cure
cases of bewitched humans and animals. The healer would make the sign of the cross
over the heart of the afflicted. Prayers, including the Pater Noster, as well as another
popular incantation, were then to be said three times. One example of a prayer or in-

signify a form of exorcism smacked of catholicism, yet prayer was clearly acceptable. See David
HARLEY, Mental Illness, Magical Medicine and the Devil in Northern England 1650–1700, in:
Roger FRENCH/Andrew WEAR (eds.), The Medical Revolution of the Seventeenth Century, Cam-
bridge 1989, pp. 114–144, for a discussion of English protestant attitudes towards mental illness. It is
clear that while Scottish protestant ministers renounced the use of ritual and charms, extemporised
prayer, to banish demonic possession or obsession and provide spiritual comfort, was acceptable.
29
Louise YEOMAN, The Devil as Doctor. Witchcraft, Wodrow and the Wider World, in: Scot-
tish Archives 1 (1995), pp. 93–105; see also HARLEY (see n. 24).
30
I paraphrase Foucault’s sweeping generalisations in his argument that religious dynamics
were central to the history of madness (see Michel FOUCAULT, Mental Illness and Psychology, Berke-
ley 1987, p. 64; IDEM, Madness and Civilisation. A History of Insanity in the Age of Reason, New
York 1965).
31
Carol KARLSEN, The Devil in the Shape of a Woman, New York 1987, pp. 233–235. See also
YEOMAN (see n. 29), who argues that seventeenth-century elites were generally worried about the
devil and that a diagnosis of possession was, to some extent, more acceptable than one of ›hypo-
chondriac melancholy‹ (HARLEY (see n. 24 and 28)).
»Towing the Loon« 135

vocation was recorded in this source: »God save thee, three bitters have bitten thee
with hart, tongue and eye. Three bitter thy beete shall be, the father, the soune and
the holy ghost.«32 This verse was recorded in different sources and would appear to
have been used by a number of Scottish charmers, as well as elsewhere33.

Physicians

Perhaps more than theologians orthodox medical practitioners conformed to the ac-
cepted doctrine of their profession. Early-modern medical theory accepted that all
illnesses, physical and emotional, were physical in origin, and were essentially the
result of humoral imbalance. The assessment and treatment of illnesses were based
on the description of individual symptoms, rather than the cure of a central diagno-
sis34 and prescriptions were offered to cover the individual symptoms. So, in the
case of frenzy, or mania, overheating of the brain was the accepted explanation, and
the prescribed treatment would attempt to correct this problem. The symptoms of an
episode of frenzy were believed to consist of continual raving and a sharp, constant
fever associated with the loss of reason although, interestingly, not the imagina-
tion35. Mania also resulted in the loss of wits with rage and fury, but without any fe-
ver. Fear and sadness were the emotions or symptoms commonly associated with the
condition known as melancholy. However, there was no fever associated with mel-
ancholy, and it was thought to be caused by an excess of black bile which the pre-
scriptions aimed to reduce.
An illustration of the language and diagnosis of elite physicians is seen in the case
of Sir John Graham of Gartmore who was treated by eminent Scottish physicians in
the late seventeenth century for his recurrent mental illness. The patient was reported
as being »alwayes of ane inconstant temper, sometyms dumpish and melancholick«36.
He was also violently distressed when in the company of women, although we have
no details about how this distress manifested itself. In another case, the wife of John
Fletcher of Saltoun was treated for an episode of the green sickness and vapours.
The physician recommended various physical treatments but, almost as a note, ac-
knowledged that part of her hysteric trouble might be the recent loss of her baby37.
The connection between the female reproductive organ and a number of emotional,
as well as physical, conditions was well recognised. The uterine origin of epilepsy

32
NAS, GD 188/25/1/3, bishop of Moray’s folio manuscript. The verse indicates three sources
of harm: malevolent heart, the use of words and the evil eye.
33
Janet Anderson: Records of the Privy Council, 2nd series, vol. 8, pp. 345–347; Andrew Aiken:
SCA, Stirling Presbytery Records, CH2/722/5; Bessie Stevenson and Issobell Bennet: NAS, Justi-
ciary Court Records, JC26/26. Its use in England has also been noted.
34
DINGWALL (see n. 1), p. 123.
35
NLS, Acc 6605. A medical manuscript copied about 1689 by a John Knox of Glasgow.
36
NAS, GD 22/1/306, case cited in DINGWALL (see n. 1), p. 136.
37
NLS, MS 17851, fol. 16, Saltoun papers.
136 Joyce Miller

has already been mentioned, but in this case it can be seen that some of Lady Flet-
cher’s condition was thought to be mainly caused by the condition of her uterus, with
some slight effect from her personal bereavement.

Treatments – charmers

As has been pointed out it was not the specific symptoms which provided the differ-
ential diagnosis but their cause. Once the cause, whether it was bewitchment, posses-
sion or humoral imbalance, was acknowledged by all those concerned, the possibility
of a cure was then feasible. It was usually the family and friends who recognised
something was amiss. Indeed they, rather than the sufferer, were often the ones who
described the symptoms, their aetiology and outcome, as well as instigate the treat-
ment. Of course in many cases this may have been because the afflicted person was
too debilitated; nevertheless it does demonstrate that both the symptoms and the un-
derstanding of their cause were real enough to all those involved.
Although the records give very few precise details about what exactly her symp-
toms were, it was implied that Agnes Symson and the others believed she was emo-
tionally distracted. There is no indication in the records whether this distraction re-
sulted in either melancholic or manic symptoms, but the treatment indicates a belief
in some form of spiritual basis to her condition. Her account of the events also sug-
gests that she understood that this spiritual force had been removed, or banished,
from her during the night. The »whixt« that she mentioned in her account to the pres-
bytery may implicitly refer to a spiritual presence of one kind or another, and that
the feeling she experienced was the spirit passing out of her or around her. There is
no direct reference to demonic possession either by Agnes, the four men or the pres-
bytery members. Although Scottish ministers and the rest of society were quite con-
versant with the concept of demonic possession, it is interesting to note that in this
case the ministers and elders did not pursue the witnesses further down this line of
questioning. Despite the limited evidence it does not appear that Agnes’s symptoms
were those of someone in the throes of possession by the Devil, however, she does
appear to have experienced possession of some form.
Agnes’s treatment demonstrated two quite common systems of cure: exorcism or
purification and pilgrimage. The use of pilgrimage in order to find a cure for both
mental and physical illness was a well-recognised ritual and one which was prac-
tised throughout Europe38. Her exorcism or purification ritual was not simply a form
of punishment or torture. A certain amount of suffering had to be endured in order to
relieve the symptoms and remove the cause. This explanation corresponded some-
what with the spiritual cure offered by clergy in cases of possessed demonic mania
where the individual was treated by fasting and prayer. The treatments offered by

38
See MIDELFORT (see n. 14), esp. ch. 6, for a discussion of pilgrimages and mental illness in
Germany.
»Towing the Loon« 137

charmers for cases of emotional distress appear to have had more in common with
the comfort of clerics than with the humoral care of physicians and surgeons. There
is no doubt that the phenomenon of mental illness was extremely confusing for seven-
teenth-century society. Although possession was different from madness, the two
were closely linked.
Agnes Symson’s condition and the form of her cure were not exceptional, as other
similar examples were recorded from elsewhere in the country. A comparable ritual
to cure distraction or emotional disturbance was attributed to the pool and chapel of
St Fillan, at Strathfillan in Perthshire, central Scotland39. Here the sufferers were
first plunged three times into the water rather roughly. While they were immersed
the patient had to collect three stones each time. They were then carried to the near-
by chapel of St Fillan and tied down with ropes. In this particular procedure, as well
as being left alone and restrained overnight, the patient’s head was covered with the
bell from the chapel. The next morning, if the patient was found released from his
tethers, then a cure was believed to be likely. However, if the ropes were still in place
then any hope of recovery was thought to be unlikely40. Martin Martin gave an ac-
count of a similar treatment from the island of Lewis in the Outer Hebrides. These
treatments illustrate that the cultural perception of disease and its causation allowed
early-modern society the means to deal with distress and illness, even if the afflic-
tion was not always relieved. A remedy had been attempted and, if it did not work,
the condition of the sufferer would have to be accepted.
Since the treatment used at Eilean Maree and St Fillan’s well both involved water
it might seem that this may have been the most important factor or ingredient. How-
ever, although an important motif in healing rituals, not all treatments involved the
use of water. Martin described another example from the island of Skye41. For those
suffering from what was described as »faintness of the spirits« the local smith would
request the patient to put his head on the anvil, face up. The blacksmith would then
take one of his hammers, the bigger the better, lift it up over his head and bring it
down towards the sufferer as if he intended to strike them. At the very last moment
he would direct the hammer away, otherwise, as Martin rather succinctly put it, »he
would be sure to cure the patient of all diseases«. Blacksmiths may not seem very
likely sources of healing knowledge and skill, however, the Celtic smith-god Gobniu

39
St Fillan, another early Celtic saint, is associated with several sites in lowland and central
Scotland. He spent time as a hermit in Fife, but was later abbot of a monastery on Holy Loch in Ar-
gyll. He resigned this post after some years and returned to his life as a hermit, this time at Strath-
fillan near Stirling. His hagiography refers to many miracles performed by Fillan, including the
taming of wolves by prayer. Several of his relics were later believed to have miraculous powers, in-
cluding his arm bone which was carried by Robert the Bruce to the battle of Bannockburn in 1314.
His bell was used in the treatment of mental illness, and St Fillan’s stones and wells were also used
in the treatment of other types of illness, including infertility and rheumatism.
40
The New Statistical Account (Ross and Cromarty) 14 (1845), p. 92; BEITH (see n. 15), p. 140;
see also MARTIN (see n. 10), p. 28.
41
MARTIN (see n. 10), pp. 228–229.
138 Joyce Miller

was associated with healing. The ceremonies, knowledge and skills associated with
the use of fire and metal gave blacksmiths and other metal workers a reputation for
mysticism and magic which was seen in many cultures.
The cure of children who were diagnosed as changelings demonstrated a similar ra-
tionale when fire was used to rid the child of the spirits or fairies causing the illness.
As Andrew Aiken, a charmer from Stirling, expressed it when questioned by the
presbytery in 1636, »[…] the skaith42 yt was gottin be […] an evill mind be ye fairie
folk must be helpit be fyre […]«43. In this case water or isolation was not adequate,
and fire was required. It is clear, therefore, that the population identified different
types of spirits as responsible for different conditions and treated them accordingly.
At the same time it might be possible that it was the process of striking fear or shock
in the patient which was also an important factor. Perhaps it was hoped that immersion
in cold water or the threat of injury from a hammer or fire would strike equal terror in
the spirits and so stimulate a cure. The belief that fear, or a sudden fright, resulting in
an episode of possession in seventeenth-century Italy has been discussed by David
Gentilcore44. In these cases it would appear that a similar principle was being applied
although in reverse – it was the spirit which was being frightened away.
The rituals involved water, fire, isolation and the use of a sacred site or well – of
pre-Reformation origin – in order to transfer the spirit or power somewhere else. In
the case of epilepsy the force or spirit was removed and transferred to the cock. In
the other cases the spirits were cast out by water or fire. The removal of the harmful
spirit by these shock treatments resulted in the physical and metaphorical purifica-
tion of both the body and soul of the sufferer.

Ministers

The ritual of fasting, isolation and prayer in the treatment of demonic possession was
an attempt by protestant ministers to expel the Devil. This was seen in the cases of
James Hunter, who was locked in a darkened room, and Alick Steel, who had a vigil
kept over his body and prayers said for his soul. In the case of Christian Shaw from
Paisley, in the west of Scotland, whose episode of demonic possession, prior to reli-
gious conversion in 1697, resulted in the death of several people whom she blamed
for casting the Devil onto her. In this latter case, despite an examination by a physi-
cian, Dr Matthew Brisbane, who diagnosed Christian’s condition as »hypochondriak
melancholy«, the ministers involved in the case preferred the diagnosis of demonic

42
›Skaith‹, ›scathe‹, ›scath‹: damage, hurt, injury or harm (late 14th century), specifically harm at-
tributed to witchcraft or evil eye (late 18th and 19th centuries) (Concise Scots Dictionary (see n. 18)).
43
SCA, Stirling presbytery minutes, CH2/722/5.
44
See David GENTILCORE, The Fear of Disease and the Disease of Fear, in: William
NAPHY/Penny ROBERTS (eds.), Fear in Early-Modern Society, Manchester 1997, pp. 184–208.
»Towing the Loon« 139

possession. The eventual outcome of struggles with the Devil, which was hoped for
by ministers, was religious enlightenment, and the purification of the soul45.
While possession leading to conversion cases of this nature were recorded in Scot-
land, it would appear that they were not the average case scenario. Although fear of
the Devil was an important force in all supernatural beliefs, demonic forces of more
varied nature were equally important to society. However, it can be seen that the
treatment by both ministers and other members of society was based on shared prin-
ciples of banishment and restoration of balance both physically and spiritually.

Physicians

On the other hand melancholy and other emotional symptoms were treated by medi-
cal physicians because their cause was perceived as humoral or physical. Attributing
emotional symptoms to mechanical or biological causes meant that they could be
treated by purging and restoring in order to reestablish internal bodily balance –
methods which were used for all types of physical conditions. John Graham of Gart-
more’s melancholy was treated with the usual mixture of purgatives, cold baths con-
taining powdered lapis lazuli46 and, eventually, mercury. Unfortunately, the eventual
outcome of Gartmore’s treatment is unknown. Lady Saltoun’s episode of vapours was
treated with purging by bleeding, emetics, clysters or enemas as well as a »hysteric
mixture«. She was also advised to apply a balsam about the cardiac area which was to
be covered with a scarlet cloth – even elites were specific about colours on occasion47.
These examples of orthodox purging and restoring treatments to reestablish men-
tal wellbeing reflect the general acceptance of pre-Cartesian theory of temporal and
spiritual unity. Illnesses were not either simply physical or simply emotional, since
the two were intimately linked. The treatment of a mental condition by purely physi-
cal means was both practical and acceptable. It was firmly believed that the expulsion
of harmful humoral imbalance would result in a metaphorical and physical purifica-
tion of the body, and thus result in a restoration of the spiritual or emotional balance.

45
See YEOMAN (see n. 29) for a discussion of this and other similar cases. However, Yeoman
cites only three main cases, two from 1607 and one from 1719, which suggests the phenomenon of
possession by/obsession with the Devil may have been associated with the late seventeenth and
early eighteenth century. This is towards the end of the peak of witchcraft trials and accusations in
Scotland, and so may have been part of a specific cultural/religious change rather than typical of
the sixteenth- and seventeenth-century experience of more general possession.
46
Lapus Lazuli was well recognised as a cure for melancholy and quatrain fever (see NLS, Adv
MS 33.7.9, Treatise on Gems, manuscript by Sir James Balfour, 1600–1657).
47
NLS, MS 17851/10, Saltoun papers.
140 Joyce Miller

Conclusion

In general the rationale of seventeenth-century society accepted that all symptoms


and illnesses were caused by possession of one sort or another; therefore the term
possession itself did not necessarily equate directly with an elite diagnosis of mania,
melancholy or frenzy. Equally, this form of possession did not necessarily involve
the extreme features of possession by the Devil as recognised by theologians, but re-
ferred instead to other demonic forces or spirits, including fairies. However, the
principle behind popular and elite definitions and treatments of mental illness or pos-
session may not have been all that dissimilar. In the treatment of epilepsy different
elite and popular remedies have been mentioned which would appear, on the sur-
face, to be quite unconnected. Mixing peacock dung with the seeds of peony flowers
may seem to have very little in common with the belief in transferring a demon onto
a cockerel. However, peony seeds were also recorded as having been worn as a neck-
lace to protect against evil spirits and, when taken orally, were thought to relieve
melancholic dreams. This suggests that the theory that possession by an evil spirit,
or demon, caused epilepsy informed some aspects of both popular and elite cures. It
is interesting to note that peony was still being used in herbal remedies for epilepsy
and lunacy in the early years of the twentieth century. Similarly, the efficacy and ac-
ceptability of water cures or spas for both physical and emotional purification was
increasingly popularised by rational science and physicians during the eighteenth
century.
The popular treatment of conditions which comprised a degree of mental distress
certainly appear to have involved more violence, or threat of violence, than those used
for straightforward physical symptoms. The suddenness of the shock, whether by
water, by fire, by the threat of physical pain, or by fear at being left alone, had both
physical and mental effects, but the distress experienced was believed to be worth-
while if the treatment worked. It was hoped that the rituals would result in both spir-
itual and bodily purification. If it did not work then the ritual may have been carried
out incorrectly, or the final outcome was God’s will and so had to be accepted.
The dynamic between popular and elite cultural attitudes regarding belief in the
supernatural was crucial in the early-modern period. Society was affected, to differ-
ing degrees, by all aspects of cultural debate, and this influenced attitudes towards
illness. There were undoubtedly problems with the care offered by medical and reli-
gious elites. Despite the reformed church’s strong belief in the Devil, faith in the rit-
ual of exorcism itself, which was Catholic in origin, was unacceptable to protestant
ministers. Equally, orthodox medical treatment cost money. The rest of society often
had no alternative but to continue to resort to treatments which had strong echoes of
pre-Reformation ritual. However, it should be stressed that this form of healing was
not simply due to inadequate alternative systems of care, but was an active choice.
Charming, as a feature of popular culture, allowed society access to causes and cures
which lay somewhere between the mechanical rationality of orthodox medicine and
the diabolic alternative offered by the church. This meant that diagnosis, cause and
»Towing the Loon« 141

cure corresponded to their understanding of the world and offered society control
over their own treatment. By the next century this tripartite debate between religion,
science and popular magic would be dominated by rational science as belief in pos-
session, demonic or otherwise, diminished.

Abstract

Charmers – traditional lay healers – saw all illnesses, both mental and physical, as
being caused by an external force, placed or laid on the sufferer by a third party.
They did not differentiate between spiritual and physical causes. They did, however,
recognize and treat mental and physical symptoms differently, even if they believed
they ultimately had the same cause. This paper examines the diagnosis and treatment
of mental illness by charmers in early modern Scotland, as well as looking at a com-
parison with the theory and practice of contemporary orthodox medical practition-
ers. Also covered is an examination of the diagnostic language used by charmers.
Some historians, particularly those who study the history of science, stressed the
epistemology of orthodox medical practitioners and their rationality in opposition to
the reliance on empiricism and superstition of lay-healers. This latter group included
charmers, whose belief system and practice sometimes, but by no means always, re-
sulted in an accusation of witchcraft. However, this interpretation is in need of reas-
sessment. In the area of illness or disease which had mental overtones the study of the
diagnosis and treatments used by both groups of healers may prove to be critical for a
revisionist approach to demonstrate that charmers did have a system of practice.
The diagnosis of diseases and their likely causes was a complex area in the early-
modern period. Using the diagnostic discourse of charmers, it would appear to have
been believed that all diseases – mental and physical – were caused by an external
force which invoked a spiritual disturbance which affected both the body and mind.
The explanation used by orthodox medical practitioners was based on the belief that
humoral imbalance caused illness. However, in terms of emotional or mental illness,
orthodox practitioners had more difficulty than their lay counterparts because their
physical model – that temperament affected physiological state – did not provide an
entirely satisfactory explanation. Overheating of the brain as an explanation for ma-
nia or melancholy, or vice versa, did not always convince, and so ›spiritual disturb-
ance‹ could be used by physicians as an alternative diagnosis. Both groups, in differ-
ent ways, relied heavily on pre-Cartesian theories of temporal and spiritual unity
which suggests a common cosmology. Thus the reality of some form of spiritual pos-
session was necessarily inferred and universally accepted by all as part of an overall
cultural system, even by those purporting to seek rationality: the orthodox medical
practitioners.
142 Joyce Miller

The difference between obvious physical symptoms and those of a more nebulous
nature which suggested some mental or emotional condition is reflected in the lan-
guage used by charmers to describe these symptoms. The different terms which were
used in relation to emotional disturbance are many and varied and are certainly sug-
gestive of spirits or spiritual activity, although, interestingly, the term ›possession‹ it-
self is used rarely, except in religious terms or by clerics. Sufferers are more likely
to have been »blasted with the waff of an evil eye«. This may suggest that while the
concept of spiritual influence was undoubtedly pre-Christian, the term ›possession‹ it-
self was a linguistic construct of Christianity. The variety and tone of the language re-
flects a sensitive and imaginative society which recognised subtle nuances. Although it
is unlikely that there will be any direct correlation with 20th-century psychiatric termi-
nology, it is clear that no one term was used for mental illness in Scotland at this
time.
While the treatments used by charmers provide useful evidence of the belief in
spiritual disturbance too and show a discrete category of conditions and treatments,
we get an insight into the popular culture and mentality of the time which is often
more elusive than that of elite culture.

»Towing the Loon«: Diagnose und Schocktherapie


bei Geisteskrankheit im frühmodernen Schottland

Zauberer – also traditionelle Volksheiler – betrachteten alle Krankheiten, sowohl gei-


stige als auch körperliche, als durch eine äußere Kraft verursacht, als dem Leidenden
von dritter Seite auferlegt. Sie unterschieden nicht zwischen geistig-spirituellen und
körperlichen Ursachen, jedoch zwischen geistigen und körperlichen Symptomen. Die-
se behandelten sie auf unterschiedliche Weise, auch wenn sie glaubten, daß sie letzt-
endlich dieselbe Ursache hatten. Der Beitrag untersucht die Diagnose und Behand-
lung von Geisteskrankheit durch Zauberer im frühmodernen Schottland, denen zum
Vergleich Theorie und Praxis der orthodoxen Ärzte der Zeit gegenübergestellt wer-
den. Darin eingeschlossen ist eine Untersuchung der von den Zauberern zur Diag-
nose genutzten Sprache.
Vielfach haben Historiker und insbesondere Wissenschaftshistoriker den theoreti-
schen Erkenntnissen und der Rationalität der orthodoxen Ärzte das Vertrauen der
Volksheiler auf ihre Erfahrung sowie ihren Aberglauben gegenübergestellt. Manch-
mal, allerdings längst nicht immer, mündeten die Glaubensvorstellungen und Prakti-
ken solcher Zauberer in Hexereibeschuldigungen. Jedoch bedarf diese Interpretation
einer Überprüfung. Im Bereich von Krankheiten oder Leiden mit geistigem Hinter-
grund kann die Untersuchung von Diagnose und Behandlungsmethoden, die von bei-
den Gruppen durchgeführt wurden, einen neuen Ansatz liefern zu zeigen, daß auch
die Zauberer ein System in ihrem Vorgehen hatten.
Die Diagnose von Leiden und ihren wahrscheinlichen Ursachen war ein kompli-
ziertes Feld in frühmoderner Zeit. Bei der Betrachtung des Diagnose-Diskurses dürf-
»Towing the Loon« 143

te deutlich werden, daß die Zauberer glaubten, daß alle Krankheiten durch eine äuße-
re Kraft verursacht würden, die eine geistige Störung hervorriefe, die sowohl den
Körper als auch den Geist betreffe. Die Erklärung der orthodoxen Ärzte beruhte auf
dem Glauben, daß ein Ungleichgewicht der Körpersäfte Krankheiten verursachen
könne. Bei emotionaler oder geistiger Krankheit jedoch hatten orthodoxe Ärzte grö-
ßere Schwierigkeiten als ihre laikalen Gegenspieler, weil ihr körperliches Modell –
daß das Temperament den körperlichen Zustand beeinflusse – keine umfassende und
zufriedenstellende Erklärung lieferte. Überhitzung des Gehirns als Erklärung für Ma-
nie oder Melancholie oder umgekehrt vermochte nicht immer zu überzeugen, und so
erlaubten sich auch Ärzte bisweilen, ›geistige Störung‹ als alternative Diagnose zu
stellen. Beide Gruppen stützten sich dabei, wenn auch auf verschiedene Weise, ein-
deutig auf vor-cartesische Ansichten von der körperlichen und geistigen Einheit, was
eine gemeinsame Kosmologie vermuten läßt. So wurde die Existenz mancher Formen
von geistiger Besessenheit notwendigerweise von allen als Teil eines allgemeinen
kulturellen Systems anerkannt, selbst von jenen, die Rationalität zu suchen vorgaben:
den orthodoxen Ärzten.
Die Unterschiede zwischen offensichtlich körperlichen Symptomen und denen eher
nebulöser Natur, die einen gewissen geistigen oder emotionalen Zustand vermuten
ließen, spiegelten sich in der Sprache der Zauberer zur Beschreibung dieser Sympto-
me wider. Die verschiedenen Ausdrücke für emotionale Störungen sind vielfältig
und lassen sicher Geister oder sonstige spirituelle Aktivität vermuten. Der Begriff
possession wurde jedoch, außer in religiösem Zusammenhang und von Klerikern,
nur selten verwendet. Leidende wurden eher mit »blasted away with the waff of an
evil eye« bezeichnet. Während der Glaube an die spirituelle Beeinflussung daher si-
cher vorchristlich ist, könnte dies darauf hindeuten, daß der Ausdruck possession ein
linguistisches Konstrukt des Christentums ist. Die Vielfalt der Sprache reflektiert ins-
gesamt eine feinfühlige und phantasiereiche Gesellschaft, die feine Nuancen wahr-
nahm. Obwohl Verbindungen zur psychiatrischen Terminologie des 20. Jahrhunderts
von vornherein unwahrscheinlich sind, wird deutlich, daß zu dieser Zeit in Schott-
land kein fester Begriff für Geisteskrankheit verwendet wurde.
Da auch die Behandlungsmethoden der Zauberer einen Beweis für den Glauben
an geistige Störungen darstellen, erhalten wir einen tiefen Einblick in die Volkskul-
tur dieser Zeit, die oft schwerer zu fassen ist als die Kultur der Eliten.
JAN FRANS VAN DIJKHUIZEN

Theatricality, Inwardness and the Demonic


in Ben Jonson

Introduction

As a number of historians have observed, demonic possession in early modern cul-


ture was a highly theatrical phenomenon1. In early modern England too, exorcisms
were highly public, spectacular events, which often drew large crowds. In his account
of the possession and exorcism of Mary Glover, Stephen Bradwell reports that groups
of spectators, »sometimes by troupes of 8 or 10 at once«, would walk in and out2. Of
the symptoms displayed by William Somers, the exorcist John Darrell writes that
»these things were in such lively and orient colours painted out (as I may say) unto
us that were present, being to the number of some 60, that I for my own part (and I
am persuaded the rest of the beholders are of my mind) do verily think, that it is not
in the skill and power of man to do the like«3. Early modern English culture even
employed images drawn directly from the theatre to characterise the movements of
the possessed. The demoniac Alexander Nyndge was described by one commentator
as »much like the picture of the devil in a play, with a horrible, roaring voice, sound-
ing hellbound«4. The writhing body of the demoniac served as a spectacle whose ev-
ery detail was the focus of obsessive attention. Possession and exorcism were things
to watch and marvel at: a mixture of religious event, freak show and theatrical per-
formance.
The theatricality of possession was seized on by contemporary playwrights. For
example, Shakespeare employed it in The Comedy of Errors (1590–1593), Twelfth

1
See for instance Michel DE CERTEAU, La Possession de Loudun, Paris 1970, passim; Robert
MANDROU (ed.), Possession et sorcellerie au XVIIe siècle. Textes inédits, Paris 1979, passim.
2
Stephen BRADWELL, Mary Glovers Late Woeful Case, n.p. 1603, fol. 83v. For the sake of
readability, I have modernised the spelling of all early modern prose texts.
3
John DARRELL, A True Narration of the Strange and Grevous Vexation by the Devil of Seven
Persons in Lancashire, and William Somers of Nottingham, n.p. 1600, in: John SOMERS, A Collec-
tion of Scarce and Valuable Tracts, ed. Walter SCOTT, vol. 3, London 1809, esp. p. 181. Italics added.
4
Quoted in James SHARPE, Instruments of Darkness. Witchcraft in England 1550–1750, Lon-
don 1997, p. 198. The quotation was taken from the anonymous A Booke Declaring the Fearfull
Vexasion of one Alexander Nyndge. Being Most Horriblye Tormented with an Evyll Spirit, the xx
Daie of Ianuarie in the Yere of Our Lord 1573 at Lyeringswell in Suffolke (1573).
146 Jan Frans van Dijkhuizen

Night (1601–1602) and King Lear (1605)5. In this article, I shall focus on represen-
tations of demonic possession and exorcism in the work of Ben Jonson. Jonson
wrote two plays which deal explicitly with demonic possession: Volpone (1606) and
The Devil is an Ass (1616). Both plays contain scenes in which the physical symp-
toms of demonic possession are acted out. I use the words ›acted out‹ deliberately
since in these scenes, demonic possession is represented as fraud, as a piece of play-
acting. Voltore, the fake demoniac in Volpone, performs his affliction in a highly his-
trionic manner, and Volpone coaches him as a kind of theatre director:

»VOLPONE They said you were possest: fall downe, and seeme so.
I’le helpe to make it good.
God blesse the man!
(Stop your wind hard, and swell) see, see, see, see!
He vomits crooked pinnes! his eyes are set
Like a dead hares hung in a poulters shop!
His mouth’s running away! Doe you see, signior?«6

Voltore’s facial contortions, vividly pictured by Volpone, are reminiscent of the de-
scriptions of demonic possession in contemporary prose tracts. Voltore’s vomiting
of foreign bodies, too, refers to the symptoms found in contemporary possession
tracts7. Here these symptoms are brought down to the level of theatre, reduced to ex-
ternal signs to be appropriated at will.
This scene takes place in a courtroom, and demonic possession is used as a kind
of juridical strategy. Voltore has revealed Volpone’s fraud to the court. Volpone,
however, subsequently forces Voltore to pretend that he is possessed by the devil. In
this way, Voltore’s statements lose their legal validity, since they were suggested by
the devil. Similarly, Fitzdottrel in The Devil is an Ass feigns possession in order to
nullify a legal document through which he lost his estate. He simulates possession
by a demon to demonstrate that he was »non compos mentis« when he signed the

5
The relation between theatricality and demonic possession in King Lear has been analysed by
Stephen GREENBLATT, Shakespearean Negotiations. The Circulation of Social Energy in Early Mod-
ern England, Oxford 1988, pp. 94–128. For a critical examination of Greenblatt’s article, see Tho-
mas HEALEY, New Latitudes. Theory and English Renaissance Literature, London 1992, pp. 72–
74; Jan Frans VAN DIJKHUIZEN, Mystical Bodies. King Lear and the Discourse of Possession, in:
Jürgen PETERS (ed.), Critical Self-Fashioning. Stephen Greenblatt and the New Historicism, Frank-
furt a.M. 1999, pp. 104–129. Greenblatt has also written on demonic possession: Stephen GREEN-
BLATT, Loudun and London, in: Critical Inquiry 12 (1986), pp. 326–346. In the latter article, Green-
blatt briefly hints at the metadramatic significance of demonic possession in Volpone and The Devil
is an Ass (ibid., pp. 341–343). In this article, I want to explore the connections between demonic
possession and theatre in these two plays in more detail.
6
Volpone, 5.12.22–27; Charles H. HERFORD/Percy and Evelyn SIMPSON (eds.), Ben Jonson, 11
vols., Oxford 1925–1952. All quotations from Volpone (vol. 5) and The Devil is an Ass (vol. 6) are
taken from this edition.
7
See for instance James Sharpe’s analysis of demonic possession in early modern England
(SHARPE, Instruments (see n. 4), pp. 190–210).
Theatricality, Inwardness and the Demonic in Ben Jonson 147

certificate. Shortly before his self-induced fit of possession, Fitzdottrel receives an


acting lesson from Merecraft, just as Voltore is tutored by Volpone:

»It is the easiest thing, Sir, to be done.


As plaine, as fizzling: roule but wi’ your eyes,
And foame at th’mouth. A little castle-soape
Will do’t, to rub your lip; And then a nutshell,
With to and touchwood in it to spit fire.
Did you ne’re read, Sir, little Darrells tricks,
With the boy o’Burton, and the 7. in Lancashire,
Sommers at Nottingham? All these do teach it.«
(5.3.1–8)

Merecraft, then, insists on the ease with which possession may be faked. For him,
possession is merely a theatrical trick, employed by the supposed demoniac to safe-
guard his material wealth. The allusion to the exorcisms carried out by the then well-
known John Darrell is apt, since Darrell was accused of fraud by representatives of
the mainstream church8.
The question which I want to address in this article is why Jonson, as a play-
wright, would take an interest in possession and exorcism, and why he would be in-
trigued by the connection between possession and play-acting. A possible answer lies
in some of the early modern debates on the nature of drama. In associating the de-
monic with theatrical imposture, Jonson was operating within a well-established cul-
tural discourse. Puritan pamphleteers such as Stephen Gosson, Philip Stubbes and
William Rankins made frequent and explicit connections in their writings between
drama and demonology. Gosson stated that »the devil« was »the efficient cause of
plays«9, Rankins depicted actors as demonically possessed monsters, while Stubbes
claimed that men who put on women’s clothing (transvestite boy actors) have been
bewitched by Circe or Medea. In their comparison of theatre with demonism Puritan
tract writers frequently emphasise the effect of drama on the audience. It is the audi-
ence which is demonically corrupted by watching plays. As John Northbrooke wrote
as early as 1577: »Satan hath not a more speedy way, and fitter school to work and
teach his desire, to bring men and women into his snare of concupiscence and filthy

8
John Darrell was arguably the best-known exorcist in early modern English society. He was
involved in a number of possession cases during the last two decades of the sixteenth century. Be-
cause of his activities, Darrell ran into great trouble with the Anglican churches. In 1598 his preach-
er’s license was revoked. He was imprisoned for a year in 1599, and was eventually forced to go un-
derground. The various parties in the Darrell affair expressed their views in a number of fiercely
polemical tracts. For an analysis of the Darrell controversy, see Keith THOMAS, Religion and the
Decline of Magic. Studies in Popular Beliefs in Sixteenth- and Seventeenth-Century England, Lon-
don 1973, pp. 569–588; Corinne H. RICKERT, The Case of John Darrell, Gainesville 1962, passim.
9
Stephen GOSSON, Playes Confuted in fiue Actions, London 1582, quoted in: Edmund K.
CHAMBERS, The Elizabethan Stage, vol. 4, Oxford 1923, p. 215.
148 Jan Frans van Dijkhuizen

lusts of wicked whoredom, than those places, and plays, and theatres are.«10 Precise-
ly the theatre’s ability directly to affect the behaviour of the audience is associated
by Puritan tract writers with witchcraft and demonology. William Rankins asserts
that plays present the audience with »enchanting Charms, and bewitched wiles, to
alienate their minds from virtue«11, while Anthony Munday asks »Do we not use
[plays] to counterfeit witchcraft, charmed drinks and amorous potions thereby to
draw the affections of men and stir them up unto lust?«12 The experience of being
influenced and overpowered by external satanic forces was thought to be akin to the
experience of watching a play, and to the audience’s alleged inability to distinguish
a play from reality. To the Puritan mind, the fictional world created by the theatre
could stupefy the spectator, erase its own fictionality and, in this way, incite him to
immoral behaviour. The use of demonological rhetoric in anti-theatrical tracts serves
to illustrate this mechanism. In his A Refutation of the Apologie for Actors (1615),
the Cambridge scholar John Greene even suggested that the devil could literally take
possession of theatre audiences:

»In the times of the primitive Church, a Christian woman went into the Theatre to
behold the Plays. She entered in well and sound, but she returned and came forth
possessed of the Devil. Whereupon certain Godly brethren demanded Sathan how
he durst be so bold, as to enter into her a Christian. Whereto he answered, that he
found her in his own house, and therefore took possession of her as his own.«13

Of course, this kind of rhetoric is not unique to anti-theatricalists. Similar complaints


were directed at the immorality of, say, brothels and alehouses. But the theatre was
able, by its very nature, to comment publicly on the criticism levelled against it. Re-
ferences to the demonic in plays can, therefore, be construed as precisely such a re-
sponse. More specifically, the act of deflating, parodying demonic possession on the
stage serves as a ›defence strategy‹ against attacks on the theatre. For, if satanic evil
is robbed of its threat, the comparison between drama and demonology also loses its
rhetorical force. That exorcism was frequently practised by Puritan ministers, such
as John Darrell, and gave its demystification on the stage an added significance and

10
John NORTHBROOKE, A treatise wherein Dicing, Dauncing, Vaine playes, or Enterluds, with
other idle pastimes, &c., commonly used on the Sabboth day, are reproued by the Authoritie of the
word of God an auntient writers, London 1577, p. 82, quoted in: CHAMBERS, Elizabethan Stage
(see n. 9), vol. 4, p. 198.
11
William RANKINS, A Mirour of Monsters, London 1587, quoted in: Henk GRAS, Studies in
Elizabethan Audience Response to the Theatre, vol. 1, Frankfurt a.M. 1993, p. 142.
12
Anthony MUNDAY, A Second and Third Blast of Retrait from Plaies and Theatres, London
1580, pp. 100–101, quoted in: Laura LEVINE, Men in Women’s Clothing. Anti-theatricality and Ef-
feminization 1579–1642, Cambridge 1994.
13
John GREENE, A Refutation of the Apologie for Actors, London 1615, p. 42.
Theatricality, Inwardness and the Demonic in Ben Jonson 149

irony. As Winfried Schleiner has pointed out, in this way the enemies of the stage
were exposed »as actors themselves, and as actors in bad faith«14.
The parodic strategy underlying these counterattacks is perhaps best illustrated by
one of the Avocatores’ sarcastic comment on Volpone and his comrades: »These pos-
sess wealth as sick men possess fevers, / Which trulier may be said to possess them«
(5.12.101–102). Material wealth is here turned into an active, possessing agent; the
balance of power between the rich and their possessions is inverted. The spiritual
meaning of possession is in this way replaced by a secular one: the term ›possession‹
is made to refer to an earthly vice. The Devil is an Ass suggests, in this way, that
›real‹ demonic evil resides in this world, rather than in hell, and that it is human
rather than supernatural. This is underlined by the comic ineptness of the devil char-
acter Pug. Even though the devil is physically present in The Devil is an Ass, he is
first and foremost a laughing-stock, a farcical character without any demonic pow-
ers. At the end of the play, the devil character Pug, sent into the world »t’advance
the cause of Hell« (1.1.79), is taken back to hell by his demonic employer, utterly
humiliated by the human immorality which he has witnessed. The vices of hell are
nothing compared to those on earth, and throughout the play Pug prays to his master
for relief from his earthly torments: »O, Chiefe, call mee to Hell againe, and free me«
(4.4.210). Similarly, the play deflates the ›otherness‹ of hell itself, reducing Satan’s
abode to what Herford and Simpson have termed a »rival state, whose merchandise
can be impounded and its citizens put in the Counter or carted to Tyburn«15. Satan
speaks repeatedly of the »Court of Hell« (1.1.6), »the state of Hell« (1.1.29) and
»the commonwealth of Hell« (1.1.132). The use of such terminology underlines the
satiric inversion which Jonson employs: Hell is a parallel state, a mirror-image of
contemporary London.
The deflation of demonic possession in Jonson, then, can be interpreted as an apol-
ogy for the theatre, an undermining of the criticism directed against it. Moreover, by
belittling the evil represented by Satan, Jonson enables himself to use the theatre as
a platform for an altogether more worldly moralism: the ›real‹ devils in The Devil is
an Ass are human. This system of attack and defence, however, is too clear-cut. It
cannot account for the paradox that the theatre itself voiced anti-theatrical senti-
ments. Thus, in many plays of the period, play-acting and theatricality are associated
with the demonic. In this way, playwrights came close to sharing the discourse of
anti-theatrical pamphleteers. Moreover, many plays of the period voice a critical at-
titude towards play-acting and theatricality in general. As I shall argue below, Jon-
son’s plays form a case in point. I shall try to demonstrate that The Devil is an Ass
and Volpone, rather than simply defending the theatre against its detractors, betray a
suspicion of play-acting. Jonson’s satire in these two plays is aimed first and fore-

14
Winfried SCHLEINER, The Feste-Malvolio Scene in Twelfth Night against the Background of
Renaissance Ideas about Madness and Possession, in: Jahrbuch der Deutschen Shakespeare Gesell-
schaft West (1990), pp. 48–57.
15
Ben Jonson (see n. 6), vol. 2, p. 158.
150 Jan Frans van Dijkhuizen

most at the histrionic behaviour of characters like Volpone and Fitzdottrel. Both Vol-
pone and The Devil is an Ass portray a theatricalised world, in which counterfeit pos-
session is merely yet another form of fraud, and serves as a sign of imposture in a
theatrical world permeated with deceit. Both plays emphatically condemn and pun-
ish such theatricalism. Volpone and The Devil is an Ass can only reach closure once
the dissemblers have been unmasked and punished. Crucially, in Volpone this pun-
ishment is directed wholly at the human body. Only the material reality of the human
body can serve as an antidote to the theatricality so pervasive throughout the play. In
my view, this is an important element of the conceptual ›crisis‹ staged in Jonson’s
comedy: Volpone replaces theatrical imposture with the equally theatrical spectacle
of corporeal punishment and public humiliation. In Volpone Jonson cannot find an
alternative for the theatricality which he condemns.
The Devil is an Ass operates according to a similar structure. Many of the charac-
ters in this play think of their life as a theatrical performance, as a series of roles to
be played. In the final act this theatricality collapses as Fitzdottrel confesses his fraud.
Incidentally this collapse occurs after the appearance of a real devil. This time, how-
ever, punishment – corporeal or otherwise – is avoided. Instead, The Devil is an Ass
moves, as it were, beyond Volpone, and makes an appeal to the inward Christian
conscience – guilt is internalised, becomes a subject for inner contemplation. In this
way, Jonson posits the inner Christian conscience as an alternative for the theatrical-
ity which he satirises both in Volpone and The Devil is an Ass. I shall, furthermore,
argue that the notion of interiority put forward in The Devil is an Ass is derived from
the internalisation of the demonic found in contemporary Protestant tracts on witch-
craft and possession. Protestant clerical demonology provided Jonson with a notion
of interiority which he had been unable to envision in Volpone, but which forms one
of the key concepts of The Devil is an Ass.

Volpone

In Volpone, the performance of possession depends on the successful manipulation


of bodily signs. The ›demon‹ in Voltore’s body betrays his presence by the swellings
of Voltore’s belly and throat, and eventually assumes the shape of an animal:

»VOLPONE Now, t’is in his belly.


CORVINO I, the devill!
VOLPONE […] Now, in his throat.
CORVINO I, I perceive it plaine.
VOLPONE ’Twill out, ’twill out; stand cleere. See, where it flies!
In shape of a blew toad, with a battes wings!«
(5.12.28–31)

The emphasis on physical symptoms in this passage connects Voltore’s fake posses-
sion with the faking of bodily disease at which Volpone excels, and around which the
Theatricality, Inwardness and the Demonic in Ben Jonson 151

play revolves. The believability of Volpone’s spurious impotence, for instance, which
serves to acquit him of the charge of fornication, similarly depends on the ability to
›perform‹ physical weakness. During the court scene Voltore invites the Avocatores to
ponder Volpone’s pitiful physique: »The grand voluptuary! do you not think / These
limbes should affect venery? or these eyes / Covet a concubine?« (4.6.25–27). Vol-
pone, with Mosca as his assistant, is first and foremost a consummate actor, and in-
dulges in his talent. Incidentally, the ability to deceive by means of a convincing the-
atrical performance is associated with the demonic: »O my fine divell!« (5.3.46). Vol-
pone whispers to himself, as he watches Mosca’s masterful gulling of their victims.
The satire of demonic possession in Volpone is the culmination of one of the play’s
most insistent preoccupations, namely the undermining of religious experience. Vol-
pone opens with a blasphemous wordplay, in which the main character addresses his
gold as if it were a deity:

»O, thou sonne of SOL


(But brighter than thy father) let me kisse,
With adoration, thee, and every relique
Of sacred treasure in this blessed roome.
[…] Deare saint,
Riches, the dumbe god, that giv’st all men tongues:
That canst do nought, and yet mak’st men doe all things;
The price of soules; even hell, with thee to boot,
Is made worth heaven!«
(1.1.10–25)

In this soliloquy a whole range of religious terms and phrases – »relique«, »sacred«,
»blessed«, »saint«, »god, that giv’st all men tongues« – are cut loose from their origi-
nal spiritual meanings and made to refer to a secular good. The phrase »mak’st men
doe all things«, moreover, can be read as an allusion to Philippians 4.13 – »I can do
all things through Christ which strengtheneth me«. Christ’s divine power is thus
transferred onto Volpone’s material wealth. In the dramatic world of Volpone, religi-
osity, like disease and demonic possession, is something to be appropriated, used for
one’s own ends. This also appears from the interlude which is performed later in the
play, and which recounts how the soul of Pythagoras, through a series of transmigra-
tions, has entered the body of Androgyno, the hermaphrodite. This passage is linked
to the possession scene in two ways. In both scenes spiritual matters are ridiculed.
Furthermore, the discussion of transmigration in a play-within-the-play makes the
interlude similar to the possession scene, which, as we have seen, is emphatically
marked out as a fraud, as a piece of play-acting within the play-proper. The juxtapo-
sition of these two scenes suggests that Jonson associated the notion of metempsycho-
sis with the expulsion of devils from the human body. Moreover, he conceived of
both as histrionic phenomena. In Volpone the spiritual seems to exist only as theatre.
It is relevant that Androgyno, one of Volpone’s company of freaks, plays the main
part in the interlude in Act 1. Androgyno’s bodily deformity, and the fact that he exists
152 Jan Frans van Dijkhuizen

primarily to entertain Volpone by means of plays, alerts us to the overall importance


for the play of the human body as a site of theatrical spectacle, as well as punishment.
Physical violence and shameful bodily exposure are issues with which Volpone is al-
most obsessively preoccupied. The punishment meted out to Volpone and Corvino
at the end of the play, for instance, is directed wholly at the body, either through pub-
lic humiliation or by physical torture. Corvino is to be put on shameful display:

»Thou, CORVINO, shalt


Be straight imbarqued from thine owne house, and row’d
Round about Venice, through the grand canale,
Wearing a cap, with fair long asses ears
In stead of horns.«
(5.7.134–138)

Volpone is condemned to experience in reality the ailments which he hitherto merely


counterfeited; it is precisely his acting talent for which he is punished. Reality serves
as a punishment for the dissembler: »Thou art to lie in prison, crampt with irons, /
Till thou beest sicke and lame indeed« (5.7.123–124). The imprisonment to which
Volpone is condemned recalls Corvino’s threats to his wife in Act 2. The latter im-
agines his punishment of his wife as a complete physical confinement:

»I’le chalke a line: o’er which if thou but chance


To set thy desp’rate foot, more hell, more horror,
more wilde, remorcelesse rage shall seize on thee,
Then on a conjurer that had heedlesse left
His circles safetie ere his devill was laid.«
(2.3.52–56)

In addition to confinement, the play envisages punishment as a public spectacle of


violence. The open infliction of excruciating physical pain is a fantasy elaborately
indulged in by Corvino. He tells Celia that he will »rip up / Thy mouth unto thine
eares, and slit thy nose, / Like a raw rotchet!« (3.7.97–99), and threatens to make her
body into a criminal’s corpse, exposed to the public as a moral lesson: »I will make
thee an anatomy, / Dissect thee mine owne selfe, and read a lecture / Upon thee to
the citie, and in publique« (2.5.70–72). The phrase »make thee an anatomie« can
mean ›analyse your moral qualities in detail‹, but also ›dissect you like an anatomical
exhibit‹. In Corvino’s perception, Celia’s interior realities can be gleaned from the
spectacle of her exposed body; the dissection of her body is at the same time an analy-
sis of her inner being. The idea that the body can be expressive of a person’s inner
moral qualities finds a particularly violent expression at the end of Corvino’s mono-
logue. He constructs a fantasy in which he literally inscribes criminal guilt onto Ce-
lia’s body, »devising / Some monstrous crime, which I, in capitall letters, / Will eate in-
to thy flesh with aqua-fortis« (3.1.102–104). The sheer savagery of Voltore’s words is
out of proportion with the issue at stake: he wants Celia to visit and entertain Volpone.
Fearing for her female honour, Celia refuses, but later she is forced by her husband.
Theatricality, Inwardness and the Demonic in Ben Jonson 153

At the opposite end of the spectrum is Volpone’s own carefully created secrecy.
Hidden in the intimacy of his private rooms he is able to orchestrate and control re-
ality. In Volpone invisibility and secrecy are synonymous with mastery and power,
while visibility and exposure are associated with punishment and shame. Volpone’s
desirable, self-inflicted confinement in his rooms also contrasts with the isolation im-
posed on Celia and, eventually, on Volpone himself. Volpone offers two models of
human behaviour. On the one hand the play contains images of human behaviour as
a process of free histrionic improvisation. This is Volpone’s and Mosca’s initial mode
of existence. It is described in images of flight, metaphors of untrammelled move-
ment and agility:

»But your fine, elegant rascall, that can rise


And stoope (almost together) like an arrow;
Shoot through the aire, as nimbly as a starre;
Turne short as doth a swallow; and be here,
And there, and here, and yonder, all at once.«
(3.1.23–27)

Initially this model seems successful, but in the course of the play its untenability is
made increasingly clear. It is eventually superseded by a counter-model: that of hu-
man behaviour as painfully constricted and confined. This model finds its realisation
in Volpone’s punishment, and in Voltore’s confinement of Celia. The images of the
confined human body in Volpone spill over into the many threats of corporeal pun-
ishment and of the public exposure of the human body. Celia, for instance, is threat-
ened both with incarceration and public torture.
This points to the issues with which Volpone struggles. The play betrays a perva-
sive and self-conscious unease about theatricality. An important irony, however, is
that Jonson’s own medium depends on such theatricality, on successful impersona-
tion. As an alternative to deceptive theatricalism, moreover, Volpone can offer only
a form of corporeal punishment in which the human body is exposed to public view
in a theatrical manner, nurturing in this way the histrionic energies which it seeks to
exorcise. Many of the punishments in the play, whether as fantasy or actually carried
out, are connected with public humiliation and exposure. Of course, the difference
between such penalties and Volpone’s bodily imposture is that in the former case the
signs of mutilation and pain are genuine. But when Corvino threatens to hang Celia’s
mangled body outside his window for the public to watch, it is first of all the gaze of
the theatre audience which he appeals to, since they are the only onlookers present
when the threat is uttered. The play, then, attempts to escape from, but remains trapped
in a theatricalised and material concept of human subjectivity. In Volpone there are
no terms for addressing the immaterial, for naming that which escapes the theatrical
gaze. To put it more radically, the realm of the invisible, of the secret, in the play is
at the same time the centre of its histrionic energies. In his ›sickbed‹, unseen by oth-
ers, Volpone is at his most theatrical, at his most successful as an actor. His carefully
managed invisibility is the most powerful aspect of his theatrical presence, and of the
154 Jan Frans van Dijkhuizen

histrionic deceit which he orchestrates. Secrecy in Volpone does not denote some
domain within a person’s inner life unknowable to others, but an ability to pretend,
to perform.
The conceptual limitations with which the play struggles encroach also upon the
way in which it represents the operations of the law. Faced with the charge of adul-
tery, Bonario and Celia can only lay claim to a clear conscience. The notion of inte-
rior innocence, however, does not count in the legal world of Volpone. What matters
is the ability to demonstrate, to offer visible proof:

»1ST AVOCATORE What witnesses have you


To make good your report?
BONARIO Our consciences.
CELIA And heaven, that never failes the innocent.
4TH AVOCATORE These are no testimonies.«
(4.5.15–18)

According to Katharine Eisaman Maus this absence of interiority, or the inability to


treat the inner life as a reality, is characteristic of Jonson’s comedies in general. In
Jonsonian comedy, she writes, »there is no separate spiritual realm. The routine and
the singular, the visible and the secret, the inward and the external: all are conceived
to be material effects.«16 In addition to the »material effects« mentioned by Maus,
one could speak of ›theatrical effects‹, since, to a significant degree, the material and
the theatrical converge in the play. Materiality – or corporeality – in Volpone almost
automatically denotes visibility, theatrical exposure to a public gaze. Nevertheless,
Bonario’s and Celia’s plea constitutes a brief escape from the purely material notion
of subjectivity which circulates in the play, a momentary appeal to the invisible in-
ner life. Bonario and Celia can at least appeal to their conscience, even though that
appeal is not considered valid by the legal authorities in Volpone.

The Devil is an Ass

In The Devil is an Ass, the ›spiritual realm‹ becomes more fully articulated, and is
part of the terms of closure offered by this play. Thus, in his closing speech, Manly
resolves the issues raised in the play as follows:

»His [Fitzdottrel’s] land is his: and never, by my friend,


Or by my selfe, meant to another use
But for her [Fitzdottrel’s wife] succours, who hath equall right.
If any other had worse counsell in’t
(I know I speak to those can apprehend me)
Let ’hem repent ’hem, and be not detected.

16
Katharine EISAMAN MAUS, Inwardness and Theater in the English Renaissance, Chicago
1995, p. 172.
Theatricality, Inwardness and the Demonic in Ben Jonson 155

It is not manly to take joy, or pride


In humane errours. (Wee doe all ill things,
They do ’hem worst that love ’hem, and dwell there,
Till the plague comes.) The few that have the seeds
Of goodness left will sooner make their way
To a true life by shame, then punishment.«
(5.8.163–174)

The Devil is an Ass does not end in a meting out of justice; punishment is scrupu-
lously avoided. Instead, Manly insists on the importance of repentance and shame.
The emphasis which he places on private contrition and introspection locates the so-
lution to the moral dilemmas addressed by the play in the interior moral conscience,
in the ›seeds of goodness‹ within human beings, rather than in the open infliction of
physical pain. It is also significant that the culprits are allowed to go undetected.
Whereas in Volpone shame is bound up with detection and public exposure, in The
Devil is an Ass it is internalised, kept away from the gaze of others.
The terms of closure which the play offers contrast sharply with the exteriority
and theatricality of most of its preceding action. The inward repentance to which
Manly appeals is proposed first and foremost as a solution to the theatricality of the
world which The Devil is an Ass portrays. As in Volpone, many of the characters in
the play think of reality as playable, ready to be manipulated at will. Thus, as we
have seen, demonic possession is reduced to the level of theatre, and becomes a mere
instrument in the struggle for material possession which the play stages. The posses-
sion scene, with Fitzdottrel jabbering in various different languages, is paralleled by
a scene in which Wittipol pretends to be a Spanish lady. Wittipol’s pseudo-Spanish
is sufficient to fool Lady Tailbush and Fitzdottrel. Social identity, and even national
identity, is rooted only in external signs and is therefore no more than a mask to be
put on at will, and subsequently laid aside. After the purchase of an expensive cloak,
Fitzdottrel’s relishes the thought of sporting his newly acquired social status: »To
day I go toe the Blackfryers Playhouse, / Sit i’ the view, salute all my acquaintance, /
Rise up between the Acts, let fall my cloake, / Publish a handsome man« (1.6.31–34).
Visiting a play is suspiciously close to appearing in one. The tutoring of Frances Fitz-
dottrel, whom Fitzdottrel wishes to behave like a true lady of nobility, further under-
lines the theatricalised nature of social identity in the play.
The play clearly opposes such theatricality, and voices the same uneasy attitude
towards histrionic behaviour as Volpone. The play stresses Fitzdottrel’s delusion in
thinking of his life as a theatrical artefact, a series of roles to be fashioned, and con-
demns Merecraft’s Volponian gulling of others. In the closing scene of The Devil is
an Ass, Fitzdottrel finds out that Pug was a real devil, disguised as a man, and subse-
quently leaves off his counterfeiting to confess his fraud. We touch here upon the
fear, expressed frequently in Puritan anti-theatrical tracts, that what is supposed to
be mere (theatrical) representation may become reality. Apparently, the existence of
a genuinely demonic reality is sufficient to point to the dangers of merely perform-
ing it.
156 Jan Frans van Dijkhuizen

The question is how The Devil is an Ass arrives at the notion of inward repentance
voiced in its closing speech. In order to answer this question we must go back to the
very beginning of the play. In Act 1 Scene 1 the minor devil Pug indicates that he
wishes to spend some time on earth. Satan reacts as follows:

»For what? The laming a poore Cow, or two?


Entring a Sow, to make her cast her farrow?
Or crossing of a Mercat-woman’s mare
’Twixt this and Totnam? These were wont to be
Your maine atchievements, Pug. You have some plot, now,
Upon a tonning of ale, to stale the yest,
Or keepe the churne so that the butter come not;
Spight o’ the housewives cord or her hot spit?«
(1.1.8–15)

This quotation brings us to the theme of witchcraft, which is another demonological


issue with which The Devil is an Ass is concerned. Satan alludes to a range of what
may be referred to as popular witchcraft beliefs. It is important to note that all of the
misfortunes listed by Satan here are of a physical, material nature – laming a cow,
preventing milk from becoming butter, staling yeast, et cetera. Satan dismisses as
naive the idea, common to early modern popular culture, that the actions of witches
and of the devil primarily affect the material life. Moreover, the popular, materially-
oriented witchcraft beliefs satirised here serve as a formal contrast to the inward reli-
gious conscience appealed to by Manly in the closing scene of the play. The Devil is
an Ass opens with a dismissal of beliefs which construe witchcraft as an essentially
physical threat, and ends with an exhortation to moral, spiritual introspection. The
rejection of popular notions of witchcraft thus inscribed in the structure of the play
derives from the Protestant clerical demonology written by religious reformers dur-
ing the early modern period. Clerical demonology made available a notion of inward-
ness which Jonson had been unable to envision in Volpone, but which, as I have ar-
gued, is at the heart of The Devil is an Ass.
That clerical demonology forms part of the intertextual frame of reference of The
Devil is an Ass is suggested by Satan’s scornful allusion, in the above quotation, to
the »hot spit« used by »the housewive«. Satan refers to a form of counter-witchcraft
in which a hot iron is thrust into bewitched butter to chase the devil out of it. Simi-
larly disapproving references to the ›hot spit‹-technique occur as a structural motif in
A Dialogue Concerning Witches and Witchcraftes, a treatise written in 1593 by the
Puritan preacher George Gifford. This treatise is written in the form of a debate on
the nature of witchcraft between the imaginary villager Samuel, his wife, the school-
master M.B., the good wife R., and Daniel, Gifford’s spokesman. Early on in the
tract, Samuel’s wife recounts the tale of good wife R., who »all the last week could
not make her butter come«. She is convinced that her misfortune was caused by a
witch and resorts to a local ›cunning‹ woman, who advises her to undo the spell by
putting a hot iron into the cream: »She never rested until she had got her husband
Theatricality, Inwardness and the Demonic in Ben Jonson 157

out to the woman at R.H. and when he came home, they did but heat a spit red hot,
and thrust into the cream, using certain words, as she willed him, and it came as
kindly as any butter that ever she made.«17 The tale of good wife R. forms the prel-
ude to the debate between the speakers, and the hot iron is referred to again at the
end of the tract. When Daniel has left and good wife R. enters the scene, she is be-
rated by the schoolmaster for making use of magical remedies denounced by Daniel
during the preceding discussion: »It is certain that spirits cannot be hurt but with spir-
itual weapons: therefore your spit cannot fray nor hurt the devil.«18 The discussion in
A Dialogue Concerning Witches and Witchcraftes, then, is framed by references to
the unwitching of cream, which serves as an emblem of popular counter-witchcraft
in general.
The intertextual presence of A Dialogue Concerning Witches and Witchcraftes, or
at least of the kind of religious discourse which it represents, brings into The Devil is
an Ass a range of contemporary religious ideas on the nature and causation of witch-
craft, and its relation to spiritual interiority. Gifford’s A Dialogue, together with his
1587 tract A Discourse of the Subtill Practises of Devilles, is a characteristic exam-
ple of a whole body of texts written by religious reformers in England during the
early modern period. Gifford’s goal in writing these treatises was to educate the laity,
to denounce popular witchcraft beliefs, and instil in the common people an allegiance
to a sober, Protestant theology, stripped of what he variously defines as »supersti-
tions«, »blind surmises of ignorant persons«19, and the alleged »brutish ignorance«20
of the people of England.
Gifford promoted his Protestant religiosity first and foremost by demonising the
steps taken by common people to withstand the effects of witchcraft, of which the
›hot spit‹-technique is one example. His hostility was directed not only at maleficent
witches, but also, and perhaps even more directly, at practitioners of beneficent witch-
craft, at the ›cunning‹ men and women to whom villagers would resort when con-
fronted with disease among family or cattle, with a bad harvest and similar misfor-
tunes. These cunning folk, described by Gifford as Satan’s »other sort of witches«21,
were recruited to undo precisely the sort of material damage which Satan ridicules in
the opening scene of The Devil is an Ass. According to Gifford those who believe in
the powers of these ›white‹ witches, and those who consult them as healers are
guilty of the sin of idolatry. Whether one merely seeks to undo the effects of witch-

17
George GIFFORD, A Dialogue Concerning Witches and Witchcraftes, London 1593, sig. B2v.
The allusion to the ›hot spit‹-technique recurs at sig. C3r, G1r, M3v. For a useful article on Gifford’s
writings, see Alan MACFARLANE, A Tudor Anthropologist. George Gifford’s Discourse and Dia-
logue, in: Sydney ANGLO (ed.), The Damned Art. Essays in the Literature of Witchcraft, London
1977, pp. 140–155.
18
GIFFORD, Dialogue (see n. 17), sig. M3v.
19
George GIFFORD, A Discourse of the Subtill Practises of Devilles, London 1587, sig. G4v, re-
printed by Walter J. JOHNSON, Amsterdam 1977.
20
GIFFORD, Discourse (see n. 19), sig. Hr.
21
Ibid., sig. D2r.
158 Jan Frans van Dijkhuizen

craft by means of ›white‹ magic, or whether one practises ›black‹ sorcery is irrele-
vant. He sees both forms of magic as evidence of one and the same spiritual sin, the
same affront to divine Providence. This spiritualisation of witchcraft also appears
from Gifford’s views on rituals of exorcism. He associates exorcism with numerous
forms of (popular) magic, such as astrology and conjurations. A demon can only be
exorcised through the use of magical charms, he argues. An exorcism is, therefore,
itself demonic:

»As all the works of God are good, and unto right good end: so of necessity all Sa-
tan’s works be evil and to most devilish purpose. If he have power given him to
possess and to plague the body: he is not driven out, (for Satan doeth not drive out
Satan) but healeth the body, to the end he may the more fully possess and destroy
the soul. His charity and his pity are no better. O miserable health so recovered. O
wretched men so relieved: they do imagine that the devil is driven out of them and
he hath entered in deeper. For can that which is devilish, as a charm, drive out the
devil?«22

Exorcism may cure the body, but it corrupts the soul. It enables Satan to »enter in
deeper«, not into a person’s body, but into his inner being. Satan uses the seemingly
benign physical effects of exorcism to cover up a much more insidious attack on the
human soul. The only true defence against demonic attacks lies in a proper religious
attitude, in inward piety and purity of mind: »All the power of God wherewith we
resist and overcome the devil, is conveyed into us by faith alone.«23
Gifford, then, removed the devil from the world of material concepts and actions
and redefined the assaults of Satan as pertaining only to the spirit. It is this internali-
sation of the demonic upon which Jonson drew in The Devil is an Ass, and which
enabled him to formulate the notion of interiority celebrated in the closing scene of
this play.

Conclusion

In Volpone and The Devil is an Ass, Jonson satirises and condemns the theatrical be-
haviour of characters like Volpone, Mosca and Fitzdottrel. In Volpone he offers no
alternative for the vices which he criticises. In The Devil is an Ass, however, Jonson
finds this alternative in a Protestant demonological discourse which dismisses popu-
lar beliefs in the concrete, material effects of witchcraft, and which stresses its signi-
ficance for the inner life of a Christian. Jonson’s satire of exorcism, in which belief
in possession as a physical reality is ridiculed, fits in naturally with Protestant views
on the demonic. Jonson was drawn specifically to the concept of inwardness on
which Protestant demonology is built, and incorporated it into The Devil is an Ass as

22
Ibid., sig. H1r.
23
Ibid., sig. I3v.
Theatricality, Inwardness and the Demonic in Ben Jonson 159

an antidote to the theatricality which dominates most of this play. Whereas in Vol-
pone the spiritual and the religious remain external and histrionic, in The Devil is an
Ass they come to be associated with the inner life. In Volpone fraudulent demonic
possession serves as a pointer to the theatricality in which this play is locked. In The
Devil is an Ass, by contrast, the histrionics of Fitzdottrel’s bogus possession is re-
placed by an inwardness which is beyond the theatrical, beyond the material.
Crucially, the rejection of theatrical behaviour in Volpone and The Devil is an Ass
goes hand in hand with a rejection of belief in demonic possession, and of popular
notions of witchcraft and the power of the devil. Jonson sees the various forms of
human fraud in Volpone and The Devil is an Ass as the real demonic evil, and popu-
lar counter-witchcraft techniques are ineffective as a weapon against it. Exorcism,
moreover, is complicit in what it claims to combat: it reproduces the fraudulent the-
atricality satirised in these plays. Only the internalised guilt appealed to in the clos-
ing scene of The Devil is an Ass is a sufficient remedy for the social ills which Jon-
son aims to expose.
As we have seen, the devil in The Devil is an Ass eventually turns out to be real
and threatening. The demonic, as a serious religious concept, never disappears en-
tirely from this play. This makes the satire of possession in the play ambivalent, and
suggests that the demonic may not be comical, that it is a source of anxiety after all.
I would like to suggest that Jonson’s scornful allusions to witchcraft and demonic
possession intersect with an unease about his own medium. In condemning theatri-
cality, Jonson condemned something on which he was dependent for his own art. By
associating theatricality with the demonic, and with demonic possession, moreover,
Jonson came very close to sharing the discourse of anti-theatricalists. Some histori-
ans have associated George Gifford with Puritanism24. Of course, the term ›Puritan‹
is a notoriously slippery one, but there is a certain irony here: attacked by Puritans
for the immorality of his art, Jonson absorbed their religious thought into his work.
This could be read as a strategic move on Jonson’s part. By incorporating certain
anti-theatrical sentiments into his plays, he remained one step ahead of the enemies
of the stage, and made their attacks ineffective. We could also construe it as an ex-
pression of a real unease about the nature of theatre. Jonson himself never explicitly
voiced such anxieties, but in the preface to his play The Witch, Thomas Middleton
makes the following remark to his dedicatee Thomas Holmes: »Witches are, ipso
facto, by the law condemned, and that only, I think, hath made her lie so long in an
imprisoned obscurity. For your sake alone she hath thus far conjured herself abroad,
and bears no other charms about her but what may tend to your recreation, nor no
other spell but to possess you with a belief, that as she, so he that first taught her to

24
See for instance MACFARLANE, Tudor Anthropologist (see n. 17), p. 141; Diarmaid MAC-
CULLOCH, The Later Reformation in England, 1547–1603, London 1990, p. 163; Patrick COL-
LINSON, The Religion of Protestants. The Church in English Society, 1559–1625, Oxford 1982,
p. 103.
160 Jan Frans van Dijkhuizen

enchant, will always be Your devoted THO. MIDDLETON.«25 As appears from this
passage, Middleton felt uneasy about the possible connections between theatre and
the demonic, and deemed it necessary to reassure his dedicatee that his play is un-
tainted by demonic influences. That Middleton’s disclaimer hinges on puns – on the
words ›witch‹ and ›possess‹ – does not make its message less serious. Jokes of this
kind could only have worked if the idea that drama and the demonic were connected
was not altogether implausible.

Abstract

In early modern England, demonic possession was a strongly theatrical phenome-


non. Many rituals of exorcism were attended by large crowds of people. The fact
that possession was often gleaned from a range of external, bodily signs also made it
eminently playable, open to appropriation and mimicry. If one mastered the outer
characteristics of demonic possession, who was to distinguish it from the real thing?
The descriptions of the sufferings of demoniacs in various different tracts are often
remarkably similar, and this hints at the stereotyped, almost scripted nature of many
possession cases. This is one of the reasons why exorcism was such a controversial
issue in England around the turn of the sixteenth century.
The theatricality of possession was seized on by contemporary playwrights. In
Volpone (1606) and The Devil is an Ass (1616), two plays by Ben Jonson, demonic
possession is emphatically marked out as a theatrical fraud. The question which I
shall address in my paper is why Jonson took an interest in possession and exorcism,
and why he was intrigued by the connection between possession and play-acting. A
possible answer lies in some of the contemporary debates on the nature of drama.
Puritan pamphleteers made frequent and explicit connections in their writings be-
tween drama and demonology. Read in the light of such religiously inspired attacks
on the theatre, Jonson’s references to the demonic can be construed as a ›defence
strategy‹, as a rhetorical sleight of hand employed by the theatre to undermine the
attacks levied against it by Puritan pamphleteers. By demystifying demonic evil, the
theatre robs anti-theatricalists of an important rhetorical trump card.
This view, however, cannot explain the paradox that the theatre itself repeatedly
commented on its own art in a curiously anti-theatrical fashion. Both plays, rather
than simply defending the theatre against its detractors, betray a deep suspicion of
play-acting. The parodic, self-consciously theatrical representations of demonic pos-
session in the plays form a vehicle for discussing the nature and status of role-play-

25
Arthur H. BULLEN (ed.), The Witch in the Works of Thomas Middleton, vol. 5, London
1885/86, p. 355.
Theatricality, Inwardness and the Demonic in Ben Jonson 161

ing. Both plays portray a radically theatricalised world, in which an opportunistic


and resourceful manipulation of appearances is a prerequisite for social survival. In
these plays counterfeit possession is merely yet another form of fraud and serves as
a sign of imposture in a theatrical world permeated with deceit. At the same time,
however, both plays condemn and punish such theatricalism. They can only reach
closure once the dissemblers have been unmasked and punished.
In Volpone this punishment is physical. This play replaces theatrical imposture
with the equally theatrical spectacle of corporeal punishment and public humiliation.
In The Devil is an Ass, however, punishment – corporeal or otherwise – is studiously
avoided. Instead, this play makes an appeal to the inward Christian conscience. Guilt
is internalised, becomes a subject for inner contemplation. The notion of interiority
put forward in The Devil is an Ass is in many ways similar to, and derives from, the
internalisation of the demonic in tracts written by clerical figures such as George
Gifford, Henry Holland, and William Perkins. In these texts, the demonic is defined
as a purely spiritual matter, cut loose from material concerns such as disease, bad
weather, and economic misfortune.
Jonson, then, not only defended his own art against the anti-theatricality expressed
by Puritans, but incorporated Protestant notions of spiritual interiority into The Devil
is an Ass as precisely an antidote to the radical theatricality which dominates most of
this play, and most of Volpone. Ironically, these notions of religious inwardness were
also common among many Puritan clergymen.

Theatralität, Innerlichkeit und das Dämonische bei Ben Jonson

Im frühneuzeitlichen England war dämonische Besessenheit ein äußerst theatrali-


sches Phänomen. Viele Exorzismusrituale wurden von großen Menschenmengen be-
sucht. Die Tatsache, daß auf Besessenheit oft aus einer Reihe von äußerlichen, kör-
perlichen Anzeichen geschlossen wurde, machte sie in hohem Maße spielbar, offen
für Aneignung und Imitation. Waren die äußerlichen Kennzeichen dämonischer Be-
sessenheit aber beherrschbar, wer sollte dann gespielte von wahrer Besessenheit un-
terscheiden können? Die Beschreibungen der Leiden von Besessenen ähneln sich in
einer Vielzahl verschiedener Traktate häufig ganz erstaunlich, was auf die stereoty-
pe, zumeist literarische Natur vieler Besessenheitsfälle hindeutet. Dies ist einer der
Gründe, weshalb der Exorzismus an der Wende vom 16. zum 17. Jahrhundert in Eng-
land eine solch kontroverse Angelegenheit war.
Die Theatralität von Besessenheit wurde von zeitgenössischen Dramatikern auf-
gegriffen. In Volpone (1606) und The Devil is an Ass (1616), zwei Stücken von Ben
Jonson, wird dämonische Besessenheit nachdrücklich als theatralischer Betrug he-
rausgestellt. Die in vorliegendem Beitrag behandelte Frage ist, warum Jonson an Be-
sessenheit und Exorzismus ein derartiges Interesse zeigte und weshalb er von der
Verbindung von Besessenheit und Schauspiel so fasziniert war. Eine mögliche Ant-
wort liegt in den zeitgenössischen Debatten über die Natur des Dramas. Puritanische
162 Jan Frans van Dijkhuizen

Pamphletisten stellten in ihren Schriften häufig und explizit Verbindungen zwischen


Drama und Dämonologie her. Im Licht solcher religiös inspirierter Angriffe auf das
Theater können Jonsons Hinweise auf das Dämonische als eine ›Verteidigungsstra-
tegie‹ begriffen werden, als ein rhetorischer Trick des Theaters, um die Attacken pu-
ritanischer Pamphletisten zu entkräften. Indem das dämonische Übel entmystifiziert
wird, entzieht das Theater seinen Feinden einen wichtigen rhetorischen Trumpf.
Diese Sicht kann jedoch nicht das Paradoxon erklären, daß das Theater selbst wie-
derholt die eigene Kunst in seltsam theaterfeindlicher Weise behandelte. Sowohl Vol-
pone als auch The Devil is an Ass verraten eher ein tiefes Mißtrauen gegenüber dem
Schauspiel, als daß sie das Theater einfach gegen seine Verleumder verteidigten.
Die parodistischen und selbstbewußt theatralischen Darstellungen dämonischer Be-
sessenheit in den beiden Stücken bilden eine Art Medium für die Diskussion über
die Natur und den Status des Schauspiels. Beide Stücke stellen eine radikal theatrali-
sierte Welt zur Schau, in welcher eine opportunistische und einfallsreiche Manipula-
tion des Scheins eine Grundvoraussetzung für das soziale Überleben ist. In diesen
Stücken ist nachgeahmte Besessenheit nur eine Form von Betrug und dient als Zei-
chen von Hochstapelei in einer Welt, die von Falschheit durchdrungen ist. Zur glei-
chen Zeit verurteilen und bestrafen beide Stücke jedoch diese Theatralität: Sie kön-
nen nur zu einem Ende kommen, sobald die Heuchler demaskiert und bestraft sind.
In Volpone ist diese Bestrafung körperlicher Art. Das Stück ersetzt die theatrali-
sche Hochstapelei durch das mindestens genauso theatralische Spektakel der körper-
lichen Züchtigung und öffentlichen Erniedrigung. In The Devil is an Ass jedoch wird
Züchtigung – körperliche oder andersartige – geflissentlich vermieden. Stattdessen
appelliert das Stück an das innere christliche Bewußtsein. Schuld wird verinnerlicht,
wird Anlaß für innere Einkehr. Diese Idee der Innerlichkeit ähnelt in vielem der In-
ternalisierung des Dämonischen in Traktaten, die von Klerikern wie George Gifford,
Henry Holland und William Perkins geschrieben wurden. In diesen Texten wird das
Dämonische als eine rein spirituelle Angelegenheit definiert, losgelöst von materiel-
len Dingen wie Krankheit, schlechtem Wetter oder ökonomischem Mißgeschick.
Jonson verteidigte also nicht nur seine eigene Kunst gegen die Theaterfeindlich-
keit der Puritaner. In The Devil is an Ass verarbeitete er auch die protestantische Idee
von der spirituellen Innerlichkeit als genauem Gegenmittel zur radikalen Theatrali-
tät, die den größten Teil der beiden Stücke dominiert. Ironischerweise wurde diese
Idee der religiösen Innerlichkeit auch von vielen puritanischen Klerikern vertreten.
URSULA-MARIA KRAH

»Vom boesen Feindt / dem Teuffel / eingenommen …«


Das Motiv der Besessenheit in Flugschriften der Frühen Neuzeit

Eng mit Zauberei und Hexenwesen verwoben ist im 16. und 17. Jahrhundert die Vor-
stellung von der Besessenheit, die als eigenes Thema in der damaligen Flugschrif-
tenpublizistik erscheint. Der folgende Aufsatz untersucht die näheren Umstände der
jeweils geschilderten Teufelsbegegnungen aus literatur- und geschichtswissenschaft-
licher Perspektive. Besonderes Interesse gilt den Fragen, inwieweit das Thema mit
dem Hexereivorwurf verbunden wurde und mit welchen Mitteln man dem Problem
der Besessenheit zu begegnen suchte bzw. welche Lösungsstrategien ›medienpoliti-
sche‹ Unterstützung erfahren haben.
Bei meinen Recherchen habe ich deutschsprachige Flugschriften des 16. und 17.
Jahrhunderts untersucht, von denen einige exemplarisch und zum Teil stellvertretend
hier zu Wort kommen sollen. Als Gegenstand der Berichterstattung führt das Thema
Besessenheit in den Einblattdrucken des Untersuchungszeitraums ein vergleichsweise
kümmerliches Dasein. Für die Aufbereitung als schnell verkäufliche Sensation scheint
es sich deutlich weniger geeignet zu haben als z.B. Hexerei. Dagegen wird es in Flug-
schriften gern und häufig in extenso abgehandelt, in der Regel wird die Nachricht
von einer besessenen Person und ihrer Heilung in ein oktavformatiges, zwischen 40
und 60 Seiten umfassendes Traktat oder eine Predigt eingebunden1. Damit sprach
man grundsätzlich gebildetere und vermögendere Käuferschichten an, hauptsächlich
aus dem gehobenen Bürgertum. Wenn der direkte Nachrichtencharakter also nicht
im Mittelpunkt der Verwertung stand und die Informationen auch nicht in Richtung
einer handbuchartigen Nutzung u.ä. gestaltet worden sind, läßt sich vermuten, daß das
Thema Besessenheit in der frühmodernen Presse möglicherweise für andere Zwecke
funktionalisiert worden sein könnte.

Betroffene

Grundsätzlich läßt sich sagen, daß es sich in der Flugschriftenpublizistik bei den
vom Teufel besessenen Personen mehrheitlich um einfache Leute handelt: Hirten,

1
Im Gegensatz zu den Autoren von Berichten über Hexen sind die Verfasser von Traktaten und
Predigten häufig namentlich bekannt.
164 Ursula-Maria Krah

Dienstmägde, Bauern, Handwerker und ihre Frauen. Solchen Menschen unterstellte


man offenbar eine weniger ausgeprägte Festigkeit im Glauben und damit eine größe-
re Anfälligkeit für die Verleitungen des Satans.
Eine Ausnahme macht eine 1605 in Leipzig gedruckte Flugschrift über einen Fall
aus Meißen/Pirna2, auf die im folgenden noch ausführlicher eingegangen werden
wird. Im Mittelpunkt steht ein Student, also ein Angehöriger gebildeter Bevölkerungs-
kreise. Seine Herkunft wird allzu absichtlich im Dunkeln gelassen – angeblich will
man seiner Familie mit einer Veröffentlichung keinen Schaden zufügen –, was eher
darauf schließen läßt, daß der Autor in diesem Fall auf ein klassisches, in das Gewand
der Wahrhaftigkeit gekleidetes Klischee zurückgreift. Die Interpretation, den Anfech-
tungen der Hölle könne ein jeder, mag er sogar gebildet und von Stand sein, erlie-
gen, ist offensichtlich. Nichtsdestotrotz sei es möglich, auch einen solchen Menschen,
kehre er denn in den Schoß der Kirche zurück, von der Besessenheit zu heilen.
Den Topos der besessenen Jungfrau bedient eine ebenfalls aus dem Jahr 1605 stam-
mende Flugschrift aus Wittenberg, die von einem zwölfjährigen besessenen Mäd-
chen aus dem schlesischen Löwenberg berichtet3. Die Betroffene gerät durch den Tod
der Eltern unverschuldet in Not und wird von ihren Vormündern zu Schwerstarbeit
gepreßt. Sie wird geschlagen, verflucht und »aufs tyrannischste tractiret«; schlafen
muß sie in einem stinkenden Loch. Das verängstigte Kind wird – wen wundert es –
kleinmütig. Um Lichtmeß wird sie plötzlich aus heiterem Himmel, ohne daß sie je
freiwillig mit dem Teufel etwas zu schaffen gehabt hätte, vom Satan befallen, mit
den bei Besessenheit üblichen Symptomen, was schließlich aber, wie man im weite-
ren Verlauf der Geschichte erfährt, ihr Leben noch wundersam wenden wird.
Nach erfolgreichem Exorzismus, dem sie sich unerwartet willig unterwirft, unge-
achtet des sich selbstverständlich kräftig zur Wehr setzenden innewohnenden Teufels,
berichtet die Quelle gegen Ende des Textes zumindest, daß das Mädchen vollständig
gesundet und bei klarem Verstand sei. Ja, der dem Traktat zugrundeliegende Subtext
verrät bei genauerem Lesen, daß es an Selbstbewußtsein gewonnen hat und nun als
anerkanntes Mitglied der Gesellschaft ein rechtschaffenes gottgefälliges Leben führt.
Man kann mit Sicherheit sagen, daß die Geheilte durch den Vorfall der Besessenheit
aus ihrer früheren Anonymität herausgetreten ist und etwas Besonderes, etwas ganz
Eigenes erfahren hat, das sie selbst zu einer außergewöhnlichen Persönlichkeit ge-
macht hat4. Insofern dient die Besessenheit hier als Möglichkeit zur Individuation5.

2
Nicolaus BLUM, Historische erzehlung / Was sich mit einem fuernehmen Studenten / der von
dem leidigen Teuffel zwoelff Wochen besessen gewesen / verlauffen vnd zugetragen habe / durch
Gottes Gnade von dem schweren vnd harten Gefaengnueß des Teuffels / zu Pirn in Meissen / end-
lich erloeset worden, Leipzig 1605.
3
Tobias SEILER, Vberaus schreckliche Historia / von einem besessnen zwelffjährigen Jung-
fraewlein / zu Lewenberg in Schlesien, Wittenberg 1605.
4
Vgl. Rainer DECKER, Die Hexen und ihre Henker, Freiburg i.Br. 1994, S. 212: »Besessenheit
ist […] eine versteckte Form des Protestes gegen Vernachlässigung und Benachteiligung, und zwar
auf eine gesellschaftlich akzeptierte Weise.«
»Vom boesen Feindt / dem Teuffel / eingenommen …« 165

Anlässe

Hatte im gerade referierten Fall der Teufel aus freien Stücken sein Unwesen getrieben,
so erliegen die Besessenen den Anfechtungen des Teufels im allgemeinen durch Ver-
leitung, Verführung oder nach Anrufung, wie im folgenden Fall aus dem Jahr 15826.
Initiator dieses dramatischen Ereignisses ist der Teufel der in Zank und Streit ge-
ratenen Eheleute, namentlich benannt als Asmodeus7. Apollonia Geißlbrecht, Bür-
gersgattin zu Spalt, führt mit ihrem Mann Hans eine Ehe, die fast täglich neue Kata-
strophen zeitigt. Ihr gotteslästerlicher Zank spricht sich weit in der Gegend herum.
Schließlich in völlige Verzweiflung geraten, klagt Apollonia einer Nachbarin ihr
Leid und ruft: »Wenn mir Gott nicht hilft, dann soll mir eben der Teufel abhelfen!«
Tags darauf begegnet ihr in Gestalt eines langen Mannes der Teufel und verspricht
ihr ein paradiesisches Leben, wenn sie nur in Zukunft ihm anhinge. Sie schlägt ein
(schließt also nach gutem alten Brauch per Handschlag einen Vertrag), worauf der
Böse sogleich von ihr Besitz ergreift. Er redet ihr ein, sie solle sich umbringen, denn
erst dadurch winke ihr eine unbeschwerte Zukunft; davon kann sie nur mit Mühe
durch die Hilfe von Nachbarin und Ehemann abgebracht werden. Beide erklären sie
für »von Sinnen«. Die Tobende wird von vier Männern festgehalten, später in Ket-
ten geschlagen.
Ein erfahrener Exorzist wird herbeigerufen. Mit einer heilkräftigen Reliquie und
Gebeten im Gepäck macht er sich auf, dem Teufel die Stirn zu bieten. Eine fremde
männliche Stimme antwortet aus der Frau und lästert Gott. Als der Dechant testwei-
se der Frau die Reliquie auflegt, flucht der Böse aus ihr und bittet um Gnade. Des-
gleichen probiert man erfolgreich mit Weihwasser und einer geweihten Kerze. Der
Dechant stellt fest, daß es sich um einen gelehrten, des Lateinischen mächtigen Teu-
fel handeln muß. Mühsam erzwungene Gebete verrichtet die Besessene widerwillig
und kalt: »Das wolt lauters nicht herauß / war pitterer als gallen / vnnd bisse vbler
dann Saltz in den Augen.«8 Diese Art der Behandlung wird an mehreren Tagen fort-
gesetzt. In der Zwischenzeit bietet ein offensichtlich lutheranischer Prediger aus dem

5
Hier sei verwiesen auf die Besprechung der innerhalb dieses Textes noch folgenden Witten-
berger Flugschrift aus dem Jahr 1677 über den Soldaten Jonas Johns; auch fällt in diese Kategorie
die seinerzeit in ganz Europa bekannte Geschichte des Thüringers Hans Vater von Mellingen (vgl.
Gruendlicher vnnd warhaffter Bericht / was sich mit dem Mann / der sich Hanns Vatter von Mellin-
gen / ausdem [sic] landt zu Dueringen genennet / Vnnd ein zeytlang in Teutschlandt herumb gezogen
/ zur Buß geruffen / vnd bey den leuten fuergegeben / als ob er vom Sathan gepunden vnnd geplagt
wuerde / zu Nuermberg zugetragen vnnd verloffen hat, Nürnberg 1562). Vgl. dazu den Beitrag von
Jürgen Beyer in diesem Band.
6
Erschroeckliche gantz warhafftige Geschicht / welche sich mit Apollonia / Hannsen Geißl-
brechts Burgers zu Spalt inn dem Eystaetter Bistumb / Haußfrawn / so den 20. Octobris / Anno 82.
von dem boesen Feind gar hart besessen […], Ingolstadt 1584.
7
Asmodeus ist der Name eines aus der jüdischen Tradition überlieferten Dämons, der früh als
Synonym für den Teufel verwendet wurde (vgl. Hanns BÄCHTOLD-STÄUBLI (Hrsg.), Handwörter-
buch des deutschen Aberglaubens, Bd. 1, Berlin 1927, ND Berlin/New York 1987, Sp. 621f.).
8
Erschroeckliche gantz warhafftige Geschicht (wie Anm. 6), S. 17.
166 Ursula-Maria Krah

sächsischen Naumburg seine Hilfe dem gegenüberwohnenden Paar an: Sein Exor-
zismus sei besser als der papistische, müsse aber im Geheimen ausgeführt werden. Als
der einheimischen katholischen Geistlichkeit dieses Ansinnen unterbreitet wird, wo-
rauf sie Kirchenöffentlichkeit in der Sache verlangt, zieht sich der Prediger zurück.
An dieser Stelle wenden sich die Autoren, zwei Mitglieder des ortsansässigen Je-
suitenkollegs, an den Leser und bringen die »Armen Bauersleut« ins Spiel, bei de-
nen häufiger Fälle mit den oben beschriebenen Verhaltensauffälligkeiten zu finden
seien, bei welchen es sich samt und sonders, das sei versichert, um vom Teufel Be-
sessene handele.
Am 24. Oktober, dem vierten Tag nach Befall, will man Apollonia Geißlbrecht in
die Liebfrauenkirche bringen, eine Messe in ihrem Beisein halten und beten. Das
wird allerdings zunächst von dem aufmüpfigen Teufel verhindert, der in der Erkrank-
ten wütet und mittlerweile unter ihrer Haut die deutlich erkennbare Gestalt einer Nat-
ter angenommen hat. Nach völliger Verkrampfung bleibt sie wie tot liegen, kann
durch ein eingeflößtes Getränk aber wiederbelebt werden. Nun ruft der Dechant ver-
schiedene Mitglieder des Jesuitenkollegs zusammen und bittet sie um Hilfe. Mittels
einer der Sakristei direkt entnommenen noch stärkeren Reliquie gelingt schließlich
der Exorzismus. Der Leser erfährt, wie der eingefahrene Teufel heißt: »Schwamm«
sei sein Name, und er bewohne die Besessene allein.
Der Dechant befiehlt ihm mit großer Gebärde wortreich den Rückzug zu Luzifer
in die Hölle. Danach wendet er sich an die umstehenden Gläubigen und hält sie an
zum Gebet. Gerüchten zufolge soll eine schwarze Amsel aus dem Mund der Kran-
ken geflogen sein9. Das, so beteuern die Autoren, hätten sie aber selbst nicht gese-
hen und könnten es insofern auch nicht bezeugen. Die erschöpfte Apollonia dankt
nun selbst dem Dechanten und Gott für ihre Errettung, worauf sie sich geläutert und
friedlich mit ihrem Mann versöhnt. Ihre Heilung erklärt der Dechant flugs zu einem
Wunder vom Rang eines vom Tode erweckten Lazarus, was das Vertrauen in die
eine christliche Kirche bestärke. Sodann betet er mit Apollonia das katholische Glau-
bensbekenntnis, feiert mit ihr Eucharistie und gibt ihr seinen Segen.
Abschließend interpretieren die Autoren das Geschehene unter Heranziehung ver-
schiedener Bibelstellen als Gottesbeweis und Aufruf zur Gottesfurcht. Apollonia
wird zur Buße eine Wallfahrt nach St. Salvator und die Spende einer zweipfündigen
Wachskerze auferlegt. Zwei Monate später hat sie zum ersten Mal wieder beichten
können, am ersten Advent wieder das Heilige Sakrament empfangen wie an anderen
hohen Festtagen und schließlich zu Pfingsten die erwähnte Wallfahrt zu allseitiger
Zufriedenheit unternommen.
Vom Sprachniveau her richtet sich der Text an ein lesefähiges, aber nicht notwen-
dig akademisch gebildetes Publikum. Dabei ist es offensichtlich die direkte Absicht
der Verfasser, die Leser davon zu überzeugen, eine friedvolle Ehe zu führen, weil

9
Das erinnert zunächst an den Totenvogel als Todesvorzeichen (vgl. Handwörterbuch des deut-
schen Aberglaubens (wie Anm. 7), Bd. 8, Sp. 995f.), scheint hier aber als Verkörperung des Bösen
gemeint zu sein, das nun als böser Geist gleich einer Seele den Leib der Erkrankten verläßt.
»Vom boesen Feindt / dem Teuffel / eingenommen …« 167

ein frommer Hausfrieden gottgefälliges Leben bedeute. Auf der Titelseite heißt es
folgerichtig: »Allen Gottlosen / zaenkischen / vbelfluchenden Eheleuten / vnnd an-
dern zu sonderer Warnung in Truck gegeben.«10 Darüber hinaus will der Traktat
durch die Parallelisierung mit einer Wunderheilung die bisherige exorzistische Pra-
xis legitimieren, die erst mehr als 30 Jahre später im Rituale Romanum11 verrecht-
licht werden sollte. Zudem rückt er die protestantische Konkurrenz mit dem Vor-
wurf der Geheimniskrämerei in die Nähe des Ungesetzlichen, decouvriert sie als dem
Teufel gegenüber machtlos und stellt insgesamt mit vollbrachter Teufelsaustreibung
den allein selig machenden Charakter des wahren, des katholischen Glaubens heraus.
Im Vergleich mit anderen Flugschriften liest sich der vorliegende Text fast wie
ein Theaterstück – die Charaktere der handelnden Personen sind dramaturgisch durch-
gearbeitet, wie auf einer Nebenbühne wird der Leser einem Zuschauer gleich immer
wieder direkt angesprochen und in das Geschehen integriert. Das Gelesene wird so
nicht einfach nur verstanden, sondern anteilnehmend durchlebt. Ein solcher Stil und
Umgang mit dem Lesepublikum ist ein typisches Charakteristikum von Kleinschrif-
ten jesuitischer Provenienz. Zieht man nun in Betracht, daß zum selbstverständlichen
Instrumentarienkatalog des Jesuitenordens von jeher die Missionierung durch frommes
Spiel gehörte12, nimmt dies auch nicht weiter wunder.
Ganz wesentlich für das Textverständnis und die Einordnung in den historischen
Zusammenhang ist nun die bisher noch unerwähnt gebliebene Vorrede von Sixtus
Agricola aus dem Jahr 1583, eines der Verfasser, Kanonikus am Ingolstädter Jesui-
tenkolleg. Er dediziert die Schrift dem Bischof von Eichstätt, Johann Jakob Kuech-
ner, in seiner Funktion als Generalvikar, legitimiert sich also durch die Berufung auf
die höchste regionale kirchliche Aufsichtsbehörde13. Explizit sagt er, er wolle der
Verspottung entgegentreten und Zeugnis ablegen gegen die Widersacher, womit hier
nur die Lutheraner gemeint sein können. Zieht man in Betracht, daß schon 1549 in
Ingolstadt das erste und bedeutendste Jesuitenstudienkolleg gegründet wurde und
zum Zeitpunkt des Drucks der Flugschrift die dortige Universität kurz vor der Über-
nahme durch den Orden stand14, so kommt dem Text eine aquisitorische Wirkung zu.
Er soll werben, letzte Zweifel zerstören helfen, die Bürger davon überzeugen, daß
ihre Stadt zu Recht ein Bollwerk der Gegenreformation werden soll.

10
Erschroeckliche gantz warhafftige Geschicht (wie Anm. 6), Titelseite.
11
1614 vom Heiligen Stuhl veröffentlicht, enthält es eine Sammlung von Regeln und Riten für
die ordnungsgemäße Durchführung eines Exorzismus (vgl. DECKER (wie Anm. 4), S. 18f.).
12
Vgl. Die Jesuiten in Bayern 1549–1773, hrsg. von der Generaldirektion der Staatlichen Archi-
ve Bayerns, Weißenhorn 1991, S. 168ff.
13
Eine solche Legitimation gehörte zu den üblichen Verfahren, um den Interessen der Zensur-
behörden Genüge zu tun.
14
Vgl. Die Jesuiten in Bayern (wie Anm. 12), S. 47ff.
168 Ursula-Maria Krah

Phänomene

Bei den Phänomenen des Exorzismus, wie er in den Flugschriften beschrieben wird,
wiederholt sich in leichten Varianten ein oft sehr ähnlicher Befund. Die Besessenen
empfinden das Gefühl der Zufügung großer innerer Schmerzen, von starker Hand ge-
würgt, von spitzen Gegenständen verletzt und zur Erde geworfen zu werden; sie ent-
wickeln überstarke Körperkräfte und beginnen zu toben, daß sie oft von bis zu zehn
Männern nicht gehalten werden können, ihr Geist ist außer sich, sie beginnen in frem-
den Zungen und mit fremder Stimme zu reden. Zuweilen manifestiert sich der Teufel
in corpore als Schlange, Spinne oder schwarze Fliege, zuweilen spucken die Beses-
senen Nägel oder Nadeln. War die Besessenheit einmal vermutet, brachte man die
Erkrankten schnellstmöglich zu einem Kleriker und versuchte, von ihm den Teufel
austreiben zu lassen. Auf welche Art ein Exorzismus vor sich ging, variierte je nach
Konfession. Fest steht, daß man sich zumindest nach dem hier vorliegenden Mate-
rial in einem solchen Fall stets der Kirche und nicht etwa der Medizin anvertraute15.
Ein lutheranischer Exorzismus wird in der schon erwähnten Leipziger Flugschrift
des aus Dohna stammenden Pfarrherrn16 Nicolaus Blum aus dem Jahr 1605 beschrie-
ben. Die Geschichte ist schnell erzählt: Ein Student aus betuchtem Hause übt sich in
der Zauberkunst, die er nach Abschluß eines mit seinem eigenen Blut unterschriebe-
nen Teufelspaktes von einem Kommilitonen aus frommer gelehrter Familie gelernt
haben will, und wird im böhmischen Leitmeritz vom Teufel in Besitz genommen.
Die Besessenheit äußert sich in der Vorstellung, vom Bösen durch die Lüfte geführt
worden zu sein, ein Motiv, das auch in Geschichten über Hexen immer wieder auf-
taucht, aber auch in körperlichen Erscheinungen wie Drehen, Wälzen, Hals Verren-
ken, partieller Taubheit, Stummheit und Erblindung. Der innewohnende Teufel habe,
so der Verfasser, der den Exorzismus selbst vorgenommen haben will, »papistisch wi-
der die Lutherischen disputieret« und im weiteren Verlauf der Befragung den Ober-
sten der Jesuiten, Gottlieb Prage, als seine eigene (also teuflische) Kreatur bezeichnet.
Spätestens hier wird die eigentliche Absicht der Flugschrift deutlich, die weniger
als authentischer Bericht denn als theologischer Traktat im Sinne lutherischer Mis-
sion verstanden werden muß. Der namentliche Angriff auf die jesuitische Autorität
in Gestalt des Teufels entlarvt sie als eines von vielen Kampfmitteln der interkonfes-
sionellen Auseinandersetzung, wozu u.a. auch Schmähschriften, meist in Form eines
Einblattdrucks auf weit geringerem Textniveau, gehören. Dem Motiv der Besessen-
heit verbleibt hier wie überhaupt in der Flugschriftenliteratur grundsätzlich nur eine

15
Eine Besonderheit ist wohl der aus dem Jahr 1559 verzeichnete Fall einer jungen Schusters-
tochter, deren Eltern sie zunächst zu Wahrsagern gebracht haben sollen, sich nach vergeblichem
Unterfangen aber direkt an den örtlichen Priester wandten (vgl. dazu Ein grausamme / erschreckli-
che vnnd wunderbarliche geschicht / oder newe zeytung / welche warhafftig geschehen ist / in di-
sem 1559. Jar / zu Platten / zwo meyl wegs vom Joachimsthal / Alda hat ein Schmid ein Tochter /
die ist vom boesen feind / dem Teufel / eingenommen / vnd besessen worden […], o.O. 1559).
16
Protestantische Besessenheitsflugschriften wurden meist von lutherischen Pfarrern, katholi-
sche von jesuitischen Patres verfaßt.
»Vom boesen Feindt / dem Teuffel / eingenommen …« 169

Trägerfunktion, es wird für die eigenen, in diesem Fall lutherischen Interessen funk-
tionalisiert.
Interessant ist jedoch die Tatsache, daß der Erkrankte sich sogar schon per Teu-
felspakt der Zauberei verschrieben hatte – uns liegt mit dieser Quelle ein ganz be-
sonderer Grenzfall zwischen Besessenheit und Hexerei vor –, ihm aber trotz alledem
der Rückweg in die christliche Gemeinschaft offen steht. Man muß ihn nur richtig
behandeln: mit dem wahren, evangelischen lutherischen Glauben.
Wie ein solcher lutherischer Exorzismus vonstatten geht, erfahren wir in großer
Ausführlichkeit aus der 80 Seiten umfassenden schon erwähnten Wittenberger Flug-
schrift des Tobias Seiler von 160517: Zunächst wird dem Besessenen sehr viel aus
der Bibel vorgelesen, insbesondere aus dem Buch Hiob, den Psalmen, Jesus Sirach
und dem Neuen Testament. Es folgt die Repetition bestimmter Bibelverse (z.B. »Dazu
ist erschienen der Sohn Gottes / das er die Werck des Teuffels zerstoere«, I Joh. 3)
und die Berufung auf Lehrsätze der Kirchenväter. Nun singt man gemeinsam Kirchen-
lieder wie Komm heiliger Geist oder Eine feste Burg ist unser Gott, hört eine Predigt,
betet das Vaterunser und schließt nach dem Segen mit Großer Gott, wir loben Dich.
Wichtig sind hier der Gottesdienstcharakter und die Gemeinschaftserfahrung. Mit
diesen Mitteln will man das verlorene Schaf wieder in die Herde zurückholen, mit
der Versenkung in das Gebet und in das Wort Gottes, das allein selig macht und Heil
bringt.
Der Heiligkeit des Wortes der Lutheraner steht die Heiligkeit des Symbols (der
geweihten Gegenstände, Reliquien und Rituale) der Katholiken gegenüber18. Wenn
denn der Exorzismus der Lutheraner aus Gottesdienst und Gebet besteht, versteht es
sich von selbst, daß es dazu wohl kaum einer dem späteren Rituale Romanum der
katholischen Kirche vergleichbaren Ordnung bedarf. Einen solchen Exorzismus kann
jeder Pfarrer ausüben, ja vielleicht kann man sogar so weit gehen, jeder fromme und
rechtschaffene Protestant. Indem die gesamte Gemeinde in den Vorgang der Teufels-
austreibung integriert wird, wird die Verantwortung aller für die besessene Person
betont. Der protestantische Exorzismus ist insofern weitaus weniger hierarchie- und
autoritätsgebunden als der katholische.

Staatliche Eingriffe

Daß Exorzismus auch eine staatstragende Funktion haben kann, beweist der Fall des
Jonas Johns aus Crossen aus dem Jahr 166519. Der in der brandenburgischen Festung

17
Vberaus schreckliche Historia (wie Anm. 3).
18
Interessant ist in diesem Zusammenhang auch Lyndal Ropers These von der Entsomatisie-
rung des Geistigen durch den frühen Protestantismus (Lyndal ROPER, Ödipus und der Teufel. Kör-
per und Psyche in der Frühen Neuzeit, Frankfurt a.M. 1995, S. 181ff.).
19
Denckwuerdiger Anhang in sich haltend Einen eigentlichen Bericht / Was sich Mit einem
vom Teuffel besessen gewesenen und durch Gottes Gnade erreteten Menschen / Nahmens Jonas
Johns / Gebuertig von Crossen / in der Chur-Brandenburgischen Vestung Peitz / woselbst er / als
170 Ursula-Maria Krah

Peitz stationierte Soldat Jonas Johns verfällt Anfang Dezember des Jahres 1665 völ-
lig unerwartet in einen Zustand von Taubstummheit, in dem er eine prophetische
Warnschrift verfaßt, worin er die Menschen zur Buße auffordert, denn der Weltun-
tergang sei nahe. Seine Krankheit sei im Übrigen unheilbar. Einige Zeit später spricht
dieser stumme Soldat nach reichlichem Alkoholgenuß in der Stadt plötzlich dänisch
und wiederholt seine Prophezeiung.
Darauf wird er gefangen gesetzt. Nach langwierigen Vorladungen bekennt er schließ-
lich, den bösen Geist bei sich zu haben und erklärt auch, wie es dazu gekommen sei:
Vor neun Jahren habe eine Marktfrau ihm ein magisches Stück Holz verkauft, mit
dem er Pferde kurieren könne. Wenn sie etwas überritten seien, solle er ein bißchen
von dem Holz abschaben und ihnen ins Futter geben. Im letzten Jahr sei ihm dann
der Teufel in Gestalt eines Weibes erschienen und hätte ihm zugesetzt, sich vertrag-
lich auf 24 Jahre an ihn zu binden. Er sei ganz verzweifelt und habe sich schon um-
bringen wollen.
Später versucht ihn der Garnisonsprediger mit dem Verlesen des Taufbundes und
des Glaubensbekenntnisses wieder an den Glauben heranzuführen, allerdings noch
ohne Erfolg. Der ist erst dem aus Brandenburg vom Kriegsminister herbeigebetenen
Ordinarius beschieden: Er befragt den erkrankten Jonas Johns explizit und differen-
ziert, geht Stück für Stück die wichtigsten Glaubenssätze mit ihm durch und bewirkt
so schließlich eine Heilung im Glauben.
Vermutlich hatte der besessene Jonas Johns sich in einer Sinn- bzw. Lebenskrise
befunden. Seine seelische Verfassung war instabil, er selbst äußerte Suizidgedanken.
Aus dieser großen inneren Not heraus half ihm nicht die formale Betreuung des Gar-
nisonspredigers, sondern erst die persönliche Zuwendung des Ordinarius. Die war
aber auf seine individuellen Bedürfnisse abgestimmt. So konnte dann Gottes Wort
schließlich wirksam werden.
Auffällig an diesem Bericht ist, daß der Fall eines einfachen Musketiers das Inte-
resse höchster militärischer Kreise hervorgerufen hat. Die Involvierung des Kriegs-
ministers bedeutet die direkte Verbundenheit mit dem Hof des Großen Kurfürsten
von Brandenburg, Friedrich Wilhelm (1640–1688). Dieser tritt hier zwar nicht direkt
als Person in Erscheinung, nimmt aber in Form der Staatsautorität (in Gestalt eines
Staatsdieners) sich höchstselbst der geistlichen Nöte eines seiner Untertanen an, bei
dem es sich nicht von ungefähr um einen Soldaten handelt20. Auch hier geht es, wie
häufig in der Berichterstattung der Frühen Neuzeit, nicht um eine nachprüfbare hi-
storische Wahrheit21, sondern um einen Topos, in diesem Fall den des fürsorglichen
Landesherrn. Mittelalterliche Exempla-Literatur und frühabsolutistischer Staatsge-

ein Musquetirer unter Tit. deß Herrn Obristen Plettenbergs Compagnie gedienet / Anno 1665 zuge-
tragen / Und wie er aus des Teuffels Gewalt errettet worden, Wittenberg 1677.
20
Friedrich Wilhelm baute die kurfürstlich-brandenburgische Armee zum ersten stehenden Heer
Deutschlands aus, das er auf sich vereidigte. 1656 hatte er bereits 18.000 gut ausgebildete Soldaten
ständig unter Waffen.
21
Vgl. dazu meine in Kürze erscheinende Dissertation Zauberei und Hexenwesen in der Bericht-
erstattung der Frühen Neuzeit.
»Vom boesen Feindt / dem Teuffel / eingenommen …« 171

danke gehen in dieser Flugschrift eine fruchtbare Ehe ein, zu der das Thema Beses-
senheit den Trauspruch liefert.
Daher nimmt es nicht Wunder, daß noch zwölf Jahre nach dem eigentlichen Er-
eignis darüber berichtet wird22. Aus landespolitischen Gründen erscheint es lohnens-
wert, auf Seiten der Untertanen eine vertrauenserweckende Haltung in den sich festi-
genden preußischen Staat zu verstärken.

Überkonfessionelles

Texten beider Konfessionen ist die Rolle des Teufels gemeinsam, denn dieser gehört
grundsätzlich immer der Gegenpartei an. Ähnlich einer Hexe unter Folter wird auch
der Teufel in Gegenwart christlicher Heiligkeit (gleich welcher Gestalt) peinlich be-
fragt23. Dabei verrät er nicht nur Name und Herkunft, sondern vor allem die supponier-
ten Absichten des jeweiligen konfessionellen Kontrahenten. Derjenige, der die Kraft
des Teufels bricht, befindet sich im Vollbesitz der christlichen Glaubensautorität und
spricht selbstverständlich immer der Gegenseite die Fähigkeit zum Exorzismus ab.
Dem Leser bleibt dabei kein eigenes Urteil, auch weil man sonst der Verantwor-
tung, den wahren Glauben zu verbreiten, nicht gerecht würde, und so findet sich in
der Schlußappellatio einer jeden Flugschrift, gleich welcher Couleur, immer die Auf-
forderung, im Sinne der jeweiligen konfessionellen Ausrichtung gewissenhaft christ-
lich zu leben.

Besessenheit und Hexerei

Von den wenigen überlieferten Druckwerken, in denen Besessenheit und Hexerei in


eine Verbindung miteinander treten, seien hier noch zwei näher erwähnt.
Aus der Hand des Jesuiten Georg Scherer24, zu diesem Zeitpunkt vorübergehend
Rektor des Jesuitenkollegs in Wien, stammt eine 1584 in Ingolstadt gedruckte Pre-
digt über einen ein Jahr zurückliegenden Wiener Fall25. Ein 16 Jahre altes, von 2.652

22
Vermutlich handelt es sich um einen von bereits mehreren Nachdrucken.
23
Näheres in meiner Dissertation (wie Anm. 21).
24
Vgl. zu Georg Scherer Bernhard DUHR, Geschichte der Jesuiten in den Ländern deutscher
Zunge, Freiburg i.Br. 1907, Bd. 1, S. 798–820. Scherer war für seine Predigten weit über die Lan-
desgrenzen hinaus berühmt. Gut bekannt mit Petrus Canisius teilte er dessen Einstellung hinsicht-
lich des Exorzismus. Vgl. zur jesuitischen Gegenreformation in Oberdeutschland den Beitrag von
David Lederer in diesem Band.
25
Als Predigt in Form einer 60seitigen Flugschrift überliefert: Georg SCHERER, Christliche Er-
innerung / Bey der Historien von jüngst beschehener Erledigung einer Junckfrawen / die mit zwoelff-
tausent / sechshundert / zwey vnd fünfftzig Teufel / besessen gewesen, Ingolstadt 1584. Dank an
dieser Stelle an Martin Scheutz, Wien, für die Überlassung eines Exemplars der Dissertation von
Peter OBERMAYER, Der Wiener Prozeß des Jahres 1583, Wien 1963.
172 Ursula-Maria Krah

Dämonen besessenes Mädchen, Anna Schlutterbauer, soll von der Großmutter, der
schon gefangengesetzten Hexe Elisabeth Pleinacher, gegen seinen Willen dem Teu-
fel übergeben worden sein. Scherer berichtet ausführlich über den acht Wochen
währenden Exorzismus, der aber letztendlich erst nach Verbrennung der Großmutter
erfolgreich sein konnte, woraus er schließt, daß erst, wenn die Hexen beseitigt seien,
es keine Besessenheit mehr geben würde26. Die auf diese Art geschlossene kausale
Verbindung zwischen beiden Phänomenen ist so explizit sonst kaum in der vergleich-
baren Literatur zu finden.
In der Dedicatio an Rat und Bürgermeister der Stadt Wien heißt es auf der ersten
Seite der Predigt:

»Zum vierdten / damit E.H. als Weltlicher Magistrat auß dieser Predigt desto mehr
vrsach nehmen vber die hochschaedlichen Zauberer vnd Zauberin Inquisition zu-
halten / vnnd mit gebürlicher Straff gegen jnen zuuerfahren. Dann wie annemlich
bey vnserm Herrn sey mit der Iustitia gegen solchen Leuthen zuprocedirn / hat der
Augenschein mit diser besessnen Person geben. So bald die alte Zauberin / welche
die Teufel in daz arme Mensch gezaubert / auff Befelch der Roem Kay. Meyestat /
etc. Vnsers Allergnedigsten Herrn / dem Stattgericht vberlifert worden / vnd in
Verhafftung kommen / ist Gott dem Maegdlein desto fürderlicher vnd schleiniger
zuo hülff kommen / Dann sein Will ist / vt tollatur malum de medio, daß Vbel ge-
strafft / vn keines wegs verstattet werde.«27

In der Schilderung des Tatbestandes werden ebenfalls beide Phänomene auf unge-
wöhnliche Weise verknüpft: Die alte unflätige Zauberin und Wettermacherin namens
Elsa Pleinacher will ihr eigen Fleisch und Blut, ihre Enkelin Anna, mit dem Teufel
verkuppeln. Dazu zieht sie einen magischen Kreis, in den sie sich zusammen mit
dem Mädchen stellt. Aus einem geöffneten Glas entlassene Fliegen28 formen die Ge-
stalt eines zottigen, schlecht gekleideten Mannes, der sich dem Mädchen als Bräuti-
gam anbietet. Sie verweigert sich aber, worauf der Teufel sich bei der Alten über die
unwillige Buhlin beschwert. Schließlich wird die Kleine unter Schlägen mit Gewalt
von der Großmutter gezwungen, dem Mann die Hand zu geben29. Kurz darauf gibt
die Alte dem Mädchen einige – offensichtlich verzauberte – Äpfel zu essen, in dessen
letztem der Teufel gewesen sei. Gemeinsam mit dem Mann spuckt die Alte das Mäd-
chen an, sie muß Geifer schlucken, worauf ihr der Kopf geschoren und von der Groß-
mutter die linke Seite unter Anrufung aller Teufel mit einem nicht näher bezeichne-
ten Schmalz gesalbt wird. Es wird noch manch anderer Zauber an ihr verübt, worauf

26
Vgl. zum Verhältnis von Jesuiten und Hexenverfolgung Bernhard DUHR, Die Stellung der Je-
suiten in den deutschen Hexenprozessen, Berlin 1900.
27
Christliche Erinnerung (wie Anm. 25), S. 4.
28
Die Erscheinung des Teufels in Fliegengestalt geht auf die neutestamentarische Bezeichnung
›Belzebub‹ zurück. Wegen der älteren Überlieferung aus der Septuaginta als ›Fliegenbaal‹ auch
›Herr der Fliegen‹ genannt (vgl. Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens (wie Anm. 7), Bd. 1,
Sp. 1029f.).
29
Damit wird offenbar der Pakt mit ihm geschlossen.
»Vom boesen Feindt / dem Teuffel / eingenommen …« 173

es in ihr zu rumoren begonnen habe, sie sei gewürgt, gestoßen, geworfen worden,
fast zwei Jahre lang.
Dem Autor liegt deutlich daran, die Zwangsläufigkeit der Besessenheit durch He-
xerei herauszuarbeiten. Dem im weiteren aufwendig geschilderten Exorzismusbericht
ist zu entnehmen, daß der Teufel aus der Besessenen in Schwärmen entweicht, eine
Analogie zu dem oben erwähnten Teufel in Fliegengestalt. So, wie er inkorporiert
wurde, verläßt er schließlich wieder den Leib des Mädchens, ein Zeichen für das
Gelingen des Exorzismus und damit für die Rechtmäßigkeit der verkündeten Lehre.
Der Fall spricht sich schnell herum: Mit Datum vom 3. September 1583 wird er in
den Fugger-Zeitungen erwähnt30, 1584 wird in Ingolstadt öffentlich darüber gepre-
digt31. Er läßt sich in Anbetracht ansteigender Hexenprozeßzahlen einfach gut nutzen
für die Sache der Gegenreformation.
Siebzig Jahre später, im Jahr 165432, werden in Augsburg im Fall der Maria Bihle-
rin nach erfolglosem Exorzismus an der Besessenen, die im Verlauf der an ihr vollzo-
genen Prozedur verstirbt, die beiden Wärterinnen Barbara Frölin und Anna Schäflerin
verdächtigt, durch Hexerei die Bihlerin zu Tode gebracht zu haben. Die Vermutung
liegt nahe, der Tod der Erkrankten sei auf diese Weise posthum legitimiert worden,
um den Verdacht von den beteiligten Exorzisten abzulenken. Möglicherweise war de-
ren Position in der Öffentlichkeit zu dieser Zeit nicht so sattelfest wie gewünscht33.
Zudem befand sich die Hexenverfolgung in den süddeutschen Reichsstädten gerade
in einer Hochphase34.
In beiden Fällen geht es in den Flugschriften nicht in erster Linie um die Schilde-
rung eines Hexenprozesses, denn dann läge der Schwerpunkt der jeweiligen Berichter-
stattung weniger auf der ausführlichen Vorstellung der Exorzismen an den besessenen
Personen, sondern auf den verschiedenen Formen des durch Hexerei begangenen
Schadenzaubers. In beiden Fällen geht es um die Durchsetzung gegenreformatorischer
Interessen. Publikumsgünstig verwertbar erscheint dabei der Hexereivorwurf, der
gerade durch vermehrte Prozeßtätigkeit im geographischen Umfeld sowieso in aller
Munde ist und seinerseits zu einer Kriminalisierung des Gegners beiträgt.

30
Vgl. Victor VON KLARWILL (Hrsg.), The Fugger-News-Letters 1568–1605, London 1924,
S. 74f.
31
Vgl. Siegmund VON RIETZLER, Geschichte der Hexenprozesse in Bayern, Stuttgart 1896, ND
Aalen 1968, S. 159.
32
Warhaffte Historische Abbild: vnd kurtze Beschreibung / was sich vnlangst in deß Heyl:
ReichsStatt Augspurg / mit einer ledigen / von einem stummen Teuffel besessen Weibspersohn /
vnd ihren zweyen zauberischen Wartterinnen zugetragen […], Augsburg 1654. Eine im gleichen
Jahr erschienene Flugschrift legt auch im Titel den Schwerpunkt auf den Hexereivorwurf: Warhaff-
ter Summarisch: außführlicher Bericht vnd Erzehlung. Was die in deß Heyligen Röm: ReichsStatt
Augspurg etlich Wochen lang in verhafft gelegene zwo Hexen […] güt: vnd peinlich bekent […],
Augsburg 1654.
33
Ab etwa 1650 beginnen in Bayern die weltlichen Behörden, Skepsis an Besessenheitsfällen
zu äußern (vgl. LEDERER (wie Anm. 24)).
34
Vgl. Wolfgang BEHRINGER, Hexenverfolgung in Bayern, München 1988, S. 338.
174 Ursula-Maria Krah

Schluß

Insgesamt lassen sich zum Thema ›Besessenheit in frühneuzeitlichen Flugschriften‹


die folgenden Thesen formulieren:
I. Besessenheit ist ein Phänomen, das in der schnellebigen Sensationspresse so gut
wie keinen Platz hat. Es eignet sich per se mehr zur Argumentation und tritt als in-
strumentalisiertes Thema interkonfessioneller Auseinandersetzung auf. Die jeweilige
Information wird so gut wie nie nur als Neue Zeitung veröffentlicht, sondern durch-
weg als theologisch kommentiertes Ereignis weiterverwertet; über Besessenheit exi-
stiert eine lebhafte publizistische Diskussion, was sich aus immer wieder auftauchen-
den intertextuellen Bezügen schließen läßt. Insofern hat ihr Aufgreifen in der frühen
Presseöffentlichkeit signifikant politische Funktion: Am Umgang mit Besessenheit
soll sich zeigen, welcher Glaube der bessere, der wahrhaft von Gott gewollte ist, und
damit mittelbar, welche Kirche, d.h. auch welcher Landesherr die Gläubigen am be-
sten vor dem Bösen zu schützen weiß.
II. Besessenheit kann als Möglichkeit eines eigenen Persönlichkeitsentwurfs ab-
seits der Tradition genutzt werden. Die mit der – tatsächlich so erlebten oder vorgeb-
lichen – teuflischen Heimsuchung verbundene Unbill wird umso leichter ertragen,
als sie die Betroffenen in einen Ausnahmezustand versetzt, der ihnen eine unwieder-
bringliche Einzigartigkeit verleiht. Ähnliche Aufmerksamkeit wird sonst nur noch
einem Mirakel oder einer heiligen Person zuteil. Insofern ist die Besessenheit die
Kehrseite der Frömmigkeit35.
III. Im Gegensatz zu Besessenheit wird Hexerei in der zeitgenössischen Berichter-
stattung in den Katalog der Kapitalverbrechen eingeordnet. Ihre Existenz und ihre
Bekämpfung werden in den Frühformen des Journalismus nicht hinterfragt; die Ver-
folgung muß nicht weiter legitimiert werden, wichtig scheint die Verbreitung der
Hexenlehre und die Erziehung der Bevölkerung zu gottesfürchtigem und staatstreuem
Gehorsam. Hexenzeitungen nehmen nie Stellung zu konfessionellen Auseinanderset-
zungen, haben grundsätzlich demonstratorischen Charakter und damit generell system-
stabilisierende Absicht.
IV. Zwischen für besessen gehaltenen und der Hexerei verdächtigen Personen gibt
es zu einem gewissen Teil große Übereinstimmungen: Teufelsbuhlschaft, Teufels-
pakt und Apostasie, ja sogar in einem Fall die Ausübung schwarzer Magie, aller-
dings nur, insofern es nicht zu bewußtem Schadenzauber dabei kam. Sobald sich den
Betroffenen ein maleficium unterstellen läßt, können sie der Hexerei bezichtigt wer-
den und fallen als Täter der weltlichen Aburteilung anheim. Sind sie nur den Anfech-
tungen des Teufels erlegen, verbleiben sie in der Opferperspektive und können nach
Austreibung des Bösen wieder zu einem vollwertigen Mitglied der Gesellschaft wer-

35
H.C. Erik Midelfort versteht die Besessenheit u.a. als Möglichkeit des Laien zu einer eigenen
Welterfahrung und kommt zu einer ähnlichen Schlußfolgerung (H.C. Erik MIDELFORT, A History
of Madness in Sixteenth-Century-Germany, Stanford 1999, S. 78: »[…] the history of demonoma-
nia, of diabolical obsession and possession, is the dark side of the history of piety«).
»Vom boesen Feindt / dem Teuffel / eingenommen …« 175

den. Die Frage ›Hexerei oder Besessenheit‹ hängt also ganz wesentlich von der un-
terstellten Intention des jeweiligen Umfeldes ab.
Flugschriften über Besessenheit gehören zu den ersten bisher genauer in Augen-
schein genommenen Zeugnissen, die belegen, daß entgegen landläufiger juristischer
Spruchpraxis Buhlschaft, Pakt und Apostasie unter bestimmten Umständen durchaus
straffrei ausgehen konnten.
Letztendlich entscheidet trotz aller Dämonologie also keine theologische, sondern
nur die älteste strafrechtliche Kategorie der Hexenvorstellung, der Schadenzauber,
darüber, ob ein Hexenprozeß eingeleitet wird, was einmal mehr dafür spricht, daß
wir es bei der frühneuzeitlichen Hexenverfolgung mit einer Unternehmung zu tun ha-
ben, die von den Zeitgenossen in erster Linie als Verbrechensbekämpfung gemeint
und verstanden worden ist.

Abstract

Besessenheit nahm in der schnellebigen Sensationspresse des 16. und 17. Jahrhunderts
so gut wie keinen eigenen Raum ein. Im größeren Rahmen der interkonfessionellen
Auseinandersetzung der Zeit spielte das Thema aber – theologisch kommentiert und
instrumentalisiert – in einer lebhaften publizistischen Diskussion häufig eine Rolle:
Am Umgang mit Besessenheit sollte sich zeigen, welcher Glaube der wahre sei. Der
Beitrag untersucht die näheren Umstände der jeweils geschilderten Teufelsbegegnun-
gen. Topik, Motivgenese, Erzählhaltung und -absicht werden aus literatur- und ge-
schichtswissenschaftlicher Perspektive behandelt.
Ein anschließender Vergleich mit der frühjournalistischen Behandlung der Hexe-
rei ergibt große Ähnlichkeiten in der Phänomenbeschreibung. Im Gegensatz zum dä-
monologischen Diskurs der Zeit und zur damaligen Strafrechtspraxis folgten die
Flugschriften dabei aber der älteren Rechtstradition, den Übergang von der resoziali-
sierbaren Besessenheit zum strafwürdigen Verbrechen der Hexerei allein am bewußt
verübten Schadenzauber festzumachen.

»Vom boesen Feindt / dem Teuffel / eingenommen …«: The motif of possession
in early modern libels and pamphlets

Possession occupied no area of its own in the sensational publications of the 16th and
17th century. But in the larger context of the contemporary denominational debate
the topic played – theologically annotated and exploited – a remarkable role in a
lively discussion: The handling of possession was supposed to prove which denomi-
nation was true. This paper focuses on the details of the circumstances of contacts with
176 Ursula-Maria Krah

demons as they were described in that period. Topics, the development of subjects,
the way in which the narrator presented his story and his aims are treated from the
perspectives of literary and general history.
A comparison with the treatment of witchcraft in early modern journalism shows
large similarities in the description of the phenomenon. In contrast to the demonolo-
gical discourse and the criminal practice at that time the pamphlets however followed
the older tradition in seeing the transition from possession, which was thought to be
rehabilitatable, to the punishable crime of witchcraft only in the commission of in-
tentionally harmful magic.
ALISON WEBER

The Inquisitor, the Flesh, and the Devil


Alumbradismo and Demon Possession*

In his massive History of Spanish Heterodoxy, published in 1880, the historian Mar-
celino Menéndez y Pelayo described the alumbrados of late sixteenth-century Spain
in the following terms: »They indulged in all kinds of ferocious concupiscence and
impure acts which I will not relate to avoid offending the ears of my readers, if only
for reasons of aesthetics and good taste […] The name of sect or heresy seems too
mild for such a band of villains who really only wanted to wallow in pleasure like
brute beasts.«1
Contemporary historians, though more restrained in their rhetoric, nonetheless
continue to share Menéndez y Pelayo’s opinion that the Extremaduran alumbrados
did indeed constitute a sect of licentious priests and their female devotees. In other
words, we are still reading the story of the alumbrados in the terms proposed by Me-
néndez y Pelayo, as a perversion of true mysticism and as a particularly embarrass-
ing chapter in Spanish religious history, of prurient interest at best2.
In this paper, I will show that a careful reading of the documents related to the
persecution, trial and auto de fe of 1579 leaves ample room for skepticism regarding
the verdict of licentious behavior. The documents themselves can neither prove nor
disprove that the alumbrados »indulged in all kinds of ferocious concupiscence and
impure acts«. What they do reveal is two conflicting but contemporaneous responses
to embodied religious behavior in sixteenth-century Spain. The same phenomenon –
men and women who wept, bellowed, moaned, trembled, or who became motionless
*
Portions of this essay are excerpted by permission of the Publishers from Alison WEBER, De-
monizing Ecstasy. Alonso de la Fuente and the Alumbrados of Extremadura, in: Robert BOENIG
(ed.), The Mystical Gesture. Essays on Medieval and Early Modern Spiritual Culture in Honor of
Mary E. Giles, Aldershot 2000, pp. 141–158.
1
Marcelino MENÉNDEZ Y PELAYO, Historia de los heterodoxos españoles, vol. 4: Sectas místi-
cas. Alumbrados. Quietistas. Miguel de Molinos. Embustes y milagrerías, 1880–1882, rpt. Mexico
1982, p. 322. All translations from the Spanish are my own.
2
The Jesuit historian Bernardino Llorca concedes that La Fuente may have exaggerated the dan-
gers of the alumbrados of Llerena, but he does not doubt the reality of their ›perversions‹ (Bernar-
dino LLORCA, La inquisición española y los alumbrados (1509–1667), rev. ed. Salamanca 1980, pp.
108, 120). The view that the alumbrados of Extremadura engaged in lascivious acts is also shared
by Alvaro HUERGA, Historia de los Alumbrados (1570–1630), 5 vols., Madrid 1978–1994, and most
recently by Alastair HAMILTON, Heresy and Mysticism in Sixteenth-Century Spain, Toronto 1994.
178 Alison Weber

and insensate upon receiving the Eucharist – elicited two different narratives about
the origin and social implications of this set of behaviors. The first narrative was elab-
orated by a Dominican friar, Alonso de la Fuente, who claimed he had discovered
the sect; it was the narrative he used to urge the Inquisition to persecute the sect and
persuade the King to lend his support to this persecution. The second narrative is the
one that was constructed by the local tribunal of the Inquisition in Llerena in re-
sponse to the friar. As we shall see, the inquisitors made important modifications to
Fray Alonso’s narrative. The construction and mutual influence of these two narra-
tives has much to tell us, first of all, about persecution narratives and secondly, about
the ambivalence of the sixteenth-century Spanish Church toward embodied religious
experience – the physical sensation of the presence of a divinely benevolent being.
Some remarks are in order on the conditions in the provinces of Extremadura and
western Andalusia during the time of Alonso’s ›discovery‹ of the alumbrado sect.
This poor, arid region was the birthplace of many a conquistador, like Francisco Pi-
zarro of Trujillo, who sought their fortune in the New World. By the 1570s, male
emigration to the New World, Italy, and the Low countries had left a disproportion-
ate number of unmarried women in the towns and cities of the region. Extremadura
and Andalusia had also proven to be fertile ground for various movements of lay pi-
ety. Jesuits and reformed Franciscans were active in the area; the spread of literacy
and the availability of inexpensive printed books meant that many people of modest
means were able to buy and read devotional material, such as Luis de Granada’s
best-selling guidebook to contemplative prayer. Post-Tridentine programs to promote
regular observance of the sacraments and stimulate lay piety had been remarkably
effective. In fact, some felt, too effective. The laity, especially women, were taking
communion frequently – once a week or even once a day. They were aspiring to
forms of silent, contemplative prayer that previously had been the privilege of learned
theologians or ascetic holy men. The many unmarried or abandoned women, instead
of remaining at home under the supervision of their fathers and brothers or entering
convents, were adopting a ›free lance‹ religious life as beatas, or lay holy women.
Although some clerics, including two successive bishops of Badajoz, applauded this
fervor of the laity as a welcome sign of religious renewal, others saw it as a socially
disruptive democratization of religious life. It was in these circumstances that Fray
Alonso de la Fuente believed that he had discovered a secret, deceptively pious, de-
monic sect.
His own history of his discovery is preserved in a report he submitted to King
Philip II on December 17, 1575. Fray Alonso recounts that at the end of 1570, he had
been assigned to preach in his hometown of La Fuente el Maestre. Here he found
that a Jesuit priest, Gaspar Sánchez, had gathered around him a group of pious fe-
male disciples. The devotees included married and unmarried women, widows, and
a few slaves3. Fray Alonso’s initial impression of Sánchez’s coterie was favorable,

3
Beatas in Spain were generally lower-class unmarried women or widows who, like beguines
or members of third orders, took vows of chastity and wore religious habits but rarely followed the
The Inquisitor, the Flesh, and the Devil 179

but gradually the women began to confide in him that they practiced »contempla-
tion« or mental prayer, and that during prayer they had experienced raptures. As he
informed the King:

»This news [of contemplative prayer] offended me more than the news of the rap-
tures, because there was among these women such ignorance of the law of God
that they scarcely knew the common prayers of the church, and being subjects of
this sort, they had all at once ascended to divine contemplation. I advised them,
then, that they not practice contemplation, because they would be lost. They did
not take this advice, but rather in my absence mocked and derided me.«4

Preaching in Badajoz, Alonso heard stories of »devout men« who had »captivated
maidens, caused married couples to separate, went into ecstasy and shouted and bel-
lowed in Church, clenched their teeth during communion, swore obedience to their
teachers, hoisted the banner of their own sanctity and held all others to be sinners«
(Extremadura, p. 332). On his return to La Fuente el Maestre, he found that one of
his own nieces had become a beata: »I was astonished to see that a girl of sixteen
years had suddenly cut off her hair, changed her style of dress and given up […] or-
dinary behavior and conversation, so changed in appearance was she, yellow-skinned,
dirty, thin, moaning, sighing, with bowed head« (Extremadura, p. 332). Fray Alonso
recounts that when he gently persuaded his niece to tell him the effects of her meth-
od of prayer, he learned that it evoked in the girl »bad thoughts, filthy ideas, carnal
impulses, […] heresies, blasphemies against God, the saints, […] and she endured
all in patience, because her master told her that all that was a sign of perfection and
the sure path to improvement« (Extremadura, p. 333). The Dominican concludes, »I
did not need more information to convince me that there was the devil and a pact
with Satan in that doctrine« (Extremadura, p. 333)5.
In Talaveruela, three leagues from Badajoz, he discovered another »flock« and
»new rites« associated with the doctrine, in particular »great idleness«: »Many of
them had completely given up bodily work and passed the entire day in contempla-
tion and at night begged for alms to sustain their bodies« (Extremadura, p. 334).
Alonso was also disturbed by their Eucharistic enthusiasm. One Mari Sánchez took
communion every day, »for she had such hunger for the Host that on the days she

rule of any religious order. For a discussion of beatas in early modern Spain, see Mary E. PERRY,
Gender and Disorder in Early Modern Seville, Princeton 1990; Carmelo LISÓN TOLOSANA, Demo-
nios y exorcismos en los siglos de oro, Madrid 1990, esp. ch. 2 (»Beatos y demonios«).
4
HUERGA (see n. 2), vol. 1: Los alumbrados de Extremadura (1570–1582), p. 331. All citations
from Alonso’s report to Philip II as well as Inquisitorial documents related to the Llerena alumbra-
dos are from his edition, cited hereafter as Extremadura.
5
Beatas and nuns who took vows of chastity sometimes reported experiencing obsessive, un-
chaste thoughts, the urge to blaspheme, or other ›demonic temptations‹. Whether these women de-
served solicitous concern or harsh treatment was intensely debated (see Alison WEBER, Between
Ecstasy and Exorcism. Religious Negotiation in Sixteenth-Century Spain, in: Journal of Medieval
and Renaissance Studies 23 (1993), pp. 221–234).
180 Alison Weber

did not take communion she took to bed ill and moaned and suffered cruel torments
and acted like a woman afflicted with rabies, so much so that she amazed not only
the simple people, but confused wise religious men« (Extremadura, p. 335). One
day, just after Fray Alonso was finishing a sermon on the errors of the beatas, she
rushed toward the stairs leading to the pulpit and »instantly« climbed it. Such dex-
terity, Fray Alonso deduced, »obviously was a work of Satan, since the stairs to the
pulpit were very steep and one of the steps was broken, but she climbed with as
much speed and agility as a cat« (Extremadura, p. 336). From the pulpit, the enraged
beata brandished a cross, broken in the rush up the stairs, and shouted to Fray Alon-
so: »Come back, you silly pedant«. »The justices of the peace«, the friar relates,
»tried to drag her down from the pulpit, but she offered such strong and powerful re-
sistance that it was necessary for them to grab her shameful parts to make her come
down, and in this way she gave up and they carried her down in a very unchaste
way, upside down, with her legs in the air and her bare skin exposed« (Extremadura,
p. 336). The town, however, did not unanimously share Alonso’s interpretation of
the events. In fact, a priest defended Mari Sánchez and argued that her remarkable
agility and strength in the pulpit were signs not of demonic but of divine assistance.
But as Alonso makes clear in section XLII of his report to Philip, he believed the
alumbrados were not simply »possessed« (endemoniados), but had willingly entered
into demonic pacts – a crucial legal distinction, since the possession could elicit com-
passionate treatment, whereas witchcraft was considered heretical.
Alonso continued to visit the towns of the region of Badajoz, preaching and col-
lecting information on the beatas. He encountered a woman who had corporeal vi-
sions of Christ in the manger: one day she went into ecstasy in his presence and re-
ported, upon regaining normal consciousness, that she had seen the riches of heaven
and heard celestial music. One of the friars of his order remarked that the phenome-
non he described was very similar to that of an earlier group of heretics from Toledo
condemned in 1525. At this point, fourteen months after his initial discovery, Alon-
so decided it was time to send a report to the Inquisition denouncing a new outbreak
of alumbradismo6.
Much to Alonso’s disappointment, the first report made little impression on the
provincial inquisitors of Llerena. The reaction to his subsequent reports was even more
discouraging:

»I was shocked to see what little effect my reports caused, since in them I had de-
picted the heresy, to my mind, as plain and clear as day, and this is why I made so
much noise and was so importunate in this matter. I really saw the heresy clearly
and openly, and I could not show it to the Holy Office nor could I make anyone
see it, so much so that many times I had doubts and feared that the evil spirit had
deceived me« (Extremadura, p. 341).

6
In a letter dated April 21, 1573, the Llerena tribunal reports to the Suprema in Madrid having
received news of »a certain doctrine called ›de alumbrados‹« in the area (Archivo Histórico Na-
cional, Sección Inquisición (hereafter AHN, Inq.), libro 578, fol. 82v).
The Inquisitor, the Flesh, and the Devil 181

Worse still, Alonso found himself the target of mockery:

»One of the means the alumbrados had to discredit what I preached was to see the
little effect I had on the Inquisition. They mocked me, seeing me coming and go-
ing from the Holy Office, and said that the inquisitors laughed at my reports and
charges. And they were right […] for when I presented a new report, which was
very well written and stated very clearly the evil of this heresy, a secretary [of the
Holy Office] laughed and mocked me saying that was of no importance« (Extre-
madura, p. 341).

Rumors spread in the region that Alonso was »raving mad«7. Sometime after Ascen-
sion Sunday of 1572, Alonso was reprimanded by the Holy Office, his per diem al-
lowance for expenses was cut, and the prior of his monastery turned against him and
forbade him to preach in Fuente de Cantos, an order which nevertheless was over-
turned by the Inquisition (Extremadura, p. 346).
Meanwhile, Alonso expanded his list of the sect’s social ills, errors, and heresies:
married women were lured away from their husbands, and daughters from their par-
ents’ homes; the alumbrados disdained reciting the rosary; priests attracted adher-
ents through sorcery; mental prayer was a form of witchcraft invoking Satan; the ec-
stasies it produced were operations of the Anti-Christ (Extremadura, p. 348).
At this point, some of those he had attacked sought and found protection under the
Archbishop of Seville and the Bishop of Badajoz8. The Franciscans, whom Alonso
had also targeted as alumbrados, drew up a list of counter-charges. The friar felt he
was losing ground; many of the women he had converted returned to their confessors.
In spring of 1574 the Supreme Council of the Holy Office finally summoned Fray
Alonso to Madrid, where he won over at least one member of the Council, the prose-
cuting attorney Juan López de Montoya. The rest of the inquisitors, who according
to Alonso were »inexperienced neophytes with fuzz on their cheeks«, were indiffer-
ent to his charges. Nonetheless, they ordered Montoya to accompany Alonso to Ex-
tremadura.
Alonso returned to Extremadura to prepare the way for the Inquisitorial visit. He
began in Zafra, a town (at least according to Alonso) with a large converso popula-
tion: »there are almost seventy priests, and sixty of them Jews« (Extremadura, p.
363)9. Here he revealed what he now believed to be »the heart« of the heresy: »how
the alumbrados invoked the devil and passed him off as the Holy Spirit, how they

7
»Hombre loco y desvariado« (Extremadura, p. 342).
8
Alonso complains that a bad precedent had been set by Don Juan de Ribera, Bishop of Bada-
joz and Archbishop of Valencia, who gave alms, stipends (salarios) and other presents to those who
experienced ecstasies and stigmata (Extremadura, p. 355).
9
Although Alonso may have exaggerated the number of priests in Zafra who were conversos
(descendants of converts from Judaism), they did in fact play an important role in pietistic move-
ments inspired by Juan de Avila. The fact that the Dominican refers to them as »Jews« indicates
that he shared the racialist suspicions and prejudices of many Spaniards of this period regarding the
piety of conversos.
182 Alison Weber

robbed their confessional daughters of their inheritance and their honor, and became
lords of their bodies, how they used magic to go into ecstasies, and how Satan showed
them visions and revelations« (Extremadura, p. 365, my emphasis).
The Inquisitorial visit was initiated on July 28, 1574, with a public reading of the
edicto de la fe, a list of heretical beliefs or practices, followed by exhortation to the
faithful to report whether they knew of anyone, living or dead, guilty of such errors.
Most of the errors of this edict recall the accusations brought against the philo-prot-
estant sect in Toledo in 1525: disdain for oral prayer and exclusive dedication to men-
tal prayer, rejection of the monastic vocation, confidence in having achieved a state
of Grace, and dejamiento or passive surrender to God’s will. Also of evident con-
cern was the social and economic control the ›masters of the doctrine‹ exerted over
their devotees, who were said to cut their hair, reject marriage, and refrain from their
labors out of sworn obedience to their confessors10. Novel eucharistic practices –
such as receiving many forms during Communion or closing the eyes when the Host
is elevated – are cited. Finally, the faithful are exhorted to report if they know of
persons who secretly promise that the said practices will allow them to »see, taste
and feel marvelous things«11.
Surprisingly, the edict makes no mention of the visions, pacts with the devil, or de-
monic sexuality that Fray Alonso claimed to have discovered, but rather refers in
much less precise terms to the belief that »certain burning, trembling, pain and swoons
that they suffer are signs of the love of God« (Extremadura, p. 149). It seems that the
edict represents the Suprema’s selective interpretation of Alonso’s reports at that date.
In other words, as Montoya began his visit, the Suprema was concerned primarily
with vaguely protestant anti-ceremonialism and disturbances in traditional clerical
and gender hierarchies; it had chosen to ignore Alonso’s theory of a demonic heresy.
Initially, Montoya found nothing to condemn, a fact which dismayed Fray Alon-
so, who reconstructs the events in his report to Philip as follows:

»The only thing that could be discovered in said doctrine was fasting and discipline,
prayer, contemplation, hair shirts, confessions, frequent communion, and if any grain
of the bad and suspect doctrine was discovered, it was so veiled and confused with
the language of God and the sacraments, and it did not stand out nor was the bad ap-
parent as it was so much wrapped up in the good« (Extremadura, p. 368).

10
The social insubordination caused by the alumbrados was a theme Alonso returned to repeated-
ly. In 1576 he wrote to the Portuguese Inquisitor: »[They are] thieving wolves in sheep skins who
usurp the obedience owed to the elders«; »even if their disciples are poor, busy women subject to
their fathers and husbands, they are made to put aside all their obligations in order to dedicate two
hours a day to contemplation« (Extremadura, pp. 411–412).
11
AHN, Inq., libro 578, fol. 235v–236r. Huerga transcribes the text of the 1574 Edict (HUERGA
(see n. 2), vol. 1, pp. 148–149, this citation p. 149). Huerga also transcribes selections from the cor-
respondence between the Llerena tribunal and the Suprema. In cases where I have verified his tran-
scriptions, I provide the AHN document location, followed by the reference to Huerga’s citation.
AHN references without citation to Huerga refer to documents not included in Historia de los Alum-
brados.
The Inquisitor, the Flesh, and the Devil 183

»In this time of need«, he continues, »the usefulness of preaching became evident«:

»And coming down in particular on the many dirty and shameful sins, we put it to
their conscience that they reveal all, since they would greatly aid in the direct
knowledge of this new heresy. This was marvelous advice and necessary at such a
time: to investigate the life and doctrine, because one was revealed through the
other; and there were in this sect such obscure things, so difficult to understand,
that if they were not joined with the bad deeds, it could not be known if it was God
or the devil. And thus the Inquisitor [Montoya], very discreetly, gradually com-
bined the one with the other, and it turned out so well: […] because seeing raptures
and visions […], no one dared to condemn it as evil; but looking into the life and
conversation of those who felt said effects, it became as clear as day that every-
thing was […] the work of Satan« (Extremadura, p. 368, my emphasis).

By the end of the summer of 1574 the sermons, which now included specific allega-
tions of sexual misconduct and financial malfeasance, were beginning to produce the
desired results. As Fray Alonso’s proclaims the triumphs that summer: »Through the
virtue of my preaching, although many giants turned against me […] they could not
resist me nor silence me, nor did they have strength against me, but rather they fell
confounded and shamed and struck down by the hand of God« (Extremadura, p. 366).
Alonso’s estimation of the beneficial effects of preaching was probably accurate. It
must be remembered that edicts of faith entailed punishments (fines or flogging) for
failure to delate the publicized offenses. There was thus considerable pressure to com-
ply with the exhortations of the edicts. Hearing the initial edict of faith, inhabitants
of the small towns in Extremadura may have been perplexed over what constituted
›heterodox‹ Eucharistic piety. ›Bad deeds‹ of a sexual nature or disobedience to one’s
parents must have constituted much less ambiguous categories for deviance. Alonso’s
preaching may well have provided clear and specific suggestions of what was ex-
pected in denunciations. It was only after an extensive preaching campaign in which,
as Alonso himself admits, he and his colleague came down »in particular on the many
dirty and shameful sins« that many came forward to denounce the abominations of
the beatas and their confessors. Although the three most prestigious priests and two
female leaders had been held in preventative detention since the end of 1573, a cas-
cade of imprisonments followed the preaching campaign of the summer of 157412.
The next phase of the Inquisitorial visit, the trial proper, now began. The prisoners
were exhorted to confess any and all transgressions against the faith. When they pro-
tested their innocence, the inquisitors put to them a specific list of questions. Signifi-
cantly, this list makes no mention of demonic pacts; the emphasis is on specific carnal
acts between the women and their confessors. Prisoners who insisted on their inno-
cence or refused to delate accomplices were subjected to torture. Cristóbal Chamizo,
considered the »head of the sect« along with Alvarez, admitted, after torture, to »de-
flowering many beatas, his penitential daughters, telling them that it was no sin to
kiss, embrace and fondle them«. Hernando Alvarez, having confessed to »kisses and

12
AHN, Inq., libro 578, fol. 207v, 208r.
184 Alison Weber

lascivious fondling«, endured five turns of the cordel and a round of water torture
before the bishop’s representative intervened because of the prisoner’s advanced age
and swollen legs13. Three more turns of the rope and subjection to the rack did not,
however, induce further confessions14. Fray Pedro de Santa María, aged sixty-three,
persistently denied the accusations against him; he was spared torture because of his
age and infirmity. Although Inquisitorial procedures expressly forbade repeated tor-
ture, a session could be ›interrupted‹ and resumed at a later date. This appears to
have been the case with Chamizo. In a letter dated July 7, 1577, the Supreme Inqui-
sitorial court in Madrid asks for clarification on the amount of water he was forced
to drink during the toca or water torture, and advises waiting until he had regained
his health before submitting him to »the complete torture«15.
The beatas were tortured as well – the fifty-year-old widow Mari González en-
dured the rack. Mari Sánchez, the woman who had interrupted Fray Alonso’s ser-
mon, proved to be the most obstinate of the beatas:

»She confessed some things and denied others; she was tortured regarding what
she had testified, and she resisted; she proved to be hard, proud and presumptuous,
regarding herself as perfect and saintly, and she abused the ministers of the Holy
Office in word and deed and shouted in her cell, for which she was flogged.«16

The first confessions of sexual misconduct were obtained around August of 157517
(that is after one year, and in some cases after two years of imprisonment), but it was
not until 1579 that the auto de fe took place in Llerena. Nine women and ten men
were tried and penanced as alumbrados. For the women, the average sentence was
one hundred lashes and two to three years imprisonment. Mari Sánchez, who was al-
so suspected of strangling her cellmate, was given the harshest sentence – four hun-
dred lashes18. The priests were defrocked and given sentences of from four to six
years in the galleys.

13
Relación de 1579 (AHN, Inq., leg. 1988), cited by HUERGA (see n. 2), vol. 1, p. 495. The in-
quisitors reported to the Suprema in 1579 that all the clergy arrested for alumbradismo had been
tortured and failed to confess, »though it must be said that since several of them are very old and
also ill and infirm from their long confinement, it has not been possible to torture them with the re-
quired rigour« (cited by Henry KAMEN, Inquisition and Society in Spain in the Sixteenth and Sev-
enteenth Centuries, Bloomington 1985, p. 176).
14
HUERGA (see n. 2), vol. 1, p. 497. Chamizo also apparently suffered from ill health.
15
AHN, Inq., libro 579, fol. 86v. Correspondence from the Suprema authorized new rounds of
torture in 1578 and 1579, in preparation for the auto de fe (AHN, Inq., libro 578, fol. 184r, libro
579, fol. 99r, 205v). For discussion of the Inquisition’s regulations regarding torture, see Bartolomé
BENNASSAR, La Inquisición o la pedagogía del miedo, in: IDEM e.a. (eds.), Inquisición española.
Poder político y control social, transl. Javier ALFAYA, Barcelona 1984, pp. 94–125.
16
LLORCA (see n. 2), p. 110.
17
The first reference to a confession of solicitation among the Extremaduran alumbrados is
found in AHN, Inq., libro 578, fol. 327r. The undated letter follows a letter of August 31, 1575.
18
The death of Inés Alonso, the cell mate of Mari Sánchez, is reported in a letter dated August
6, 1578 (AHN, Inq., libro 579, fol. 182v).
The Inquisitor, the Flesh, and the Devil 185

The lesser sentences imposed on the beatas suggest that the judges, contrary to
Fray Alonso’s assessment, considered that the women had been relatively passive
participants in the sexual liaisons. Of the women, only the »proud and presumptu-
ous« Mari Sánchez was singled out for exceptionally harsh punishment19.
Although Alonso’s role in the Llerena persecutions was over by late 1575, he car-
ried his campaign westward. In early 1576, he sent a report to the Portuguese inquisi-
tors alerting them to new incidents of alumbradismo, implicating the famous Domi-
nican preacher Luis de Granada and the entire Jesuit order in the heresy. The Jesuits,
he alleged, were necromancers and sorcerers; they engaged in »filthy acts« with
their penitential daughters while »inflamed« with prayer; they adored Satan, believ-
ing him to be Christ. Alonso, however, had failed to take into consideration the fact
that the Portuguese Inquisitor General, Cardinal Prince Enrique, was a devoted ad-
mirer of Jesuits20. Prince Enrique wrote an irate letter to Philip II, as a consequence
of which Alonso was convicted of libel and forced to retract his accusations. In 1576
the Inquisitor General Don Gaspar de Quiroga remanded him to monastic reclusion
in the Sevillian monastery of Portaceli, and forbade him to preach further against
alumbradismo. Alonso, however, proved to be irrepressible; he ignored the Inquisi-
tor General’s mandate of silence; in 1577 the Tribunal of Seville was obliged to ini-
tiate a trial against him on the charges that he had once again slandered the Jesuits.
The Suprema, however, halted the trial and granted Alonso conditional liberty but
forbade him to preach on »su tema«. This expression is particularly indicative of the
Suprema’s attitude toward Alonso’s character. ›Tema‹ or ›theme‹ refers – in early
modern as well as in modern Spanish – to an obsessive preoccupation. In his 1611
dictionary, the lexicographer Sebastián de Covarrubias glossed the term by citing the
proverb »Cada loco con su tema« (»every madman has his theme«), »because they
always have some particular little obsession which is generally the reason why they
lost their wits«21. Irrepressible as ever, Alonso nonetheless flouted the Suprema’s

19
Mari Sánchez’s four hundred lashes represented an unusually severe punishment for a woman
or a man. In her study of beatas accused of alumbradismo from early seventeenth-century Seville,
Mary E. Perry finds that the Inquisition’s records »concluded that they were merely weak and de-
luded women suffering from mental lapses or victims misled by heretical clerics« (Mary E. PERRY,
Beatas and the Inquisition in Early Modern Seville, in: Stephen HALICZER (ed.), Inquisition and So-
ciety in Early Modern Europe, London/Sydney 1987, pp. 147–168, quotation p. 158). Based on her
study of seventeenth-century cases, Claire Guilhem observes that the more celebrated beatas were
given harsher sentences (Claire GUILHEM, La inquisición y la devaluación del verbo femenino, in:
BENNASSAR (see n. 15), pp. 171–207). The question of differences in treatment of the sexes regard-
ing Inquisitorial torture, sentencing, and punishments is a topic that has yet to be treated extensively.
20
For the documents relating to Fray Alonso’s attack on the Jesuits and the subsequent suit, see
Extremadura, pp. 444–465, 542–550, 608–637. Luis de Granada’s Libro de la oración was the
most widely printed vernacular book in sixteenth-century Spain. Enrique was the uncle of King Se-
bastián. For Granada’s troubles with the Inquisition, see Alvaro HUERGA, Fray Luis de Granada en-
tre mística, alumbrados e Inquisición, in: Angelicum 66 (1988), pp. 540–564.
21
Felipe MALDONADO/Manuel CAMARERO (eds.), Tesoro de la lengua castellana o española
(1611), Madrid 1995.
186 Alison Weber

prohibition and continued to pen warnings on his ›theme‹ from his cell that the
priests and beatas of Llerena represented only one claw of the immense, invisible
dragon of alumbrado heresy.
In 1589 Alonso turned his ire against a Carmelite nun whose works had been pub-
lished posthumously. In a letter to the Suprema he protested that her writings con-
tained alumbrado heresies:
»If in fact it was the nun who wrote it, as the title proclaims, it is a preternatural
business and something taught by an angel, because it exceeds the capacity of a
woman. But it is not possible that it was a good angel, but rather a bad angel, the
same one who deceived Mohammed and Luther and the other heresiarchs.«22

The Suprema failed to act on Alonso’s warnings and the works of Teresa of Ávila,
the future saint, were reprinted, uncensored. In October of 1590, Alonso was named
»teólogo calificador« (an expert consultant on theological questions) to the Llerena
tribunal. With an ambivalence that characterized its long association with the Domini-
can preacher, the Suprema wrote the Llerena inquisitors two months later, advising
them to refrain from using his services as much as possible (Extremadura, pp. 83–
86). Alonso died in 1592 at the age of fifty-nine.
In Alonso’s grand narrative of the alumbrado heresy we can observe several re-
curring motifs:

1.) The ›flesh and the devil‹ motif: the heresy is founded on the devil’s power over
the flesh and his capacity to enslave the will through lust.
2.) The ›claw of the dragon‹ motif: this refers to Alonso’s argument that the rela-
tively small number of men and women punished for alumbradismo in Llerena
represented only a minuscule portion of a much larger, invisible heresy.
3.) The ›hermeticism‹ motif: here, I refer to Alonso’s belief that the doctrine of
alumbrados was complex and coherent, but hidden and encoded, and as he put
it »veiled and confused with the language of God and the sacraments« so that
its heresies were not evident.
4.) The ›David and Goliath‹ motif: Alonso considers that he alone is battling ene-
mies much more powerful than he.
5.) The ›contagion‹ motif: this is a heresy that will spread if left unchecked.
6.) The ›gender-disorder‹ motif: the heresy promotes social disorder by encourag-
ing women’s insubordination to husbands and fathers and their neglect of do-
mestic labors.
7.) The ›sexual excess‹ motif: the adherents of the sect are engaged in frequent, il-
legitimate sexual acts.

22
The letter dated August 26, 1589, is transcribed in Enrique L. MARTÍNEZ, Santa Teresa de Je-
sús y la Inquisición Española, Madrid 1972, pp. 396–397. Alonso also sent five reports to the Con-
sejo between 1589 and 1591 denouncing Teresa’s writing and doctrine. For an analysis of the post-
humous debates on Teresa’s orthodoxy in which Alonso participated, see Gillian T.W. AHLGREN,
Teresa of Avila and the Politics of Sanctity, Ithaca/New York 1996, pp. 114–144.
The Inquisitor, the Flesh, and the Devil 187

Since the eleventh century similar accusations have been brought against other so-
called deviant groups as disparate as the Cathars, the Waldensians, lepers, Jews, Poor
Franciscans, and the Brethren of the Free Spirit, a similarity which has led some
scholars to propose a ›deep structure‹ to persecution narrative23. But the case of the
alumbrados of Llerena indicates that persecution narratives, whatever their universal
grammar, are subject to processes of historical modification and selection. Let us
now consider the Inquisition’s rewriting and adaptation of Alonso’s narrative. On the
basis of the edict of faith, the list of questions put to the prisoners, and the sentences,
it would appear that the inquisitors ignored, or at least were skeptical of the first four
motifs in the Domincan’s story. Motifs 5 and 6 were incorporated, and motif 7 re-
ceived top billing. We might reconstruct the inquisitors’ narrative along these lines:
»In the small towns of Extremadura, some particularly lustful priests and laymen have
lured simple women away from obedience to their fathers, husbands, or brothers, have
promoted indecorous and novel religious behaviors and have seduced them sexually.
This behavior will spread unless the participants are punished.« The ecstasies of the
alumbrados, according to this narrative, were neither divine, as the priests and bea-
tas contended, nor demonic, as Alonso had insisted, but rather simply carnal.
How can we account for the inquisitors’ indifference to Alonso’s much more dra-
matic eroto-demonic narrative? I will offer several hypotheses. First, influential mem-
bers of the ecclesiastical elites – the Jesuits, the Archbishop of Seville, the Bishop of
Badajoz, and later the Prince Cardinal Enrique and Inquisitor General Quiroga –
were supporters of lay piety, including Eucharistic enthusiasm24. The Inquisition,
while willing to repress religious enthusiasm that was manifestly disruptive or anti-
authoritarian, nonetheless must have felt the countervailing pressure from these elites,
who not incidentally had the ear of the king. It is not surprising that Alonso’s memo-
randum failed to persuade the king to join his camp. As recent studies have shown,
Philip’s own piety was remarkably ›enthusiastic‹ – he was a devoted admirer of as-
cetics, visionaries, and mystics25. Therefore, Alonso’s narrative failed, in the first in-
stance, because it was too inclusive; it condemned forms of piety endorsed by elite

23
Robert I. Moore observes that these groups and many others »all went through the process of
having not only their numbers but the dissoluteness of their behavior, the coherence of their history
and beliefs, the universality of their organization and influence, vastly exaggerated by the ortho-
dox« (Robert I. MOORE, The Formation of a Persecuting Society. Power and Deviance in Western
Europe 950–1250, Oxford 1987, p. 90). See also Malcolm LAMBERT, Medieval Heresy. Popular
Movements from the Gregorian Reform to the Reformation, Oxford 1992.
24
We might also note that the Inquisitor General Gaspar Quiroga read and approved the spirit-
ual autobiography of Teresa de Jesús when it was sequestered by the Inquisition. The interest in in-
terior piety among the royal family and highest aristocracy is a phenomenon that deserves much
more attention. For example, several of Teresa of Avila’s principal supports were wealthy aristo-
crats, such as Doña Luisa de la Cerda and the Princess of Eboli.
25
See, for example, Richard KAGAN, Lucrecia’s Dreams. Politics and Prophecy in Sixteenth-
Century Spain, Berkeley 1990. Philip was remarkably slow to move against the visionary dreamer
Lucrecia de León, in spite of the fact that her dreams were extremely critical of his reign.
188 Alison Weber

and popular classes alike, including practices advocated by the post-Tridentine Church
and favored by the king.
Secondly, Alonso’s initial hypothesis of alumbradismo as a diabolical pact did not
coincide with the Inquisition’s relative skepticism regarding witchcraft and demonic
possession or with its current reform agenda. As early as 1526 four out of ten inqui-
sitors who attended a synod in Granada (granted a minority, but one that included
the Inquisitor General) affirmed the proposition that the accused witches had con-
fessed to illusory crimes26. By the late 1570s the Inquisition had tried thousands of
minor cases involving Old Christian peasants, laborers, and artisans for minor of-
fenses against the faith, such as blasphemy, or expressing the opinion that prostitution
was not a sin. This extensive contact with non-elites had contributed to the impres-
sion among many inquisitors that the ›lower sort‹ were ignorant of Christian doc-
trine and highly suggestible. While never denying the existence of witches or super-
natural demonic powers, the prevailing opinion was that the majority of those who
denounced others as witches did so out of malice, and that the majority of those who
confessed to witchcraft were deluded or frightened.
Thirdly, the limited success of Alonso’s version of heresy suggests that as an in-
stitution, the Inquisition was relatively unresponsive to theories that did not fit into
its current agenda. By the 1570s the Inquisition had shifted its attention from uncov-
ering crypto-Jews or Protestant heretics to reforming and correcting certain beliefs
of the Old Christian masses27. Also at this time, in the aftermath of the Council of
Trent, the Suprema was beginning to attack the problem of sexual misconduct among
the clergy. Because its jurisdiction was limited to questions of heresy, it necessarily
focused on clerics who seduced women in the context of the sacrament of confes-
sion. Between December 1573 and July 1576 five acordadas or memoranda were is-
sued requiring local tribunals to punish such misdeeds with all due rigor28. We have

26
In 1550 an inquisitor in Barcelona was removed from office for condemning six persons as
witches without sufficient proof (see Henry KAMEN, Notas sobre brujería y sexualidad y la Inquisi-
ción, in: Ángel ALCALÁ e.a. (eds.), Inquisición española y mentalidad inquisitorial, Barcelona
1984, pp. 226–236). For a study concentrating on cases from the seventeenth century, see Gustav
HENNINGSEN, The Witches’ Advocate. Basque Witchcraft and the Spanish Inquisition, Reno 1980.
27
The extent to which the Inquisition was concerned with controlling sexual behavior as op-
posed to heretical ideas regarding sexual behavior is still a topic of debate. Bennassar argues that
the Inquisition’s post-Tridentine focus on sexual behavior was motivated in large part by the Inqui-
sition’s desire to promulgate Tridentine marriage doctrine and its tendency to identify ›simple for-
nication‹ (the belief that consensual sexual intercourse between unmarried persons was not a mortal
sin) and bigamy as potential ›Lutheran‹ heresies. Thus, the number of cases related to sexual be-
havior began to rise after the Council of Trent; in the Toledo tribunal, bigamy cases peaked be-
tween 1566 and 1570, and fornication cases between 1576 and 1580 (see Bartolomé BENNASSAR,
El modelo sexual. La defensa del matrimonio cristiano, in: IDEM e.a. (see n. 15), pp. 270–294).
28
AHN, Inq., libro 578, fol. 137r, 149r, 338v, 375, 409r. On confessional solicitation, see María
H. SÁNCHEZ, Un sondeo en la historia de la sexualidad sobre fuentes inquisitoriales, in: Joaquín P.
VILLANUEVA (ed.), Inquisición española. Nueva visión, nuevos horizontes, Madrid 1980, p. 927, n. 14
(incl. pp. 917–930). Basing her arguments on data from the Toledo Tribunal, Sánchez Ortega finds
The Inquisitor, the Flesh, and the Devil 189

seen that Alonso had little success with his theory of demonic possession until the
obscure doctrine was »joined with bad deeds«, that is, until he included specific
charges of confessional solicitation. Once sexual misconduct among the clergy was
on the agenda, the inquisitors were spurred into action.
The inquisitors’ demonological skepticism was, of course, relative, for they sel-
dom failed to acknowledge the devil’s capacity to exacerbate human frailty. Thus,
the 1578 list of propositions does refer to demonic visions that provoked »terrible
carnal desires« in the alumbrados29. Nonetheless, the beatas and their confessors
were clearly punished for the sexual commerce with each other, not for their union
with the devil disguised as the angel of light30.
Alonso believed that he had failed to persuade his countrymen of the full extent of
the alumbrado heresy. But for the men and women sentenced to the oar and the lash
in the 1579 auto de fe, he was all too successful. Although today they are remem-
bered as orgiasts rather than demoniacs, their deviance is widely accepted. Ironical-
ly, this prevailing view is based largely on the Inquisition’s skeptical revision of a
script created by a man they themselves considered to be a »madman with a theme«.
We cannot prove with certainty that the »fondling« that the Llerena alumbrados con-
fessed to never took place. But before we accept that the alumbrados were indeed an
orgiastic sect, we must remind ourselves that charges of sexual deviance are a com-
mon and effective stratagem in narratives of persecution; denunciations were made
under the duress of an edicto de fe; and the alumbrados, many aged and ill, con-
fessed after long periods of imprisonment and after being subjected to torture. Their
heretical ›deviance‹ was not something to be discovered; it was something to be con-
structed from the interplay of social anxieties and as well as competing personal and
institutional agendas.

19 solicitation cases in the sixteenth century, 39 in the seventeenth, and 40 in the eighteenth (Sán-
chez ORTEGA, La mujer y la sexualidad en el antiguo régimen. La perspectiva inquisitorial, Madrid
1992). See also Stephen HALICZER, Sexuality in the Confessional. A Sacrament Profaned, New
York 1996. My point is not to deny that acts of confessional solicitation took place, but to suggest
that the Inquisition’s concern over solicitation colored their interpretation of the events in Llerena.
29
AHN, Inq., leg. 4443, expediente 24, fol. 14r.
30
The degree of demonological skepticism varied according to the Inquisitorial district and the
period of prosecution. Bartolomé Bennassar describes the case of a beata from Toledo who in 1654
was accused of having entered into »implicit or explicit pacts with the devil«. The prosecutor asked
that she be relaxed, but the inquisitors ignored his recommendation, and instead turned the woman
over to the care of physicians (BENNASSAR (see n. 15), p. 102).
190 Alison Weber

Abstract

The paper examines the role of an Inquisitorial preacher, Alonso de la Fuente, in the
persecution of Spanish alumbrados in the 1570s. This Dominican friar claimed that
he had discovered the heretical sect in Extremadura. Specifically, Fuente was con-
vinced that the pious laywomen and the confessors who guided them had made se-
cret pacts with the devil, that their contemplative prayer was a form of witchcraft
and that their ecstasies were signs of demonic possession. In time he added the accu-
sation that the diabolism of the alumbrados involved sexual rites between confessors
and their penitents. However, when the Inquisition eventually drew up a list of sus-
pected heretical beliefs, no mention was made of Satanic pacts or demonic sexuality.
Instead, the Inquisitorial lawyers focused on philo-protestant beliefs and sexual mis-
conduct on the part of the priests.
I offer several explanations as to why the Inquisition revised Fuente’s ›eroto-de-
monic‹ theory of religious enthusiasm and instead pursued the alumbrados as ordi-
nary sexual delinquents. First, Alonso’s theory was too inclusive and radical even
for the Inquisition, since it condemned forms of piety and religious enthusiasm that
had won support in some sectors of the Church and among members of the nobility.
Second, the Inquisition tended to be single-minded in its persecutions, and in the
1570s a primary target was sexual solicitation by the clergy. Third, Fuente’s charac-
ter alienated members of the Inquisition, who considered him to be unstable. Fourth,
over the eighty years of its operation, the Inquisition had developed an interest in dis-
tinguishing gradations of intention. The ›eroto-demonic‹ theory assigned far too much
power to the devil and far too little responsibility to his victims.
I conclude by questioning the historicity of the alleged sexual delinquency of the
alumbrados and suggest that we accept it as the Inquisition’s revised version of
Fuente’s demonic ›script‹.

Der Inquisitor, die Fleischeslust und der Teufel:


Alumbradismo und dämonische Besessenheit

Der Beitrag untersucht die Rolle des Inquisitionspredigers Alonso de la Fuente bei
der Verfolgung der spanischen Alumbrados in den 1570er Jahren. Der Dominikaner
behauptete, die häretische Sekte in der Estremadura entdeckt zu haben. Fuente war
besonders davon überzeugt, daß fromme Laienfrauen und ihre Beichtväter geheime
Pakte mit dem Teufel geschlossen hätten, ihre kontemplativen Gebete eine Form von
Hexerei und ihre Ekstasen Zeichen für dämonische Besessenheit seien. Später fügte
er die Anschuldigung hinzu, der Teufelskult der Alumbrados beinhalte sexuelle Ri-
tuale zwischen den Beichtvätern und ihren Beichtkindern. Als die Inquisition jedoch
schließlich eine Liste mit den vermuteten Häresien aufstellte, wurden satanische Pak-
te und dämonische Sexualität nicht erwähnt. Stattdessen konzentrierten sich die Juri-
The Inquisitor, the Flesh, and the Devil 191

sten der Inquisition auf quasi-protestantische Glaubensinhalte und sexuelles Fehlver-


halten seitens der Geistlichen.
Der Beitrag bietet verschiedene Erklärungen, warum die Inquisition die ›erotisch-
dämonische‹ Theorie Fuentes revidierte und die Alumbrados stattdessen als gewöhn-
liche sexuelle Missetäter verfolgte. Erstens war seine Theorie sogar für die Inquisi-
tion zu pauschal und zu weitgehend, da sie Formen von Frömmigkeit und religiösem
Enthusiasmus verurteilte, die in manchen Teilen der Kirche und bei Mitgliedern des
Adels bereits Unterstützung gewonnen hatten. Zweitens neigte die Inquisition in ihren
Verfolgungen zur Einseitigkeit, und in den 1570er Jahren bildete sexuelles Mißver-
halten der Kleriker ihr eigentliches Augenmerk. Drittens befremdete Fuentes Cha-
rakter manche Mitglieder der Inquisition, die ihn für unzuverlässig hielten. Viertens
hatte die Inquisition in ihrer 80jährigen Tätigkeit ein Interesse daran entwickelt, Ab-
stufungen der Intention zu unterscheiden. Die ›erotisch-dämonische‹ Theorie maß
dem Teufel viel zu viel Macht und seinen Opfern viel zu wenig Verantwortung bei.
Abschließend wird die Geschichtlichkeit der angeblichen sexuellen Missetaten
der Alumbrados in Frage gestellt und vorgeschlagen, diese eher als eine von der In-
quisition revidierte Version des dämonischen Textes von Fuente zu betrachten.
JÜRGEN BEYER

Besessenheit und Bußpredigt


Der Fall Hans Vater (1559–1562)

Am 23. April 15621, einem Donnerstag, kam morgens der ungefähr fünfundzwan-
zig- bis dreißigjährige2 Hans Vater3 nach Nürnberg an das Laufertor. Seine Hände
waren hinter dem Rücken gefesselt, und sein rechtes Ohr war blutig. Er kniete auf
einem Stein nieder, rief »zu Got vmb entledigung des Sathans banden« und ermahn-
te die Umstehenden zur Buße: »gleicher gestalt / wie sie jne sehen / das er vom Sa-
than eusserlich gepunden were / allso würden auch sie / wann sie nicht von sünden
abliessen / noch gepunden werden.«4 Dies ist wahrscheinlich so zu verstehen, daß,

1
Die Arbeit an diesem Aufsatz wurde von der Estnischen Wissenschaftsstiftung finanziell un-
terstützt (Az. 4450). Hans Vater wurde schon behandelt in Theodor HAMPE, Von Selbstbindern.
Ein Beitrag zur Geschichte der fahrenden Leute, in: Unterhaltungsblatt des Fränkischen Kuriers,
Nürnberg, 1., 9., 16., 23. Januar 1910, S. 4f., 15, 18f., 28f., 40–42, hier S. 4–29. Der vorliegende
Aufsatz fußt auf einer breiteren Quellenbasis.
2
Paul EBER, Beschreibung des schrecklichen zeichens / so am 13. tag Martij / fast die gantze
nacht vber / zu Witteberg vnd an viel andern orten ist gesehen worden / mit einer vermanung […]
zur Christlichen bekerung, Wittenberg: Peter Seitz 1562 (vorhanden: Herzog August Bibliothek
Wolfenbüttel, 218 Hist. (13)), fol. C2v: »ongefehr in die 25. jar alt anzusehen«, Flugschrift datiert
4. April 1562; Newe Zeytunge. Von einem Manne Hans Vader genannt / Wie dem der Teufel mit
Stricken / Frawen schleyern / Jungkfrawen vnnd Mägdten Flechten vnnd Zöpffen / beyde Hände
auff den Rugken bindet / Vnnd den erbärmlichen quelet vnd Martert: Auch vil seltzammes dings
mehr / auß Zwickaw / von einem glaubwirdigen / für warheit / an einen guten Freünd geschriben,
Augsburg: Mattheus Francke 1562 (vorhanden: Universitätsbibliothek Tübingen, Bl 23.4°), fol.
A2r: »seins Allters etwa von dreyssig Jaren«. Im folgenden werden Besitznachweise nur für Flug-
schriften genannt.
3
Folgende Namensformen kommen in den Quellen vor: ›Vader‹, ›Vater‹, ›Vatter‹ und latini-
siert ›Ioannes Pater‹; außerdem in einer späten Chronik ›Vetter‹ (Historische Nachricht Von […]
Nürnberg […], Frankfurt a.M./Leipzig: Christoph Bachmeyer 1707, S. 464).
4
Gründlicher vnnd warhaffter Bericht / was sich mit dem Mann / der sich Hanns Vatter von
Mellingen / ausdem [sic] landt zu Düringen genennt / Vnnd ein zeytlang im Teutschlandt herumb
gezogen / zur Buß geruffen / vnd bey den leuten fürgegeben / als ob er vom Sathan gepunden vnnd
geplagt würde / zu Nürmberg zugetragen vnnd verloffen hat, Nürnberg: Valentin Geyßler 1562
(vorhanden: Königliche Bibliothek Kopenhagen, Filos 3007 4°), fol. A2r. Diese Flugschrift ist –
mit einigen Ungenauigkeiten – abgedruckt in: [Georg Ernst WALDAU], Hanns Vatter von Mellin-
gen, Bußprediger zu Nürnberg im Jahr 1562, ein schändlicher Betrüger, in: DERS., Neue Beyträge
zur Geschichte der Stadt Nürnberg, Bd. 2, Nürnberg: o.Dr. 1791, S. 273–295, hier S. 274–295. Die
Zitate folgen im weiteren der obengenannten Flugschrift, von der derselbe Drucker mindestens vier
194 Jürgen Beyer

wie Hans Vater als ein Zeichen gefesselt werde und blute, so auch die Zuhörer, wenn
sie keine Buße täten, von Feinden gefesselt würden und ihr Blut vergossen werde5.
Die folgende Darstellung von Hans Vaters Aufenthalt in Nürnberg fußt im wesentli-
chen auf den Nürnberger Ratsakten und einem vom Rat autorisierten Gründlichen
vnnd warhafften Bericht, der spätestens im Juni 1562 erschien.
Der Nürnberger Rat erhielt Nachricht von der Ankunft dieses ungewöhnlichen Be-
suchers und schickte Abgesandte zum Tor, die Hans Vaters Fesseln aufschnitten. Sie
waren aus einer schwarzen Haarschnur, einem weißen Strick und einer schwarzen
Seidenbinde zusammengeflochten. Hans Vater wusch sich die Hände und das bluti-
ge Ohr und wurde in die Stadt zu einem Gasthof geführt, wo ihm ein Zimmer ange-
wiesen wurde und mehrere Angestellte mit seiner Bedienung beauftragt wurden. Er
bat darum, mit den »vordersten Predicanten« Nürnbergs sprechen zu dürfen. Das wur-
de ihm vom Rat gestattet. Am selben Tage noch kamen nachmittags die Geistlichen
zusammen mit einigen Abgeordneten des Rates »vnd andern mehr stathafften Perso-
nen / so jhne zu sehen begert«6.

Auflagen herstellte; eine weitere erschien ohne Angabe des Ortes und des Druckers – wahrschein-
lich bei Lorenz Schwenck in Wittenberg.
5
Augustus CORDUS, Warhafftiger vnd grüntlicher Bericht / Wie der Teuffel den armen Man / mit
namen Hans Vater genant / am Ostertage in der nacht / zu Dreßden / wunderbarlich gebunden. Vnd
was sich ferner alda mit jme zugetragen vnd begeben hat, Dresden: Matthes Stöckel 1562 (vorhan-
den: Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel, 218.12 Quod. (20)), fol. A3r. Die Newe Zeytunge.
Von einem Manne Hans Vader genannt (wie Anm. 2) zitiert dazu auf dem Titelblatt eine passende
Bibelstelle, Jes. 20, [V. 2–4]: »Esaias gieng Nacket vnd Barfüß: Da sprach der Herr / Gleich wie
mein knecht Jesaia nacket vnd Barfüß gehet / zum [zei]chen vnnd wunder dreyer Jar vber Egypten
vnd Morenland / Also wirdt der König zu Assyrien hyntreiben das gefangen Egypten etc. [vnd ver-
trieben Morenland /] beyde Jung vnnd Allt / Nacket vnnd Barfüß / mit bloßer scham[b] / zuschan-
den Egypten.« Dies stimmt wörtlich mit der Lutherbibel des Jahrs 1545 (Biblia […], Wittenberg:
Hans Lufft 1545, ND Stuttgart 1983) überein, nur wurde das erste Wort »Esaias« sinngemäß einge-
setzt (besser wäre allerdings »Jesaia« gewesen) und hinter »Egypten etc.« wurden drei Wörter aus-
gelassen (hier nach dem Bibeltext ergänzt). In der Flugschrift wird auf fol. A3v folgendes Szenario
ausgemalt, das den unbußfertigen Deutschen drohe: »Vnd wo nicht er in seinem zorn[en] vnd grimm
vns den Teüfel / den Türcken / Tartern vnd Moscobiter in vnser Teütschlandt vber unsern Halß hier-
einher füren wirt / Ezechiel. xxxviij. Apocal. xx. cap. vnd gleich wie disen armen Mann / also auch
vnsere Weyber vnnd Kinder / mit Stricken vnd Ketten gebunden / hynein in Türckei oder Moschkaw
füren / vns da für Knechte vnd Mägdte verkauffen / wo nicht (wie der Moscobiter newlich vnsern
Brüdern vnnd Schwestern in Liefland gethan) die darzu schändet / vnd Bloß vnnd nacket an die
Bäwme henget / vnd nach jnen scheüsset / die so jämmerlichen tödtet / Mördet / würget / vmbbrin-
get / daß jnen das Blut zu Mund / Augen / Ohren vnd Nasen herausser sprützen muß.« Vgl. zu den
Ereignissen in Livland eine Nürnberger Flugschrift aus dem Jahr 1561 (gedruckt in: Konst[antin]
HÖHLBAUM, Zeitungen über Livland im 16. Jahrhundert, in: Beiträge zur Kunde Ehst-, Liv- und
Kurlands 2 (1874/80), S. 115–146, hier S. 120–124); vgl. zum Nacktgehen das Kapitel Going naked
as a sign. The prophetic mission and the performance of metaphors, in: Richard BAUMAN, Let your
words be few. Symbolism of speaking and silence among seventeenth-century Quakers (Cambridge
studies in oral and literate culture, Bd. 8), Cambridge 1983, ND London 1998, S. 84–94 (ohne
Hinweis auf Jes. 20). Siehe für eine eher allegorische Deutung von Hans Vaters Fesselungen S. 198.
6
Gründlicher vnnd warhaffter Bericht (wie Anm. 4), fol. A2rf., Zitate fol. A2v.
Besessenheit und Bußpredigt 195

Auf die Fragen der Pastoren gab Hans Vater folgenden Bericht: Er sei ein Kuhhir-
te aus dem Dorf Mellingen in Thüringen, eine halbe Meile von Weimar gelegen. Dort
lebten noch seine Eltern und Geschwister sowie seine Frau. Nichts wäre ihm lieber
gewesen, als wenn er in »seinem beruff vnd ampt des khühüttens« hätte bleiben kön-
nen, doch vor fast drei Jahren sei er morgens am Tage Johanni einem andern Hirten
begegnet, Nickel Göttel genannt. Dieser Nickel habe einen schlechten Ruf gehabt
und sei später in Weimar verbrannt worden. Nickel habe ihn gefragt, wem er diene
und wie viel er verdiene. Darauf habe Nickel ihm vorgeschlagen, in seinen Dienst zu
treten, doch habe er abgelehnt. Endlich habe Nickel ihn beredet und genötigt, ein
Stück bläuliches Brot zu essen, das sich schließlich als verzaubert erwiesen habe.
Das Brot sei mit sechserlei Blut (von einem ungetauften Kind, einer Schlange, einer
Kröte, einem Igel, einem Fuchs und einem Wolf) gebacken gewesen. Auf diese Wei-
se sei er, Hans Vater, verzaubert worden und müsse zwölf Jahre lang vom Teufel
äußerlich gefesselt werden. Dabei werde er innerlich so geängstigt, daß ihm das Blut
aus den Ohren oder aus dem Mund herausschieße. Seit dieser teuflischen Mahlzeit
habe er an keinem Ort Ruhe finden können. Manchmal werde er auch mit eisernen
oder silbernen Ketten gefesselt, an anderen Orten auch mit Schleiern, um auf die
übermäßige Hoffart der dortigen Frauen hinzuweisen. Einmal habe ihn der Teufel in
eine wüste Gegend geführt, wo er sich drei Tage lang ohne Nahrung aufgehalten ha-
be. In einem Gesicht habe er eine Schlacht gesehen. Er habe auch eine andere Vision
gehabt, in der ihm ein Kind erschienen sei, das sich in sieben Kornähren verwandelt
habe. Die Kornähren hätten dann die Form eines Frosches angenommen und am
Schluß wieder ein Kind dargestellt. Ihm sei auch die Bedeutung dieser Vision offen-
bart worden, doch wird sie in der Quelle nicht genannt. Außerdem verwies Hans Va-
ter auf Urkunden, die er mit sich führe und in denen weitere Wunder bestätigt seien7.
Als ein armer Kuhhirte habe er früher keine Predigten gehört, und er habe auch
nur das Vaterunser und das Glaubensbekenntnis auswendig gekonnt. Doch in seinen
Nöten und Anfechtungen habe er »tröstliche gebet […] vmb erleuchtung des heili-
gen geists / trost / hülff / vnd rettung von des Sathans panden / gelernt«. Diese Gebe-
te, die er auf Verlangen der Geistlichen aufsagte, seien sein einziger Trost in seinem
Kreuz gewesen, und er vertraue darauf, daß er durch Gottes Gnade eines Tages er-
löst werde. Überall habe er gern die Predigt gehört, mit den Pastoren gesprochen
und das Abendmahl – in der Regel alle vier Wochen – empfangen. Das habe er auch
in Nürnberg vor, um »trost darinn zuholen«8.
Nach dieser schmeichelhaften Antwort wollten die Pastoren wissen, von wem er
den Auftrag erhalten habe, nach Nürnberg zu kommen. Hans Vater antwortete, daß
ihm zu Weihnachten ein Mann in einem weißen Gewand mit einer Messingkrone
auf dem Kopf erschienen sei, der ihm befohlen habe, in eine Reihe von thüringi-
schen und sächsischen Städten zu ziehen und zuletzt nach Frankfurt und Nürnberg zu
gehen und überall den Pastoren »sein Creutz des pindens zu eröffnen / vnnd jnen an-

7
Ebd., fol. A2v–A4r, Zitat fol. A2v.
8
Ebd., fol. A4rf.
196 Jürgen Beyer

zuzaigen / das die Welt von sünden abstehen solt / vnd solchs dem geringsten kind auf
der gassen nicht zuuerschweygen«. Zuerst habe er diesen Befehl nur ungern ausfüh-
ren wollen, doch habe ihn eine innere Unruhe gezwungen, auf diese Reise zu gehen9.
Die Pastoren versuchten zu argumentieren, daß dieses Gesicht vielleicht ein blo-
ßer Traum gewesen sei, doch Hans Vater beharrte auf seinem Standpunkt. Auf eine
eingehendere theologische Disputation ließ er sich nicht ein. Als ein einfältiger Laie
und armer Hirte verstehe er nichts davon10.
Hans Vater war den Zeitungslesern schon vor seinem Besuch in Nürnberg be-
kannt. Zwei Jahre zuvor war eine Schreckliche Zeitung erschienen, deren Text auf
den 8. Juni 1560 datiert ist. Hier wird auch von der Begegnung mit Nickel Göttel er-
zählt, doch werden die Namen der beiden Hirten nicht genannt. In dieser Fassung
enthält das Brot nur das Blut von fünf verschiedenen wilden Tieren, das ungetaufte
Kind gehörte noch nicht zu den Zutaten. Ein größerer Unterschied zwischen den bei-
den Berichten besteht jedoch darin, daß Hans Vater in dem älteren Bericht dem an-
deren Hirten zusagt, ihm ein Jahr zu dienen. Noch am selben Abend sei Hans Vater
bei seinem Gutsherrn gefesselt worden, wobei er – wie auch bei den folgenden Ma-
len – auf eine solche Weise gefesselt worden sei, daß ein spitzer Gegenstand direkt
unter seiner Kehle plaziert worden sei. Von einem blutenden Ohr ist jedoch nicht die
Rede, doch lief ihm einmal »das Blut aus dem Hals«. Am 1. Januar 1560 sei er zu
einem anderen Adligen geschickt worden, um dort das Vieh zu hüten – in der Hoff-
nung, daß es ihm dort besser gehen werde, doch wurde Hans Vater weiter wundersam
gefesselt, zum Teil an Orten, wo verschiedenste Dinge aufeinandergetürmt worden
waren. Hans Vater hatte im Juni 1560 offenbar noch nicht angefangen, durch die
Lande zu ziehen und zur Buße zu rufen, sondern verdiente sein Geld weiterhin als
Hirte. Allerdings wird berichtet, daß u.a. aus Jena Leute gekommen seien, um ihn zu
sehen11. Es ist möglich, daß Hans Vaters Entschluß, durch die Lande zu ziehen, tat-
sächlich auf Weihnachten 1561 zu datieren ist, wie er in Nürnberg aussagte.
Im Februar 1562 hielt er sich in Zwickau auf, wie eine Newe Zeytunge aus dem-
selben Jahr berichtet12. Diese Flugschrift wurde von einem Nürnberger Drucker mit
dem Hinweis nachgedruckt, daß Hans Vater jetzt nach Nürnberg gekommen sei13.

9
Ebd., fol. A4vf.
10
Ebd., fol. B1rf.
11
Schreckliche Zeitung: Warhafftiger vnd gründlicher Bericht / was sich zugetragen hat / mit
einem Armen Hirtten / im Düringerlandt / Welcher mit mancherley anfechtung / vnnd eusserlichen
leiblichen Plagen / bis auff diesen Tag / vom leidigen Teuffel angefochten wirt […], Dresden:
Matthes Stöckel 1560 (vorhanden: Universitätsbibliothek Tübingen, Fl 76.4° ang., Nr. 12), fol.
A2r–A3v, Zitat fol. A3v. Von dieser Flugschrift erschienen im selben Jahr mindestens acht Aufla-
gen, zwei davon in Nürnberg. Vgl. zu Nürnberg als Nachrichtenzentrum Irmgard BEZZEL, Leon-
hard Heußler (1548–1597). Ein vielseitiger Nürnberger Drucker und geschickter Verbreiter von
Neuigkeitsberichten (Buchwissenschaftliche Beiträge aus dem Deutschen Bucharchiv München,
Bd. 62), Wiesbaden 1999.
12
Newe Zeytunge. Von einem Manne Hans Vader genannt (wie Anm. 2).
13
Newe Zeyttunge. Von einem Manne Hans Vader genant, Wie dem der Teuffel […] beyde
Hende auff den Rücken bindet […] an einen guten Freund geschrieben. Auch so ist obgemelter
Besessenheit und Bußpredigt 197

Hans Vater wurde in Zwickau u.a. »mit eytel Weyber schleyer [/] Jungkfraw vnd
Mägdte Flechten vnd Zöpffen« gefesselt, lief auf den Markt, stürzte dort nieder und
wurde »jämmerlichen zurmartert vnd gequelet«14.
Dem anonymen Verfasser hatte er berichtet, daß er, bevor ihm die Hände hinter
dem Rücken gefesselt würden, immer etwas sehe, »offt einen Mann / oft einen gro-
ssen Jungen / vnd auch bißweylen eine Jungkfrawe«. Von der eigentlichen Fesselung
aber »wisse er vor grosser Marter / angst vnd schmertzen seines Hertzens gar nichts«.
In gefesseltem Zustand habe er viele Gesichte gehabt, u.a. habe er gesehen, »wie die
Mütter jre Kinder auff jre Rugken genommen / vnd sehre damit zu einem Kessel (der
vber dem Fewr gehencket / der voller siedendt wasser gewesen) gelauffen seind / die
Kinder darein geworffen / vnd darinne gekochet etc.«15
Er führte in Zwickau ein enthaltsames Leben. Er ging weder in Schenken noch
zum Tanz noch nahm er an Spielen teil und behauptete zudem, diese Dinge nie prak-
tiziert zu haben16. Aber auch in Zwickau hielt es ihn nicht lange. Obwohl man ihn
gut mit Essen und Trinken versorgte und die Zwickauer ihn gern bei sich behalten
hätten, wollte er dort nicht bleiben, »sondern gehet von einem orth zum andern / ver-
meynet ymmer errettunge zubekommen / welches jm wol zu wünschen wäre / wenns
Gottes will sein möchte«17. Diese Newe Zeytunge berichtet auch nicht von einer Pre-
digttätigkeit Hans Vaters, doch nutzt der bibelfeste Verfasser den Anlaß zu einem
abschließenden Bußaufruf.
Von Hans Vaters folgenden Stationen werden dagegen Bußpredigten erwähnt18.
Am 10. März war er in Mansfeld19 und zehn Tage später in Wittenberg, wo er Paul
Eber aufsuchte, den Pastor an der Stadtkirche, Superintendenten und Theologieprofes-
sor. Hans Vater klagte ihm, wie er vom Teufel gefesselt werde, und bat um Trost und

Mann am tage Georgij, den 24. Aprilis Persönlich allhier gen Nürmberg kommen, vnd von etlich
hundert Personen warhafftig gesehen worden, etc., Nürnberg: Nicolaus Knorr 1562 (zitiert nach
Emil WELLER, Die ersten deutschen Zeitungen. Mit einer Bibliographie (1505–1599) (Bibliothek
des Litterarischen Vereins in Stuttgart, Bd. 111), Stuttgart/Tübingen 1872, ND mit Nachträgen Hil-
desheim/Zürich/New York 1994, Nr. 252). Die Angabe 24. April ist falsch und müßte 23. April lau-
ten. Von demselben Drucker stammt auch eine Ausgabe ohne den aktuellen Zusatz: Newe Zeytunge.
Von einem Manne Hans Vader genant / Wie dem der Teuffel […] beyde Hende auff den Rücken
bindet […], Nürnberg: Nicolaus Knorr 1562 (vorhanden: Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel,
218.12 Quod. (21)). Der Rat verurteilte den Drucker wegen des Nachdrucks zu zwei Wochen Ge-
fängnis, doch ist unklar, welche Ausgabe genau gemeint ist (StA Nürnberg, Reichsstadt Nürnberg,
Verlässe des Inneren Rats, Nr. 1208, fol. 40v, 41v).
14
Newe Zeytunge. Von einem Manne Hans Vader genannt (wie Anm. 2), fol. A2v.
15
Ebd., fol. A3r.
16
Ebd., fol. A2r.
17
Ebd., fol. A3v.
18
Ausgenommen der kurze Bericht über seinen Aufenthalt in der Stadt Meißen (siehe Anm. 28).
19
Cyriacus SPANGENBERG, Mansfeldische Chronica. Der Erste Theil […], Eisleben: Andreas
Petri 1572, fol. 481v; DERS., Sächssische Chronica […] Hievor vnter dem Tittel Mansfeldischer
Chronica erster Theil […] in Truck gegeben. Jetzt aber von dem Autore […] corrigirt / vermehret /
vnd gebessert […], Frankfurt a.M.: Christoff Raben/Sigmund Feyerabend 1585, S. 697 (diesen
Hinweis verdanke ich Rudolf Schenda).
198 Jürgen Beyer

um Fürbitte der Wittenberger Gemeinde, daß Gott ihn von dieser Plage erlösen wolle.
Er zeigte Eber Zeugnisse, die verschiedene Superintendenten und Pastoren in Thürin-
gen und Meißen ausgestellt hatten. Eber besorgte ihm Unterkunft in einem Gasthof20.
Am nächsten Morgen, einem Sonnabend, wurde Eber, der früh aufgestanden war,
weil er die Frühpredigt halten sollte, gegen fünf Uhr zum Gasthof gerufen, in dem
Hans Vater gerade gefesselt worden sei. Eber machte sich auf den Weg und fand
Hans Vater schon auf dem Fischmarkt, wo er – von vielen Leuten umringt – auf ei-
nem Stein kniete. Seine Hände waren hinter dem Rücken gefesselt, und seine rechte
Wange war voller Blut. Hans Vater betete mit lauter Stimme. Nachdem auf Ebers
Anordnung die Fesseln aufgeschnitten worden waren, erhob Hans Vater seine Hän-
de zum Himmel und betete weiter. Als zum Gottesdienst geläutet wurde, ging er in
den Gasthof, um das Blut abzuwaschen. Danach hörte er die »früpredigt / nachmals
auch die hohe vnnd vesperpredigt mit grossem ernst vnd auffmercken«21.
Zum Abendessen war er Ebers Gast, wobei seine Bescheidenheit einen guten Ein-
druck machte. Nach dem Essen sagte er auf Ebers Bitte »seine Gebet vnd trost sprüch«
auf, »die sonderlich wider des Teuffels anfechtung vnnd gewalt gericht waren«22.
Am folgenden Tag, Palmsonntag, wurde Eber wieder frühmorgens in den Gasthof
gerufen, wo Hans Vater innerhalb einer Viertelstunde gleich zweimal gefesselt wor-
den war. Auch an diesem Tag ging Hans Vater zur Kirche und aß mittags wieder bei
Eber. Er bat dann, nach Herzberg (ca. 50 km ostsüdöstlich von Wittenberg) kommen
zu können. Eber bewirkte beim Rat, daß Hans Vater eine Fahrgelegenheit bis Jessen
(auf halbem Wege nach Herzberg) gestellt wurde23.
Vom Rektor der Universität hatte Eber eine Wegzehrung für Hans Vater erbeten,
doch kostete es ihm viel Mühe, bis Hans Vater sie schließlich annahm,

»[d]enn ehr saget / das ehr mit diesem vmbraisen kein gelt oder wollust / oder mü-
ssiggang suchet / sondern nur Heilstett in diesem seinem elend / vnd fromer Leut
fürbitt zu GOtt / vnd das [daß] andere durch sein Creutz zur furcht GOttes / zur er-
kentnis jhrer Sünden / vnd zur bekerung gebracht möchten werden / Denn er besor-
get / der Teuffel het vielen jhr Hertz vnd Verstand also mit Stricken der Sicherheit
/ des Geitzes / Weltlicher ehr vnd Wollust / Vnzucht / vbrich sorgen der narung /
Rachgirigkeit / Hoffart / Hass / Neid vnd dergleichen Sünden gebunden vnd ver-
knüpfft / wie jhm seine Hende mit alten lumpen vnnd stricken gebunden würden /
den [sic] ehr hertzlich gern gönnen wolt / das sie auch durch das Schwert des Worts
Gottes möchten los gemacht werden«24.

Eber betont, daß Hans Vater, wenn er nicht gefesselt sei, sich gottesfürchtig und ver-
nünftig verhalte. Betrug oder Zauberei hält Eber für ausgeschlossen. Für ihn ist der
Besuch ein Anlaß, seine Leser zur Buße aufzufordern, und es ist anzunehmen, daß er

20
EBER, Beschreibung (wie Anm. 2), fol. C2vf.
21
Ebd., fol. C3r–C4r, Zitat fol. C4r.
22
Ebd., fol. C4r.
23
Ebd., fol. C4rf.
24
Ebd., fol. C4vf. Siehe für eine andere Deutung der Fesselungen S. 194.
Besessenheit und Bußpredigt 199

auch seine Gemeinde zur Bekehrung ermahnte – worum Hans Vater ihn gleich zu
Beginn gebeten hatte25. Ebers Flugschrift enthält einen Holzschnitt, der Hans Vater
zeigt, wie er mit hinter dem Rücken gefesselten Händen kniet, wobei ihm das Blut
aus dem linken Ohr strömt26. Die abgebildete Person könnte durchaus fünfundzwan-
zig bis dreißig Jahre alt sein.
Mit einem schriftlichen Zeugnis von Eber versehen, machte sich Hans Vater bald
nach dem Mittagessen auf den Weg. Am nächsten Morgen lief er auch in Jessen mit
hinter dem Rücken gefesselten Händen auf die Straße, schrie »weh« über Deutsch-
land, ermahnte die Leute zur Buße und sprach danach kniend vor der Kirche mit An-
dacht seine Gebete27.
Am 26. März kam Hans Vater durch die Stadt Meißen28, und um Karfreitag (27.
März) 1562 gelangte er nach Dresden. Hier hatte man schon von seinen Bußpredig-
ten gehört. In der Nacht von Ostersonntag auf Ostermontag wurde er zwischen ein
und zwei Uhr plötzlich gefesselt. Zeugen waren drei Wächter und mindestens ein
Neugieriger, der Verfasser der Dresdner Flugschrift. Hans Vater sagte wiederholt:
»Wee / Wee / vber neun Jar / Thut busse / thut busse / jr habt hohe zeit.« Als man
das Band, mit dem er gefesselt war, zerschnitt, »ist er gemachlich wider in seine na-
türliche vernunfft komen / wiewol er sich zuuor gar seltzam gekrümmet / vnd gezit-
tert / vnd grosse hitze hatte«29.
Über diesen seltsamen Besucher verfaßte der »Maler vnd Bürger zu Dreßden«
Augustus Cordus eine eigene Flugschrift. Ein mit »HANS VADER« unterschriebe-
nes Holzschnittportrait ziert das Titelblatt. Auch dieser bärtige Mann mit kurzen
Haaren könnte durchaus fünfundzwanzig bis dreißig Jahre alt sein, doch hat er mit
der Person auf dem Holzschnitt in Ebers Flugschrift wenig Ähnlichkeit. Wer diese Il-
lustration anfertigte, ist unklar. Vielleicht war es Cordus selbst, wenn man unter »Ma-
ler« einen »Briefmaler« versteht30.
Wahrscheinlich am 31. März kam Hans Vater mit vielen Empfehlungsschreiben
in Freiberg (Meißen) an. Auch dort ermahnte er seine Zuhörer zur Buße und machte
den Eindruck »grosse[r] Heiligkeit«. Als ihn aber die Geistlichen »fürfordern lassen
und verhöret / ist er gar schlecht bestanden / und hat ihm mit den [sic] binden und
anderer Gauckeley nicht so glücken wollen als sonst«31.

25
Ebd., fol. C3r, D1r.
26
Ebd., fol. C3v. In einer so gut wie identischen Ausgabe derselben Flugschrift von einem ande-
ren Drucker (Paul EBER, Beschreibung […], Wittenberg: Jacobus Lucius [1562] (vorhanden: Her-
zog August Bibliothek Wolfenbüttel, 511.17 Theol. 4°(5))) wird der Holzschnitt nach Ende des
Textes auf fol. D2v sogar noch ein zweites Mal gedruckt.
27
EBER, Beschreibung (wie Anm. 2), fol. C4v.
28
Georg FABRICIUS, Rerum Misnicarum Libri VII, Leipzig: Ernestvs Voegelinvs [1569?], S. 216.
29
CORDUS, Warhafftiger […] Bericht (wie Anm. 5), fol. A1v–A2v, Zitate fol. A2rf.
30
Ebd., fol. A1rf., A3v, Zitate fol. A1rf.
31
Andr[eas] MOLLER, Theatrum Freibergense Chronicum. Beschreibung der alten löblichen
BergHauptStadt Freyberg in Meissen […], Bd. 2, Freiberg: Georg Beuther 1653, S. 277f., Zitate S.
278. Laut CORDUS, Warhafftiger […] Bericht (wie Anm. 5), fol. A3v, fuhr Hans Vater am Oster-
200 Jürgen Beyer

Auch ein undatiertes Zeitungslied erwähnt Hans Vaters Bußpredigten:

»So schickt vns jtzt Gott auch ein man


Der offendtlich mit seinem Mundt
Den Gottes zornen vns verkundt
Der wünderlich gebunden wirdt
Am Bandt man keinen knotten spürt
Niemandt kans auffbinden der zeit
Mit eim Messer mus mans auffschneit
Zun Ohren dringt jm aus das blut
Darnach der Mensch sehr schreien thut
Vnd ruffet laut an vnterlos
Zeigt an das vnser sünd sein gros
Daruon wir sollen lassen ab
Wie ich das selb vernummen hab.«32

Die letzte Zeile ist möglicherweise eine Formel, die einen Reim mit der vorherge-
henden Zeile herstellen soll. Wo der Verfasser Hans Vater begegnet sein will, wird
nicht gesagt. Der Druck beginnt mit drei anderen Wunderzeichen, die auf den 28.
Dezember 1561, den 25. Januar 1562 und den 13. März [1562] datiert sind, dann fol-
gen die zitierten Verse; den Schluß bildet ein Bußaufruf. Wahrscheinlich erschien
dieses Zeitungslied noch vor Hans Vaters Ankunft in Nürnberg.
Zurück zu den Nürnberger Ereignissen. Nachdem dem Rat von dem Gespräch mit
den Pastoren berichtet worden war, beschloß man, Hans Vater für die nächsten Tage
unter Hausarrest zu stellen33, denn einige Dinge hatten das Mißtrauen des Rats er-
regt, vor allem, daß Hans Vater schon gefesselt in Nürnberg angekommen war, doch
durften die Pastoren und andere »Erbar[e] Burger« ihn im Gasthaus besuchen, um
»jhne zu trösten / zu beschawen / vnd mit jme zu reden«34.
Nach drei Tagen wurde Hans Vater ungeduldig. Er drängte darauf, Ausgang zu
erhalten und in die Kirche zum Abendmahl gehen zu können. Außerdem stelle sich
seine innere Unruhe wieder ein, so daß er aus Nürnberg fort müsse. Einmal schrie er
»frü gegen dem tag / in eim angemasten schlaff / mit grossem seufftzen vber ettlich
Stet / land vnd Fürstenthumb Wehe«35.
Der Rat wurde mißtrauischer. Man entdeckte einige Unstimmigkeiten in Hans Va-
ters Urkunden, vernichtend wurde für ihn allerdings, daß am 27. April dem Rat mit-

dienstag (31. März) auf einem vom Dresdner Rat gestellten Wagen mit Wächtern von Dresden in
Richtung Freiberg ab; laut Moller (S. 277) kam er am 28. März in Freiberg an, doch sind sicherlich
die Angaben aus der im selben Jahr erschienenen Flugschrift von Cordus vorzuziehen, dessen Da-
tierung sich vor allem auf die kirchlichen Feiertage stützt.
32
Vber die grossen vnd erschrecklichen Zeichen am Himel vnd auff Erden / so in kurtzer zeit
geschehen sind. Ein Epigramma, o.O.: o.Dr. [1562] (vorhanden: Institut für Zeitungsforschung,
Dortmund, Nr. 438), fol. A3r. Unter dem Text stehen die Initialen »N.P.«.
33
StA Nürnberg, Reichsstadt Nürnberg, Verlässe des Inneren Rats, Nr. 1208, fol. 40v.
34
Gründlicher vnnd warhaffter Bericht (wie Anm. 4), fol. B1vf., Zitate fol. B2r.
35
Ebd., fol. B2rf., Zitate fol. B2v.
Besessenheit und Bußpredigt 201

geteilt wurde, daß auch der Nürnberger Bürger Melchior Stenntz das Kunststück der
Selbstfesselung beherrsche. Obwohl Hans Vater ansehen mußte, wie Stenntz sich
selbst die Hände hinter dem Rücken fesselte, blieb er zunächst bei seiner Aussage
und gab nur gewisse Übertreibungen in den Urkunden zu. Am folgenden Tag wech-
selte er dann die Strategie. Ihm sei in der letzten Nacht ein schwarzgekleideter Mann
erschienen, der ihm mitgeteilt habe, daß er »verdampt vnnd des Teuffels« sei, ohne
Aussicht auf Erlösung. Als einer seiner Bewacher versuchte, ihn mit erbaulichen
Worten zu trösten, verspottete er »mit lesterlichen worten« das Abendmahl und woll-
te sich weder aus der Postille vorlesen lassen noch andere »trostsprüch hören«36.
Einige Stunden später gab er auf. Er erklärte, ein Geständnis ablegen zu wollen.
Am 30. April berichteten drei seiner Wächter dem Rat, daß Hans Vater ihnen »sein
Kunßtstucklein« vorgeführt habe. In den folgenden Verhören gestand er seinen Be-
trug, aber hielt zunächst an seinen Aussagen über das verzauberte Brot und »das er
Zum pinden getrieben werde« fest37. In dem Gründlichen vnnd warhafften Bericht
legt er gleich ein umfassendes Geständnis ab. Der andere Hirte, Nickel Göttel, habe
ihm ein Brot als »leickauff«38 zum Essen gegeben, als er ihm das Kunststück der
Selbstfesselung gezeigt habe. Der Teufel habe dabei überhaupt keine Rolle gespielt.
Er führte den Beauftragten des Rats sein Kunststück vor. Wenn er unbeobachtet ge-
wesen sei, habe er sich selbst gefesselt und sei dann so unter die Leute gelaufen.
Auch das blutende Ohr konnte er seinen Zuschauern vorführen. Er saugte »gar ge-
schwindt ein gantze handt vol / dick vnnd rotes blut aus den zeenen«, träufelte das
Blut von der Hand in das linke Ohr und verteilte auch etwas Blut über die Wange39.
Er habe »nach dem Exempel Jeremiae des Propheten« Buße gepredigt, damit sein
Binden glaubwürdiger erschienen sei. Die beurkundeten Wunder hätten sich nicht
zugetragen. Er habe auch weder einen Mann in einem weißen Gewand mit einer
Messingkrone auf dem Kopf noch ein anderes Gesicht gesehen. Er habe diesen Be-
trug inszeniert, um damit Geld zu verdienen und sich auf diese Weise zu ernähren,
doch habe er bisher noch nicht viel bekommen. Nirgends habe er Geld gefordert, son-
dern stets nur freiwillige Gaben entgegengenommen40. Die Übertreibungen in den
Urkunden erklärte er dadurch, daß »die leut jmmerdar mehr dann sich zugetragen
hinzulegten / so het er jnen gleych darzu geholffen / vnd alles mit ja bestettigt«41.
Am Sonnabend, dem 9. Mai 1562, verurteilte der Rat Hans Vater dazu, eine halbe
Stunde am Pranger zu stehen. »[S]ein falsch vnnd betriegerey« wurde »offentlich vom

36
StA Nürnberg, Reichsstadt Nürnberg, Verlässe des Inneren Rats, Nr. 1208, fol. 42r, 46v;
Gründlicher vnnd warhaffter Bericht (wie Anm. 4), fol. B2v–B3v, Zitate fol. B3v.
37
StA Nürnberg, Reichsstadt Nürnberg, Verlässe des Inneren Rats, Nr. 1209, fol. 1r, 3v, 5v, 8r.
38
Leikauf: Trunk zur Besiegelung eines Handels.
39
Gründlicher vnnd warhaffter Bericht (wie Anm. 4), fol. B4r–C1v, Zitate fol. B4v, C1v.
40
Ebd., fol. B4v, C1vf., Zitat fol. C1v.
41
Ebd., fol. C1v, vgl. auch fol. B3r: »dieweyl aber die sag zu Hall von einer silberen ketten gan-
gen / het ers jm an die vrkundt neben heraus auff die seytten schreiben lassen« (»sag« bedeutet
nicht »Sage« im Grimmschen Sinne, sondern soviel wie »Gerede« oder »Gerücht«).
202 Jürgen Beyer

Rathaus herab gelesen«, danach wurde er ausgepeitscht, und ihm wurde verboten, je
wieder Nürnberger Gebiet zu betreten42.
Auf Beschluß des Rats wurde von diesen Ereignissen zur Information und Ab-
schreckung ein Gründlicher vnnd warhaffter Bericht gedruckt, nachdem der Rat dem
Wortlaut zugestimmt hatte43. Auch diese Schrift, die zweieinhalb Bogen im Quart-
format füllt, ziert ein Titelholzschnitt, der Hans Vater zeigt. Es handelt sich hier pi-
kanterweise um eine spiegelverkehrte und verkleinerte Wiedergabe des Holzschnitts
in Ebers Flugschrift, deren textliche Darstellung ja durch die Nürnberger Schrift wi-
derlegt wird (vgl. oben, S. 199). Der autorisierte Bericht stimmt allerdings nicht im-
mer mit den von Tag zu Tag geführten Ratsverlässen überein. Nach den Ratsverläs-
sen, die nur kurze Zusammenfassungen der Beschlüsse des Rates enthalten, bittet
z.B. Hans Vater einen Pastor, noch zwei weitere Geistliche zu holen; dann wolle er
sein Geständnis ablegen44. Im gedruckten Bericht bittet er seine Wächter, Abgeord-
nete des Rates für das Geständnis zu holen45. Danach zeigt sich Hans Vater im ge-
druckten Bericht, wie schon erwähnt, als reuiger Sünder, während er nach den Rats-
verlässen, deren Quellenwert man natürlich höher einschätzen muß, eine Zeitlang
noch an einigen seiner Behauptungen festhält. Es sieht so aus, als ob die literarische
Bearbeitung des Falls im Namen des Rats sich desselben Topos des bußfertigen Sün-
ders bediente, mit dem Hans Vater sein Brot verdient hatte.
Der Rat selbst bezeichnete später diesen gedruckten Bericht als »summarisch«, als
ein thüringischer Adliger Nachricht über Hans Vater erbat46. Wahrscheinlich war
Hans Vater wieder aufgefallen. Ob er seinen Trick noch einmal probiert hatte47?
Hier könnte der Aufsatz enden. Hans Vater gibt seinen Betrug zu, der Nürnberger
Rat jagt ihn kurzerhand aus der Stadt und verbaut ihm die weitere Karriere, indem er
den Gründlichen vnnd warhafften Bericht drucken und verbreiten läßt. Es lohnt sich
aber trotzdem, sich noch etwas mit Hans Vater zu beschäftigen, denn offensichtlich
hatte er Besessenheit und verwandte Phänomene sehr genau studiert, bevor er sein
Abenteuer begann.

42
StA Nürnberg, Reichsstadt Nürnberg, Verlässe des Inneren Rats, Nr. 1209, fol. 12r; Gründli-
cher vnnd warhaffter Bericht (wie Anm. 4), fol. C2v (Zitate).
43
StA Nürnberg, Reichsstadt Nürnberg, Verlässe des Inneren Rats, Nr. 1209, fol. 12r, 19v.
44
Ebd., Nr. 1208, fol. 46v.
45
Gründlicher vnnd warhaffter Bericht (wie Anm. 4), fol. B4r.
46
Im Nürnberger Briefbuch ist nur die Antwort des Rates vom 16. Juni 1562 an Gunther von
Bühnau zu Pahren erhalten, wo auf die Beilagen mit Abschriften der Verhörprotokolle verwiesen
wird, die aber im Original nicht mehr vorhanden sind. Die Hintergründe des Briefes aus Thüringen
sind nicht bekannt, nur wird deutlich, daß Hans Vater dort wahrheitswidrig behauptet hatte, in
Nürnberg gefoltert worden zu sein. Der Rat sendet noch einige zusätzliche Exemplare des gedruck-
ten Berichts, der dem Adligen schon bekannt war, nach Thüringen (StA Nürnberg, Reichsstadt Nürn-
berg, Briefbücher des Inneren Rats, Nr. 170, fol. 268r–269r). Das Archiv des Empfängers ist wahr-
scheinlich im Zweiten Weltkrieg vernichtet worden (Auskunft StA Weimar).
47
In Hans Christoph Scheurls (1535–1592) handschriftlichen Memoiren wird behauptet, daß
Hans Vater »in Thüringen in der Gefängnis an der Marter« gestorben sei (HAMPE, Von Selbstbin-
dern (wie Anm. 1), S. 29), doch wird kein Datum genannt.
Besessenheit und Bußpredigt 203

Auch wenn man den erbaulich-sensationellen Flugschriften und dem vom Nürn-
berger Rat autorisierten Gründlichen vnnd warhafften Bericht nicht in allen Punkten
Glauben schenken kann, läßt sich doch die Entwicklung von Hans Vaters Strategie
in groben Zügen skizzieren: Im Sommer 1559 lernte Hans Vater von Nickel Göttel
die Kunst der Selbstfesselung. In der Folgezeit benutzte Hans Vater seine Fingerfer-
tigkeit, um den Eindruck zu erwecken, er werde vom Teufel gefesselt und gequält.
Er unterstrich das noch durch sorgfältig gewählte Begleitumstände bei solchen Er-
eignissen. Während dieser Zeit verdiente er seinen Lebensunterhalt weiterhin als Hir-
te. Manche Neugierige kamen, um den seltsamen Mann zu sehen. Möglicherweise
gaben sie ihm auch etwas Geld.
Um Weihnachten 1561 wird Hans Vater den Entschluß gefaßt haben, von Stadt zu
Stadt zu ziehen. Vielleicht nicht gleich auf seiner ersten Reise, aber doch bald fügte
er den Bußaufruf zu seinem Repertoire hinzu (während daraus der spitze Gegenstand
offenbar verschwand, der sich nach Fesselungen unter seiner Kehle befunden hatte).
Bei diesem Bußaufruf berief er sich jedoch nicht einfach auf die kirchliche Lehre,
sondern gab vor, von einer höheren Macht dazu getrieben zu werden, weshalb zu sei-
ner Rolle auch noch Krämpfe, unbewußtes Sprechen und Visionen gehörten. Im Lau-
fe der Zeit scheint er auch kleinere Details seiner Strategie (wie die Zutaten des bläu-
lichen Brots) optimiert zu haben.
Während der schrittweise Aufbau seiner vorgetäuschten Identität zumindest in
groben Zügen rekonstruierbar ist, fällt es bedeutend schwerer, sich über Hans Vaters
Selbstverständnis zu äußern48. Auf dem Höhepunkt seiner Karriere ging er über-
durchschnittlich oft zum Abendmahl und verhielt sich wie ein vorbildlicher Laien-
christ. Der ältesten Flugschrift über Hans Vater ist wenig über seinen Glauben zu
entnehmen. Dort antwortete er zuerst auf das Angebot, in Nickel Göttels Dienste zu
treten, nur, er habe »keinen verlangen nach jrgent einem andern Herrn / denn er habe
einen frommen Herrn / dafür er auch seinem getrewen Gott fleissig dancke / der jn
also trewlich vnnd gnediglich erhelt vnd bewart«49. Ob dies ein Zusatz des Verfas-
sers ist oder ob vielleicht Hans Vaters Aussage in Nürnberg besser zutrifft, daß er
als Kuhhirte wenig Kontakt mit dem kirchlichen Leben gehabt habe, ist schwer zu
entscheiden. Während seiner Wanderungen hatte er reichlich Gelegenheit – und war,
um seine Rolle gut spielen zu können, auch dazu gezwungen –, sich weitergehende
religiöse Kenntnisse anzueignen. Ob die »lesterlichen Worte« über das Abendmahl
in Nürnberg seiner inneren Überzeugung entsprachen oder wieder nur Teil einer
Strategie waren, ist schwer zu beurteilen.

48
Vgl. zur Problematik von Konstruktionen wie ›Identität‹, ›Subjektivität‹ oder ›Selbstverständ-
nis‹ in der historischen Forschung Martin RHEINHEIMER, Professor Kortholt und der besessene
Knabe oder: Der Historiker, das historische Subjekt und die Fallen der Subjektivität, in: DERS.
(Hrsg.), Subjektive Welten. Wahrnehmung und Identität in der Neuzeit (Studien zur Wirtschafts-
und Sozialgeschichte Schleswig-Holsteins, Bd. 30), Neumünster 1998, S. 11–49.
49
Schreckliche Zeitung (wie Anm. 11), fol. A2r; »fromm« konnte zu dieser Zeit auch »recht-
schaffen« bedeuten.
204 Jürgen Beyer

Deutlich scheint nur zu sein, daß Hans Vater von Anfang an sich selbst fesselte und
über die Ursache der Fesselungen log. Das macht seine Aussagen nicht glaubwürdi-
ger. Genauso deutlich ist aber auch, daß Hans Vaters Strategie in ihren verschiedenen
Entwicklungsstufen fast drei Jahre lang erfolgreich war. Worauf konnte er bauen?
Hans Vater und der Nürnberger Bürger Melchior Stenntz waren nicht die einzi-
gen, die sich selbst fesseln konnten. Wenige Jahre zuvor hatte auch ein Mädchen in
Frankreich Aufsehen erregt. Ihm wurden vom Teufel die Hände gefesselt bzw. es
wurde irgendwo angebunden. 1552 wurde es nach Paris gebracht, wo sich Theologen
und Mediziner von dem diabolischen Charakter seiner Fesselungen überzeugten50.
Man kann natürlich vermuten, daß dieses Mädchen sich selbst fesselte, doch kann
man sich dabei nicht so sicher sein wie bei dem folgenden Fall. Ein Peter Weber aus
Tübingen zog sich 1679 und 1680 an mehreren Orten Deutschlands splitternackt aus
und fesselte sich dann selbst. Er behauptete, von Räubern ausgeraubt und gefesselt
worden zu sein. Aus Mitleid wurden ihm dann Kleidungsstücke und andere Gaben
geschenkt, bis der Betrug schließlich aufflog51. Zu dieser Zeit hatte sich der kulturel-
le Kontext offenbar schon so weit gewandelt, daß mit Fesselungen durch den Teufel
kein Geld mehr zu verdienen war.
War Hans Vater überhaupt besessen bzw. gab er vor, besessen zu sein? Das Wort
taucht in den Quellen nicht auf. Dort ist eher von Anfechtung die Rede oder davon,
daß Hans Vater vom Teufel geplagt werde. Bei zeitgenössischen Fällen von Beses-
senheit – von denen man damals glaubte, daß sie häufiger als früher aufträten52 –
kam es durchaus vor, daß die betroffenen Personen sowohl Phasen der Ruhe (in de-
nen sie sich wie andere fromme Menschen verhielten) als auch Phasen in der Gewalt
des Teufels (mit Xenoglossie, Krämpfen, Weissagen usw.) durchlebten53, weshalb
Hans Vater zweifellos als besessen aufgefaßt werden konnte, doch wurde kein Ver-
such unternommen, den oder die Teufel aus ihm auszutreiben.
Johann Weyer widmet drei Kapitel seines Buches De praestigiis daemonum Fäl-
len von vorgetäuschter Besessenheit. Dabei behandelt er auch Hans Vater. Einen

50
J[ean] BODIN, De la demonomanie des sorciers […], Lyon: Pavl Frellon 41598, S. 166f.
(Buch 2, Kap. 3). Die erste Auflage erschien 1580. Damals scheint die Frau noch gelebt zu haben.
51
HAMPE, Von Selbstbindern (wie Anm. 1), S. 29, 40f.
52
H.C. Erik MIDELFORT, A history of madness in sixteenth-century Germany, Stanford 1999,
S. 58.
53
Vgl. Ein Grawsame erschröckliche vnd wunderbarlich geschicht oder newe zeytung / welche
warhafftig geschehen ist / inn disem 1559. Jar / zur Platten / zwo meyl weges vom Joachims thal /
alda hat ein schmid ein Tochter / die ist vom bösen feyndt dem Teuffel eingenummen / vnd beses-
sen worden / der hat so wunderbarlich vnnd seltzam ding auß jr geredt / mit den Priestern / die teg-
lich bey jr gewest sind. Vnd wie er letzlich von jr außgetriben worden ist / durch der Priester / vnnd
vil frummer Christen des gemeinen Volcks Gebet vnd seufftzen / Welchs sie teglich für sie zu Gott
gethan haben […], Nürnberg: Valentin Neuber [1559] (vorhanden: Institut für Zeitungsforschung,
Dortmund, Nr. 419), fol. A2v, ND in: Johann SCHEIBLE, Das Schaltjahr, Bd. 2, Stuttgart/Leipzig
1846, S. 466–474; Paulus FRIEDEBORN, Historische Beschreibung der Stadt Alten Stettin in Pom-
mern […], Bd. 2, Stettin: S. Jochim Rheten Erben 1613, S. 117f.; MIDELFORT, A history of mad-
ness (wie Anm. 52), S. 74–76.
Besessenheit und Bußpredigt 205

weiteren Fall habe Weyer selbst erlebt. Durch eine trickreiche Quecksilberdiät habe
ein niederländischer Bettler teuflische Zuckungen seines Körpers ausgelöst, um auf
diese Weise seine Almoseneinnahmen zu erhöhen54. Ein weiteres Beispiel vorge-
täuschter Besessenheit stammt aus Jütland. Im Jahre 1583 kam eine Frau mit ihrer
neun- bis zehnjährigen Tochter nach Viborg. Sie hatte die Tochter angewiesen, sich
vom Teufel besessen zu stellen, um auf diese Weise Almosen sammeln zu können55.
Daß Besessenheit durch eine verzauberte Mahlzeit verursacht werde, scheint eben-
falls den Vorstellungen der Zeit entsprochen zu haben. In einer 1559 in Nürnberg er-
schienenen Flugschrift wird der Teufel in einem besessenen Mädchen gefragt, wie er
in sie hineingekommen sei. Er antwortete, »sie habs in einem trunck bier eingesof-
fen / zur Faßnacht in einer fliegen gestalt«. Dieser Teufel hielt zudem, als man ihn
bedrängte, wider seinen Willen Bußpredigten, weil Gott es ihm befohlen habe56.
Hans Vater benutzte auch Motive aus dem Umkreis der Hexerei. Er behauptete
selbst, durch den später (offensichtlich wegen Hexerei) verbrannten Nickel Göttel
verzaubert worden zu sein; außerdem gibt es Andeutungen eines Teufelspaktes auf
begrenzte Zeit.
Ein wichtiger Punkt in Hans Vaters Repertoire, jedenfalls im Jahr 1562, waren sei-
ne Aufrufe zur Buße. Er scheint sich hier die lutherischen Laienpropheten zum Vor-
bild genommen zu haben, von denen aus der Zeit von ca. 1550 bis 1700 ungefähr
dreihundert aus allen lutherischen Ländern (bis auf Island) bekannt sind; zu Hans Va-
ters Zeiten jedoch nur aus Deutschland. Es handelte sich hier in der Regel um Laien,
denen Engel erschienen, die sie aufforderten, ihre Mitmenschen zur Buße zu ermah-
nen. Geschehe das nicht, käme in Kürze Gottes Strafe, meistens in Form von Krieg,
Pest oder Hungersnot57. Hans Vater gibt selbst zu, den Bußaufruf hinzugefügt zu ha-
ben, um beim Volk glaubwürdiger zu erscheinen. Außerdem hat er Visionen, erhält
von einem Engel den Befehl zur Bußpredigt, sträubt sich zuerst, den Auftrag auszu-
führen, ruft »Wehe!« über verschiedene Länder, gibt ein Zeichen an seinem Körper
(das Bluten dokumentiert den übernatürlichen Einfluß, dem er unterliegt), wendet sich
nicht nur direkt an die Pastoren, sondern predigt auch dem einfachen Volk, geht gern
zur Predigt und zum Abendmahl und führt ein vorbildliches, enthaltsames Leben58.

54
Ioannes WIERUS [WEYER], De praestigiis daemonum, et incantationibus ac ueneficijs, Libri
V, Basel: Ioannes Oporinus 31566, S. 460–474 (Hans Vater und der Bettler, S. 460–464).
55
Holger F. RØRDAM (Hrsg.), Nogle Bidrag til Overtroens Historie i 16de Aarhundrede, in:
Samlinger til jydsk Historie og Topografi 8 (1880–1881), S. 151–156, hier S. 153f. Einen offen-
sichtlich ähnlichen Fall gab es noch hundert Jahre später: Wahre Umständliche Erzehlung von Dem
Mägdlein zu Hartmannsdorff obig Penig / wie solches einige Zeit vor Besessen gehalten / aber auf
sonderbahre Weise falsch erfunden worden […], Jena: Johann Bielcke 1694 (vorhanden: Universi-
tätsbibliothek Dorpat: Bergm. 3857).
56
Ein Grawsame […] geschicht (wie Anm. 53), Zitat fol. A3r.
57
Jürgen BEYER, Lutheran lay prophets (c.1550–1700), Diss. masch. Cambridge 2000 (die Druck-
fassung erscheint in der Reihe Veröffentlichungen des Instituts für Europäische Geschichte Mainz).
58
Vgl. BEYER, Lutheran lay prophets (wie Anm. 57), S. 82–112; DERS., Lutheran popular
prophets in the sixteenth and seventeenth centuries. The performance of untrained speakers, in: Nor-
dic Yearbook of Folklore 51 (1995), S. 63–86.
206 Jürgen Beyer

Hans Vaters Reise durch Deutschland erinnert an einen Propheten aus dem Jahr
1550. Der Bericht über diesen Propheten sei hier vollständig zitiert, wobei die Punk-
te, die auch aus Hans Vaters Strategie bekannt sind, mit Kursive wiedergegeben wer-
den: »Es ist einem unsers Mittels ein altes MStum [Manuskript] zu Gesicht kommen
/ in welchem ausführliche Nachricht gegeben wird von einem Propheten / der sich
A. 1550 zu Cüstrin eingefunden. Er kam an das Thor / rieff man solte Busse thun /
und begehrte mit dem Pastore zu sprechen / welcher auch nebst einem Fürstlichen
Rath zu ihm kam; Da er denn vorgab / er sey ein Leinweber von Franckfurt am Mäyn
bürtig / hätte im Schlaff den Trieb bekommen / daß er müste herumb gehen und die
Leute von Sünden abmahnen / thue er es nicht / so sey es als ob ihm der Kopff zu-
springen wolle. Er sey schon etliche mahl deßwegen gefangen gesessen / wolle auch
ietzt nach Berlin und den Churfürsten wegen des Interims straffen / wäre ihm lieb
wenn er darüber sterben müsse. Den Pastorem zu Cüstrin ermahnte er einmahl über
das andere / in das Interim nicht zu gehehlen. Ein Wiedertäuffer wolte er nicht seyn /
sondern ermahnete bey Lutheri Lehre zu bleiben. Von dem Churfürsten Mauritio und
Land=Graffen zu Hessen redete er sehr übel. Von der Tauffe lehrte er / daß sie nur
die Erb=Sünde hinweg nehme / hielt sich sonst in den Lehr=Puncten in dieser kurt-
zen Unterredung ziemlich / gab aber vor / daß Käyser Carl wegen des Interim noch
viel Blut vergiessen werde / und alsdenn werde ihm GOtt einen Ring in die Nase le-
gen.«59 Leider ist der Bericht nicht ausführlicher und seine Quelle, das alte Manu-
skript, nicht zu identifizieren.
Hans Vater und dieser Prophet wendeten sich nicht nur an die Menschen in der nä-
heren Umgebung, wie das lutherische Propheten normalerweise taten, sondern zogen
von einem Ort zum andern. Hans Vater wanderte als Thüringer nur durch die lutheri-
schen Gebiete, in denen er sich problemlos verständigen konnte: Thüringen, Sachsen
und Franken. Nach Nieder- und Oberdeutschland kam er nicht. Um einen anderen
Fall zu nennen: Wenige Jahre vor Hans Vater zog ein meißnischer Prophet mit dem
Namen Jürgen durch Schlesien, Preußen und Livland. In den livländischen Städten
sprachen die Bürger damals noch Niederdeutsch, während man sich mit der Landbe-
völkerung besser auf lettisch, livisch, estnisch oder schwedisch verständigen konnte,
aber das schien diesen Propheten nicht abzuschrecken60. Vielleicht kann man daraus
schließen, daß Hans Vater – im Gegensatz zu Jürgen – ziemlich kalt berechnend war.
Hans Vater kombinierte in seiner Strategie also zwei Modelle: das des Besessenen
und das des Propheten. Zur Ausschmückung seiner Erzählungen bzw. zur Steige-
rung ihrer Glaubwürdigkeit benutzte er mehrere Motive, wie sie auch aus der zeitge-
nössischen Flugschriftenliteratur bekannt sind (die ausführlich über Besessene und
Propheten berichtete). Das bedeutet nicht unbedingt, daß er diese Schriften gelesen

59
Nachricht von einem Propheten der A. 1550. herumb gewandert, in: Unschuldige Nachrichten
Von Alten und Neuen Theologischen Sachen [8] (1708), S. 283f.
60
Paul JOHANSEN, War der ewige Jude in Hamburg?, in: Zeitschrift des Vereins für Hamburgi-
sche Geschichte 41 (1951), S. 189–203; mit Ergänzungen bei BEYER, Lutheran lay prophets (wie
Anm. 57), S. 63–65; DERS., Lutheran popular prophets (wie Anm. 58), S. 66, 85f.
Besessenheit und Bußpredigt 207

hatte. Flugschriften wurden Leseunkundigen auch vorgelesen. In Kompilationen


wurde der Inhalt vieler Flugschriften aufbereitet und später in Predigten verarbeitet,
doch schöpften die Pastoren auch direkt aus Flugschriften. Weil die mündliche In-
formationsflut des 16. Jahrhunderts kaum noch greifbar ist, soll hier auf gedruckte
Zeugnisse zurückgegriffen werden in der Annahme, daß Hans Vater von den dort
verbreiteten Motiven Kenntnis erhalten konnte.
Natürlich kannte nicht nur Hans Vater die gängigen Motive, mit deren Hilfe von
vergleichbaren Wundern erzählt wurde. Auch seinen Zuhörern waren sie vertraut.
Mehr oder weniger automatisch wurden bei Erzählungen über Hans Vater den als
Tatsachenberichte aufgefaßten Geschichten solche Motive hinzugefügt61. Hans Vater
erkannte das sehr deutlich und gab es in Nürnberg auch zu62.
Schlachten wurden oft am Himmel gesehen63, wobei es für unsere Zwecke gleich-
gültig sein mag, um welche meteorologischen oder astronomischen Phänomene es
sich dabei handelte.
Eine Erzählung von einem (neugeborenen) Kind, das sich in Kornähren verwan-
delt, dann in einen Frosch und schließlich wieder in ein Kind, ist aus der volksläufi-
gen Literatur durchaus bekannt, allerdings bisher erst aus späterer Zeit64. Nach die-
sen Parallelen wären die Kornähren ein Zeichen für eine gute Ernte und der Frosch
für eine Überschwemmung.
Hans Vater rief über verschiedene Städte »Wehe!«. Das am weitesten verbreitete
literarische Vorbild hierzu war Jesus, Sohn des Ananias, der die letzten sieben Jahre
vor der Zerstörung Jerusalems beständig mit dem Ruf »Wehe über Jerusalem!« durch
die Stadt lief. Diese Erzählung aus Josephus war in Johannes Bugenhagens Evange-
lienharmonie überall zugänglich und wurde auch gelegentlich als Vergleich zu lu-
therischen Propheten herangezogen, u.a. in einer Flugschrift aus dem Jahr 156065.
Hans Vater gab an, vom Teufel in eine wüste Gegend geführt worden zu sein, wo
er drei Tage lang gefastet habe. Dies erinnert an Jesu Versuchung (Mt. 4,1–11), den
Evangelientext für den ersten Sonntag der Passionszeit, der 1562 auf den 15. Febru-
ar fiel66.

61
Vgl. auch Jürgen BEYER/Reet HIIEMÄE (Hrsg.), Folklore als Tatsachenbericht, Dorpat 2001.
62
Siehe S. 201.
63
Vgl. z.B. Bruno WEBER (Hrsg.), Wunderzeichen und Winkeldrucker 1543–1586. Einblatt-
drucke aus der Sammlung Wikiana in der Zentralbibliothek Zürich, Dietikon/Zürich 1972, S. 72,
88, 106, 126; vgl. auch EBER, Beschreibung (wie Anm. 2), fol. A1v–A4r.
64
Et sandfaerdigt og meget forunderligt Stort Mirackel Seet paa et Drenge=Barn / som indevae-
rende Aar er født udi Dantziger Werder ved Dantzig / hvilket blev tre gange forandret for Praesten
ved Daaben førend det blev døbt […] Tilligemed hvad bemelte Barn talede og spaade førend det
døde. Viisen er Ord fra Ord som den Tydske der er tryckt udi Dantzig […], o.O.: o.Dr. 1720, ND
Hadersleben: o.Dr. o.J. (vorhanden: Königliche Bibliothek Kopenhagen: 53,–109 8° u. 14,–305 8°);
C[arl] RUßWURM, Sagen aus Hapsal und der Umgegend. Erste Sammlung, Reval/Leipzig 1856, S.
25–27.
65
BEYER, Lutheran lay prophets (wie Anm. 57), S. 65–68.
66
Jedenfalls in den meisten lutherischen Territorien, vgl. z.B. Euangelia vnd Episteln […], Kö-
nigsberg: Georg Osterberger 1587, fol. G4rf.
208 Jürgen Beyer

Kurz bevor Hans Vater seine Rolle aufgab, behauptete er, verdammt und des Teu-
fels zu sein. Ein Bericht über den wohl berühmtesten Verzweifelten der Frühen Neu-
zeit, den Italiener Francesco Spiera, war wenige Jahre zuvor auch in deutscher Über-
setzung erschienen67.
Für provozierte Blutungen von Bußpredigern ließe sich vom Ende des 16. Jahr-
hunderts noch ein weiteres Beispiel anführen, nämlich der Tagelöhner Silvester Claus
aus Dithmarschen, der sich mit einem Pfriem in die Nase zu stechen pflegte. Er
konnte so seine Blutungen vorhersagen und hielt zu diesen Zeitpunkten dann Buß-
predigten68.
Der Fall Hans Vater scheint seinerzeit viel Aufsehen erregt zu haben, was sicher
nicht zuletzt dem Gründlichen vnnd warhafften Bericht zu verdanken ist. In einigen
der benutzten Flugschriften finden sich handschriftliche Kommentare, die mitteilen,
daß Hans Vater später als Betrüger entlarvt worden sei69. In mehreren Chroniken
und in Werken der dämonologischen Literatur des 16. Jahrhunderts ist die Darstel-
lung des Gründlichen vnnd warhafften Berichts bekannt, zum Teil wohl aus zweiter
Hand70. Auch der württembergische Reformator Johannes Brenz verwies auf den
Fall, als er 1563 zu einer Engelserscheinung Stellung nehmen sollte71.
Interessant sind die Äußerungen zweier zeitgenössischer katholischer Kommenta-
toren, die beide Hans Vater für eine typisch lutherische Erscheinung halten. Der Hil-
desheimer Johan Oldecop schreibt, die Reformatoren hätten mit ihrem Solafideismus
eine Verrohung der Sitten herbeigeführt. Zwar hätten die Pastoren seit einiger Zeit

67
Eine Erschreckliche Historia von einem / den die feinde des Euangelij inn welsch Land ge-
zwungen haben / den erkanten CHRIstum zuvorleugnen, o.O.: o.Dr. o.J. (mit Vorrede von M[atthias]
Fl[acius] Illyr[icus]) (vorhanden: Stadtbibliothek Szegedin: E. b. 407[5]); vgl. auch L[eendert] F.
GROENENDIJK, Uit de geschiedenis van het exempel, met speciale aandacht voor De tweede Spira,
in: Documentatieblad Nadere Reformatie 13 (1989), S. 88–97; Michael MACDONALD, The Feare-
full Estate of Francis Spira. Narrative, identity, and emotion in early modern England, in: Journal
of British Studies 31 (1992), S. 32–61.
68
F[riedrich] C[hristoph] DAHLMANN (Hrsg.), Johann Adolfi’s genannt Neocorus, Chronik des
Landes Dithmarschen, Bd. 2, Kiel 1827, S. 323, 352.
69
EBER, Beschreibung (wie Anm. 2) (Eintragung auf Latein); Schreckliche Zeitung (wie Anm.
11) (Kommentare auf deutsch); Vber die grossen vnd erschrecklichen Zeichen (wie Anm. 32) (Be-
merkungen auf Latein). Außerdem gibt es handschriftliche Kommentare auf deutsch und dänisch in
Gründlicher vnnd warhaffter Bericht (wie Anm. 4).
70
Johan [Jean] BODIN, De daemonomania magorvm. Vom Außgelaßnen Wütigen Teuffelsheer
[…] Nun erstmals durch […] Johann Fischart […] auß Frantzösischer Sprach / trewlich inn Teutsche
gebracht / vnd an etlichen enden gemehret vnd erkläret […], Straßburg: B. Jobin 1581, S. 282, 21591,
S. 97 (es handelt sich um einen Zusatz Fischarts zu Bodins Erzählung von dem Mädchen in Frank-
reich, vgl. Anm. 50); Julius FREIHERR VON BOHLEN BOHLENDORFF (Hrsg.), Hausbuch des Herrn
Joachim von Wedel auf Kempzow Schloss und Blumberg erbgesessen (Bibliothek des Litterarischen
Vereins in Stuttgart, Bd. 161), Stuttgart/Tübingen 1882, S. 197; FABRICIUS, Rerum Misnicarum
Libri VII (wie Anm. 28); SPANGENBERG, Mansfeldische Chronica (wie Anm. 19); DERS., Sächssi-
sche Chronica (wie Anm. 19); WEYER, De praestigiis daemonum (wie Anm. 54), S. 461–464.
71
HStA Stuttgart, A 206: Oberrat. Städte und Ämter, Bü 3618: Akten betr. die angebliche Er-
scheinung eines Engels vor einem Weib in Dürrmenz, mit Gutachten von Brenz, 1563, Nr. 3.
Besessenheit und Bußpredigt 209

Buße gepredigt, doch beriefen sich die Laien auf die ursprüngliche Lehre und mein-
ten, der Glaube genüge und gute Werke seien schädlich. Deshalb komme es den Pa-
storen so gelegen, daß Engelserscheinungen oder der Betrüger Hans Vater Buße pre-
digten72. Der Franziskaner Johannes Nas benutzt Hans Vater als ein Beispiel für die
protestantischen Exzesse. Er macht sich darüber lustig, daß die Pastoren diesem »Pro-
pheten vnd Euangelischen Bußprediger« so bereitwillig geglaubt hätten73.
Hans Vater zog nur durch lutherische Gebiete. Das mag einmal daran liegen, daß
sie seiner Heimat am nächsten lagen, doch kann man Oldecop und Nas vielleicht in-
soweit recht geben, daß Bußpredigten von Laien in den 1550er Jahren anscheinend
vor allem ein lutherisches Phänomen waren, während Besessenheit und vorgetäusch-
te Besessenheit natürlich auch in anderen Konfessionen vorkamen.
Hans Vater zeigte sowohl Züge von Besessenen als auch von Propheten. Das ist
gar nicht so widersprüchlich, wie es auf den ersten Blick erscheinen mag74. Für bei-
de Gruppen (bzw. für die meisten religiösen Spezialisten) scheint es ein gemeinsames
Repertoire gegeben zu haben75. Im Spätmittelalter war dieses Repertoire auf jeden
Fall schon voll entwickelt, doch wurden in der Frühen Neuzeit die Akzente zum Teil
anders gesetzt, und natürlich gab es Unterschiede zwischen den Konfessionen. Was
gehörte also zu diesem Repertoire76?

1.) Zeichen, die den Zuschauern demonstrierten, daß eine übernatürliche Macht den
Körper eines Menschen kontrollierte und also aus ihm sprach. Für Hans Vater
bedeutete das, daß er gefesselt wurde und sich nicht mehr nach seinem eigenen
Willen bewegen konnte. Darüber hinaus hatte er verschiedene Konvulsionen.
Das Blut lief ihm aus Ohr und Mund. Die Zahl der zeitgenössischen Blutwunder
(die zum Teil mit den Kämpfen um die Bedeutung des Abendmahls zu tun hat-
ten) ist hoch. Hans Vater behauptete, einmal drei Tage lang nichts gegessen zu
haben. Auch über Fastenwunder gibt es viele Berichte. Hans Vater scheint sogar
versucht zu haben, die Gabe des Zungenredens zu demonstrieren, wenn er sich

72
Karl EULING (Hrsg.), Chronik des Johan Oldecop (Bibliothek des Litterarischen Vereins in
Stuttgart, Bd. 190), Stuttgart/Tübingen 1891, S. 485–489.
73
[Johann NAS,] Das Antipapistisch eins vnd hundert. Außerleßner / gewiser / Euangelischer
warhait / bey wölchen (als bey den früchten der Baum) die reyn lehr soll vnd muß erkannt werden /
Dann also spricht der Herr CHRISTVS, Ein yede pflantz so mein Vatter nit gepflanzt / muß außge-
reüt werden, o.O.: o.Dr. 1565, fol. 69v–70v, Zitat fol. 69v (Überschrift), zum großen Teil abgedruckt
bei WALDAU, Hanns Vatter (wie Anm. 4), S. 273f.
74
Vgl. auch Stuart CLARK, Thinking with demons. The idea of witchcraft in early modern Eu-
rope, Oxford 1997, S. 432f.
75
Vgl. auch Sarah FERBER, Possession sanctified. The case of Marie des Vallées, in: Jürgen
BEYER u.a. (Hrsg.), Confessional sanctity (c. 1550–c. 1800) (Veröffentlichungen des Instituts für
Europäische Geschichte Mainz. Beihefte, Bd. 51), Mainz 2003, S. 259–270.
76
Vgl. zum folgenden ausführlicher BEYER, Lutheran lay prophets (wie Anm. 57), S. 177–212;
DERS., Conceptions of holiness in the Lutheran countries, c. 1550–1700, in: Ülo VALK (Hrsg.), Pa-
pers delivered at the symposium Christian Folk Religion, [Bd. 2] (Studies in folklore and popular
religion, Bd. 3), Dorpat 1999, S. 137–168.
210 Jürgen Beyer

schlafend stellte und »Wehe!« rief. Einige Teile des Repertoires beherrschte er
aber nicht, z.B. Xenoglossie und echte Ekstase. All diese Zeichen, die als Beleg
für ein übernatürliches Eingreifen galten, aber die längst nicht alle waren (wie
der Fall Hans Vater zeigt), reichten jedoch meistens nicht aus, um eine göttliche
Berufung zu dokumentieren – und offensichtlich auch keine teuflische Besessen-
heit. Dazu konnten noch kommen:
2.) Ein frommer, heiligmäßiger Lebenswandel (hier gab es natürlich Unterschiede
zwischen den Konfessionen bezüglich des Inhalts und der Form);
3.) Kenntnis von Gottes Willen durch Offenbarungen;
4.) Bußpredigt und Ermahnung, sich an die Lehre der eigenen Kirche zu halten;
5.) Etwas außerhalb dieses Komplexes scheinen im Luthertum (im Katholizismus
war das anders) Heilungen gestanden zu haben, wobei hier Menschen gemeint
sind, die aufgrund ihres religiösen Charismas heilten, nicht Heiler, die verschie-
denste medizinische Therapien anwendeten77.

In diesem Licht betrachtet, war das Auftreten des »Landbetrigers«78 Hans Vater viel-
leicht gar nicht so aufsehenerregend, denn er benutzte seinerzeit gängige Verhaltens-
muster und Motive.

Abstract

Zwischen 1559 und 1562 zog der ehemalige Kuhhirte Hans Vater durch Sachsen,
Thüringen und Franken. Wenn er in eine neue Stadt kam, waren seine Hände auf dem
Rücken gefesselt, und aus einem Ohr strömte Blut. Er gab an, daß er vom Teufel ge-
bunden worden sei und nun geplagt werde als Warnung an die Menschen, daß es ih-
nen einst ebenso ergehen werde, wenn sie sich nicht besserten und Buße täten.
In Nürnberg hatte er mit dieser Strategie weniger Glück als sonst. Der Rat unter-
suchte seinen Fall genau und fand schnell heraus, daß er ein fingerfertiger Betrüger
war, der sich selbst die Hände auf dem Rücken binden konnte und mit diesem Trick
Almosen sammelte. Während der Nürnberger Rat Hans Vater kurzerhand aus der
Stadt jagte, lohnt es sich für uns, ihm eine Zeitlang zuzuhören, denn er hatte die Phä-
nomene der Besessenheit und die Bußpredigten von Laien genau studiert. Der Bei-

77
Vgl. Jürgen BEYER, Ein Husumer Gebetsheiler (1680/81) als Trumpfkarte in der konfessio-
nellen Polemik, in: DERS., Confessional sanctity (wie Anm. 75), S. 337–356; Trevor JOHNSON,
»Victoria a deo missa?« Living saints on the battlefields of the Central European Counter Reforma-
tion, in: BEYER, Confessional sanctity (wie Anm. 75), S. 319–335.
78
SPANGENBERG, Mansfeldische Chronica (wie Anm. 19), fol. 481v; DERS., Sächssische Chro-
nica (wie Anm. 19), S. 697; BODIN, De daemonomania magorvm (wie Anm. 70), S. 282 (Zitat).
Besessenheit und Bußpredigt 211

trag versucht an seinem Beispiel zu zeigen, welche Elemente dieses auffälligen Ver-
haltens so allgemein verbreitet waren, daß sie bewußt imitiert werden konnten.

Possession and repentance: The case of Hans Vater (1559–1562)

Between 1559 and 1562 the former cowherd Hans Vater roamed through Saxony,
Thuringia and Franconia. Everytime he arrived at a new town, his hands were tied
behind his back and blood poured out from his ear. He claimed to have been bound
by the Devil and to be vexed in this way as a warning to other people that they would
undergo the same punishment if they did not mend their ways and repent.
In Nuremberg, however, this strategy was not crowned with the usual success.
The town council investigated the case thoroughly and soon found out that he was
nothing but a dexterous impostor who was capable of tying his hands behind his
back and who collected alms by using this trick. The Nuremberg town council ex-
pelled Hans Vater from its territory without further ado, but it might be useful to lis-
ten to him for a while, as he obviously had observed the phenomena of possession
and lay sermons very closely. Based on this case, the essay attempts to show which
elements of such remarkable behaviour were so widely known that they could be
imitated deliberately.
DAVID LEDERER

»Exorzieren ohne Lizenz …«


Befugnis, Skepsis und Glauben im frühneuzeitlichen Bayern

Die historische Forschung beobachtet seit einiger Zeit, daß Europa seit Ende des 16.
Jahrhunderts tendenziell eine bis dahin unbekannte und enorm ansteigende Welle
von Besessenheitsfällen erlebte. Der französische Historiker und Psychoanalytiker
Michel de Certeau S.J. vermutete schon 1975 tausende von Besessenheitsfällen im
17. Jahrhundert1; ein Jahr später ernannte William Monter diese Periode zum »gol-
denen Zeitalter der Dämonisch-Besessenen«2. Aber erst 1989 konnte H.C. Erik Mi-
delfort eine brauchbare Statistik über Besessenheitsfälle im frühneuzeitlichen Deutsch-
land zwischen 1490 und 1650 vorlegen3. Damals wagte er die mutige Behauptung,
alle veröffentlichten Fälle zur Kenntnis genommen zu haben4, wobei er jedoch ein-
räumte, sich allein auf gedruckte Quellen (d.h. Chroniken, Flugblätter, Predigten und
Neue Zeitungen) zu stützen5. Wenn er inzwischen bei der fast unveränderten neuerli-
chen Publikation dieser Statistik unsere Aufmerksamkeit auf neuere Forschungen zu
ungedruckten Quellen lenkt6, beharrt er dennoch (und mit Recht) auf dem diachroni-
schen Modell seiner früheren Untersuchung – denn vor 1560 ist uns kein vergleich-
bares Phänomen bekannt.
Seine Statistik deutet ferner darauf hin, daß die Fälle dämonischer Besessenheit in
deutlichem Zusammenhang mit den Hexenverfolgungen seit 1560 steigen. Hier han-
delt es sich offensichtlich um parallele Phänomene mit einem verwandten Deutungs-
muster7. Der Struktur nach sind beide Ereignisse neuzeitlich, und wir können (wie
bei den Hexenverfolgungen) davon ausgehen, daß das zunehmende Auftreten von
1
Michel DE CERTEAU S.J., Das Schreiben der Geschichte, Frankfurt a.M. 1991, S. 220 (ur-
sprünglich L’écriture de l’histoire, Paris 1975).
2
Edward W. MONTER, Witchcraft in France and Switzerland. The Borderlands during the Re-
formation, London 1976, S. 60.
3
H.C. Erik MIDELFORT, The Devil and the German People. Reflections on the Popularity of
Demon Possession in Sixteenth-Century Germany, in: Steven OZMENT (Hrsg.), Religion and Cul-
ture in the Renaissance and Reformation, Kirksville 1989, S. 99–119, bes. S. 110.
4
Ebd., S. 104. Siehe auch Anm. 17.
5
Ebd., S. 107.
6
H.C. Erik MIDELFORT, A History of Madness in Sixteenth-Century Germany, Stanford 1999,
S. 60f., bes. Anm. 117f.
7
Schon Anfang des 20. Jahrhunderts erkannte dies Bernhard DUHR, Geschichte der Jesuiten in
den Ländern deutscher Zunge, Bd. 1, Freiburg i.Br. 1907, S. 738.
214 David Lederer

Besessenheit und Exorzismen einer inneren Logik folgte. Mein Beitrag ist ein makro-
historischer Versuch, eine erste qualitative Chronologie des frühneuzeitlichen Exor-
zismus von der Gegenreformation bis zur Säkularisation anhand eines regionalen
Beispiels (im deutschen Südosten, vor allem in Bayern) aufzustellen. Dieses chrono-
logische Deutungsmuster läßt sich grob in drei Abschnitte einteilen:
Phase 1 – Befugnis: Zwischen Mitte des 16. und Mitte des 17. Jahrhunderts er-
lebten Besessenheit und Exorzismus eine Erneuerung, wobei der Ritus modernisiert
wurde und seine Popularität schlagartig zunahm. Radikale Gegenreformatoren und
Jesuiten, vor allem Petrus Canisius, führten eine neue Sachlichkeit ein, gekennzeich-
net durch Routinisierung, Professionalisierung und Systematisierung. Gleichzeitig
kämpften sie gegen inoffizielle Konkurrenten, d.h. gegen all jene Praktiken, die sie
als diabolischen Aberglauben abwerteten. Innerhalb dieses Zeitraums wurden Teufels-
austreibungen wie Hexenverfolgungen zum Bestandteil der Alltags-, wenn nicht der
alltäglichen Kultur in Bayern.
Phase 2 – Skepsis: Zwischen Mitte des 17. und Mitte des 18. Jahrhunderts haben
wir es mit einem ideologischen Paradigmenwechsel (im klassischen Sinne nach Tho-
mas Kuhn8) zu tun, und wir dürfen tatsächlich von einer Gleichzeitigkeit des Un-
gleichzeitigen sprechen. Obwohl der Exorzismus zu Beginn dieser Zeit seinen absolu-
ten Höhepunkt erreichte, verbreitete sich am Hof, ja selbst unter den Jesuiten Skepsis.
Besessenheit wurde nahezu kriminalisiert, und die Besessenen wurden immer öfter
für unzurechnungsfähig gehalten.
Phase 3 – Volksglauben: Ende des 18. Jahrhunderts sagten die gesellschaftliche
Elite und die Aufklärer dem Exorzismus (und vielen anderen Formen der Volksfröm-
migkeit) gemeinsam den Kampf an. Jetzt wurden die Exorzisten zur als abergläubisch
geltenden Zielscheibe. Allerdings erhob das Volk in einer Protestwelle seine Stimme
und nahm seine Bräuche in Schutz. Die Zahl der Besessenen stieg wieder an, ebbte
jedoch bald mit der 1803 stattfindenden Säkularisation ab, wobei die Besessenheit
als Massenphänomen (gleichzeitig mit der Gründung der königlich bayerischen Irren-
anstalt zu Giesing) ihr endgültiges Ende fand.
Neben den bekannten sozialen und kulturellen Bedingungen in Europa, die einen
fruchtbaren Boden für dieses Phänomen bereiteten, können wir deutlich zwei Erre-
ger feststellen, die zugleich die neuzeitliche Besessenheitswelle nach 1560 und zwei
verschiedene Arten der Teufelsaustreibung hervorriefen. Mit großer Wahrscheinlich-
keit beginnt die frühneuzeitliche Exorzismuswelle um 1563 in Augsburg mit Petrus
Canisius (Piet Kanijs, geboren zu Nijmegen 1521)9. Bislang wurde jedoch seine Wir-
kung kaum wahrgenommen, weil seine Tätigkeiten in Augsburg und Altötting durch

8
Thomas S. KUHN, The Structure of Scientific Revolutions, Chicago 1962. Mit ›klassisch‹ mei-
ne ich Descartes.
9
1563 berichtet kein anderer als Johann Weyer von mehreren Fällen, z.B. einer Reihe von Be-
sessenheitsfällen in dem Brigitten-Kloster bei Xanten (Johann WEYER, De Prestigiis Daemonum,
Basel 1563, S. 295f., 417f.). Aber auch Canisius, unterwegs nach Nijmegen, beschrieb 1566 das
gleiche Ereignis in einem Nonnenkloster (Otto BRAUNSBERGER, Beati Petri Canisii, Societatis Iesu,
Epistulae et Acta, Bd. 5, Freiburg i.Br. 1901, S. 652–655). Hans de Waardt sei hier herzlich gedankt.
»Exorzieren ohne Lizenz …« 215

das ›Mirakel von Laon‹ historiographisch überschattet wurden. Dort fand nämlich
1566 der berühmtere Exorzismus an dem französischen Mädchen Nicole Obry statt.
Der spätere Propagandist der Legende, Jean Boulaese, will über 150.000 beiwohnen-
de Zeugen gesehen haben, u.a. König Karl IX. und Königin Catherine de Medici.
Obwohl er mit königlicher Erlaubnis sofort ein Flugblatt darüber drucken ließ, das er
kurz danach dem spanischen König Philipp II. präsentierte, erschien sein endgültiger
und ausführlicher Bericht erst 1578. Inzwischen war Boulaese 1570 nach Rom ge-
reist, wo er eine päpstliche Affirmation für die spätere Arbeit erhielt. Seine Reise
und seine Werbung für die Legende müssen im Zusammenhang mit seiner Beein-
flussung durch die Jesuiten in Rom und vor allem durch Guillaume Postel betrachtet
werden10. Während der Religionskriege, die zu dieser Zeit wüteten, war der Ritus
zum Machtinstrument des Königshauses im Kampf gegen die Hugenotten geworden.
Auch die übergeordnete Rolle der Hostie bei der Teufelsaustreibung läßt sich durch
den Transsubstantiationsstreit im Zuge der Religionskriege erklären. Der Hostie wur-
de sonst eine eher untergeordnete rituelle Rolle nach Weihwasser, Reliquien und der
Intervention der Heiligen zugeschrieben11. In der Tat verbot man später gar deren
Anwendung beim Exorzismus, weil die Hostie dabei möglicherweise der Gefahr aus-
gesetzt werden könnte, durch den Besessenen verunreinigt zu werden12. Man könnte
sogar von einem französischen Sonderweg sprechen, weil diese Art von Teufelsaus-
treibung offensichtlich nur dort vorherrschte, wo Katholiken und Reformierte sich
gegenseitig scharf bekämpften (etwa in Frankreich und den Niederlanden)13. Wenn-
gleich das ›Mirakel von Laon‹ ein eigenständiges populäres Ereignis darstellte, kann
man davon ausgehen, daß der Karrierist Boulaese die Sprengkraft des Stoffes sofort
erkannte, und es ist anzunehmen, daß er vor der Drucklegung der 1578 erschienenen
Fassung der Legende durch seine engen Kontakte mit den Jesuiten in Frankreich und
besonders in Rom indirekt von den Tätigkeiten seines Ordensbruders in Bayern (also
Canisius’) erfahren hatte.
Canisius, nach Bonifaz der ›zweite Apostel der Germanen‹, verkörperte die Zwie-
spältigkeit der gegenreformatorischen Modernisierung, wie sie einst Wolfgang Rein-
hard geschildert hat14. Canisius begründete das moderne Schulwesen im Bistum Augs-

10
Guillaume POSTEL/Jean BOULAESE, De summopere (1566) et Le miracle de Laon
(1566), übersetzt von Irna BACKUS, Genf 1995. Vgl. auch Denis CROUZET, A Woman and the Devil.
Possession and Exorcism in Sixteenth-Century France, in: Michael WOLFE (Hrsg.), Changing Iden-
tities in Early Modern France, Durham 1997, S. 191–215, bes. S. 211f., Appendix; Daniel P. WAL-
KER, Unclean Spirits. Possession and Exorcism in France and England in the Late Sixteenth and
Early Seventeenth Centuries, London 1981, S. 20ff.
11
WALKER (wie Anm. 10), S. 19, 22f.
12
Z.B. Rituale Romanum Pauli V Pontificis Maximi, Tours 1926, Tit. XI, Cap. I,13 (»De Exor-
cizandis«), S. 389.
13
Siehe z.B. den Beitrag von Marc Wingens in diesem Band.
14
Wolfgang REINHARD, Gegenreformation als Modernisierung? Prolegomena zu einer Theorie
des konfessionellen Zeitalters, in: Archiv für Reformationsgeschichte 68 (1977), S. 226–252.
216 David Lederer

burg, im Herzogtum Bayern und teilweise auch in Österreich15. Er war maßgeblich


an der Erneuerung der Universitäten zu Dillingen und Ingolstadt beteiligt. In Ingol-
stadt bekleidete er zwischen 1549 und 1552 das Amt des Vizekanzlers. Im Südosten
war er eine treibende Kraft der Seminarpolitik, die u.a. in die Gründungen der Kolle-
gien zu Ingolstadt (1555), München (1559), Innsbruck (1562), Dillingen (1563),
Hall in Tyrol (1569), Graz (1573), Landsberg am Lech (1578) und Augsburg (1579)
mündete. Das Ingolstädter Kolleg wurde auf sein Bemühen hin mit den Jesuitenkol-
legien in Wien und Prag zur Oberdeutschen Ordensprovinz vereinigt, die er von
1556 bis 1569 von Ingolstadt aus leitete. Nach dem Schmalkaldischen Krieg und dem
Augsburger Religionsfrieden, als Karl V., Kardinal Otto Truchseß von Waldburg
und Anton Fugger nach Augsburg zurückkehrten, wurde Canisius dort zum Dom-
prediger ernannt16. Er war maßgeblich an der Rekatholisierung der schwäbischen
Metropole beteiligt, in der unmittelbar nach der Reformation fast drei Viertel der et-
wa 75.000 Einwohner evangelisch geworden waren. Als Katechist der Bayern erlang-
te Canisius im Dienst der Wittelsbacher Ruhm und kämpfte gegen die Innovationen
Luthers. Canisius war ein ›Jet-Setter‹, und seine raschen Bewegungen zwischen Augs-
burg, Dillingen, Ingolstadt, München, Prag, Wien, Rom usw. sind für den Historiker
kaum nachvollziehbar. Seine Verbindungen waren international und reichten bis in
die höchsten Ebenen der katholischen Elite.
Allerdings dürfen wir weder seine Tätigkeiten aus der Sicht einer ›Geschichte von
oben‹ mißdeuten noch die Gesellschaft Jesu als Institution17 für die Erfindung des
modernen Exorzismus verantwortlich machen – ganz im Gegenteil: Canisius ver-
dient es vielmehr, als Katalysator angesehen zu werden. Wie Boulaese entflammte
er einen bei den Einwohnern Augsburgs bereits vorhandenen, wenngleich nur laten-
ten Zündstoff zugunsten der fuggerischen, d.h. der katholischen Fraktion in der
Stadt. In dieser Hinsicht dienten die in den 60er Jahren dort stattfindenden Exorzis-
men der gleichen Politik wie die Begründung der Fuggerei. Aber im Zuge seiner Tä-
tigkeiten als Exorzist handelte Canisius oft auf eigene Faust, manchmal sogar gegen
den ausdrücklichen Befehl seiner Ordensoberen in Rom. Deshalb dürfen wir die Ex-
orzismen in Augsburg und Altötting nicht als Bestandteil einer weltweiten Jesuiten-
verschwörung deuten, auch wenn das Ritual eine große Resonanz bei radikalen zea-
loti fand und zur zweiten – wesentlich erfolgreicheren – Art der Teufelsaustreibung
führte. Nur in dieser Hinsicht können wir (mit äußerster Vorsicht) von einer ›jesuiti-
schen Art‹ der Teufelsaustreibung sprechen und der ›französischen Methode‹ gegen-
überstellen. Rubens berühmtes Gemälde Loyolas bei der Teufelsaustreibung stellte
eigentlich nur eine stilisierte Vorstellung der Gesellschaft Jesu als Teufelsgegner dar:

15
Max SPINDLER (Hrsg.), Handbuch der Bayerischen Geschichte, Bd. 2, München 1977, S.
332, 345f., 644f., 795, 827; Arno SEIFERT, Die Seminarpolitik der bayerischen Herzöge im 16.
Jahrhundert und die Begründung des jesuitischen Schulwesens, in: Hubert GLASER (Hrsg.), Um
Glauben und Reich. Kurfürst Maximilian I., Bd. 2, München 1980, S. 125–132.
16
Götz FREIHERR VON PÖLNITZ, Petrus Canisius und das Bistum Augsburg, in: Zeitschrift für
Bayerische Landesgeschichte 18 (1955), S. 352–394.
17
Wie auch beim Hexenglauben (DUHR (wie Anm. 7), Bd. 1, S. 738ff.).
»Exorzieren ohne Lizenz …« 217

Der Ordensgründer nahm aber nie an solch einem Ritual teil und hieß es auch nie
gut18. In der Tat waren Canisius’ Teilnahme an Teufelsaustreibungen sowie seine
Unbeliebtheit am bayerischen Hof wegen der Mengin-Affäre die direkten Ursachen
für seine Versetzung in die ferne Schweiz19. Canisius konnte jedoch mit einer raschen
Verbreitung seiner Ideen durch gleichgesinnte Mitglieder des jesuitischen Netzwerkes
in ganz Europa rechnen20.
Es wird zuweilen behauptet, Canisius habe hauptsächlich als Agent der Fugger-
Frauen gehandelt21. Doch erregte das Thema ›Teufelsaustreibung‹ sein Interesse lange
bevor er deren Bekanntschaft machte. Schon 1545 beschrieb er die Versuche eines
Kartäusers, den Teufel zu beschwören, wobei Loyolas Leutnant in Rom, Peter Fa-
ber, ihn vor den Gefahren des Rituals warnte, vor allem aber vor Leichtgläubigkeit
und der Fähigkeit zu teuflischen Illusionen und Täuschungen22. Solche Warnungen,
die er sein ganzes Leben hindurch wiederholt zu hören bekam, stießen auf taube Oh-
ren. 1553 korrespondierte Canisius von Wien aus mit Pater Martinus Gotfridius S.J.
über die enge Beziehung zwischen Sünde, Beichte, Besessenheit und Geisteskrank-
heiten, während er dort offiziell den Exorzismus bei der Taufe unterstützte23. 1560,
nach seiner Ankunft in Augsburg, äußerte er sich wiederum zum Thema Besessen-
heit: In einem Atemzug erwähnte er den Satan, die zunehmenden dämonischen Akti-
vitäten in der Welt und das Luthertum24.
Lyndal Roper nennt die Zeit zwischen 1560 und 1580 »the years of the exorcism
mania« in Augsburg25. Ein wichtiger Antrieb dafür war 1563 der vergebliche Ver-
such einer Teufelsaustreibung durch den protestantischen Pfarrer Simon Scheiben-
hart an der Bürgerstochter Susanne Roschmann, der in einer anonymen Schrift be-
schrieben wurde und Canisius zum Handeln bewegte26. Am 5. März 1564 hielt er die
erste einer Reihe von ausführlichen Predigten im Augsburger Dom über die Macht
des Teufels auf Erden, die dämonische Besessenheit, die Zauberei und die Hexen27.

18
Lyndal ROPER, Ödipus und der Teufel, Frankfurt a.M. 1995, S. 178.
19
Zur Mengin-Affäre siehe David LEDERER, A Bavarian Beacon. Spiritual Physic and the Birth
of the Asylum, in Vorbereitung, bes. Kapitel 2.
20
Siehe unten.
21
Z.B. Martha SCHAD, Die Frauen des Hauses Fugger von der Lilie, Tübingen 1989.
22
BRAUNSBERGER (wie Anm. 9), Bd. 1, S. 140–144.
23
Ebd., Bd. 1, S. 734, 742ff., bes. S. 743, über Beichte und »mulierem a daemone obsessam ad
sanitatem mentis et corporis revocat«.
24
Ebd., Bd. 2, S. 714f., Brief an Iacobus Lainius.
25
Lyndal ROPER, Oedipus & the Devil, London 1994, S. 180 (deutsche Übersetzung wie Anm.
18, S. 186).
26
ROPER (wie Anm. 25), S. 180f., 188; ANONYMUS, Eigentliche unnd warhafftige verzeichnuss
/ was sich auff / den 19 Junii des drey und sechtzigsten jars zu Augsburg / mit eines armen Burgers
Tochter daselbst zugetragen, o.O. o.J. Dieser Traktat deutet einen erfolgreichen Exorzismus durch
den evangelischen Pfarrer an; in Anbetracht der bis Ende der 60er Jahre wiederholten Exorzismen
an Roschmann aber scheinen Scheibenharts Versuche doch gescheitert zu sein. Siehe auch Georg
STENGEL S.J., De juridiciis divini, Ingolstadt 1651.
27
BRAUNSBERGER (wie Anm. 9), Bd. 4, S. 868–885.
218 David Lederer

Zum ersten Mal legte er seine Ideen über das Eindringen des Teufels in den mensch-
lichen Körper in systematischer Form dar. Übereinstimmend mit dem Gedankengut
seiner früheren Korrespondenz und der gegenwärtigen Naturphilosophie und Theo-
logie erklärte Canisius, der Satan dürfe den menschlichen Körper zwar physisch und
psychisch quälen, aber nur auf natürlich erklärbare Art, also mit der ausdrücklichen
Erlaubnis Gottes28. Er bewies durch die Exegese, daß Salomon, Paulus und die Apo-
stel das Amt des Exorzisten eingesetzt hätten, daß es den Exorzisten praktisch immer
gegeben hätte. Mit galenisch humoralpathologischem Ausdruck demonstrierte er,
wie die Sünde das physische Eindringen in Fleisch, Blut und Glieder des Körpers er-
leichterte und diesen korrumpierte, wodurch die internen Sinne der Imagination und
Phantasie beeinflußt wurden und wie dies zu Symptomen der Gotteslästerung, des
Sakrilegs und der Verachtung sakraler Gegenstände führte29. Ferner differenzierte er
zwischen Obsessionen, wenn die Opfer den Teufel sahen und hörten und unter An-
fechtungen litten (etwa der Heilige Antonius), und ausgedehnter Besessenheit, wenn
die Opfer die völlige Kontrolle über ihr physisches Dasein verloren.
Erst von diesem Zeitpunkt an nahmen Mitglieder des Jesuitenordens aktiv an Teu-
felsaustreibungen teil. Die Situation spitzte sich um 1568/69 zu, als einer der Patres
einen Exorzismus bei den Fuggern übernahm, bis das Domkapitel darüber klagte,
daß die Jesuiten bei einigen Weibern unnötige Teufelsaustreibungen vorgenommen
hätten30. Die Ordensoberen versuchten, die Angelegenheit in Schranken zu halten;
sie verboten dem Exorzisten, das Ritual mehr als einmal in der Woche durchzufüh-
ren sowie in der Öffentlichkeit oder in der Nacht zu exorzieren. Canisius setzte sich
engagiert bei Kardinal Borgia in Rom sowie seinem eigenen Nachfolger, dem Pro-
vinzial Hoffaeus, in München und bei den Fuggern in Augsburg ein, aber sie ent-
schieden sich für eine prunkvolle Wallfahrt nach Loreto, die trotzdem in Augsburg
für viel unerwünschtes Aufsehen sorgte. Danach begann Canisius persönlich mit Teu-
felsaustreibungen an der Hofdame Anna von Bernhausen, zuerst bei den Fuggern
und dann sechsmal in aller Öffentlichkeit, bis der Stadtrat 1569 eine Verordnung ge-
gen das Exorzieren innerhalb der Stadtmauern erließ. Die Jungfrau Maria erschien
daraufhin Anna von Bernhausen und offenbarte ihr, daß der letzte Teufel in der Ka-
pelle zu Altötting ausgetrieben würde.
Der Wallfahrtsort zu Altötting (das sogenannte ›Herz von Bayern‹) litt sehr unter
der Kampagne der Reformatoren gegen Wunder und marianische Verehrung. Im
Jahre 1567 erhielt der feurige Prediger Martin Eisengrein von Herzog Albrecht V.
die Aufgabe, den Kult dort wiederzubeleben. Eisengrein, ein geborener Stuttgarter,
hatte in Tübingen evangelische Theologie studiert. 1553 war er aber nach Ingolstadt
und kurz darauf nach Wien gezogen, wo er sich 1558/59 für die Konversion entschie-

28
Siehe Stuart CLARK, Thinking with Demons. The Idea of Witchcraft in Early Modern Europe,
Oxford 1997, S. 151–311.
29
Seine Fähigkeiten als Seelenarzt wurden später ausführlich geschildert in Matheus RADER,
Bavaria Sancta, Bd. 4: Bavaria Pia, München 1628, S. 143–147.
30
DUHR (wie Anm. 7), Bd. 1, S. 731f.
»Exorzieren ohne Lizenz …« 219

den hatte31. Er war zum radikalen Gegenreformator geworden und blieb sein Leben
lang ein enger Freund von Canisius. Eisengrein wurde selbst Dekan und Superinten-
dent in Ingolstadt, wo er die Universitätsbibliothek gründete. Daß die beiden bei
dem Altöttinger Projekt sehr eng zusammenarbeiteten, liegt auf der Hand. Am 21.
Januar 1570 begann Canisius in Altötting vor einer großen Zuschauermenge mit dem
siebten Exorzismus an Anna von Bernhausen. Mit der tatkräftigen Hilfe der heiligen
Jungfrau Maria besiegte er den bösen Feind vor einem riesigen Publikum und den
Mitgliedern der Familie Wittelsbach. Ein Jahr später erschien ein ausführlicher Be-
richt über die Teufelsaustreibung in Martin Eisengreins Geschichte des Wallfahrts-
orts Unser liebe Fraw von Alten Oetting32. Die systematische Beschreibung enthält
viele idealtypische Merkmale des Exorzierens, die später in Handbüchern und in den
katholischen Ritualen auftauchten, u.a. die bevorzugte Jungfräulichkeit des Opfers,
das Eindringen des Dämons mittels Gotteslästerung oder Teufelsanrufung, die späte-
re Enthüllung einer falschen Taufe oder eines Heiratsantrags mit bösen Absichten,
das Verhören des Teufels durch den Exorzisten, die Anwendung von Reliquien, um
den bösen Feind zu quälen, den physischen Kampf zwischen Teufel und Heiligen
um den menschlichen Körper, die veränderte Stimme des vom Teufel besessenen Op-
fers und die Macht der katholischen Sakramente und Sakramentalen.
Die Nachrichten aus Altötting verbreiteten sich rasch im ganzen Reich. Im Früh-
jahr 1571 zur Fastenzeit erschien Unser liebe Fraw von Alten Oetting rechtzeitig zum
Verkauf auf der Frankfurter Buchmesse und war sofort vergriffen33. Eine zweite Aus-
gabe ging noch im gleichen Jahr in Druck. Die Geschichte fand einen blitzartigen,
wenn auch nicht immer positiven Widerhall. Die Teufelsaustreibungen zu Altötting
wurden zugleich von den Reformatoren Flacius Illyricus und Johann Marbach von
Straßburg verurteilt. Marbach veröffentlichte seinen Traktat Von Mirackeln und Wun-
derzeichen, eine 400seitige Antwort auf Eisengrein, genau rechtzeitig zur Herbstmesse
in Frankfurt. Darin entlarvte er Canisius als den wahrhaftigen Agenten des Satans
und nannte ihn den »Wachhund des Teufels« in Anspielung auf seinen Namen (Ka-
nijs). Leider schien alle protestantische Kritik eine gegenteilige Reaktion als die be-
absichtigte zu bewirken. Eisengreins Buch erlebte bis 1625 acht weitere Ausgaben.

31
Luzian PFLEGER, Martin Eisengrein, Freiburg i.Br. 1908, S. 4–12. In einem Brief an den Or-
densgeneral Jakob Laynez (1564) schrieb Eisengrein: »Nach Gott, verdanke ich eurer heiligen Ge-
sellschaft, daß ich dem Rachen der Ketzerei entrissen und der Kirche Gottes zurückgegeben wur-
de.« Die Jesuiten verlangten ein sehr starkes Glaubensbekenntnis von potentiellen Konvertiten. Ob
sich Canisius, der damalige Provinzial in Oberdeutschland, zum genauen Zeitpunkt der Konversion
in Wien aufhielt, ist nicht feststellbar. Allerdings scheint es sehr unwahrscheinlich, daß er keine
Kenntnis davon hatte (vielen Dank an Phil Soerghel).
32
Martin EISENGREIN, Unser liebe Fraw zu Alten Oetting, Ingolstadt 1571, S. 125–147.
33
Für eine ausgezeichnete Darstellung dieser Druckgeschichte sowie des dadurch hervorgerufe-
nen konfessionellen Literaturstreits siehe Philip M. SOERGEL, Wondrous in his Saints. Counter-Re-
formation Propaganda in Bavaria, Berkeley 1993, S. 131–142. Johann Fischart, ein Straßburger
Kollege Marbachs, attackierte Rabus bereits 1570 in einem anonymen und sehr unschmeichelhaften
Gedicht, worin Fischart die physische Häßlichkeit seines Gegners als Beweis für seine seelische
Korruption vorschlug (Johann FISCHART, Nach Rab oder Nebelkräh, Straßburg 1570).
220 David Lederer

Marbach selbst wurde Opfer eines Gegenschlags des Münchner Hofpredigers Johann
Jakob Rabus. Rabus, Sohn des Ulmer Reformators Ludwig Rabus, studierte in Wit-
tenberg und promovierte in evangelischer Theologie in Tübingen, bevor er 1565 zu
Augsburg (wieder unter dem Einfluß von Canisius) konvertierte. Er war so aufgeregt
über die im Herbst erschienene Attacke Marbachs auf Canisius, daß er seine Vertei-
digung der Teufelsaustreibung in Altötting bereits im November des gleichen Jahres
verfaßte. 1572 wurde auch sie in Frankfurt angeboten34.
Danach erschienen zahlreiche andere Fallbeschreibungen, wie das 800seitige Werk
über das Wunder von Laon durch Boulaese. Bayern blieb aber einer der beliebtesten
europäischen Erscheinungsorte für Fallberichte von Besessenheit am Ende des Jahr-
hunderts35. Das Herzogtum wurde sogar zum Exporteur von Exorzisten, als der heimi-
sche Markt ein Überangebot erlebte; am Ende des Jahrhunderts waren charismatische
bayerische Exorzisten z.B. im Bistum Würzburg, ja sogar im reformierten Utrecht
tätig36. Es folgten auch eine Reihe von Handbüchern für Exorzisten, die eine große
Popularität erlebten. Girolamo Menghi, ein italienischer Franziskaner aus Bologna,
edierte 1573 die Inquisitionsakten von Sylvester Prierias und schrieb dann seine eige-
nen Handbücher wie etwa das Flagellum daemonum (Bologna 1577, Frankfurt a.M.
1581). Später erschienen seine gesammelten Werke im Thesaurus Exorcismorum
(Köln 1608). Schließlich aber wanderten 1709 alle seine Werke auf den päpstlichen
Index37. Einige längere Passagen aus den Disquisitiones des Jesuiten Del Rio dien-
ten den Exorzisten als Handbuch, das punktuell Prozedur und Vorschriften beschrieb.
Erst Jahrzehnte später, nämlich 1614, wurde das Rituale Romanum veröffentlicht,
aber sein Inhalt war eher karg im Vergleich zum Manuale Exorcismorum von Maxi-
milian ab Eynatten (1619). Besonders erwähnenswert in unserem Zusammenhang sind

34
Johann RABUS, Christlicher und wohlgegründeter Gegenbericht von Mirackeln und Wunder-
zeichen, Dillingen 1573. In diesem Traktat drückte Rabus seine Bitterkeit über die anonyme Attak-
ke Marbachs aus, hielt aber Fischart für verantwortlich.
35
Z.B. Sebastian KHULLER, Kurtze unnd wahrhafftige Historia von einer Junckfrawen, wölche
mit etlich unnd dreissig bösen Geistern Leibhafftig besessen […], München 1574; Sextus AGRICO-
LA/Georg WITMER, Erschröckliche gantz warhafftige Geschicht welche sich mit Apolonia, Hann-
sen Geisslbrechts Burgers zu Spalt Haussfrauen […], Ingolstadt 1584; Georg SCHERER S.J., Christ-
liche Erinnerung bey der Historien von jüngstbeschehner Erledigung einer Junckfrawen, die mit
zwölfftausent sechs hundert zwey und fünfftzig Teufel besessen gewesen, Ingolstadt 1584. Siehe
auch den Beitrag von Ursula Krah in diesem Band (vielen Dank an Ursula Krah). Das Jahr 1584
kann man als Beginn der ernsthaften Gegenreformation in Bayern bezeichnen.
36
M. Johann SCHNABEL (aus Ingolstadt, Pfarrer zu Heydingsfeldt), Warhafftige und erschröck-
liche Geschichte, welch sich newlicher Zeit zugetragen hat, mit einem Jungen Handtwerks und
Schmidsgesellen […], Würzburg 1584. Die Karriere von Johannes Mauritius Bergerus, eines ehe-
maligen Franziskanermönchs aus Ebersberg, danach evangelischen und schließlich reformierten
Pfarrers, ist geschildert in Benjamin KAPLAN, Possessed by the Devil? A Very Public Dispute in
Utrecht, in: Renaissance Quarterly 49 (1996), S. 738–759; DERS., Calvinists and Libertines. Con-
fession and Community in Utrecht 1578–1620, Oxford 1995, S. 210–219.
37
Zum Überblick siehe Lynn THORNDIKE, A History of Magic and Experimental Science, New
York 1934.
»Exorzieren ohne Lizenz …« 221

die vielen Arbeiten über Besessenheit, Dämonen und Erscheinungen aus der Feder
des Jesuiten Peter Thyraeus. In Mainz und Trier ausgebildet, wurde er von Julius
Echter an die neue Universität in Würzburg berufen. Sein Daemoniaci erschien 1594
in Köln. In seinen Loca Infesta räumte er der Geschichte von Altötting einen wichti-
gen Platz ein (Köln 1604). Dies sollte nicht überraschen, bedenkt man, daß sein Bru-
der Hermann Thyraeus zwischen 1556 und 1560, bevor er zum Oberen der Ordenspro-
vinz Germania Inferior erhoben wurde, in Ingolstadt Theologie lehrte. Es ist äußerst
unwahrscheinlich, daß der spätere Provinzial des Rheinlands seinen damaligen Pro-
vinzial in Ingolstadt (also Canisius) nicht kannte.
Solche Handbücher hatten eine doppelte Wirkung. Auf der einen Seite propagierten
sie die Künste des Exorzierens. Andererseits führten sie nicht nur zu einer weiteren
Systematisierung der Teufelsaustreibungen, sondern auch zu einer Reglementierung,
Professionalisierung und Abgrenzung gegenüber dem ›dämonischen‹ Aberglauben.
Ziel war es, die Aktivitäten nicht autorisierter populärer Konkurrenten, die ohne Be-
fugnis des Ordinariats praktizierten, völlig zur Einstellung zu bringen. Einen sehr
frühen Fall untersuchte auf Verlangen des bayerischen Herzogs Canisius selbst. 1578
berichteten Verhörsprotokolle von dem Dorfpfarrer Johann Weiß aus Martinsbuch,
der die Geister toter Kinder aus Menschen beschwor und die Wahnsinnigen kurier-
te38. Er mußte höchstpersönlich dem großen Gegenreformator beichten und wurde
dann vor die herzoglichen Behörden und den Dekan zitiert. Er gab an, ein Buch über
Zauberkünste besessen zu haben; dieses konnte aber nicht gefunden werden. Als er
sich schließlich noch vor dem Stadtrat von Straubing rechtfertigen mußte, leugnete
er, weitere Beschwörungen vorgenommen zu haben. Er kam mit einer Verwarnung
davon und starb 1594 friedlich in seiner Pfarrei39.
Ein ähnlicher Vorfall findet sich in den Geistlichen Ratsprotokollen des Bistums
Freising. 1624 denunzierte der Dekan von Aufkirchen den Kaplan zu Oberalting we-
gen nicht autorisierter Teufelsaustreibungen40. Dieser leugnete aber jeglichen Exor-
zismus von Besessenen. Stattdessen habe er alle, die seine Hilfe gesucht hatten, nach
Benediktbeuern und Ettal geschickt. Es stimme zwar, daß die Äbte manchmal je-
manden zu ihm schickten, er behandele sie aber lediglich mit Weihwasser und Salz.
Er übergab dem Geistlichen Rat ein nicht näher identifizierbares Handbuch und be-
hauptete, es sei vom Papst selbst gesegnet, die Formeln seien aus einem Meßbuch
des Bistums Brixen. Der Geistliche Rat sandte ihn für ein weiteres Verhör zu den Je-
suiten nach München. Dort befand man, daß der Kaplan nur über eine geringe Aus-
bildung verfüge und das Buch sich nicht im Irrtum befinde, obwohl es »barbarisch«
(d.h. auf deutsch) geschrieben sei. Sie verziehen die Unwissenheit des Kaplans. Ihm
wurde allerdings verboten, weiter zu praktizieren. Zwei Jahre später jedoch wurde er

38
Franz MARKMILLER, Die Beschwörungen des Martinsbucher Pfarrers Johann Weiß gegen
Ende des 16. Jahrhunderts, in: Der Storchturm 9 (1970), S. 54–66.
39
Diese hatte er übrigens von seinem Vater geerbt.
40
Archiv des Erzbistums München (AEM), Geistliche Ratsprotokolle (GR) 61, S. 9–11. Siehe
auch Leo WEBER, Veit Adam von Gepeckh, München 1972, S. 383.
222 David Lederer

vom Geistlichen Rat der Hexerei beschuldigt41. Wiederum beteuerte er seine Un-
schuld, indem er erklärte, er schicke die Menschen ohne Behandlung direkt nach Be-
nediktbeuern, dem wichtigsten Zentrum für die Behandlung von Geisteskranken im
frühneuzeitlichen Bayern42. Nachdem eine dritte Untersuchung 1627 ohne Ergebnis-
se verlaufen war43, wurde er aller Schuld freigesprochen – ein glückliches Ende, be-
hält man die Tatsache im Auge, daß zu dieser Zeit in Bayern und Augsburg eine der
größten Hexenverfolgungen grassierte.
Wie im Fall des Pfarrers Weiß ergänzte dieser Kaplan seine unzureichenden Ein-
künfte durch Teufelsbeschwörungen. Beide machten sich eines Verstoßes gegen das
Kirchenrecht schuldig, indem sie ohne die Lizenz ihres Ordinariats exorzierten –
nach dem bayerischen Hexenmandat von 1612 war dies sogar ein weltliches Krimi-
naldelikt44. Eine Lizenz zu beantragen, war ein kompliziertes Unterfangen, und die
Grenze zwischen Hexerei und Teufelsanbetung einerseits und Besessenheit und Teu-
felsbeschwörung andererseits war oft nur schwer erkennbar. 1619 wurde der Kaplan
Michael Spalt aus der Nähe von Kempten nach einem langen Verhör vom Geistli-
chen Rat zu Augsburg beschuldigt, ohne Lizenz exorziert zu haben45. Spalt wurde
ohne Umschweife exkommuniziert, und die von ihm behandelte Besessene Sabine N.
wurde von Jesuiten und Franziskanern an der Universität Dillingen verhört, da man
festzustellen suchte, ob sie tatsächlich besessen sei. Schließlich entschieden die The-
ologen, Anklage wegen Hexerei zu erheben. Ihr Gerichtsverfahren vor dem Geistli-
chen Rat wurde für den 9. April 1620 angeordnet, während Spalt nach Rom gesandt
wurde. Der weitere Fortgang der Angelegenheit ist unbekannt. In einem anderen
Fall 1665 hingegen lehnte der Augsburger Geistliche Rat den Antrag einer Frau aus
der Nähe von Füssen einfach mit der Begründung ab, sie sei zu unerfahren, um zu ex-
orzieren46. Der Antrag eines Paters, in Augsburg eine Teufelsaustreibung an einer
Frau durchführen zu dürfen, wurde 1699 aufgrund des Ratserlasses von 1569, der das
Ritual innerhalb der Stadt verbot, abgelehnt47.
Schwieriger gestaltete es sich für die geistlichen Behörden, die Aktivitäten der
Mönche zu unterbinden, da sie dem Ordinariat nicht direkt unterstellt waren. 1657
versuchte der Augsburger Geistliche Rat, einem benediktinischen Exorzisten das
Handwerk zu legen, allerdings ohne Erfolg. Seine Teufelsaustreibungen wurden als
»Skandal für die katholische Religion« bezeichnet48. 1670 befahl der Bischof von
Freising einem Salvatormönch zu Altomünster, eine Besessene für die Behandlung

41
AEM GR 62, S. 44; GR 63, S. 47, 50f.
42
David LEDERER, Reforming the Spirit. Society, Madness and Suicide in Central Europe 1517–
1809, Diss. phil. New York 1995.
43
AEM GR 64, S. 44.
44
Wolfgang BEHRINGER, Mit dem Feuer vom Leben zum Tod. Hexengesetzgebung in Bayern,
München 1988, S. 167f.; zu weiteren Sanktionen gegen verbotene Zauberbücher siehe ebd., S. 187f.
45
Archiv des Bistums Augsburg (ABA), Geistliche Ratsprotokolle (GR) 1618–1669, S. 25f., 34f.
46
ABA GR 1618–1669, S. 169.
47
ABA GR 1690–1708, S. 120f.
48
ABA GR 1618–1669, S. 87ff., 89f., 107, 122ff.
»Exorzieren ohne Lizenz …« 223

nach Benediktbeuern zu schicken, dieser aber weigerte sich49. Als er schließlich


merkte, daß die Frau nicht auf Reliquien reagierte, gab er mit der Äußerung nach,
harte Arbeit und eine ordentliche Prügelstrafe dürften ihr mehr helfen. Darin waren
er und der Bischof anscheinend einer Meinung.
Der Fall von Rosina Huber aus Schrobenhausen stellt eine interessante Ausnahme
dar. 1641 wurde sie wegen Geisterbeschwörungen ohne christliche Geistliche be-
langt – wiederum ein Verstoß gegen das Hexenmandat von 1612 – und im Münch-
ner Falkenturm inhaftiert50. Unter Anwendung von schwerster Folter fand dort ihr
über fünfzehn Wochen dauerndes Verhör durch geistliche Autoritäten statt. Sie ge-
stand jedoch nichts. Nach ihrer Freilassung bekam sie die ausdrückliche Erlaubnis
von Kurfürst Maximilian I., Häuser von Geistern zu befreien, allerdings in Zusam-
menarbeit mit den zuständigen geistlichen Obrigkeiten. Rosinas Beschwörungen
wurden zur absoluten Modeerscheinung unter der herrschenden Elite der ganzen Re-
gion – sie vertrieb für den Bischof lästige Geister aus der Freisinger Apotheke, für
den Grafen von Töring aus seiner Münchner Residenz, für den Münchner Bürger-
meister, für den Grafen von Preysing aus dem Schloß Reichersbeuern, für den Hof-
ratspräsidenten Freiherr Johann Mändl von Deutenhofen, für die Welser Familie und
noch für einige andere Persönlichkeiten von hohem Rang.
Dieser Ausnahmefall bestätigt die Etablierung einer Gewohnheit besonders unter
den weltlichen Behörden in Bayern. Obwohl Berichte über Erscheinungen, Wunder
und Besessenheitsfälle in den Akten schon 1610 auftauchen51, finden sich erst um
1650 deutliche Zeichen von Skepsis am Hof – auch unter den Jesuiten, manchmal
sogar gegenüber ihren eigenen Ordensbrüdern52. Die Skepsis unter den Eliten reflek-
tierte zum Teil ihre Enttäuschung über einige spektakuläre Exorzismen in Bayern,
die für viel unerwünschte Aufregung sorgten. Einer war die 15jährige Behandlung
der Ex-Calvinistin Barbara Renner zu Eichstätt durch den Jesuiten Pater Ulrich
Speer53. Speer erntete heftige Kritik durch seine Oberen, und seine Karriere wäre si-
cherlich zu Ende gewesen, hätte der Bischof nicht interveniert, um ihn vor dem Or-
den zu retten. Alles nahm ohnehin einen friedlichen Ausgang, als Barbara 1667 starb.
Kurz danach verweigerte die Gesellschaft Jesu Speer die Erlaubnis, die schändlichen
Ereignisse in Druck umzusetzen. 1662 berichtete Pater Willibald Starck S.J., daß er
einen erfolgreichen Exorzismus an der verhexten Epileptikerin Anna Elisabetha de
la Haye in Straubing durchgeführt habe54. Starck durfte zwar 1664 den Fall veröf-
fentlichen55, wurde aber kurz darauf nach München versetzt, wo ihn seine mißtraui-

49
AEM GR 87, S. 211, 266, 273, 282, 311; GR 88, S. 17, 44.
50
David LEDERER, Living with the Dead. Ghosts in Early Modern Bavaria, in: Kathryn A. ED-
WARDS (Hrsg.), Witches, Werewolves and Wandering Spirits, Kirksville 2002, S. 59–88.
51
Bayerisches Hauptstaatsarchiv (BayHStA), General Registratur 1210/20.
52
Eine ähnliche Entwicklung wurde bei der großen Hexenverfolgung im Bistum Paderborn fest-
gestellt (Reiner DECKER, Die Hexen und ihre Henker. Ein Fallbericht, Freiburg i.Br. 1994).
53
DUHR (wie Anm. 7), Bd. 3, S. 753ff.
54
Das frühere Manuskript des Falls befindet sich im BayHStA Jesuitica (Jes) 525.
55
Siehe hierzu den Beitrag von Trevor Johnson in diesem Band.
224 David Lederer

schen Oberen besser beobachten konnten56. Dort setzte er dennoch seine Tätigkeit
als Exorzist fort. Zwischen 1667 und 1669 behandelte er Katharina Rieder im Heilig-
Geist-Spital. Rieder verfaßte darüber sogar ein Tagebuch, worin sie ihren Haß auf
den skeptischen jesuitischen Beichtvater Pater Scharer oft zum Ausdruck brachte57.
Aus Verzweiflung, weil man nicht glauben wollte, sie sei im Namen des Teufels ge-
tauft, schrieb sie zwei (noch existierende) Teufelspakte, ja deutete sogar in der Beich-
te an, daß sie mit dem Teufel Geschlechtsverkehr gehabt habe58. Scharer glaubte ihr
immer noch nicht, und als sie nach Tuntenhausen pilgerte und dort durch den heili-
gen Franz Xaver von dem Dämon befreit wurde, verurteilte die Gesellschaft Jesu
den Exorzismus scharf. Provinzial Jacob Raßler (Übersetzer der berühmten Bavaria
Sancta et Pia von Matheus Rader S.J.59) zweifelte an dem Xaver-Wunder, das für
ihn eine schlichte Wiederholung von Starcks Tätigkeiten in Straubing verkörperte60.
Der kurfürstliche Beichtvater Bernhard Frey S.J., ein engagierter Gegner der Hexen-
verfolgungen, bekämpfte das Ritual, weil er fürchtete, es könne Hexereianschuldigun-
gen nach sich ziehen. In einem Gutachten zu diesem Fall wies er besonders darauf
hin, daß vor erst fünfzehn Jahren die Frau Maria Bihlerin in Augsburg als Hexe le-
gal verbrannt werden konnte, weil sie während eines Exorzismus einen Teufelspakt
beichtete61. Offensichtlich hat das Eingreifen von Skeptikern wie Frey in diesem wie
auch in anderen Fällen einigen Frauen das Leben gerettet, da sie daraufhin für gei-
steskrank angesehen wurden62. Aber jetzt hatten die Skeptiker in Bayern die klare
Oberhand gewonnen. 1664 verweigerte der Münchner Hofrat z.B. Karl Preßl die Ar-
menfürsorge für seine besessene Tochter63. Unter Androhung einer Geldstrafe wur-
den Vater und Tochter statt dessen zu sinnvoller Arbeit ermahnt.
1666 wurden zwei weitere Teufelsaustreibungen durch weltliche wie geistliche
Behörden scharf verurteilt. Anna Mayer wurde zweimal in Benediktbeuern und da-
nach 120 mal durch den Dekan Gabriel Küpferle zu Altötting exorziert64. Küpferle
war selbst ›besessen‹ davon, den Ruf der Gnadenkapelle zu Altötting noch zu stei-
gern. Er verfaßte zwei Mirakelbücher über die Wunder, die dort geschahen (wobei

56
DUHR (wie Anm. 7), Bd. 3, S. 756.
57
BayHStA Jes 2428.
58
BayHStA Jes 527 (dargestellt bei LEDERER (wie Anm. 42), S. 317–323).
59
RADER (wie Anm. 29).
60
DUHR (wie Anm. 7), Bd. 3, S. 756f.
61
Über den Fall Bihlerin siehe Wolfgang BEHRINGER, Hexenverfolgungen in Bayern. Volks-
magie, Glaubenseifer und Staatsräson in der Frühen Neuzeit, München 1987, S. 339.
62
Einige seiner Gutachten bei Bernhard DUHR, Zur Geschichte des Jesuitenordens. Aus Münch-
ner Archiven und Bibliotheken, in: Historisches Jahrbuch der Görresgesellschaft 25 (1904), S. 126–
167, 28 (1907), S. 61–83, 306–327.
63
BayHStA Hofrat (HR) 364, fol. 423r.
64
Ausführlich geschildert bei DUHR (wie Anm. 7), Bd. 3, S. 757–766; DERS., Eine Teufelsaus-
treibung in Altötting, in: Clemens BÄUMKER u.a. (Hrsg.), Beiträge zur Geschichte der Renaissance
und Reformation. Festschrift für Joseph Schlecht, München 1917, S. 63–76. Über Teufelsaustreibun-
gen zu Benediktbeuern siehe aber BayHStA Klosterliteralien (KL) Benediktbeuern 121½, Einträge
für den 13. September 1666 und den 6. Oktober 1666.
»Exorzieren ohne Lizenz …« 225

der Exorzismus von Canisius eine deutliche Rolle spielte), und war auch für die
Überprüfung des Kardiotaphs und der dort aufbewahrten Blutpakte Herzog Maximi-
lians I. mit der Jungfrau Maria verantwortlich65. Frau Anna Mayer behauptete, sie
sei von den gleichen sieben Dämonen besessen, die Canisius Anna von Bernhausen
ausgetrieben hatte. Sie kannte auch die Speer-Affäre in Eichstätt. Schließlich wurden
die schändlichen Exorzismen durch Bernhard Frey und sogar den Kurfürsten selbst
untersagt, weil sie im ganzen Reich bekannt wurden und dadurch nicht nur der katho-
lischen Religion, sondern auch dem Ansehen Bayerns schadeten66.
Gleichzeitig wurde die besessene Anna Puchmayer in den Klöstern von Benedikt-
beuern, Ettal, Regensburg und Schledorf exorziert, bevor der Bischof von Freising
Interesse an der Sache fand67. Er berief einen Ausschuß, der darüber urteilen sollte.
Diesem gehörten etliche Geistliche an, darunter auch Bernhard Frey. Bei der Unter-
suchung, die am 1. Juni 1667 in der Peterskirche zu München stattfand, bespritzte
Anna sich mit Weihwasser und trank dieses auch. Dann wurde ein leeres Reliquiar
angesetzt, wobei sie »O der Schmerz, der Schmerz!« schrie. Als aber die wahren Re-
liquien heimlich angesetzt wurden, merkte sie offenbar nichts. Sie konnte lateinische
Fragen nicht beantworten. Beim Verlassen der Kirche nannte sie Frey und die ande-
ren Jesuiten »schwarze Teufel«. Frey, der sich streng an die Regeln hielt, entschied
in seinem Gutachten, daß Anna nicht besessen war. Sie konnte heimliche Dinge nicht
erkennen, die wahren Reliquien zeigten keine Wirkung, und sie beherrschte weder
Latein noch sonst eine Fremdsprache. Obwohl Anna darauf mit dem Einwand rea-
gierte, sie könne inzwischen doch nicht nur Latein, sondern auch Italienisch und Heb-
räisch, wurde die Sache den weltlichen Behörden übergeben. 1668 verordnete der
Stadtrat von München, daß sie im Quartier für Wahnsinnige im Heilig-Geist-Spital
untergebracht werden sollte. Alle späteren Anträge des Benediktiners Pater Placidus,
weitere Exorzismen im Spital durchzuführen, wurden vom Hofrat strikt abgelehnt68.
Als dem Hofrat bekannt wurde, daß Pater Placidus die Frau in einfachen pastoralen
Angelegenheiten besuchte, wurden ihm sogar seine Besucherprivilegien entzogen.
Diese Fälle beweisen die klare Abwendung der herrschenden Eliten in München
von öffentlichen Exorzismen als Instrument der katholischen Propaganda der Gegen-
reformation. Im Jahre 1571 hatten Mitglieder der Familie Wittelsbach mit Canisius
und Eisengrein einen aktiven Teil an den Teufelsaustreibungen zu Altötting, die an-
schließend im Schrifttum verewigt wurden, übernommen. Seit 1660 zeigten sich die

65
Gabriel KÜPFERLE, Historii von der weitberühmten […], München 1661; DERS., Gnadenpro-
zeß der Allerheiligsten Junckfrawen […], München 1664. Zu den Blutpakten des Herzogs siehe
Maria A. KÖNIG, Weihegaben an U.L. Frau von Altötting vom Beginn der Wallfahrt bis zum Ab-
schluß der Säkularisation, München 1939.
66
BayHStA KL Altötting 52, bes. fol. 417, der Erlaß von Ferdinand Maria vom 8. November
1667.
67
Bayerische Staatsbibliothek Cgm 2620; BayHStA KL Benediktbeuern 121½, Eintrag für den
25. August 1666; AEM GR 84, S. 218, 236, 307, 319f., 337, 355.
68
BayHStA HR 375, fol. 231v; 377, fol. 162r; 378, fol. 76v, 154v–155r; 379, fol. 426r; 380, fol.
r
236 .
226 David Lederer

Dynastie wie auch die Gesellschaft Jesu und andere geistliche und weltliche Hofleu-
te demgegenüber äußerst skeptisch. Ihr früheres Bestreben scheint aber im Volks-
glauben tiefe Wurzeln geschlagen zu haben: Teufelsaustreibungen wurden weiterhin
praktiziert, wenn auch unauffällig auf dem Lande. Das Anastasia-Mirakelbuch von
Benediktbeuern berichtet z.B. von mindestens 58 Besessenheitsfällen zwischen 1657
und 1668 – dem einzigen Zeitraum, über den wir zuverlässige Quellen von dort besit-
zen. Man kann mit Recht noch weitere Fälle vermuten69. Seit dem Mittelalter wurden
in Benediktbeuern Exorzismen betrieben, und die Heilkraft der Gebeine der heiligen
Anastasia, die durch eine furta sacra von Verona nach Benediktbeuern gelangten,
um Besessene zu befreien, bewährte sich schon während der translatio. Die bayeri-
schen Benediktiner scheinen die Marktlücke ausgenutzt zu haben, die durch den Sin-
neswandel der Jesuiten aufgetreten war. Der benediktinische Orden betrieb Exorzis-
men seit Jahrhunderten, Benedikt selbst war als Schutzpatron der Exorzisten bekannt.
Das Kloster Metten in Bayern z.B. wurde im 14. Jahrhundert zum Zentrum der Ver-
ehrung des Benediktuskreuzes (Abb. S. 232), das als sicherer Schutztalisman gegen
die Anfechtungen des bösen Feindes galt. Weitere Besessenheitsfälle tauchten gele-
gentlich bei anderen Wunderberichten auf, etwa für Pürten bei Waldkreiburg und für
die Benediktinerabtei Oberelchingen. Ebenso wurden Teufelsaustreibungen der Re-
gion weiterhin in den Benediktinerabteien durchgeführt, etwa in Regensburg, Ettal
und vor allem in Mariazell, dem wichtigsten Wallfahrtsort in Österreich und Schau-
platz des Falls Haizmann, der später durch Freud Berühmtheit erlangte70. Wallfahrt
und Teufelsaustreibungen waren wichtige Einnahmequellen für viele Klöster, und so
kann es nicht verwundern, wenn die Orden untereinander konkurrierten.
Diese beiden Tendenzen, die immer weiter wachsende Skepsis unter den Eliten
und das Fortleben des Glaubens in der breiteren Schicht der ländlichen Bevölkerung,
prägten die Geschichte des Exorzismus in Bayern bis ins ausgehende 18. Jahrhun-
dert, als der Konflikt sich in einer entscheidenden Auseinandersetzung zuspitzte. Im
letzten Viertel des 18. Jahrhunderts machten sich nämlich die Repräsentanten des
aufgeklärten Staates bereit, alle Arten der Volksfrömmigkeit zu unterdrücken. In ih-
rer Studie zum Wallfahrtswesen in Bayern zeigte Rebekka Habermas u.a., wie die
Wallfahrt zum Hohenpeißenberg zum Symbol des populären Protests gegen den auf-
geklärten Staat in Bayern wurde71. Schon 1749 wurden die Weihnachtsspiele verboten,
und am 31. März 1770 folgte ein Generalmandat, das alle Passionsspiele im Lande
abzuschaffen versuchte, angeblich weil »das größte Geheimnis unserer geheiligten

69
BayHStA KL Benediktbeuern 121½.
70
Die Pürtner Mirakelberichte liegen im Pfarrarchiv Pürten, siehe dazu LEDERER (wie Anm.
42). Zu Oberelchingen siehe Daniel DRAŠČEK, »Homo peregrinus«, der Mensch als Fremder in
dieser Welt. Die Wallfahrt nach Oberelchingen, München 1987; DERS., Tagebuchaufzeichnungen
des Elchinger Benediktinerpaters Columban Luz aus den Jahren 1732 bis 1773, Dillingen 1996.
Über die Rolle der Benediktiner bei späteren Teufelsaustreibungen und den Fall Haizmann siehe
LEDERER (wie Anm. 50).
71
Rebekka HABERMAS, Wallfahrt und Aufruhr. Zur Geschichte des Wunderglaubens in der frü-
hen Neuzeit, Frankfurt a.M. 1991.
»Exorzieren ohne Lizenz …« 227

Religion nicht auf die Bühne gehöre«72. Betrachtet man das frühneuzeitliche Exorzis-
muswesen als eine Art Theater, könnte man diese Entwicklung zum Teil durch die
zunehmende Kontrolle und Zensurfunktion des frühmodernen Staats interpretieren.
Immerhin muß man sie in Verbindung mit der Desakralisierung und der Säkularisa-
tion erwähnen. In Bayern waren bezüglich des Exorzismuswesens 1773 die Auflösung
der Gesellschaft Jesu, vor allem aber die zentralistischen Reformen im benachbarten
Österreich unter Joseph II. maßgeblich. Die Bayerische Akademie der Wissenschaf-
ten fungierte als äußerst parteiischer Schiedsrichter in der Debatte, z.B. während des
sogenannten ›bayerischen Hexenkrieges‹ um 177073. Die Akademie74 war 1776 auch
für die Verurteilung des Wunderheilers und Exorzisten Johann Joseph Gaßner ver-
antwortlich; über Gaßner wurde ein Aufenthaltsverbot verhängt. Die Akademie heu-
erte niemand anderen als den Wiener Wunderheiler Franz Anton Mesmer an, um
Gaßner als Betrüger zu entlarven, hauptsächlich weil die Theorien Mesmers auf na-
türlichen und nicht theologischen Ursachen beruhten75. Schließlich ist es sicherlich
kein Zufall gewesen, daß die erste königlich bayerische Irrenanstalt zu Giesing im
gleichen Jahr gegründet wurde wie die 1803 von Montgelas durchgeführte große Sä-
kularisation der Klöster in Bayern.
Gaßners Erscheinen am Ende des 18. Jahrhunderts war aber kein Einzelfall. Zu
dieser Zeit nach der Auflösung der Gesellschaft Jesu waren Ex-Jesuiten besonders
aktiv. Sie fanden eine bereitwillige Zuhörerschaft bei der breiten Bevölkerung und
nahmen in Bayern ein letztes Mal wieder ihre Aktivitäten als Exorzisten im großen
Stil auf. Fast wie Phönix sprangen die Teufelsaustreiber aus der Asche des Ordens,
um sich dem populären Volksglauben anzuschließen, in dem vergeblichen, ja nahe-
zu verzweifelten Versuch, etwas von ihrem früheren Status aufrechtzuerhalten. In ei-
nem Brief an Kurfürst Maximilian III. beschrieb Joseph Felix Effner, Stadtpfarrer zu
München76, 1776 die Aktivitäten des Exorzisten Riedmayer (der zu dieser Zeit viele
»ärgerliche Exorzismen« durchführte) und des Ex-Jesuiten Gogler mit den Worten:

»Der mit einem ausserordentlichen Enthusiasmo behaftete Prediger in der Heil.


Geist Spital-Pfarrkirche, Priester Exjesuit Gogler predigte unter anderen derlei
übertriebenen Sachen einstmahls sehr heftig wieder die freydencker, und üble Bü-
cher dergestalten, das die Zuhörer, welche meistens aus Spitallern, und anderen
Gemeinen Leuthen bestehen, und bey welchen ganz sicher gar keine Gefahr von
freydencken, oder Bücher lesen ware, in die kleinmüthigkeit versezet wurden: es
seye, voraus unter Stands- und Obrigkeitlichen Persohnen vast alles mit solchen

72
Georg BRENNINGER, Passionsspiele in Altbayern, in: Michael HENKER (Hrsg.), Hört, sehet,
weint und liebt. Passionsspiele im alpenländischen Raum, München 1990, S. 61–67, bes. S. 63.
73
BEHRINGER (wie Anm. 44), S. 371–393.
74
Besonders Sterzinger, der auch am Hexenkrieg stark beteiligt war (siehe BEHRINGER (wie
Anm. 44), S. 393–399).
75
Andreas KRAUS, Die naturwissenschaftliche Forschung an der Bayerischen Akademie der
Wissenschaften im Zeitalter der Aufklärung, München 1978, S. 144–147. Siehe auch den Beitrag
von H.C. Erik Midelfort in diesem Band.
76
Nicht der Architekt!
228 David Lederer

Gottlosen Leuthen angestecket, zum Augenscheinlichen beweiß, das es dem Predi-


ger mehrers um einflössung eines Abscheu gegen derlei Stands- und Obrigkeitli-
chen Persohnen, als um die Sitenbesserung seiner Zuhörer zu thun ware […] Gnä-
digster Herr, Herr! Das Unheil, welches aus derlei Vorschriften wieder die wahre
Christ Catholische Religion entspringet, will ich gelehrten Männeren zu entwerf-
fen überlassen, nur sovieles muß ich pflichten halber erinneren, das, wann dieses
exorcieren also seinen Fortgang gewünnet, wan dieses weesen sogar auf öffentli-
chen Kanzeln unterstüzet wird, in der Stadt München noch zwey Drittheil Men-
schen in Vermeintlich besessene, zum nachtheil der Seel, und des Leibes werden
Verwandelt werden.«77

Fazit

Die gesellschaftlichen, religiösen und politischen Funktionen der Teufelsaustreibun-


gen in der Frühen Neuzeit werden zumeist lediglich auf propagandistische Betrüge-
reien78 oder – wie kürzlich79 – auf eine allgemeine Eschatologie reduziert, wobei die
politische Geschichte dieses dauerhaften Phänomens als fortlaufender Prozeß bis-
lang völlig vernachlässigt wurde. So betrachtet aber besitzt die kritische Darstellung
der chronologischen Entwicklung der Besessenheit eine sehr wertvolle und kritische
Aussagekraft, besonders hinsichtlich entwicklungstheoretischer Konzepte wie etwa
Modernisierung, Sozialdisziplinierung, Konfessionalisierung oder Desakralisierung.
Der ›Erfolg‹ des aufgeklärten Kampfes gegen den ›Aberglauben‹ ist wohl bekannt.
Exorzismus und dämonische Besessenheit bestehen aber bis heute, nur wurden sie
wie der Hexenwahn von den Repräsentanten des modernen Staates kategorisch ab-
gelehnt. Wie es zu dieser Entwicklung gekommen ist, bleibt zu klären – und zwar
auch die politischen Ursachen. Obwohl diese Studie nur ein erster Teilversuch sein
kann, die frühneuzeitlichen Ereignisse in einem zweifelsohne sinnvollen diachronen
Zusammenhang darzustellen, bestätigen ihre Ergebnisse das mittlerweile berühmte
Paradigma von Heinz Kittsteiner, das die wahre Natur des Erfolgs der Aufklärung
etwas qualifizierender und zurückhaltender darstellt:

»Ist in der Reformationszeit und in den Jahrzehnten der Konfessionalisierung der


ein guter Christ, dem im Gewitter das Gewissen schlägt, so ist in der Spätaufklä-
rung der ein guter Bürger, der das Gewitter nicht fürchtet, weil er über ein gutes
Gewissen bereits und immer schon verfügt. Alles, was zwischen dem 16. und der
Mitte des 18. Jahrhunderts mit großem Eifer in das Volk hineingepredigt wird, ver-
sucht man wieder rückgängig zu machen, und allmählich kristallisiert sich heraus,
daß der Versuch der ›inneren Mission‹, ein Naturphänomen mit einer Gewissens-
regung zu verbinden, ein grandioser Fehlschlag war.«80

77
BayHStA, Generalregistratur 1210/20.
78
WALKER (wie Anm. 10).
79
CLARK (wie Anm. 28), bes. S. 389–434.
80
Heinz KITTSTEINER, Die Entstehung des modernen Gewissens, Frankfurt a.M. 1991, S. 33f.
»Exorzieren ohne Lizenz …« 229

Abstract

Ziel des Beitrags ist es, den Exorzismus als ein dynamisches Phänomen und nicht
einfach als ein mittelalterliches Relikt darzustellen. Es wird behauptet, daß:

1.) der rituelle Exorzismus eine eindeutig frühneuzeitliche, ja moderne Entwicklung


genommen hat;
2.) die dämonische Besessenheit nicht nur »eschatologisch« zu verstehen ist (Stuart
Clark);
3.) die dämonische Besessenheit sich nicht einfach als »Betrug« wegerklären läßt
(Daniel P. Walker).

Der frühneuzeitliche rituelle Exorzismus wurde maßgeblich von einigen frühen Je-
suiten, vor allem von Petrus Canisius und seinem Wirken in Wien, Augsburg und
Bayern befördert. Es waren Jesuiten, die unter dem Einfluß des tridentinischen Re-
gulierungsgeistes praktische Kriterien für die Kontrolle der Exorzismen aufstellten.
Der Tätigkeit von Canisius in den 1550er bis 1570er Jahren folgte eine Welle von
Teufelsbeschwörungen in Europa, die noch tief in das 17. Jahrhundert – »das golde-
ne Zeitalter des Dämonischen« (William Monter) – hineinreichte und die Grundlage
der ›Modernisierung‹ des Exorzismusrituals bildete. Am Ende des 16. Jahrhunderts
war Bayern schließlich ein Exporteur von Exorzisten.
In der Geschichte des Exorzismus im frühneuzeitlichen Bayern können wir drei
verschiedene Phasen unterscheiden. Die erste Phase, die mit der Konfessionalisie-
rung und der Einführung des Tridentinums unter Wilhelm V. und Maximilian I. (zwi-
schen 1579 und 1650) gleichzusetzen ist, war von einer hartnäckigen Bekämpfung
des ›Aberglaubens‹, darunter auch der nicht autorisierten Exorzismen geprägt. Die
herzoglichen und bischöflichen Behörden kämpften aktiv für das kirchliche Mono-
pol auf die metaphysische Kraft der Teufelsaustreibung. Exorzisten ohne Lizenz
sollten ihre Tätigkeit aufgeben und die Besessenen an eine anerkannte Autorität, z.B.
an den Anastasia-Altar in Benediktbeuern, weiterleiten. Manchmal wurden diese un-
befugten Exorzisten oder die Besessenen sogar der Hexerei verdächtigt.
Die zweite Phase ab 1650 war von wachsender Skepsis bei den herrschenden Eli-
ten, insbesondere bei den Jesuiten, gekennzeichnet. In der Tat hatte sich die Gesell-
schaft Jesu offiziell immer von diesem Ritual distanziert, so daß wir Canisius in ge-
wisser Weise vielleicht sogar als radikalen Außenseiter bezeichnen könnten.
Ein Jesuit, P. Bernhard Frey, schon bekannt als engagierter Gegner der Hexenver-
folgung in Bayern, begutachtete Fälle von Besessenheit für den Hof in München.
Mit der strengen Anwendung des Rituale Romanum und seiner rationalen Methoden
konnte er die Autoritäten überzeugen, daß zahlreiche Fälle von dämonischer Beses-
senheit eigentlich Geisteskrankheit und Betrug waren. Nachdem sich am Hof die Ein-
230 David Lederer

stellung gegenüber den Besessenen geändert hatte, wurden diese zum Teil zu harter
Arbeit oder unter die Aufsicht des Heilig-Geist-Spitals verwiesen.
Die dritte Phase ist durch die Reaktion des Volkes auf die elitären Angriffe gegen
seine religiösen Gebräuche (Wallfahrten, Passionsspiele etc.), auf die zunehmende
Säkularisierung und auf die Auflösung des Jesuitenordens am Ende des Ancien Ré-
gime charakterisiert. Zu dieser Zeit gab es einen weiteren rasanten Anstieg der überlie-
ferten Fälle von Besessenheit, der keineswegs auf das Phänomen Gassner beschränkt
war, obwohl es ihn einschloß. Diese Entwicklung am Ende des 18. Jahrhunderts kann
hier nur in groben Umrissen skizziert werden.
Allerdings blieben die Konturen der drei Phasen ebenso wie ihre Abgrenzung ge-
geneinander fließend, wie wir anhand des Falles der Rosina Huber feststellen kön-
nen. Rosina war in vielerlei Hinsicht eine echte Ausnahme. Bis zu ihrer Verhaftung
1641 fungierte sie lange Zeit als ›Geisterjägerin‹. Während der fünfzehn Wochen In-
haftierung und Folterung in einem Gefängnis in München gestand Rosina jedoch
nichts. Als Anerkennung für ihren Mut sowie für ihre praktischen Erfolge wurde sie
nicht nur entlassen, sondern erhielt vom Kurfürsten sogar die Erlaubnis, weiterhin
Geister auszutreiben. Dies tat sie bis in die späten 1650er Jahre, wobei sie auch für
die prominentesten Adelsfamilien der Region und sogar für den Fürstbischof von
Freising arbeitete.

»Exorzieren ohne Lizenz …«: Authority, Scepticism and Belief


in Early Modern Bavaria

The goal of this essay is to present the history of exorcism as a dynamic phenome-
non rather than as a medieval relic. It is claimed that:

1.) ritual exorcism developed and changed during the early modern and, indeed,
during the modern periods;
2.) demonic possession can not be understood in purely eschatological terms (Stu-
art Clark)
3.) demonic possession can not be simply explained away as common fraud (Da-
niel P. Walker)

Early modern ritual exorcism was heavily promoted by some early Jesuits, particu-
larly Peter Canisius in Vienna, Augsburg and Bavaria. Under the systematizing in-
fluence of tridentine Catholicism, Jesuits developed practical criteria for the control
of exorcisms. Canisius’ exorcisms in the 1550s to 1570s preceded a wave of exor-
cisms throughout Europe, which reached its height during the seventeenth century –
»the golden age of the demoniac« (William Monter) –, and they formed the basis for
the ›modernization‹ of the ritual. By the end of the sixteenth century, Bavaria was
exporting exorcists.
»Exorzieren ohne Lizenz …« 231

In early modern Bavaria, we can identify three phases in the history of exorcism.
The first, simultaneous with confessionalization and the introduction of tridentine
reforms under William V and Maximilian I (1579 to 1650), was accompanied by a
campaign against ›superstitions‹, among them the unauthorized practice of exor-
cisms. The ducal and episcopal authorities actively fought to maintain an ecclesiasti-
cal monopoly over the metaphysical power to drive out demons. Unlicensed exor-
cists were ordered to cease their activities and send demoniacs to a recognized
authority, e.g. to the Anastasia shrine in Benediktbeuern. Occasionally, unauthorized
exorcists or demoniacs were charged with witchcraft.
The second phase began around 1650 and was characterized by growing scepti-
cism among the ruling elites, especially the Jesuits. In fact, the Society as a whole
had always officially distanced itself from the ritual, so that we might view Canisius
as something of a radical. One individual in particular, P. Bernhard Frey S.J., fought
against witchcraft accusations, spoke out against demoniacs and pushed hard at
court for the recognition of the insanity defense. Through the strict application of the
Rituale Romanum he was able to convince the authorities that several cases of de-
monic possession were actually insanity or fraud. Gradually, as attitudes at the court
in Munich changed, demoniacs were remanded to hard work or to the custody of the
Holy Spirit Hospital.
The third phase represents the popular reaction against campaigns against popular
religious customs (pilgrimages, passion plays), the growing trend toward seculariza-
tion and the disbanding of the Jesuits at the end of the Ancien Régime. At this time,
there was another rapid rise in reported cases of possession, not limited to but in-
cluding the Gassner phenomenon in southern Germany. However, the dimensions of
this development at the end of the eighteenth century is presented only briefly here.
However, the contours of these three phases as well as the boundaries between
them were always fluid, as is suggested in the case of Rosina Huber. She was active
as a ›ghost-buster‹ long before her arrest in 1641, when she was subjected to fifteen
weeks of torture in the Munich jail. Nevertheless, she confessed to nothing. In recog-
nition of her courage as well as her practical successes, she was not only released,
but also licensed by the prince-elector to continue to exorcise spirits. She continued to
do this throughout the 1650s, working for the most prominent noble families in the
region, including the Prince-Bishop of Freising.
232 David Lederer

Abb.: Benediktuskreuz, Schutztalisman gegen die Anfechtungen des bösen Feindes.


TREVOR JOHNSON

Besessenheit, Heiligkeit und Jesuitenspiritualität


Der Straubinger Exorzismus von 16641

Vorwort

Im Archiv der ehemaligen oberdeutschen Jesuitenprovinz, jetzt im Bayerischen


Hauptstaatsarchiv in München, befindet sich eine Sammlung handschriftlicher Ak-
ten, die einen Fall dämonischer Besessenheit in Straubing (Niederbayern) im späten
17. Jahrhundert betreffen2. Eine Straubinger Jungfrau, Anna Elisabetha de la Haye,
angeblich von vier bösen Geistern besessen, wurde zwischen 1662 und 1664 durch
eine Reihe von Exorzismen geheilt. Ihr Beichtvater und Exorzist, der Jesuitenpater
Willibald Starckh, mußte seine Teufelsaustreibung gegen die Kritik seiner Ordens-
oberen verteidigen. Er konnte aber 1665 in Augsburg eine Flugschrift drucken las-
sen, worin der erfolgreiche Exorzismus dem wundersamen Eingreifen des Jesuiten-
heiligen Franz Xaver zugeschrieben wurde3.
Der Begriff ›dämonische Besessenheit‹, wenn auch nur innerhalb des frühneuzeitli-
chen europäischen Kontexts betrachtet, ist sehr komplex. Der zeitgenössische Sprach-
gebrauch war oft gewissermaßen eine semantische Stenographie für eine Reihe von
verschiedenen geistigen Leiden. Die Bedeutung war vielschichtig, heftig diskutiert
und keineswegs unveränderlich. Das Phänomen wandelte sich nicht nur je nach regi-
onalem Kontext, sondern auch im Laufe der Zeit. Das trifft auch auf den Exorzismus

1
Für ihre Hilfe danke ich Anette Bangert.
2
Bayerisches Hauptstaatsarchiv München (BayHStA), Jesuitica 525, 526. Bei diesen Akten
handelt es sich u.a. um verschiedene lateinische und deutsche Versionen der Geschichte des Exor-
zismus, einschließlich eines Berichts, der dem Jesuitengeneral Oliva übersandt wurde, sowie um
einige Notizen des Verhörs des Regensburger Suffragans, die Gutachten des Exorzisten und einige
Gelübde, die die geheilte Energumena selbst verfaßt hatte.
3
Warhafter Bericht und denckwürdiger verlauff, welcher gestalten Im Jahr 1664 den 3 tag Je-
ners, durch die Barmherzigkeit Gottes auf anfruffung des hl. Francisci Xaverii Societatis JESU, der
Indianer Apostels, die wohl edle und tugendreiche Junkfrau Anna Elisabetha Susanna, nunmehr
aber Maria Francisca De La Haye von den bösen Geistern, so sye besessen, und verfolgt, in U.
Frauen Kirchen der S.J. zu Straubing, in beysein viler glaubwürdiger, so wol geistl. alß weltlicher
herren Zeugen, wunderbarlich ist erlediget worden, Augsburg 1665. Vgl. Josef KEIM, Ein ver-
meintlicher Exorzismus in Straubing, in: Jahres-Bericht des Historischen Vereins für Straubing und
Umgebung 73 (1970), S. 60–64; Bernhard DUHR S.J., Geschichte der Jesuiten in den Ländern deut-
scher Zunge, Bd. 3, München/Regensburg 1921, S. 755f.
234 Trevor Johnson

zu. Wie David Lederer kürzlich zeigen konnte, gab es eine Spanne an Variationen dä-
monischer Besessenheit im Bayern des 17. Jahrhunderts, einer Epoche der Zunahme,
Krise und darauffolgenden Abnahme des Phänomens4. Diese Analyse enthüllt auch
eine interessante Kluft zwischen einer wachsenden kirchlichen Skepsis einerseits und
einer Zunahme der allgemeinen Aufmerksamkeit gegenüber dämonischer Aktivität
andererseits, welche die weitverbreitete Anerkennung einer teuflischen Ätiologie für
viele alltägliche Krankheiten förderte. Lederer hat auch gezeigt, welche Meinungs-
vielfalt der Jesuitenorden in Bayern in dieser Frage aufwies, da die Jesuiten alle
Standpunkte im Spektrum von der Skepsis bis hin zum eifrigen Engagement für den
Exorzismus vertreten konnten.
Der Straubinger Vorfall von 1664 scheint an einem Wendepunkt zu stehen und illu-
striert eine steigende offizielle Skepsis innerhalb der Gesellschaft Jesu: eine Skepsis,
die freilich politische und nicht nur rein theologische Ursachen hatte. Das Beispiel
illustriert auch, wie die Befürworter der Teufelsaustreibungen solche Ereignisse als
propagandistisches Mittel benutzen konnten, um bestimmte Frömmigkeitsformen
(wir hier den Xaverkult) zu fördern. Für solche Befürworter wie auch für ihre Geg-
ner war der Besessenheitsbegriff besonders wichtig, weil er mit einem Grundprinzip
jesuitischer Spiritualität in Zusammenhang stand, wobei die Unterscheidung dämo-
nischer Gegenstände in der menschlichen Phantasie, ob rein spiritualisiert oder in der
Besessenheit konkretisiert, das Hauptmotiv war.

Die Geschichte

Die Geschichte verlief folgendermaßen5: Anna Elisabetha war die Tochter Fried-
richs de la Haye, des Pflegers von Pleystein im Herzogtum Pfalz-Neuburg. Ohne daß
sie es wußte, hielt man sie von ihrer Kindheit an für von vier bösen Geistern beses-
sen. 1661, als sie siebzehn Jahre alt war, verlobte sie sich in München mit einem jun-
gen Holländer, der sich als Junker ausgab, tatsächlich aber – so die Quellen – der
Teufel in menschlicher Gestalt gewesen sei. Mit ihrem eigenen Blut unterschrieb sie
einen Pakt mit diesem Mann, »wie ihrs ihr vermainter Liebhaber vorgeschrieben hat«:

»Mein herz in mir,


theil ich mit dir,
vergiss ich dein,
vergess Gott mein,
diß soll unser beide verbundnuß sein.«

4
David LEDERER, Reforming the Spirit. Society, Madness and Suicide in Central Europe,
1517–1809, Diss. phil. New York 1995, bes. S. 271–327. Vgl. auch den Aufsatz von David Lederer
in diesem Band.
5
Siehe zum Verlauf der Geschichte das handschriftliche Konzept der Flugschrift (BayHStA, Je-
suitica 525, »Warhafter Bericht«).
Besessenheit, Heiligkeit und Jesuitenspiritualität 235

Kurze Zeit später entwickelte sie eine »seltsame Krankheit«. Sie kehrte nach Strau-
bing zurück, litt aber an Anfällen, Verwirrungen und Schmerzen. Als sie »vil einge-
zauberte Stuckh« zu erbrechen begann, zeigte es sich in den Augen der Zeitgenossen
bald, daß ihre Krankheit übernatürliche Ursachen hatte. Sie wäre gestorben, »wenn
nicht ein Bild Franz Xavers, so sie aus Andacht an dem Hals hielt, augenscheinlich
geholfen hatte«. In der Nacht erschien ihr der heilige Franz Xaver, »mit einem Buch
in der rechten Hand und in der linken eine Büchse von grüner Salb, kraft welcher sie,
wie auch mittels eines Gelübdes, von Xaverio gesund gemacht wurde«.
Trotz dieses scheinbaren Erfolgs stand Anna erst am Anfang ihres Leidenswegs.
Wenig später wurde sie auf der Straße von einem Diener angesprochen, der ihr eine
Einladung von ihrem Verlobten gab. Dieser forderte sie auf, ihn in Augsburg zu tref-
fen. Sie entschloß sich, heimlich abzureisen, aber zuerst betete sie zu Xaver für eine
sichere Reise. Dank dieses Gebets wurde ihre Abfahrt verhindert. Kurz darauf wurde
sie wieder krank. »Des Verständnis beraubt«, erzählte sie den Zuschauern die Ge-
schichte ihres »Bräutigams«. In der folgenden Nacht wurde sie von einer Vision er-
schüttert: Sie sah den von blutigen Wunden bedeckten Christus, Maria und den hei-
ligen Franz Xaver, die alle »ihr die Saumseligkeit in ihren Gelübden vorhielten […]
neben dem warfen vier schwarze Mohren eiserne Ketten um ihren Leib, sie hinzurei-
ßen«. Doch wurde sie geschützt von einem »holdseligen Knäblein in einem braunen
Röcklein«, in dem sie den heiligen Simon von Trient erkannte, dessen Reliquien sie
zuvor empfangen hatte. Noch einmal aber begegnete sie dem Diener, der sie entführ-
te, sie in einen Roßstall hineinzwang und ihr einen Dolch auf die Brust hielt. Sie sag-
te zu, am Matthiastag abzureisen, wurde aber auf wunderbare Weise wieder davon
abgehalten. Infolgedessen machten sich die sie heimsuchenden bösen Geister »durch
ungewöhnliche Gebärden, Geschrei [und] unerwarteten Gebrauch der lateinischen
Sprache« immer deutlicher bemerkbar.
Daraufhin beschäftigten sich die Straubinger Jesuiten mit Annas Exorzismus. Mit
Hilfe des heiligen Franz Xaver selbst verfaßte einer der patres ein Gebet zu Gott und
dem Heiligen und bat um Beistand gegen die Teufel. Dieses Gebet und das Vorhan-
densein eines Xaverbildes erregte die vier Teufel derart, »daß sie oft röhrten wie die
Ochsen, brülleten wie die Löwen, heuleten wie die Hunde, vornehmlich aber zu dem
Heiligen Xaverio schrieen, er solle sie nicht so schmertzhaftig peinigen«. Die Namen
der vier Geister wurden festgestellt: »Inobedientia«, »Superbia«, »Avaritia« und »Mu-
tus«. Anna, die große Schmerzen litt und in Lebensgefahr schwebte, erschien noch
einmal Xaver. Der Heilige versprach ihr eine baldige Erlösung: »Nur«, sagte er, »sol-
le sie den Anfechtungen im letzten Kampf ritterlich Widerstand tun: ihr Seelen Selig-
keit stehe auf einen Augenblick«. Dieser »letzte Kampf« fand am 3. Januar 1664 statt.
Die vier Teufel wurden gezwungen, Gott, Maria und Xaver um Vergebung für ihre
Gotteslästerungen zu bitten. Zu Xaver riefen sie: »Du heiliger Francisce Xaveri, du
Austreiber der Teufel, du Gewinner viler Tausend Seelen, wer auf dein Vorbitt hofft,
wird nicht verlassen, das Wahrzeichen sieht man an uns ellenden armen Teufeln.«
Während die Teufel gegen Xaver wüteten, erlebte Anna solchermaßen schreckli-
che Versuchungen, besonders diejenige der Unreinheit und Verzweiflung, daß sie zu
236 Trevor Johnson

Boden sank und schrie: »O Jesu hilf! Ich muß einwilligen. Ich muß verzweifeln. O
Heiliger Xaveri, hilf!« Nach neun Stunden ließ Gott die Dämonen abziehen. Da-
durch wurde Anna aus ihrem Sessel geworfen und lag eine halbe Stunde wie tot auf
dem Boden, der Pakt, den sie mit dem Teufel geschlossen hatte, neben ihr. Noch
einmal erschien ihr Franz Xaver, nun mit der freudigen Botschaft: »Jetzt bist du völ-
lig erlöset!« Der Heilige gab ihr mit seinem Stab seinen Segen, und frisch und ge-
sund stand sie auf, zur Verwunderung der dreißig Zeugen. Die Geschichte endet mit
diesen Worten:

»Die Ursach einer so nachdenklichen Zulassung Gottes ist vor allem gewesen, daß
Anna Elisabetha von der Hebammen nicht recht getaufft ware; so hernach wiede-
rum bedingweis getaufft, und Maria Francisca, anstatt Anna Elisabetha Susanna,
noch auf den heutigen Tag genennet wird. Gott seie in seinen Heiligen, besonders
in dem wundertätigen Francisco Xaverio gepriesen; durch dessen Vorbitt woll er
uns gnädiglich behüten vom Bösen, Amen.«

Das Besessenheitserlebnis: Annas Perspektive

Wie sind diese Geschichten sowie das hier beschriebene Erlebnis zu verstehen? Der
kurze Text, der die Bildung, aber auch das Vergnügen des Lesepublikums beabsich-
tigte, ist einerseits unvollständig, andererseits formelhaft rhetorisch. Er übermittelt
aber, wenn auch indirekt, zwei Stimmen: die Stimme Annas, die nur leise und un-
deutlich zu hören ist, und die lautere Stimme des Verfassers.
Zunächst zu Anna und dem, was von ihrer Erfahrung, ihrem Selbstbewußtsein
und Selbstverständnis als Energumena oder Besessene zu erfahren ist. Oberflächlich
ähnelt dieser Fall zahlreichen anderen frühneuzeitlichen Beispielen dämonischer Be-
sessenheit, indem er sich auf den Charakter und das Leben einer Heranwachsenden
konzentriert, die – wenngleich von ziemlich hohem sozialen Stand – trotzdem ge-
meinschaftlichen Zwängen und geschlechtseigenen Verhaltensnormen unterworfen
war. Selbstverständlich könnte man hier eine Reihe anthropologischer, psychologi-
scher und psychoanalytischer Vorbilder anführen6. Die kurze und polemische Ge-

6
Vgl. Ioan M. LEWIS, Ecstatic Religion. A Study of Shamanism and Spirit Possession, Har-
mondsworth 1971, und der darin entwickelte Begriff peripheral possession. Freilich fanden sich in
Deutschland nicht nur Frauen, sondern oft auch Männer unter den Besessenen. Dies stellt frühere
Versuche, dämonische Besessenheit mit klassischen psychoanalytischen Theorien von Hysterie zu
erklären, in Frage (vgl. H.C. Erik MIDELFORT, The Devil and the German People. Reflections on
the Popularity of Demon Possession in Sixteenth-Century Germany, in: Steven OZMENT (Hrsg.),
Religion and Culture in the Renaissance and Reformation (Sixteenth Century Essays and Studies,
Bd. 11), Kirksville 1989, S. 99–119; DERS., A History of Madness in Sixteenth-Century Germany,
Stanford 1999, S. 1–79). Vgl. auch LEDERER, Reforming the Spirit (wie Anm. 4), und für Frank-
reich Moshe SLUHOVSKY, A Divine Apparition or Demonic Possession? Female Agency and
Church Authority in Demonic Possession in Sixteenth-Century France, in: Sixteenth Century Jour-
nal 27 (1996), S. 1039–1055.
Besessenheit, Heiligkeit und Jesuitenspiritualität 237

schichte liefert uns jedoch nur unzulängliche Beweise, so daß sie lediglich eine ober-
flächliche Spekulation über Annas Geisteszustand gestattet.
Aus den Bildern und Wörtern, die Anna angeblich benutzte, um ihr Problem zu
beschreiben, könnte man schließen, daß ihre Besessenheit irgendwie mit dem Be-
wußtsein ihrer eigenen Sexualität in Zusammenhang stand. Die erotische Begierde,
die Anna bewußt als die Versuchung zur Unreinheit ausdeutete, konzentrierte sich
auf die Phantasiegebilde des jungen Holländers und seines Dieners. Begierde und
Verdrängung vereinigten sich zu einem berauschenden Cocktail, dabei ist es aber
wichtig, daran zu erinnern, daß Anna beide mit dem allgemeinen religiösen Verständ-
nis der Epoche sah. Sie kämpfte gegen ihre Phantasien, weil sich ihnen zu beugen
bedeutet hätte, Gott den Gehorsam zu verweigern. Annas Gewissensprobleme fan-
den auch in der Benennung ihrer Dämonen Ausdruck, von denen zwei, »Avaritia«
und »Superbia«, Personifikationen von Todsünden waren. Die Vision des blutenden
Christi versinnbildlicht Annas Schuldgefühle. Diese unwillkürliche Vision gemahnt
an das willkürlich geschaffene Bild, das Ignatius von Loyola für die Meditation an
die »dreifache Sünde« in der ersten Woche seiner Geistlichen Übungen vorschrieb:

»Laß mich Christus, unsern Herrn, vor mir am Kreuze hängend vorstellen, zu ihm
auf diese Weise sprechend: Warum ist er, der Schöpfer, Mensch geworden? Ein ewi-
ges Leben wissend, warum ist er zu diesem fleischlichen Sterben gekommen, diesem
Sterben wegen meiner Sünden? […] Wenn ich den Zustand von Christus, ans Kreuz
genagelt, sehe, laß mich bei solchen Gedanken verweilen, die mir kommen.«7

Interessanterweise spiegelt auch das Bild der Ketten, die die Mohren um Annas Kör-
per wickelten – vermutlich eine Darstellung der vier Dämonen – eine andere Medi-
tation aus der ersten Woche der Geistlichen Übungen wider:

»Genauso, für die zweite Übung, werde ich mich als großen Sünder vorstellen, der
als Gefangener vor dem allerhöchsten ewigen Richter stehen muß. Ich werde mich
erinnern, wie Gefangene, die eines Kapitalverbrechens schuldig sind, in Ketten vor
einem irdischen Richter stehen.«8

Heute würde man vielleicht sagen, daß ein innerer und normalerweise unsichtbarer
Konflikt sich so sehr verschärfte, daß er sich auch äußerlich Ausdruck verschaffen
mußte. Für Anna und ihre Zeitgenossen traf aber das Gegenteil zu: Sie führten Ge-
danken, Phantasien und Visionen auf äußerliche Einflüsse zurück; die Macht ihrer
Versuchungen wurde für sie nur durch die Vorstellung dämonischer obsessio und
schließlich auch possessio (also Besessenheit) verständlich.
Man könnte meinen, daß dies die Besessene entlasten würde, denn des Willens
›beraubt‹ konnte sie keine Schuld auf sich laden. Trotzdem dauerte hier, wie auch in
anderen Besessenheitsfällen, die von den Teufeln ausgeübte Kontrolle nicht ununter-

7
Ich habe die folgende Ausgabe der Geistlichen Übungen benutzt: Ignatius LOYOLA, The Spir-
itual Exercises, übersetzt von Thomas CORBISHLEY S.J., Wheathampstead 1973, S. 32.
8
LOYOLA, Geistliche Übungen (wie Anm. 7), S. 37f.
238 Trevor Johnson

brochen an. Oder, wie wir vielleicht sagen würden, wechselten Annas Geisteszu-
stände zwischen Klarheit und Verwirrung. Der Konflikt dauerte die ganze Zeit über,
während Anna weiterkämpfte und sich für ihre Schwäche schämte. So intensiv wa-
ren Schuld und Angst, daß auch die sonst tröstenden Figuren wie Xaver, Maria und
Christus sie tadelten und verdammten. Sie verzweifelte an der Unfähigkeit, ihre Be-
gierden zu überwinden. Die Verzweiflung, selbst eine Sünde, erweckte in ihr eine
noch größere Angst, nämlich die Furcht vor der Verdammnis.
Schenkt man der gedruckten Version Glauben, war der Exorzismus erfolgreich.
Er stabilisierte und regelte Annas Ängste. Die beigefügten Papiere mit handschriftli-
chen Gelübden ermöglichen einen entsprechenden Schluß. Z.B. versprach Anna im
Jahre 1667, zehn Rosenkränze zu beten, drei Messen zu Ehren Franz Xavers zu hö-
ren und jährlich am Festtag Xavers zu beichten und die Kommunion zu empfangen9.
Es ist zu vermuten, daß nach dem Exorzismus eine strukturelle Untersuchung des
Gewissens unter der Bevormundung der Jesuitenbeichtväter Annas frühere gefährlich
unstrukturierte Vorstellungen durch Bedenken ersetzte. Ihre Fixierung auf die Phan-
tasiefigur des jungen Holländers wurde möglicherweise durch eine gefühlsbetonte
Andacht zu Franz Xaver ersetzt.

Teufelsaustreibung und Hagiographie: Die Jesuitenstimme

Wissen wir schon wenig von Anna de la Haye, so berichtet die Geschichte über ih-
ren Jesuitenexorzisten, Willibald Starckh, fast gar nichts. Dadurch, daß der Exorzi-
stenautor unsichtbar bleibt, maskiert er seine Kontrolle über die Konstruktion des
Textes. Die Jesuitenstimme ist laut zu vernehmen, aber was will dieser Jesuit sagen?
Der Ton seines Textes bleibt, wenngleich ein Fall dämonischer Besessenheit im
Mittelpunkt steht, in einigen Punkten ziemlich verhalten. Z.B. wird – obwohl Annas
Krankheit als epilepsia veneficio contracta beschrieben ist – keine Suche nach einer
Hexe erwähnt. Trotz des gefährlichen und belastenden Hinweises auf einen teufli-
schen Pakt wird nie vermutet, daß Anna selbst der Hexerei schuldig sei. Sie wird für
ihre Sünden verantwortlich gemacht, aber in dem Teufelspakt ist sie ein unschuldi-
ges, wenn auch naives Opfer. So wie die Hexenprozesse im bayerischen Gebiet we-
niger wurden, lockerten sich die Verbindungen zwischen Besessenheit und Hexerei,
wenn sie auch nie völlig gebrochen wurden10. Durch die Aufnahme des Paktmotivs
könnte aber im Straubinger Fall die Gefahr einer Eskalation gedroht haben. Dies war
einer der Gründe, warum sich der bayerische Jesuit und Moraltheologe Bernhard
Frey (später Beichtvater des bayerischen Kurfürsten Ferdinand Maria) und der Jesui-

9
BayHStA, Jesuitica 526.
10
Man kann immer Gegenbeispiele finden, wie den Fall Geisling, bei dem am Ende des Jahr-
hunderts dämonische obsessio zu Hexenprozessen und Hinrichtungen führte (vgl. Franz Xaver VON
ALTÖTTING O.F.M.Cap., Konrad von Monheim, O.F.M.Cap. (1643–1712), als Seelsorger bei den
Geislinger Hexen, in: Miscellanea Melchor de Pobladura 2 (1964), S. 377–391).
Besessenheit, Heiligkeit und Jesuitenspiritualität 239

tenprovinzial Jakob Raßler gegen einen zweiten und sehr ähnlichen Exorzismus wand-
ten, den Starckh einige Jahre später in München vollzog11. Die Oberen des Ordens,
der eine wichtige Rolle beim Ende der bayerischen Hexenverfolgungen gespielt hat-
te, hatten keine Lust, diese wieder anzufachen. Diese Umstände dürften Starckhs vor-
sichtige Einstellung seinem Text gegenüber bestimmt haben. Und vielleicht erschien
auch deswegen ein besonders alarmierendes Motiv erst am Schluß der Geschichte:
die falsche Taufe. Dieses Motiv findet sich auch in anderen bayerischen Fällen aus
dieser Zeit, in denen die ›unrichtige Taufe‹ tatsächlich ein dämonischer Ritus ist:
Die Hebamme oder Hexe tauft das kleine Kind im Namen des Teufels. In unserem
Text wird dies nicht ausdrücklich erwähnt. Aber die Gefahr eines solchen Motivs ist
klar. Wenn Anna de la Haye nicht vorschriftsmäßig getauft wurde, wären dann nicht
viele andere ebenso gefährdet? Es könnte sein, daß viele Personen unsichtbare schla-
fende Dämonen beherbergten, die nur auf eine Gelegenheit warteten, in den Besitz
des Körpers zu gelangen. Dieses Thema wird aber hier nicht entwickelt.
Wenngleich dämonologisch, so korrespondiert die Geschichte auch zum Genre ei-
ner hagiographischen Wundergeschichte, in der die Betonung auf Wundern, Fürbit-
ten und schließlich auf der Macht der Heiligen liegt. Während des Exorzismus wur-
den viele geistliche Mittel benutzt. Anna wurde Walburga-Öl, heiliges Wasser und
Ignatius-Wasser, mit Bruchstücken eines Agnus Dei gemischt, zugeteilt, gleichzeitig
legte man ihr Xaverreliquien auf. Gebete wurden an Gott, Ignatius, Xaver, Walbur-
ga, Unsere Liebe Frau von Bogenberg und Unsere Liebe Frau von Altötting gerich-
tet. Die Verwendung solcher ›geistlichen Mittel‹ noch über den kanonischen Exorzis-
musritus hinaus war bei den Teufelsaustreibungen dieses Zeitalters allgemein ülich.
Sie ermöglichte die Förderung von besonderen Andachten und Frömmigkeitsformen.
Mit dem Bezug zu den Hauptmarienwallfahrtsorten der Region wurde Straubings
eigene heilige Topographie und Identität als heilige Region auf die Probe gestellt,
zusammen mit der jeweiligen Wirksamkeit der Sakramentalien. Durch die Anrufung
der Heiligen erschien Annas Körper als Kriegsschauplatz, denn der Kampf mit Dä-
monen rechtfertigte den Ruf besonderer heiliger Wundertäter. Die Verwendung sol-
cher Vorfälle, nicht nur um den kanonischen Ritus oder den sakralen Stand der Geist-
lichen, sondern auch die herkömmliche Lehre der Fürbitte zu legitimieren, hatte im
Mittelpunkt des propagandistischen Exorzismus in der Zeit des konfessionellen Kon-
flikts gestanden12.
Es läßt sich nicht ermitteln, ob es nur Anna war, die das »holdselige Knäblein in
einem braunen Röcklein« als Simon von Trient, angebliches Opfer eines jüdischen

11
Die Geschichte der Besessenheit und des Exorzismus von Katharina Rieder (1667–1669)
nimmt die Straubinger Elemente von Teufelspakt, unrichtiger Taufe und Xaverkult auf. Selbst die
Ähnlichkeit zum Straubinger Fall war für die Ordensoberen ein Grund, gegenüber dem Verhalten
Starckhs skeptisch zu sein (vgl. DUHR, Geschichte der Jesuiten (wie Anm. 3), S. 756f.).
12
Vgl. LEDERER, Reforming the Spirit (wie Anm. 4), S. 279f.; Cecile ERNST, Teufelsaustrei-
bungen. Die Praxis der katholischen Kirche im 16. und 17. Jahrhundert, Bern/Stuttgart/Wien 1972;
Daniel P. WALKER, Unclean Spirits. Possession and Exorcism in France and England in the Late
Sixteenth and Early Seventeenth Centuries, London 1981.
240 Trevor Johnson

Ritualmordes im Jahr 1475, identifizierte, oder ihr diese Deutung durch den Exorzi-
sten nahegelegt wurde. Die Erzählungen ähnlicher Ritualmorde hatten in der in vier
Bänden zwischen 1615 und 1628 erschienenen Bavaria Sancta von Matthäus Rader
ihren regionalen Widerhall gefunden. Die Anrufung der Jesuitenheiligen ist aber
nicht überraschend. Im Falle Loyolas hatten die Jesuiten – sowohl vor als auch nach
seiner Heiligsprechung – die Kunde nicht nur seiner heroischen Tugend, sondern
auch seiner wunderwirkenden Fähigkeit verbreitet. Berichte von Loyolas Wunderta-
ten wurden von den Jesuiten Oberdeutschlands eifrig gesammelt. In der volkstümli-
chen Vorstellung galt Loyola als einflußreicher Patron gegen mehrere Krankheiten
und in verschiedenen Lebenslagen, besonders effektiv bei der Pest und als Beschüt-
zer von Frauen während der Niederkunft. In Amberg in der Oberpfalz wie in Köln
verfügten die Jesuiten über Stücke von Loyolas Priesterrock als Reliquien, die wäh-
rend schwieriger Geburten den Frauen aufgelegt wurden. Auch das von den Jesuiten
gesegnete Ignatius-Wasser wurde benutzt. Während einer Jesuitenmission in die Ei-
fel 1736 sprengte es das Landvolk z.B. über seine Felder, um sie vor Raupen zu schüt-
zen. Loyolas Macht gegen den Teufel wurde nicht weniger verehrt13.
In Straubing aber war sein Kollege Franz Xaver die zentrale Figur. Neben den
Heiligenvisionen Annas bezeugten selbst ›ihre‹ Teufel die triumphierende Stärke
Xavers. Auf die Missionsreisen des Heiligen anspielend, gaben sie zu verstehen, daß
Xaver in langen Jahren für seine Ehre nicht so viel getan hatte, wie er jetzt in Strau-
bing vollbringen würde14. Daß Franz Xaver im Vordergrund der Geschichte stand,
könnte die persönliche Auslegung des Exorzisten widerspiegeln – dieser scheint
auch den späteren Exorzismus an Katharina Rieder in München genutzt zu haben,
um den Xaverkult zu fördern. Wie ungewöhnlich Starckhs Popularisierung durch
den Exorzismus auch scheinen mag, ganz allgemein förderte die oberdeutsche Pro-
vinz den Kult des ›Indianer-Apostels‹ mit nicht weniger Begeisterung und Eifer als
den Kult des Ordensgründers selbst. Wie die Sammlung von Xaverwundern im Ar-
chiv der Provinz belegt, wurde der Kult immer populärer. Im frühen 18. Jahrhundert
erweiterten die Jesuiten des Straubinger Kollegs den Xaverkult, indem sie auf ihren
Volksmissionen das wunderwirkende Xaver-Wasser unter das Volk verteilten. Die
Missionsberichte von 1721 und 1722 enthalten Listen der »beneficia per aquam Xa-

13
Trevor JOHNSON, Blood, Tears and Xavier-Water. Jesuit Missionaries and Popular Religion
in the Eighteenth-Century Upper Palatinate, in: Bob SCRIBNER/Trevor JOHNSON (Hrsg.), Popular
Religion in Germany and Central Europe, 1400–1800, Basingstoke 1996, S. 183–202; Annette
SCHOMMERS, Rheinische Reliquiare. Goldschmiedearbeiten und Reliquieninszenierungen des 17.
und 18. Jahrhunderts, Rheinbach/Merzbach 1993, S. 65–69; Georg SCHREIBER, Heilige Wasser in
Segnungen und Volksbrauch, in: Zeitschrift für Volkskunde 44 (1934), S. 198–209.
14
»Multis annis Indianus pro suo honore non fecit, quod in hac creatura faciet in hac regione«
(BayHStA, Jesuitica 525, »Accurata narratio rei gestae«, S. 44). Starckh erwähnte diesen Satz als
Beispiel für den unerwarteten Gebrauch der lateinischen Sprache durch die Besessene, der außer-
dem für den Jesuiten der erste Beweis der Besessenheit war (BayHStA, Jesuitica 525, »Probatio
personam istam vere fuisse obsessam«).
Besessenheit, Heiligkeit und Jesuitenspiritualität 241

verianam obtenta«, also Dutzender Heilungen Blinder, Lahmer und Kranker15. Eine
Flugschrift, die die Nachricht eines erfolgreichen Exorzismus verbreitete, stellte eine
weitere Art dar, in die religiöse Volkskultur Eingang zu finden.
Die Angleichung an die Volkskultur, die wir in solchen Aktivitäten erkennen, steht
im Widerspruch zum traditionellen Bild eines Ordens, dem nachgesagt wird, kein
Verständnis für die Volksreligion zu haben. Mit der Gründung der Volksmissionen
kam (sozusagen) ein Teufelskreis in Gang: Die Missionare erweckten das Bewußt-
sein des Volkes, sie konfrontierten die Landleute mit geistlichen Problemen und phy-
sischen Symptomen. Daraufhin behandelten die Missionare diese mit ihren Sakra-
mentalien, wodurch der Glaube an die geistlichen Heilmittel sich noch fester in der
Volkskultur verankerte. Das konnte freilich Probleme verursachen. Der Pfarrer von
Zusmarshausen freute sich im August 1718, daß sich seit einer Jesuitenmission seine
Pfarrkinder »von allen schweren Sünden« ferngehalten hatten. Jedoch schrieb er:

»Eines aber betrübt mich sehr: viele Personen, die den Predigten beiwohnten, de-
ren reines Leben mir seit zwanzig Jahren bekannt ist, werden durch die Bosheit des
Teufels und der Zauberer schrecklich, fast bis zur Verzweiflung geplagt, grausame
Schmerzen fühlen sie in den Gliedern, sie können nicht schlafen und nicht essen.
In Folge davon verbreitet denn der Teufel Verläumdungen und Spottreden gegen
die Mission. Ich habe durch Reliquien und Segnungen verschiedenen Erleichterun-
gen verschafft.«16

Wie wir gesehen haben, fürchteten die Oberen der Gesellschaft Jesu mitunter Akti-
vitäten, die ein Bewußtsein dämonischer Ätiologie für jede Krankheit förderten. Das
war einer der Gründe, weshalb die Provinz ihre Stimme gegen die Missionsreise des
italienischen Kapuzinerexorzisten Markus von Aviano 1680 erhob17. In Straubing
mußte Willibald Starckh seine Behandlung Annas de la Haye verteidigen. Er legte
eine Reihe von Punkten dar, die auf der Grundlage der dämonologischen Theorien
seiner Ordensbrüder Peter Thyraeus und Martin Delrio seine Diagnose der Beses-
senheit untermauern sollten, und zählte einige Zeugen auf, u.a. den Stadtarzt Andreas
Heigl und andere Ärzte18. Starckh schrieb direkt an den Ordensgeneral Oliva in Rom

15
JOHNSON, Blood, Tears and Xavier-Water (wie Anm. 13), S. 195–197.
16
Bernhard DUHR S.J., Die kurpfälzischen und kurbayerischen Volksmissionen im 18. Jahrhun-
dert, in: Historisch-politische Blätter für das katholische Deutschland 170 (1922), S. 510–526, 565–
580, 637–655, hier S. 572f.
17
Vgl. zu Markus von Aviano Maria HEYRET, P. Marcus von Aviano O.M.Cap. Apostolischer
Missionar und päpstlicher Legat beim christlichen Heere, München 1931.
18
Starckh führte vier Arten von Beweisen an: erstens Beweise, die den rubricae romanae ent-
nommen wurden; zweitens andere Zeichen, die in den Werken der Kirchenväter und neuzeitlicher
Theologen wie Delrio und Thyraeus zu finden waren, wie Blasphemien, Versuchungen und Schrek-
ken vor heiligen Sachen; drittens äußerliche oder physikalische Symptome und die Unwirksamkeit
üblicher medizinischer Mittel. Der vierte Beweis war die probatio bonitatis personae: Die Beses-
senheit war kein Betrug, weil die Besessene vorher immer heilige Sachen verehrt hatte und weil sie
bescheiden in der Kleidung und im Verhalten und keusch war (BayHStA, Jesuitica 525, »Probatio
personam istam vere fuisse obsessam«).
242 Trevor Johnson

und konnte bei einem Verhör des Regensburger Ordinariats erfolgreich seine Inter-
pretation der Straubinger Ereignisse behaupten. Trotzdem erregten einige Elemente
seiner Exorzismuspraxis bei den Ordensoberen in München noch Verdacht. Dieser
Verdacht verstärkte sich während des Besessenheitsfalls Katharina Rieders in Mün-
chen. Besonders problematisch war Starckhs Beharren darauf, daß die Besessene
ausschließlich in seiner Pflege oder wenigstens in der der Jesuiten und keinesfalls
unter anderen Ordensleuten bleiben sollte, was in den Gutachten der Theologen in
München als falsche Lehre betrachtet wurde19. Aber eine solche Skepsis leitete sich
aus der Politik oder aus abstrakten Prinzipien her, eine radikale Skepsis gegenüber
den vermeintlichen irdischen Aktivitäten des Teufels herrschte auch hier nicht.

Besessenheit und Jesuitenspiritualität

Willibald Starckh berichtete, daß einige Straubinger Karmeliter den Jesuiten Rat-
schläge zur Exorzismuspraxis erteilt hatten. Das Interesse an der Besessenheit war
keineswegs ausschließlich jesuitisch, der Exorzismus konnte den Anlaß zur Zusam-
menarbeit wie natürlich auch zur Rivalität zwischen den verschiedenen Orden bil-
den. Gab es dennoch bei den Jesuiten eine bestimmte, andersgeartete Einstellung auf
diesem Gebiet?
Interessant wäre ein Vergleich verschiedener Ordensstrategien gegenüber der dä-
monischen Welt. An dieser Stelle lassen sich jedoch nur zu den Jesuiten einige
Schlüsse ziehen. Obwohl die Besessenheit ein extremer Zustand war, waren alle Je-
suiten – und vielleicht die Jesuiten stärker als andere – geneigt, eine eigene Sensibi-
lität gegenüber dämonischen Einflüssen zu entwickeln. Das liegt daran, daß die
Geistlichen Übungen Loyolas im Zentrum jeglicher jesuitischen Bildung standen.
Alle ihre Aktivitäten, ob missionarisch, pädagogisch, seelsorgerisch, literarisch oder
andächtig, gründeten auf der Spiritualität der Geistlichen Übungen. Diese sollten das
Vorstellungsvermögen ausbilden. Durch ein Meditationsprogramm sollte der Wille
gestärkt werden, Widerstand gegen die Sünde zu leisten und sich spirituell wie mo-
ralisch zu bessern. Interessanterweise erinnern Annas unwillkürliche Visionen oft an
die willkürlichen Meditationen, die Loyola vorgeschrieben hatte. Das mochte mehr
als ein bloßer Zufall sein, und man konnte darauf schließen, daß Anna mit deren
Grundprinzipien vertraut war, vielleicht durch die Seelsorge Starckhs und seiner
Straubinger Kollegen20. Die Vermischung von willkürlichen und unwillkürlichen
Visionen, Gedanken und Gefühlen, die Annas Besessenheit prägte, war ein anschau-

19
DUHR, Geschichte der Jesuiten (wie Anm. 3), S. 756f.
20
Vgl. zur allgemeinen Seelsorge der Jesuiten David MYERS, Die Jesuiten, die häufige Beichte
und die katholische Reform in Bayern, in: Beiträge zur altbayerischen Kirchengeschichte 42 (1996),
S. 45–58. Vgl. zur Jesuitenseelsorge von Frauen Anne CONRAD, Die Kölner Ursulagesellschaft und
ihr »weltgeistlicher Stand«, in: Wolfgang REINHARD/Heinz SCHILLING (Hrsg.), Die katholische Kon-
fessionalisierung, Münster 1993, S. 270–295 (mit der darin erwähnten Literatur).
Besessenheit, Heiligkeit und Jesuitenspiritualität 243

liches Zeichen der dreifachen Quelle aller menschlichen Gedanken, die Loyola selbst
aufgezählt hatte: »Ich vermute, daß meine Gedanken sind von drei Arten: mein eige-
ner Gedanke, der aus meinem freien Willen entsteht, und die zwei anderen, die von
außen hineinkommen, der eine von Gott, der andere vom Teufel.«21 Das war freilich
eine traditionelle und keineswegs originale vorkartesianische Kognitionstheorie.
Einer solchen Vorstellung der geistigen Durchlässigkeit liegt ein ferneres Kern-
prinzip der Geistlichen Übungen zugrunde, nämlich die »Unterscheidung der Gei-
ster«. In seinen »Regeln, um spirituelle Einflüsse zu unterscheiden«, die die Medita-
tionen der ersten und zweiten Woche der Geistlichen Übungen leiten sollten, betonte
Loyola die Notwendigkeit, zwischen göttlicher und teuflischer Herkunft aller äußer-
lich gefaßten Gedanken zu unterscheiden. Eine derartige discretio ist nicht einfach.
Ignatius warnte an einer Stelle, die Annas Wunschphantasie einer Ausreißerin ähnelt:

»Er [der Teufel] ist auch wie ein Verführer in seinem Wunsch, verkleidet und un-
entdeckt zu bleiben. Wenn ein Verführer die Tochter eines guten Vaters oder die
Frau eines guten Mannes umwerben will, möchte er, daß seine Wörter und Vor-
schläge unenthüllt bleiben. Es ärgert ihn, wenn die Tochter oder die Frau dem Vater
oder dem Mann seine falschen Wörter und unehrenhaften Pläne erzählt, weil er
schnell erkennt, daß er dadurch sein Ziel nicht erreichen kann. So ist es mit dem
Feind unserer menschlichen Natur.«22

Für die zweite Woche legte Loyola genauere Regeln fest, um die verschiedenen gei-
stigen Einflüsse zu unterscheiden. Er schrieb: »Ein Gefühl von Trost kann entweder
vom guten Engel oder vom bösen bewirkt werden, obwohl aus entgegengesetzten
Zwecken.«23 Loyola betonte die Notwendigkeit, den ganzen Gedankengang zu unter-
suchen. Beginnt der Gedankengang unschuldig, führt aber dann eventuell zu etwas
Ablenkendem oder Beunruhigendem, ist das ein klares Signal dafür, »daß die Gedan-
ken von bösen Geistern kommen«24. Er empfahl, daß man den ganzen Gedankengang
zurückverfolgen solle, um Informationen über die Strategie des Feindes zu gewinnen.
In diesem ignatianischen System folgt, nachdem diese Unterscheidung getroffen ist,
die electio, die Wahl eines geistigen Lebenswegs. Diese Wahl oder Entscheidung
wird auf der Grundlage der Erkenntnis des göttlichen Willens getroffen, die erst mög-
lich ist, nachdem die dämonischen Einflüsse sozusagen herausgefiltert worden sind.
Die Unterscheidung der Geister und die Wahl des Lebenswegs sind Hauptthemen
der Jesuitendramen der Epoche, die ein wichtiges Mittel waren, um die ignatianische
Spiritualität zu verbreiten.
Natürlich interessierten sich Nichtjesuiten für die Frage nach der Unterscheidung.
Ein Jahrzehnt nach dem Straubinger Exorzismus veröffentlichte beispielsweise der Zi-
sterzienserkardinal Johannes Bona eine Abhandlung von 378 Seiten, De discretione

21
LOYOLA, Geistliche Übungen (wie Anm. 7), S. 25.
22
Ebd., S. 110f.
23
Ebd., S. 112.
24
Ebd., S. 113.
244 Trevor Johnson

spirituum25. Genau wie Loyola in den Geistlichen Übungen betonte Bona die Schwie-
rigkeiten und Gefahren der Unterscheidungspraxis, da die Dämonen sich als gute
Engel und Heilige, aber auch als Maria oder Christus leicht verkleiden und ihre Bos-
heit unter gütigen Formen verstecken könnten26. Im 17. und 18. Jahrhundert benutz-
ten Jesuitenautoren wie beispielsweise Giovanni Battista Scaramelli (1687–1752) die
Erfahrungen anderer Orden27. Von besonderer Relevanz war die mystische Tradition
der Karmeliter, die Werke der heiligen Teresa von Ávila lieferten wichtige Quellen.
Trotzdem war die Unterscheidung der Geister grundlegend für die Bildung aller
Jesuiten und – durch die Praxis der Geistlichen Übungen unter den Laien – auch
grundlegend für die Bildung der frommen Laien, der dévots und ›Devotessen‹ des
katholischen Europas. In Bayern wurden im späten 17. und 18. Jahrhundert dreitägi-
ge Kurse zu den Geistlichen Übungen eingeführt, seit 1750 wurden von den bayeri-
schen Jesuiten sogar Exerzitienhäuser für die Laien gegründet. Die exerzierenden
Laien versprachen, die ignatianischen Ratschläge zu befolgen, und feierlich leisteten
sie ihre handschriftlichen Gelübde auf den Sodalitätsaltären28.
Fälle dämonischer Besessenheit wie der Annas de la Haye, in dem die Besessene
kanonisch exorziert wurde und in dessen Folge eine Chronik gedruckt wurde, traten
relativ selten auf. Es scheint aber, daß Fälle dämonischer obsessio, in denen geisti-
ge/psychologische Störungen und somatische/physikalische Leiden durch allerlei
geistliche Mittel behandelt wurden, häufige, fast alltägliche Ereignisse waren. Die
Gefahr einer Eskalation hin zur Besessenheit war folglich ständig gegeben. Die Obe-
ren Starckhs konnten zwar die Möglichkeit einer dämonischen Besessenheit anneh-
men. Sie dachten aber, daß in nur wenigen der angeblichen Fälle diese bewiesen sei.
Ihre ›Skepsis‹ entsprang gleichsam ihrer Neigung, das Dämonische zu spiritualisie-
ren oder zu ›entsomatisieren‹. Die obsessio war eine Realität; ihr konnte aber durch
die Übung des Willens widerstanden werden. Im Mittelpunkt der Jesuitenspirituali-
tät stehend, verfügte das ignatianische Prinzip der Unterscheidung über eine subtile
Feinfühligkeit für dämonische Infiltration in den menschlichen Geist, den Körper
und die Seele. Gibt es vielleicht hier in der Besessenheitsfrage, so wie in anderen Be-
reichen auch, einen eigenen jesuitischen Stil?

25
Johannes BONA, De discretione spirituum liber unus, Brüssel 1674.
26
Vgl. BONA, De discretione spirituum (wie Anm. 25), S. 149f.: »Aliquando sathan aliquem ad
virtutem hortatur […] Sic saepe evenit B. Catharinae Bononiensi, cui multoties in forma Christi
crucifixi et B. Virginis hostis apparuit, promptam et caecam obedientiam valde commendans: tum
plurima judicia contra praeceptum superioris, variasque tricas et nodos suggerens sub specie majo-
ris boni […] Daemones interdum mala sub specie boni occultant, et ad quaedam bona incitant, ut ad
malum perducant. Falsa etiam devotione decipiunt […] ut vel mentem in errorem vel elationem, vel
corpus perducant ad debilitatem.«
27
Scaramelli war Verfasser eines Buches über die Unterscheidung der Geister, Discernimento
degli Spiriti, sowie der noch bekannteren Werke Direttorio Mistico und Direttorio Ascetico. Vgl.
dazu Leo A. HOGUE S.J., The Direttorio Mistico of J.B. Scaramelli S.I., in: Archivum Historicum
Societatis Iesu 9 (1940), S. 1–39.
28
DUHR, Die kurpfälzischen und kurbayerischen Volksmissionen (wie Anm.16), S. 573–580.
Besessenheit, Heiligkeit und Jesuitenspiritualität 245

Abstract

Im Jahr 1664 berichteten die Jesuitenväter von Straubing in Niederbayern von einer
Reihe von Exorzismen, die sie an der 21jährigen Anna de la Haye durchgeführt hat-
ten. Ihrem Bericht zufolge war Anna nach einer Verlobung mit einem mysteriösen
jungen Edelmann erkrankt, der sie dazu überredet hatte, mit ihrem eigenen Blut ei-
nen Pakt mit ihm zu unterzeichnen. Es wurde kurzerhand festgestellt, daß ihre Krank-
heit (epilepsia) alle Zeichen von dämonischer Besessenheit (veneficio contracta) trage,
und so begann man eine Reihe von Exorzismen. Wie in den Berichten beschrieben,
wechselten Annas eskalierende Begegnungen mit dem Teufel sich mit Visionen von
Christus, der Jungfrau Maria und verschiedenen Heiligen, einschließlich des Jesui-
tenheiligen Franz Xaver, ab. Nach einer neunstündigen Sitzung, in der die wild gesti-
kulierende Frau festgebunden und mit heiligen Reliquien, Medaillen und Ignatius-
Wasser behandelt worden war, wurde sie schließlich erfolgreich von der Besessenheit
befreit – ein Ergebnis, das von den Jesuiten selbst dem wundersamen Eingreifen
Franz Xavers zugeschrieben wurde.
Der Vorgang ist in vielerlei Hinsicht typisch für die zahlreichen überlieferten Fäl-
le von dämonischer Besessenheit im frühneuzeitlichen Europa. Er enthält solch ste-
reotype Elemente wie die Diagnose einer übernatürlichen Ätiologie anstatt streng
natürlicher Erklärungen, den propagandistischen Nutzen eines kanonischen katholi-
schen Exorzismus in Zeiten und Gebieten konfessioneller Spannung und die Sympto-
me dessen, was anthropologisch mit peripheral possession bezeichnet werden könn-
te. Dies umfaßt die zeitweilige (aber bewußt oder unbewußt gewünschte) Befreiung
der Betroffenen von den üblichen gemeinschaftlichen Zwängen, die dem Verhalten
von Frauen und insbesondere von jungen Frauen auferlegt waren. Ein allgemeines
Merkmal, nämlich die Hexereianklage, fehlte zugegebenermaßen anscheinend: An-
nas Unterzeichnung eines Teufelspaktes war unabsichtlich und demnach in gewis-
sem Sinne unverschuldet, und keine dritte Seite scheint in Verdacht geraten zu sein.
Diese Themen sind für andere Fälle bereits ausführlich untersucht worden, und
obwohl sie wichtig sind, würde es in diesem Fall wenig bringen und ohnehin allein
auf der Grundlage der Jesuitenberichte unmöglich sein, ihnen weiter nachzugehen.
Jedoch enthüllen die Berichte wohl ebenso viel wie sie verhüllen, wenn man sie als
zeitgenössisch akzeptiert. Betrachtet man aber die Exorzismen mit den Augen der
Jesuiten, so treten Merkmale von Frömmigkeit und Spiritualität hervor, die andern-
falls übersehen werden könnten.
Die Berichte erscheinen demnach beispielsweise gleichermaßen hagiographisch
wie dämonologisch: Die der Person eigene Vorstellungswelt (oder zumindest die ihr
zugeschriebene) wird zu einem ›Kriegsschauplatz‹, auf dem die Reputation bestimm-
ter Heiliger (in erster Linie Franz Xaver, aber auch Ignatius von Loyola, Simon von
Trient und die Heilige Walburga) durch den Kampf mit den Dämonen gerechtfertigt
246 Trevor Johnson

wird. Um ihren hagiographischen Auftrag noch zu unterstreichen, werden die Be-


richte in einer Abteilung des Jesuitenarchivs verwahrt, die die Franz Xaver zuge-
schriebenen Wunder dokumentiert. Der Exorzismus war außerdem eine Erprobung
der jeweiligen Wirksamkeit der Sakramentalien (wie Agnus Dei, Ignatius-Wasser
und Walburga-Öl), während Straubings Identität als heilige Landschaft ebenfalls durch
die an die lokalen Marien-Altäre von Bogenberg und Altötting gerichteten Gebete
erprobt wurde.
Darüber hinaus kann man die Texte als eine Fallstudie oder als ein Muster zeitge-
nössischer jesuitischer Spiritualität beschreiben. Auch wenn es abwegig erscheinen
mag, kann man doch behaupten, daß der Exorzismus für die Identität, den Geist und
die eigentliche Aufgabenstellung der Gesellschaft Jesu grundlegend war. Eine eigen-
artig konkrete Strategie zur Bekämpfung des Teufels findet sich im Grundstein jesui-
tischer Spiritualität, den Geistlichen Übungen Loyolas, mit ihrer Betonung der Kraft
des aktiven Vorstellungsvermögens sowie der Wichtigkeit der wahren ›Unterschei-
dung der Geister‹ – der Fähigkeit, zwischen göttlichen und dämonischen Ursprün-
gen geistiger, emotionaler und intellektueller Regungen zu differenzieren. Diese Un-
terscheidung, begleitet von der aus ihr hervorgehenden Entscheidung, Auswahl oder
electio, unterstreicht auch das zeitgenössische jesuitische Drama mit seinen stereoty-
pen Personifikationen von Gut und Böse, wie es in Straubing und anderen umliegen-
den Jesuitenkollegs aufgeführt wurde. Man möge sich daran erinnern, daß Anna den
Berichten zufolge in der Öffentlichkeit auf einer speziell dafür errichteten Tribüne
exorziert wurde!

Possession, Sanctity and Jesuit Spirituality: The Straubing Exorcism of 1664

In 1664, the Jesuit fathers of Straubing in Lower Bavaria recounted a series of exor-
cisms which they had performed on the twenty-one year old Anna de la Haye. Ac-
cording to their account, Anna had become sick following an engagement to a mys-
terious young nobleman who had induced her to sign a pledge to him in her own
blood. Her illness (epilepsia) was swiftly diagnosed as bearing all the hallmarks of
demonic possession (veneficio contracta) and a series of exorcisms was initiated. As
described in the reports, Anna’s escalating encounters with the devil alternated with
visions of Christ, the Virgin and various saints, including the Jesuits’ own Francis
Xavier. Finally, after a nine-hour session in which the violently gesticulating woman
was tied down and smothered with holy relics, medals and Ignatius-Water, she was
successfully liberated from possession – an outcome attributed by the Jesuits them-
selves to Xavier’s miraculous intervention.
In many respects the case is typical of the many chronicled instances of demonic
possession in early modern Europe, involving as it did such stock ingredients as the
diagnosis of a preternatural aetiology over strictly natural explanations, the propa-
gandistic value of canonical Catholic exorcism in moments and regions of confession-
al tension and the symptoms of what might be termed, anthropologically, ›peripheral
Besessenheit, Heiligkeit und Jesuitenspiritualität 247

possession‹, involving the temporary (but consciously or unconsciously desired) re-


lease of the subject from the normal communal constraints upon female, especially
young female, deportment. One common feature, that of an accusation of witchcraft,
was admittedly absent, as it would seem: Anna’s entry into a satanic pact was unwitt-
ing and thus, in a sense, innocent, and no third party seems to have been suspected.
These themes have been richly explored for other cases and, important though
they are, to pursue them in this instance would probably gain little and would any-
way be impossible from the Jesuit reports alone. However, the reports, taken simply
as contemporary texts, do arguably reveal as much as they occlude. Indeed, seeing
the exorcisms through Jesuit eyes, highlights features of piety and spirituality which
might otherwise be overlooked.
The reports thus appear, for example, as much hagiographical as demonological:
the subject’s own imaginative landscape (or at least that attributed to her) becomes a
battleground in which the reputations of particular saints (chiefly Francis Xavier, but
also Ignatius of Loyola, Simon of Trent and St Walburga) are vindicated through
struggle with the demons. Underlining the hagiographical imperative, the reports are
preserved in a section of the Jesuit archive dealing with miracles attributed to Fran-
cis Xavier. The exorcism was a trial too of the relative efficacy of sacramentals (the
Agnus Dei, Ignatius-Water and Walburga-Oil), whilst Straubing’s own sacred topog-
raphy and identity as a holy region was also tested with the address of prayers to the
local Marian shrines of Bogenberg and Altötting.
Even more, the texts might be described as a case-study or exemplar of contempo-
rary Jesuit spirituality in action. Although it might seem perverse so to characterise
it, one could argue that exorcism was fundamental to the identity, spirit and purpose
of the Society of Jesus. A peculiarly concretised strategy for combatting the devil
lies at the foundationstone of Jesuit spirituality, Loyola’s Spiritual Exercises, with
their stress on the power of the active imagination and on the importance of true
›discernment of spirits‹ – the facility to distinguish between the divine and demonic
origins of spiritual, emotional and intellectual impulses. Discernment, accompanied
by the decision, choice or electio stemming from it, also underlines the Jesuit drama
of the period (as performed in Straubing and other local Jesuit colleges) with its
stock personifications of good and evil. One is reminded that, according to the re-
ports, Anna was exorcised in public upon a specially erected stage!
MARC WINGENS

Political Change and Demon Possession


in the South of the Dutch Republic
The Confrontation of a Protestant Bailiff and a Catholic Priest in 16501

On the third of May 1650, Cornelis Prouninck van Deventer went to the village of
Uden in the lordship of Ravenstein, an autonomous Catholic enclave in the southeast
of the Dutch Republic. Prouninck was the Protestant bailiff of Peelland, the eastern
quarter of the Dutch Meierij region. In neighbouring Uden he attended a service in
the chapel built by Joannes Houbraken, parish priest of Veghel, a village of Peelland
bordering on Uden2.
As Prouninck entered the chapel he saw the priest performing the rites of Mass.
Sixteen to seventeen persons stood in front of the altar. The bailiff was soon to learn
these persons were possessed. When the bailiff refused to take off his hat in rever-
ence to the Body of Christ, Houbraken became inflamed with anger. He shouted at
his congregation: »You men look! A miracle is about to take place: I will deliver
him to the Devil. Presently he will be torn into a thousand pieces, right before your
eyes. The God he rejected won’t refuse me this. You have my word as a servant of
God that in a hundred years’ time they will still speak about this.«3
Howling like »dogs out of hell«, the possessed thereupon approached the bailiff,
led by Father Houbraken. But in spite of the priest’s encouragement, they did not de-
1
I have published about this case before: Marc WINGENS, »Ick geve den duyvel hem over.« De
pastoor van Veghel contra de schout van Peelland in 1650, in: Brabants heem 47 (1995), pp. 135–
142.
2
The Hague, Algemeen Rijksarchief (ARA), Archives of the Council of State (Archief van de
Raad van State, ARS), inv. no. 616, incoming correspondence 1653, undated memorandum. The
memorandum as well as two letters, one written by Prouninck, the other by Houbraken, belong to
the file with Peelland church inventories the bailiff sent to The Hague in 1654. The letter by Proun-
inck, dated 31.7.1654 and meant to cover the file, can be found under inv. no. 617, incoming corre-
spondence 1654. The file itself, with inventories, memorandum and the Houbraken letter, has been
wrongly put under inv. no. 616. The quotation reads, in the original language: »Commedie […] met
het uutwerpen der Duyvelen.«
3
Original text of the quotation: »Ghij mannen siet toe, soo daetelijck sal hier een mirakel ge-
schieden: ick geve den duyvel hem over. Soo daetelijck sal hij in duysent stucken gescheurt worden
ende dat voor uwen oogen, ende dat sal mijn dien Godt niet wygeren die hij geloogent heeft Godt te
sijn ende sal soo waerlijck sijn als ick den priester Godts ben. Over hondert jaer salmen daer af we-
ten te seggen.«
250 Marc Wingens

vour him, and merely shouted that they would tear the devilish Beggars (i.e. Protes-
tants) apart, if only they had the power. This surprised Prouninck. Had not the priest
given this power to them? Nevertheless the bailiff was able to attend the following
exorcism unmolested. He left the chapel fully convinced that his God had protected
him because he had »avowed His truth and denied the big lies«4.
What about this remarkable incident, presented by Bailiff Prouninck in a lengthy
report to his superiors in The Hague? Why did it happen? What does it mean? In or-
der to understand the events in Uden we will first have to know more about the polit-
ical and religious situation in the region where the events took place in this period of
time and establish the positions of Bailiff Prouninck and Father Houbraken within
these circumstances. The next step will be to treat the phenomenon of demon pos-
session within the political and religious context. Finally we will look at the incident
for a second time, analysing the bailiff’s report in detail.

The Meierij Region about 1650

In 1629 the Prince of Orange, Frederick Henry, captain general of the Republic of
the United Netherlands, conquered ’s-Hertogenbosch, the capital of the northeastern
part of the Duchy of Brabant, called the Meierij. This area, being a part of the Spanish
Netherlands bordering on the Dutch Republic, had been separated from the Protestant
North for about fifty years. It had experienced a successful Counter Reformation.
After conquering the capital of the Meierij, the Dutch Republic claimed the sovereign-
ty of the whole area and tried to occupy it. The Spanish government however did not
recognise this claim, which resulted in continuous fighting between the competing
parties in the Meierij area. This warfare only stopped after the allocation of the Mei-
erij to the Republic of the United Netherlands at the Treaty of Munster in 1648. As a
result the Dutch Republic annexed this homogeneously Catholic territory as one of
the Generality Lands (Generaliteitslanden), i.e. one of the territories governed joint-
ly by the seven confederate states5.
When Bailiff Prouninck confronted Father Houbraken in 1650 during an exorcism
performed by the latter, only two years had passed since the official annexation of
the Meierij by the Dutch Republic. A period of transition had only just started. The
States General aimed at a religious and political reformation of the Generality Lands,
which led to the resistance of the Catholic population. Prouninck was one of the re-
presentatives of the new rulers who had to implement both reformations – and a very

4
Original text of the quotation: »sijn waerheijt bekende ende de groote leugens loochende.«
5
Regarding the policy of the Dutch Republic and its government of the Generality Lands, see
Arie Th. VAN DEURSEN, Staatsinstellingen in de Noordelijke Nederlanden 1579–1780, in: Algeme-
ne geschiedenis der Nederlanden, vol. 5, Haarlem 1980, pp. 350–387; Auguste R.M. MOMMERS,
Brabant van Generaliteitsland tot gewest. Bestuursinrichting en gezagsuitoefening in en over de
landen en steden van Staats-Brabant en Bataafs Braband, 14 september 1629–1 maart 1796, vol. 1,
Utrecht/Nijmegen 1953, pp. 1–21.
Political Change and Demon Possession 251

zealous man at that. On the other hand, Father Houbraken was one of the leaders of
the regional Catholic resistance.

Cornelis Prouninck van Deventer

Anticipating their forthcoming official rule in the Meierij, the States General ap-
pointed Prouninck bailiff of Peelland in 16456. Veghel, the parish of Houbraken,
was one of the villages belonging to Peelland.
Prouninck was charged with the enforcement of the political reformation of the
Meierij, which meant the replacement of Catholic secular authorities by Protestant
ones7. At the same time he created the conditions for the religious reformation: he
installed and maintained Calvinist ministers, prosecuted Catholic priests who did not
want to leave their parishes, supervised the preparation of churches for Protestant
use and confiscated church property.
The bailiff complained frequently to the Council of State in The Hague – being
the executive of the States General regarding the Meierij – about the opposition he
encountered8. Nevertheless Prouninck got only lukewarm support – and was certainly
not encouraged – by his superiors, who considered it wiser to implement both reforma-
tions in a slow and careful way. They did not want to enrage the Catholic population.
The opposition in the Meierij and the lack of support from The Hague frustrated the
bailiff immensely.
It is known that the bailiff acted rashly several times in villages both within and
beyond his jurisdiction during his attempts to carry the political reformation through9.
Those actions certainly were not devoid of courage, since Prouninck had only a few
armed assistants at his disposal: the States General refused him the necessary rein-
forcements. But we will pass over the bailiff’s attempts at the political reformation
of Peelland and confine ourselves to the issue that brought about his collision with
Father Houbraken.

6
He remained in this function until 1661. Regarding Prouninck, see Alexander F.O. SASSE VAN
YSSELT, De familie Proening van Deventher, in: Taxandria 17 (1910), esp. pp. 35–39, 61–69, 165;
IDEM, De familie Endevoets en de heeren van Nieuw Herlaer, in: Taxandria 5 (1898), pp. 138–152,
184–193, 212–217, 235–241; Wiro HEESTERS/Cornelis S.M. RADEMAKER, Geschiedenis van Sint
Oedenrode (Bijdragen tot de geschiedenis van het zuiden van Nederland, vol. 24), Tilburg 1972,
pp. 167–188.
7
The political reformation started soon after the occupation of the Meierij in 1629 but was not
very successful. Therefore the States General in 1660 enacted the »Reglement, Op de Politijcque
Reformatie inde Meyerije van ’s-Hertogenbosch« (MOMMERS (see n. 5), pp. 11–12; Frans HOPPEN-
BROUWERS, De politieke reformatie in de kwartieren Maasland en Oisterwijk van de Meierij van
’s-Hertogenbosch 1677–1795, in: Brabants heem 43 (1991), pp. 8–20).
8
Regarding the Council of State, see VAN DEURSEN (see n. 5), pp. 366–369; MOMMERS (see
n. 5), p. 11.
9
See for instance Lodewijk H.Ch. SCHUTJES, Geschiedenis van het bisdom ’s-Hertogenbosch,
vol. 3, Sint-Michielsgestel 1872, pp. 686, 711.
252 Marc Wingens

One of Prouninck’s duties was the confiscation of the Peelland church property.
This operation was one of the bailiff’s few successful ones. In view of the extensive
inventories of church goods he sent to The Hague, there was not much that slipped
his notice. Yet confiscation was not an easy job. Everywhere movable goods had
been concealed in time in private houses. But by intimidating the local population,
Prouninck succeeded in tracing many of the hidden objects. People who refused to
hand in hidden church goods faced severe punishment if betrayed. A notary in the
village of Son for instance had his right hand cut off after being exposed to the bail-
iff by one of his fellow villagers10.
Prouninck performed his duty painstakingly, but he could not prevent several par-
ish priests, whom he had expelled from their churches, from transporting church
property to newly built churches on the other side of the border, which was rarely far
off11. Father Houbraken was one of these priests. He had a chapel built in a hamlet
called Duifhuis belonging to the village of Uden in the autonomous lordship of Ra-
venstein12. According to a furious Prouninck, even the pews had been brought there13.
When, during his visit to this chapel in May 1650, the bailiff encountered an exor-
cism, he had actually come there to inspect the objects he considered to be the prop-
erty of the States General. Yet he could not seize them because the lordship of Ra-
venstein did not belong to the territory of the States General. Some considerable
time after Prouninck had attended the exorcism, he was still carrying on a heated cor-
respondence with Father Houbraken, who replied in kind, as we will see.
The cause for Prouninck’s rash performance can be traced back partly to his fam-
ily. About a century previously the Prouninck van Deventer family belonged to the
magisterial families of ’s-Hertogenbosch. Gerard Prouninck, the grandfather of the
later bailiff of Peelland, had been alderman when, in 1578, he had to flee from the
city because of his Protestant convictions14. By becoming the bailiff of Peelland, Cor-
nelis Prouninck returned to the region his family had come from, but from which it
had been expelled for religious reasons. There, in the Meierij, he now finally had the
opportunity to vindicate his ancestors.

10
ARA, ARS, inv. no. 617II, incoming correspondence, list of the movable furniture of the cas-
tle of Gemert and covering letter, 10.8.1655. The letter states, among other things, that the church
property of the parish of Son still has not been recovered. The notary of Son, Lucas Aerts, has been
punished for his share in the hiding.
11
Regarding the phenomenon of the border chapel (grenskapel), see Dominicus DE JONG, Grens-
kapellen voor de katholieke inwoners der Generaliteitslanden, Tilburg 1963.
12
Ibid., p. 103; regarding the autonomous territories to the northeast of the Meierij, of which
Ravenstein was the largest, see Gineke F. VAN DER REE-SCHOLTENS, De grensgebieden in het
noordoosten van Brabant, ca. 1200–1795. Institutionele en juridische aspecten, Assen/Maastricht
1993.
13
ARA, ARS, inv. no. 617, incoming correspondence, letter dated 31.7.1654.
14
SASSE VAN YSSELT, Proening van Deventher (see n. 6), pp. 162–163; IDEM, Endevoets (see
n. 6), pp. 148–150; Hans BOTS/Ignaz MATHEY/Mathias MEYER, Noordbrabantse studenten 1550–
1750 (Bijdragen tot de geschiedenis van het zuiden van Nederland, vol. 44), Tilburg 1979, p. 577,
no. 4149.
Political Change and Demon Possession 253

Prouninck’s father, Jacob, had been appointed commander of Loevestein castle,


the state prison, in 1619. There he became responsible for the supervision of the lead-
ers of the ›Remonstrants‹ (or ›Arminians‹), a liberal Protestant denomination which
had been suppressed recently15. Father Prouninck thus must have been a rigid Cal-
vinist and would likely have raised his son in the same faith.

Joannes Houbraken

Joannes Houbraken served as the parish priest of Veghel from 1626 until his death
in 166116. Houbraken exorcised people who were thought to be possessed by the
Devil. As an exorcist he was renowned among the Catholics while being notorious
in the eyes of the Protestants. Prouninck’s account is the most elaborate, but not the
only proof for this. In 1646 the parish priest signed an affidavit, which described the
complete recovery of a possessed girl from the nearby village of Schijndel. He at-
tributed the cure to Our Lady of Kevelaer, a new but already very popular place of
pilgrimage in Spanish Gelderland17. In the minutes of the Great Assembly (Grote
Vergadering) of the Dutch Reformed Church in ’s-Hertogenbosch in 1648, which
intended to organise the religious reformation of the Meierij, Houbraken is one of
the few priests named explicitly. The assembly wanted to have him prosecuted for
being a »Devil banisher«18.
But Houbraken did not make things easy for his fellow believers, superiors as
well as parishioners, either. The vicar general of the ’s-Hertogenbosch diocese com-
plained in 1661 of the never ending quarrel between Houbraken and his colleague,
the parish priest of Erp, concerning the ownership of some relics of Oda, a famous
regional saint19. With his parishioners Houbraken quarreled about money. At first he
had paid for building the chapel in Uden out of his own pocket. But he expected his
parishioners to compensate for the costs with alms. When they did not pay quickly
enough to Houbraken’s liking, he brought in his own brother-in-law to collect the
money door to door20.

15
SASSE VAN YSSELT, Proening van Deventher (see n. 6), pp. 150–151, 164–165; BOTS/MAT-
HEY/MEYER (see n. 14), p. 577, no. 4151.
16
He used the title of Master of Law yet had not obtained such a title from any university (BOTS/
MATHEY/MEYER (see n. 14), p. 383, no. 2346).
17
[Joannes STALENUS], Verhael van de mirakelen […] geschiet int dorp van Kevelaer […],
Roermond 1647, p. 23; Marc WINGENS, Over de grens. De bedevaart van katholieke Nederlanders
in de zeventiende en achttiende eeuw, Nijmegen 1994, p. 199.
18
Paul H.A.M. ABELS/Antonius P.F. WOUTERS (eds.), De Grote Kerkelijke Vergadering van ’s-
Hertogenbosch, vol. 1, ’s-Hertogenbosch 1986, p. 255.
19
Joannes D.M. CORNELISSEN (ed.), Verslagen over de toestand van het vicariaat ’s-Hertogen-
bosch in de tweede helft der zeventiende eeuw, in: Bossche bijdragen 11 (1931/32), pp. 18–92, esp.
p. 42.
20
DE JONG (see n. 11), p. 103.
254 Marc Wingens

Because of Prouninck’s duty to confiscate the church property of Peelland, he and


the parish priest of Veghel came into conflict. A long letter from Houbraken to Proun-
inck has been preserved, written three years after Prouninck’s visit to the chapel in
Uden, in which the former rejects the claim of the States General to church proper-
ty21. This letter can be divided into two parts. In the first part, the priest lists some
arguments point by point: he is not »subject« to the edicts of the States because he is
»outside the borders« of their jurisdiction; according to the States, the church goods
are »filth«, so why bother to seize them; the ordinances of the States are inhumane;
and, lastly, his almanacs advise against it. Houbraken had consulted two almanacs:
the one was written by an inhabitant of Deventer, the other by a certain Diepen-
broeck22. According to the priest, both almanacs stated »that one should never move
his best things, nor pay or present the Lord’s rents or goods, without necessity«23. Of
course, only the first, legal argument was valid. The other three are simply common
sense. Nevertheless he calmly recorded them all.
However, after the last, almanac-based argument the parish priest loses his self-
control and starts to prognosticate in an apocalyptic way. He writes, among other
things: »The angels, once your (i.e. you and your (Calvinist) kind) great friends, now
being annoyed, will come to burn you.«24 To put it differently: soon the moment will
come for the Catholics to be avenged, because the confiscation of church property is
the last insult God will tolerate.
The quote about the avenging angels shows a striking similarity to the passage
from the bailiff’s account, quoted at the beginning of this paper, in which Houbra-
ken predicts that Prouninck would be torn apart by the possessed in his church. The
intention (i.e. the wrath of God) as well as the prophesying character are the same.
Moreover, a resemblance can be detected between the instruments God will be using:
the angels and the possessed. Their status places them outside the natural order.
Both quotations give us some insight into the way Houbraken perceived his world
and time, and what he understood to be his role in it. He believed in the imminence of
the end of time and experienced his world as the final battleground of good and evil.

21
ARA, ARS, inv. no. 616, incoming correspondence, copy of a letter dated 19.8.1653.
22
The Diepenbroeck mentioned must have been Franciscus Diepenbroeck († 1656), Protestant
minister in Horssen, a village in the province of Gelderland, whose almanacs were published in
nearby Nijmegen (Jeroen SALMAN, Populair drukwerk in de Gouden Eeuw. De almanak als lectuur
en handelswaar, Zutphen 1999, pp. 281, 294, 303, 423, and the handy database on the enclosed
compact disc). Deventer almanacs were well known in the 17th century. Houbraken will have meant
the one made in the 1640s by the Deventer physician, astronomer and professor of medicine at the
local academy, Engelbertus Tesschenmacher († 1649) (ibid., database on enclosed compact disc).
23
Original text of the quotation: »datmen noit sijn deuchenste dingen soude verplaetsen, ende
de heeren geen pachten noch goederen te voorens (eer t’noot dede) soude betaelen oft in handen ge-
ven.«
24
Original text of the quotation: »Dy engelen aertijts u. l[ieden] groote vrienden, nu gestoort si-
jnde comen op u. l[ieden] aen om te verbranden.«
Political Change and Demon Possession 255

Demon Possession and Eschatology

In Christianity demon possession can be traced back to biblical times. It experienced


it’s heyday, however, during the sixteenth and seventeenth centuries, when the vari-
ous religious reformations, religious wars and the ensuing religious uncertainty
made for the rapid development of demonology and an increase of people being di-
agnosed as demoniacs25. We find cases of possession in Catholic as well as in Prot-
estant areas26. The formal, liturgical treatment known as ›exorcism‹ however was
only used by the Catholic Church and denounced as superstitious by the Protestant
Churches27.
People suffering from psychosomatic diseases that could not be cured or explained
in a natural, medical way, could possibly be possessed by the Devil, who, in that
case, was causing the illness. The entry of the Devil into a human body was sup-
posed to happen on the Devil’s own initiative or to be caused indirectly, by a witch28.
The official symptoms of possession were, among others: speaking in foreign tongues,
horror of sacred objects and superhuman strength29. According to the edition of the
Pastorale rituali romano accommodatum of the archdiocese of Malines (to which
the Meierij belonged), issued in 1649, the year before Houbraken’s exorcism in
Uden, the exorcising priest was allowed to use certain invocations, consecrated ob-
jects and the sign of the cross to expel the Devil from a possessed person30.
In the Netherlands, the Republican North as well as the Spanish South, exorcism
was strictly regulated during the seventeenth century. Priests were only allowed to
exorcise after a special permission from their ecclesiastical superior31. Cases of suc-
cessful, ecclesiastically approved exorcisms are relatively scarce. These exorcisms
were usually performed in the most important places of pilgrimage in the Southern

25
Stuart CLARK, Thinking with Demons. The Idea of Witchcraft in Early Modern Europe, Ox-
ford 1997, esp. pp. 389–435; Daniel P. WALKER, Unclean Spirits. Possession and Exorcism in
France and England in the Late Sixteenth and Early Seventeenth Centuries, London 1981; Keith
THOMAS, Religion and the Decline of Magic. Studies in Popular Beliefs in Sixteenth and Seven-
teenth Century England, London 1971, pp. 569–588.
26
Ibid.; for the Dutch Republic and it’s border region, see Willem FRIJHOFF, Wegen van Evert
Willemsz. Een Hollands weeskind op zoek naar zichzelf, 1607–1647, Nijmegen 1995, pp. 275–290.
27
CLARK (see n. 25), p. 417; THOMAS (see n. 25), p. 586.
28
WALKER (see n. 25), pp. 8–10; THOMAS (see n. 25), p. 570.
29
CLARK (see n. 25), p. 401; WALKER (see n. 25), p. 12; Marc THERRY, De religieuze beleving
van de leken in het 17e-eeuwse bisdom Brugge (1609–1700) (Verhandelingen van de Koninklijke
Academie van Wetenschappen, Letteren en Schone kunsten van België, klasse der letteren, vol.
50), Brussels 1988, p. 166.
30
THERRY (see n. 29), pp. 170–173.
31
Ibid., pp. 163–166; Charles CASPERS, Duivelbannen of genezen op ›natuurlijke‹ wijze. De
Mechelse aartsbisschoppen en hun medewerkers over exorcismen en geneeskunde, ca. 1575–ca.
1800, in: Willem DE BLÉCOURT/Willem FRIJHOFF/Marijke GIJSWIJT-HOFSTRA (eds.), Grenzen van
genezing. Gezondheid, ziekte en genezen in Nederland, zestiende tot begin twintigste eeuw, Hilver-
sum 1993, pp. 46–68, esp. pp. 51–52.
256 Marc Wingens

Netherlands, where the invocation of the Virgin Mary or a saint was added to the
prescribed exorcism ritual32. The registers of ecclesiastical courts in the South and
the Litterae annuae of regular missionaries (Jesuits, Franciscans) in the North, how-
ever, show that exorcisms which did not meet the official regulations were widely
and extensively performed by laymen and priests alike33.
An important reason for the caution of the ecclesiastical authorities in the Nether-
lands was the apologetic value of a successful exorcism34. Such an exorcism was
considered to be a ›miracle‹, which meant it had been undoubtedly caused by Godly
intervention. In a politically and religiously divided country, the Catholic party used
miracles as religious propaganda, pre-eminently suitable to convince the ›heretics‹.
But in order to convince, miracles had to be beyond dispute. That is why they were
subjected to ›objective‹ criteria35.
The miracle of a successful exorcism proved that God was on the Catholic side.
This conviction obtained a wider significance in view of the widely held belief that
the end of time was near36. The noted increase of cases of possession was considered
a sign of this imminent ending of history. According to the Book of Revelation, the
Second Coming of Christ would be preceded by the coming of the Antichrist. People
possessed were seen as souls who had fallen into his hands, in order to prevent them
from being saved by Christ at his Second Coming. The saving of possessed Catho-
lics by means of exorcism demonstrated that they belonged to God’s chosen people.
Seen in this light, Houbraken’s avenging angels must be interpreted as the angels
from the Book of Revelation (ch. 8 and 9) who come at the end of time to punish the
people for their sins and their worship of the Antichrist. Houbraken’s exorcising ac-
tivity in a period of religious turmoil can be seen as his contribution to the outcome
of the final battle between good and evil, saving as many people as possible in order
to enable them to belong to God’s elect.
So the clash between Bailiff Prouninck and Father Houbraken happened in a region
upset by political frustration and religious uncertainty. In this unstable situation Proun-
inck was the main representative of the new, religiously and politically oppressive

32
Lille: Henri PLATELLE, Les chrétiens face au miracle. Lille au XVIIe siècle, Paris 1969, pp.
5–62, 88–99, 129–139; Kevelaer: WINGENS, Over de grens (see n. 17), pp. 199–200; Scherpenheu-
vel: Kort begryp der mirakelen, gratien en wonderheden geschied door de voorspraeke van de glo-
rieuse H. Moeder Gods Maria, geviert binnen Scherpenheuvel, Turnhout [1789], p. 36.
33
Southern Netherlands: Jozef DE BROUWER, De kerkelijke rechtspraak en haar evolutie in de
bisdommen Antwerpen, Gent en Mechelen tussen 1570 en 1795, 2 vols., Tielt 1971/72, vol. 1, pp.
95–99, 160–162, vol. 2, pp. 12–23, 645–647; Dutch Republic: Hans DE WAARDT, Van exorcisten
tot doctores medicinae. Geestelijken als gidsen naar genezing in de Republiek, met name in Hol-
land, in de zestiende en zeventiende eeuw, in: DE BLÉCOURT/FRIJHOFF/GIJSWIJT-HOFSTRA (see n.
31), pp. 88–115, esp. pp. 93–105; IDEM, Toverij en samenleving. Holland 1500–1800 (Hollandse
historische reeks, vol. 15), Den Haag 1991, pp. 171–182, 245–247.
34
WALKER (see n. 25), pp. 4–7; DE WAARDT, Van exorcisten (see n. 33), pp. 171–172.
35
WINGENS, Over de grens (see n. 17), pp. 28–34, 177–184.
36
CLARK (see n. 25), pp. 401–423.
Political Change and Demon Possession 257

power, whereas Houbraken stood up against it, led by his religious conviction37.
Knowing the context of the Uden incident, we can now return to it for a closer reading.

The Uden confrontation of bailiff and parish priest: a closer reading

On that third of May 1650, Prouninck had set out to beard the lion in his den. He
went to visit a chapel outside his jurisdiction, a building pre-eminently suited for
Father Houbraken to exert his power as a priest. This was not some ordinary power,
but the sacred power deriving from God which had been given to the priest on the
day of his ordination. Moreover, Houbraken was not just a priest, but also an exor-
cist. In the eyes of his adherents Houbraken possessed more of God’s power than an
ordinary priest. That day he would use this extensive sacred power during a massive
exorcism ceremony.
Exorcism was one of the most convincing demonstrations of the truth of the Cath-
olic Church. Houbraken determinedly used his reputation as an exorcist to defend
the Catholic faith and to make sure the inhabitants of Peelland stuck to it. Against
the political power that prosecuted his Church, he put his sacred power that derived
from God, the highest authority, who would triumph eventually. So for his confron-
tation with Houbraken, Prouninck had chosen the worst possible moment. It was
clear from the start that the bailiff would be at his most vulnerable in that chapel out-
side his jurisdiction and full of the display of sacred power, while, on the other hand,
the priest was at his strongest.
Bailiff Prouninck’s account of his visit to Houbraken’s chapel consists of three
parts: his rejection of the Catholic mystery of the transsubstantiation, i.e. the belief
that bread and wine actually change into the body and blood of Christ during Mass;
the threatening of the bailiff by the possessed; and, finally, the actual exorcism. I
will analyse these parts one after the other.

The rejection of transsubstantiation

When Houbraken turned around during the elevation of the Host, his eyes automati-
cally fell on the bailiff who stood out above the congregation because he was not on
his knees, worshipping the Holy Sacrament. Moreover, at that same moment Proun-
inck put his hat on to show his lack of respect.
Prouninck’s behaviour, expressing his rejection of transsubstantiation, was clearly
meant to provoke the priest, who rose to the occasion. Houbraken asked Prouninck
three times to acknowledge the mystery – and of course, as a result, to honour the

37
Regarding another example of religious opposition in the Meierij in this period, see Marc
WINGENS, A ›holy nun‹ in a Protestant country. Maria Margaretha van Valckenisse (1605–1658),
in: Jürgen BEYER e.a. (eds.), Confessional Sanctity (c. 1500–c. 1800), Mainz 2003, pp. 291–303.
258 Marc Wingens

Catholic faith. However Prouninck replied defiantly: »You lie if you say that is the
living God!«38 By stating this, the bailiff confessed his allegiance to his own Church,
but the priest and his congregation must have considered his statement an extremely
crude blasphemy.
Houbraken’s threefold request to acknowledge the transsubstantiation can be in-
terpreted as an exorcism. It preceded a planned exorcism that, as we will see, used
the same ritual. The priest asked three times – a sacred number – that Prouninck de-
ny his heretical opinion. In addition he held the Host in his hand, considered by many
as the most powerful exorcising instrument there was.

The threatening by the possessed

When Prouninck refused for a third time, he may have been definitively unmasked
as a hardened heretic, an easy prey for the Devil. With sixteen or seventeen possessed
in front of the altar, the Devil was near. His servants, demons of all kinds, lived in
these poor creatures. We know nothing about them. Were they a group of collective-
ly possessed or a group of individuals, gathered for the occasion39? Were they sup-
posed to be possessed by the Devil directly, or had a witch been his intermediary?
What were the symptoms of their possession? We will never know.
Under the direction of Father Houbraken, who announced that his God would al-
low him to deliver Prouninck to the Devil, the demons in their human envelope
started to approach the bailiff. However the assault on Prouninck ended in an anticli-
max. It is true the possessed threatened the bailiff, but they did not harm him, not-
withstanding the encouragements of the priest. Apparently the possessed were not so
enthralled by demons that they forgot that the bailiff represented a formidable power
which was ineffective for the time being but would hit them hard as soon as they re-
turned to their houses in Veghel, back in Prouninck’s jurisdiction. They were able to
ignore the demons possessing them, and speak for themselves when they said: »We
would tear you apart, if only we had the power.«40 Since they did not, the sacred
power of the parish priest only paralysed but could not destroy the effective political
power of the bailiff. The result was deadlock. However Houbraken did not seem to
be disillusioned by the outcome and instantly proceeded with the exorcising ceremony.
Should we feel surprised about the seemingly impetuous action of the priest and
wonder whether he really took his threat seriously? Would he truly have believed
that God, at his request, would let the Devil possess the bailiff? Was it really his in-
tention to let Prouninck be torn to pieces? Or did he foresee that it would not come
to that? What is more: did not the lack of cooperation of the possessed, who pre-

38
ARA, ARS, inv. no. 616, incoming correspondence, undated memorandum. Original text of
the quotation: »Dat lieget gij dat dat den leuenden Godt is.«
39
Regarding collective possession, see FRIJHOFF (see n. 26), pp. 275–285.
40
Original text of the quotation: »Wij souden U verscheuren hadden wij de maecht.«
Political Change and Demon Possession 259

vented the Devil from getting the bailiff, undermine Houbraken’s sacred reputation
– and hence his own authority?
Houbraken said Mass on the other side of the border, in Uden, but he lived in Veg-
hel, among his parishioners. Though very angry about the bailiff’s intrusion into the
only sanctuary left to him and his congregation, he must have realised that a torn up
bailiff would cost him dearly. We may assume that, as a Catholic priest, Houbraken
knew very well his God would not be persuaded to cause the possession of Proun-
inck. This could only be done by or through the Devil. And so the parish priest prob-
ably just wanted to frighten the bailiff. To Houbraken threatening Prouninck was a
means of expressing his dissatisfaction with the political impotence of the Catholics
in a region recently annexed by a Protestant state. He used the means of power he
still enjoyed, his reputation as an exorcist, to style a political protest and left the bail-
iff’s punishment to God and his avenging angels.
The possessed had seen the incident in this way, too. The same goes for the con-
gregation. They did not keep the possessed from threatening, but intervened as soon
as the one who did not understand what was actually going on, the outsider, the bail-
iff, reached for his gun. Prouninck completely failed to see why the possessed did
not follow since, as he observed himself, »the papist had given them the power«41.
After attending at least a part of the exorcism ceremony he left the chapel fully con-
vinced that Houbraken had tried to murder him.

The exorcism

After the apparent fiasco, Father Houbraken immediately started with the exorcism
of the possessed. The priest addressed himself to his congregation once more and
said: »Well, although the godless reprobates (i.e. the bailiff and his fellow Protes-
tants) refuse to confess that this is the true God, I will nevertheless persuade the Devil
to confess it, right before your eyes.«42 Since the bailiff had not left, Houbraken per-
haps still hoped to convince him of the truth of the Catholic Church with the demon-
stration of his exorcising power.
Prouninck describes only one case, whereas there were at least sixteen possessed
present. Perhaps he left after the first successful exorcism. Moreover, Prouninck’s
description is rather short. His main intention was to report what had been done to
him. The original purpose of Prouninck’s visit (to have a look at the property taken
from the Veghel parish church) had become a matter of secondary importance in his
report to the Council of State. He recorded a ritual that must have struck him for its
resemblance to what he had experienced some minutes before.

41
Original text of the quotation: »de paep haer de maecht gegeven hadde.«
42
Original text of the quotation: »T’ja al ist dat die goddeloosen ongoddelijck niet willen be-
kennen dat dit den waeren Godt is, soo sal ick het den Duyvel doen bekennen ende uut doen seggen
voor uwen oogen.«
260 Marc Wingens

Father Houbraken demanded the same from the possessed as he had demanded
from the bailiff before: to recognise the Holy Sacrament as the true God. The conse-
crated Host had been used extensively as a means of expelling the Devil by Counter
Reformation priests during the second half of the sixteenth century, especially in
France. This practise had the propagandistic advantage of – in case of a successful
exorcism – serving as proof for transsubstantiation43. However, in the Netherlands
about 1650 this was not the officially approved way to do it. The Pastorale rituali
romano accommodatum stated explicitly that the Holy Sacrament should not be
used44. The reasoning behind this prohibition was that one should not manipulate
spirits with the Presence of God. So Houbraken’s method did not conform to the rules.
Nevertheless it was successful. It shows that the priest’s reputation was not shattered
by the previous events.
Despite his frequent refusals the possessed person eventually was not as persistent
as Prouninck, but his resistance was more spectacular than the bailiff’s, showing
spastic movements which were at the time a usual side effect of an exorcism45. The
victim appeared to be possessed by several servants of the Devil, called ›demons‹.
This was the normal condition for possessed46. The exorcist endeavoured to cast
these demons out one by one through the mouth of the possessed, hoping to catch
them all. A possible return of the symptoms of possession could always be accred-
ited simply to the obstinacy of one or more demons who had resisted the powers of
the exorcist. The successive expulsion of the demons explains the list of names Proun-
inck supplies: »The names of some of the most malicious ones were: Caf, Lucifer,
Beelsebub, Moorken (›little black one‹, ›Blackie‹), and the least evil one was called
Misken (›little Mass‹, ›Massie‹?), et cetera.«47 For all intents and purposes the de-
mons made themselves known during their expulsion.
As we have seen, a priest performing exorcism needed permission from his eccle-
siastical superior. It is questionable whether Father Houbraken possessed an ecclesi-
astical license. He certainly did not stick to the rules. The annexation by the Dutch
Republic of the territory he lived and worked in, an annexation he so bitterly detested,
must have given him, paradoxically, a large freedom of action, since the supervision
by the relevant Catholic authorities was greatly hampered by it.
Houbraken believed the religious discord of his time, the recent domination by a
Protestant state over the region he lived and worked in and the presence of people
possessed to be the signs of the approaching end of time. To him and his followers,
successful exorcisms showed that Catholicism could defeat the Devil or Antichrist

43
WALKER (see n. 25), pp. 4–7; DE WAARDT, Van exorcisten (see n. 33), p. 172.
44
THERRY (see n. 29), p. 172.
45
They were similar to epileptic fits. Epilepsy was considered to be connected with possession
(see WALKER (see n. 25), pp. 10–11; DE WAARDT, Toverij en samenleving (see n. 33), pp. 103–105).
46
See, for instance, PLATELLE (see n. 32), pp. 133–136; WINGENS, Over de grens (see n. 17), p.
199.
47
Original text of the quotation: »Ende waeren de naemen der Duijvelen onder anderen de
quaetste Caf, Lucefer, Belsebub, Moorken ende de goetste duyvel was Misken ende soo voorts.«
Political Change and Demon Possession 261

and save the people who adhered to it. The expected, final victory over the Anti-
christ would mean the end of Protestantism as well since this heresy – so they
thought – had its origin in Antichrist. The eschatological belief of the parish priest
and his congregation provided hope for the future in a period of political and religi-
ous oppression. It shaped their attitude towards the bailiff on a metaphysical level,
seeing him as a representative of Evil. But it could not affect their actual political
condition, not even in a chapel on Catholic territory. Congregation, possessed and
priest all seem to have realised this; Prouninck was threatened, but left unharmed.
The ›failed‹ operation did not result in a ›miracle‹ but, originating in a religious, es-
chatological conviction, it shaped a political protest.

Abstract

In 1650, two years after the annexation of the Catholic Meierij by the Republic of
the United Netherlands, the Protestant bailiff of Peelland, one of the Meierij districts,
attends a Catholic Mass at the other side of the Dutch border, on German territory,
in the village of Uden. Mass is said by the parish priest of Veghel, a village of Peel-
land, who has shifted his church in order to escape Protestant persecution in his par-
ish. The priest is just about to start the exorcism of several of his parishioners when
the bailiff enters the church. As soon as the bailiff expresses his aversion, the priest
summons the Devil to possess the bailiff, at which the possessed parishioners start to
approach the bailiff. Surprisingly enough, the possessed restrict themselves to a threat
and the bailiff remains unharmed.
The paper explains that the exorcism as well as the attitude towards the bailiff
must be regarded as consequences of the eschatological believe of the parish priest
and his parishioners. They used this religious conviction to shape a political protest.

Politischer Wandel und dämonische Besessenheit in den südlichen Niederlanden:


Die Konfrontation zwischen einem protestantischen Amtmann und einem
katholischen Priester im Jahr 1650

Im Jahr 1650, zwei Jahre nach der Annexion der katholischen Meierij durch die Re-
publik der Vereinigten Niederlande, suchte der protestantische Amtmann von Peel-
land, einem Verwaltungsbezirk der Meierij, eine katholische Messe auf, die jenseits
der niederländischen Grenze in der Gemeinde Uden, also auf deutschem Territorium,
stattfand. Die Messe wurde vom Priester der Gemeinde Veghel, einem Dorf in Peel-
land, gelesen, der seine Kirche verlegt hatte, um protestantischen Verfolgungen zu
entgehen. Der Priester wollte gerade mit dem Exorzismus an einigen seiner Gemein-
262 Marc Wingens

demitglieder beginnen, als der Amtmann die Kirche betrat. Sobald dieser sein Miß-
fallen geäußert hatte, forderte der Priester den Teufel auf, von dem Amtmann Besitz
zu ergreifen, worauf die besessenen Gemeindemitglieder begannen, auf den Amt-
mann loszugehen. Überraschenderweise beschränkten sich die Besessenen jedoch
nur auf Drohungen, und der Amtmann blieb unversehrt.
Der Beitrag zeigt, daß sowohl der Exorzismus als auch das Verhalten gegenüber
dem Amtmann als Folgen des eschatologischen Glaubens des Priesters und seiner
Gemeindemitglieder zu betrachten sind. Diese benutzten ihre fromme Überzeugung
allerdings, um einem politischen Protest Ausdruck zu verleihen.
MARÍA TAUSIET

The Possessed of Tosos (1812–1814)


Witchcraft and Popular Justice During the Spanish Revolution

»This village became a hell where no order reigned, but


instead everlasting disorder.«1

In the middle of 1812, the small Aragonese village of Tosos was the victim of an
outbreak of demonic possession which the local authorities considered to be »the
most extraordinary case ever seen«2. During the procession of Corpus Christi3, eight
women behaved like demoniacs, »making the faces and violent gestures which are
often seen in those truly possessed by the devil«4. A few days later, more than 32
people were alleged to be bedevilled. After some hesitation and confusion, the ma-
jority of the population (including the so-called physicians) favoured the preternatural
explanation of maleficium, and a woman, Joaquina Martínez, was accused of being
responsible and branded a witch and a sorceress.
The violent movements of the female possessed (»contortions and irregular and ex-
cessive gestures«, »furious displays«5) were accompanied by actual violence against
the supposed witch led by a few men claiming to be victims of the same evil. One of
them had twice gone to Joaquina’s house armed with a knife and an axe intending to
kill her. In the event he confined himself to breaking down the doors and throwing a
good deal of her furniture and jewels out into the street. This and other even more
personally directed aggressiveness finally forced Joaquina and her family to leave
the village.
In view of the widespread disorder and the impossibility of meeting the constant
demands for exorcism on the part of the possessed, the parish priest decided to write
a letter to the bishop of Huesca asking for advice. But after the bishop’s implacable
answer tempers became even more frayed. The signs to be observed in those »in-
1
Autos de Oficio sobre los Energúmenos de Tosos. Archivo Diocesano de Zaragoza, Procesos
Civiles Modernos, Caja 7, no. 10, p. 38.
2
Ibid., p. 37.
3
As Peter Burke remarks, uprisings and rebellions often took place during the celebration of the
most important feast days. The great Catalonian revolt began the very day of the Corpus Christi,
one of Spain’s most important holy days (Peter BURKE, Popular Culture in Early Modern Europe,
New York 1978).
4
Autos de Oficio (see n. 1), p. 38.
5
Ibid., p. 29.
264 María Tausiet

volved in the incident«, he wrote, were very ambiguous and could have been due to
simple, natural causes. Therefore it was necessary

»not to continue with the exorcisms, but to ask the parents of the girls and the hus-
bands of the married women to send them out to hard work, in such a way as not to
allow them one minute of idleness. To take them to the nearest river or stream and
make them bathe as frequently as possible, giving them food only in moderation.
In case of disobedience or any trouble at home, to lock them up or punish them. If
they caused commotion in the church or the street, persons responsible for law and
order should seize them and escort them to the public jail, where they should be
given nothing but bread and water for three or four days. They should not be re-
leased until they agreed to amend their conduct, and they should never be allowed
to agitate the people again with this or any other pretext.«6

Following these indications, the parish priest decided to convene all the menfolk in-
volved at his home. He read the letter to them and tried to convince them to behave
as the bishop suggested. But the men

»started to rise up and shout: because our daughters must suffer the evil given by
God or the devil, should we be obliged to torment them even more by locking them
up or putting them to work […]! This will not be done, whoever orders it! They will
leave our houses whenever they want, they will go to the church, which is the house
of us all […] If they make an affray, let them make an affray! And if the forces of
justice or the church should lay a hand on them, we will break their necks.«7

That very day, not long after these events, the women alleged to be possessed gath-
ered in front of the parish priest’s house armed with sticks and stones, shouting:

»Kill him! Kill him! Everything is his fault, he has the remedy in the sacristy and
he doesn’t want to use it because he is convinced we are not possessed, only mad!«8

The uprising was so threatening that, fearing for his life, the parish priest fled to
Villanueva de Huerva, the neighbouring village, where he stayed for three months.
According to the report written a year later by the secular authorities, after a request
by the archbishop of Zaragoza, anarchy ruled during those months, with everyone
living and doing everything »their own way«,

6
Ibid., p. 39. This advice, based on the supposed miraculous ability of work to combat antiso-
cial behaviour, was linked to the progressive introduction of hard labour as a way of punishing crim-
inals (see Michel FOUCAULT, Surveiller et punir. Naissance de la prison, Paris 1975).
7
Ibid., p. 40.
8
Ibid., p. 40. The Bishop’s categorical ban on exorcizing ended up triggering off the most vio-
lent protests. As occurred in some other cases of possession in the 19th century, a good deal of the
people’s complaints were against the Church authorities (who were believed to be incapable of giv-
ing any sort of help or relief), and not just against the alleged witch, who was supposedly respon-
sible for the ›evil‹ (see Ruth HARRIS, Possession on the Borders. The ›Mal de Morzine‹ in Nine-
teenth-Century France, in: The Journal of Modern History 69 (1997), pp. 451–478).
The Possessed of Tosos (1812–1814) 265

»because there was no human force to restrain them, and their relatives and associ-
ates even less, they stubbornly maintained that their daughters and wives were pos-
sessed, and they would have killed anyone who stated the opposite«9.

It is not by chance that these events coincided with a power vacuum in Spain. The
War of Independence against Napoleon (1808–1813) was being fought, and these
were ›revolutionary‹ years, marking the beginning of the end of the Ancien Régime
in Spain. It should be remembered that, though the ceding of sovereignty by Charles
IV and Ferdinand VII to Napoleon had been legally irreproachable, it was seen as an
imposition by the Spanish people. After the uprising of May 1808, the people had
assumed for the first time in their history the principle of national sovereignty, form-
ing their own government bodies alongside the official authority personified in Jos-
eph Bonaparte, Napoleon’s brother. On the initiative either of the local authorities or
sometimes the people themselves, it was evident that Juntas Locales (Local Assem-
blies) were beginning to spring up all over the country, differently named in each lo-
cality10.
In Tosos, power was assumed by the so-called Junta de Probidad (Assembly of
Probity), that is, a council theoretically made up of those people with a proven re-
cord of honest conduct and moral integrity. Bearing in mind that the very first Con-
stitution of the nation dates from 1812, the leader or head of the council of the vil-
lage of Tosos chose to adopt the title of Constitutional Mayor. Using some of the
terms of General Palafox when he referred to the state of unrest of some Aragonese
villages, the newly appointed posts represented »a sort of urban militia made up of
the principal local citizens and some other honest people« in order to restrain those
agitating for breaches of the peace and hold back those accustomed to saying: »To-
day there is justice no longer, and no mayor to impose order.«11
Nevertheless it was not at all easy to ›restrain‹ people who seemed to have sud-
denly acquired an awareness not only of their national identity but also of their sov-
ereignty12. Rebellious expressions could often be heard among low-class people, for

9
Ibid., p. 42.
10
See Jean-René AYMES, La guerra de la Independencia en España (1808–1814), Madrid 1974;
David GATES, La Úlcera Española. Historia de la Guerra de la Independencia, Madrid 1987.
11
Draft of a letter by José de Palafox to Salvador de Campos, 8 June 1808 (Archive of General
Palafox (AGP), held in the Archivo Municipal de Zaragoza (AMZ), C. 14, 2–128). Quoted by Her-
minio LAFOZ RABAZA, La Guerra de la Independencia en Aragón. Del motín de Aranjuez a la capit-
ulación de Zaragoza, Zaragoza 1996, p. 88.
12
After the uprising of May 1808, Spaniards organised themselves into Local Assemblies,
which became Provincial Assemblies a few weeks later. The so-called Central Supreme Assembly
was founded in late summer, with the aim of taking on the government of the whole country. Be-
sides taking measures to organise the resistance during the war, members of the Assembly were
aware of the need for a new political system to put an end to the Ancien Régime. A Parliamentary
Commission was created for this purpose, and a national poll was carried out in order to ascertain
the public opinion about the changes to be made. From then on, the principle of national sovereign-
ty formed the basis of all the Central Assembly’s speeches. For instance, one of them states: »Span-
266 María Tausiet

example: »To hell with it, there is no king here, we are all one. I’ll never go to jail un-
less they drag me or drug me.«13 And this was the stance adopted by the possessed
of Tosos and by those who later came to support them. Their anger was emblematic
of the popular revolution, of the right to take decisions outside official justice; only
in this way can we explain the new institutions’ wholehearted support for the accused
women. From the very beginning, the Assembly of Probity declared that it disagreed
with the position upheld by the bishop of Huesca and agreed with that of the wom-
en’s relatives. According to the report written by the Assembly in 1813,

»if the order the bishop obtained from the political judge Dominguez to take all
these women prisoners to the royal jails of Zaragoza had come into effect, then this
village would have been lost forever«14.

The concept of ›pueblo‹ – a village and its people – as an entity with its own person-
ality, the importance given to the expression of ›popular will‹ and, following that,
the defense of the ›common good‹ above any other consideration, all show how close-
ly in Tosos the phenomenon of possession was identified with the new revolutionary
cause – or, more basically, with a real and uncontrollable situation. It is therefore not
surprising that, under these circumstances, and far from considering it necessary to
keep public order by punishing every excess committed by the possessed, the Assem-
bly of Probity decided to complete its report with the advice that Joaquina should nev-
er go back home – for the »common good, which is always preferable to the individual
good«15. Secular authorities responded to the information solicited by the archbishop
of Zaragoza in the clearest way:

»Reverend Sir: the priest, the Justice and the Assembly of Probity understand and
take for granted and undisputed that if Joaquina Martinez insists on her nonsense,
she will be murdered by these demoniacs or mad women, and the people of Tosos
can never be responsible for avoiding what cannot be avoided.«16

iards: Due to a unique and fortunate combination of events, providence has it that in the midst of
this terrible crisis you can not move towards independence without also taking steps towards free-
dom […] The Central Assembly was created and its first concern was to inform you that, although
the expulsion of the enemy is its most pressing aim, the state’s internal and everlasting happiness is
even more important […] Such a magnanimous and generous people should no longer be governed
by anything but real laws, those which are based on the great values of public consent and common
usefulness« (Real Alcázar de Sevilla, 28 October 1809, see Manuel RODRIGO ALONSO, Los mani-
fiestos políticos en el siglo XIX (1808–1874), Barcelona 1998).
13
Answer given by a patroller, named Josef Sevilla, after a summons by the bailiff of Tamarite
de Litera (Huesca), according to a letter written by the mayor to the field marshal on 28 June 1808
(AGP in AMZ, C. 46, 5–89, quoted by LAFOZ RABAZA (see n. 11), p. 88).
14
Autos de Oficio (see n. 1), p. 42.
15
Ibid., p. 45.
16
Ibid., p. 44.
The Possessed of Tosos (1812–1814) 267

The acceptance without reservations of the behaviour of the possessed, the presump-
tion of total innocence or, at least, the exemption of any responsibility connected to
their acts of violence against the supposed witch, was in contrast to the stance adopted
by the Church authorities. Nearly two centuries after the end of the ›witch-hunt‹, as
if the world had turned upside down, it was to be the very person accused of being a
witch who would turn to the episcopal justice to beg for protection and to report her
persecutors, the demoniacs who several times had tried to kill her and who blamed
her for being possessed.
Almost two centuries after the great witch-hunt and the ›illumination‹ cast by the
Enlightenment, the old conflicts had arisen once more. The events which had dis-
turbed the small community of Tosos, whose origins were nothing more than quar-
rels among individuals, could equally well have taken place in the 16th century. At
the end of the Middle Ages or in the Early Modern Age, the incident would have
been quite unexceptional: a classic accusation against reputed witches was that they
sent demons to invade the bodies of their victims. But the radical change of attitude
on the part of the high clergy was something entirely new.
The highest authorities of the Church no longer believed in witchcraft. In previous
times the Church had supported the idea that certain women, with the help of the
Devil, had the power to harm, but such ideas were now regarded as superstitious
remnants typical of ignorant people – irrational, fraudulent beliefs. The concept of
›superstition‹ had done an about-turn: instead of designating false religion, as it did
two centuries earlier, it now referred to an absurd way of thinking which could only
be explained by the lack of culture and the slovenliness of the lower classes. Accord-
ing to the new point of view upheld by the Church – now at the other extreme from
the position it formerly shared with its parishioners17 – the one thing the possessed
and their supporters needed was an adequate religious education. So Joaquina, far
from being considered a witch, was instead described as a »good, God-fearing wom-
an who frequents the sacraments«18. The main aim, at all events, was to »convince
the people« that they should »eradicate all ideas of witchcraft«19. In the words of the
public prosecutor of the archbishop of Zaragoza, having listened to witnesses:

17
Whereas in early modern Europe it is still possible to refer to a popular culture shared largely
by all social classes, the division between the educated classes and the rest of the population was
clearly established by the 19th century. This division was particularly obvious with respect to be-
liefs concerning witchcraft and the wider concept of ›superstition‹ (see BURKE (see n. 3), ch. 9;
Bernard TRAIMOND, Le pouvoir de la maladie. Magie et politique dans les landes de Gascogne
(1750–1826), Bordeaux 1988, pp. 17–33).
18
Autos de Oficio (see n. 1), p. 21.
19
Ibid., p. 26. Regarding the secularization of rural society and the great tension between ›tradi-
tion‹ and ›modernism‹, expressed in the different responses to a case of demonic possession in the
19th century, see Jacqueline CARROY, Le mal de Morzine. De la possession à l’hystérie, Paris 1981;
Catherine-Laurence MAIRE, Les possédés de Morzine 1847–1853, Lyon 1981; HARRIS (see n. 8),
pp. 451–478.
268 María Tausiet

»This Martinez is a good woman […] and there is nothing to be set against her
coming from the accusations based on indiscreet conversations and suspicions of
ignorant people. The prosecutor believes she should be freed and cleared of every
suspicion of enchantment or deception. But because this matter, to be remedied
sensibly and soundly, needs the learning of a good pastor who can correct the opin-
ion of these simple people, […] the prosecutor considers it essential to assign this
job to the priest of Tosos.«20

Although from the beginning the episcopal judges decided to support the accused
and to reject her accusers, the trial as it has come down to us centred mainly on try-
ing to find out »if the neighbours who claim themselves to be possessed are actually
possessed«21. We face then the crucial problem of the diagnosis of possession at a
time – the early 19th century – when many different discourses were converging.
Three interpretations formed the basic network assembled from the statements of ev-
erybody involved. According to the official report, the whole matter was simply a
fraud, in that the gestures and violent movements of the possessed were no more
than a sham to protect their own interests.
The opinion of the Church was far from unanimous: after questioning, the clergy
veered between ascribing the events to simple trickery, on the one hand, or to some
kind of sickness – either the condition of madness in general, or melancholia, or
(more in tune with the latest research) hysteria22. A less precise affliction, that of
›disturbed‹ or ›overheated imagination‹, was also mentioned by doctors who were
consulted: this did not exclude demonic intervention, but tended to place it in a vaguer
territory where the call for exorcism need not be implicated. Lastly, the possessed
and their relatives, as well as the majority of the people, including the secular author-
ities, adopted the stance that the victims really were possessed by Satan, thanks to
the scheming of the woman accused as a witch, who was considered responsible for
everything.
Significantly, the lack of agreement among the Church representatives was close-
ly linked to the greater or lesser proximity on their part to the scene of events. For
the archbishop’s representative, who simply gave orders from his office without ever
visiting the village, the only possible interpretation was deceit, simulation. Accord-
20
Autos de Oficio (see n. 1), p. 21.
21
Ibid., p. 21.
22
According to the rector of Villanueva de Huerva, »some women who claim to be bedevilled
are actually not, but most of them do suffer the effects of exalted hysterics« (ibid., p. 4). Although
hysteria had first been described by Hippocrates as the result of a displaced uterus or hysteria in
women deprived of sexual relations, its scientific study did not begin until the 19th century. Never-
theless, for a long time it was still identified as an exclusively female disease (»uterine fury«, »nym-
phomania«, »mal de madre«). It was not until the 1880s that the innovative French neurologist
Jean-Martin Charcot included hysteria among the organic diseases of the nervous system, meaning
that men could also suffer from it. Regarding its connections with phenomena of demonic posses-
sion, see Sarah FERBER, Charcot’s Demons. Retrospective Medicine and Historical Diagnosis in the
Writings of the Salpêtrière School, in: Marijke GIJSWIJT-HOFSTRA/Hilary MARLAND/ Hans DE
WAARDT (eds.), Illness and Healing Alternatives in Western Europe, London 1997, pp. 120–140.
The Possessed of Tosos (1812–1814) 269

ing to his letter sent immediately after being informed, those affected were only »sev-
eral people who under the pretext of possession disturb the public peace and the
tranquillity of the consciences«23. A year later, after receiving several statements of
witnesses and other information brought to him by the official in charge of the inves-
tigation, his opinion had not altered in the slightest. It is revealed in another letter,
this one sent to the parish priest of Tosos:

»Reverend Priest: I have received the documents about the affair of the possessed
in this village. In some of those concerned, malice might account for it, in others
madness, in others stupidity, and surely in all of them the assumption of a curse,
like witchcraft in the Martinez woman. For it is not to be believed that God has put
at her disposal a host of devils, to be passed on to anyone she wishes.«24

His letter continued in an arrogant and ironic tone. More authoritative than instruc-
tional, his words showed a complete ignorance of the situation in spite of a tenuous
comparison and a veneer of rationalism:

»I have been told that a son of the village, being in the army, attempted to behave
as if possessed; the corporal, knowing his trick, exorcised him with a good thrash-
ing. When he did it again, the corporal increased the treatment and, with no further
ado, the devils disappeared entirely. The same will happen in your village: the peo-
ple do not want to heed what has been benevolently decreed, nor observe what I
have commanded in my knowledge of the facts and the employment of the juris-
diction I hold. Therefore it will be necessary to have recourse to the secular author-
ities, who will be informed about the people causing these disturbances. Then the
Devils will leave their mouths, just as happened to the soldier after his punish-
ment.«25

The parish priest’s point of view was quite different. He had witnessed the agitation
suffered by one of his parishioners, Antonia Ramo. While celebrating High Mass in
the village church a few days after the events of the Corpus procession, he had seen
Antonia suddenly stand up and go to the high altar,

»shrieking and screaming loudly, and at the same time hitting the altar with both
hands so strongly that the priest thought the Holy wine was going to be spilt; there-
fore he asked for her to be removed in order to continue and to finish the Holy
Sacrifice«26.

It can easily be presumed that her screams were directed at Joaquina. Antonia later
confessed that she had seen her during the consecration »represented inside the host it-
self«27. Even though she »had disrupted and inconvenienced him in such a serious cer-

23
Autos de Oficio (see n. 1), p. 8.
24
Ibid., p. 47.
25
Ibid., p. 47.
26
Ibid., pp. 12–13.
27
Ibid., p. 10.
270 María Tausiet

emony«, the priest’s interpretation of the facts was that Antonia was »a sane woman«;
nevertheless, whenever Joaquina’s name was mentioned, she grew furious. She was

»God-fearing, she observes sacraments and is punctilious in every devotional and


religious matter. In addition, she is among the best of the village people, well-man-
nered and irreproachable in conduct, both from the moral and the political point of
view.«28

In short, the position of the parish priest with regard to the possessed in general and
to Antonia, their leader was that:

»This nonsense and these ravings cannot be the consequence of whim or caprice or
the result of pretence […] they must be prompted by a disturbed imagination.«29

Another priest of Tosos was of exactly the same opinion. For him,

»the incidents which occurred with Antonia Ramo on the twenty-eighth day of
June of eighteenhundred and twelve and on other similar and frequent occasions
[…] must be the results of a perturbed imagination, invaded by melancholic no-
tions, which are impossible to remove; and the same condition prevents her from
passing the house of the said Joaquina and from going wherever Joaquina goes.«30

The power of imagination, with its capacity to provoke any sort of malady, its close
relationship with melancholic humour, and the complete ineffectiveness of will in
the most extreme cases – all these ideas had been extensive and commonplace through-
out the Middle Ages. They had circulated especially from the Renaissance onwards,
and they reached the 19th century almost unchanged. The theory about the imagina-
tion was based on the distinction between ›external‹ and ›internal senses‹; as well as
the external ones, the so-called ›internal senses‹ could be divided into five: common
sense, imagination, judgement, fantasy, and memory31. According to Pedro Mexía,
the function of the imagination consisted of:

»receiving and holding appearances and images that the common sense (which is
the first one) received from external senses, and sending them to the judgment, and
from there they go to fantasy. Eventually, to coffer and storeroom, which is the

28
Ibid., p. 13.
29
Ibid., p. 13.
30
Ibid., p. 14.
31
The division between internal and external senses had its origins in Aristotle and was spread by
Thomas Aquinas during the Middle Ages. Both these versions involved only four ›internal senses‹,
since imagination and fantasy were regarded as one sense; in the Renaissance, a distinction was
made between the two. In his first description of Don Quixote, in the first chapter of the novel, Cer-
vantes wrote: »His fancy grew full of what he would read about in books, of enchantments and quar-
rels, battles, challenges, wounds, flirtations, loves, agonies, and impossible nonsense; and it so pos-
sessed his imagination that this whole fictional fabric of dreamt invention was true for him, and no
other story in the world could be truer.«
The Possessed of Tosos (1812–1814) 271

memory. Imagination can be altered and moved with these imaginations of things,
even though they are not there; otherwise common sense cannot, because they
need to be present. It is for this reason that the power of imagination is great and
wonderful.«32

One of the main qualities of imagination, according to scholars, was its capacity to
»move passions and affections«, which could in turn alter the body until they »made
a man sick« or even drove him mad33. In the words of Henricus Cornelius Agrippa
of Nettesheim:

»When passions of the soul come from a sensory experience, fantasy or imagina-
tive power predominate, and this might modify the body in many ways, depending
on the passion involved. It alters his organism and spirit completely, either exteri-
orizing or interiorizing the feelings or provoking certain attitudes.«34

And according to Jerónimo de Planes:

»These feelings change a man in such a way that […] the imagination being so ve-
hement, some people are altered as if they were chameleons.«35

But, invoking the power of imagination in this instance was no more than an excuse.
We should remember the time when everything related to witchcraft had been cata-
logued by the Church as mere ›illusions‹ and ›fantasies‹, reducing the importance of
the devil’s supposed involvement. The devil’s role was limited to the deception of
those who ›saw‹ what did not actually exist. To quote the priest charged with inves-
tigating the problem of the possessed, »what appeared to Antonia was a ghost and a
figment of her imagination, as if in a dream«36. These words seemed to reproduce –
centuries after the witch-hunt and its obsession with the actual incarnation of the
Devil – the original thesis by St Augustine, who thought that the majority of the cases
of sorcery were founded only on an »imaginative daydream«37. In the same way, the
fact that the priests of this area referred to ghosts, fantasies and even »chimeric re-
presentations and visions«38 was the best way of exempting those involved in the
problem from all kind of blame or responsibility, whether or not it was a question of
true demonic possession.
As well as the rationalist positivism represented by the archbishop of Zaragoza
and the moderation of those priests who, through their closeness to the daily life of

32
Pedro MEXÍA, Silva de varia lección, Madrid 1540, 1673, p. 174.
33
Ibid., pp. 174–176.
34
Heinrich Cornelius AGRIPPA VON NETTESHEIM, De Occulta Philosophia, Cologne 1533; Bár-
bara PASTOR (ed.), Libro Primero. Magia Natural, Madrid 1992, p. 245.
35
Jerónimo DE PLANES, Tratado del examen de las revelaciones verdaderas y falsas, y de los rap-
tos, Valencia 1634, p. 371v.
36
Autos de Oficio (see n. 1), p. 19.
37
See Julio CARO BAROJA, Las brujas y su mundo, Madrid 1982, pp. 67–68.
38
Autos de Oficio (see n. 1), p. 21.
272 María Tausiet

the people, were in effect mediators between the newly enlightened class and the pop-
ular layers of society, there was a third group within the clergy who perpetuated and
encouraged the old ways of thinking. Here we refer to those who acted as voluntary
exorcists in the various sanctuaries all over Spain39. One of the most famous centres,
on account of its massive influx of demoniacs – documented since at least the 16th
century – was that devoted to the Christ of Calatorao, a village some 30 kilometers
north of Tosos. There, it was believed that the joint influence of the crucifix and the
exorcisms, as practised by the persons in charge of the sanctuary, was actually able
to cure the possessed of their sickness, who made pilgrimages not only from nearby,
but from all over Europe40.
According to the Assembly of Probity’s report in 1814, the attitude of the popula-
tion towards those labelled as possessed had initially been mainly sceptical. How-
ever, after one of the possessed had visited the sanctuary of Calatorao, most of them
changed their position quite radically:

»It is not to be doubted that in this village there are some women who are actually
possessed and bedevilled. Initially this was thought to be nothing but a fantasy, but
now it has been confirmed through the evidence of what happened to one of them
in the place of Calatorao. Joaquina Garcia, single, a native of Tosos, alleged to be
possessed, went to that Holy Chapel with her parents and others. The priest began
with his exorcism, and she to make her usual violent movements. But finally, thanks
to the power of the spell – and in front of many people – she stripped off her outer
garments from her body as quickly and forcefully as a ray of light detaches itself
from a cloud. Her other clothing remained intact. This made a great impression on
everyone present. The outer garments were taken and folded and hung in the chapel
as a memorial of the wondrous thing performed by the divine Jesus Christ.«41

It was in the interests of a certain group of the clergy to perpetuate this battle be-
tween belief and scepticism. According to the complaint made by Joaquina five years
after the events of the Corpus procession in 1812, much of the reputation which she
had acquired in her new residence as a witch was due to the »inventions of a priest«,
39
Among the most important are the medieval hermitage of the Mare de Deu de la Balma in Zo-
rita (Castellón), Nuestra Señora de la Fuente de la Salud in Traiguera (Castellón), the Gothic colle-
giate church of Santa María in Cervera (Lérida), the chapel of Santa Orosia at the Cathedral of Jaca
(Huesca), the monastery of Cillas (Huesca), and the shrine of Santo Cristo de Calatorao (Zaragoza),
which attracted people from far and wide (see Carmelo LISÓN TOLOSANA, La España mental. De-
monios y exorcismos en los Siglos de Oro, Madrid 1990, p. 9).
40
In his Aragon Reyno de Christo y dote de Maria Santissima, Zaragoza 1739, Friar Roque Al-
berto Faci, referring to those who travelled to the Hospital of Santo Cristo de Calatorao, wrote that
»they come from all over Europe in pilgrimage«. Carmelo Lisón Tolosana noted that nothing had
changed by the late 19th century. According to Julio BERNAL Y SORIANO, Tradiciones histórico-re-
ligiosas de todos los pueblos del arzobispado de Zaragoza, Zaragoza 1880, »the devotion of the
Aragonese people is immense; their reputation spreads throughout Europe; the trains arrive packed
with travellers and religious pilgrims with their candles, and it is quite impossible to walk through
the town« (see LISÓN TOLOSANA (see n. 39), p. 9).
41
Autos de Oficio (see n. 1), pp. 43–44.
The Possessed of Tosos (1812–1814) 273

who »for his own benefit used to bless bullets for the Moors and stoles for the wom-
en reputed to be possessed«42. It is obvious that for many people the diagnosis of de-
monic possession was becoming synonymous with running a successful business. In
order to avoid this, the Synodal Laws of the Archbishopric of Zaragoza specifically
forbade the performance of any kind of exorcism without a special licence43. Yet in
reality not only did priests in their churches and friars in their monasteries continue
to provide exorcism for everyone who asked, but also some lay people still main-
tained the custom beyond the more-or-less official religious circles.
In spite of the apparent paradox, the first person to be made responsible for exor-
cizing the possessed of Tosos had been the very same Joaquina Martínez, who not
long after was to be accused as the one person causing the sickness of her alleged vic-
tims. Although no witness directly mentioned that Joaquina had performed exorcism
– she was simply referred to as a »witch« – we do know, through the commissioner’s
report, that »in the beginning« she had tried to calm the affected women by »offering
to cure them of the evil«. Some women »involved in the incident« had gone to her
house and there Joaquina had applied relics to them, »asking at the same time sever-
al indiscreet questions about the person who had possessed them«44.
This method was not very unlike the official ritual practised by the Church. Both
the detailed questioning aimed at finding out the identity of the devils (and thereby
to master them) and the application of relics whose holy power should counteract the
evil of the possessed, had been two of the commonest practices of exorcists for a
very long time. But as well as speech and sacred objects, Joaquina had done some-
thing else: she caressed and touched the women’s private parts. The report of the
commissioner mentions »the ease« with which she took these women home, »and
even lay with them in the same bed«45. In itself, this fact was in no way exceptional
when we consider that until quite recently in Spain certain rituals of popular exorcism

42
Ibid., p. 26.
43
On 24 February 1814, the Church Governor of Zaragoza sent two letters in an attempt to re-
call and enforce the rules of the archbishop regarding the ban on exorcizing without a licence. In
the first letter, addressed to the parish priest of Tosos, he states: »You were wrong to exorcize; you
know well, and it is ordered by the Synodal Laws, that the possessed cannot be exorcized without a
licence from the Archbishop or his deputy, because although there are possessed people who are
punished or tested by God, not men, there are also many fakes.« The second letter, addressed to the
vicar of Calatorao, aimed to ascertain whether the young possessed woman in Tosos who had
stripped off her blouse during her exorcism was really possessed: »By chance I have heard that,
while a woman was being exorcised in front of the holiest statue of Our Lord of the Cross which is
worshipped in that church, she stripped off her blouse, which was put in the Chapel of Jesus Christ.
If this is true, you should remove the blouse immediately, and return it to its owner, and not admit
behaviour of this indecent nature. You shall inform me of all events and the tests you carry out in
order to ascertain if she was possessed. And from now on you will not exorcize, and you will not
allow anybody who claims to be possessed to be exorcized without a special licence, in accordance
with the rules established in the Synodal Laws« (ibid., pp. 47–49).
44
Ibid., p. 6.
45
Ibid., p. 6.
274 María Tausiet

were still being practised, which included touching with the aim of producing orgasm,
as a means of curing the possessed46.
In this case, however, the strong personality and the important role played by the
accused turned the first requests and requirements of the affected women into open
hostility towards her. As happened so often in an age when cases of demonic posses-
sion were everyday occurrences, it was inevitable that the presence in an enclosed
community of a strong-willed and dominating person who secured the unconditional
physical surrender of some of its weakest members, degenerated into a play of ten-
sions that, metaphorically speaking, could be only branded as demoniac47.
To the controversial personality of the accused should be added the rivalry that
existed between her and Antonia Ramo. All this happened against a backdrop of agi-
tation and unrest, typical of the revolutionary years. As a result, a strong feeling of
hostility towards her developed which was unaffected by political and social changes.
It must not be forgotten that, in line with the profile of the classic witch, Joaquina
was viewed above all as an outsider. According to the report of the Assembly of
Probity in 1814:

»This Joaquina Martinez is a native of Villanueva. She grew up from her earliest
days in the greatest unhappiness and misery, and she came to Tosos with a big fam-
ily. There she was given the job of taking care of the village stables. She remained
in this job for some years and she recently rented the shop, and accordingly it was
observed that she had enough to eat, but her property is not bigger than 200 deci-
ares, and she can work this property and these lands, due to their closeness to To-
sos, while remaining in Villanueva.«48

46
Traditionally, those women in charge of exorcizing the possessed who made pilgrimages to
the shrine of Mare de Deu de la Balma in Zorita (Castellón) had the reputation of being old witches
known as ›helpers‹ or caspolinas. According to Alvar Monferrer, »the caspolinas came from the
towns along the banks of the Bergantes and the Guadalop, especially from the region of Casp,
hence their name […] They stay in Balma for two or three days, the time which exorcisms take with-
out any kind of interference, then they take their profits and disappear […] The caspolinas, very ac-
complished in their job, were familiar with the use of provoked, purely physiological orgasms.
They even took advantage of them to bring about the subsequent relaxation which gives these wom-
en a somewhat sickly-sweet appearance« (see Alvar MONFERRER, Els endimoniats de la Balma,
Valencia 1997, pp. 120–123).
47
With respect to possessed women, this was not the first time that an individual’s sexual power
played a crucial role. In 17th-century Spain (»The Golden Age of the Demoniac«, as William Mon-
ter described it), the two most famous cases of possession had occurred mainly as a result of a cer-
tain person’s sexual requests. We refer to the possession of the nuns at the San Plácido Convent in
Madrid in 1628 (Friar Francisco had tried to exorcize them with caresses and kisses), and the case
of possession in several villages of the Tena Valley (Huesca) between 1637 and 1642. The inquisi-
tor who was sent there defined the possession as a »disease caused by refusing to satisfy the desires
of Pedro Arruebo« (see Beatriz MONCÓ REBOLLO, Mujer y demonio. Una pareja barroca (Treinta
monjas endemoniadas en un convento), Madrid 1989; Ángel GARI LACRUZ, Brujería e Inquisición
en el Alto Aragón en la primera mitad del siglo XVII, Zaragoza 1991).
48
Autos de Oficio (see n. 1), pp. 44–45.
The Possessed of Tosos (1812–1814) 275

While living in these precarious circumstances, she was accepted into the communi-
ty and, as several witnesses stated, she became very friendly with Antonia Ramo,
among other women. However, those who had initially accepted Joaquina later turned
against her. According to the report of the priest Francisco Marcos five years after
the outbreak of possession:

»During the French rule some disagreements arose in the neighbourhood, princi-
pally between N. Ramos and N. Martinez […] both of them shopkeepers and in-
volved in the sale and exchange of goods. They were envious of each other as to
who was best handling goods, and Ramos said that Martinez had sold a bedevilled
cheese and that all those eating it would become possessed. It happened that, at
that time, either through the fear caused by the outrages of the French or for rea-
sons known only to the doctors, many women and some men suffered accidents,
and as soon as any extraordinary movements were seen and considered as such
[…] Martinez was persecuted to death.«49

We do not know who took the initiative in these quarrels or how many versions about
the true origin of events were in general circulation. Joaquina’s »proud and mannish
temper«50, as described by the commissioner, may or may not have been responsible
for her misfortunes, but the truth is that five years after being expelled from Tosos,
Joaquina had once more gained a reputation as a witch in her new village. Her com-
bative temperament was now reflected in her nickname of »Bate Cargas« (the old
»Battle-Axe«), a name that made her a sort of anti-heroine in desperation51. Five years
later, her attempts at revenge were unsuccessful: she was unable to advance her inter-
ests either through the support she found in episcopal justice or through the reestab-
lishment of the older institutions after 1814. The previously mentioned Francisco Mar-
cos reported:

»No matter how hard she tried to get her rivals punished by the courts, her desire
for revenge has remained unsatisfied. At the same time she knows that if she
moves back to Tosos she will be in great danger. And this constant worry turns her
thoughts to disturbing the peace in the village of Tosos. And she will not cease in-
conveniencing the Court of His Lordship and the Royal Criminal Court.«52

According to surviving information, Joaquina never achieved her goal. The priest
commissioned by the archbishop ended his report with the recommendation that
things should remain as they were, because

49
Ibid., p. 68.
50
Ibid., p. 6.
51
We should bear in mind that one of the most outstanding features of the Spanish War of Inde-
pendence was the participation of women, both in the uprising and in the subsequent resistance. Her-
oines such as Agustina de Aragón and Manuela Malasaña became famous thanks to the tales about
their exploits and the iconography which depicted them batiendo cargas, »shooting cannons« against
the French enemy. The term batecargas in Spanish is the equivalent of ›old battle-axe‹ in English.
52
Autos de Oficio (see n. 1), p. 71.
276 María Tausiet

»maybe leaving things undecided, to be buried eventually by time, could be more


advantageous than if judicial procedures were repeated.«53

Even though he was convinced that the accusation of witchcraft against Joaquina and
her family was defamatory, the priest’s conclusion after investigating the facts was
that »the fears and mistrust« of the people were »well enough grounded«54. Which is
why, as he wrote in a letter to the representative of the archbishop, he considered the
case to be completely closed:

»Although I deeply regret the abandonment and expulsion of the people who have
suffered this defamation, according to my humble judgment this is an evil without
human remedy here on earth.«55

Just as Joaquina’s sufferings were seen as a lesser evil, so the sufferings of the pos-
sessed – again, with no possible cure, be it human or divine – would eventually come
to represent an unavoidable evil. No exorcism could completely overcome the symp-
toms shown over and over again by those said to be possessed. In fact the main symp-
tom, incurable in all respects, came down to the utter hatred most people in the village
felt towards Joaquina. In its female version, those involved alternated between sup-
pressing their aggressive impulses towards her and giving free rein to their aggression.
Each new outbreak of possession counteracted the general tendency towards resigna-
tion. The same day that Antonia had screamed at Joaquina during the Consecration,

»she went to her house and […] apologized. This seemed to calm her mind, and in
future she should be able to visit and deal with Joaquina, and she does really regret
that now and in the past she has never been able to suffer her presence […] without
this being the occasion for enmity and hatred […] because they used to be friends.«56

The same ambiguity is evident in the commissioner’s report concerning one of her
›accidents‹:

»Antonia Ramo was sitting in my house when all of a sudden a sort of drowsiness
came over her, some distress and grief becoming apparent which seemed to deprive
her of her senses, although it didn’t last long. After coming round, she could clear-
ly hear when she was being called, but couldn’t reply. And she said that this had
happened many times, especially when her enemy was named […] And so when a
paternoster was asked for during High Mass for those in mortal sin, she felt a com-
pulsion to shout out: ›except for two – Joaquina and her husband!‹ Even though
she tried to control herself, such were the rage and oppression she experienced, she
finally had to give vent to them.«57

53
Ibid., p. 5.
54
Ibid., p. 6.
55
Ibid., p. 7.
56
Ibid., pp. 3–4.
57
Ibid., pp. 11–12.
The Possessed of Tosos (1812–1814) 277

In its male version, on the other hand, aversion was made manifest in the clearest
possible way: the various attempts on Joaquina’s life left no doubt to all that public
order was under threat. According to the commissioner, incidents against her had
continued even after she had left Tosos:

»A young soldier […] because his sister had bled to death, became so obsessed
and worked up that he rode to Villanueva brandishing a sword in order to kill Joa-
quina. Miraculously, she somehow managed to escape. In another incident, three
men went to the village with deadly intent to ensnare her, but fortunately when
they tried to make off with her to kill her their plan was thwarted.«58

In contrast to what so often happened during the great witch-hunt, ›popular justice‹
this time claimed no mortal victim. With the exception of cases of individual vio-
lence already quoted, we can say that, in general, people’s behaviour was contained
within certain limits, very far from the outbursts that had led to the collective lynch-
ing of former times59. More than real violence, it could have been a question of a sort
of ritual violence intended more to frighten the alleged witch than actually to end her
life. However, paradoxical it may seem, incurable possession finally represented the
best possible therapy against unspeakable evil. The frenzy of the possessed – a yell
of protest against an unbearable situation – would be a symbolic solution to a series
of conflicts which were barely conceivable in rational terms60. On the borderline be-
tween the close of one age and the start of another, the exceptional behaviour of the
possessed of Tosos clearly exemplifies the transformations taking place at a crucial
historical moment, when the major changes which would characterise the 19th centu-
ry went hand in hand with older ways of thinking. The diabolic spectacle of the pos-
sessed of Tosos61 merely portrayed a world in its terminal phase or, in other words,
the trials and tribulations of an age that was drawing to an end62.

58
Ibid., p. 6.
59
See María TAUSIET, Ponzoña en los ojos. Brujería y superstición en Aragón en el siglo XVI,
Zaragoza 2000.
60
Those who claimed to be possessed often displayed signs of violence which seemed more
feigned than real, more symbolic than effective. Although not actually a ritual, certain attacks against
the accused witch (who was supposedly to be killed) could be considered more frightening than
harmful. This explains why the murder attempts never achieved their goal. Regarding ›ritual vio-
lence‹, see René GIRARD, La violence et le sacré, Paris 1972; David NIRENBERG, Les juïfs, la vio-
lence et le sacré, in: Annales 50,1 (1995), pp. 109–131.
61
Regarding the theatrical language of the possessed and possession as a kind of spectacle, see
Michel DE CERTEAU, Le langage alteré. La parole de la possédée, in: DERS., L’écriture de l’histoire,
Paris 1978, pp. 249–273.
62
Regarding the furious behaviour of the possessed, social disorder and their link with eschato-
logical thinking, see Stuart CLARK, Thinking with Demons. The Idea of Witchcraft in Early Modern
Europe, Oxford 1997, pp. 389–422.
278 María Tausiet

Abstract

In mid-1812, the small Aragonese village of Tosos witnessed an outbreak of demon-


ic possession, which local authorities considered to be »the most extraordinary case
ever seen«. During the Corpus-Christi-procession, eight women behaved like demon-
iacs, »making the same faces and violent gestures which are often seen in those truly
possessed by the devil«. A few days later, more than 32 people were said to have
been possessed. After some initial hesitation and confusion, most of the population
(including the so-called »doctors«) upheld the supernatural explanation of malefi-
cium and accused a woman, Joaquina Martínez, whom they branded as a witch and
sorceress.
Had this occurred in the late Middle Ages or in the Modern Age, the incident
would not seem exceptional: one of the classic accusations against women persecuted
for witchcraft was that they sent the devil into the bodies of their victims. However,
almost two centuries after these persecutions had ended, as if the world had turned
›upside down‹, it was the witch who addressed the Episcopal justice in order to beg
for protection and report her persecutors, those »sick« people who, »on the pretext
of being possessed«, had attempted to kill her several times, forcing her to abandon
the village. What is unprecedented in this case is that, despite the Episcopal mandates,
the proceedings of local justice, and even the transfer of the Episcopal trial against the
demoniacs to the Royal Hall of Crime, it was the people who finally imposed their
will and prevented Joaquina’s return to the village on behalf of the common good.
It is not by chance that these events coincide with a power vacuum in Spain dur-
ing the War of Independence against Napoleonic troops (1808–1813). The ›revolu-
tionary‹ years, which marked the beginning of the end of the Ancien Régime in Spain,
entailed a state of social unrest in many towns and villages. The enraged behaviour
of the possessed people in Tosos, who rose up against the authorities to defend their
claim, was simply an example par excellence of a widespread state of disturbance.
On the other hand, the opposing attitudes of ordinary people and the high clergy clear-
ly reflect the change of mentality resulting from the late introduction of Enlighten-
ment ideas among an educated minority. The traditional theory based on demonic
possession versus the view of the ecclesiastical elite, who believed that the possessed
(especially women) were merely insane, seized by »melancholy species« and exalted
hysteria.
We face two radically different views of the world. Whereas in the early Modern
Age it was still possible to refer to a popular culture shared to a large extent by all
social classes, by the 19th century the gap between the educated strata and the rest of
the population had been clearly established. The growing division between both cul-
tures can be clearly seen in beliefs concerning witchcraft and the broader concept of
›superstition‹. For the reformed clergy, characterised by their scepticism, witchcraft
was no longer expression of demonic possession, but rather trickery or, at most, irra-
tional nonsense resulting from a state of ignorance which needed to be combated.
The Possessed of Tosos (1812–1814) 279

Die Besessenen von Tosos (1812–1814): Hexerei und Volksjustiz


während der Spanischen Revolution

Zur Mitte des Jahres 1812 wurde die kleine aragonesische Stadt Tosos Zeugin eines
Ausbruchs dämonischer Besessenheit, den die lokalen Behörden als »den außerge-
wöhnlichsten Fall aller Zeiten« betrachteten. Während der Corpus-Christi-Prozes-
sion führten sich acht Frauen wie Besessene auf, »wobei sie dieselben Grimassen
und wilden Gesten machten, wie sie bei denen oft beobachtet werden, die wirklich
vom Teufel besessen sind«. Ein paar Tage später sagte man mehr als 32 Menschen
nach, sie seien besessen gewesen. Nach anfänglichem Zögern und einiger Verwir-
rung verlegte sich der größte Teil der Bevölkerung (auch die sogenannten ›Ärzte‹)
auf die übernatürliche Erklärung eines maleficium und beschuldigte eine Frau, Joa-
quina Martínez, die sie als Hexe und Zauberin brandmarkten.
Hätte sich dieser Vorfall im späten Mittelalter oder in der Frühen Neuzeit ereig-
net, würde er nicht außergewöhnlich erscheinen: Eine der klassischen Anklagen ge-
gen Frauen, die der Hexerei beschuldigt wurden, war eben der Vorwurf, den Teufel
in die Körper ihrer Opfer geschickt zu haben. Als ob die Welt auf dem Kopf stünde,
war es fast zweihundert Jahre nach dem Ende der Hexenverfolgungen nun jedoch
die Hexe, die sich an das bischöfliche Gericht wandte, um Schutz vor ihren Verfol-
gern zu erbitten und sie anzuzeigen, diese »kranken« Leute, die »unter dem Vorwand,
sie seien besessen«, mehrere Male versucht hatten, sie zu töten und sie gezwungen
hatten, die Stadt zu verlassen. Das Beispiellose an diesem Fall ist, daß es trotz der
bischöflichen Mandate, des Eingreifens der lokalen Justiz und sogar der Übertragung
des bischöflichen Verfahrens gegen die Besessenen an das königliche Strafgericht
die Bevölkerung war, die letztendlich ihren Willen durchsetzen konnte und im Na-
men des Gemeinwohls die Rückkehr Joaquinas in die Stadt verhinderte.
Es ist kein Zufall, daß diese Ereignisse mit einem Machtvakuum in Spanien wäh-
rend des Unabhängigkeitskrieges gegen die napoleonischen Truppen (1808–1813)
zusammentrafen. Die ›revolutionären‹ Jahre, die den Anfang vom Ende des Ancien
Régime in Spanien kennzeichneten, brachten einen Zustand sozialer Unruhe in vie-
len Städten und Dörfern mit sich. Das aufgebrachte Verhalten der Besessenen von
Tosos, die sich gegen die Behörden erhoben, um ihre Ansprüche zu verteidigen, war
dafür ein Beispiel par excellence. Auf der anderen Seite spiegelten die Unterschiede
zwischen der Einstellung der gewöhnlichen Leute und der des hohen Klerus deutlich
den Mentalitätswandel wider, der durch die späte Einführung aufklärerischer Ideen
bei einer gebildeten Minderheit eingesetzt hatte. Der traditionellen, auf dämonischer
Besessenheit gründenden Theorie der Bevölkerung standen die Ansichten der kirch-
lichen Elite gegenüber, daß die Besessenen (besonders Frauen) schlichtweg geistes-
krank und von ›Melancholie‹ und übertrieben großer Hysterie gefangen seien.
Dies waren zwei radikal verschiedene Weltanschauungen. Während es in der Frü-
hen Neuzeit immer noch möglich gewesen war, sich auf eine Volkskultur zu bezie-
hen, die weitgehend von allen sozialen Klassen geteilt wurde, hatte sich die Kluft
zwischen der gebildeten Schicht und dem Rest der Bevölkerung im 19. Jahrhundert
280 María Tausiet

bereits klar ausgebildet. Die wachsende Diskrepanz zwischen beiden Kulturen ist in
den Anschauungen bezüglich Hexerei und dem breiteren Konzept des ›Aberglaubens‹
deutlich zu erkennen. Für den von Skepsis gekennzeichneten reformierten Klerus
war Hexerei nicht länger Ausdruck dämonischer Besessenheit, sondern eher Gaunerei
oder bestenfalls irrationaler Nonsens, der aus einem bekämpfenswerten Zustand von
Ignoranz herrührte.
SARAH FERBER / ADRIAN HOWE

The Man who Mistook his Wife for a Devil


Exorcism, Expertise and Secularisation in a Late Twentieth-Century
Australian Criminal Court

In January 1993, a 49 year-old woman died in a farmhouse near the small rural town
of Antwerp, in the state of Victoria, Australia. Joan Vollmer died as a result of a so-
called ›deliverance ministry‹ which her husband Ralph Vollmer and three neigh-
bours performed on her. All four of the would-be exorcists were non-denominational
charismatic lay Christians. The so-called ›deliverance‹ had taken place over a week,
during which time Joan Vollmer was tied up in her own kitchen against her will,
repeatedly shouted at and slapped, and finally inadvertently choked to death when
two of the four, Leanne Reichenbach and David Klingner, applied pressure to her
head and throat. They said this was necessary to rid her of two demons which they
believed had been gradually coming up from within her womb and her stomach.
They reported that the demons’ names were Princess Joan and Princess Baby Joan.
Ralph Vollmer and the fourth member of the group, Matthew Nuske, later told po-
lice that Joan Vollmer had died not as a result of the physical pressure upon her, but
because when the evil spirit left her body, it took her spirit with it, causing her death
(4,1051 and 9,31301). When attempts to resuscitate Joan Vollmer failed, they moved
her body into a bedroom. Three days later, after praying in 40-degree heat to have
her rise from the dead, the group took the advice of a local Lutheran pastor, who told
them to call the police. At Joan Vollmer’s funeral, Ralph Vollmer carried a bag with
her clothes in it, containing a red dress, two pink dresses, stockings and underwear
for her to wear when she rose2. The Weekend Australian, a Murdoch ›quality‹ news-
paper for the educated classes, ran a large article on page three headed »Woman fails
to rise after exorcism death«3.

1
In-text references in parentheses cite the volume number and page from the trial transcript for
R. vs Vollmer and others, held at the Office of the Victorian Director of Public Prosecutions, Mel-
bourne. We acknowledge the Office for having kindly permitted us to consult the transcript and in
particular acknowledge Bronwyn Hammond for her assistance in this regard. We thank Leigh Dale
for editorial suggestions. Sarah Ferber gratefully acknowledges a fellowship at the Centre for Criti-
cal and Cultural Studies, University of Queensland, which provided teaching relief, and hence time,
to finish this article.
2
Larry WRITER, Death in the name of God, in: Who Weekly, 22 February 1993, p. 76.
3
6–7 February 1993.
282 Sarah Ferber / Adrian Howe

Joan Vollmer’s death led to a major criminal trial, lasting ten weeks, at a cost to
the public of one million Australian dollars4. Ralph Vollmer and his co-accused were
convicted of serious offences by a jury, although only the two convicted of man-
slaughter, Leanne Reichenbach and David Klingner, were required by the judge to
serve prison sentences. They were jailed for three and four months respectively. All
four were convicted of false imprisonment, and Vollmer was convicted of recklessly
causing serious injury. In 1995 the Supreme Court of Victoria rejected their appeals5.
Our interest in the case was aroused initially by the fact that newspaper reportage
referred to what the accused had done as an ›exorcism‹ without using inverted com-
mas or any other qualification. This seemed to be tacitly sanctioning a view that
what they had done was what they had claimed to do – to deliver Joan Vollmer from
demons. Her death was an accidental side-effect. This view was in fact the position
taken by the defence counsel: the four had acted out of a »reasonable belief« that Jo-
an Vollmer had been demonically possessed and they were only trying to help her.
Yet how could »reasonableness« apply to the belief in the presence of the supernatu-
ral for the purposes of a manslaughter trial? What was at stake in promoting the be-
lief that what the four did in the end was an exorcism? It was these questions which
brought us to seek permission to read the transcript of the case, a grimly absorbing
3.000-page document.
What we have found has opened up significant questions about such issues as the
place of religion in modern western society, the presumed distinction between church
and state in a society with a secular legal system, the relationship of mainstream to
charismatic Christianity in the west, and the function and limits of the use of expert
witnesses in a courtroom. Here we focus on the extraordinary case mounted by the
four defence teams that the defendants’ belief that Joan Vollmer was demonically
possessed was »reasonable« and that they had acted in her best interests. More par-
ticularly, we examine the defence deployment of expert witnesses and the notion of
legal precedence to depict possession itself as a physical reality. While our analysis
is informed by the work of the so-called secularisation thesis, the essay is not driven
by a desire to defend a secular world-view against religious incursions into a late
twentieth-century criminal court. It is, rather, an exploration of the seemingly limit-
less capacity of legal discourse to accommodate violence against women, including
now one woman mistaken, apparently, for a devil. In short, this essay is for Joan Voll-
mer, and against the collusive discursive violence of the defence team rhetoric that
erased the violence of the actions leading to her death.
We begin by noting that the ›reasonable-belief-in-demonic-possession defence‹
was consistent with the defendants’ pre-trial self-justifications. For example, in a
taped police interview submitted to the court, an officer asked Ralph Vollmer if he
agreed that the actions he performed would have hurt Joan Vollmer. He replied: »It

4
Dennis PASSA, Of Good and Evil, in: Who Weekly, 19 December 1994, p. 35.
5
R. vs Vollmer and others, Supreme Court of Victoria, Appeal Division, Court of Criminal Ap-
peal [1996] I VR 95, pp. 95–96.
The Man who Mistook his Wife for a Devil 283

would have hurt my wife terribly but it – it wasn’t my wife. We weren’t dealing
with my wife any more […] She was an evil spirit that needed to be dealt with.«6
Asked later by a journalist about Joan Vollmer’s attempts to make the group stop
what they were doing, Ralph Vollmer said that at times »there were glimpses of the
real Joan when she’d say ›You have been hurting me‹. At which point we would all
say ›No, we haven’t‹.«7 In an attempt to explain these attitudes to the court, the most
senior defence counsel, Charles Francis QC, opened his case saying that all the ac-
cused were »involved in the charismatic movement« and that they were among »those
Christians who seek direct interaction with the Holy Spirit«. It followed, he said, that
it was »not unusual or not unreasonable for [them] to have a belief in the reality of
demonic possession, a belief honestly and reasonably held« (4,1078). More remark-
ably still, this barrister went beyond asserting the reasonableness of the belief in pos-
session, urging the jury to consider the »very real possibility« that Joan Vollmer had
been possessed (8,2970). The defence believed they had a great deal of evidence to
support this possibility. For example, a friend of Joan Vollmer’s gave evidence that
suggested there clearly was something wrong with her, although she did not say she
saw signs of possession. She told the court that Joan Vollmer (who had some years
before suffered from what was described by a psychiatrist as a mild form of mental
illness) seemed to transform into a crippled old woman; distended her stomach and
said she was »full of cancer«; picked blooms off flowers and threw them away; had
cold hands on a hot day and said there were people outside the house trying to rape
her8. On that basis, Francis argued that »you have the very clear picture of somebody
with a multiple personality disorder, or, on the other hand, the very real possibility
of possession« (8,2970, our emphasis). Further, he argued that as the accused had
said Joan’s voice had changed and become mannish and she had displayed unusual
strength when trying to get away from the group – traditional ›signs‹ of possession –
these claims were »real corroboration« of the possibility she was possessed (8,2991).
In order to validate belief in possession, the defence teams also sought to assimi-
late charismatic beliefs to those of the mainstream Christian church. Indeed one bar-
rister argued that »the belief in the devil and that people can be possessed is a very
ancient belief – a belief held by the Jews long before Christ« (4,1077). This barrister
asked a prosecution witness, who had attended prayer meetings with Leanne Rei-
chenbach and her husband John, whether he believed in demons and in their power
to exercise »considerable control over human beings? […] That of course is part of
the common mainstream of Christian belief, isn’t it? […] based on the Bible and al-
so based specifically on teachings of the Lutheran church?« The answer was »Yes«
(5,1656). The defence did not mention, however, that the Reichenbachs had not long
before been excommunicated from the Lutheran church for »going too far« in their
beliefs about exorcism and »seeing evil spirits here, there and everywhere« (4,1111).

6
Ibid., p. 141.
7
WRITER (see n. 2), p. 74.
8
Alison HARDING, God told me of devils, in: Herald-Sun, Melbourne, 15 September 1993, p. 3.
284 Sarah Ferber / Adrian Howe

And in fact, in a media interview held before the trial, John Reichenbach had explic-
itly rejected the mainstream churches, saying: »Satan is robbing, killing, stealing.
We have to face him; the churches won’t.«9
In the process of presenting witnesses and evidence to endorse belief in posses-
sion, the defence teams found a remarkable capacity within the legal discourse of the
court to generate, in effect, their own virtual reality – a world in which demonic pos-
session, as a cultural reality, was gradually manoeuvred into the category of a literal,
legally provable reality. One of the ways they did this was to distort the meaning of
eyewitness evidence, to incorporate ›eyewitness‹ evidence as found in history, and
even in the Bible. They also elicited evidence from expert witnesses for whom de-
monic power was a physical reality. These manoeuvres exposed the fragile assump-
tions of legal eyewitness evidence and of expert evidence, and perpetrated a confla-
tion of legal witnessing and Christian witnessing as remarkable for its audacity as
for its breathtaking intellectual dishonesty.
For example, in order to prove that the physical interventions of the would-be ex-
orcists were legitimate exorcism practice, the defence invoked the exorcisms of Lou-
dun in the 1630s, providing a historical and also implicitly legal precedent for physi-
cal aggression10. Cross-examining prosecution religious experts, the defence referred
to an account of the Loudun exorcisms by Thomas Killigrew and suggested to them
that Killigrew had reported accurately that, as part of a legitimate exorcism, pos-
sessed nuns had to be »held strongly« (5,1500) and further that »the nuns who were
possessed were in fact very violent […] and had to be restrained forcibly by very
strong persons«. The prosecutor objected to this on the grounds that its authenticity
could not be guaranteed and that the question was put »as though the witness was
there« (5,1867). The evidence of the Loudun exorcisms was nonetheless allowed,
thereby validating the notion that a historical narrative was as reliable as eyewitness
evidence.
Aware of the weight likely to be attached to scientific evidence, even or especially
in a case such as this, the defence teams called two medical witnesses who claimed
expertise on the question of the presence of demons. One, a consultant psychiatrist
at a local psychiatric hospital, testified that he believed it was medically possible to
be demonically possessed. Not only that, he referred to cases in his experience where
he had made a diagnosis of possession and sent the patient on to a cleric. In one in-
stance, the cleric concerned had sent the patient back and said that he did not agree
with the doctor’s diagnosis (10,3214). Another medical witness offered the view that

9
WRITER (see n. 2), p. 74. Media coverage of the case was largely moderate and literal, how-
ever, it did not lead to any kind of general reflection on the place of religion in Australian culture.
See the useful discussion in Stewart M. HOOVER/Shalani S. VENTURELLI, The category of the reli-
gious. The blindspot in media theory, in: Critical Studies in Mass Communication 13 (1996), pp.
251–265.
10
John LOUGH/D.E.L. CRANE, Thomas Killigrew and the Possessed Nuns of Loudun. The text
of a letter of 1635, in: Durham University Journal 78 (1986), pp. 259–268. Thanks are due to Lana
Condie for this reference.
The Man who Mistook his Wife for a Devil 285

someone could die as a result of the devil leaving the body, after exorcism. He said:
»[…] I remember seeing a film called The Exorcist«, but admitted he had »never
spoken to anyone who has performed an exorcism«. The judge probed him: »[…]
you are prepared to say from a medical point of view that death can occur as a result
of exorcism?« The surgeon then referred to a documentary he had seen on television.
The judge persisted: »You are prepared to give that opinion based on that documen-
tary you saw?« »Yes«, replied the surgeon, »ok, yes«. The judge then asked: »To any
extent do your own religious beliefs come into the expression of your opinion?« To
this the surgeon replied: »No, not necessarily« (7,2538).
Defence witnesses from the charismatic arm of the Catholic church and the As-
sembly of God were called to endorse the perceptions of the accused on the basis of
their expertise as licit religious practitioners. They were asked about their opinions
of the ›symptoms‹ displayed by Joan Vollmer in order to corroborate the ›diagnosis‹
of demonic possession made by the accused. Like the medical witnesses, the church-
men’s views raise serious questions about the way in which the notions of the expert
witness and expert evidence were distorted in this case in order to rationalise the
precepts of charismatic religion. One of these witnesses, a Catholic parish priest, de-
fended the reality of possession and claimed he was regularly called upon to perform
exorcisms – seven or eight times a week for the previous several years – in his rural
parish. Precisely how the notion of ›expert witness‹ applied to Father John Shanley’s
testimony is hard to tell. Consider, for example, his testimony that Joan Vollmer’s
swollen body was a sign of demonic interference. He claimed to know this on the
basis of seeing another possessed person (a priest, in fact): »His belly used to blow
up so big that the inside of his navel was turning inside out and his head was blowing
out« (7,2655–2656). This passed as evidence that Joan Vollmer had been possessed.
On the question of whether or not she had been abused by demons, another defence
lawyer asked him: »[…] having read the accounts of the accused who saw Joan in
the last weeks of her life […] is it your opinion that Joan was in fact possessed of an
evil spirit?« The judge said he found that »a little leading«, to which the lawyer re-
plied: »He is an expert witness. He is allowed to give an opinion.« The priest was
able to continue: »Everything seems to point to Satan’s ritual abuse from those areas
that they went on. The areas of Joany and Princess Joan, that type of material. It seems
to point to it, but«, he remarked, imagining it made a difference, »I wasn’t there
[…]« (7,2667). Critically, he would not condemn outright the violence perpetrated
against Joan Vollmer. He used the analogy of the slapping of hysterics which he im-
plied was a legitimate medical intervention, although he did hedge on the question
of whether he would do the same, saying he might have waited until he got her »back
to reasonableness« before deciding what to do next (7,2667).
The defence also called upon Dr Rikki Watts, an Assembly of God minister with a
Cambridge doctorate in aeronautics systems engineering, to defend the idea that the
Bible was historical fact written by eyewitnesses. Dr Watts stated that he had seen a
woman possessed and exorcised, describing behaviour in the woman similar to that
described in relation to Joan Vollmer. Asked whether it was »part of mainstream be-
286 Sarah Ferber / Adrian Howe

lief of all the Christian churches that the Bible contains no factual errors«, Dr Watts
gave qualified agreement (8,2468). The two then conducted the following surreal ex-
change, during which the defence feigned shock that the judge would question the
authority of St John (8,2469–2471):

Defence: Let’s for a moment consider legal evidence. Assume a court were trying
to determine as a court whether the exorcism of the demon possessed man at Gara-
zene happened, assume that you were required to present the case before the court.
[…] You would say here we have the account of St John which is clearly the re-
cord of an eye-witness?
Witness: Yes […]
Defence: Then you would say we have got the record of St Mark which purports to
have been information provided to him by St Peter who was a witness?
Witness: Yes.
Defence: Then the evidence of St Luke which purports to be a record written by
him from information obtained from eye-witnesses?
Witness: Yes.
Defence: So that would be evidence that you would seek to present?
Witness: Absolutely.
The judge intervened: Some of it is hearsay.
Defence: Well, certainly you would get in the record of St John11?
Judge: I don’t think we will debate it but I point out that some of your evidence is
hearsay evidence.
The defence went on: Then there would be in fact no evidence the other way,
would there?
Witness: The first century didn’t deny the reality of these experiences, and even the
Jews […] didn’t deny it […] there is almost an acceptance Jesus performed mira-
cles, cast out demons […]
Defence: My point […] If this were simply being presented as legal questions as to
whether or not it happened, you would have all that evidence that it did happen,
you would have no evidence to the contrary?
Witness: Yes.
Defence: So a court, whether it had any religious belief or not, should on the evi-
dence come to the conclusion it probably did happen?
Witness: I think so.

Here we see how the judge was caught: by focusing on the legal task of keeping hear-
say out of the court, he implicitly condoned the defence manoeuvre to present the
Bible as legal, eyewitness evidence.
Other absurdities came in under the guise of expert evidence. When Dr Watts was
questioned about the claim that demons had lodged in Vollmer’s left foot, he said
that he »could see how somebody might think that if part of the body is distending
and behaving abnormally […] they would think it is a fairly reasonable conclusion
to draw that this is the part where something is manifesting itself« (8,2498). Asked
to comment on the fact that the accused had destroyed Joan’s garden bed with a

11
It should be noted that St John does not mention Christ’s exorcisms.
The Man who Mistook his Wife for a Devil 287

sledgehammer, in the belief that she worshipped demons there, he adopted the scientif-
ic term ›data‹, saying: »There may have been strong evidence that led them to that
conclusion. I’m not privy to that data, not in a position to have all the data« (8,2491).
Describing what he saw as the spiritual battle for people’s souls taking place in Aus-
tralia between God and Satan, he urged the court, speaking of Satan, to put them-
selves »in his shoes«. He went on: »If his aim is to destroy human beings, separate
them from God, his best way of doing it is not to attract attention to it […] So what
you do is, you play things down […] There might be more spiritual things going on
in this country than we realise« (8,2475–2476).
Another defence lawyer asked Dr Watts: »Does that surprise you that people would
come into contact with a spiritual being, a demonic being?« »Not at all«, he replied.
»You come across [these things] in your Christian experience.« Here »Christian ex-
perience« is distinguished from any other type, but this is allowed to pass (8,2464).
He went on to explain that his ten to twenty encounters with demonic powers came
as »a bit of a shock for someone who is a science person and from an engineering
background« (8,2466). He had seen a woman exorcised by someone »who had a track
record with these things« who said: »Lord if there is anything you can do for this
woman please demonstrate.« He commented on his own reaction: »You would think
that a guy is out for lunch hearing this story. I was there. I saw it with my own two
eyes. ›You will come out of this woman now in the name of Jesus‹ […] and she began,
she was snorting like a bull, making noises and started to cough and retch […] and
then she collapsed in the chair, and I have to tell you I have not seen a face like this
woman’s face. She sat back and said ›I am free […]‹. I will just leave it with you.
You do what you will, but I have seen it and been a part of that, and on numerous in-
stances« (8,2467). In this way the expert witness became simply an observer, conflat-
ing the categories of eyewitness and expert witness, and establishing, more impor-
tantly, absolutely nothing.
Dr Watts argued further that the Age of Reason had to be understood as a phase in
human history which was now passing, making way for a »new era« where what he
called »the spiritual reasons« are being given »much more credence« (8,2471). Claim-
ing that »the physical world is coming under increasing challenge«, he based his ar-
gument explicitly on Thomas Kuhn’s notion of scientific paradigm shifts to give cre-
dence to his fundamentalist world view (8,2472). He saw such a shift taking place
now, and argued that we are entering »a post-scientific age where people realise the
world is far more than we thought it would be« (8,2459). On that basis, he urged an
»open-minded approach« in relation to the perceptions of the accused. This approach
would entail saying that »I may not have seen or experienced such a thing myself
but these people seem to be genuine. I have no reason to doubt their descriptions«
(8,2459–2461).
In the end, the entirety of the testimonies of Father Shanley and Dr Watts begged
the question: did their own religious beliefs come into the expression of their opin-
ion? It is odd that the judge, who saw fit to ask this of a medical expert, did not ask
that of them. The key issue here is: once the idea of possession was allowed in, it
288 Sarah Ferber / Adrian Howe

was used in order to make sense of the actions of the accused. The essential manoeu-
vre was to assimilate: to assimilate faith to reason; fringe to mainstream religion;
biblical and historical examples to legal evidence; Christian discourse to legal and
medical discourse. But what if the jury still rejected the belief in possession? The
leading defence barrister thought this »scarcely possible« given the evidence support-
ing the idea of demonic possession which he described as »one way traffic« (8,2997).
The defence strategy of legitimating the idea of possession also gained inadvertent
support from an unexpected quarter. Interestingly, the Crown Prosecutor did not seek
to refute the physical possibility of possession. In his opening address he argued not
that the notion of demonic possession was absurd, but rather that a diagnosis of pos-
session was not relevant to this case. Here, the Crown case was that »it wasn’t a case
for demonic deliverance at all. It was a sick woman« (4,1038). Impliedly then, while
demonic possession was not relevant to the case at hand, it might be in another case.
Later the prosecutor told the jury that »I’m not here to in any way criticise religion,
Christianity or whatever, but what I submit to you here is that you can put that to
one side because they went way past that, they had no consideration for Christiani-
ty« (8,2907). This seems to have been a necessary strategy, allowing the Crown, for
one thing, to call its own religious experts to offset the charismatics. Moreover, to
argue that there is no such thing as possession might have invited a full-blown theo-
logical argument which could potentially alienate Christian believers on the jury.
Not surprisingly, however, the defence tried to use to its own advantage this failure
on the part of the prosecution to discount the possibility of possession. In his closing
address, the leading defence barrister observed that »the Crown has never suggested
to you that she wasn’t possessed. That is something the Crown has [singularly] failed
to do. It is something which the Crown has not even attempted to do […] The Crown
has not even tried to exclude that possibility« (8,2997). Finally, the presiding judge
himself made it clear that he too was keeping an open mind about the possibility of
possession. His strategy seems to have been one of even-handedness designed to
keep the case open in the face of repeated calls by defence counsel for a mistrial.
But does even-handedness justify the following exchange (1,35):

Defence: […] here we have a woman who, on any account, was so mentally dis-
turbed that she required to be restrained.
The judge volunteered: Or possessed.

Consider also the judge’s reaction to a defence question to a police officer who de-
scribed the events that had led up to Joan Vollmer’s death as an »ordeal«. While the
judge insisted that it would have been an ordeal »on any view, wouldn’t it?«, he
went on to say that »I would have thought the ordeal being undergone, whether by
the demon or the lady, would have been considerable«, again implying that either al-
ternative was plausible and that it was matter of indifference to the court who or what
was suffering (2,645).
The Man who Mistook his Wife for a Devil 289

Significantly, this was not a matter of indifference to the jury. After sitting through
ten weeks of legal argument and ›evidence‹ that Joan Vollmer was demonically pos-
sessed and her death, while unfortunate, was a collateral effect of an exorcism, the
jury took just a few hours to return a guilty verdict for all four defendants. What re-
mains remarkable, however, is that the idea of demonic possession put by the defence
went unchallenged by the prosecution and judge in a late twentieth-century Austral-
ian criminal court.
Let us turn now to consider some of the issues this case raises. Most crucially, the
attempt by the defence to validate what the accused believed stretched credibility to
the limit in a supposedly modern secular age. This happened as a result, we suspect,
of confusion generated by the novelty of the case, the apparent desire of the judge to
ensure the case did not abort, and the degree of flexibility which the defence found
for the notion of religious expertise in a legal setting. Legal discourse granted a safe
space in which religious discourse was able to eat its way into the fabric of tradition-
al legal understandings of truth, evidence and expertise. The court provided a means
to air and validate views which are normally confined in Australia to private houses,
churches and late night television. What is most striking about this case is how far the
perceived realities of charismatic spirituality were able to penetrate a new and surpris-
ingly receptive ›host‹ environment. This attests not only to the vigour of charismatic
evangelicalism, but to its capacity to shelter under the umbrella of religious respecta-
bility, in defence of the right to bear spiritual arms. The Vollmer case is an instance
when the question of modern exorcism ceased to be a concern simply for committed
Christians – in the courtroom it became enmeshed with secular culture in a way which
problematised profoundly the relationship between religious and secular life.
This brings us to the broader question of where these events may fit into a discus-
sion about the status of secularism and of the so-called ›secularisation thesis‹. It is
now something of a chestnut to debunk the ›secularisation thesis‹ and this paper is
not another attempt to do so12. Rather, what is notable in this case is the way in which
the standing of religion in this courtroom relied ironically upon the invocation of some

12
Nor do we take a neo-secularisation stand. Nuanced models of secularisation or neo-seculari-
sation theory are developing at the same time as arguments for the abandonment of the term. See
esp. Steve BRUCE, The charismatic movement and the secularization thesis, in: Religion 28/3 (July
1998), pp. 223–232; C. John SOMMERVILLE, Secular society religious population. Our tacit rules
for using the term »secularization«, in: Journal for the Scientific Study of Religion 37/2 (June 1998),
pp. 249–253; David YAMANE, Secularization on trial. In defense of a neosecularization paradigm,
in: Journal for the Scientific Study of Religion 36/1 (March 1997), pp. 109–122, esp. pp. 117–120;
on the case for abandonment of the term, see Rodney STARK, Secularization, R.I.P., in: Sociology
of Religion 60/3 (Fall 1999), pp. 249–273. A useful history of the theory and debate is found in the
lead article in a special issue of Sociology of Religion: William H. SWATOS/Kevin J. CHRISTIANO,
Secularization theory. The course of a concept, in: Sociology of Religion 60/3 (Fall 1999), pp. 209–
228. See also Philip S. GORSKI, Historicizing the secularization debate. Church, state, and society
in late medieval and early modern Europe, ca. 1300 to 1700, in: American Sociological Review
65/1 (February 2000), pp. 138–167. Our aim is not to build models, but we note in passing the utili-
ty of the term ›secularisation‹ for examining the directions in which this case developed.
290 Sarah Ferber / Adrian Howe

of the cherished notions of the modern secular ›scientific‹ state13. Consider, for ex-
ample, the attempts of the defence teams to use the evidence of a Catholic priest and
a Assembly of God minister academic, as well as the Loudun case and the Bible, to
validate the supposed eyewitness perception of the four accused that Joan Vollmer
was demonically possessed. In effect, they were appealing to the presumptions of em-
piricism, making a gesture of deference to the notion of the legal eyewitness as the
ideal observer in scientific positivism. This was most evident in the way that Dr Watts
sought to endorse his announcement of the end of the Age of Reason and the beginn-
ing of a ›post-scientific‹ age. In many ways his scientific background made him the
perfect religious expert witness, acting as his own ›control‹. But in another way this
move undermined his claims, as he had to rely on his scientific persona to validate
his Christian experience. The Age of Reason evidently still carries some weight.
The use of the notion of ›expert religious evidence‹ in the Vollmer case derives
from the model of expertise which has evolved largely because of a perceived need in
the courts for scientific or technical explication of evidence in criminal and civil juris-
dictions. This twentieth-century development in western courts is not without flaws
(many of which relate of course to the kind of blind faith in science which some say
has been transferred from religion). In the instant case, the use of religious expertise
claimed technical status for what were essentially declarations of faith about the spir-
itual world in relation to the physical world. And the fact that the court, including
the judge and prosecution did not seek to challenge the reality of demonic possession
represents, we suggest, an extreme deference to modern western religious pluralism.
To imagine the religious discourse in this trial as simply evidence of the persis-
tence of pre-modern religious sensibilities would be to ignore the extent to which the
vocabulary of secularism was relied upon, paradoxically, to make the case for the
physical reality of supernatural phenomena. Religion manifested in this case partly
in spite of, but also through, secular and secularist frames of reference.
In the end, the question returns to the goals of exorcism. Even if one accepts that
the so-called ›exorcism‹ was done to help Joan Vollmer, it is important to note that
the punishment of demons is part of what exorcisms have historically been intended
to accomplish. It seems clear enough in this case that the four self-styled exorcists
sought to harm demons. But insofar as the notion of physical possession was never
directly challenged in the subsequent trial, the Vollmer case demonstrates the inca-
pacity of the ›secular‹ legal discourse in late-twentieth-century Australia to confront
the fact that this figment of the defendants’ imaginations was also the lethally harmed
body of a woman.

13
Keddie emphasises the importance of political and legal issues regarding the question of secu-
larisation (Nikki R. KEDDIE, Secularism and the state. Towards clarity and global comparison, in:
New Left Review 226 (November/December 1997), pp. 21–40).
The Man who Mistook his Wife for a Devil 291

Abstract

In January 1993, a woman died in a farmhouse in north-western Victoria following a


so-called ›deliverance ministry‹ performed by the woman’s husband and some neigh-
bouring farmers, all of whom were charismatic lay Christians. The death of Joan
Vollmer was to result in a major criminal trial. Ralph Vollmer and his co-accused
were convicted of serious offences ranging from false imprisonment to manslaugh-
ter, although only two were given prison sentences. Their appeals were rejected in
the Supreme Court of Victoria in 1995.
During the trial, four defence teams mounted a case that the belief that the woman
was demonically possessed was ›reasonable‹. They called upon expert religious wit-
nesses to support this case. The possibility that the victim may have been possessed
was also conceded by the prosecution, the judge, and by expert medical witnesses
called by the defence. Even religious witnesses from mainstream churches, testifying
for the prosecution, were obliged to concede the reality of demonic possession.
In the Vollmer case, religious ›witnessing‹, legal precedent, historical example and
biblical mythology became blurred indistinguishably. Two medical witnesses claimed
expertise on the reality or presence of demons, posing a challenge, we suggest, to
modern presumptions about the distinction between religious belief and science.
And, as the court allowed for the reality of supernatural beings in its reckoning of
material evidence, the case also seems to have significant implications for our un-
derstanding of the separation of church and state.
Our paper argues that the responses of the judge and prosecution to the defence’s
arguments showed the legal system to have been conceptually quite unprepared to
deal with the events in this case and, more generally, with the practices of some char-
ismatic Christians in modern western culture. Apparently holding to cherished notions
of religious freedom of expression, the court found itself unable to refute the possi-
bility of supernatural intervention as a material basis for legal argument in a trial for
manslaughter. Our paper will explore the assumptions which were made and the dis-
cursive boundaries which had to be crossed for this to occur.
The Vollmer case is an instance when the question of modern exorcism ceased to
be a concern simply for committed Christians: in the courtroom it became enmeshed
with secular culture in a way which problematised profoundly the relationship be-
tween religious and secular life. The paper is not an exercise in radical secularism,
but it does consider contemporary assumptions about the reality of the secularism
which is said to separate modern church and state. It also examines the ›Enlighten-
ment myth‹ that religion is today somehow an individual, private and rational choice.
292 Sarah Ferber / Adrian Howe

Der Mann, der seine Frau für einen Teufel hielt: Exorzismus, Expertentum und
Säkularisierung an einem australischen Strafgerichtshof Ende des 20. Jahrhunderts

Im Januar 1993 starb eine Frau in einem Farmhaus im nordwestlichen Victoria an


den Folgen eines sogenannten ›Befreiungsdienstes‹, den ihr Mann und einige benach-
barte Farmer – allesamt charismatische Laienchristen – an ihr durchgeführt hatten.
Der Tod von Joan Vollmer sollte zu einem aufsehenerregenden Gerichtsverfahren
führen. Ralph Vollmer und seine Mitangeklagten wurden mehrerer schwerer Verbre-
chen von Freiheitsberaubung bis Totschlag für schuldig befunden, wenngleich nur
zwei von ihnen Gefängnisstrafen erhielten. Ihre Berufung wurde 1995 vom Obersten
Gerichtshof von Victoria abgewiesen.
Während des Verfahrens inszenierten vier Verteidigungsteams den Fall, als wäre
die Annahme, die Frau sei vom Teufel besessen gewesen, tragbar. Um diese Behaup-
tung zu stützen, beriefen sie sich auf religiöse Experten. Die Möglichkeit einer Be-
sessenheit des Opfers wurde auch von der Anklage, dem Richter und den von der
Verteidigung berufenen medizinischen Sachverständigen eingeräumt. Selbst Zeugen,
die den großen Kirchen angehörten und für die Anklage aussagten, sahen sich ge-
zwungen, die Wirklichkeit dämonischer Besessenheit zuzugeben.
Im Fall Vollmer wurden religiöse ›Bezeugungen‹, rechtlicher Präzedenzfall, histo-
risches Beispiel und biblische Mythologie ununterscheidbar miteinander vermengt.
Zwei medizinische Sachverständige stellten Gutachten über die Wirklichkeit oder
Gegenwärtigkeit von Dämonen aus, wodurch sie – wie wir meinen – moderne An-
nahmen über den Unterschied zwischen religiöser Überzeugung und Wissenschaft in
Frage stellten. Da das Gericht die Wirklichkeit übernatürlicher Wesen bei der Bewer-
tung wichtiger Beweise berücksichtigte, scheint der Fall zudem bedeutsame Auswir-
kungen für unser Verständnis von der Trennung von Kirche und Staat zu haben.
Der Beitrag behauptet, daß die Antworten des Richters und der Anklage auf die
Argumente der Verteidigung zeigen, daß das Rechtssystem auf die Umstände des
Falles und – allgemeiner gesagt – auf die Praktiken einiger charismatischer Christen
der modernen westlichen Kultur recht unvorbereitet war. Da das Gericht offensicht-
lich an der traditionellen Vorstellung von Religionsfreiheit festhielt, sah es sich nicht
dazu in der Lage, die Möglichkeit übernatürlicher Eingriffe als gewichtige Grundlage
rechtlicher Argumentation in einem Verfahren wegen Totschlags zurückzuweisen.
Der Beitrag untersucht die zugrundeliegenden Annahmen und die diskursiven Gren-
zen, die erst überschritten werden mußten, damit es so weit kommen konnte.
Der Fall Vollmer ist ein Beispiel dafür, wann die Frage eines modernen Exorzis-
mus nicht mehr länger nur bekennende Christen betraf: Im Gerichtssaal wurde er mit
der säkularen Kultur in einer Weise vermischt, die das Verhältnis von religiösem
und säkularem Leben tiefgründig problematisierte. Der Beitrag ist keine Übung in
radikalem Säkularismus, sondern überdenkt gegenwärtige Annahmen von der Wirk-
lichkeit der Säkularisierung, von der es heißt, sie trenne moderne Kirche und Staat.
Er untersucht auch den ›Aufklärungsmythos‹, daß Religion heutzutage eine indivi-
duelle, private und rationale Wahl sei.
SAMUEL PFEIFER

Psychopathologie und Kausalattribution


Besessenheit als Metapher für psychisches Leiden

Der Abt schien ein wenig verunsichert: »Warum sprecht


Ihr so beharrlich von schlimmen Verbrechen, ohne Euch
zu ihren teuflischen Ursachen äußern zu wollen?«
»Weil das Schlußfolgern von den Wirkungen auf die Ur-
sache eine so schwierige Sache ist, daß allein Gott der
Richter sein kann. Uns Menschen fällt es bereits derma-
ßen schwer, einen ursächlichen Zusammenhang herzustel-
len zwischen einer so offenkundigen Wirkung wie etwa
dem Brand eines Baumes und dem Blitz, der ihn verbrann-
te, daß der Versuch, lange Ketten von Ursachen und Wir-
kungen zu konstruieren, mir ebenso wahnhaft erscheint,
wie der Versuch, einen Turm zu bauen, der bis zum Him-
mel reicht.«
1
Umberto Eco

Das Bedürfnis nach Kausalattributionen scheint zu den grundlegenden Neigungen


des Menschen zu gehören. Je komplexer ein Thema, je stärker es mit subjektivem
Leiden verbunden ist, je weniger es kontrollierbar ist, je mehr es zu einer schmerzli-
chen Dissonanz zwischen starken persönlichen Überzeugungen und der existentiel-
len Realität individueller Seelenqual kommt, desto eher neigt der Mensch dazu, ein
Erklärungsmodell zu konstruieren, das seine Spannungen vermindert.
Seelische Störungen sind nicht zuletzt deshalb so schwer zu bewältigen, weil sie
sich nur sehr unvollkommen erklären lassen und weil die Betroffenen sich oft außer-
stande fühlen, ihre Empfindungen und Denkmuster aktiv zu kontrollieren. Diese wä-
ren aber wesentliche Voraussetzungen für externe oder interne Kausalattributionen,
die dem Ziel dienen, das Leiden kontrollierbarer zu machen und die damit verbunde-
ne Spannung zu vermindern2.
Erklärungsmuster sind auch wichtig für die Psychotherapie. Jerome Frank3 hat da-
rauf hingewiesen, daß es allen psychotherapeutischen Schulen gemeinsam sei, ihren
Patienten eine Erklärung oder einen Mythos zu vermitteln, der die Ursachen ihres Lei-

1
Umberto ECO, Der Name der Rose, München 1982, S. 43.
2
Bernard WEINER, An attributional theory of motivation and emotion, New York 1986.
3
Jerome FRANK, Therapeutic factors in psychotherapy, in: American Journal of Psychotherapy
25 (1971), S. 350–361.
294 Samuel Pfeifer

dens erhellt und dadurch einen Weg zur Überwindung aufzeigt. Um effektiv zu sein,
müsse der »therapeutische Mythos« kompatibel mit der kulturellen Weltanschauung
sein, die von Patient und Therapeut geteilt werde. Die Geschichte der Psychothera-
pie ist im Grunde genommen eine Geschichte attributiver Erklärungssysteme mit dem
Ziel von Verständnis und Heilung für psychisch Leidende.
Die neuere Literatur über Psychopathologie und Besessenheit hat gezeigt, daß der
Glaube an dämonische Einflüsse auch in der Gegenwart in vielen Kulturen sehr ver-
breitet ist4. In der arabischen Umgangssprache wird noch heute ein Mensch mit einer
psychischen Krankheit als madschnun, also von einem dschinn besessen, bezeichnet.
Während über die katholische Lehre von der Besessenheit umfangreiches Material
vorliegt, scheint die Tatsache wenig bekannt, daß sich auch im protestantischen Raum
eine weitverbreitete Vorstellung von dämonischen Ursachen psychischer Probleme
findet.
Der bekannteste Bericht über einen Exorzismus im evangelischen Umfeld wurde
im Jahre 1844 von Johann Christoph Blumhardt5 veröffentlicht, einem lutherischen
Pfarrer mit pietistischer Tradition. Im Fall der jungen Lehrerin Gottliebin Dittus do-
kumentierte er detailliert die dramatischen Manifestationen der »Besessenheit« und
den Prozeß des Exorzismus, der sich über zwei Jahre hinzog. Sie wurde schließlich
von ihrem Leiden erlöst und führte seither ein ruhiges Leben ohne weitere dämoni-
sche Belästigungen. Der Fall stimulierte über hundert Jahre hinweg theologische und
psychologische Debatten. Der Basler Psychoanalytiker Gaetano Benedetti6 interpre-
tierte die Symptome als komplexe Manifestation einer hysterischen Konversionsneu-
rose und bescheinigte Blumhardt ein umsichtiges Vorgehen mit psychodynamisch
hilfreichen Interventionen.
Blumhardts offizieller Bericht an den Bischof erzielte breite Aufmerksamkeit und
führte viele dazu, psychische Probleme als dämonen-induzierte Phänomene zu be-
trachten, die einer ›Lossprache‹ bedurften. Als Reaktion darauf hat H. Werner7 ein
Büchlein publiziert, das Theologen aus psychiatrischer Sicht helfen sollte, psychi-
sche Störungen (»Irresein«) von Besessenheit zu unterscheiden. Seine Schlußfolge-
rung: »Irresein ist nicht Besessenheit, sondern Besessenheit ist Irresein.« Dennoch
glauben immer noch viele Menschen in evangelischen Kirchen und Freikirchen an
die Lehre von der ›okkulten Belastung‹ und sehen die Ursachen psychischer Schwie-
rigkeiten in einer dämonischen Beeinflussung. Im Grunde handelt es sich um eine
Laien-Theorie der Psychopathologie innerhalb eines protestantischen Glaubens, der
theologisch aber weit über die vorhandenen Texte im Neuen Testament hinausgeht.

4
Colleen A. WARD (Hrsg.), Altered states of consciousness and mental health. A cross-cultural
perspective, London 1989.
5
Johann Christoph BLUMHARDT, Blumhardts Kampf. Die Krankheits- und Heilungsgeschichte
der G. Dittus in Moettlingen, Stuttgart 1844, 151975.
6
Gaetano BENEDETTI, Blumhardts Seelsorge in der Sicht heutiger psychotherapeutischer Kennt-
nis, in: Reformatio 9 (1960), S. 474–487, 531–539.
7
H. WERNER, Irresein und Besessensein. Eine Handreichung der Psychiatrie an die Theologie,
Bonn 1867, S. 34.
Psychopathologie und Kausalattribution 295

Die Kriterien zur Feststellung einer ›okkulten Belastung‹ beinhalten nicht nur Ver-
haltensänderungen, sondern auch Informationen über den Familienhintergrund und
die Vorgeschichte der betroffenen Person, inwieweit sich diese auf ›okkulte Prakti-
ken‹ eingelassen habe. Eine breite Darstellung dieser Vorstellungen findet sich in
dem Werk des evangelischen Theologen Kurt Koch8.

Kausalattribution und Krankheitsverarbeitung

Die Art der Kausalattribution hat einen wesentlichen Einfluß darauf, wie der Mensch
sich und seine Umwelt sieht. Bernard Weiner9 unterscheidet vier Attributionsfakto-
ren in zwei Dimensionen: Da ist einmal der Locus of control, der unterteilt wird in
interne (Fähigkeit, Anstrengung) und externe Kontrolle (Schwierigkeiten, Zufall).
Zum zweiten ist die Stabilität wesentlich für die Einordnung des Geschehens. Diese
wird wiederum unterteilt in stabil (Fähigkeit, Anstrengung) und variabel (Schwierig-
keiten, Zufall).
Sind die Ursachen für persönliche Probleme überschaubar, so ist es viel leichter
für einen Menschen, diese zu bewältigen. Fühlt er sich ihnen ausgeliefert (extern, in-
stabil), so resultiert daraus Hoffnungslosigkeit und das Bedürfnis nach magischen Lö-
sungen zur Stabilisierung.
Manfred C. Angermeyer und Dietrich Klusmann10 untersuchten die Ursachenzu-
schreibungen von Patienten mit funktionellen Psychosen, wobei u.a. auch mögliche
esoterische Ursachen erfragt wurden (Mangel an Vitaminen, Umweltverschmutzung,
Besessenheit durch böse Geister, schädliche Erdstrahlen, Bestrafung durch Gott und
ungünstiges Horoskop). Im offenen Interview erwähnte nur etwa ein Prozent der 198
Patienten eine solche Annahme. Im strukturierten Fragebogen sahen aber 54,9 %
solche esoterischen Ursachen als »mögliche« Ursache ihrer Erkrankung, 22,3 % so-
gar als »wahrscheinliche/sehr wahrscheinliche« Ursache. 3,1 % sahen in einer »Be-
sessenheit durch böse Geister« eine »wahrscheinliche/sehr wahrscheinliche« Ur-
sache, 10,9 % eine »mögliche« Ursache.

Eigene Untersuchungen

Im folgenden möchte ich eine eigene Untersuchung an 343 psychiatrischen Patien-


ten vorstellen, die ich in einem Zeitraum von 10 Jahren untersucht habe. Viele wa-
ren von Seelsorgern überwiesen worden, die Seminare zum Thema »Psychiatrie und

8
Kurt KOCH, Seelsorge und Okkultismus, Basel 251982.
9
WEINER (wie Anm. 2).
10
Manfred C. ANGERMEYER/Dietrich KLUSMANN, The causes of functional psychoses as seen
by patients and their relatives, Teil 1: The patients’ point of view, in: European Archives of Psychi-
atry and Neurologic Sciences 238 (1988), S. 47–54.
296 Samuel Pfeifer

Seelsorge« besucht hatten. Alle Patienten beschrieben sich selbst als ›gläubig‹, defi-
niert nach folgenden Kriterien:

a) Sie äußerten, daß der Glaube ein wichtiger Faktor in ihrem Leben sei.
b) Sie gaben an, daß regelmäßiges Gebet, Bibellesen und Kirchenbesuch wichtig für
sie seien.
c) Sie betonten ihren Wunsch, einen Psychiater aufzusuchen, der ihrem Glauben ge-
genüber verständnisvoll sei.

Nicht wenige dieser Patienten fragten mich spontan, was ich über eine mögliche dä-
monische Verursachung ihres Leidens dächte. Manche berichteten mir von Gebeten
und Ritualen, von denen sie sich Befreiung von ›okkulter Belastung‹ erwartet hatten.
Ich wurde durch diese Berichte angeregt, religiöse Patienten regelmäßig über derar-
tige Erfahrungen und Vorstellungen zu befragen. Wenn diese nicht spontan geäußert
wurden, verwendete ich folgende Formulierung: »Sie haben erwähnt, daß der Glau-
be für Sie wichtig sei. Darf ich Sie etwas fragen: Manche Christen denken, daß ihre
Probleme durch einen okkulten oder dämonischen Einfluß verursacht würden. Haben
Sie jemals eine solche Vermutung über Ihre Probleme gehört oder denken Sie, daß
ein solcher Faktor der Grund für Ihre Probleme sein könnte?« Wurde die Frage posi-
tiv beantwortet, so lautete meine nächste Frage: »Manche Christen denken, es sei
wichtig, Befreiung von einer solchen Belastung zu suchen. Haben Sie jemals um ein
solches Befreiungsgebet nachgesucht oder sich einem Befreiungsdienst unterzogen?«
Oftmals gaben die Patienten dann detaillierte Beschreibungen der Gebete oder Ritu-
ale (auch ›Befreiungsdienst‹ genannt). Um aber die Patienten nicht auf die Thematik
des Dämonischen zu fixieren, wurde keine intensivere Befragung durchgeführt.
Die demographischen Daten und die Diagnosen wurden bei der ersten Konsulta-
tion bzw. aus den Akten erhoben. Bezüglich der Kirchenzugehörigkeit wurde darauf
geachtet nachzufragen, welche Kirche, Gemeinde oder Gruppe die Patienten regel-
mäßig besuchten (dies wich oft von der offiziellen Kirchenzugehörigkeit ab). Es wird
zwischen vier Zugehörigkeitsgruppen unterschieden:

RCC = Römisch Katholische Kirche


SRC = Schweizerische Reformierte Kirche
TFC = Traditionelle Freikirche
CFC = Charismatische Freikirche

Als Diagnose wurde die Hauptdiagnose gewählt, die anhand des DSM-III und DSM-
III-R erstellt wurde. Hier wurden fünf Kategorien gebildet:

a) PSY (psychotische bzw. schizophrene Störungen)


b) MOOD (depressive Störungen)
c) ANX (Angststörungen inklusive Panik- und Zwangsstörungen)
d) PERS (Persönlichkeitsstörungen)
e) ADJ (Anpassungsstörungen)
Psychopathologie und Kausalattribution 297

Weitere methodische und demographische Details finden sich bei Pfeifer11. Hier sei-
en nur die Hauptresultate referiert: Die Untersuchungsgruppe bestand aus 114 Män-
nern und 229 Frauen (insgesamt 343) im Alter von 16 bis 70 Jahren (Durchschnitt
34,8 Jahre, SD = 11,4). Die Kirchenzugehörigkeit war vorwiegend evangelisch, wo-
bei 111 Patienten sich zur SRC zählten, 28 zur RCC (Landeskirchen). 164 Patienten
zählten sich zu traditionellen Freikirchen und 40 waren Mitglieder charismatischer
Freikirchen.
129 der 343 Patienten (37,6 %) glaubten an eine mögliche dämonische Verursa-
chung ihrer Probleme. 104 Patienten (30,3 % des ganzen Samples) suchten Hilfe durch
ein Befreiungsgebet oder ein Befreiungsritual. Patienten, die an eine okkulte Kausali-
tät glaubten, waren signifikant häufiger aus ländlichen Gegenden und hatten einen
niedrigeren Ausbildungsgrad. Rituelle Gebete um Befreiung waren signifikant kor-
reliert mit der Kirchenzugehörigkeit, wo die größte Häufigkeit bei Mitgliedern der
CFC zu finden war (52,0 %). Insgesamt stellte sich eine deutlich höhere Tendenz in
freien Kirchen heraus, psychische Probleme als dämonisch verursacht zu betrachten.
Die Abbildung zeigt die Häufigkeit dämonischer Kausalattributionen und Freibe-
tungsrituale in bezug zu den diagnostischen Kategorien.

Glaube an dämonische Kausalität bei


verschiedenen Krankheitsbildern

60
Nicht-wahnhafte Störungen Dämonische
50 Kausalität

Befreiungs-
40 rituale

% 30

20 PSY = Psychosen
MOOD = Depressionen
ANX = Angststörungen
10
PERS = Persönlichkeitsstörungen
ADJ = Anpassungsstörungen
0
PSY MOOD ANX PERS ADJ

Die Häufigkeit dämonischer Kausalattributionen mag auf den ersten Blick hoch er-
scheinen. Berücksichtigt man aber die Tatsache, daß nur tiefreligiöse Patienten unter-
sucht wurden, so findet man in einer soziologischen Untersuchung von Alfred Dubach
und Roland J. Campiche12, daß in der Schweiz ca. 7,0 % dieser Gruppe zuzuordnen
11
Samuel PFEIFER, Belief in demons and exorcism. An empirical study of 343 psychiatric pa-
tients in Switzerland, in: British Journal of Medical Psychology 67 (1994), S. 247–258.
12
Alfred DUBACH/Roland J. CAMPICHE (Hrsg.), Jeder ein Sonderfall? Religion in der Schweiz,
Zürich 1993.
298 Samuel Pfeifer

sind. Wenn also 129 von 343 Patienten an eine dämonische Kausalität glaubten, so
ergibt dies einen Prozentsatz von 2,6 % der Bevölkerung, was sich sehr gut mit an-
deren Untersuchungen in Einklang bringen läßt13.
In den psychiatrischen Diagnosemanualen wird Besessenheit selten erwähnt, und
wenn, dann primär im Zusammenhang mit wahnhaftem Denken oder bei der ›Multi-
plen Persönlichkeitsstörung‹14, die heute eher als ›Dissoziative Identitätsstörung‹ be-
zeichnet wird. Immerhin wird in letzter Zeit mehr Gewicht auf eine »kulturelle Sensiti-
vität« gelegt15, die auch in der vierten Revision des ›Diagnostischen und Statistischen
Manuals Psychischer Störungen‹ (DSM-IV) ihren Ausdruck findet.
Allerdings korrespondieren die Patienten-Vorstellungen über dämonische Einflüs-
se nicht immer mit den Kriterien für eine Besessenheit im engeren Sinne. Sie schei-
nen eher ein Versuch zu sein, Erklärungen für die belastende Erfahrung von Angst,
Depression und körperlichen Mißempfindungen im Rahmen ihrer religiösen Über-
zeugungen zu entwickeln. So fand sich in meiner Untersuchung kein spezifisches
kulturgebundenes Syndrom, zumal die Zustandsbilder der Patienten sehr wohl nach
den Traditionen psychiatrischer Nosologie diagnostiziert werden konnten.

Diagnose und dämonische Kausalattribution

Überraschend war allerdings, daß sich dämonische Kausalattributionen nicht nur bei
wahnhaften Patienten in hohem Maße fanden, sondern in allen diagnostischen Grup-
pen. Je intensiver das Gefühl eines von außen einwirkenden Einflusses, desto häufi-
ger kam es zur Vermutung eines ›okkulten‹ Geschehens. Es soll nun ein kurzer Abriß
über die Besonderheiten der einzelnen diagnostischen Gruppen gegeben werden.
a) Psychotische bzw. schizophrene Störungen: Bei schizophrenen Patienten
fanden sich in der Tat vielfältige Wahnideen, die auch die Vorstellung vom Satan
und den Dämonen enthielten. Viele Patienten und ihre Angehörigen suchten aber für
ihre Krankheitserfahrung auch nach Erklärungen ohne wahnhaften Überbau. Es
scheint also wichtig zu sein, zwischen Wahnideen, überwertigen Ideen und religiö-
sen Vorstellungen zu unterscheiden.
b) Depressive Störungen: Trotz der breiten Aufklärung über die Natur depressi-
ver Störungen und die Möglichkeiten einer medikamentösen Behandlung vermutete
etwa ein Viertel der depressiven Patienten auch eine spirituelle Ursache. So wurde
beispielsweise der depressiv bedingte Verlust von Energie, Interesse und Freude an
religiösen Aktivitäten als Zeichen eines dämonischen Einflusses gewertet, besonders

13
ANGERMEYER/KLUSMANN (wie Anm. 10).
14
Colin A. ROSS, Multiple personality disorder. Diagnosis, clinical features, and treatment,
New York 1989; James G. FRIESEN, Uncovering the mystery of MPD. Its shocking origins, its sur-
prising cure, San Bernardino (CA) 1991.
15
David LUKOFF/Francis LU/Robert TURNER, Towards a more culturally sensitive DSM-IV.
Psychoreligious and psychospiritual problems, in: Journal of Nervous and Mental Disorders 180
(1992), S. 673–682.
Psychopathologie und Kausalattribution 299

in charismatischen Gruppen, wo die Betonung auf den emotionalen Beweis des Kon-
taktes mit Gott gelegt wird (»den Herrn erfahren«).
c) Angststörungen (inklusive Panik- und Zwangsstörungen): Hier fand sich ei-
ne erstaunlich hohe Zahl dämonischer Kausalattributionen. Dies wird verständlich,
wenn man daran denkt, daß ich-fremde, ja sogar blasphemische Zwangsgedanken für
die Betroffenen sehr belastend sind und deshalb rasch als dämonische ›Anfechtung‹
interpretiert werden. Dasselbe gilt für Panikattacken mit intensiven Körpermißem-
pfindungen, die von den Betroffenen als fremd, unkontrollierbar und lebensbedroh-
lich erlebt werden.
d) Persönlichkeitsstörungen: Okkulte Attributionen waren besonders häufig bei
Patienten mit histrionischen (früher: hysterischen) und Borderline-Persönlichkeits-
störungen. Dies entspricht vielen historischen Berichten, wo hysterisches Verhalten
besonders häufig Anlaß gab, eine Besessenheit zu vermuten. Eine Fallvignette soll
illustrieren, wie sich ein solches Zustandsbild äußern kann:

»J.G., eine 36-jährige katholische Ordensfrau, hochintelligent mit einem Universi-


täts-Abschluß, ohne religiösen Hintergrund in ihrer Herkunftsfamilie. Die Border-
line-Diagnose ergibt sich aus folgenden Symptomen: schon seit der Adoleszenz
emotionale Instabilität mit häufigen Stimmungsschwankungen, Reizbarkeit, Angst,
Schlafstörungen, häufigen Wutausbrüchen, gefolgt von intensiver Reue. Die Pati-
entin trat dem Schwesternorden bei, um inneren Frieden zu finden und sich selbst
der Disziplin zu unterwerfen. Jedoch kam es bald zu intensiven Konflikten mit ih-
ren Vorgesetzten und Mitschwestern, manchmal mit unangemessenen Wutausbrü-
chen, dann wieder mit ausgeprägten depressiven Zuständen und Selbstverletzungen
im Sinne von Suizidandeutungen. Der Orden wurde durch die katholisch-charisma-
tische Bewegung beeinflußt, und das Verhalten wurde als ›dämonische Umsessen-
heit‹ gedeutet (nicht als Besessenheit im engsten Sinne des Wortes). Die Patientin
unterzog sich verschiedenen exorzistischen Ritualen mit einer Mischung aus echter
Hoffnung auf Befreiung und einer masochistischen Neigung, mit der sie sich den
exorzistischen Beschimpfungen der ›Dämonen‹ in ihr aussetzte. Nachdem sich der
Zustand nicht verbesserte, wurde sie in ein anderes Kloster versetzt, wo es nach
weiteren Problemen zu einem ernsthaften Suizidversuch kam, der zu einer psychi-
atrischen Konsultation führte.«

Gerade bei sexuellen Konflikten kommt es häufig zu dämonischen Attributionen.


Parallelen finden sich in einem Bericht über Verhexungsideen bei süditalienischen
Gastarbeitern in der Schweiz16. Diese entwickelten sich insbesondere, wenn sie sich
trotz kultureller und religiöser Tabus sexuell von einer Frau angezogen fühlten. Die
Attribution eines dämonischen Einflusses kann also gedeutet werden als unbewußte
Form der Verleugnung von Trieben und Verhaltensweisen, die in der religiösen Kul-
tur nicht akzeptabel sind und auch den persönlichen Idealen widersprechen. Ein zu-
sätzliches Gefühl eines ich-fremden Einflusses ist die suchtartige Intensität, die sich
bei sexuellem Verlangen entwickeln kann und anscheinend der bewußten Kontrolle

16
Mario RISSO/Wolfgang BOEKER, Delusions of witchcraft. A cross-cultural study, in: British
Journal of Psychiatry 114 (1968), S. 963–972.
300 Samuel Pfeifer

entzogen ist. Ähnliche dämonische Interpretationen finden sich auch in bezug auf Dro-
genabhängigkeit in evangelischen Drogen-Rehabilitations-Programmen, wo man dann
nach ›okkulten‹ Ursachen fahndet und entsprechende Befreiungsrituale durchführt.
e) Anpassungsstörungen: Hierbei handelt es sich um Störungen, bei denen die
psychosozialen Auslöser deutlich hervortreten und den Patienten bewußt sind. Er-
klärbar werden die dämonischen Attributionen, wenn man bedenkt, daß in charisma-
tischen Kreisen jede Widrigkeit des Lebens als Satans Wirken verstanden wird. Eine
eindrückliche Beschreibung der charismatischen Dämonologie findet sich in einer
soziologischen Studie von Thomas Csordas17. Konflikte mit anderen Menschen wer-
den dann als geistlicher Konflikt gedeutet, speziell wenn die Einstellungen und Ver-
haltensweisen der anderen Person theologisch inkongruent mit den Lehren einer
Gruppe sind.
Oft ist die Überzeugung, dämonisch belastet zu sein, keine feste Überzeugung.
Sie bildet viel eher ein Element in einem Mosaik verschiedener Krankheitsüberzeu-
gungen, ein religiöses Element im Rahmen der »health-seeking pathways«18. Wenn
die exorzistischen Rituale ohne Erfolg bleiben, kommt es nicht selten zur Enttäu-
schung und zur Abkehr von diesen Vorstellungen. Oft kann auch eine umfassende
therapeutische und medikamentöse Behandlung den Betroffenen klarmachen, daß
sie damit mehr Lebensqualität haben, ohne notwendigerweise auf eine persönliche
Religiosität zu verzichten.
Obwohl bisher vor allem Fälle beschrieben worden sind, in denen religiöse Pati-
enten eine dämonische Ursache annahmen, ist es wichtig zu betonen, daß viele nicht
an eine solche dämonische Beeinflussung glaubten, unabhängig von ihrer Kirchen-
zugehörigkeit.
Der Krankheitsverlauf schien, zumindest in der von mir untersuchten Patienten-
gruppe mit ausgeprägtem Schweregrad, durch die Befreiungsrituale nicht beeinflußt
worden zu sein. Parallelen zu diesem Befund finden sich auch in Berichten über Heil-
rituale in anderen Kulturen19. Nichtsdestotrotz gibt es je nach Durchführung des Ri-
tuals und je nach dem Zustand eines Patienten Berichte von positiven Erfahrungen
und Funktionen im subkulturellen Umfeld des Patienten20. In der hier untersuchten
Gruppe war eine positive Erfahrung verbunden mit einer ruhigen, ermutigenden At-
mosphäre, die nicht einzig auf eine dämonen-induzierte Pathologie fixiert war, son-
dern daneben auch andere Erklärungsmodelle zuließ, die Konsultation eines Arztes

17
Thomas CSORDAS, The sacred self. A cultural phenomenology of charismatic healing, Berke-
ley 1994.
18
Lloyd H. ROGLER/Dharma E. CORTES, Help-seeking pathways. A unifying concept in mental
health care, in: American Journal of Psychiatry 150 (1993), S. 554–561.
19
Kaja FINKLER, Non-medical treatments and their outcomes, in: Culture, Medicine and Psychia-
try 4 (1988), S. 271–310.
20
Ezra E.H. GRIFFITH, The significance of ritual in a church-based healing model, in: American
Journal of Psychiatry 140 (1983), S. 568–572; Dennis L. BULL/Joan W. ELLASON/Colin A. ROSS,
Exorcism revisited. Positive outcomes with Dissociative Identity Disorder, in: Journal of Psycholo-
gy and Theology 26 (1998), S. 188–196.
Psychopathologie und Kausalattribution 301

und die Einnahme von Medikamenten ermutigte und verbunden war mit einer tra-
genden Seelsorge-Beziehung, die geistliche und praktische Unterstützung vermittelte.
Negative Erfahrungen waren verbunden mit einer streng dogmatischen und autoritä-
ren Haltung des Heilers, mit der Fokussierung auf Dämonen allein (unter Ausschluß
anderer Modelle), wiederholten und lang dauernden exorzistischen Sitzungen in ei-
ner emotional aufgeladenen Atmosphäre, in der angebliche Dämonen angeschrieen
und ausgelacht wurden. In einigen seltenen Fällen wurden solche Praktiken mit kör-
perlichen Handlungen verbunden, die dazu dienen sollten, den dämonischen Einfluß
wegzuwaschen (ein Fall) oder bei denen intime Körperbereiche berührt wurden, was
einer sexuellen Grenzüberschreitung gleichkam (drei Fälle). Negative Erfahrungen
traten auf, wenn sich die Symptome nicht besserten und die Patienten zusätzliche
Schuldgefühle, Ängste und Verzweiflung entwickelten. Oftmals wurden unspezifi-
sche Gefühls- und Körperreaktionen (z.B. Zittern, Kloßgefühl im Hals) als Beweis
dämonischer Aktivität gedeutet, was die Angst noch erhöhte. Besonders bei psycho-
tischen Zustandsbildern, die nicht erkannt wurden, bestand die Gefahr der Verschlim-
merung mit nachfolgender psychiatrischer Hospitalisation21. Eindrückliche Parallelen
solcher Negativerfahrungen wurden bei Teilnehmern von emotional aufwühlenden
und/oder autoritär geführten Gruppenpsychotherapien berichtet22.

Das Spektrum dämonischer Diagnostik und Rituale

Die diagnostischen Vorgehensweisen zur Feststellung einer dämonischen Beeinflus-


sung (›okkulte Belastung‹) variieren je nach theologischem Hintergrund des Pfarrers,
Heilers oder Exorzisten. Oftmals werden Checklisten angewendet, die frühere okkul-
te Betätigungen oder aktuelle spirituelle Blockaden aufzählen23. Manche Exponen-
ten charismatischer Freikirchen (CFC) gehen noch weiter. Hier läßt sich eine Tendenz
feststellen, jeden unerwünschten Persönlichkeitszug zu dämonisieren, so daß man
Dämonen der Angst, des Stolzes oder der Lust findet. Patienten, welche diese Ter-
minologie für sich anwenden, sehen hinter jeder ›ungeistlichen‹ Regung den Satan.
Menschen mit einer stabilen Persönlichkeit können mit derartigen Zuschreibungen
leben, aber Menschen, die ängstlich, abhängig, zwanghaft oder gar psychosenah sind,
erleben eine derartige Seelsorge nicht als befreiend, sondern als zusätzlichen Hinweis
auf ihren mangelnden Glauben.
Von meinen Patienten wurden mir vier Formen der Diagnose beschrieben:

21
Andrew SIMS, Demon possession. Medical perspective in a western culture, in: Bernhard
PALMER (Hrsg.), Medicine and the Bible, Exeter 1986, S. 165–189.
22
Irvin D. YALOM/Morton A. LIEBERMAN, A study of encounter group casualties, in: Archives
of General Psychiatry 25 (1971), S. 16–30.
23
Rodger K. BUFFORD, Demonic influence and mental disorders, in: Journal of Psychology and
Christianity 8 (1989), S. 35–48.
302 Samuel Pfeifer

a) Selbsteinschätzung psychologischer und somatischer Symptome (z.B. Schlaf-


losigkeit, Alpträume, Angstzustände, sich aufdrängende Zwangsgedanken und
-handlungen sowie begleitende funktionelle körperliche Symptome wie Hitze-
wallungen oder Druck auf der Brust).
b) Anwendung von Checklisten auf frühere ›okkulte Sünden‹ (z.B. Wahrsagerei,
Lesen von okkulter Literatur oder das Hören von Heavy-Metal-Musik).
c) Die Konsultation eines ›Experten‹ (einer Person, die die Gabe der Geisterunter-
scheidung habe). Diese verwenden oft Visionen (›geistgewirkte‹ innere Bilder),
prophetische Worte und hochsuggestive Fragen, um dämonischen Einfluß fest-
zustellen.
d) In seltenen Fällen wurde der direkte Dialog mit Dämonen gesucht. Die Dämo-
nen werden angeschrieen und es wird ihnen befohlen, ihren Namen und ihre
Funktion preiszugeben. Psychophysiologische Symptome wie Zittern, Hitzege-
fühle oder Schwächezustände während derartiger Rituale werden als weiterer
Beweis für dämonische Aktivität gedeutet.

Befreiungsrituale

In der protestantischen Praxis der Befreiung von dämonischen Mächten lassen sich
mehrere Ansätze beobachten24. Dabei muß betont werden, daß nicht alle diese Gebe-
te und Rituale als Exorzismus im engeren Sinne verstanden werden, sondern eher als
ein Weg, dämonischen Einfluß abzuwehren, die Seele zu reinigen und Schutz zu ver-
mitteln. Es gibt vier Typen ritueller Gebete, geordnet nach ihrer Intensität:

a) Einfaches, stilles Gebet um Befreiung, das von einer Laienperson oder einem
Pfarrer gesprochen wird: Gott wird gebeten, die okkulten Sünden der Person
und ihrer Vorfahren zu vergeben und sie von dem Einfluß dämonischer Kräfte
zu befreien und weiterhin zu schützen. Meist ist das Gebet Teil eines weiterge-
henden Seelsorgeprozesses, der nicht nur dämonisiert, sondern praktische psy-
chosoziale Hilfe vermittelt. Die Ratsuchenden werden ermutigt, die bösen Geister
nicht mehr zu fürchten, selbst wenn sie weitere Anfechtungen oder seelische
Probleme erleben sollten.
b) »Die Ältesten rufen« (nach Jakobus 5): Dies ist eine formellere und intensivere
Form des Befreiungsgebetes, allerdings immer noch im Kontext der Gemeinde.
Die Ältesten werden gerufen, wenn einfache Gebete keine ausreichende Symp-
tomlinderung gebracht haben. Da die betroffene Person zum Zentrum der Auf-
merksamkeit in einer Gruppe wird, spielen wahrscheinlich suggestive Faktoren
eine nicht zu unterschätzende Rolle. Die Gebete können aber auch hier ganz ru-
hig sein, und den Ratsuchenden wird suggeriert, die Bindung sei jetzt gelöst und
Jesus der Herr.
24
Sydney H.T. PAGE, The role of exorcism in clinical practice and pastoral care, in: Journal of
Psychology and Theology 17 (1989), S. 121–131.
Psychopathologie und Kausalattribution 303

c) Die Konsultation einer »begabten, erfahrenen oder gesalbten« Person ist ein
weiterer Schritt, vergleichbar mit einem schwierigen Fall in der Medizin, der
zuerst dem Hausarzt, dann dem Spezialisten und schließlich dem Professor vor-
gestellt wird. Die Praktiken dieser ›Experten‹ variieren und enthalten oft ein be-
trächtliches suggestives Potential. Während manche eher pragmatisch und unter-
stützend sind, neigen andere (viele von ihnen ohne klaren Bezug zu einer Kirche
oder Freikirche) zu sehr autoritärem Verhalten mit verschrobenen Bibelausle-
gungen zum Beweis dämonischer Einflüsse.
d) Exorzistische Rituale im strengen Sinne des Wortes, aber auch die Feststellung
einer Besessenheit im engeren Sinne scheinen im evangelischen Raum in der
Schweiz selten zu sein. Allerdings haben mir einige Patienten ausgedehnte Sit-
zungen und intensive Gebete durch mehrere Personen, meistens Männer, be-
schrieben. Dabei wurden die vermeintlichen Dämonen angeschrieen, verspottet
und erhielten den Befehl, aus der betroffenen Person auszufahren. Manchmal
werden diese Rituale mit Handauflegung verbunden, nicht nur auf den Kopf,
sondern auch an intimere Stellen des Körpers, um Dämonen von denjenigen
Stellen zu vertreiben, wo sie sich durch körperliche Beschwerden (z.B. Druck
auf der Brust, Unterleibsschmerzen) bemerkbar machten.

Therapeutischer Umgang mit spirituellen Deutungen

Die Konstruktion der Bedeutung vor dem Hintergrund gemeinsamer kultureller


Werte ist ein universales Phänomen25. Oftmals sind Ärzte und alternative Heiler Part-
ner im Gesundheitswesen, ohne daß sie es voneinander wissen. Es erscheint deshalb
wichtig, von solchen Kausalattributionen zu wissen, selbst wenn sie auf den ersten
Blick mit medizinischen und psychologischen Modellen inkompatibel erscheinen.
Die beschriebenen Vorstellungen und Praktiken sind religiöse Formen alternativen
Heilens, die ihren festen Platz in den facettenreichen Aspekten der postmodernen
Kultur des Westens haben26. In ihrem hilfesuchenden Verhalten (help seeking behav-
iour) konsultieren viele religiöse Patienten den Arzt und den christlichen Seelsorger
und verbinden Medikamente mit Gebeten um die Befreiung von dämonischen Mäch-
ten.
Psychiater und Psychotherapeuten sollten diese Vorstellungen kennen. Eine ver-
ständnisvolle Haltung mit vorurteilsfreiem Respekt für religiöse Werte hilft oftmals,
die Tür zu anderen Modellen zu öffnen und vielleicht besser damit umzugehen. Hier
sind einige Stichworte, die mir besonders wichtig erscheinen:

25
Arthur KLEINMAN/Leon EISENBERG/Byron GOOD, Culture, illness, and care. Clinical lessons
from anthropologic and cross-cultural research, in: Annals of Internal Medicine 88 (1978), S. 251–
258.
26
Leon EISENBERG u.a., Unconventional medicine in the United States, in: New England Jour-
nal of Medicine 328 (1993), S. 246–352.
304 Samuel Pfeifer

a) Einfühlung in das Leiden des Patienten und Offenheit für seine religiöse Welt
b) Zusammenarbeit mit dem Seelsorger (falls möglich)
c) Psychoedukation: Einschränkung des spirituellen Lebens durch psychische
Krankheit (z.B. Depression)
d) Reframing: Spiritualität als Teil eines umfassenderen Krankheits- und Bewälti-
gungsmodells
e) Spirituelle Deutung als Hilfe oder als Last? Unterstützung oder Gruppendruck?
f) Nutzen biblischer Bilder und Metaphern (mit Bedacht; keine Streitgespräche!)
g) Manchmal: »Agree to disagree«, und dennoch zur Verfügung stehen, wenn Not
da ist.

Besonderes Augenmerk ist denen zu widmen, die ein therapeutisches Versagen sol-
cher Rituale erlebt haben. Wenn man den Wert einer Kirche oder Gruppe für die Le-
bensbewältigung eines Menschen evaluiert, so sollte man unterscheiden zwischen
hilfreichen Faktoren (z.B. Gemeinschaftsgruppen oder regelmäßige unterstützende
Seelsorge durch den Pastor) und schädlichen Einflüssen (insbesondere rigide und
autoritär einengende Formen der Seelsorge).
Die therapeutische Arbeit mit religiösen Patienten fordert oft dazu heraus, ein ge-
meinsames Modell der Sinnhaftigkeit und der Bewältigung zu entwickeln, das dieje-
nigen Anteile des religiösen Lebens eines Patienten (seinen subkulturellen Kontext)
einschließt, die seinen Bedürfnissen zuträglich sind27. Der Arzt wird konsultiert, um
ein Übersetzer des Unerklärlichen und Bedrohlichen zu sein: »Die Entscheidung,
medizinischen Rat zu suchen, ist die Bitte um Interpretation […] Patient und Arzt
rekonstruieren miteinander die Bedeutung eines Ereignisses in einer gemeinsamen
Mythpoesis […] Wenn die Puzzle-Teile ihren Platz finden; wenn subjektive Erfah-
rung und ärztliche Interpretation sich annähern; wenn der Patient eine kohärente ›Er-
klärung‹ erhält, in der er sich nicht mehr als Opfer des Unerklärlichen und Unkon-
trollierbaren fühlt, dann, ja dann sind seine Symptome in der Regel ausgetrieben.«28

Abstract

Psychisches Leiden kann so quälend werden, daß die betroffene Person es als fremd
und von außen gemacht erlebt. Je nach kulturellem und religiösem Hintergrund kann
die Ursache in dämonischen Kräften gesehen werden. Besonders häufig ist eine sol-

27
Arthur KLEINMAN, The illness narratives. Suffering, healing, and the human condition, New
York 1988.
28
Leon EISENBERG, The phycisian as interpreter. Ascribing meaning to the illness experience,
in: Comprehensive Psychiatry 22 (1981), S. 239–300, Zitat S. 245.
Psychopathologie und Kausalattribution 305

che Kausalattribution bei paranoiden Psychosen zu beobachten, sie tritt aber auch
bei Ängsten, Depressionen, Persönlichkeitsstörungen oder uneingestandenen Trieb-
regungen auf. Die Diskrepanz zwischen Lebensideal und subjektivem Leiden wird
dann dämonisch gedeutet.
In einer eigenen empirischen Studie bei 343 vorwiegend protestantischen Patien-
ten, die sich selbst als religiös bezeichneten, fand sich bei 37,6 % eine dämonologi-
sche Kausalattribution. Bei 30,3 % wurde Hilfe durch rituelle Gebete um Befreiung
(mit mehr oder weniger exorzistischem Gepräge) gesucht. Es werden die Funktion
dieser dämonischen Attributionen und der damit verbundenen Befreiungsrituale be-
schrieben. Oftmals handelt es sich nicht um festgelegte Überzeugungen, sondern um
subjektive Deutungsmuster, die parallel zu anderen, medizinisch geprägten Erklä-
rungsmodellen bestehen. Obwohl viele Patienten Befreiungsrituale als positiv erleb-
ten, konnte aus ärztlicher Sicht kaum eine Verbesserung der krankheitsbedingten
Symptomatik beobachtet werden. Schädliche Auswirkungen wie z.B. eine psychoti-
sche Dekompensation waren verbunden mit starkem emotionalen oder physischen
Druck und dem Unterlassen einer medizinischen Behandlung.

Psychopathology and causal attribution: Possession as metaphor


for mental suffering

Mental suffering can become so distressing that the afflicted person experiences it as
foreign and externally oppressed. Depending on a person’s cultural and religious
background the causes can be seen in demonic forces. Such causal attributions are
frequent in delusional disorders, however, they are also found in anxiety and mood
disorders, as well as in personality disorders accompanied by behaviour and drives
which are not acceptable for the individual. Thus, the discrepancy between a per-
son’s ideal and subjective suffering is interpreted as demonic.
In an empirical study of 343 predominantly Protestant patients, who described
themselves as religious, demonological explanations were found in 37.6 percent.
30.3 percent sought help through ritual prayers of deliverance (with more or less ex-
orcistical content). Functions of demonic attributions are described as well as the var-
ious forms of deliverance rituals. Often patients do not hold rigid convictions of the
demonic. Rather they develop very subjective interpretations which exist side by
side with other medically oriented models of explanation. Although many patients
reported beneficial effects as a result of those rituals, psychiatric examination could
not observe extraordinary or lasting changes in the symptomatology. Negative out-
come, such as psychotic decompensation, is associated with the exclusion of medi-
cal treatment and coercive forms of exorcism.
RUNE HAGEN

Traces of Shamanism in the Witch Trials of Norway


The 1692 Trial of the Sami Shaman Anders Poulsen

During the brutal witch hunt in the region of Vardøhus (known today as Finnmark,
the northernmost county in Norway, near the Russian border), about 140 people were
prosecuted for the crime of witchcraft from 1598 to 1692. In a few small fishing
communities along the coast of Finnmark about 90 people were burned at the stake.
This is one of the worst cases of witch persecutions in all of Europe in comparison
to the very small size of the population. In 1664 there were about 3.000 inhabitants
living in this county1.
During the 17th century this part of Denmark-Norway had unresolved borders with
Russia and Sweden/Finland. The indigenous people of the north, the Sami people,
lived in all three countries and travelled between them to trade with each other and
with foreigners. Living and moving within three countries at the same time created a
problem, especially in view of the conflicts between Sweden and Denmark-Norway
at a time of territorial state formation. The Sami were considered by the Nordic state
authorities as subjects in need of proper integration into one or another individual
realm.
In the early modern period the Sami were known throughout Europe as immense-
ly dangerous magicians and sorcerers, thanks to the famous books of authors like
Olaus Magnus and Jean Bodin2. The missionaries and people representing the gov-
ernment in Copenhagen came to Finnmark to demolish sacred places and to confis-
cate magic drums. The witch trials of the far north are distinctive in a European con-
text because of the elements of Sami magic.
Table 1 shows that 26 Sami were brought to court for witchcraft – about 19 per
cent of the total number of people convicted as witches. Despite the fact that the Sa-
mi comprise a minority in this connection, my statistics show somewhat higher figures
than previous scholars have believed. In his classical essay from the late 1960s on

1
Randi R. BALSVIK/Michael DRAKE, Menneskene i Nord-Norge, in: Einar-Arne DRIVENES/
Marit A. HAUAN/Helge A. WOLD (eds.), Nordnorsk Kulturhistorie, vol. 1, Oslo 1994, esp. p. 89.
2
Jean BODIN, De la démonomanie des sorciers, Paris 1580, repr. Hildesheim 1988, p. 98b, see
also Bodin’s chapter on ecstasy, book 2, ch. 5, pp. 90a–94b. Bodin got his information about »les
sorciers de Lappie« from Olaus MAGNUS, Historia de gentibus septentrionalibus, Rome 1555, see
the English translation by Peter FOOTE (ed.), Description of the Northern Peoples, London 1996–
1998, esp. book 3 in the first volume.
308 Rune Hagen

the European witch-craze Hugh R. Trevor-Roper called the Sami »harmless dissent-
ers« and wrote that »[…] the Lapland witches remained always outside the general
European witch-craze«3. And some twenty years later William Monter, in his survey
of early modern Scandinavian witchcraft, emphasized that Finnmark »[…] saw pro-
digious numbers of witch trials in the seventeenth century – all of them, however,
directed against coastal fishermen rather than the inland Lapps«4.
I regard the ethnic specifications in the sources as reliable. Nonetheless, one should
assume that a greater number of individuals were involved and that the 26 Sami is a
minimum figure5. In an investigation of sorcery belief, it is interesting to note that
among the Sami it was mostly men – 18 males – who were accused of witchcraft.
The notion of witchcraft, with some exceptions, was primarily a male phenomenon
among the Sami. This differs from the small Norwegian coastal villages where witch-
craft was basically a crime committed by women. Legal sources emphasize that Sa-
mi men were the cultural bearers of shamanism.

Table 1: The Number of People Convicted of Witchcraft in Finnmark, 1598–1692

Gender and Ethnicity Individuals Convicted


Female – Sami 8
Male – Sami 18
Female – Norwegian 103
Male – Norwegian 8
Total 137

In Sami shamanism the drum, runebomme, is of great importance and often said to
be linked to ecstatic divinations. The Sami shaman, noaidie, played his drum when
he wanted to heal, divine, or to bring luck during hunting, and when he wanted to
communicate with his gods. During the witch trials in Finnmark, two Sami drums
were confiscated. One of the owners had to answer questions about the use of the
drum and about the meaning of all the figures and symbols on the drum. Trying to
find traces of shamanism, I will concentrate on the trial records of this particular
3
Hugh R. TREVOR-ROPER, The European Witch-Craze of the 16th and 17th Centuries, Har-
mondsworth 1969, p. 91.
4
Edward W. MONTER, Scandinavian Witchcraft in Anglo-American Perspective, in: Bengt AN-
KARLOO/Gustav HENNINGSEN (eds.), Early Modern European Witchcraft. Centers and Peripheries,
Oxford 1993, pp. 425–434, esp. p. 430.
5
It should also be noted that my figures concern only one (Finnmark) of three counties in Nor-
thern Norway. In Troms and Nordland the Sami are involved in more than 20 per cent of the witch
trials. According to Karin Granqvist, 73 Sami men and three Sami women were prosecuted for
practising sacrificial rituals and using drums in Swedish Lapland (Karin GRANQVIST, ›Thou shalt
have no other Gods before me‹ (Ex. 20.3). Witchcraft and Superstition Trials in 17th and 18th Cen-
tury Swedish Lapland, in: Peter SKÖLD/Kristina KRAM (eds.), Kulturkonfrontation i Lappmarken,
Umeå 1998, esp. p. 17).
Traces of Shamanism in the Witch Trials of Norway 309

case and then question the ways that scholars have defined shamanism. Norwegian
historians have singled out this case as the best source of information on Sami sha-
manism in northern Scandinavia6.

The Drum

The most important source of information on the magic drums of the Sami, accord-
ing to existing documentation on the Norwegian witch trials, is found in the legal
proceedings raised against an old man called Anders Poulsen in the early months of
1692. The trial was held in Vadsø, a small fishing community near the Russian bor-
der in the very north-eastern part of Norway7. The Sami’s confiscated magic drum
has been preserved, and it is one of the few drums containing symbols and figures
that actually have been described by the drum’s owner8.
The cross-examinations of this man led to the accumulation of several biographi-
cal details which give us some insight into his life. Poulsen, who claimed to be near-
ly one-hundred years old, was certainly an old man when arrested in December of
1691. He was born in Torne Lappmark, in northern Sweden, but he had moved to
Norway as an adult. There he had lived in the coastal areas of Nordlandene and Finn-
mark. Poulsen paid taxes to Denmark-Norway as other coastal Sami did. He was a
married man and his large family had lived in both western and eastern Finnmark. It
is particularly his son, Christopher Andersen, of western Finnmark, whom we hear
more about in the cross-examinations of his father. Poulsen described his son Chris-
topher as a fine doctor, even though he was not able to master the magic drum’s ›doc-
toring‹. I will return shortly to which skills Christopher mastered.
Four of Poulsen’s children – three daughters and a son – witnessed their father’s
trial. Their testimony indicated that their father had neither harmed anyone with his
special skills nor made anyone particularly unhappy. When it came to his magic drum,
however, Poulsen’s statements seemed to falter. During his first interrogation, he ad-
mitted to having made the drum himself; while, at a later point in time, he claimed to

6
Einar NIEMI, Anders Paulsen (Poulsen, Pouelsen), in: Norsk biografisk leksikon, Oslo 1999, p.
84.
7
This article is based on the following primary sources: the legal documents from the court ses-
sions in 1692; Tingbok for Finnmark no. 21 (1692–1695), pp. 1a–15b; Sorenskriveren i Finnmark,
National Archive of Tromsø. The notes from the case in the court book were written by the Chief
Magistrate of Finnmark, Niels Knag. This man also wrote a report about the case. The report con-
sists of 13 handwritten pages (without pagination) and is dated Copenhagen 15th December 1693. It
can be found as an appendix in Thott no. 1735, The Royal Library of Copenhagen. I will refer to
these two sources as Tingbok 21 and Knag 1693.
8
Poulsen’s well-used magic drum ended up in Copenhagen, in 1694. Today we can find the
several centuries-old magic drum where it naturally belongs: in the Karasjok Sami Collections
(Sámiid Vuorká Dávvirat), Finnmark. The drum was consigned to the Sami Collections, in 1979,
by the National Museum of Copenhagen.
310 Rune Hagen

have received the drum from the Sami Anders Pedersen, of Torne Lappmark. This
person had been his teacher. Poulsen also alleged earlier that his mother was the one
who had taught him the wisdom of the magic drum. He said that he had been de-
mented and wild for three years while in training to learn the magic art. His mother,
though, was reported to have been mad for nine years when she was learning her spe-
cial skills. Poulsen’s references to his mother as his teacher, and the statement telling
of his madness during training, were later withdrawn. As to why Poulsen wished to
learn these skills, he replied by saying that he simply wanted to know more about
how people lived in distant regions; further, he wished to know if travellers were
blessed with good fortune, and if he could assist people in need. He only wanted to
do good, all in all, by learning the mysteries of the magic drum. His knowledge was
an art and a game which he never had used for any evil purpose. He called it the art
of God and ›doctoring‹. We shall see how matters turned in the Anders Poulsen trial,
how he described his art himself, and how his prosecutors interpreted the strange tales
which they heard. This witch trial can perhaps be read as a gateway to attitudes to-
wards magic in the 18th century when »Shamans became a key exhibit in the Euro-
pean inquest on the supernatural«9.

Drum-playing in court

The court, the local authorities, headed by District Governor Hans H. Lilienskiold
(1650–1703), and the local council must have watched with great interest and curios-
ity as the old Sami picked up his confiscated drum from the courtroom table. Cross-
ing himself, and his instrument, he quietly prayed in Karelian as he lovingly played
upon it – allowing all to see the drum in use. He shed tears and appeared to be in a
state of utmost devotion. The old man drummed with his hammer. The drum’s head
danced up and down by the movement of his hand and his hard blows upon its
surface, and he loudly implored his gods not to fear the Norwegians whom he now
played for. He continued to play and was finally answered.
The Sami’s lesson in magic drum playing occurred in a court assembly, in the
town of Vadsø, on Tuesday, 9 February 1692. Anders Poulsen, the Sami from Va-
ranger, was charged with possession of – and the use of – an instrument which was
otherwise known as a runebomme (magic drum). With this instrument he had »prac-
tised his evil and ungodly sorcery«, according to the indictment. The prosecution,
represented by Deputy Bailiff Olle Andersen, from Vadsø, headed the case and led
the cross-examination. According to his statements in court, he wished the verdict to
be severe. Two whole days had been spent attempting to record thoroughly all the
details on the magic drum, and as many as 16 folio pages were used in the court re-

9
Roy PORTER, Witchcraft and Magic in Enlightenment, Romantic and Liberal Thought, in:
Bengt ANKARLOO/Stuart CLARK (eds.), The Athlone History of Witchcraft and Magic in Europe,
vol. 5: The Eighteenth and Nineteenth Centuries, London 1999, p. 217.
Traces of Shamanism in the Witch Trials of Norway 311

cords. In his concluding remarks the deputy bailiff pleaded for the judge to set an
example of great severity in the face of such ungodliness and shameful devilry. The
court documents show that the deputy bailiff had considered burning the accused at
the stake. Poulsen, maintained Olle Andersen, was a sorcerer and a heathen who had
forfeited his life. He should be »burned to a cinder upon the flames«10. Poulsen was
said to have awakened demons by playing upon his drum: each beat supposedly ech-
oed in the ears of Satan himself. Indeed, the Sami drums were gifts from the devil
himself to the midnight peoples of the high north. It was the devil who was respon-
sible for the magic drum and its symbols, according to the court minutes of District
Governor Lilienskiold in this case11.

»An unusual case«

The deputy bailiff did not have judicial powers, however. Chief Magistrate Niels
Tygesen Knag (1661–1737), of Finnmark, was the one who would pass sentence to-
gether with the local court of Vadsø. Knag also filled a position as Finnmark’s bail-
iff at this time. This is obviously the reason why the official legal proceeding (9/10
February 1692) was handled by the deputy bailiff. And despite the fact that the chief
magistrate was renowned for his rather despotic nature in the way he performed his
duties as a judge at that time, the final decision would have to be made together with
other court members. The court consisted of three Sami members and eight Norwe-
gians, in addition to the deputy bailiff and a Sami bailiff (who also interpreted). The
chief magistrate was never in any doubt about Poulsen being a sorcerer. »I look upon
his doings as ungodliness and the worst kind of sorcery. He has whole-heartedly com-
mitted himself to the devil«, wrote Knag in the court minutes12. Throughout the case
we can see that it was very important for Knag to underline the black magic of the
shamanistic magician. But Knag was less certain when it came to the exact nature of
the crime. He therefore held consultations with District Governor Lilienskiold. The
two of them agreed to delay sentencing while waiting for an official interpretation
from Copenhagen. The district governor and chief magistrate claimed that they needed
to delay because of the case’s »unusual nature«. The concrete actions and idolatry
that Poulsen had been found guilty of were not mentioned in the anti-sorcery statute
of Denmark-Norway. Additionally, no one had raised claims against him for any dam-

10
Tingbok 21 (see n. 7), p. 14a.
11
Hans H. LILIENSKIOLD, Trolldom og ugudelighet i 1600-tallets Finnmark, in: Rune HAGEN/
Per E. SPARBOE (eds.), Ravnetrykk no. 18, Tromsø 1998, pp. 257–273, esp. p. 269. The original
folio manuscript in German handwriting by Lilienskiold can be found in the Royal Library in Co-
penhagen, classified as Thott no. 950 Fol. District Governor Lilienskiold wrote his description of
witchcraft trials in Finnmark around 1695. See also Finnmark Amt Kopibok No. 1 (1685–1694),
Fylkesmannen i Finnmark, National Archive of Tromsø, and Hans H. LILIENSKIOLD, Speculum bo-
reale. Nordnorske samlinger IV og VII, Oslo 1942/43, 1945.
12
Tingbok 21 (see n. 7), p. 11a.
312 Rune Hagen

age to life, limb or property. It was decided that Poulsen would be kept in custody,
and that the deputy bailiff would take care of Poulsen’s capital goods until a reply
was received from Copenhagen. Here it is important to realize that Poulsen, during
the treatment of his case by the lower court of Vadsø, had already been found guilty
of evil sorcery. His sentence would be dependent upon the findings of a higher court.
Actually, a conviction already existed in this case. The defendant, the court affirmed,
had forfeited his belongings. All of his earthly properties, some reindeer and other
possessions, would fall to the state.

The murder of the shaman

In the event, the old shaman was murdered while sleeping in a hut the day following
on the court ruling. Thus, the court needed to meet once again to pass sentence in
Poulsen’s murder. The court minutes, dating from the 22 February 1692 homicide
case, in Vadsø, contained as many as 12 handwritten folio pages. Villum Gundersen,
the accused murderer, had been a servant in the Vadsø household of District Gover-
nor Lilienskiold. Villum came originally from a place called Jølster, further south in
Norway. After having worked as a farmhand, in Nordland, for 5 or 6 years, he left to
take up fishing by a small place called Omgang, in Finnmark. He eventually settled
in Vadsø, where he worked in the service of the district governor for three years.
Villum had heard that Poulsen had cast spells upon people and caused boats to found-
er. Since Poulsen was a sorcerer, he deserved to die, Villum explained and so he had
killed the old man with three blows of an axe to his head. Lilienskiold made a state-
ment during this murder trial in which he claimed that his servant, Villum Gunder-
sen, was mentally deranged. His »rage« had started in 1691, according to Lilienskiold.
And several common people could confirm that the murderer was observed frequent-
ly running around outside like a madman without a stitch of clothes on his body. The
local inhabitants even had to search for the youth, late one night during the winter,
when he ran off into the nearby mountains. At times he had to be tied up because of
his madness; indeed, he had come very close to killing other servants in the district
governor’s service. Villum’s mind was »not all there«, according to a witness deposi-
tion. The court ultimately ascertained that the young man had been »without his
senses when he committed the murder«13. And thus Poulsen’s murderer was judged
as not responsible for his actions. By the way in which the court dealt with this mur-
der case, it was obvious that Poulsen was looked upon as a suspected sorcerer who
should have ended his days at the stake. Poulsen’s heirs demanded an eye-for-an-eye,
but these demands went unheeded. His relatives felt that the offender should have
been given the death penalty for his crime. But the worst thing about Poulsen’s homi-
cide, according to the prosecuting authorities, was knowing that Villum had obstructed
the just execution of a sorcerer.

13
Ibid., pp. 10a–15b.
Traces of Shamanism in the Witch Trials of Norway 313

From a historical point of view, Poulsen’s sorcery trial – and the following homi-
cide case – contain a number of interesting features. The sources themselves are re-
markably abundant in details. We find, for instance, three depictions from individu-
als who were present during the legal proceedings. Chief Magistrate Niels Knag had
recorded the courtroom minutes. Knag was also the author of a report that recorded
case developments, a record which was based upon an unofficial interrogation of Poul-
sen the first time he was apprehended and detained in early December 1691. Knag
had conducted that very first interrogation of Poulsen because he also held office as
bailiff simultaneously. And, in addition to the documents written by Knag, an account
of the case exists in records written by Lilienskiold14. The different approaches in
these three accounts are of extreme interest, naturally, but they specifically point to
basic attitudes that tell us something about an elite culture’s encounter with a strange
and unknown indigenous culture – one which they had no chance or desire to under-
stand from within.
In the Poulsen case, the judicial conclusions and grounds for judgement show that
the Norwegian people at the top of the power structure interpreted what was said
through a more easily understood cultural grid of comprehension. Poulsen was no
merely benevolent healer; instead he was a diabolic sorcerer. To them, Poulsen’s
strange tales could be more easily comprehended when interpreted from a demon-
ological point of view. Throughout the entire case, we can witness a typical example
of how Christian attitudes can demonize non-Christian religions that are overtly pan-
theistic. The Sami’s belief in magic as benevolent knowledge was systematically
transformed into notions of diabolic witchcraft.
Since Poulsen understood that the authorities opposed his use of the magic drum,
he offered to abandon it and – like other people – to believe in God in heaven, Lilien-
skiold tells us15. Poulsen maintained his innocence throughout the proceedings: he
had never caused evil by the use of his skills. He seemed surprised by the accusation
that his drumming was an ungodly ritual which worked through the aid of Satan. His
kind of spirit-possession was considered by himself as a positive state. It was God
who had given him the ability to work miracles. As the Swedish historian Linda Oja
recently has pointed out, the cunning people who used benevolent magic regarded it
as godly and pious, while the authorities rejected and diabolised this kind of magic.
According to Oja, the aggressive attitudes held by the authorities towards ritual ac-
tions with the aim of healing and regaining lost goods, reflect clear ambitions to re-
form popular culture16. In this regard, the Poulsen case stands out as a typical exam-
ple of Christian acculturation.

14
LILIENSKIOLD, Trolldom (see n. 11), pp. 257–273.
15
Ibid., pp. 266–267.
16
Linda OJA, Varken Gud eller natur. Synen på magi i 1600-och 1700-talets Sverige, Stock-
holm 1999, p. 300.
314 Rune Hagen

The black arts of Sami shamanism

By the use of lies and deception, Bailiff Knag tried to wrest from Poulsen the inner
secrets of the magic drum. Knag relates the following: »I asked him if he would
teach me his trade so that I, too, could play the magic drum as he did. He would be
granted anything he wished for and be released without fear of punishment. I told
him that I was serious about learning, and yet it must occur without anyone knowing
about it.« Poulsen asked his gods whether he could teach his skills to others. The gods
replied by saying that he should not tell the bailiff anything before Knag confessed
his sins. When Knag refused, Poulsen became very upset and cried profusely. »Once«,
writes Knag, »I hid his drum, and he grieved and was frightened. When it was given
back to him, he laughed loudly – as happy as a lark – and praised his gods.«17
Those Sami who could play the magic drum were the worst kind of sorcerers, over-
zealous practitioners of the black arts, according to Niels Knag and other supposedly
reliable sources in the Sami community. They are able to cast spells upon people with
the greatest of ease because the incarnate devil abides with them, he says. Knag points
out that those, too, who can speak to trees and stones have had extensive training in
the same kind of sorcery. As an example, he tells of Poulsen’s son, Christopher, whom
Knag obviously was acquainted with and had met on an earlier occasion. Once Chris-
topher had shown Knag the apparition of a human figure in a beaker filled with strong
drink. He even managed to make a pewter pot dance upon a table and a deeply frozen
stone jump out of the ground. Christopher had had to leave eastern Finnmark several
years earlier because of a row with an old Sami woman. They cast their spells upon
each other (a kind of spell called gand, also known as diabolicus gandus), but he
was forced to leave since she was more proficient in her skills than he was in his.
However, his ability to cast spells was more effective over great distances. Because
of this, the woman became bewitched, and she dried up and died. Knag also cautious-
ly mentions that when Anders Poulsen married a prominent Sami sorceress, the wed-
ding was held in hell. Knag bases his knowledge upon his informants once again,
and he even claims that one informant from the Sami community had taken an oath
upon the matter. The young chief magistrate concludes his report by telling of the
many odd things which Poulsen and his son could do. Both father and son were able
to tell the names of girls and married women who a man was sleeping with. He could
also tell when it could occur and how often18. It is interesting to note that Knag, as a
representative of orthodox Lutheranism, wrote at length about shameful and vile sor-
cery among the Sami. We can probably see his understanding of these magi as a form
of projection of his own unconscious thoughts upon them.
How did Poulsen react to his confrontation with the majority culture of Norwe-
gian Protestantism? As we have seen, Poulsen changed his statement on certain occa-
sions. Ernst Manker has pointed out how Poulsen essentially attempted to interpret

17
KNAG 1693 (see n. 7).
18
Ibid.
Traces of Shamanism in the Witch Trials of Norway 315

the magic drum’s symbols and figures in Christian terms19. In Niels Knag’s ›report‹,
however, we find formulations that open the door to a more underived and unveiled
shamanism than is evident in the official court minutes. Poulsen may have changed
his own interpretation of the magic drum’s cosmology. This might have happened in
the course of two months: from the beginning of December 1691 to early February
1692. However, we never actually encounter Poulsen’s own formulations, either in
the ›report‹ or in the official court minutes, or even in those recorded by District
Governor Lilienskiold. There were always others who recorded what Poulsen had to
say. How have such accounts been coloured by the empathy of the chief magistrate
and the district governor or by the lack of empathy? To what degree did the chief
magistrate interpret correctly what Poulsen had to tell the court? What kinds of (pre-)
interpretations are implied in the deputy bailiff’s questions and interrogation? Once
again, it may be relevant to quote Ernst Manker: »Perhaps the Christian orientation
of the Norwegian court reports could be partially due to the translation of the Sami’s
confessions when questioned by their Norwegian persecutors.«20 Maybe the herme-
neutics of the court minutes – and the semiotics of the magic drum – should be spo-
ken of here?
Altogether, we are faced with a complex case involving cultural dispersion in both
vertical and horizontal directions. We sense the contours of cultural strife between a
scholarly but Christian world view and commonplace utterings with a touch of sha-
manism. To comment upon Poulsen’s cultural heritage, we must for now make use
of sources produced by the majority culture. The two cultures battle on uneven ground,
in other words, simply because one of them has left more obvious traces of its exist-
ence than the other. Håkan Rydving, the Swedish researcher in religious studies, feels
that Poulsen’s description of the magic drum’s symbols should be taken seriously.
There is not necessarily any pre-Christian religion of genuine Sami origin behind
Poulsen’s interpretation of the figures, according to Rydving. Instead, he argues that
the religion of the Sami had been influenced by Christian values for some time, and
that this was reflected in the symbols present on the drum’s head. The admixture of
Christianity is quite openly expressed in Poulsen’s descriptions of his instrument.
That is why Rydving calls for an »de-mythologization« and an »detheologization« of
the many attempts at interpretation21. He has considered Ernst Manker, along with oth-
ers, in his deliberations. And here lies some of the fascination in historical interpre-
tations of texts based upon older primary sources.

19
Ernst MANKER, Die lappische Zaubertrommel II, Stockholm 1950, p. 430.
20
Ibid.: »Vielleicht können auch die christlichen Einschläge des norwegischen Gerichtsproto-
kolles bis zu einem gewissen Grade auf der Übersetzung des lappischen Geständnisses des zur Ver-
antwortung gestellten Lappen beruhen.«
21
Håkan RYDVING, The Saami Drums and the Religious Encounter in the 17th and 18th Centuries,
in: Tore AHLBÄCK/Jan BERGMANN (eds.), The Saami Shaman Drum, Stockholm 1991, pp. 35–42.
316 Rune Hagen

The symbols of the drum

According to the court minutes, after undergoing a scrupulous interrogation, Poulsen


began to describe the figures of the magic drum. He then described the feats he
could perform on his drum. He had personally practised certain playing methods but
had only heard of certain others. He concentrated most likely on what he regarded to
be unharmful magic – especially the kind of magic that he used himself when play-
ing upon the drum. What the drum could be used for is of the greatest interest in our
case. We will, nonetheless, begin with a short extract showing how he interpreted
the drum’s figures. Poulsen’s drum is the only known drum possessing a head which
is divided into five sections. It is also one of the few preserved drums of the northern
Sami category. The symbols (see enclosed figure, p. 323) are numbered in accordance
with the references to Poulsen’s description and testimony in the official court book22.

Section A:
1. Ilmaris – A figure who causes, but also ends storm and bad weather.
2. Diermis – Could make thunder and rain. He could also produce fair weather.
3. Goodde – A wild reindeer, about success in hunting.
Section B:
1. Peive – Signifies the sun. Could produce good weather.
2. Jumal barn – God’s child, Christus. Could free people from their sins.
3. Jumal-Etziem – God the father. Would punish sinners or produce salvation of
Souls.
4. Dom kirk – A church or sacred place of worship. Salvation of the soul.
5. Engil – The Holy Ghost. Could renovate man.
Section C:
1. Ste Anna – The sister of Mary, she is assisting Mary.
2. Maria (Jumal Enne or Jumal Ache) – Mary, Christ’s mother, God’s woman.
She helps child-bearing women and offers remission of sins.
3.–5. Julle peive, Julle herr – The three Christmas kings.
Section D:
1. Manna – The moon, to implore fine weather and serene nights.
2.–3. Olmoug Mane Kirche – Two men going to church.
4. Kirche – A church. For confessing and offering.
5. The image of a man outside the church and who wants to go to church.
Section E:
1. The woman of the bound devil – Poulsen also said she was the great Devil’s
mother.
2. The devil who kills people and is called illness (disease).
3. The devil who is loose and reigns in hell, and hovers around in the world.
4. Hilvet Tol – The fire of hell where the body and soul are burned.
5. Hilvet Tarve giedme – The tar cauldron of hell, where the souls are boiled.
6. Hilvet Haufd – The sepulchre of hell, into which all who believe in the devil
are thrown.
7. Hvenaales Gvolisis – The devil who was bound when God created the world.

22
Tingbok 21 (see n. 7), pp. 2a–4b.
Traces of Shamanism in the Witch Trials of Norway 317

When studying Sami shamanism and sorcery, Poulsen’s depiction of what kind of
magic could be produced by the magic drums is of particular interest. He identified
the following six areas of use during his February 1692 interrogation:

1.) If someone had cast a spell upon another, Poulsen – by the aid of his gods – could
remove the spell and reverse its power. He could thus send the spell back to
whoever had first cast it. Poulsen then showed how this would occur. He began
by playing upon his magic drum. This caused the ring to dance until it finally
stopped upon one of the figures in section E. Here is where one of the devils
would be pictured upon the drum’s head. When the ring came to rest upon this
spot, the spell was released from those who had been bewitched and the spell
would then be returned to the person who had originally cast it. He claimed such
magic was widespread in Lapland. Poulsen claimed that he had practiced the art
in Sweden but »never in this realm«. During an earlier interrogation, Poulsen
once admitted to Knag that he could cast wicked spells. This, however, was a
great sin. By praying to his god, and playing on the drum, Poulsen could punish
evil people by persuading his god to condemn the sinner to hell.
2.) He could track down thieves, and retrieve stolen property, by consulting his
drum. He would play until God punished the thief, and the thief would then dry
up like a fig. Poulsen pointed out the demonic outlines of section E here, too.
3.) By the power of prayer and music he could cause good luck to fall upon his peo-
ple’s reindeer: insuring that the reindeer would not be killed by wolves.
4.) He would also play upon his drum to help relieve the pains of childbirth for la-
bouring women. The drum’s Maria images (Section C, no. 1 and 2) were known
to alleviate suffering.
5.) In a similar manner, he could discover how his family was doing at home while
he was far away from them. He could know the situation other people were in
even though they might be several thousands of miles away. Knowledge could
be gained concerning ship arrivals and the physical appearances of the ships’
captains. And Poulsen admitted that his son, Christopher, could speak with
stones. Such stones could answer whatever questions were put to them. Accord-
ing to Poulsen, his son was a master of sorcery and had been in a frenzy at the
time he learned these skills. He also claimed that Christopher had had a premo-
nition of the terrible 1686 storm when large numbers of people drowned at sea
in eastern Finnmark. Poulsen’s son admonished the fishermen not to sail on the
worst day of the storm but no one would listen to him. Not even his own broth-
er, who also perished that day, took his advice seriously.
6.) In addition, Poulsen said that he heard voices when he lifted the drum above his
head. It was as though two people were talking to each other. The same thing
would occur when his son lifted a stone up in the air.
318 Rune Hagen

Shamanism, possession or something else?

Poulsen emphasized the six factors that were central to the functions of the magic
drum. During his review of the drum’s figures, Poulsen highlighted other areas of
use, as well. These had to do with healing, the absolution of sins and weather magic.
In relation to weather magic, Poulsen mentioned that he could predict the weather,
and that he could produce fair weather by playing on the drum. As can be seen from
the figure several drum symbols are related to weather conditions (Section A and B).
Pressured by the prosecuting counsel, Poulsen divulged how the magic drum could
be used to wreak havoc upon ships and boats. It is noteworthy that neither in the in-
terpretation of these figures, nor in other proceedings of the case was anything men-
tioned that ties this drum playing directly to shamanistic ecstasy and trance-like con-
ditions. According to Wolfgang Behringer, »the separation of the soul from its body
and its trip to certain places is the constitutive element for any great shaman«23. And
most scholars of shamanism consider the state of trance, in which the soul temporar-
ily leaves the body, to be the most important feature of the shaman24.
If the very heart of shamanism is connected to ecstasy and travel to the underworld,
our Sami from Varanger can not be labelled as a typical shaman. Poulsen’s divina-
tion, related to the foretelling of future events and news of daily events, is not con-
nected to trance-like conditions anywhere in the sources. He did not get information
from remote places while in a state of deep trance. The rhythmic sound of his drum is
not known to have induced any altered states of consciousness. Poulsen does not ap-
pear as a flying magician. Nor does he seem to have used the drum as an aid to con-
duct travels to the hereafter. He did assert, however, that both he and his son were
»in a frenzy« when they learned their skills, and this could perhaps be interpreted to
refer to a state of ecstasy – and as the beginning of a trance and transmigration of the
soul. And also the magic shot (gand) could be understood as a spirit-like missile or as
a free soul. Such an interpretation seems to be more than a little improbable, how-
ever, when looking closely at the cultural context in which this expression was made.
In relation to this case, and also to some similar witch trials against Sami in Finn-
mark during the 17th century25, we have to ask ourselves if the whole conception of

23
Wolfgang BEHRINGER, Shaman of Oberstdorf. Chonrad Stoeckhlin and the Phantoms of the
Night, transl. H.C. Erik MIDELFORT, Charlottesville 1998, p. 143.
24
See most of the contributions to Mihály HOPPÁL (ed.), Shamanism in Eurasia, 2 vols., Göttin-
gen 1984. In his contribution to this book the Swedish anthropologist Åke Hultkrantz has made a
few modifications. In a comment on Mircea Eliade, he writes: »As against Eliade’s definition that
shamanism is always combined with soul-flights, I have insisted that some shamanism has this char-
acter, but in other cases the shamanic ecstasy may be solely concerned with clairvoyance, or calling
of the spirits« (see Åke HULTKRANTZ, Shamanism and Soul Ideology, pp. 28–36, esp. p. 34).
25
See especially the witch trial brought against a Sami called Quiwe Baarsen in 1627. The case
is the first description of the use of a Sami drum in Norwegian legal sources. There is an English
translation of the whole case in Rune HAGEN, The Witch-Hunt in Early Modern Finnmark, in: Acta
Borealia 1 (1999), pp. 58–60.
Traces of Shamanism in the Witch Trials of Norway 319

the Sami shamans as a sort of go-betweens between two worlds is more or less a fab-
rication of certain 18th century missionaries. Nearly all the early reports we have about
drum playing being related to trance were written by foreign travellers or priests who
described this evil art with passion and at great length. Their stories about evil drum
beating under the feet of naked mountain cliffs and about devils who penetrated the
minds of the Sami Shaman (Ecstasis Diabolica) are numerous. Too often this myth
has been uncritically received by modern historians and incorporated in their work.
Scholars who choose to view the topic from a religious-historical point of view have
thus followed in the footsteps of missionaries who, with great bias, focused on the
state of ecstasy as a fundamental characteristic of shamanism. Ecstasy was probably
nothing more than the most eccentric of the Sami shaman’s repertory. The Poulsen
case might in this way prove relevant to the discussion about Carlo Ginzburg and his
»folkloric roots of the witches’ sabbath«. In my opinion Ginzburg in his reflections
on the »Laplandic Shamans«, has relied too much on an uncritical reading of books
by the Swedish Archbishop Olaus Magnus (1490–1557) and certain other writers26.
We need to deconstruct the category of shamanism, and in this process a comparative
historical dimension will be of fundamental importance.
On the other hand, Poulsen certainly did use the drum to communicate with his
helping spirits in the other world. His skills resemble the main functions of the Hun-
garian Táltos, as identified by Éva Pócs27:

Seeing treasure and finding lost objects,


Healing,
Fortune telling and divination,
Discovering the fate of people who were far away.

And these skills were exactly what Poulsen employed when beating his drum. But,
again, his spiritual techniques and drumming did not facilitate any entry into a trance,
at least according to the available sources from the trial. We might still call Poul-
sen’s drumming and skills a kind of shamanism, but this is a shamanism without any
sign of deep trance. When he communicated with his spirits, he was working as a
healer and a prophet. And when the spirits came to him, summoned by the drum, this
actually resembled more a kind of possession than ecstasy. To him the drum was a

26
See especially part 2, ch. 3 (To Combat in Ecstasy) in Carlo GINZBURG, Ecstasies. Decipher-
ing the Witches’ Sabbath, transl. Raymond ROSENTHAL, London 1991, pp. 153–181. For a discus-
sion of the categories of shamanism and possession with some references to the Ginzburg-debate,
see Giovanni PIZZA, The Virgin and the Spider. Revisiting Spirit Possession in Southern Europe,
in: Cristina PAPA/Giovanni PIZZA/Filippo M. ZERILLI (eds.), European Ethnology Meetings, Nea-
pel/Perugia 1998, pp. 49–81.
27
Éva PÓCS, Between the Living and the Dead. A Perspective on Witches and Seers in the Ear-
ly Modern Age, transl. Szilvia RÉDEY/Michael WEBB, Budapest 1999, pp. 134–135. Gábor Klanic-
zay writes that reports from the Táltos’ soul-journeys »are spread by hearsay and not by personal
account« (Gábor KLANICZAY, Shamanistic Elements in Central European Witchcraft, in: HOPPÁL
(see n. 24), pp. 404–422, esp. p. 414).
320 Rune Hagen

compass and a divinatory instrument which he banged to achieve a desired posses-


sion. He did not travel to his spirits, but was instead filled with them. Some advanced
experts in history of religions have recently begun to criticize the over-emphasis on
shamanism as an ecstatic phenomenon28. My assessment of the 1692 court case
against this old noaidie (the Sami word for shaman) upholds those findings which
criticize ecstasy and trance as key characteristics when trying to determine what ex-
actly the shamanic world view consists of.
Having studied the use of the terms trance and ecstasy, the French anthropologist
Roberte N. Hamayon questions whether these designations are useful when examin-
ing shamanism. Hamayon concludes thus: »The shaman’s behavior, called ›trance‹
by observers, is understood by shamanistic societies not as a specific physical or psy-
chic state, but as referring to the shamans being in direct contact with the spirits.«29
We can of course continue to regard Anders Poulsen as a great shaman, if this is a
fruitful interpretation. For in the end the Poulsen case still stands as the best source
of information on Sami shamanism in northern Scandinavia.

Appendix

Anders Poulsen’s own interpretation of the symbols on his drum given in the official
hearing, Vadsø, 9/10 February 1692 – Court book of Finnmark, no. 21 (1692–1695),
pp. 2a–4b. This German version is an extract from Ernst MANKER, Die lappische
Zaubertrommel II, Stockholm 1950, pp. 430–440:

A: Die erste (oberste) Region


1. Das Ebenbild eines Menschen, das er Ilmaris nennt, das ist Sturm und schlim-
mes Wetter; wenn er Gott anbetet, wird dieser sein schlimmes Wetter zurückhalten
und zurückrufen, und er macht wohl auch das schlimme Wetter.
2. Das Bild eines Menschen, das er Diermis nennt, das ist Donner. Wenn man zu
Gott betet, hilft Diermis, so daß, wenn es Wolkenbruch mit viel Regen ist, er das
Wetter wieder zurück ruft, und daß dieser Diermis keine Macht hat, bevor Gott es
ihm gestattet. (Schiffe und Boote im Sturm und in der Seenot; er gibt auch gutes
Glück zu Wasser und zu Lande und rettet in aller Not und Gefahr.)

28
Juha Y. PENTIKÄINEN, Introduction, in: IDEM (ed.), Shamanism and Northern Ecology, New
York 1996, p. 6. Åke Hultkrantz has even spoken of »the non-shamanic guardian-spirit belief«
among the Sami, a belief which might prove relevant in the Poulsen-context (Åke HULTKRANTZ,
On Beliefs in Non-Shamanic Guardian Spirits among the Saamis, in: Tore AHLBÄCK (ed.), Saami
Religion, Stockholm 1987, pp. 110–123).
29
Roberte N. HAMAYON, Are ›Trance‹, ›Ecstasy‹ and Similar Concepts Appropriate in the Study
of Shamanism?, in: Shaman. An International Journal for Shamanistic Research 1/2 (1993), pp. 3–
25, esp. p. 7.
Traces of Shamanism in the Witch Trials of Norway 321

3. Das Bild eines Wildrentieres, das er Goodde nennt, das ist Wildrentier. Wenn
man zu Gott betet, gibt er Glück bei der Wildrenjagd, und wenn man auf der Zau-
bertrommel spielt und der Ring nicht auf dieses Ren tanzen will, bedeutet es, daß
derjenige, der so sein Glück erforschen will, dieses Mal kein Ren bekommt, wenn er
auch noch so sehr darum bemüht ist. ([…] er kann es auch verursachen, daß die Zahm-
rentiere sich wohl fühlen und daß Wölfe und andere schlimme Tiere von ihnen wei-
chen.)

B: Die zweite Region


1. Ein runder Kreis mit einem Strich hindurch. Diesen nennt er Peive, das ist die
Sonne; wenn man zu Gott betet, wird dieser guten Sonnenschein, leichte Luft und
schönes Wetter geben, besonders wenn die Rentiere kalben und Korn und Heu wach-
sen sollen, er wird auch sonst gutes Wetter geben, wenn man darum betet.
2. Das Bild eines Menschen, den er Jumal barn, das ist das Kind Gottes, nennt,
oder der Sohn Gottes, Christus; wenn man ihn anbetet, erlöst er einen von allen Sün-
den.
3. Das Bild eines Menschen, den er Jumal-Etziem, das ist Gott Vater, nennt. Er
bestraft alle Sünden und hilft sonst, ja verschafft, ja ordnet und bestraft.
4. Das Bild einer Kirche, die er Dom kirk nennt; dieses betet er an, obwohl er es
selbst gemacht hat, und sagt, daß er dadurch die Vergebung der Sünden erreicht, die
Seligkeit der Seele und einen christlichen Tod, und ob man stirbt oder lebt, hilft die-
se Kirche.
5. Das Bild eines Menschen, den er Engil nennt, das soll Gott der Heilige Geist
sein. Wenn er angebetet wird, erlöst er von allen Sünden, so daß man ein neuer und
reiner Mensch wird, wenn er helfen will.

C: Die dritte Region


1. Das Bild eines Menschen, das Ste Anna genannt wird; er sagt, daß es die Schwe-
ster der Maria ist, und steht Maria beratend zur Seite, wenn sie hilft; sonst kann sie
nichts ohne den Willen der Maria machen.
2. Das Bild einer Frau, die er verschieden nennt, Maria, Jumal Enne, Jumal Ache,
das ist Maria, Christi Mutter, Gottes Frau. Wenn man sie anbetet, hilft sie besonders
schwangeren Frauen. Sie hilft auch, einen von allen Sünden zu erlösen und hilft über-
haupt, wird auch ähnlich wie Gott angebetet.
3.–5. Sind drei Menschenbilder, die er Julle peive, Julle herr, nennt, das ist Julta-
ge, Julherren, die über die Weihnachtsfeier walten, oucht Jule peive herr, der Herr
des ersten Jultages, gougt Jule peive herr, der Herr des zweiten Jultages, Gvolme Jul
peive herr, der Herr des dritten Jultages. Wenn jemand diese Tage entheiligt, wird
Gott ihn bestrafen, wenn aber jemand sie recht heilig hält und dann Gott um etwas
bittet, werden diese Tage Gott vorgehalten und es wird hervorgehoben, daß dieser
oder jener die Tage geheiligt hat und daß Gott aus diesem Grunde helfen sollte.
322 Rune Hagen

D: Die vierte Region


1. Ein runder Cirkel, den er Manna, das heißt Mond, nennt; wenn man Gott anbe-
tet, gibt er einen klaren Schein und gutes Nachtwetter, selbst wenn es nebliges und
bewölktes Wetter ist.
2.–3. Sind die Bilder zweier Männer, die er Olmoug Mane Kirche, das ist, das
Volk, das zur Kirche geht, welches er nur für ein Zeichen hält, ähnlich wie andere
Menschen zur Kirche gehen.
4. Ist das Bild einer Kirche, die er Kirche nennt, und soll diese die Kirche bedeu-
ten, in deren Nähe er sich aufhält; er sagt, daß sowohl er als auch andere an diese
Kirche opfern, sowohl Wachskerzen, Geld als auch anderes, doch opfert niemand,
bevor ihm geholfen wird, welches Opfer sie dann dem Geistlichen der richtigen Kir-
che liefern, deren Zeichen er abgebildet hat; oder wenn jemand krank ist oder keinen
Erfolg mit Rentieren hat oder jemandem sonst etwas böses widerfahren ist, wird die-
se Kirche angebetet und ihr etwas versprochen, und wenn jemandem geholfen wird,
so erhält die Kirche, was ihr versprochen wurde.
5. Das Bild eines Mannes, der jenseits der Kirche steht; das soll einer sein, der
von der anderen Seite kommt und zur Kirche gehen will.

E: Die fünfte Region


1. Das Bild einer Frau, die die Gattin des gefesselten Teufels sein soll (welche die
Mutter des Teufels ist), dessen Namen er nicht mehr zu kennen vorgibt. (Nennt sie
aber die Mutter des großen Teufels.)
2. Das Bild eines Menschen […], von dem er sagt, daß es ein Teufel sei, der Volk
und Menschen tötet, und soll es die Krankheit sein.
3. Das Bild eines Menschen […], von dem er sagt, daß er nun los ist und in der
Hölle regiert (und ist der Sohn des gebundenen Teufels) und schweift in der Welt
herum, von dem er sagt, daß er keinen Namen hat und daß er floh, als Gott den an-
deren Teufel fesselte. Danach wird gemeldet, daß Gott, als er ihn auffand, eiserne
Schuhe anhatte und ihn in ein großes Moor trat, und sobald Gott wieder weiter ging,
stand er auf und lief weg.
4. Das nennt er Hilvet Tol, das soll das höllische Feuer sein; dieses Feuer ver-
brennt die Seelen der Menschen in der Hölle.
5. Dieses nennt er Hilvet Tarve giedme, welches der höllische Teerkessel sein soll,
worin die Seelen der Menschen in der Hölle gekocht werden.
6. Das nennt er Hilvet Haufd; das ist das Grab der Hölle, in welches alle die Men-
schen geworfen werden, die an den Teufel glauben, und wirft sie Gott da hinein.
7. Das Bild eines Menschen, der einen Strick vom Halse zu einem Pfahl hat; die-
sen nennt er Hvenaales Gvolisis, das ist der gefesselte Teufel an der Kette, welcher
der Teufel sein soll, der gefesselt wurde, als Gott die Welt schuf. (In der Hölle hat er
vieles zu sagen, doch nichts in der Welt.)
Traces of Shamanism in the Witch Trials of Norway 323

Abstract

During the huge and brutal witch hunt in the region of Vardøhus (known today as
Finnmark, the northernmost county in Norway, near the Russian border), about 140
people were prosecuted for the crime of witchcraft from 1601 to 1692. In a few
small fishing communities along the coast of Finnmark 85 people were burned, three
beheaded and some others died in prison or were killed by torture following the
witch hunt. Compared with the small size of the population, this is one of the worst
cases of witch persecutions in Europe.
In the 17th century, this part of Denmark-Norway had uncertain borders with Rus-
sia and Sweden/Finland. The indigenous people of the north, the Sami people, lived
in all three countries and travelled between them to trade with each other and with
foreigners. Living and moving within three countries created a problem especially in
view of the conflicts between Sweden and Denmark-Norway at a time of territorial
324 Rune Hagen

state formation. The Sami were considered as subjects in need of proper integration
into the different realms. In the early modern period the Sami were known through-
out Europe as great and dangerous magicians and sorcerers, thanks to the famous
books of authors like Olaus Magnus and Jean Bodin. The missionaries and people
representing the government in Copenhagen came to Finnmark to demolish sacred
places and to confiscate magic drums.
In my paper I discuss the involvement of the Sami people in the witch persecution
of Finnmark. How many of them were prosecuted, and do these trials differ in any
way from the trials against Norwegian women? What happened when the Sami com-
munities with their shamanistic religion confronted the Danish-Norwegian state? In
Sami shamanism the drum (runebomme) is of great importance, and often linked to
ecstatic divinations. The Sami shaman (noaidie) played his drum when he wanted to
heal, divine or to bring luck during hunting and when he wanted to communicate
with his gods. During the witch trials in Finnmark, two Sami drums were confis-
cated and the owner had to answer questions about the use of the drum and about the
meaning of all the figures and symbols on it.
Trying to find traces of shamanism, I place an explicit emphasis on the trial text
concerning the last serious witch trial in Finnmark dating from 1692. An old Sami
shaman told the court about the symbols and the use of his magic drum. He also stood
up and demonstrated the instrument for the people present in the court house. I relate
my discussion of Nordic shamanism in witch trials against the Sami people to some
of the findings in recent books by Wolfgang Behringer (Shaman of Oberstdorf) and
Éva Pócs (Between the Living and the Dead). The drum magic that Poulsen was prac-
tising, could it be called shamanism at all?

Spuren von Schamanismus in den Hexenprozessen Norwegens: Der Prozeß


des Sami-Schamanen Anders Poulsen im Jahr 1692

Während der gewaltigen und brutalen Hexenjagd in der Gegend von Vardøhus (heu-
te bekannt als Finnmark, der nördlichste Bezirk Norwegens, nahe der russischen
Grenze) wurden zwischen 1601 und 1692 ungefähr 140 Menschen wegen des Ver-
brechens der Hexerei verfolgt. In einigen kleinen Fischerdörfern an der Küste Finn-
marks wurden infolge dieser Hexenjagd 85 Menschen verbrannt und drei enthauptet,
einige andere starben im Gefängnis oder wurden zu Tode gefoltert. Verglichen mit
der geringen Bevölkerungszahl ist dies einer der schlimmsten Fälle von Hexenverfol-
gung in Europa.
Im 17. Jahrhundert hatte dieser Teil Dänemark-Norwegens unklare Grenzen zu
Rußland und Schweden/Finnland. Die einheimische Bevölkerung des Nordens, das
Volk der Sami, lebte in allen drei Ländern und reiste von einem zum anderen, um
untereinander und mit Fremden Handel zu treiben. Gleichzeitig in drei Ländern zu
leben und zu handeln, stellte in einer Zeit der Staatsbildung aber ein Problem dar, ins-
besondere angesichts der Konflikte zwischen Schweden und Dänemark-Norwegen.
Traces of Shamanism in the Witch Trials of Norway 325

Man betrachtete die Sami als Untertanen, die in die verschiedenen Reiche ordnungs-
gemäß zu integrieren waren. In der Frühen Neuzeit waren die Sami – dank der belieb-
ten Bücher von Autoren wie Olaus Magnus und Jean Bodin – in ganz Europa als gro-
ße und gefährliche Magier und Zauberer bekannt. Missionare und Vertreter der Re-
gierung in Kopenhagen kamen nach Finnmark, um heilige Stätten zu zerstören und
magische Trommeln zu konfiszieren.
Im vorliegenden Beitrag werden die Verwicklungen der Sami in die Hexenverfol-
gungen Finnmarks untersucht. Wie viele von ihnen wurden verfolgt, und unterschie-
den sich diese Prozesse auf irgendeine Weise von denen gegen norwegische Frauen?
Was geschah, als die Gemeinden der Sami und ihre Schamanen-Religion mit dem
dänisch-norwegischen Staat konfrontiert wurden? Im Sami-Schamanismus ist die
Trommel (runebomme) von großer Bedeutung und oft mit ekstatischen Weissagun-
gen verbunden. Der Sami-Schamane (noaidie) schlug seine Trommel, um zu heilen,
weiszusagen, Glück für die Jagd zu bringen und mit seinen Göttern zu kommunizie-
ren. Während der Hexenprozesse in Finnmark wurden zwei Sami-Trommeln konfis-
ziert, und der Besitzer mußte Fragen zum Gebrauch der Trommel und zur Bedeutung
der zahlreichen Figuren und Symbole auf ihr beantworten.
Bei dem Versuch, Spuren des Schamanismus aufzudecken, wird ein besonderer
Schwerpunkt auf den Prozeßtext des letzten ernsthaften Hexenprozesses in Finn-
mark aus dem Jahr 1692 gelegt. Ein alter Sami-Schamane erläuterte dem Gericht die
Symbole und den Gebrauch seiner heiligen Trommel. Er erhob sich sogar und führte
das Instrument den im Gerichtssaal Anwesenden vor. Die Untersuchung des nordi-
schen Schamanismus in Hexenprozessen gegen die Sami wird mit anderen Ergebnis-
sen der neueren Forschung von Wolfgang Behringer (Chonrad Stoeckhlin und die
Nachtschar) und Éva Pócs (Between the Living and the Dead) konfrontiert. Dabei ist
zu prüfen, inwieweit die Magie der Trommel, die Poulsen praktizierte, überhaupt
Schamanismus genannt werden kann.
HOO NAM SEELMANN

Besessenheit im koreanischen Schamanismus


und ihr kultureller Kontext

Das kulturhistorische Phänomen der ›dämonischen Besessenheit‹ scheint in meinen


Augen, wenn man ›dämonisch‹ als ›diabolisch‹ oder ›böse‹ versteht, ein Phänomen
der westlichen Kulturtradition zu sein. Zu dieser dämonischen Besessenheit gehören
eine bestimmte Religion, Metaphysik, Anthropologie usw. Denn sowohl die korea-
nische als auch die gesamte ostasiatische Kultur kannte dieses Phänomen bis zur Ein-
führung des Christentums nicht. Selbst darüber hinaus ist es uns fremd geblieben.
Aber gerade das Fehlen dieses Phänomens drängt einen dazu, nach zwei Dingen zu
fragen: nämlich erstens nach dem Warum dieses Fehlens und zweitens danach, ob es
in unserer Kultur etwas gibt, das zwar nicht als ›dämonisch‹, aber doch als Besessen-
heit bezeichnet werden kann.
Die Analyse der Gründe dafür, warum dieses ›Dämonische‹ fehlt, wird nach mei-
ner Auffassung letztlich zu den grundsätzlichen Unterschieden des Menschen- und
Weltbildes in beiden Kulturtraditionen führen. Es ist daher von großer Wichtigkeit,
neben der historischen Sicht, die die Unterschiede von Denk- und Handlungsweisen
der Menschen innerhalb einer Kultur aufzeigt, auch eine kulturvergleichende Sicht
einzubeziehen, um dem eigenen kulturellen Rahmen schärfere Konturen zu verleihen.
In Korea gibt es ein Phänomen der Besessenheit, das sich in vielen Punkten grund-
sätzlich von dem westlichen unterscheidet. Diese Besessenheit steht im Zentrum der
koreanischen schamanistischen Tradition, die ein hochkomplexes Phänomen darstellt
und heute noch das kollektive Denk- und Handlungsmuster prägt.
Die Beantwortung der beiden oben formulierten Fragen soll in vier Schritten erfol-
gen: Erstens wird zu klären versucht, was die Besessenheit meint und welche Erschei-
nungsformen sie hat (I). Zweitens wird nach der Funktion der Besessenheit innerhalb
der schamanistischen Tradition gefragt. Hier wird sich zeigen, daß der Schamanismus
in Korea und damit auch die Besessenheit eine unentbehrliche mediale Rolle in der
Konfliktlösungs- und Heilungsstrategie spielen (II). Im dritten Teil wird dann im Zu-
sammenhang mit der Frage, warum sich in Korea diese spezifische Form der Beses-
senheit herausgebildet hat, die Ich-Konzeption in Ostasien zur Sprache kommen. Denn
vom Selbstbild des Menschen hängt nicht nur seine Weltsicht ab, sondern auch seine
Konfliktwahrnehmung und seine Lösungsstrategie (III). Viertens schließlich wird ein
vorsichtiger Vergleich gewagt, worin der grundlegende Unterschied zwischen dem
Phänomen der Besessenheit in Ostasien und im Westen liegt. Darin kann dann die
Antwort zu finden sein, warum in Ostasien die ›dämonische Besessenheit‹ fehlt (IV).
328 Hoo Nam Seelmann

I. Formen und Bedeutung der Besessenheit im koreanischen Schamanismus

Als am Ende des 16. und zu Beginn des 17. Jahrhunderts die Jesuiten versuchten,
China zu missionieren, stießen sie auf ein ungeahntes Hindernis. Sie fanden kein
chinesisches Wort, das den christlichen Gottesbegriff adäquat wiedergeben konnte1.
Ein als Subjekt gedachter, mit Willen ausgestatteter monotheistischer Gott war in der
ostasiatischen Kultur unbekannt. Somit ist es kaum verwunderlich, daß in Ostasien
der Widerpart des christlichen Gottes, nämlich der Teufel, fehlt. Aber das, was in Ko-
rea Gott oder göttlich heißt, genau zu fassen, ist sehr schwierig, weil alle Begriffe in
diesem Zusammenhang sehr vage und unbestimmt sind. Es ist daher ebenso schwie-
rig, den religiösen Kontext des Schamanismus exakt anzugeben, zumal die Einflüsse
des Buddhismus, des Taoismus und des Konfuzianismus auf den Schamanismus groß
sind2.
Das Wort Sin, das ursprünglich aus dem Chinesischen kommt, kann animistische
Götter, taoistische Unsterbliche, vergöttlichte Ahnen, buddhistische Gottheiten, wirk-
same Kräfte im Kosmos usw. bezeichnen. Hierbei hat das Wort Sin mehr attributive
Funktion zu Berg, Himmel, Ahnen usw. Was also in Ostasien Gott heißt, ist nicht als
ein Subjekt gedacht, das schaffend und gestaltend in die Welt eingreift und allmäch-
tig ist. Deshalb ist auch die Vorstellung der Besessenheit, sei es von Ahnenseelen
oder animistischen Göttern, nicht mit der Aggressivität oder Destruktivität versehen,
die man beim Phänomen der dämonischen Besessenheit im Westen kennt. Im We-
sten handelt es sich ja um einen willentlichen Zugriff des Teufels, mit dem man sogar
einen Pakt schließen kann. Es gibt zwar in Korea ein einzelnes Wort für Besessen-
heit (Kang-sin), aber das Phänomen wird häufiger mit Sätzen wie ›Götter oder Ahnen-
seelen sind herabgekommen‹ oder ›Götter sind anwesend‹ umschrieben. Selbst die
sogenannten bösen Ahnenseelen werden nicht mit Gewalt vertrieben, sondern auch
in exorzistischen Riten durch Tanz, Gesang und Speisen erfreut und verabschiedet.

1
Iso KERN, Buddhistische Kritik am Christentum im China des 17. Jahrhunderts, Bern u.a.
1992, S. 77: »Es ist bekannt, mit welch großen Schwierigkeiten Ricci und seine Gefährten bei der
Wahl eines chinesischen Namens für ihre Gottesvorstellung konfrontiert waren. Ricci hielt die Aus-
drücke tian (Himmel), shang di (der Herrscher oben) und tian zhu (Himmelsherr) als dafür geeignet,
wobei er dem letzten der drei Ausdrücke den Vorzug gab. Dieser allein hat sich in der katholischen
Kirche Chinas als Gottesname durchgesetzt, während später die meisten reformierten Konfessionen
den Ausdruck shang di wählten. Aber zur Zeit Riccis wie auch in den Jahrzehnten nach ihm wurde
auch der Ausdruck tian als Gottesname verwendet, und die christliche Lehre als ›Lehre vom Him-
mel (Gott)‹ (tian zhu) vorgestellt. Wie Ricci selbst im zweiten Kapitel seiner ›Wahren Idee des Him-
melsherrn‹ bemerkt, ist dieses Wort sehr vieldeutig. Es kann den räumlichen Himmel, die Natur
überhaupt (im Gegensatz zum Künstlichen), aber auch eine personal gedachte oberste Gottheit oder
ein oberstes, abstraktes metaphysisches Prinzip bedeuten. Für die chinesischen Buddhisten war tian
auch die Übersetzung des Sanskritwortes deva und wurde also für die zahlreichen Götter des bud-
dhistischen Universums verwendet.«
2
Vgl. dazu Hung-Youn CHO, Koreanischer Schamanismus. Eine Einführung (Wegweiser zur
Völkerkunde, Bd. 27), Hamburg 1982, S. 14.
Besessenheit im koreanischen Schamanismus 329

In Korea gibt es zwei Traditionslinien des Schamanismus: das Erbschamanentum


und das Besessenenschamanentum3. In meinem Aufsatz will ich den Blick auf die
Linie des Besessenenschamanentums richten. Das Phänomen der Besessenheit im ko-
reanischen Schamanismus hat drei Erscheinungsformen: erstens die Besessenheit
von bösen Geistern oder Ahnenseelen, die durch exorzistische Rituale geheilt werden
kann, zweitens die Spontanbesessenheit einer Teilnehmerin oder eines Teilnehmers
bei einer Schamanenzeremonie4, drittens die Besessenheit bei der Besessenenschama-
nin. Die dritte Form ist die interessanteste, weil sie unterschiedliche Facetten in sich
vereinigt und sich in ihrem Kontext auch die beiden anderen Formen erklären lassen.
Bei der Besessenenschamanin lassen sich wiederum zwei Stufen von Besessenheit
unterscheiden: die Schamanenkrankheit (auch Götterkrankheit genannt) als Beses-
senheit und die Besessenheit während einer Schamanenzeremonie.
Am Anfang des Werdegangs einer Besessenenschamanin steht die sogenannte
›Schamanenkrankheit‹ (Sin-byong). Es ist bemerkenswert, daß diese zwei Begriffe
zusammenkommen: nämlich Götter und Krankheit. Warum steht am Anfang die
Krankheit, die dann als Besessenheit gedeutet wird? Die Beantwortung dieser Frage
berührt den Kernpunkt des koreanischen Schamanismus und hängt damit zusammen,
daß sich der Schamanismus in Korea im Laufe der Geschichte von primär religiösen
Riten zu einer Technik, vergleichbar mit der Psychoanalyse des Westens, entwickelt
hat, um Konflikte zu lösen, Krankheiten zu heilen, Trauer zu bewältigen und zu ver-
söhnen. Konfliktarten, der Umgang mit ihnen und ihre Lösungsmöglichkeiten hän-
gen entscheidend vom Muster ab, das durch die jeweilige Kultur vorgegeben ist5.
Die Schamanenkrankheit ist eine Krankheit mit diffusen Symptomen: Appetitlo-
sigkeit, Gliederschmerzen, Verdauungsstörungen, Gewichtsverlust, Halluzinationen,
Hören von Stimmen, seltsame Träume, Herumirren in der Natur, Verlust des Reali-
tätssinns. Die Krankheit umfaßt also physische und psychische Symptome. Einige
koreanische Psychiater sprechen hier von einem kulturgebundenen ›Depersonalisa-
tions-Syndrom‹, in dem eine psychisch kranke Person ihre Krankheit durch den scha-
manistischen Glauben ausdrückt6. Die Familie der Patientin sucht Hilfe in der traditio-
nellen und modernen, d.h. westlichen, Medizin, ohne jedoch Linderung geschweige
denn Heilung zu erlangen. Die Leidensgeschichte dauert in der Regel mehrere Monate

3
Diese beiden Traditionslinien sind regional unterschiedlich verteilt. Das Erbschamanentum ist
mehr im Süden Koreas beheimatet, während das Besessenenschamanentum in Mittel- und Nordko-
rea verbreitet ist. Die tiefgreifende Veränderung in der koreanischen Gesellschaft in den letzten drei
Jahrzehnten hat dazu geführt, daß das Erbschamanentum heute stark gefährdet ist.
4
Eine Spontanbesessenheit kann bei zwei Anlässen eintreten: Eine Schamanin fordert eine Fa-
milienangehörige auf, das Schamanenkostüm anzuziehen und zu tanzen oder einen Baumzweig zu
halten, von dem man glaubt, daß Götter oder Ahnenseelen über ihn in die Menschenwelt herabstei-
gen. Hierbei kann die Person in einen Trancezustand gelangen, der als Besessenheit gedeutet wird.
5
Arthur KLEINMANN/Tsung-Yi LIN, Introduction, in: DIES. (Hrsg.), Normal and Abnormal Be-
havior in Chinese Culture (Culture, Illness and Healing, Bd. 2), Dordrecht u.a. 1981, S. xiiiff.
6
Kwang-Iel KIM/Bou-Young RHIE, A Review of Korean Cultural Psychiatry, in: Transcultural
Psychiatry Research 13 (1976), S. 101–114, hier S. 107.
330 Hoo Nam Seelmann

bis hin zu mehreren Jahren. Wenn das Leiden zu einer Belastung für die ganze Fa-
milie wird, sucht man eine erfahrene Schamanin auf, um sie nach der Ursache der
Krankheit zu fragen. Sie erkennt, ob diese Krankheit eine Schamanenkrankheit ist
oder nicht. Wenn eine Schamanenkrankheit vorliegt, stehen damit zwei Dinge fest:
Die Patientin wird zur Schamanenkandidatin, da ihre Besessenheit festgestellt ist,
und es wird dadurch der Patientin ihre einzige Heilungsmöglichkeit genannt, näm-
lich die Initiation. Die Kandidatin verkündet der Öffentlichkeit durch die Initiations-
zeremonie ihre Entscheidung, den Weg der Schamanin zu gehen, der durch die Göt-
ter bestimmt ist. Die Heilung tritt noch während der Zeremonie ein.
Es ist hochinteressant, die semantische Ebene der Sprache aller an diesem Gesche-
hen Beteiligten zu analysieren. Sie versuchen, ein zunächst als singulär erscheinend-
es Ereignis in einen traditionellen, religiösen Kontext einzuordnen. Man spricht da-
von, daß Götter die Kandidatin ausgewählt und als Zeichen die Krankheit geschickt
hätten. Sie habe also keine Wahlmöglichkeit gehabt. Man spricht auch von Mu-gi,
wörtlich Schamanenkraft, die bei ihr wirksam sei. Die Schamanenkrankheit und die
schamanistischen Fähigkeiten sind dann nichts anderes als die Manifestationen dieser
Kraft. Das ganze Geschehen wird so gedeutet, daß die Dimension des subjektiven,
willentlichen Entschlusses ganz ausgeklammert bleibt. Das Geschehen liegt somit
außerhalb jeglicher individueller Verantwortung.
Wenn man zudem die soziologischen und medizinischen Faktoren in Betracht zieht,
wird der kulturelle Kontext besonders deutlich, der den Rahmen der Deutung solcher
Ereignisse abgibt. Zunächst die soziologischen Faktoren: Fast alle Kandidatinnen
stammen aus sozial benachteiligten Schichten. Ihr Bildungsstand ist niedrig, was aber
nichts über ihre Intelligenz aussagt, sondern vielmehr durch die traditionelle Rolle
der Frau in Korea bedingt ist. Schamaninnen stammen aus einem sehr konfliktreichen
Milieu. Man sagt, die Götter mögen unglückliche Menschen. Darüber hinaus ist das
soziokulturelle Umfeld der Kandidatinnen schamanistisch geprägt, d.h. sie stammen
aus einem Umfeld, in dem die schamanistische Tradition mit ihren Symbolen, Attri-
buten, Mythen, Trauminhalten, ihrer Musik usw. in der Alltagserfahrung präsent und
oft als die einzige Möglichkeit bekannt ist, Konflikte zu lösen und Krankheiten zu
heilen. Dem Ausbruch der Schamanenkrankheit geht eine existentielle Krise der Kan-
didatin voraus, die einem westlichen Beobachter als Folge eines schweren, durch
den Einzelnen in der gegebenen Lebenssituation nicht zu bewältigenden Konflikts
erscheinen kann.
Ein Beispiel soll dies verdeutlichen: Eine in Korea sehr bekannte Schamanin schil-
dert ihr Leben7. Sie wurde mit 17 Jahren Schamanin. Unmittelbar nach ihrer Geburt
wurde sie von ihrer Mutter abgelehnt, nur weil sie eine Tochter war. Die Mutter wand-
te sich radikal von ihr ab. Durch die Kindheit hindurch spürte die Tochter diese Ab-
lehnung, die oft nicht nur auf ihre Mutter beschränkt blieb. Sie hatte Schuldgefühle
und geriet in eine Konfliktsituation, die durch die spezifisch koreanische Kulturtradi-

7
Kum-Hwa KIM, Glück soll man teilen und Konflikte lösen (in koreanischer Sprache), Seoul
1995, S. 75ff.
Besessenheit im koreanischen Schamanismus 331

tion verursacht war. Sie konnte nichts gegen ihre Natur ausrichten, um die Schuld
abzutragen. Sie war eine schöne, empfindsame und intelligente Frau. Ihr Leben war
durch ihre tief empfundene Leiderfahrung geprägt. Das Leben ließ ihr keine Seins-
möglichkeit und machte sie krank. Innerlich wandte sie sich vom Leben ab. Die
Schamanenkrankheit ist die Krankheit zum Tode. Im Westen wäre sie ein Fall für
den Psychiater bzw. Psychoanalytiker. Daß aber diese Krankheitssymptome als Scha-
manenkrankheit wahrgenommen werden, die wiederum als Besessenheit gedeutet
wird, läßt vermuten, daß die Lösung eines solchen Problems in unserer alten Tradi-
tion allein durch den Schamanismus gegeben war. Das Paradoxe hierbei ist, daß eine
bestimmte kulturelle Tradition durch ihre unbewußten Repressionsmechanismen ge-
wisse Konflikte und Krankheiten hervorbringt, aber zugleich Nischen schafft, in de-
nen die Geschädigten überleben können.
Die Heilung erfolgt, wie schon oben erwähnt, wenn die Kandidatin den Ruf der
Götter annimmt und durch die Initiationszeremonie ihren Entschluß der Öffentlich-
keit mitteilt. Diese Zeremonie markiert einen deutlichen Einschnitt in ihrem Leben.
Eine Passage der Zeremonie macht dies rituell auf der symbolischen Ebene deutlich,
eine symbolische Geste freilich, die Realität schafft8. Die Kandidatin wendet sich
wieder dem Leben zu, aber mit einer veränderten Rolle innerhalb der Gemeinschaft.
Ihre Aufgabe ist es nun, anderen Menschen zu helfen. Durch die Schamanenlaufbahn
erreicht sie einerseits für sich eine Lösung, indem sie sich aus dem konfliktreichen
Milieu befreit, andererseits kann sie ihre eigene Leiderfahrung ins Positive wenden,
indem sie anderen hilft.
Das Spezifische an diesem Geschehen ist, daß niemand nach Ursachen im westli-
chen Sinne fragt und sucht. Weder die kulturelle Tradition, die repressiv sein kann,
noch die familiäre Konfliktsituation werden direkt als Ursachen der Krankheit ge-
nannt. Es sind ja Götter und Ahnenseelen, die die Schamanenkrankheit und die Beses-
senheit bringen und eine Frau zur Schamanin machen. Darüber hinaus zeigt sich, daß
hier die Verantwortung eines handelnden Menschen eine andere Bedeutung hat. Die
schamanistische Tradition ermöglicht also eine Konfliktlösung, ohne die kulturelle
Tradition und die problematische Lebenssituation der Kandidatin als solche verändern
zu wollen. Die Einzelnen müssen sich an die vorhandene Kulturtradition anpassen.
Daß die Tradition selbst eine veränderbare Größe ist, kommt weniger in den Blick.
Nach der Initiationszeremonie muß die Kandidatin bei einer Lehrschamanin das
Schamanenbrauchtum erlernen: Tanz, Gesang, Musik, Zubereitung von Opferspei-
sen, Rezitation von Schamanenmythen, Durchführung von Zeremonien, Wahrsagen,

8
Die Lehrschamanin, die die Initiationszeremonie durchführt, löst die Haare der Kandidatin,
um sie neu zu frisieren und hochzustecken. In dieser symbolischen Geste manifestiert sich ihre
neue Geburt. Die Kandidatin erhält dann Schellen und Fächer, die notwendige Requisiten darstel-
len, um die schamanistische Tätigkeit ausüben zu können. Anschließend rezitiert die Lehrschama-
nin einen Text, dessen Inhalt die neue Aufgabe der nun zur Schamanin gewordenen Kandidatin ent-
hält (vgl. dazu Ru-Si HWANG, Koreanische Schamanenzeremonien und Schamanen (in koreanischer
Sprache), Seoul 1977, S. 39f.).
332 Hoo Nam Seelmann

Kennenlernen von Farbsymbolen, Traumdeutung9. Erst dann hat sie das traditionelle
Muster und die Technik erlernt. Ich will hier kurz ein Tätigkeitsfeld einer Schama-
nin betrachten, nämlich die Heilungszeremonie.
Ein Fallbeispiel: Frau Lee war 34 Jahre alt und hatte fünf Jahre zuvor an hysteri-
schen Anfällen gelitten. Erneut wurde sie krank, als sie erfuhr, daß ihr Mann fremd-
ging. Dies führte zum Streit mit ihrem Mann. Die Symptome waren: Appetitlosigkeit,
das Gefühl, ihr stecke etwas im Hals, Kopfschmerzen, Schlaflosigkeit, Herzflattern.
Sie wanderte ziellos in den Bergen herum oder lag ohne jegliche Gefühlsregung im
Bett. Ihre Mutter konsultierte eine Schamanin, die eine Heilungszeremonie vorschlug.
In ihrer Kindheit fühlte sich Frau Lee von der Mutter abgelehnt, aber von ihrem Vater
geliebt, der sehr früh starb. Während der Zeremonie wurde die Schamanin von der
Seele des verstorbenen Vaters besessen und sprach direkt zu ihr. Die Patientin geriet
in heftigste Gefühlsausbrüche und klagte ihr Leid. Sie machte dem Vater auch Vor-
würfe, daß er sie so jung allein in der Welt zurückgelassen habe. Durch die Schama-
nin hindurch sprach ihr Vater auch zum Ehemann und zur Schwiegermutter seiner
Tochter. Er bat sie darum, gut für seine Tochter zu sorgen, da sie schwach und hilfs-
bedürftig sei. Die Sequenz der Besessenheit bildet den zentralen Punkt einer Schama-
nenzeremonie, von dem dann das Gelingen oder Scheitern der Zeremonie abhängt.
Die Äußerung der Besessenheit in einer solchen Zeremonie läßt sich wie folgt be-
schreiben: Zu Beginn der Zeremonie wird mit einem lauten Gongschlag die unsicht-
bare Welt der Götter, Ahnenseelen, Geister usw. in Bewegung gesetzt. In der ent-
scheidenden Sequenz tanzt die Schamanin. Die Musik und der Tanz werden immer
schneller. Dadurch gerät die Schamanin in einen tranceähnlichen Zustand. Abrupt
endet die Musik, und die Schamanin spricht beispielsweise in der Stimme eines Ah-
nen, dessen Seele sie in Besitz genommen hat. Der Grad der Höflichkeit in der Spra-
che richtet sich nach der verwandtschaftlichen Beziehung und der Hierarchie. Die
Ahnenseele wird anschließend mit Tanz und Musik verabschiedet. An diesen Äuße-
rungsformen fehlt weitgehend das Aggressive, Unflätige, das man häufig bei der dä-
monischen Besessenheit im Westen beobachten kann.

II. Funktion der Besessenheit

Die Kommunikationsstruktur in Korea und in ganz Ostasien ist sehr von sozialen
Rücksichten und Hierarchien geprägt, die sich augenscheinlich in vielen fein abge-
stuften Höflichkeitsformeln in der Sprache zeigen. Konflikte und Probleme lassen
sich in einer solchen Gesellschaft nicht frei verbalisieren, sondern Verbalisierungs-
versuche scheitern an Schranken. Sie werden verdrängt und unterdrückt. Hinzu kommt
die Grundskepsis gegenüber der Kompetenz der Sprache, Probleme zu lösen. Man

9
Vgl. dazu die ausführliche Darstellung von Hung-Youn CHO, Mudang. Der Werdegang korea-
nischer Schamanen am Beispiel der Lebensgeschichte des Yi Chi-san (Gesellschaft für Natur- und
Völkerkunde Ostasiens e.V. Hamburg. Mitteilungen, Bd. 93), Hamburg 1983, S. 93ff.
Besessenheit im koreanischen Schamanismus 333

sagt vielmehr: Sprechen macht die Probleme schlimmer. Die Sprache kann das Eigent-
liche nicht ausdrücken usw. Daher hat sich in unserer Kultur kaum eine auf Sachlich-
keit gestützte Diskussions- und Kommunikationskultur entwickelt. Verbalisieren ist
in Korea viel stärker mit unmittelbaren Emotionen vermischt, die eruptionsartig sein
können. Hier wird auch verständlich, daß eine westliche Erfindung, nämlich die Psy-
choanalyse, die sich auf die Verbalisierungsfähigkeit stützt, in unserer Kultur noch
eine Randexistenz führt10.
Aufgrund dieser Gegebenheit war und ist noch immer ein religiös geheiligter Ort
notwendig, nämlich der Ort der Zeremonie, um die gehemmte Kommunikation in
Fluß zu bringen. Zudem ist eine neutrale Instanz erforderlich, die durch ihre Offen-
heit niemanden verletzen und selbst nicht das Gesicht verlieren kann. Diese Instanz
ist die Ahnenseele. Sie spricht die Konflikte aus, tadelt, fordert die Beteiligten auf,
sich zu versöhnen. Diese indirekte Kommunikation mit Hilfe der Besessenheit der
Schamanin ermöglicht, daß niemand als schuldig genannt und gebrandmarkt wird.
Denn niemandem wird die alleinige Verantwortung für die entstandene Konfliktsitu-
ation zugeschrieben. Die Psychiatrie spricht hier von einem fundamental projektiven
Heilungsansatz der schamanistischen Heilungszeremonie11.
Am Ort der Zeremonie, die viele Stunden, ja sogar Tage dauern kann, wird auch
jene allgemeine Lebenserfahrung artikuliert, daß das Scheitern des menschlichen Zu-
sammenlebens von vielen Faktoren abhängt und daß die Bemühung aller notwendig
ist, um ein Gelingen herbeizuführen. Hier kann auch ein individuelles Problem als
ein allgemeinmenschliches erfahren werden: Tod, Trauer, Krankheit, Konflikt und
Versöhnung gehören zum Leben. Damit erhält das individuelle Unglück eine allge-
meine Dimension, die Solidarität begründen kann.
Die starke kathartische Wirkung einer solchen Zeremonie geht von der besonderen
Atmosphäre des Ortes aus. Musik, Tanz, Gesang und das Wissen, daß man sich außer-

10
Vgl. dazu KIM/RHIE (wie Anm. 6), S. 111: »Western psychotherapy was introduced into Korea

rists […] was that it would be difficult to employ Western forms of psychotherapy in Korea because
by a number of psychiatrists trained in the United States. The initial impression of these psychiat-

[…].« Daß die westliche Psychoanalyse in Asien schnell auf ihre Grenzen stößt, zeigt beispielswei-
the patients would tend to show poor verbalization of emotion, lack of insight into inner problems

se auch die Entwicklung in Japan, wo Therapiemethoden entwickelt werden, die dem Grundsatz
der Psychoanalyse entgegengesetzt sind (vgl. dazu Takao MURASE, Sunao. A Central Value in Ja-
panese Psychotherapy, in: Anthony J. MARSELLA/Geoffrey M. WHITE (Hrsg.), Cultural Concep-
tions of Mental Health and Therapy, Dordrecht/Boston/Lancaster 1989, S. 317–329). Vgl. auch
Sudhir KAKAR, Schamanen, Heilige und Ärzte. Psychotherapie und traditionelle indische Heilkunst,
München 1984, S. 12: »Abgesehen von Fragen der therapeutischen Praxis hängt die Außenseiter-
rolle der Psychoanalyse in der indischen Kultur auch mit der psychoanalytischen Vorstellung von
der Person und der Natur der Wirklichkeit zusammen, einer Vorstellung, die der herrschenden indi-
schen Denkweise über diese Dinge völlig entgegengesetzt ist.« Interessant sind auch die Ausführun-
gen von Claude LEVI-STRAUSS, Strukturale Anthropologie, Bd. 1, Frankfurt a.M. 1969, S. 217ff.
11
KIM/RHIE (wie Anm. 6), S. 106f.; Kwang-Iel KIM, Shamanistic Healing Ceremonies in Ko-
rea, in: Korea Journal 13,4 (1973), S. 41–47; Bou-Young RHIE, Psychotherapeutic Aspects of Sha-
manism with Special Reference to Korean Mudang, in: Mental Health Research 8 (1989), S. 40–55.
334 Hoo Nam Seelmann

halb des Alltags befindet, fördern diese Wirkung. Darüber hinaus wird durch Essen
und Trinken eine Feststimmung erzeugt. Das theatralische Element, verstärkt durch
farbige Kostüme, Fahnen, Schellen und Rezitationen, spielt eine wichtige Rolle, um
die Kommunikation in Fluß zu halten. Die Zuschauer weinen mit, kommentieren das,
was die Ahnenseelen durch die besessene Schamanin sagen. Die Rezitationen von
Schamanenlegenden, die die verdichtete Form der koreanischen Leiderfahrung und
deren Überwindung darstellen, verstärken die Erkenntnis, daß das Leiden und des-
sen Überwindung zum Leben gehören. Schamanenzeremonien sind religiös-theatrali-
sche Inszenierungen, um die condition humaine zum Bewußtsein zu bringen12. Hier
liegt vielleicht die eigentliche religiöse Dimension des koreanischen Schamanismus.
Die Besessenheit hat sich innerhalb der schamanistischen Tradition als ein notwen-
diges Mittel herausgebildet, um Konflikte zu lösen, Trauer zu bewältigen, Krankheit
zu heilen und die Menschen zu versöhnen. Hinter einem solchen Ansatz, das Leben
zu meistern, steht ein bestimmtes Verständnis vom Leben: Man hebt hierbei die Gren-
zen der individuellen Machbarkeit des Glücks und der Steuerbarkeit des menschlichen
Geschicks hervor. Die schamanistische Erfahrung betont auch die undurchschaubare
Verquicktheit des individuellen Geschicks mit dem Ganzen.
Wollte man die Besessenheit aber als eine leicht erlernbare Technik begreifen, so
wäre dies etwas verkürzt. Sie ist das Resultat einer langen Tradition. Besessenheit
bleibt auch an ganz bestimmte Voraussetzungen gebunden, die oben angeführt sind.
Nicht jede Frau, die eine Leiderfahrung macht, wird eine Schamanin. Sie muß viel-
mehr in ihrem Wesen etwas wie Trance- und Besessenheitsfähigkeit besitzen. Viel-
leicht verstärkt diese nicht rational faßbare Fähigkeit das Religiöse am Phänomen
der Besessenheit.
Die westlich geschulten koreanischen Psychiater haben mehrfach den projektiven
Ansatz der schamanistischen Heilung betont. Nach ihnen sind Gefühlsäußerungen,
Suggestion, Überredung, Übertragung, kathartische Wirkung und gruppentherapeuti-
sche Effekte am Zeremonieort wirksam. Nach empirischen Untersuchungen ist eine
schamanistische Heilung nicht bleibend. Psychiater erklären dies damit, daß die
krankmachende Struktur durch eine solche Methode unverändert bleibt. Man ist fer-
ner auf den Versöhnungswillen der Beteiligten angewiesen. Selbst die stärkste kathar-
tische Wirkung kann nicht lange anhalten13.

III. Der kulturelle Kontext der schamanistischen Besessenheit in Korea

Die Tatsache, daß einerseits die koreanische Kulturtradition solche Konfliktlösungs-


modelle und Heilverfahren hervorgebracht und lange erhalten hat und daß anderer-

12
Vgl. Susanne KNÖDEL, Schamaninnen in Korea. Rituale und Handys, Hamburg 1998, S. 100f.,
die auch die Bedeutung des theatralischen Elements innerhalb einer Schamanenzeremonie in Korea
betont.
13
Vgl. dazu KIM/RHIE (wie Anm. 6), S. 106; KNÖDEL (wie Anm. 12), S. 106f.
Besessenheit im koreanischen Schamanismus 335

seits die westliche Psychoanalyse auf Hindernisse stößt, deutet darauf hin, daß in
Ostasien eine etwas anders geartete Ich-Konzeption vorliegt. Es wird sich in diesem
Zusammenhang auch zeigen, daß die Ich-Konzeption in Ostasien gerade diese spezi-
fische Form der Besessenheit benötigt.
Das Ich ist ein Artefakt, gebildet aus Natur und Kultur. Der Begriff des Menschen
wird in Ostasien aus zwei Zeichen gebildet: ›Mensch‹ und ›Zwischen‹ im Sinne der
räumlichen Ausdehnung14. Das Ich wurde schon immer als in Beziehung zu Natur
und anderen Menschen stehend gedacht, d.h. das Wesen des Ich ist die Bezogenheit
auf anderes und dehnt sich damit auch über die körperliche Umgrenzung hinaus aus.
Deswegen betont unsere Kultur das wechselseitige Angewiesensein und die Abhän-
gigkeit von Mensch und Natur. Der gesamte Erziehungsprozeß zielt folglich darauf
ab, dieses Angewiesensein zu verinnerlichen. In der westlichen Tradition hat sich im
Lauf der Geschichte ein Typus des autonomen Individuums entwickelt, dessen konsti-
tutives Element die Abstraktion von jener Bezogenheit ausmacht. Diesem autonomen
Individuum wird die Willensfreiheit und folglich die Verantwortung für sein indivi-
duelles Handeln zugeschrieben. Das Individuum im Westen wird als eine unteilbare,
sich selbst immer gleichbleibende und in sich homogene Struktur gedacht. Dies setzt
die klare Trennung nicht nur zwischen Individuen, sondern auch von der Außenwelt
voraus. Das Ich in Ostasien hat keine klaren Konturen, sondern löst sich an den Rän-
dern in dieser Bezogenheit auf anderes auf und ist offener, durchlässiger. Der eigent-
liche Kern des Selbst liegt nicht bei mir, sondern dazwischen, sozusagen in einem
sozialen Raum. Es ist nicht möglich, hier die Grenzen anzugeben.
Die oft belächelten japanischen Touristengruppen sind aus dieser Sicht nur folge-
richtig. Wir fühlen uns nur wohl, wenn wir zusammen sind, weil die Identität des
Einzelnen von der Gruppe gestiftet wird. Die viel stärkere Intensität der Mutter-Kind-
Beziehung führt dazu, daß die Erfahrung der Trennung, die die notwendige Bedin-
gung für die Entwicklung der Autonomie ist, viel später und sehr rudimentär einsetzt.
Der japanische Psychiater Takeo Doi bezeichnet in seinem Buch The Anatomy of
Dependence den Begriff der amae als das Schlüsselwort, das allen zwischenmensch-
lichen Beziehungen als Ideal zugrundeliegt15. Amae meint die symbiotische Bezie-
hung zwischen der Mutter und dem Kleinkind, das noch nicht weiß, daß die Mutter
eine von ihm getrennte Entität ist. Amae ist also das süße Gefühl der Abhängigkeit.
Das Ideal ist es somit, in der geliebten symbiotischen Abhängigkeit zu sein, die zwar
gefühlt und erlebt, aber nicht rational gefaßt werden kann. Diese Vorstellung ist der
westlichen Tradition entgegengesetzt, denn das Ziel der westlichen Erziehung ist es
gerade, jene Abhängigkeit zu überwinden, um Autonomie zu gewinnen. In Ostasien
ist die Unabhängigkeit mit Schuld und negativem Wert besetzt, im Westen hingegen
die Abhängigkeit16.

14
Vgl. dazu Toshiaki KOBAYASHI, Melancholie und Zeit, Basel/Frankfurt a.M. 1998, S. 102ff.
15
Takeo DOI, The Anatomy of Dependence, Tokyo 1973.
16
Maurice PINGUET, Der Freitod in Japan. Geschichte der japanischen Kultur, Frankfurt a.M.
1996, S. 54.
336 Hoo Nam Seelmann

Daß das Ich keine immer gleichbleibende Gestalt ist, zeigt besonders deutlich der
Sprachgebrauch. Sowohl in der koreanischen als auch in der japanischen Sprache
gibt es kein Wort, das immer dem ›Ich‹ in den westlichen Sprachen entspricht. Denn
das, was ›Ich‹ heißt, ändert sich je nach Sprachkontext, d.h. es wechselt je nachdem,
mit wem ich in welcher Situation spreche. Ähnliches läßt sich im Umgang mit per-
sönlichen Namen beobachten. Die Verantwortung für das Handeln liegt ebenfalls
mehr in der Gruppe als beim Individuum.
Wenn die Grenzen des Ich nicht klar gezogen sind, bleiben auch das Innen und
Außen offen. Es gibt keine klare Trennung zwischen Soma und Psyche. Viele empi-
rische Untersuchungen der Medizinanthropologen haben gezeigt, daß die Ostasiaten
eine geringere Neigung und Fähigkeit zur Introspektion besitzen, die überhaupt die
Grundvoraussetzung der Psychoanalyse darstellt. Während also die Ostasiaten ihre
seelischen Konflikte stark externalisieren, was ihre verstärkte Neigung zur Somati-
sierung erklärt, zeigen die Menschen im Westen die Tendenz zur Internalisierung
von Konflikten. Internalisierung schafft ein Innen, das sich vom Außen abgrenzt,
und damit die Fähigkeit zur Introspektion. Die traditionelle Heilkunde in Ostasien
setzt demgegenüber an einem holistischen Bild des Menschen an17.
Die Harmonie und das Gleichgewicht zu erhalten, ist für die Menschen in Ostasien
das Hauptanliegen. So wird heute noch Krankheit und Unglück als Störung des Gleich-
gewichts angesehen18. Wegen der fundamentalen Bedeutung der Abhängigkeit ist die
Rücksichtnahme und das Achten auf den jeweiligen Kontext für die Kommunikation
notwendig. Die Kommunikation ist stark ritualisiert und nicht offen diskursiv. Wenn
eine Störung eintritt, kann der Konflikt oft nur indirekt oder in einem rituellen Rah-
men angesprochen werden. Dies erklärt auch, daß in Ostasien nicht nur das Alltags-
leben viel stärker durch Rituale geprägt ist als im Westen, sondern daß Riten allgemein
bei der Wiederherstellung des Gleichgewichts als wesentlich angesehen werden19.
Die spezifische Form der Besessenheit und der dazugehörende rituelle Rahmen des
koreanischen Schamanismus lassen sich von hier aus als eine der koreanischen Kul-
tur adäquate Lösungsmöglichkeit von Konflikten begreifen.

17
Vgl. zu diesem Themenkomplex Nancy SCHEPER-HUGHES/Margaret LOCK, The Mindful
Body. A Prolegomenon to Future Work in Medical Anthropology, in: Medical Anthropology Quar-
terly 61 (1987), S. 6–41, hier S. 12f.; Margaret LOCK, Popular Conceptions of Mental Health and
Therapy, Dordrecht u.a. 1989; KAKAR (wie Anm. 10); MURASE (wie Anm. 10); KLEINMAN/LIN
(wie Anm. 5); KIM/RHIE (wie Anm. 6).
18
Vgl. dazu Hoo Nam SEELMANN, Schamanismus in Korea, in: Universitas. Zeitschrift für in-
terdisziplinäre Wissenschaft 605 (1996), S. 1101–1109.
19
Marcel GRANET, Das chinesische Denken. Inhalt, Form, Charakter, Frankfurt a.M. 1985.
Granet unterstreicht die Bedeutung der Riten in der chinesischen Kultur: Ȇberdies vermitteln ih-
nen Ritual und Musik als höchsten Trost das Gefühl, daß der Gehorsam gegenüber der Etikette je-
dem einzelnen die Möglichkeit gibt, sein Tun rhythmisch in das große rhythmische System der den
Kosmos darstellenden Verhaltensweisen einzufügen. Damit wird eine Osmose zwischen den Mik-
rokosmen und dem Makrokosmos ermöglicht, und aus dieser Osmose stammen außer dem Leben
die individuelle Eigenheit und die Persönlichkeit.«
Besessenheit im koreanischen Schamanismus 337

Das Phänomen der Besessenheit im koreanischen Schamanismus steht in der Tra-


dition der weißen Magie. Die besondere Form dieses Phänomens hat, wie oben ge-
zeigt werden konnte, mit der Besonderheit der koreanischen Kulturtradition zu tun.
Daß in Korea weder schwarze Magie noch die dämonische Besessenheit anzutreffen
sind, hängt mit unserer kulturellen Tradition zusammen. Denn wir kennen keine un-
überwindlichen Dualitäten wie gut/böse, Natur/Kultur, Mensch/Natur, Soma/Psyche
usw., die das Denken und Handeln des Menschen in der westlichen Kulturtradition
prägen20. Natürlich hat sich das Denken in diesen Dualitäten im Westen in der histo-
rischen Entwicklung herausgebildet, natürlich gab es und gibt es auch im Westen
Gegentendenzen zu dieser Aufspaltung der Welt. Zu nennen wäre hier die europäi-
sche Tradition der Mystik. Aber im großen und ganzen wird der Westen durch diese
Dualitäten beherrscht. Diese Abgrenzung ermöglicht die westliche Zivilisation als
solche: Wissenschaften, Rechtstradition, technische Entwicklungen wären ohne sol-
che Abgrenzungen nicht möglich. Diese verdrängten jedoch das traditionelle magi-
sche Weltbild zunehmend. Im Vergleich dazu, so scheint es, ist in unserer holistischen
Weltsicht noch die Grundlage des magischen Weltbildes präsent. So bezeichnet der
Sinologe Marcel Granet das ostasiatische Weltbild als ein mythisches21.

IV. Kulturvergleichende Betrachtung des Phänomens der Besessenheit

Die dämonische Besessenheit tritt in der westlichen Tradition auch im Kontext des
sozialen Spannungsverhältnisses auf, als dessen Ursache das Böse fungiert. Die Dua-
lität von gut und böse ist immanent im Monotheismus begründet. Wo das Gute ein-
deutig definiert ist, muß das Böse ebenso eindeutig umrissen sein. Wie Gott eine als
Subjekt gedachte Macht ist, liegt es nahe, auch dem Bösen eine Gestalt zu geben. So
wird das Verhältnis zwischen gut und böse ein Kampf, dessen schauerliche Schön-
heit auf vielen Bildern dargestellt ist22. Da eine Versöhnung nicht möglich ist, son-
dern es nur Sieger und Besiegte geben kann, scheinen Hexenverbrennungen und die
Ermordung von Häretikern nur folgerichtig zu sein. Das Gute kann sich nur behaup-
ten, indem es das Böse vernichtet.
Natürlich haben wir auch die Kategorien von gut und böse. Aber sie sind Attribu-
te, die man Menschen, Geistern und Ahnenseelen zuschreiben und abschreiben kann.
Wenn im Kontext des Schamanismus von bösen Ahnenseelen die Rede ist, bedeutet
dies nur, daß sie, obwohl sie an sich gut sind, durch besondere Todesumstände böse
geworden sind. Böse heißt also soviel wie neidisch, voller Ressentiments zu sein
oder Unheil und Krankheit zu bringen. Durch schamanistische Riten lassen sich alle
diese mehr unglücklichen als bösen Seelen wieder gut und zufrieden machen und

20
Vgl. ebd., Kap. 2, aber auch S. 312.
21
Ebd., S. 249f.
22
Verwiesen sei hier auf Themen wie ›Der heilige Georg‹ oder ›Das jüngste Gericht‹. In der
ostasiatischen Malereitradition läßt sich kein vergleichbares Motiv finden.
338 Hoo Nam Seelmann

versöhnen23. In unserer Kultur existiert kein Prinzip des Bösen schlechthin. Das Bö-
se kann sich je nach Kontext ins Gute verwandeln und umgekehrt. Hier zeigt sich
deutlich, daß in Ostasien ein Phänomen der dämonischen Besessenheit nicht möglich
ist und damit auch ein historisches Ereignis wie die Hexenverfolgung nicht vorkom-
men kann. Hinzu kommt, daß eine vergleichbare Rechtstradition, die sich in Europa
herausgebildet und eine entscheidende Rolle auch für die Hexenverbrennungen ge-
spielt hat24, in unserer Tradition ganz fehlt.
In Korea wie in Europa steht das Phänomen der Besessenheit im Zusammenhang
mit Spannungen und Konflikten sowohl in der Gemeinschaft als auch im persönli-
chen Umfeld. Der Umgang mit ihnen ist jedoch, so scheint es, fundamental verschie-
den. Somit zeigt sich aus kulturvergleichender Sicht, daß die dämonische Besessen-
heit an bestimmte kulturelle Faktoren gebunden ist und daher nicht überall auftreten
kann.

Abstract

Die Besessenheit bildet ein zentrales Element innerhalb des koreanischen Schama-
nismus, da sie eine absolute Grundvoraussetzung ist, damit ein Schamane überhaupt
die Rolle eines Mediums einnehmen kann. Im Zentrum des Beitrags stehen drei Fra-
gen:

1.) Was ist Besessenheit im koreanischen Schamanismus?


2.) Welche Funktionen hat sie innerhalb der koreanischen kulturellen Tradition?
3.) Welcher kulturelle Kontext erzeugt diese spezifische Form von Besessenheit?

Die Besessenheit hat sich in der langen Geschichte des koreanischen Schamanismus
aus einem rein religiösen Ritual zu einer Technik entwickelt, um Konflikte zu lösen
und Krankheiten zu heilen. Ausgehend von der Erkenntnis der medizinischen Anthro-
pologie und der Ethnologie, daß Konzeptionen von Krankheit und Heilung ebenso
wie die Bewältigung von Konflikten von kulturellen Mustern abhängen, wird unter-
sucht, auf welche Weise die Besessenheit in der koreanischen Kultur zur Problemlö-
sung beiträgt. Es zeigt sich dabei, daß innerhalb eines rituellen Rahmens Besessenheit
dazu führt, gehemmten Kommunikationsfluß in Gang zu bringen, Emotionen ihre

23
Vgl. dazu Gil-Soung CHOE, Das Verstehen des koreanischen Schamanismus (in koreanischer
Sprache), Seoul 1975; SEELMANN (wie Anm. 18), S. 1108; vgl. auch Tara L. AVRUSKIN, Neurophy-
siology and the Curative Possession Trance. The Chinese Case, in: Medical Anthropology Quarter-
ly 2 (1988), S. 286–302, hier S. 287.
24
Günter JEROUSCHEK, Die Hexen und ihr Prozeß (Esslinger Studien. Schriftenreihe, Bd. 11),
Esslingen 1992, S. 27ff.; Wolfgang SCHILD, Alte Gerichtsbarkeit, München 1980, S. 103ff.
Besessenheit im koreanischen Schamanismus 339

Ventile finden und auf indirekte Weise Ursachen von Konflikten zur Sprache kom-
men zu lassen. Unterstützt durch Musik, Tanz und Rezitation von Schamanenmythen
kann eine starke kathartische Wirkung zustandekommen. Das Ziel jedes schamanisti-
schen Rituals besteht in der Versöhnung.
Da die Besessenheit im koreanischen Schamanismus eine ganz spezifische Form
und Funktion besitzt, muß danach gefragt werden, welcher kulturelle Kontext gerade
diese Form hervorbringt. Die Menschen in Ostasien haben eine andere, mehr holisti-
sche Weltsicht, in der nicht nur eine Ich-Konzeption, sondern auch solche Dualitäten
wie Körper/Seele, Mensch/Natur, Natur/Kultur usw. nicht bestehen. Dies hat natürlich
Folgen für die Interpretation von Krankheiten, zwischenmenschlichen Beziehungen
usw. Akzeptiert man diese Unterschiede, läßt sich ein Vergleich zwischen dem Phä-
nomen der Besessenheit in Ostasien und im Westen ziehen.

Possession in Korean Shamanism and its cultural context

Possession is a core element of Korean shamanism, for one thing because it is an ab-
solute precondition for a shaman to fulfil his role as a medium. The three central ques-
tions of this paper are:

1.) What is possession in Korean shamanism?


2.) What functions does it have in the Korean cultural tradition?
3.) What is the cultural context that brings forth this specific form of possession?

In the context of the long history of Korean shamanism possession has developed
from a purely religious ritual into a technique to solve conflicts and heal illnesses.
The view held by medical anthropology and ethnology, that the concepts of illness
and healing as well as the way in which conflicts are solved, depend on cultural pat-
terns will be taken as a basis to show how in Korean culture possession can help to
solve problems. It will be argued that within the structure of the ritual, possession
can help to put into motion a restrained stream of communication, to provide for an
outlet for emotions, and shape a situation in which causes of conflict can be discussed.
Supported by music, dance and the recitation of shaman myths a strong cathartic ef-
fect can be brought about. Every shamanistic ritual aims at reconciliation.
Because in Korean shamanism possession has a very specific form and function, it
is important to ask what cultural context brings forth this type of possession. People
in East Asia have a different, more holistic view of the world, in which not only the
self-concept, but also such oppositions as body versus soul, man versus nature, na-
ture versus culture etc. do not exist. This of course influences the interpretation of ill-
ness, the interpersonal relations etc. The acceptance of these differences enables us to
draw a comparison between the phenomena of possession in East Asia and the West.
Orts- und Personenindex

Acarie, Mme Siehe Incarnation, Marie de l’ Bayern 15, 25, 173, 213–228, 233–244
Aerts, Lucas 252 –, Albrecht V., Herzog 218, 221
Agricola, Sixtus 167 –, Ferdinand Maria, Kurfürst 225, 238
Agrippa von Nettesheim, Heinrich Cornelius –, Maximilian I., Herzog/Kurfürst 223f.
90, 95, 271 –, Maximilian III. Joseph, Kurfürst 227
Aiken, Andrew 135, 138 Belgien 17, 27
Albertinus, Albertus 83 Benedikt von Nursia, Hl. 226
Albrecht V., Herzog von Bayern Siehe Benediktbeuern 221–226
Bayern Bennet, Issobell 135
Algerien 50 Bergerus, Johannes Mauritius 220
Allain, Jeanne 116 Berlin 85, 206
Alonso, Ines 184 Bernhausen, Anna von 218f., 225
Altomünster 222 Bérulle, Pierre de 122
Altötting 213–228, 239 Bihler, Maria 173, 224
Alvarez, Hernando 183 Blum, Nicolaus 168
Amberg 240 Blumhardt, Johann Christoph 294
Amiens 108 Bochard de Champigny, Honoré 108–112
Anastasia, Hl. 226 Bodin, Jean 14, 25, 208, 307
Andalusien 178 Bogenberg 239
Andersen, Christopher 309, 314, 317 Böhmen 168
–, Olle 310f. Bologna 220
Anderson, Janet 135 Bona, Johannes 243f.
–, Sir Edmund 78 Bonaventura, Hl. 63–70
Anges, Jeanne des 11f., 17, 22, 26, 113, 123 Bonifatius (Winfrid), Hl. 215
Annecy 113, 123 Borgia, Cesare 218
Antonius, Hl. 218 Boulaese, Jean 215f., 220
Antwerp (Australien) 281 Bourges 112
Apollonios von Tyana 49, 54f., 57 Brabant 89, 250
Applecross 128 Bradwell, Stephen 145
Aragón, Augustina de 275 Brand, John 133f.
Aragonien 263, 265, 272 Brandenburg 169f.
Argyll 137 –, Friedrich Wilhelm, der Große Kurfürst,
Aristoteles 68, 70, 270 Kurfürst 170
Arnheim 90 Brenz, Johannes 98, 208
Aufkirchen 221 Brisbane, Matthew 138
Augsburg 173, 213–228, 233, 235 Brixen 221
Augustinus, Hl. 65, 271 Brognolo, Candidus 83–85
Australien 18, 28, 281–290 Brossier, Marthe 123
Averroes 70 Brüssel 17, 27
Avicenna 77 Bugenhagen, Johannes 207
Bühnau, Gunther von 202
Baarsen, Quiwe 318 Burton, Robert 76f., 107, 123
Badajoz 178–180, 187
–, Don Juan de Ribera, Bischof 181 Calatorao 272f.
Bannockburn 137 Cambridge 148
Barcelona 188 Campos, Salvador de 265
342 Orts- und Personenindex

Canisius, Petrus 171, 213–228 Ellwangen 85


Cardo, Paolo Maria 85 England 14, 18, 24, 27, 129, 133f., 145, 157
Casp 274 Erasmus von Rotterdam 90f.
Castellón 272, 274 Erfurt 9, 20
Cerda, Doña Luisa de la 187 Erp 253
Cervantes Saavedra, Miguel de 270 Esnault, Françoise 116, 118
Cervera 272 Estremadura 177–189
Chamizo, Cristobal 183f. Ettal 221, 225f.
Chantal, Jeanne de 112 Eynatten, Maximilian ab 220
Charcot, Jean-Martin 17, 27, 268
Chaumart, Noelle 115–117 Faber, Peter 217
Chaumont 109, 116f. Faci, Roque Alberto 272
China 328, 336 Ferdinand VII., König von Spanien Siehe
Cillas 272 Spanien
Claus, Silvester 208 Ferdinand Maria, Kurfürst von Bayern
Constantinus Africanus 66 Siehe Bayern
Cordus, Augustus 199f. Ferrand, Jacques 77
Covarrubias, Sebastian de 185 Ficino, Marsilio 77, 95f.
Crossen 169 Fife 137
Fillan, Hl. 137
Dänemark Siehe Norwegen Finnland Siehe Schweden
Darrell, John 145, 147f. Finnmark 307–320
Delrio, Martin 220, 241 Fischart, Johann 208, 219f.
Den Haag 249–252 Flacius (Illyricus), Matthias 219
Descartes, René 214 Francis, Charles 283
Deutenhofen, Johann Mändl, Freiherr 223 Franken 206
Deventer 249, 254 Frankfurt a.M. 195, 206, 219f.
Dickson, Margaret 132 Frankreich 13f., 17, 22–24, 27, 77, 107–123,
Diepenbroeck, Franciscus 254 204, 208, 215f., 260, 275
Dillingen 216, 222 –, Karl IX., König 215
Dionysius Areopagita 65 –, Katharina de Medici, Königin 215
Dithmarschen 208 –, Napoleon I., Kaiser 265
Dittus, Gottliebin 294 Franz von Assisi 112
Dohna 168 Franz von Sales, Hl. 107–123
Dresden 199f. Franz Xaver, Hl. 224, 233–244
Duifhuis 252 Freiberg 199f.
Dürrmenz 208 Freising 85, 221–223, 225
Düsseldorf 91 Freud, Sigmund 226
Frey, Bernhard 224f., 238
East Lothian 132 Friedrich Heinrich, Fürst von Oranien Siehe
Eber, Paul 197–199, 202 Oranien
Ebersberg 220 Friedrich Wilhelm, der Große Kurfürst, Kur-
Eboli 187 fürst von Brandenburg Siehe Brandenburg
Echter, Julius 221 Frölin, Barbara 173
Edinburgh 133 Fuente de Cantos 181
Effner, Joseph Felix 227 Fuente, Alonso de la 177–189
Eichstätt 223, 225 Fugger 173, 216–218
–, Johann Jakob Kuechner, Bischof 167 –, Anton 216
Eilean Maree 128, 137 Füglin, Johannes 92
Eisengrein, Martin 218f., 225 Füssen 222
Orts- und Personenindex 343

Garcia, Joaquina 272 Hieronymus, Hl. 44


Gartmore, Sir John Graham of 135, 139 Hildesheim 208
Gaßner, Johann Joseph 85, 227 Hippocrates 268
Gault, Jean-Baptiste, Bischof von Marseille Hoffaeus, Paul 218
Siehe Marseille Hohenpeißenberg 226
Geisling 238 Holmes, Thomas 159
Geißlbrecht, Apollonia 165f. Horssen 254
–, Hans 165 Houbraken, Joannes 249–261
Gelderland 253f. Huber, Rosina 223
Gemert 252 Huesca 263, 266, 272, 274
Genf, Franz von Sales, Bischof Siehe Hunter, James 133f., 138
Franz von Sales
Giesing 214, 227 Iamblichos 77
Gifford, George 156–159 Ignatius von Loyola, Hl. 216f., 237, 239f.,
Glasgow 135 242f.
Glover, Mary 78, 145 Incarnation, Marie de l’ 108f., 111, 115
Gobniu, Hl. 137 Indien 333
Godefroy, Johanne 115–117 Ingolstadt 167, 171, 173, 216, 218–221
González, Mari 184 Innsbruck 216
Gosson, Stephen 147 Irland 128
Gotfridius, Martinus 217 Italien 17, 27, 138, 178, 208, 299
Göttel, Nickel 195f., 201, 203, 205
Granada 188 Jaca 272
–, Luis de 178, 185 Japan 333
Grandier, Urbain 30 Jena 196
Grave 89f. Jessen 198f.
Graz 216 Johannes Trithemius, Abt von Sponheim
Greene, John 148 Siehe Sponheim
Guainerius, Antonius 77 Johns, Jonas 165, 169f.
Gundersen, Villum 312 Jølster 312
Jonson, Ben 145–160
Haarlem 25 Jorden, Edward 78
Haiti 50 Joseph II., Kaiser 227
Haizmann, Christoph 226 Joseph Bonaparte, König von Spanien
Hall (Tyrol) 216 Siehe Spanien
Hammond, Bronwyn 281 Juan von Avila, Hl. 181
Haye, Anna Elisabetha de la 223, 233–244 Jütland 205
–, Anna Elisabetha Susanna de la Siehe
Haye, Anna Elisabetha de la Kanijs, Piet Siehe Canisius, Petrus
–, Friedrich de la 234 Karl IV., König von Spanien Siehe Spanien
–, Maria Francisca de la Siehe Haye, Karl V., Kaiser 206, 216
Anna Elisabetha de la Karl IX., König von Frankreich Siehe
Hebriden 137 Frankreich
Heigl, Andreas 241 Katalonien 263
Heinrich, Prinz von Portugal Siehe Portugal Katharina von Bologna, Hl. 244
Heresbach, Konrad von 91 Katharina de Medici, Königin von Frankreich
Hertogenbosch, ’s- 250, 252f. Siehe Frankreich
Herzberg 198 Kempten 222
Hessen-Kassel, Moritz, Landgraf 206 Kevelaer 253, 256
Heydingsfeldt 220 Killigrew, Thomas 284
344 Orts- und Personenindex

Kirk, Robert 132 Marcos, Francisco 274f.


Kleve-Jülich-Berg, Wilhelm V., Herzog 89f. Mariazell 226
Klingner, David 281f. Markus von Aviano 241
Klösterle 85 Marseille 108, 111, 116
Knag, Niels Tygesen 309, 311, 313–317 –, Jean-Baptiste Gault, Bischof 108–111,
Knox, John 135 116
Köln 240 Martin von Tours, Hl. 13, 23
Kopenhagen 307, 309, 311f. Martin, Martin 129, 131, 137
Korea 12, 15, 22, 25, 327–338 Martínez, Joaquina 263–277
Kuechner, Johann Jakob, Bischof von Eich- Martinsbuch 221
stätt Siehe Eichstätt Maurus, Hl. 116
Kuhn, Thomas 287 Maximilian I., Herzog/Kurfürst von Bayern
Küpferle, Gabriel 224 Siehe Bayern
Küstrin 206 Maximilian III. Joseph, Kurfürst von Bayern
Siehe Bayern
La Fuente el Maestre 178f. Mayer, Anna 224f.
Lainius, Iacobus 217 Mecheln 17, 27, 255
Landsberg (Lech) 216 Medici, Katharina de, Königin von Frank-
Laon 215, 220 reich Siehe Frankreich
Lappland 307f., 315, 317, 319 Meierij 249–261
Laynez, Jakob 219 Meißen 164, 197–199
Leclerc, Françoise 115–118 Melbourne 281
Leith 133 Mellingen 165, 195
Leitmeritz 168 Menghi, Girolamo 82f., 85, 220
Lemnius, Levinus 75–77 Mesmer, Franz Anton 85f., 227
Lérida 272 –, Johann Joseph 227
Lilienskiold, Hans Hanssen 310–313, 315 Metten 226
Lille 256 Metz 90
Livland 194, 206 Mexía, Pedro 270
Llerena 177–189 Middleton, Thomas 159f.
Loch Maree 128 Milingo, Emmanuel 17, 27
Loevestein 253 Montaltus, Philotheus Elianus 77
London 149 Montgelas, Maximilian, Graf 227
Loreto 218 Montoya, Juan López de 181–183
Loudun 11, 16, 22, 26, 30, 111–113, 123, Moray 134
284 Moritz, Landgraf von Hessen-Kassel Siehe
Löwenberg 164 Hessen-Kassel
Lucrecia von León, Hl. 187 Moritz, Herzog/Kurfürst von Sachsen Siehe
Lusaka 17, 27 Sachsen
Luther, Martin 9, 20, 186, 216 Morzines 17, 27
München 85, 213–228, 234, 240, 242
Madrid 180f., 184, 274 Munday, Anthony 148
Maelrubha, Hl. 128 Murdoch, Rupert 281
Magnus, Olaus 307, 319
Mainz 221 Napoleon I., Kaiser von Frankreich Siehe
Malasaña, Manuela 275 Frankreich
Mändl, Johann, Freiherr von Deutenhofen Nas, Johannes 209
Siehe Deutenhofen Naumburg 166
Mansfeld 197 Nettesheim, Heinrich Cornelius, Agrippa von
Marbach, Johann 219f. Siehe Agrippa von Nettesheim
Orts- und Personenindex 345

Neuengland 133 Pleystein 234


Nicolai, Friedrich 85 Poitiers 16, 26
Niederlande 13, 15, 24f., 205, 215, 249–261 Polidoro, Valerius 83
Nijmegen 214, 254 Pomponazzi, Pietro 75, 77
Nordland 308f., 312 Pontoise 108, 116
Northbrooke, John 147 Portugal 182, 185
Norwegen 307–320 –, Heinrich, Prinz 185, 187
Notre Dame des Ardilliers 112, 122 –, Sebastian, König 185
Nürnberg 193–210 Postel, Guillaume 215
Nuske, Matthew 281 Pou(e)lsen, Anders 307–320
Nyndge, Alexander 145 Prag 216
Prage, Gottlieb 168
Oberalting 221 Preßl, Karl 224
Oberelchingen 226 Preußen 171, 206
Obry, Nicole 215 Preysing 223
Oda, Hl. 253 Prierias, Sylvester 220
Oldecop, Johan 208f. Priscus, Hl. 116
Oliva, Gian Paolo 233, 241 Prouninck, Cornelis 249–261
Omgang 312 –, Gerard 252
Oporinus, Johannes 91 –, Jacob 253
Oranien, Friedrich Heinrich, Fürst 250 Puchmayer, Anna 225
Orléans 90, 108, 110, 115f., 119 Pürten 226
Österreich 216, 226f.
Otto, Truchseß von Waldburg Siehe Quiroga, Don Gaspar de 185, 187
Waldburg
Rabus, Johann Jakob 219f.
Paderborn 223 –, Ludwig 220
Padua 75 Rader, Matthäus 224, 240
Pahren 202 Ramo, Antonia 269–271, 274–276
Paisley 138 Rankins, William 147f.
Palafox, José de 265 Raßler, Jakob 224, 239
Paracelsus 91 Ravenstein 249, 252
Paris 63f., 70, 86, 90, 108, 110f., 115f., 118, Regensburg 85, 225f., 233, 242
123, 204 Reichenbach, John 283, 284
Pater, Ioannes Siehe Vater, Hans –, Leanne 281–283
Paul V., Papst 10, 21, 80 Reichersbeuern 223
Paulsen, Anders Siehe Poulsen, Anders Renner, Barbara 223
Pedersen, Anders 310 Ribera, Don Juan de, Bischof von Badajoz
Peelland 249, 251f., 254, 257 Siehe Badajoz
Peitz 170 Rieder, Katharina 224, 239f., 242
Pencaitland 132 Robert Bruce, König von Schottland Siehe
Perthshire 137 Schottland
Petrus Lombardus 64 Rom 108, 215–217, 222, 241
Pfalz-Neuburg 234 Roschmann, Susanne 217
Philipp II., König von Spanien Siehe Spanien Rubens, Peter Paul 216
Pirna 164 Rumilly 113
Pizarro, Francisco 178 Rußland 307, 309
Plancy, Collin de 40
Planes, Jerónimo de 271 Sachsen 166, 195, 206
Pleinacher, Elisabeth 172 –, Moritz, Herzog/Kurfürst 206
346 Orts- und Personenindex

Saltoun, Sir John Fletcher of 135f., 139 St. Salvator 166


Sambia 17, 27 Starckh, Willibald 223f., 233–244
Sánchez, Gaspar 178 Steel, Alick 133, 138
–, Mari 179f., 184f. Stenntz, Melchior 201, 204
Santa María, Pedro de 184 Sterzinger, Ferdinand 85, 227
Saumur 112, 119 Stevenson, Bessie 135
Savini, Nicolas 90 Stirling 131, 137f.
Savoyen 108, 110, 114, 117, 119, 123 Stoiber, Edmund 100
Scaramelli, Giovanni Battista 244 Stoiber, Ubald 85
Schäflerin, Anna 173 Straßburg 219
Scharer, Pater 224 Strathfillan 137
Scheibenhart, Simon 217 Straubing 221, 223f., 233–244
Scherer, Georg 171f. Struthill 131
Scherpenheuvel 256 Stubbes, Philip 147
Scheurl, Hans Christoph 202 Stuttgart 218
Schijndel 253 Sulzbach 85
Schledorf 225 Surin, Jean-Joseph 12, 16, 22, 26
Schlesien 164, 206 Symson, Agnes 131f., 134, 136f.
Schlutterbauer, Anna 172
Schottland 14, 24, 127–141 Talaveruela 179
–, Robert Bruce, König 137 Tamarite de Litera 266
Schrobenhausen 223 Tecklenburg 91
Schweden 307, 309, 317, 319 Tesschenmacher, Engelbertus 254
Schweiz 217, 299 Theresa von Avila, Hl. 11, 22, 186f., 244
Scot, Reginald 78, 94 Thomas von Aquin, Hl. 63, 70, 270
Scutellius, Nicolaus 77 Thüringen 165, 195, 198, 202, 206
Sebastian, König von Portugal Siehe Thyraeus, Hermann 221
Portugal –, Petrus 11, 21, 221, 241
Seiler, Tobias 169 Toledo 180, 182, 188f.
Sevilla 181, 185, 187 Töring 223
Shakespeare, William 145 Torne Lappmark 309f.
Shanley, John 285, 287 Tosos 15, 17, 25f., 263–277
Sharp, John 132 Toulouse 77
Shaw, Christian 138 Traiguera 272
Simon von Trient, Hl. 235, 239 Trier 221
Skye 128, 137 Trithemius, Johannes, Abt von Sponheim
Somers, William 145 Siehe Sponheim
Son 252 Troms 308
Spalt 165 Trujillo 178
–, Michael 222 Tübingen 204, 218, 220
Spanien 15, 25, 177–189, 263–277 Tuntenhausen 224
–, Ferdinand VII., König 265
–, Joseph Bonaparte, König 265 Uden 249–261
–, Karl IV., König 265 Ulm 220
–, Philipp II., König 178–180, 182, 185, Ungarn 319
187, 215 Utrecht 220
Spanische Niederlande 250, 253, 255f.
Speer, Ulrich 223, 225 Vadsø 309–312
Spiera, Francesco 208 Valencia, Don Juan de Ribera, Erzbischof
Sponheim, Johannes Trithemius, Abt 90 Siehe Badajoz
Orts- und Personenindex 347

Varanger 310, 318 –, Johann 14, 16, 25f., 40, 79, 85, 89–103,
Vardøhus Siehe Finnmark 107, 204f., 214
Vater, Hans 14, 25, 165, 193–210 –, Matthes 90
Veghel 249, 251, 253f., 258f. Wien 171f., 216–219, 227
Verona 226 Wier, Johann Siehe Weyer, Johann
Viborg 205 Wilhelm V., Herzog von Kleve-Jülich-Berg
Vicecomes, Zacharias 83 Siehe Kleve-Jülich-Berg
Victoria (Australien) 281f. Wittelsbach 216, 219, 225
Villanueva de Huerva 264, 268, 274, 277 Wittenberg 197f., 220
Vollmer, Joan 281–290 Württemberg 208
–, Ralph 281–283 Würzburg 220f.
Vorarlberg 85
Xanten 214
Walburga, Hl. 239 Xaver, Franz Siehe Franz Xaver
Waldburg, Otto, Truchseß 216
Waldkreiburg 226 Zafra 181
Watts, Rikki 285–287, 290 Zaragoza 264, 266f., 271–273
Weber, Peter 204 Zedler, Johann Heinrich 82
Weimar 195 Zierikzee 75
Weiß, Johann 221f. Zorita 272, 274
Wels 223 Zusmarshausen 241
Weyer, Galen 91, 93, 96 Zwickau 196f.

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