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Helmut Günther

Spezielle Relativitätstheorie
Helmut Günther

Spezielle
Relativitätstheorie
Ein neuer Einstieg
in Einsteins Welt
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detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Prof. Dr. sc. nat. Helmut Günther


Geboren 1940 in Bochum. 1958 Abitur in Berlin-Weißensee. Anschließend Physikstudium an der Hum-
boldt-Universität zu Berlin mit dem Schwerpunkt Theoretische Physik und Relativitätstheorie. Diplom
1963. Promotion zum Dr. rer. nat. 1966 und zum Dr. sc. nat. 1972. Von 1972 bis 1982 Vorlesungen
über Theoretische Physik an der Humboldt-Universität zu Berlin.
Wissenschaftliche Stationen: Von 1963 bis 1969 Institut für Reine Mathematik der Deutschen Akademie
der Wissenschaften zu Berlin. Von 1969 bis 1982 Zentralinstitut für Astrophysik in Potsdam-Babels-
berg. Von 1982 bis 1986 Einstein-Laboratorium für Theoretische Physik in Potsdam-Babelsberg. Von
1987 bis 1989 Max-Planck-Institut für Metallforschung in Stuttgart. 1989/1990 Institut für Theoreti-
sche und Angewandte Physik der Universität Stuttgart. Von 1990 bis 2005 Professor für Mathematik
und Physik an der Fachhochschule Bielefeld, Fachbereich Elektrotechnik und Informationstechnik.

Albert Einstein (S. 33), Albert Abraham Michelson (S. 45), Hendrik Antoon Lorentz (S. 48), Isaac
Newton (S. 69), James Clerk Maxwell (S. 180) und Hermann Minkowski (S. 201) von Christina Günther
(Berlin), 2004/2006, Mischtechnik

1. Auflage Februar 2007

Alle Rechte vorbehalten


© B.G. Teubner Verlag / GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2007

Lektorat: Ulrich Sandten / Kerstin Hoffmann

Der B.G. Teubner Verlag ist ein Unternehmen von Springer Science+Business Media.
www.teubner.de

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jedermann benutzt werden dürften.

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Druck und buchbinderische Verarbeitung: Strauss Offsetdruck, Mörlenbach
Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier.
Printed in Germany

ISBN 978-3-8351-0170-8
Meiner Mutter
gewidmet
Vorwort

Der vorliegende Text ist aus einer erweiterten Neubearbeitung der 2002 und 2004 erschie-
nenen beiden Auflagen der ”Starthilfe Relativitätstheorie” entstanden.
Die Spezielle Relativitätstheorie (SRT) wird immer wieder als ein wissenschaftliches
Terrain deklariert, auf dem sich im Grunde nur wenige auserwählte Denker zurecht-
finden. Dies mag wohl so sein, wenn man versucht, dem Geniestreich Albert Einsteins
aus dem Jahr 1905 zu folgen, mit dem er diese Theorie hervorgebracht hat. In den
traditionellen Darstellungen der SRT wird auf diesem Wege dem unvorbereiteten Leser
zuerst das unglaubliche Postulat von der universellen Konstanz der Lichtgeschwindigkeit
vorgesetzt, das Einsteinsche Relativitätsprinzip, um ihn dann mit den nicht minder
unglaublichen Konsequenzen über das Verhalten von bewegten Maßstäben und Uhren mit
einem endlosen Grübeln allein zu lassen.
Mit dieser Tradition wollen wir hier brechen.
Wir verfolgen das Ziel, ein wirkliches Verstehen der Speziellen Relativitätstheorie zu
ermöglichen, ohne gleich das ganze Instrumentarium der theoretischen Physik auf den
Plan zu rufen. Dem Studenten der Physik, der sich i. allg. bereits ganz am Anfang seiner
Ausbildung mit dieser Theorie auseinandersetzen muß, soll hier eine Brücke gebaut werden.
Aber auch denjenigen Leser, der nicht unbedingt theoretischer Physiker werden will, wollen
wir mit einer unabhängigen Kompetenz zu den Fragen der Speziellen Relativitätstheorie
ausstatten, indem wir die komplette Grundidee der Speziellen Relativitätstheorie auf den
ersten fünfzig Seiten dieses Buches ausführlich darstellen und danach auf einer einzigen
Seite zusammenfassen.
Dazu haben wir einen neuen Zugang zur Speziellen Relativitätstheorie
entwickelt, der weniger abstrakt ist als der Einsteinsche, ohne deswegen weniger
exakt zu sein. Die Elektrodynamik können wir dabei zunächst ganz ausklammern. Wir
beschränken uns in diesem Teil unseres Buches auf die Erklärung der relativistischen
Raum-Zeit und auf die Mechanik. Die universelle Konstanz der Lichtgeschwindigkeit
wird dabei erst am Ende als ein Ergebnis unserer neuen Axiomatik dastehen, die der
Einsteinschen vollständig äquivalent ist.
Der angehende theoretische Physiker kommt aber nicht umhin, die ursprüngliche
Einstein-Minkowskische Axiomatik gründlich zu studieren, weil damit nicht nur das
Relativitätsproblem brillant gelöst, sondern auch große Theorie gemacht wurde. Und
dafür brauchen wir die Elektrodynamik. Gemäß dem Anliegen unseres Buches, eine
Einstiegs-hilfe in die physikalischen Probleme zu sein, werden wir auch die Maxwellsche
Theorie von Grund auf behandeln. Darauf bauen wir den modernen Formalismus der
Speziellen Relativitätstheorie auf, ohne den theoretische Physik heute überhaupt nicht
mehr zu begreifen ist. Das im Minkowski-Raum formulierte Relativitätsprinzip erfüllen
wir durch die vierdimensionale tensorielle Darstellung der Mechanik und der Elektrody-
namik.
Die benötigten mathematischen Hilfsmittel werden in einem Anhang zur Verfügung
gestellt.
In Kap. 35 diskutieren wir eine physikalische Besonderheit, ein Gittermodell der SRT,
das uns eine Denkmöglichkeit anbietet, die relativistischen Effekte elementar zu begreifen.
Diese Ausführungen sollen auch wissenschaftstheoretisch interessierte Leser ansprechen.
8 Vorwort

Den theoretisch ausgerichteten Studenten wollen wir mit der vorliegenden Darstellung
der Relativitätstheorie in die Lage versetzen, gut vorbereitet weiterführende physikalische
Theorien in Angriff zu nehmen, die den Rahmen unseres Buches überschreiten: Einsteins
Allgemeine Relativitätstheorie bleibt hier ebenso ausgeklammert wie die Quantentheorie.
Wir behandeln keine Spinorfelder und gehen also nicht auf die Dirac-Gleichung ein. In
den Kapiteln 20–27 widmen wir uns den bekanntesten relativistischen Phänomenen und
Paradoxa. Ein Schlüssel zu deren Verständnis ist immer wieder der exakte Umgang
mit der Definition der Gleichzeitigkeit. Mit der begrifflichen Stellung der Gleich-
zeitigkeit im Gebäude der SRT setzen wir uns von Anfang an besonders gründlich
auseinander, um Fehlschlüsse aus der Speziellen Relativitätstheorie möglichst sicher zu
vermeiden.
Anhangsweise geben wir einen knappen Einblick in wichtige Testexperimente zur
Speziellen Relativitätstheorie. Dieses Kapitel ist als eine erste Anregung für den experi-
mentell ausgerichteten Leser gedacht.
Durch zahlreiche Abbildungen und Übungsaufgaben mit vollständig durchgerechneten
Lösungen wollen wir den Text noch transparenter machen.
Zusätzliche Literaturhinweise sollen zur Vertiefung des Stoffes anregen.
Das Verlagshaus B.G. Teubner besitzt eine große Tradition bei der Verbreitung der Ideen
zur Speziellen Relativitätstheorie. Besonders im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts
wurde hier eine wahrhafte Starthilfe für den Umbruch im Denken geleistet, den diese
Theorie mit sich brachte. In einem kurzen Nachwort erinnern wir an einige der zahlreichen
Darstellungen zu dieser Thematik, die bis heute im Teubner-Verlag erschienen sind.
Für die fruchtbare und unkomplizierte Zusammenarbeit, die zu der Herausgabe dieses
Buches geführt hat, bin ich dem Verlag, namentlich Herrn U. Sandten, dankbar verbun-
den. Herzlichen Dank sage ich auch Frau U. Klein für ihre freundlichen Hilfen bei der
Überwindung meiner zahlreichen LATEX-Probleme.
Für die unermüdliche Sorgfalt bei den Korrekturarbeiten zu dem vorliegenden Text
möchte ich meiner Frau C. Günther sehr danken. Besonders herzlich danken möchte ich
aber meiner Frau für die künstlerische Auflockerung des wissenschaftlichen Textes, für die
Porträts der großen Physiker, die sie eigens für diese Neuauflage gemalt hat.
Die Bereitstellung einer glänzend funktionierenden Technik zur Erstellung des Manu-
skriptes ist das Verdienst von Herrn Dipl.-Ing. M. Hesse. Dafür möchte ich hier sehr
danken.
Die zahlreichen Anregungen, die ich im Rahmen eines Seminars auf der Sommeruniversität
der Studienstiftung des deutschen Volkes in La Villa 2005 erhalten habe, sollen hier
dankbar erwähnt werden.
Für fruchtbare Diskussionen und wertvolle Anregungen zum vorliegenden Text danke ich
meinen Kollegen Prof. W. Gerling, Prof. M. Karger und Prof. C. Schröder.
Berlin, im Dezember 2006 Helmut Günther
Inhalt
Raum · Zeit · Bewegung 13
1 Maßstäbe und Uhren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13
2 Inertialsysteme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14
3 Koordinaten und Geschwindigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16
3.1 Ein Inertialsystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16
3.1.1 Ortskoordinaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16
3.1.2 Das Problem der Zeitmessung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16
3.1.3 Die Relativgeschwindigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19
3.2 Zwei Inertialsysteme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20
3.2.1 Koordinaten-Transformationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21
3.2.2 Das Additionstheorem der Geschwindigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21
4 Die speziellen Koordinaten-Transformationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23
4.1 Die Definition der Gleichzeitigkeit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .24
4.2 Die linearen Transformationsformeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25
4.3 Das Additionstheorem der Geschwindigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26
5 Bewegte Maßstäbe und Uhren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27
5.1 Bewegte und ruhende Maßstäbe. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .27
5.2 Bewegte und ruhende Uhren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29

Das Relativitätsprinzip 32
6 Einsteins Relativitätsprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32
7 Elementare Relativität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36

Elementarer Aufbau der klassischen Raum-Zeit 39


8 Die physikalischen Postulate der klassischen Raum-Zeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39
9 Elementare Relativität - Die Galilei-Transformation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40

Elementarer Aufbau der relativistischen Raum-Zeit 44


10 Der bewegte Stab ist verkürzt - Das Michelson-Experiment . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44
11 Die bewegte Uhr geht nach -
Einsteins experimentum crucis der Speziellen Relativitätstheorie . . . . . . . . . . . . . . . 51
12 Die physikalischen Postulate der relativistischen Raum-Zeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54
13 Elementare Relativität - Die Lorentz-Transformation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56
14 Die lineare Näherung der Speziellen Relativitätstheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61

Die ganze Theorie auf einer Seite 65


10 Inhalt

Die Newtonsche Mechanik 66


15 Die Newtonschen Axiome . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66
16 Die klassische Mechanik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70
17 Das Tolmansche Gedankenexperiment - Die relativistische Mechanik . . . . . . . . . . . . 72
17.1 Die relativistische Massenformel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72
17.2 Die relativistischen Grundgleichungen der Mechanik. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .76

Einsteins Energie-Masse-Äquivalenz 79
18 Die Trägheit der Energie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79
19 Einsteins Idee der Energie-Masse-Äquivalenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85

Relativistische Phänomene und Paradoxa 87


20 Fresnelscher Mitführungskoeffizient . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87
21 Ein Paradoxon zum Mitführungskoeffizienten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88
22 Thomas-Präzession . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .89
23 Das Maßstabsparadoxon . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93
24 Doppler-Effekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98
24.1 Die klassische Theorie des Doppler-Effektes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99
24.1.1 Longitudinale Beobachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99
24.1.2 Transversale Beobachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101
24.2 Die exakte Theorie des Doppler-Effektes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103
24.2.1 Longitudinale Beobachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103
24.2.2 Transversale Beobachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105
25 Aberration . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106
25.1 Die Aberration im Teilchenbild . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106
25.2 Die Aberration im Wellenbild . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109
26 Ein Paradoxon zur Aberration von Wellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112
27 Das Zwillingsparadoxon . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116

Der mathematische Formalismus der


Speziellen Relativitätstheorie 125
28 Die Lorentz-Gruppe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125
28.1 Die spezielle Lorentz-Transformation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125
28.2 Die allgemeine Lorentz-Transformation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132
28.3 Die allgemeine eigentliche Lorentz-Transformation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138
28.4 Allgemeine Theorie der Thomas-Präzession . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142
28.5 Geometrie im Minkowski-Raum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146
28.6 Einsteins Relativitätsprinzip im Minkowski-Raum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153
Inhalt 11

29 Die kovariante Formulierung der relativistischen Mechanik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154


29.1 Die Bewegung eines Teilchens im Minkowski-Raum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154
29.1.1 Die Eigenzeit einer Teilchenbewegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154
29.1.2 Die Vierervektoren einer Teilchenbewegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156
29.2 Die Dynamik der Teilchen im Minkowski-Raum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158
30 Elektrodynamik - Kovariante Formulierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164
30.1 Die Maxwellsche Theorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165
30.1.1 Ladungen und Ströme - Die Kontinuitätsgleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166
30.1.2 Die Lorentz-Kraft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169
30.1.3 Induktionsfluß und Induktionsgesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170
30.1.4 Elektrische Verschiebung und magnetische Erregung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174
30.1.5 Die Maxwellschen Gleichungen - Elektromagnetische Wellen . . . . . . . . . . 179
30.2 Die kovariante Formulierung der Elektrodynamik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186
30.2.1 Die vierdimensionalen Größen der Elektrodynamik. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186
30.2.2 Die vierdimensionale Elektrodynamik im Vakuum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192
30.2.3 Die vierdimensionale Elektrodynamik bewegter Medien . . . . . . . . . . . . . . . . 198
30.3 Die Elektrodynamik im absoluten Maßsystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202
30.3.1 Elektrodynamik im Medium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202
30.3.2 Elektrodynamik im Vakuum - Vierdimensionale Formulierung. . . . . . . . . .202

Anhang 208
31 Relativität der Längen- und Zeitmessungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208
32 Maßstabsparadoxon und Zwillingsparadoxon
bei nichtkonventioneller Gleichzeitigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213
32.1 Das Maßstabsparadoxon . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214
32.2 Das Zwillingsparadoxon . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215
33 Einsteins Additionstheorem für beliebig gerichtete Geschwindigkeiten . . . . . . . . . 216
34 Testexperimente zur Speziellen Relativitätstheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218
35 Ein Gittermodell der relativistischen Raum-Zeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224
36 Mathematische Hilfsmittel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 240
36.1 Erinnerung an die Tensorrechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 240
36.2 Integralsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 251
36.3 Die δ-Funktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 259
37 Aufgaben und Lösungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 262
Nachwort: Die Spezielle Relativitätstheorie im Verlag B.G. Teubner in Leipzig . . . . . . 330

Literatur 333

Register 335
Raum · Zeit · Bewegung
Der Meßprozeß zur Überprüfung einer physikalischen Theorie und die Bewegung von
Körpern im Raum sind nicht voneinander zu trennen. Die sorgfältige Formulierung der
Bewegung in Raum und Zeit ist daher von grundsätzlicher Bedeutung. Fragen, die zur
Speziellen Relativitätstheorie führen, sind darin bereits angelegt.

1 Maßstäbe und Uhren


Ein Ereignis beschreiben wir durch den Ort, wo es stattgefunden hat, und durch die
Zeit, wann es passierte. Wir brauchen Maßstäbe und Uhren, um Entfernungen und
Zeitintervalle zu messen, und wir müssen sicherstellen, daß wir stets über hinreichend
viele, identisch gebaute Normalmaßstäbe LN für die Längenmessung und Normaluhren
mit einer Periode TN für die Zeitmessung verfügen.
Für Präzisionsmessungen ist es allein sinnvoll, sich auf solche Vergleichsmaße für
Längen und Zeiten zu beziehen, die uns die Natur selbst zur Verfügung stellt. Man
bedient sich dazu der von den Atomen oder Molekülen ausgesandten Spektren elektro-
magnetischer Strahlung ganz bestimmter, unveränderbarer Wellenlängen und Frequenzen1 .

Das Meter LN wird definiert als das 1 650 763,73 fache der Wellenlänge einer
bestimmten orangeroten Spektrallinie des Kryptonisotops 86 Kr .

Das Zeitintervall TN von einer Sekunde ist die Dauer von 9 192 631 770 Schwingungen
einer bestimmten Spektrallinie des Cäsiumisotops 133 Cs .

Die quantitative Beschreibung jeder meßbaren physikalischen Größe setzt sich immer
aus zwei Angaben zusammen, der Maßeinheit, die eine Vergleichsmenge bereitstellt,
und der Maßzahl, welche angibt, wie oft ich die Vergleichsmenge hernehmen muß, um
die zu messende Größe daraus zusammenzusetzen. Dabei wird heute durchgängig das
SI-Maßsystem verwendet.

1 m und 1 s sind die Maßeinheiten für Länge und Zeit im SI-Maßsystem.

Die Entfernung von 100 m = 100 LN entsteht, wenn wir 100 · 1 650 763,73 Wellenlängen
aus der o.g. Spektrallinie des Kryptonatoms hintereinanderlegen. Man schreibt l = 100 m
und ebenso für die Maßzahl l = 100 .
Ein Zeitintervall dauert 2,5 s = 2,5 TN , wenn es mit der Dauer von 2,5 · 9 192 631 770
Schwingungen aus der o.g. Spektrallinie des Cäsiumatoms übereinstimmt. Man schreibt
t =2,5 s und ebenso für die Maßzahl t = 2, 5 .
Das Meter und die Sekunde sind damit keine abstrakten Begriffe, sondern physikalische
Eigenschaften von Atomen und Molekülen. Also können und werden wir die Instrumente
unserer Messungen selbst zu Gegenständen von Messungen machen. Insbesondere werden
diejenigen Beobachtungen von grundsätzlicher Bedeutung sein, die wir für ruhende und
bewegte Maßstäbe bzw. Uhren feststellen.
1 Das Meter wurde ursprünglich als der vierzigmillionste Teil des Erdumfanges verstanden.

Wir vermeiden hier bewußt eine Definition des Meters mit Hilfe der Lichtgeschwindigkeit.
14 Raum · Zeit · Bewegung

2 Inertialsysteme
Bewegung eines Körpers ist immer Bewegung in bezug auf einen anderen Körper. Die
Ordnung der Ereignisse in Raum und Zeit bedarf der Auszeichnung eines Systems fest
miteinander verbundener Körper, eines Bezugssystems, in welchem wir das Eintreten eines
beliebigen Ereignisses messen. Im Grunde genommen kann man irgendeinen Bezugskörper
nehmen. Aber nur bei bestimmten Bezugssystemen gelingt uns eine einfache Beschreibung
der Bewegung, so daß wir tiefer in deren Gesetzmäßigkeiten eindringen können. Man
denke an die kopernikanische Wende, den Übergang vom geozentrischen Weltbild des
Ptolemäus zum heliozentrischen Weltbild des Kopernikus. Wir definieren:

Solche Bezugssysteme, in denen ein Körper in Ruhe oder gleichförmiger Bewegung


verharrt, solange keine physikalischen Kräfte auf ihn einwirken, heißen nach Galilei
Trägheitssysteme bzw. Inertialsysteme.

Gibt es die überhaupt?2


In einer für viele Zwecke ausreichenden Näherung ist ein Laboratorium auf der Erde oder
einfach unser Hörsaal ein solches Inertialsystem. Für genauere Messungen werden aber
die Drehungen der Erde stören, ihre Bewegungen um die eigene Achse und um die Sonne,
und dann vielleicht noch die Bewegung des ganzen Sonnensystems. Um möglichst sicher
zu gehen, denken wir uns ein durch den Fixsternhimmel definiertes Bezugssystem Σo ,
s. Abb. 1 , wie es z.B. durch das Zentrum unserer Galaxis realisiert wird.3 Weiter wollen
wir die Präzisierung dieses Inertialsystems Σo nicht treiben:

Das Bezugssystem fest miteinander verbundener Körper, die in bezug auf den
Fixsternhimmel ruhen, ist ein Inertialsystem Σo .

Bleibt ein kräftefreier Körper, von Σo aus betrachtet, in gleichförmiger Bewegung, dann
verharrt er in bezug auf ein System Σ im Ruhezustand, das durch diesen Körper realisiert
wird. Das mag uns genügen, um von einem Inertialsystem Σo auf alle anderen zu schließen:

Die Inertialsysteme werden durch die Gesamtheit der in bezug auf Σo gleichförmig
bewegten Bezugssysteme realisiert.

2 Bald nach seiner Entdeckung der Speziellen Relativitätstheorie hat A. Einstein[1] gezeigt, daß uns die

universelle Massenanziehung, die Gravitation, zwingt, den theoretischen Rahmen noch einmal wesentlich
zu erweitern. Das Verständnis der Speziellen Relativitätstheorie, die eine in sich geschlossene Theorie
darstellt, wird durch Überschneidungen mit gravitativen Effekten aber nur erschwert. Wir wollen daher
in diesem Buch alle Einflüsse der Massenanziehung prinzipiell vernachlässigen. Diese sind Gegenstand der
Allgemeinen Relativitätstheorie.
3 Wie man mit dem Foucaultschen Pendelversuch leicht zeigt, erfährt ein an der Hörsaaldecke

aufgehängtes mathematisches Pendel im Laufe der Zeit ohne die Einwirkung von Kräften eine Änderung
seiner Schwingungsebene, weil die Erde eben kein Inertialsystem ist. Die Erde dreht sich in bezug auf
Σo . Vom Inertialsystem Σo aus betrachtet, verändert sich die Schwingungsebene des Pendels nämlich
nicht. Die Eigenschaft unserer sich drehenden Erde, in Strenge kein Inertialsystem zu sein, wird bei einem
interessanten Präzisionsexperiment zur relativistischen Zeitdilatation besonders auffällig, s. Aufg. 4, S. 265.
2 Inertialsysteme 15

*
* *
* Wagen
Großer
* *
Σo
* *
* *
*
*
Polar stern
*
* * * *
** *
Bootes *
*
Kleiner Wagen * *
*
* *
* * ** *
* Drache * * Krone *
* * * ** *
Cepheus * * **
* * * ** *
* * * *
* * *
* *
* *
Herkules
* *
* * * *
* *
-x
* *
Schwan * Lyra
*
* *
*
*
Abb. 1: Die seit Jahrtausenden zueinander unveränderten Positionen der Fixsterne unserer Milch-
straße definieren ein Bezugssystem, das wir im folgenden mit Σ o bezeichnen.
16 Raum · Zeit · Bewegung

3 Koordinaten und Geschwindigkeiten

3.1 Ein Inertialsystem


Wir begeben uns in ein beliebiges, dann aber festgehaltenes Inertialsystem und wählen
dafür das im vorangegangenen Kapitel definierte System Σo . Ein Ereignis wird durch
vier Zahlenangaben beschrieben, drei für den Ort und eine für die Zeit.

3.1.1 Ortskoordinaten
Wir wählen willkürlich im Raum einen Nullpunkt, den Koordinatenursprung O3 (0, 0, 0) ,
und drei zueinander senkrechte Richtungen der x-, y- und z-Achsen eines kartesischen
Koordinatensystems. Durch Aneinanderlegen von hinreichend vielen unserer Normal-
maßstäbe LN werden damit jedem Punkt P (x) im Raum seine kartesischen Koordinaten
(x) = (x, y, z) zugeordnet. Z.B. erreiche ich den Punkt P (2, −3, 5) vom Nullpunkt anfan-
gend, in 2 Schritten mit dem Maß LN in x-Richtung, dann 3 in die negative y-Richtung
und 5 in z-Richtung. Damit können wir in diesem Inertialsystem Geometrie betreiben,
Entfernungen und Winkel messen und vergleichen. Man kann für ein und denselben Punkt
P auch irgendwelche anderen drei Zahlen als seine Koordinaten festlegen. Die einzige
Bedingung ist nur die eineindeutige Zuordnung zum Zwecke der zweifelsfreien Auffindung
des Punktes mit Hilfe seiner Koordinaten. Wir wollen uns auf die hier gegebene Definition
der Ortskoordinaten eines Punktes festlegen:

Die kartesischen Koordinaten (x) eines Punktes P (x) bestimmen wir in Σo als die
Maßzahlen seiner Entfernung vom Koordinatenursprung O3 (0, 0, 0) .

3.1.2 Das Problem der Zeitmessung


Mit der zeitlichen Ordnung von Ereignissen müssen wir vorsichtig sein. Wir verteilen
die Normaluhren hinreichend dicht, so daß überall Uhren zur Verfügung stehen, und wir
müssen die an verschiedenen Orten befindlichen Uhren synchronisieren, d.h. ’zeitgleich’
anstellen.
Nun kommt ein Problem. Setzen wir die Uhren zuerst alle am Koordinatenursprung in
Gang und verteilen sie danach über den Raum, oder verteilen wir sie erst über den Raum,
bevor wir sie in Gang setzen. Woher wissen wir dann aber, wann wir die Uhr z.B. bei
P (2, −3, 5) anstellen müssen, damit sie mit der Uhr am Ursprung O3 (0, 0, 0) synchron läuft?
Andererseits kann man mit Einstein[3] fragen, woher nehmen wir denn die Gewißheit, daß
”. . . der Bewegungszustand einer Uhr ohne Einfluß auf ihren Gang sei . . .”, so daß eine
Einstellung der Uhren vor ihrer Verteilung über den Raum danach nichts mehr wert wäre.
Bereits 1898 kommt H. Poincaré[1,2] zu der folgenden bemerkenswerten Analyse: ”Es ist
schwierig, das qualitative Problem der Gleichzeitigkeit von dem quantitativen Problem der
Zeitmessung zu trennen: sei es, daß man sich eines Chronometers bedient, sei es, daß man
einer Übertragungsgeschwindigkeit, wie der des Lichtes, Rechnung zu tragen hat, da man
eine solche Geschwindigkeit nicht messen kann, ohne eine Zeit zu messen. . . . Wir haben
keine unmittelbare Anschauung für Gleichzeitigkeit, ebensowenig für die Gleichheit zweier
Zeitintervalle.”
3 Koordinaten und Geschwindigkeiten 17

Poincaré zieht den Schluß: ”Die Gleichzeitigkeit zweier Ereignisse oder ihre Reihenfolge
und die Gleichheit zweier Zeiträume müssen derart definiert werden, daß der Wortlaut
der Naturgesetze so einfach wie möglich wird. Mit anderen Worten, alle diese Regeln, alle
diese Definitionen sind nur die Früchte eines unbewußten Opportunismus.”
Für die Synchronisation zweier Uhren UA und UB an den Endpunkten A und B einer
Strecke der Länge l brauchen wir eine Geschwindigkeit. Der Zeiger der Uhr UA werde
auf t1 gestellt, wenn ein Lichtsignal, ein Photon der Geschwindigkeit c , an ihr vorbeieilt.
Erreicht das Signal die Uhr UB am Endpunkt B der Strecke, so wird deren Zeiger auf
ts = t1 + l/c gestellt und läuft dann mit der Uhr UA synchron, Abb. 2.
Woher kennen wir aber die Lichtgeschwindigkeit, die Geschwindigkeit der Photonen? Wir
müssen die Zeit ts − t1 messen, die das Licht zur Überwindung der Strecke l benötigt
und bilden damit die Geschwindigkeit c = l/(ts − t1 ) . Hier ist ts − t1 die Differenz der
Zeigerstellungen der beiden Uhren an den Endpunkten der Strecke, Abb. 2. Dazu müssen
die beiden Uhren aber vorher synchronisiert worden sein, was wir wiederum mit dem
Licht gerade erst tun wollten. Wir drehen uns im Kreis, d.h., wir finden Poincaré bestätigt:

Die Kenntnis einer Geschwindigkeit erlaubt die Definition der Gleichzeitigkeit.


(1)
Die Definition der Gleichzeitigkeit erlaubt die Messung von Geschwindigkeiten.

Wie kommen wir also weiter? Für das System Σo postulieren wir eine Grunderfahrung,
die Homogenität und Isotropie unserer Raum-Zeit:

Es ist möglich, die Uhren in Σo so zu synchronisieren, daß an jedem Ort und in


jeder Richtung dieselben physikalischen Eigenschaften gemessen werden. (2)
Für das Licht wird dann in jeder Richtung dieselbe Geschwindigkeit festgestellt.

-c −c 

# t1 #
` ` ` ` ts = t1 + l
` 6 ` ` ` c
UA ` ` `-
` t2 UB 
` ` ` `
"!` ` "!` `
l

A B
Abb. 2: Nehmen wir für das Inertialsystem Σo Isotropie an, dann gelingt die Messung der
Lichtgeschwindigkeit mit einer einzigen Uhr UA und ermöglicht damit auch die Synchronisation
der Uhren UA und UB im System Σo .

Erreicht das am Anfangspunkt A unserer Strecke l zur Zeit t1 ausgesandte Lichtsignal


den Endpunkt B , dann wird ein Lichtsignal zurückgeschickt, welches am Ausgangspunkt
A zur Zeit t2 ankommt. Auf Grund der angenommenen Isotropie haben wir nun
sichergestellt, daß die Lichtgeschwindigkeit c in beiden Richtungen denselben Wert hat,
und wir finden für diese Geschwindigkeit c der Photonen
18 Raum · Zeit · Bewegung

2l
c= . (3)
t 2 − t1
2l
cDie
= Zeiten t.1 und t2 werden mit ein und derselben Uhr UA am Anfangspunkt A der (3)
t 2 − t1
Strecke gemessen.4 Für den numerischen Wert der Lichtgeschwindigkeit c messen wir
Die Zeiten t1 und t2 werden mit ein und derselben Uhr UA am Anfangspunkt A der
4 −1
Strecke
c = 299gemessen.
792 458 msFür. den numerischen Wert der Lichtgeschwindigkeit c messen wir (4)
Vakuum-Lichtgeschwindigkeit

Mit
c =der299so 458 ms−1 . Geschwindigkeit c der Photonen
bestimmten
792 im Vakuum können nun alle(4)
Vakuum-Lichtgeschwindigkeit im
Raum verteilten Uhren synchronisiert werden. Dabei beziehen sich unsere Überlegungen
Mit der sonur
zunächst bestimmten
auf das eineGeschwindigkeit
Inertialsystem Σc o der Photonen
. Die Uhr UB im Vakuum
läuft mit derkönnen
Uhr UAnun alle im
synchron,
Raum
wenn sie verteilten Uhren synchronisiert
bei der Ankunft des Signals diewerden. Dabei beziehen
Zeigerstellung ts hat, sich unsere Überlegungen
zunächst nur auf das eine Inertialsystem Σo . Die Uhr UB läuft mit der Uhr UA synchron,
wenn sie beil der Ankunft des Signals die Zeigerstellung ts hat,
Vorschrift zur Synchronisation der Uhren
ts = t1 + . (5)
c im System Σo
l Vorschrift zur Synchronisation der Uhren
ts = t1 + . (5)
Sind alle Uhren
c synchronisiert, dann nennen wir dieΣZeit
im System o t die vierte Koordinate eines
Ereignisses E(x, t) am Ort P (x) :
Sind alle Uhren synchronisiert, dann nennen wir die Zeit t die vierte Koordinate eines
Ereignisses E(x, t) am
Die Zeitkoordinate Ort PEreignisses
t eines (x) : E(x, t) bestimmen wir in Σo als die Maßzahl
der Zeitmessung am Ort P (x) .
Die Zeitkoordinate t eines Ereignisses E(x, t) bestimmen wir in Σo als die Maßzahl
der Zeitmessung
Jedes Ereignis E(x, amt) Ort
wirdP (x)
also. durch vier Zahlen charakterisiert, drei für den Ort und
eine für die Zeit. Alle Ereignisse erhalten damit sowohl eine räumliche als auch zeitliche
Jedes
Ordnung. Ereignis E(x,Darstellung
Für die t) wird alsovieler
durch vier Zahlen
Probleme charakterisiert,
ist es ausreichend und dreizweckmäßig,
für den Ort zwei
und
eine für die Zeit. Alle
Raumdimensionen Ereignisse erhalten
zu unterdrücken und dasdamit sowohl eine in
Inertialsystem räumliche als auch zeitliche
einem zweidimensionalen
Ordnung. Für die Darstellung
Raum-Zeit-Diagramm vielerDas
darzustellen. Probleme
Ereignisist
E(xesEausreichend
, tE ) ist dann und
einzweckmäßig,
Punkt PE inzwei der
Raumdimensionen
x-t-Ebene, Abb. 3. zu unterdrücken und das Inertialsystem in einem zweidimensionalen
Raum-Zeit-Diagramm darzustellen. Das Ereignis E(xE , tE ) ist dann ein Punkt PE in der
t
x-t-Ebene, Abb. 3.
6
t
tE 6 rPE (xE , tE )

tE rPE (xE , tE )

p -x
O(0, 0) xE
p -x
Abb.O(0, 0)
3: Jedem Ereignis E x
ist
E in der x-t-Ebene ein Punkt PE mit den Koordinaten xE and tE
zugeordnet.
Abb. 3: Jedem Ereignis E ist in der x-t-Ebene ein Punkt PE mit den Koordinaten xE and tE
zugeordnet.
4 Im Prinzip könnten wir die Photonen auch durch irgendwelche Körper K ersetzen, denen durch eine
Präzisionsmaschine stets ein und dieselbe Geschwindigkeit v erteilt wird. Man kann aus experimentellen
Gründen damit könnten
4 Im Prinzip aber niewirdiedie
Genauigkeit
Photonen erreichen
auch durchwieirgendwelche
bei Messungen mit K
Körper demersetzen,
Licht. Die Konstruktion
denen durch eine
einer solchen Maschine
Präzisionsmaschine stetshängt vondieselbe
ein und willkürlichen technischenvVorgaben
Geschwindigkeit ab, während
erteilt wird. Man kanndie Photonen
aus von der
experimentellen
Natur selbst,
Gründen vonaber
damit angeregten Atomen odererreichen
nie die Genauigkeit Molekülen,
wiestets in derselbenmit
bei Messungen Weise
demerzeugt
Licht. werden.
Die Konstruktion
einer solchen Maschine hängt von willkürlichen technischen Vorgaben ab, während die Photonen von der
Natur selbst, von angeregten Atomen oder Molekülen, stets in derselben Weise erzeugt werden.
3 Koordinaten und Geschwindigkeiten 19

3.1.3 Die Relativgeschwindigkeit


Wir sind nun in der Lage, in unserem Inertialsystem Σo die Geschwindigkeiten beliebiger
Objekte zu messen und zu vergleichen. Die Position eines Objektes K werde auf der
x-Achse durch x1 = x1 (t) beschrieben. Bei diesem Objekt kann es sich um einen Körper,
wie z.B. eine Stahlkugel, oder auch um die Front einer Lichtwelle handeln. Beiden ist
gemeinsam, daß sie eine Energie transportieren und daher ein Signal überbringen können.
Man kann sich aber auch vorstellen, daß wir z.B. ein sehr langes Lineal um einen kleinen
Winkel α gegen die x-Achse neigen. Das ’Objekt’ sei nun der Schnittpunkt dieses
Lineals mit der x-Achse. Bewegen wir das Lineal in Richtung der negativen y-Achse mit
einer Geschwindigkeit g , so hat die Position des Schnittpunktes mit der x-Achse eine
Geschwindigkeit v = g/ tan α in x-Richtung. Hierbei wird keine Energie in x-Richtung
transportiert und daher in dieser Richtung auch kein Signal übermittelt, Abb. 4.

Σo
6

α -x
× -v ?
g

Abb. 4: Zur Existenz beliebig großer Geschwindigkeiten (Erläuterungen im Text).

Unabhängig von ihrer physikalischen Natur bestimmen wir die Geschwindigkeit v der
durch x1 = x1 (t) beschriebenen ’Objekte’ gemäß der Gleichung
v = zurückgelegter Weg/Zeitdifferenz , also v = ∆x1 /∆t bzw. genauer v = dx1 /dt .
Bei dem über die x-Achse eilenden Schnittpunkt kann man diese Geschwindigkeit
durch eine entsprechende Verkleinerung des Neigungswinkels α beliebig groß machen.
Physikalisch ist das vollkommen ohne Belang. Bei der Stahlkugel und der Front der
Lichtwelle ist das etwas anderes. Hier ist v die Transportgeschwindigkeit einer Energie.
Eine mögliche Grenze für die Größe dieser Geschwindigkeiten ist nun eine physikalische
Aussage und wird zu untersuchen sein, s. Aufg. 7, S. 271.
Wir nehmen nun ein zweites Objekt L hinzu, das sich gemäß x = x(t) auf der x-Achse
mit der Geschwindigkeit u = dx(t)/dt bewegen möge. Wir können dann nach der
Relativgeschwindigkeit w fragen, die wir gemäß5
d
w := [x(t) − x1 (t)] , (6)
dt
definieren, mit der sich das Objekt L dem Objekt K auf der x-Achse nähert, Abb. 5,

Relativgeschwindigkeit w zweier
w =u−v ←→ u=w+v . (7)
Objekte in einem Inertialsystem

5 Die mathematische Bedeutung des Zeichens ” := ” ist definitionsgemäß gleich.


20 Raum · Zeit · Bewegung

Σo

L K
t -u t -v

-x
x=0 x(t) x1 (t)

Abb. 5: Die Relativgeschwindigkeit. Die Objekte L und K mögen im Inertialsystem Σo die


Geschwindigkeiten u = dx/dt bzw. v = dx1 /dt besitzen. Dann nähert sich das Objekt L in Σo
dem Objekt K mit der Relativgeschwindigkeit w = u − v . Ist z.B. v = 0, 8 c und u = 0, 9 c ,
dann nähert sich das Objekt L mit der Relativgeschwindigkeit w = 0, 1 c dem Objekt K .

Diese Relativgeschwindigkeit w ist also gemäß (6) nichts anderes als die Definition der
zeitlichen Änderung einer Koordinatendifferenz.
Zwei aufeinander zufliegende Stahlkugeln mit v = 0, 9 c und u = −0, 9 c nähern sich daher
mit einer Relativgeschwindigkeit w = −0, 9 c − 0, 9 c = −1, 8 c , und für zwei aufeinander
zueilende Lichtwellen ergibt sich eine von Σo aus gemessene Relativgeschwindigkeit von
w = −c − c = −2 c , also vom Betrag her die doppelte Lichtgeschwindigkeit. Daran
ist nichts Besonderes. Es handelt sich bei der Relativgeschwindigkeit w nicht um die
Geschwindigkeit einer Energieübertragung.
Von dieser Relativgeschwindigkeit w begrifflich streng zu unterscheiden ist die
Geschwindigkeit u des Objektes L , die ein Beobachter feststellt, welcher sich auf
dem Körper K befindet, also relativ zu K ruhend, wobei der Körper K zum System
Σo wieder die Geschwindigkeit v besitzen möge. Der Zusammenhang zwischen u und u
ist Gegenstand der Additionstheoreme der Geschwindigkeiten und soll anhand von Abb. 6
besprochen werden. Dies ist stets eine Aussage über zwei Inertialsysteme und setzt die
Kenntnis der Koordinaten-Transformationen voraus, die wir nun untersuchen wollen.

3.2 Zwei Inertialsysteme


Wir nehmen jetzt ein zweites Inertialsystem Σ hinzu, welches in bezug auf Σo die
konstante Geschwindigkeit v besitzen möge.
Auch in Σ verfügen wir über dieselben dort ruhenden Normalmaßstäbe und Normaluhren
wie in Σo , da uns dort dieselben Atome und Moleküle zur Verfügung stehen. Zur
Definition der Ortskoordinaten (x ) eines Punktes P (x ) verfahren wir ebenso wie in Σo
und fixieren einen Nullpunkt O3 (0, 0, 0) :

Die kartesischen Koordinaten (x ) eines Punktes P (x ) bestimmen wir in Σ als die
Maßzahlen seiner Entfernung vom Koordinatenursprung O3 (0, 0, 0) .

Wir nehmen ferner an, daß wir auch in Σ hinreichend viele dort ruhende Uhren verteilt
haben. Vorbehaltlich einer noch ausstehenden Synchronisation dieser Uhren werden wir
als Zeitkoordinate t die Zeigerstellungen dieser Uhren definieren:

Die Zeitkoordinate t eines Ereignisses E(x , t ) bestimmen wir in Σ als die Maßzahl
der Zeitmessung am Ort P (x ) .
3 Koordinaten und Geschwindigkeiten 21

3.2.1 Koordinaten-Transformationen
Jedes Ereignis E können wir sowohl in Σo als auch in Σ beschreiben,
E(x, t) = E(x , t ) . (8)

Der Zusammenhang zwischen den gestrichenen und den ungestrichenen Koordinaten heißt
Koordinaten-Transformation. Wir berücksichtigen die Geschwindigkeit v von Σ in
bezug auf Σo als Parameter und schreiben auch die Umkehrungen der Funktionen mit auf,


x = f1 (x, t, v) , x = ϕ1 (x , t , v) , ⎪



y  = f2 (x, t, v) , y = ϕ2 (x , t , v) , ⎬ Allgemeine Transformation
←→ (9)
z  = f3 (x, t, v) , z = ϕ3 (x , t , v) , ⎪


der Koordinaten


t = f4 (x, t, v) ,  
t = ϕ4 (x , t , v) .

Als Anfangsbedingung nehmen wir ein Ereignis O an, derart, daß der Koordinatenursprung
O3 zur Zeit t = 0 mit O3 zur Zeit t = 0 zusammenfällt,


x = 0 , x=0, ⎪



y = 0 , y =0,
Ereignis O : ←→ Anfangsbedingung (10)
z = 0 , z =0, ⎪



t = 0 , t=0 .

3.2.2 Das Additionstheorem der Geschwindigkeiten


Die allgemeine Form der Koordinaten-Transformation (9) hat eine wichtige Konsequenz:
ein Additionstheorem der Geschwindigkeiten, das uns noch mehrfach beschäftigen wird.
Für einen Körper K , der sich in Σo gemäß x1 = x1 (t) in x-Richtung bewegt, werde dort
die Geschwindigkeit v = dx1 (t)/dt gemessen. Dieser Körper realisiere das Inertialsystem
Σ . Von Σo aus werde für ein weiteres ’Objekt’ L die Bewegung x = x(t) in x-Richtung
mit der Geschwindigkeit u = dx(t)/dt beobachtet. Für dasselbe Objekt L wird von Σ
aus eine Bewegung x = x (t ) festgestellt und also eine Geschwindigkeit u = dx (t )/dt
beobachtet, vgl. Abb. 6,

Körper K Körper L
dx1 dx
Σo : v= , u= ,
dt dt
dx1 dx
Σ : v = := 0 , u = .
dt dt

Der Zusammenhang zwischen u und u wird durch die Transformationsformeln (9) fest-
gelegt. Wir beschränken uns auf Bewegungen in x-Richtung und finden mit Hilfe der
Kettenregel der Differentiation
22 Raum · Zeit · Bewegung

Σ
L K
t -u t -v

-u -x

q x (t ) q x =0
q q
Σo q q
q q
q-w q -x
x=0 x(t) x1 (t)
Abb. 6: Additionstheorem der Geschwindigkeiten. Der Körper K und ein ’Objekt’ L mögen im
Inertialsystem Σo die Geschwindigkeiten v = dx1 /dt bzw. u = dx/dt besitzen. Dann nähert
sich das Objekt L in Σo dem Körper K mit der Relativgeschwindigkeit w = u − v . Diese
Geschwindigkeit w ist i. allg. sehr verschieden von der Geschwindigkeit u , mit der sich nach
Aussage des auf dem Körper K sitzenden Beobachters das Objekt L dem Körper K nähert. Die
strichpunktierten Linien verbinden Punkte im Bild, die dasselbe Ereignis darstellen.

 −1  −1
dx dx dt d   d  
u = = = f1 x(t), t, v f4 x(t), t, v ,
dt dt dt dt dt
  −1
∂f1 dx ∂f1 ∂f4 dx ∂f4
= + + ,
∂x dt ∂t ∂x dt ∂t

also mit u = dx/dt ,

  −1
∂f1 ∂f1 ∂f4 ∂f4 Additionstheorem der Geschwindigkeiten
u = u+ u+ . (11)
∂x ∂t ∂x ∂t zur Transformation (9)

Die Gleichung (11) stellt die allgemeine Form eines Additionstheorems der
Geschwindigkeiten dar, wie es durch die allgemeine Transformation (9) erzwungen
wird. Erst mit Einsteins[1] Spezieller Relativitätstheorie war dieser Begriff in der Physik
aufgekommen. Dieses Theorem wird im folgenden noch eine wichtige Rolle spielen.
23

4 Die speziellen Koordinaten-Transformationen


In diesem Kapitel ist es unser Ziel, eine solche Darstellung für den Zusammenhang
von zwei Inertialsystemen zu geben, daß wir damit gleichermaßen mühelos sowohl die
klassische als auch die relativistische Raum-Zeit erfassen.
Wir orientieren die kartesischen Koordinaten der Bezugssysteme achsenparallel und
betrachten nur Bewegungen von Σ mit konstanter Geschwindigkeit v in einer Achsen-
richtung von Σo , hier der x-Richtung.
Wir sprechen dann von speziellen Koordinaten-Transformationen.6
Die ungestrichenen Koordinaten (x, t) sollen für das System Σo verwendet werden.
Inertialsysteme mit Geschwindigkeiten v bzw. u in x-Richtung von Σo heißen stets Σ
mit den gestrichenen Koordinaten (x , t ) bzw. Σ mit (x , t ) .
Im nächsten Kapitel untersuchen wir sehr genau, welche Aussagen die Koordinaten-
Transformationen über Längen und Schwingungsperioden von bewegten Maßstäben und
Uhren beinhalten. Die folgende, zuerst von H.A. Lorentz formulierte, allereinfachste
Erfahrung wollen wir hier bereits voranstellen:
Für einen Stab, der sich quer zu seiner Linearausdehnung bewegt,
(12)
wird dieselbe Länge gemessen wie im Ruhezustand. Daraus folgt:

y = y , z = z . (13)

In der Tat: Ein Stab ruhe auf der y  -Achse von Σ mit den Endkoordinaten 0 und y  .
Die Koordinaten haben wir als die Maßzahlen der Längen bestimmt. Folglich wird im
System Σ für seine Länge der Wert y  gemessen. Mit (10) und (13) besitzt der Stab in
Σo dann dieselben Endkoordinaten 0 und y = y  und zwar unabhängig von der Zeit, zu
der wir diese Koordinaten messen. Also wird auch dort seine Länge y = y  festgestellt.
Es sind keine Beobachtungen bekannt geworden, die diese Aussage in Frage stellen.
Zwischen den gestrichenen und ungestrichenen Koordinaten eines Ereignisses E ,
E(x, t) = E(x , t ) , (14)
geht es also noch um folgenden Zusammenhang,

x = f1 (x, t, v) , x = ϕ1 (x , t , v) ,
←→ (15)
t = f4 (x, t, v) , t = ϕ4 (x , t , v) .
Ein in Σ ruhender Punkt Po habe dort die unveränderliche Koordinate xo . Zum
Zeitpunkt to in Σo beobachtet, befinde er sich dort an der Position xo , also
xo = f1 (xo , to , v) .
Wir nutzen jetzt aus, daß v konstant ist. In Σo ist der Punkt Po dann zur Zeit to + t
an der Position xo + v t , während seine Koordinate xo in Σ unverändert geblieben ist,
xo = f1 (xo + v t, to + t, v) = f1 (xo , to , v) . (16)
Für beliebiges xo und to erfüllen wir diese Gleichung durch den Ansatz
x = f1 (x, t, v) = f (x − v t, v) . Für v = const (17)

6 Der Terminus ’speziell’ wird in diesem Sinne bei den ’speziellen Lorentz-Transformationen’ verwendet.

In der ’Speziellen Relativitätstheorie’ hat er eine andere Bedeutung. Dabei geht es um den Unterschied
zur Allgemeinen Relativitätstheorie, der Theorie von Raum, Zeit und Gravitation.
24 Raum · Zeit · Bewegung

4.1 Die Definition der Gleichzeitigkeit


Wir bemerken nun, daß die Funktion f4 (x, t, v) der Transformation (15) eine Verfügung
darüber enthält, wann die Uhren von Σ in Gang gesetzt werden. Ausgehend von der
Synchronisation der Uhren im System Σo , besitzt nämlich diejenige in Σ ruhende Uhr,
welche sich in Σo zur Zeit t = 0 gerade an der Position x befindet, gemäß (15) die
Zeigerstellung t = f4 (x, 0, v) . Dies nennen wir die allgemeine Synchronfunktion Ω ,

Allgemeine
Ω(x, v) := f4 (x, 0, v) . (18)
Synchronfunktion

Wir haben die Koordinaten als Maßzahlen der Orts- und Zeitmessungen gewählt. Die
Koordinaten-Transformationen (15) enthalten dann zwei vollkommen unterschiedliche
Aussagen: zum einen eine Definition, nämlich die eben benannte, im Prinzip frei wählbare
Synchronisationsvorschrift (18) für die Uhren von Σ , und zum anderen eine physikalische
Aussage über das Verhalten bewegter und ruhender Maßstäbe und Uhren, die wir in
Kap. 5 diskutieren werden. Dabei ist folgendes zu beachten. Solange wir lokal messen, so
daß nur die Zeit an einem Ort interessiert, sind alle gemessenen Effekte von der Definition
der Gleichzeitigkeit unabhängig. Wir gehen darauf in Kap. 14, S. 63, ausführlicher ein.
Um die Koordinaten-Transformationen möglichst einfach zu halten, werden wir uns auf
solche Synchronfunktionen beschränken, die in der x-Koordinate linear sind.
Von allen möglichen Uhreneinstellungen Ω(x, v) in den Systemen Σ betrachten wir also
im folgenden ausschließlich die in x linearen Funktionen. Wir schreiben dann anstelle
von Ω(x, v) die Funktion τ (x, v) mit einem Synchronparameter θa , Abb. 7,

Lineare
f4 (x, 0, v) = τ (x, v) = θ(v) x . (19)
Synchronfunktion

Σ
t = 0
t = −7, 5# ` ` - # ` ` # ` = 7, 5 #
` t - ` ` -
` ` v ` 6 ` -v ` ` v ` ` v
I
@
@   - t = 15
` Ux ` ` ` ` ` ` `
"!` v` "! ` ` "!` ` "!` `
- x
  
qx Σo  
q x1 = 0 x
q 2 x
q 3
 E  O  B  F
# t=0 q #t=0 q #t=0 q #t=0 q
` ` ` ` ` ` ` `
` 6 ` ` 6 ` ` 6 ` ` 6 `
` Uo ` ` ` ` ` ` `
"!` ` "!` ` "!` ` "!` `
q q q q -x
x x1 = 0 x2 x3

Abb. 7: Die Definition einer Gleichzeitigkeit in Σ durch die Festlegung einer willkürlichen,
linearen Synchronfunktion τ (x, v) = f4 (x, 0, v) = θ(v) x . Die strichpunktierten Linien verbinden
wieder Punkte im Bild, die dasselbe Ereignis darstellen, hier die Ereignisse E, O, B, F .
4 Die speziellen Koordinaten-Transformationen 25

4.2 Die linearen Transformationsformeln


Wenn wir rein logisch die Möglichkeit zulassen, daß die Länge eines Stabes und die
Schwingungsdauer einer Uhr von ihrer Geschwindigkeit abhängen, dann wollen wir diese
denkbaren Eigenschaften der in Kap. 3, Gleichung (2), S. 17, formulierten allgemeinen
Erfahrung von der Homogenität und der Isotropie des Raumes und der Zeit unterwerfen,
die wir nach wie vor nur für das System Σo betrachten:

Im System Σo gilt: Die Quotienten aus bewegter und ruhender Länge eines Stabes
und aus bewegter und ruhender Schwingungsdauer einer Uhr hängen weder
(20)
von den Koordinaten (x, t) noch von der Stablänge oder der Schwingungsdauer
selbst ab, sondern allein von der Geschwindigkeit ihrer Bewegung.

Wenn wir auch die Definition der Gleichzeitigkeit mit Hilfe der linearen Synchronisation
(19) der Homogenitätsforderung anschließen, dann folgt aus (20), daß die Transformatio-
nen (15) nun insgesamt in den Koordinaten (x, t) linear werden, Aufg. 2, S. 263.
Mit (13) und (17) gilt dann also


q  vk  ⎪
x = k (x − v t) , x= x + ⎪
t ,

∆ ∆ ⎪



←→ ⎪
k  ⎪ ⎪
t , ⎪
θ  ⎪
t = θ x + q t , t=− x + ⎪

∆ ∆ Spezielle Transformation
(21)
  ⎪
⎪ der Koordinaten
y =y , z =z, ⎪







∆ = k (v θ + q) , ⎪



k = k(v) , q = q(v) , θ = θ(v) .

Die Gleichungen (21) enthalten nun noch 3 Parameter, k(v) , q(v) und θ(v) , in denen das
ganze Geheimnis von klassischer oder relativistischer Physik verborgen ist.
26 Raum · Zeit · Bewegung

4.3 Das Additionstheorem der Geschwindigkeiten


Mit der linearen Transformationen (21), also f1 = k x − k v t und f4 = θ x + q t erhalten
wir aus der allgemeinen Form (11) des Additionstheorems der Geschwindigkeiten nun die
Gleichungen

u−v q u + v k Additionstheorem der Geschwindigkeiten


u = k ←→ u = . (22)
θu+q −θ u + k zur Transformation (21)

Ein Spezialfall ist aufschlußreich. Der Körper L möge in Σo ruhen. Seine Geschwindigkeit
ist dann also u = uo = 0 , und uo wird die Geschwindigkeit, die ein im System Σ
ruhender Beobachter für L und damit für das System Σo feststellt,

−k v In Σ gemessene Geschwindigkeit
uo = . (23)
q für das System Σo

Mißt der in Σo ruhende Beobachter für das System Σ die Geschwindigkeit v , dann
−k v
mißt der in Σ ruhende Beobachter für Σo die Geschwindigkeit uo = .
q

Wir werden sehen, wie diese i. allg. zwischen den Systemen Σo und Σ bestehende
merkwürdige Asymmetrie durch die Definition der Gleichzeitigkeit in den Systemen Σ
reguliert wird.
27

5 Bewegte Maßstäbe und Uhren


Die Ergebnisse dieses Kapitels beanspruchen für den weiteren Gang unserer Überlegungen
eine Schlüsselstellung.
Wir machen hier die Instrumente unserer Messungen, d.h. Maßstäbe und Uhren, selbst zu
Objekten von Messungen. Wir vergleichen die Länge lv eines bewegten Stabes mit der
Länge lo desselben Stabes im Ruhezustand. Und wir vergleichen die Schwingungsdauer
Tv einer bewegten Uhr mit der Schwingungsdauer To derselben Uhr, wenn sie ruht. Wir
werden herausfinden, wie diese Eigenschaften in den Koordinaten-Transformationen (21)
verankert sind.
Für die Rechnungen wollen wir dabei stets die in (21) angenommene Anfangsbedingung
(10) beachten, d.h., für (x = 0, t = 0) ist auch (x = 0, t = 0) .

5.1 Bewegte und ruhende Maßstäbe


Um die Länge eines Stabes in einem Bezugssystem auszumessen, brauchen wir die
Koordinaten seiner Endpunkte. Es macht nun aber einen wesentlichen Unterschied, ob
dieser Stab in bezug auf dieses System ruht, oder ob er sich relativ zu dem messenden
Beobachter bewegt. Im ersten Fall ist es egal, zu welchen Zeiten wir die Koordinaten
seiner Endpunkte feststellen. Sie bleiben unverändert.
Unter der Ruhlänge lo eines Stabes verstehen wir diejenige Länge, die ein relativ zu dem
Stab ruhender Beobachter feststellt. Sie wird durch die Differenz der Koordinaten seiner
Endpunkte bestimmt. Wir konstatieren, daß wir in allen Inertialsystemen über dieselben
Normalmaßstäbe verfügen. Ihre Ruhlänge ist unabhängig von dem Bezugssystem, in dem
sie gemessen wird:

Die Ruhlänge lo eines Stabes ist eine unveränderliche Materialgröße. (24)

Anders verhält es sich, wenn wir die Länge eines bewegten Stabes bestimmen wollen.
Seine auf der x-Achse beobachteten Endpunkte x1 und x2 ändern sich nun mit der Zeit,
x1 = x1 (t) und x2 = x2 (t) . Es macht dann wenig Sinn, den linken Endpunkt zu einer
Zeit t1 zu messen, den rechten vielleicht zehn Minuten später, zu einer Zeit t2 , um die
Differenz x2 (t2 ) − x1 (t1 ) mit t2 = t1 als seine Länge auszugeben. Vielmehr wollen wir
uns der allgemein akzeptierten Definition anschließen:

Die Länge lv eines mit der Geschwindigkeit v bewegten Stabes wird definiert als
die Differenz x2 (t) − x1 (t) = lv der Koordinaten seiner Endpunkte zu ein und (25)
derselben Zeit t .

Mithin impliziert diese Definition die Definition einer Gleichzeitigkeit ! Die ’bewegte Länge’
lv ist alles andere als ein von vornherein feststehender Begriff.
In Σo haben wir die Gleichzeitigkeit auf die Hypothese der Isotropie gegründet. Damit
ist auch die bewegte Länge in Σo wohl definiert, s. auch Aufg. 1, S. 262. Für alle
anderen Systeme Σ haben wir die Gleichzeitigkeit mit Hilfe der linearen Synchronfunktion
τ (x, v) = θ(v) x an die Synchronisation der Uhren in Σo angeschlossen. Eine von Σ
aus gemessene bewegte Länge lv wird daher i. allg. von der Wahl dieses Parameters
θ(v) abhängen. Mit der Bewertung der Aussage, daß ein bewegter Stab gegenüber seiner
Ruhlänge z.B. verkürzt ist, werden wir also sehr sorgfältig umgehen müssen.
28 Raum · Zeit · Bewegung

Ein Stab möge mit dem linken Endpunkt x1 im Koordinatenursprung auf der x -Achse
eines Systems Σ ruhen, so daß dort seine Ruhlänge lo als die Koordinate seines rechten
Endpunktes gemessen wird, x1 = 0 , x2 = lo . Von Σo aus beobachtet, bewegen sich die
Endpunkte gleichförmig. Wir schreiben x1 = x1 (t) und x2 = x2 (t).
Wir wollen die Länge lv = x2 (t) − x1 (t) des im System Σo mit der Geschwindigkeit v
bewegten Stabes bestimmen. Dazu benötigen wir die Lage seiner Endpunkte x1 = x1 (t)
und x2 = x2 (t) zu ein und derselben Zeit t in Σo , also z.B. für t = 0 , Abb. 8.
Σ

#t = 0
` `
` 6 `
` `
` ` -v
Σo "! - x
x1 =q 0 q l
x2 = o
 
#t=0 q #t = 0 q
` ` ` `
` 6 ` ` 6 `
` ` ` `
"!` ` "! ` `
q q -x
x1= 0 x2= lv
Abb. 8: Die Messung der Länge lv eines bewegten Stabes (Erläuterungen im Text). Die strich-
punktierten Linien verbinden wieder Punkte im Bild, die dasselbe Ereignis darstellen.

Die Meßwerte für den linken Endpunkt (x1 = 0, t = 0) in Σ sowie (x1 (0) = 0, t = 0) in
Σo sind einfach durch die Anfangsbedingung (10) gegeben.
Der rechte Endpunkt besitzt voraussetzungsgemäß zu jeder Zeit t in Σ die Koordinate
x2 = lo . Messen wir in Σo zur Zeit t = 0 für den rechten Endpunkt die Koordinate x2 (0) ,
dann gilt also wegen der Transformation x = k(x−v t) aus (21) die Gleichung lo = k x2 (0).
Für die in Σo gleichzeitigen Positionen der Endpunkte des Stabes erhalten wir damit

x1 (0) = 0 ,
1 ⎬
Länge lv eines in Σo
Σo : t = 0 , lo −→ lv = x2 (0) − x1 (0) = k lo .⎭ bewegten Stabes (26)
x2 (0) = ,
k
Es folgt

Länge des in Σo bewegten Stabes lv 1


Σo : = = . (27)
Ruhlänge des Stabes lo k

Die in Σo geltende Gleichung (27) ist die physikalische Interpretation für den in der
Koordinaten-Transformation (21) stehenden Parameter k . Wie die Funktion k = k(v)
aussieht, können wir gemäß (27) durch Präzisionsmessungen im System Σo entscheiden.
Interessant ist auch die Umkehrung der Fragestellung, wenn der Stab mit der Ruhlänge lo
auf der x-Achse des Systems Σo ruht und nun vom System Σ aus beobachtet wird. Da
dies auf den Fortgang unserer Überlegungen aber ohne Einfluß ist, betrachten wir diesen
Fall im Anhang, Kap. 31, S. 209.
5 Bewegte Maßstäbe und Uhren 29

5.2 Bewegte und ruhende Uhren


Unter einer Uhr verstehen wir ein schwingungsfähiges System. Die Zeigerstellung, das
ist die auf der Uhr abgelesene Zeit t , zählt die Anzahl ihrer Schwingungen. Wir wollen
die Periodendauer T einer Uhr U ∗ bzw. ihre Zeitangabe t messen, d.h. mit unseren
Normaluhren beobachten, s. Abb. 9. Ändert sich bei der Uhr U ∗ deren Periodendauer,
dann ändert sich die von ihr angezeigte, die auf ihr ’abgelaufene Zeit’. Verlängert
sich die Periodendauer, dann rückt der Zeiger langsamer voran. Die Zeitangabe ist
umgekehrt proportional zur Periodendauer. Dabei ist angenommen, daß die Bauart der
Uhr unangetastet bleibt.
Wir fragen, ob die bewegte Uhr U ∗ eine andere Zeit anzeigt als die ruhende.7
Unter der Eigenperiode To einer Uhr U ∗ verstehen wir diejenige Schwingungsdauer, die
wir mit einer Normaluhr feststellen, die relativ zu U ∗ ruht. Wir konstatieren, daß wir
in allen Inertialsystemen über dieselben Normaluhren verfügen. Deren Eigenperiode ist
unabhängig von dem Bezugssystem, in dem sie gemessen wird:

Die Eigenperiode To einer Uhr ist eine unveränderliche Materialgröße. (28)

Wenn wir die Zeitangabe einer bewegten Uhr beobachten wollen, brauchen wir stets
zwei Normaluhren, um an zwei verschiedenen Positionen, an denen die bewegte Uhr
vorbeikommt, einen Zeitvergleich, einen Vergleich der Zeigerstellungen, vornehmen zu
können.
Eine Uhr U ∗ möge im Koordinatenursprung von Σ ruhen, zeige dort also an der
Position x = 0 die Zeit t an. Wir beobachten diese Uhr vom System Σo aus.
Wegen der Anfangsbedingung (10) ist für (x = 0, t = 0) auch (x = 0, t = 0) , d.h.,
die im Koordinatenursprung von Σ ruhende Uhr U ∗ hat dieselbe Zeigerstellung wie
die im Ursprung von Σo ruhende Uhr Uo0 , wenn sie an dieser gerade vorbeikommt, Abb. 9.

Σo : x = 0, t=0,
Erste Zeitnahme Eo : (29)
Σ : x = 0 , t = 0 .
Die Uhr U ∗ befindet sich nach der Zeit t in Σo an der Position x = v t . Wir vergleichen
die Zeigerstellung t von U ∗ nun mit der bei x = v t ruhenden Uhr von Σo . Gemäß (21)
gilt t = θ x + q t , also mit x = v t ,

Σo : x = vt, t,
Zweite Zeitnahme E : (30)
Σ : x = 0 , t = (v θ + q) t .

Es folgt

Differenz der Zeigerstellungen einer in Σo bewegten Uhr t


Σo : = = vθ+q. (31)
Differenz der Zeigerstellungen zweier in Σo ruhender Uhren t

7 Tatsächlich wird in Übereinstimmung mit Einsteins Allgemeiner Relativitätstheorie ein weiterer Effekt

beobachtet. Die Periodendauer einer Uhr hängt von der Stärke des Gravitationsfeldes ab, in dem sie sich
befindet. Wir vernachlässigen hier alle Gravitationseffekte.
30 Raum · Zeit · Bewegung

Σ
Σ

#t =0 #
` ` ` `
` 6 ` ` `
-v U∗ -v
` U∗ ` ` @ R` `t
@
`
"!-  ` `
"!- 
x x
x= 0 x= 0
Σo q q
 q
#t=0 q #
` ` ` `
` 6 ` ` `
Uox
` Uo0 ` ` `
"!` ` "!` ?t`
q q -x
x=0 x = vt

Abb. 9: Die Zeigerstellungen t der einen in Σ ruhenden Uhr U ∗ werden mit den Zeigerstel-
lungen t derjenigen in Σo ruhenden Uhren Uox verglichen, an denen jene gerade vorbeikommt.
Der linke Teil des Bildes stellt wieder die Anfangsbedingung (10) dar. Strichpunktierte Linien
verbinden wieder Punkte im Bild, die dasselbe Ereignis darstellen.

Die Periodendauer T ist reziprok zur Zeigerstellung t . Ausgedrückt durch die Eigen-
periode To einer Uhr und die Periodendauer Tv derselben bewegten Uhr können wir
daher anstelle von (31) auch schreiben

Periode einer in Σo bewegten Uhr Tv 1


Σo : = = . (32)
Eigenperiode To vθ+q

Gemäß (31) bzw. (32) wird nun die Parameterkombination v θ + q physikalisch inter-
pretiert und durch Präzisionsmessungen in Σo bestimmbar.
Wir weisen noch einmal darauf hin, daß wir bei der hier verfolgten Prozedur die Gleich-
berechtigung der Inertialsysteme nicht von vornherein voraussetzen, sondern eine denkbare
Sonderstellung des Systems Σo zunächst durchaus zulassen. Daher ist die Umkehrung der
Fragestellung interessant, bei der eine Uhr U ∗ im Koordinatenursprung von Σo ruht und
vom System Σ aus beobachtet wird. Diesen Fall, der auf den weiteren Gang unserer
Rechnungen jedoch keinen Einfluß hat, diskutieren wir im Anhang, Kap. 31, S. 210.
In Aufg. 2, S. 263, folgern wir aus dem Postulat der Homogenität und Isotropie im In-
ertialsystem Σo , s. (20), S. 25, die Linearität der Koordinaten-Transformationen8 , also
Transformationen vom Typ (21). Hier folgten aus dieser Linearität der Transformationen
(21) für die Quotienten aus den bewegten Längen zu den Eigenlängen und aus den be-
wegten Schwingungsperioden zu den Eigenperioden Ausdrücke, nämlich (27) und (32), die
allein von der Geschwindigkeit dieser Bewegung abhängen.
8 Der traditionelle Beweis für die Linearität der Koordinaten-Transformationen, den wir in Kap. 28,

S. 128ff. vorrechnen, vgl. z.B. auch W. Rindler[1] , V. Fock[1] , H. Weyl[1] , folgt aus dem Einsteinschen
Relativitätsprinzip, s. Kap. 6. Mit dem Postulat einer universellen Konstanz der Lichtgeschwindigkeit legt
Einstein also bereits eine Definition der Gleichzeitigkeit mit einer linearen Synchronisationsvorschrift fest,
nämlich, wie wir sehen werden, mit (73) für die Funktion θ in (19).
5 Bewegte Maßstäbe und Uhren 31

Die Koordinaten-Transformationen sind genau dann linear, wenn bei linearer


Synchronisation (19) die Maßverhältnisse für bewegte und ruhende Längen bzw. (33)
Schwingungsperioden das Postulat der Homogenität und Isotropie (20) erfüllen.

Bis hierher haben wir geprüft, welche Aussagen die in den Transformationen (21) stehenden
Parameter k(v), q(v) und θ(v) für das Verhalten bewegter Längen und Uhren machen.
Woher bekommen wir diese Parameter?
Dürfen wir a priori ein bestimmtes Verhalten von bewegten Längen und Uhren voraus-
setzen? Haben wir vielleicht ein übergeordnetes Prinzip, das uns die Entscheidung über
diese Frage abnimmt? Wenn aber eine auf Prinzipien gegründete Entscheidung anderen
Aussagen so ganz und gar zuwiderläuft, worauf sollen wir uns dann verlassen?
Die letzte Instanz des Physikers ist das Experiment. Solange wir uns im Rahmen der
klassischen Physik mit ihren relativ groben Meßmethoden bewegen, solange scheint alles
ohne Probleme, Kap. 8 und Kap. 9.
In Kap. 10 besprechen wir dann das Schlüsselexperiment zur Speziellen Relativitäts-
theorie, den Michelson-Versuch. In Kap. 34 berichten wir ferner über neuere Präzisions-
experimente. Und diese Experimente, die uns unmittelbar mit den Besonderheiten unserer
Raum-Zeit konfrontieren, die wir dann relativistisch nennen, geben uns da schon mehr zu
denken. Den interessierten Leser können wir ferner in Kap. 35 auf denkbare, weiterführende
Erklärungsmöglichkeiten hinweisen, vgl. auch Günther[2] .
A. Einstein[2] hat die Bestimmung der Parameter k(v), q(v) und θ(v) einem einzigen
Prinzip unterworfen, seinem Relativitätsprinzip, s. Kap. 6, und damit eine Neufor-
mulierung der gesamten Physik eingeleitet. Wir werden überlegen, wie wir auf einem
weniger abstrakten Weg dasselbe Ziel erreichen können, Kap. 7.
Das Relativitätsprinzip
6 Einsteins Relativitätsprinzip
Das Prinzip von der Ununterscheidbarkeit, der Äquivalenz aller Inertialsysteme hat an
der Wiege der Physik gestanden, da sie zur exakten Naturwissenschaft wurde.
Die tiefe Krise der Physik an der Schwelle zum zwanzigsten Jahrhundert, die aus der
Kollision zwischen klassischer Mechanik und Elektrodynamik entstanden war, konnte A.
Einstein[2] durch eine Neuformulierung der gesamten Physik mit einem Schlag überwinden,
durch ein einziges Postulat, sein Relativitätsprinzip9 :

”1. Die Gesetze, nach denen sich die Zustände der physikalischen Systeme
ändern, sind unabhängig davon, auf welches von zwei relativ zueinander in
gleichförmiger Translationsbewegung befindlichen Koordinatensystemen diese
Zustandsänderungen bezogen werden.
2. Jeder Lichtstrahl bewegt sich im ’ruhenden’ Koordinatensystem mit (34)
der bestimmten Geschwindigkeit V , unabhängig davon, ob dieser Lichtstrahl
von einem ruhenden oder bewegten Körper emittiert ist. Hierbei ist
Lichtweg
Geschwindigkeit = Zeitdauer ,
wobei ’Zeitdauer’ im Sinne der Definition des §1 aufzufassen ist.”

Einsteins §1, die ”Definition der Gleichzeitigkeit”, enthält die Vorschrift zur Synchroni-
sation der Uhren mit Hilfe der Lichtgeschwindigkeit, wie wir dies in Kap. 3, Gleichung (5),
S. 18, für das System Σo beschrieben haben, vgl. auch Abb. 2.
Die Besonderheit der Einsteinschen Prozedur besteht darin, daß ein und dasselbe Licht-
signal alle Uhren in allen Inertialsystemen gleichermaßen synchronisieren kann. In Kap. 3
haben wir den Einsteinschen Synchronisationsalgorithmus ausschließlich auf das eine,
dadurch zunächst ausgezeichnete System Σo angewandt.
Erfahrungsgemäß hat die Durchführung des streng deduktiven Weges zur Herleitung der
Speziellen Relativitätstheorie nach Einstein, welcher allen bisherigen Darstellungen zur
SRT zugrunde liegt, für den unvorbereiteten Leser nicht selten Irritationen in den Anwen-
dungen der Theorie zur Folge. Der Grund ist wohl darin zu sehen, daß hier die Definition
der Gleichzeitigkeit mit Hilfe der Lichtgeschwindigkeit in allen Inertialsystemen von vorn-
herein in den axiomatischen Ausgangspunkt der Theorie eingebunden wird. Die Relativität
der Gleichzeitigkeit ist damit von Anfang an per definitionem festgeschrieben - eine geniale
Vorwegnahme der Lorentz-Gruppe.
Im Unterschied zu Einsteins[1,3] eigenen Darstellungen wird die Relativität der Gleich-
zeitigkeit immer wieder irrtümlich wie ein physikalisches Gesetz behandelt, obwohl diese
Relativität in der Einsteinschen Axiomatik ganz offensichtlich vor den Anfang aller
eigentlichen Überlegungen mit Hilfe einer Definition der Gleichzeitigkeit gesetzt wird, vgl.
dagegen Kap. 14 und Kap. 32, s. auch H. Reichenbach[1] , W. Thirring[1] , H. Günther[2] .
Betrachten wir dazu Abb. 11:
9 Hierbei wird von Einstein der Terminus ”Koordinatensystem” anstelle des dafür später eingeführten

Begriffes ”Bezugssystem” gebraucht.


6 Einsteins Relativitätsprinzip 33

Abb. 10: Albert Einstein, 14.3.1879 - 15.3.1955.


34 Das Relativitätsprinzip

Σo

Σ -v

−c  × -c
− L2o Lo
2
M eßstrecke -v
- x

-x
− L2 t = t = 0 L
2

Abb. 11: Die Relativität der Gleichzeitigkeit als Folge der Synchronisation der Uhren in allen
Inertialsystemen mit Hilfe des Prinzips der universellen Konstanz und damit auch der Isotropie
der Lichtgeschwindigkeit. Dasselbe Signal synchronisiert vom Prinzip her alle Uhren in allen
Inertialsystemen.

Eine Meßstrecke ruhe im System Σ , das sich mit der Geschwindigkeit v in x-Richtung von
Σo bewegt. Skizziert ist das Ereignis t = t = 0, x = x = 0 , die Zündung des Lichtsignals.
Postuliert wird nun eine solche Synchronisation der Uhren in allen Inertialsystemen, daß für
die daraufhin gemessene Lichtgeschwindigkeit stets ein und derselbe Wert festgestellt
wird.
In Σ beurteilt, erreicht das Licht folglich die Endpunkte der Meßstrecke per definitionem
gleichzeitig - die Σ -Uhren werden gerade so in Gang gesetzt. Von Σo aus beobachtet,
nähert sich das Licht wegen der Bewegung der Meßstrecke in Σo dem rechten Endpunkt
mit c − v und dem linken mit c + v , da beide Geschwindigkeiten im selben System Σo
gemessen und daher einfach gemäß Formel (7) addiert werden. Wenn L die Länge der
bewegten Meßstrecke in Σo bedeutet, kommt also das Lichtsignal links zur Zeit
L
t1 =
2(c + v)
an und rechts zur Zeit
L
t2 = .
2(c − v)
In Σo gesehen, gilt daher
Lv
t2 − t1 = . (35)
c2 − v2
Während also die nach beiden Seiten laufenden Signale die Endpunkte der in Σ ruhenden
Meßstrecke, in Σ beobachtet, gleichzeitig erreichen - wegen der isotropen Lichtausbreitung
in Σ - urteilt der in Σo ruhende Beobachter wegen der isotropen Lichtausbreitung in Σo ,
daß zuerst der linke Endpunkt zur Zeit t1 erreicht wird und danach der rechte Endpunkt
zur Zeit t2 mit einer Verzögerung gemäß (35), also t2 = t1 + L v/(c2 − v 2 ) . Die beiden
Ereignisse, Ankunft des Signals an den Endpunkten der Strecke, sind also in Σ gleichzeitig,
nicht aber in Σo .
6 Einsteins Relativitätsprinzip 35

Fassen wir noch einmal zusammen, was das Einsteinsche Prinzip leistet:
1. Es enthält ein Auswahlprinzip : Unter allen logisch möglichen Definitionen der Gleich-
zeitigkeit wird eine Synchronisationsvorschrift festgeschrieben.
2. Mit Hilfe dieser Definition wird das Gesetz der Lichtausbreitung formuliert, um damit
die mathematische Struktur der Raum-Zeit zu bestimmen.
3. Die mathematische Form der Gleichungen der Physik wird dieser Struktur der Raum-
Zeit unterworfen.
Der angehende theoretische Physiker wird sich mit dieser Neuformulierung der Grund-
gleichungen der Physik auf der Basis des Einsteinschen Postulats gründlich auseinanderset-
zen müssen. Der dreidimensionale Raum und die Zeit werden dabei nach einer berühmten
Arbeit von H. Minkowski, s. H.A. Lorentz[3] , als ein vierdimensionales Raum-Zeit-
Kontinuum verstanden. Dies führt zu einer mathematisch eleganten und hocheffektiven
Formulierung des Relativitätsprinzips, die wir in Kap. 28.6 vorstellen. Die neue mathe-
matische Form der Mechanik und der Elektrodynamik behandeln wir in den Kapiteln 29
und 30.
In den folgenden Kapiteln wollen wir jedoch auf einem anderen, weniger abstrakten Weg
dieselbe Lösung des Relativitätsproblems erreichen. Dabei beschäftigen wir uns zunächst
allein mit der Bestimmung der Raum-Zeit und im Anschluß daran mit den Gleichungen der
Physik, wobei wir uns hier auf die Mechanik beschränken. Die Elektrodynamik klammern
wir noch aus. In Kap. 30 werden wir dann sehen, daß die Einbeziehung der Elektrody-
namik keine zusätzlichen physikalischen Überlegungen zum Relativitätsproblem erfordert,
da bereits die klassische Elektrodynamik seinem Relativitätsprinzip genügt, wie Einstein[2]
in seiner berühmten Arbeit von 1905 gezeigt hat.
36 Das Relativitätsprinzip

7 Elementare Relativität

Aus Einsteins Relativitätsprinzip werden wir nun den Teil herauslösen, der allein die
Definition der Gleichzeitigkeit in den Inertialsystemen reguliert.
Dazu wählen wir als Ausgangspunkt ein zunächst ausgezeichnetes, homogenes und
isotropes Inertialsystem Σo , in welchem wir die Lichtgeschwindigkeit kennen und alle
Uhren synchronisieren können, Kap. 3. Wie wir dann gesehen haben, wird die Struktur
der Raum-Zeit durch drei Parameter fixiert, k(v) , q(v) und θ(v) , deren unterschiedliche
physikalische Bedeutung aber ganz wesentlich ist:

lv 1 Der Quotient aus der bewegten Länge und der Ruhlänge


Σo : = . (36)
lo k(v) eines Stabes in Σo definiert den Parameter k(v) .

Der Quotient aus der Periode einer bewegten Uhr und


Tv 1
Σo : = . ihrer Eigenperiode in Σo definiert die Kombination (37)
To v θ(v) + q(v) v θ(v) + q(v) der Parameter θ(v) und q(v) .

Mit dem Parameter θ(v) definieren wir die Synchronisation der Uhren
(38)
in den Systemen Σ .

Prinzipiell stünde es uns daher frei, und hier liegt die logische Einfachheit unserer
Prozedur, welche Vereinbarung wir über die Synchronisation der Uhren in den Systemen
Σ treffen. Von einzelnen Fällen abgesehen, auf die wir besonders hinweisen werden,
sind wir aber mit Poincaré[1] gut beraten, diese Wahlfreiheit für den Parameter θ(v)
dahingehend einzusetzen, daß die Transformationsformeln besonders einfach, besonders
symmetrisch werden. Zu diesem Zweck formulieren wir ein einfachstes Symmetrieprinzip,
das allein eine Prozedur zur Synchronisation der Uhren in den Inertialsystemen Σ
festlegt, s. Günther[1,2] , und nennen es:

Das elementare Relativitätsprinzip 10 :

Wenn der Beobachter in dem zunächst ausgezeichneten Bezugssystem Σo für das


Inertialsystem Σ die Geschwindigkeit v gemessen hat, dann sollen die in Σ
(39)
ruhenden Normaluhren so in Gang gesetzt werden, daß ein in Σ ruhender
Beobachter feststellt, das Bezugssystem Σo hat die Geschwindigkeit −v .

Sind die Uhren im System Σo eingestellt, dann ist das elementare Relativitätsprinzip
allein ein Auswahlprinzip für die Synchronisation der Uhren in den Systemen Σ .

10 In der angelsächsischen Literatur wird für diesen Sachverhalt der Terminus ”reciprocity principle”

verwendet, den wir hier wegen des in Kap. 31, S. 211, formulierten Reziprozitätstheorems nicht wählen.
7 Elementare Relativität 37

Der in Σo ruhende Beobachter stellt für das System Σ die Geschwindigkeit v fest. In
Gleichung (23) haben wir die Geschwindigkeit uo ausgerechnet, die der in Σ ruhende
Beobachter für das System Σo feststellt, nämlich uo = −k v/q . Das elementare Rela-
tivitätsprinzip fordert also einfach uo = −v , d.h. nach (23)

Elementares
q=k . (40)
Relativitätsprinzip

Damit haben wir die Methode konzipiert, mit der wir in den Kapiteln 9-14 zunächst die
Struktur der klassischen Raum-Zeit bestimmen werden und anschließend, vollkommen
analog, den relativistischen Fall behandeln. Dies geschieht in drei Schritten:
Wir nehmen an, daß als Resultat hinreichend genauer Messungen im System Σo die
Quotienten aus den bewegten und ruhenden Längen bzw. Schwingungsdauern lv /lo und
Tv /To unserer Raum-Zeit bekannt sind. Das heißt:

lo
1. Den Parameter k(v) = ermitteln wir aus Präzisionsmessungen im
lv
Bezugssystem Σo .
(41)
To
2. Die Kombination der Parameter v θ(v) + q(v) = ermitteln wir aus
Tv
Präzisionsmessungen im Bezugssystem Σo .

In den Koordinaten-Transformationen (21) verbleibt damit noch ein freier Parameter θ ,


den wir aus (37) unter Verwendung von (40) und (36) bestimmen,
To /Tv = v θ + q v , q = k , und k = lo /lv , also

To /Tv − lo /lv Synchronisation


3. θ(v) = . (42)
v Elementares Relativitätsprinzip

Die in Übereinstimmung mit dem elementaren Relativitätsprinzip gemäß (42)


definierte Synchronisation wird als konventionelle Gleichzeitigkeit bezeichnet. (43)
Jede davon abweichende Synchronisation heißt nichtkonventionell.

Aus (42) folgt, daß die Definition einer konventionellen Gleichzeitigkeit in den Systemen
Σ zur Wahrung der elementaren Relativität von dem Verhalten bewegter Maßstäbe und
Uhren abhängig ist.
Mit Präzisionsmessungen zum Verhalten bewegter Längen und Uhren in einem einzigen
Inertialsystem Σo wird also nach einer Vereinbarung über die elementare Relativität
die gesamte Raum-Zeit-Struktur festgelegt, da wir auf diesem Wege in den Besitz aller
Parameter k(v) , q(v) und θ(v) gelangen.
38 Das Relativitätsprinzip

Wir halten fest:

Bis auf ein Auswahlprinzip zur Festlegung der Synchronisation aller Uhren stellen wir
a priori kein Postulat über die Eigenschaften unserer Raum-Zeit auf.
Wir verlassen uns allein auf die Aussagen von Präzisionsmessungen in einem zunächst
ausgezeichneten Inertialsystem Σo .

D.h., Postulate über das Verhalten von Maßstäben und Uhren in unserer Raum-Zeit
werden wir erst unter Berufung auf die Ergebnisse von Messungen formulieren, s. Kap. 8
und Kap. 12.
Bekommen wir mit dieser Prozedur aber auch die Relativität der Bezugssysteme, die von
uns erwartete Ununterscheidbarkeit aller Inertialsysteme? Mehr noch, ist unsere Methode
überhaupt widerspruchsfrei durchführbar? Angenommen, die Uhren in den Systemen Σ
und Σ sind in bezug auf Σo nach der elementaren Relativität synchronisiert worden.
Erfüllen dann die Systeme Σ und Σ auch untereinander die elementare Relativität?
Wir werden sehen: Setzen wir für lv /lo und Tv /To solche Funktionen in (41) und (42)
ein, wie wir sie für die klassische oder relativistische Raum-Zeit, Kap. 8 bzw. Kap. 12,
experimentell bestimmen, dann können wir aus den damit bestimmten Koordinaten-
Transformationen (21) die Relativität aller Inertialsysteme unmittelbar nachrechnen.
In einer übergeordneten Betrachtungsweise verstehen wir diesen Sachverhalt mit Hilfe
eines stärkeren Relativitätsprinzips, welches zusätzlich zur elementaren Relativität ein-
fache Eigenschaften unserer Raum-Zeit postuliert, die aber wesentlich schwächer sind als
die Einsteinsche Forderung. Diesen von dem direkten Gang unserer Überlegungen abwei-
chenden Gesichtspunkt diskutieren wir im Anhang, Kap. 31.
Elementarer Aufbau der
klassischen Raum-Zeit
Wir wollen von nun an den denkbar einfachsten Weg einschlagen, um die Raum-
Zeit-Struktur herauszufinden, indem wir von einer empirischen Bestimmung der
Maßverhältnisse bewegter und ruhender Maßstäbe und Uhren in einem zunächst
ausgezeichneten System Σo ausgehen und für die Definition der Gleichzeitigkeit in allen
anderen Systemen Σ die elementare Relativität erfüllen.

8 Die physikalischen Postulate der


klassischen Raum-Zeit

Die klassische Mechanik war seit jeher stillschweigend auf die Annahme der Un-
veränderlichkeit von Längen und Schwingungsdauern bei einer Bewegung von Maßstäben
und Uhren gegründet und im Rahmen ihrer Meßgenauigkeiten darin auch bestätigt
worden. Wir wollen daher diese Hypothesen hier als Postulate der klassischen Raum-Zeit
formulieren. In unserer Prozedur haben wir diese Eigenschaft allein für das zunächst
ausgezeichnete System Σo anzunehmen:
Die physikalischen Postulate der klassischen Raum-Zeit:

lv 1 Bewegte und ruhende Maßstäbe


Σo : = =1 , (44)
lo k besitzen in Σo dieselben Längen.

Tv 1 Bewegte und ruhende Uhren


Σo : = =1. (45)
To v θ(v) + q(v) besitzen in Σo dieselben Schwingungsperioden.

Die Erfahrung lehrt uns hier, daß eine für die Längen- und Zeitmessungen geltende
Reziprozität Tv /To = lo /lv in trivialer Weise erfüllt ist. Im Anhang, Kap. 31, wer-
den wir diese Beziehung ganz allgemein aus einem Relativitätspostulat folgern, das in
seiner Reichweite zwischen dem Einsteinschen und der elementaren Relativität steht, s.
Gleichung (552), S. 211.
In Kap. 10 werden wir dann sehen, wie wir bei einem Experiment höherer Präzision mit
der klassischen Hypothese (44) das erste Mal in Konflikt geraten, vgl. dazu auch Aufg. 3,
S. 265.
Wir postulieren die Gleichungen (44) und (45) wohlgemerkt allein für das als isotrop
deklarierte System Σo . Was wir für diese Quotienten aus den bewegten und ruhenden
Längen bzw. Schwingungsdauern in den anderen Inertialsystemen Σ messen, ist dann
eine Folge der dort zu definierenden Synchronisation der Uhren.
40 Elementarer Aufbau der klassischen Raum-Zeit

9 Elementare Relativität -
Die Galilei-Transformation

Wir nehmen jetzt die Gültigkeit des elementaren Relativitätsprinzips gemäß (39) bzw.
(40) an, Kap. 7. In den Systemen Σ sollen die Uhren also nach diesem Prinzip in Gang
gesetzt werden. Unsere physikalischen Postulate (44) und (45) für das ausgezeichnete
Bezugssystem Σo erzwingen dann nach (42) für eine konventionelle Synchronisation einen
sog. absoluten Synchronparameter θa gemäß

To /Tv − lo /lv 1−1 Absoluter


θa = = =0. (46)
v v Synchronparameter

Diesen Synchronisationsvorgang illustrieren wir in Abb. 12. Wir fassen zusammen:

Die physikalischen Postulate k =1,


der klassischen Raum-Zeit q =1,
+ (47)
Absoluter
Elementares Relativitätsprinzip θa (v) = 0 .
Synchronparameter

Σ

#t = 0 #t = 0 #t = 0 #t = 0


` ` ` ` ` ` ` `
` 6 ` -v ` 6 ` -v ` 6 ` -v ` 6 ` -v
` U x ` ` ` ` ` ` `
"!` v` "!` ` "!` ` "!` `
- x
  
qx Σo  
q x1 = 0 x
q 2 x
q 3
 E  O  B  F
#t=0 q #t=0 q #t=0 q #t=0 q
` ` ` ` ` ` ` `
` 6 ` ` 6 ` ` 6 ` ` 6 `
` Uo ` ` ` ` ` ` `
"!` ` "!` ` "!` ` "!` `
q q q q -x
x x1 = 0 x2 x3

Abb. 12: Realisierung des elementaren Relativitätsprinzips in der klassischen Raum-Zeit durch
eine Synchronisation in den Systemen Σ mit dem Parameter θa (v) = 0 , der eine absolute Gleich-
zeitigkeit einführt. Zur Zeit t = 0 in Σo werden in allen Inertialsystemen alle Σ -Uhren auf der
Stellung t = 0 in Gang gesetzt. Die strichpunktierten Linien verbinden Punkte im Bild, die ein
und dasselbe Ereignis darstellen, hier die Ereignisse E , O , B und F .
9 Elementare Relativität - Die Galilei-Transformation 41

Mit (47) erhalten wir für die spezielle Koordinaten-Transformation (21) die berühmte
Galilei-Transformation der klassischen Raum-Zeit,


x = x − v t , x = x + v t , Galilei-
←→ (48)
  Transformation
t =t, t=t .

Für θ = 0 und k = q = 1 wird aus dem Additionstheorem (22)

Galileisches Additionstheorem
u = u − v ←→ u = u + v . (49)
der Geschwindigkeiten

Danach genügt u derselben Gleichung wie die Relativgeschwindigkeit w in Kap. 3,


Gleichung (7), was aber an der begrifflichen Verschiedenheit dieser beiden Größen nichts
ändert.
Gleichung (49) finden wir auch leicht unmittelbar aus der Galilei-Transformation (48):
Nehmen wir gleich etwas allgemeiner an, ein Körper L bewege sich in Σo gemäß
 
x(t) = x(t), y(t), z(t)

mit der Geschwindigkeit



dx dy dz
u= , , = (ux , uy , uz ) .
dt dt dt

Für dessen Bewegung in Σ


 
x (t ) = x (t ), y  (t ), z  (t )

mit der Geschwindigkeit



dx dy  dz 
u = , , = (ux , uy , uz )
dt dt dt
folgt dann wegen t = t , x = x − vt sowie y  = y, z  = z gemäß (48) und (21), also
d d
= , so daß
dt dt
dx dx dx dy  dy dz  dz
= = −v, = , =
dt dt dt dt dt dt dt

und damit wieder das Theorem (49) unter Mitnahme der anderen beiden Geschwindigkeits-
komponenten,

ux = ux − v , uy = uy , uz = uz . (50)


42 Elementarer Aufbau der klassischen Raum-Zeit

Im Unterschied zu der formal gleichlautenden Beziehung (7) hat das Theorem (49) bzw.
(50) aber nun weitreichende physikalische Konsequenzen. Betrachten wir ein Beispiel:
Ein Raumschiff, das ein System Σ repräsentiert, sei in bezug auf die Erde, das System
Σo , auf die Geschwindigkeit v = 200 000 km s−1 gebracht worden. Von dem Raumschiff
aus werde ein zweites gestartet und abermals auf eine solche Geschwindigkeit, nun
aber in Bezug auf das System Σ gebracht, also auf u1 = 200 000 km s−1 . Gemäß
(49) wird dann für dieses zweite Raumschiff von der Erde aus die Geschwindigkeit
u1 = u1 + v = 400 000 km s−1 gemessen. Diesen Prozeß können wir fortsetzen, von dem
zweiten Raumschiff ein drittes starten, dann ein viertes, usw. Von der Erde aus messen
wir dann die Geschwindigkeiten u2 = u2 + u1 = 600 000 km s−1 , u3 = 800 000 km s−1 ,
usw. Das Additionstheorem (49) läßt also beliebig hohe Geschwindigkeiten zu.
Nachrichten mit Hilfe von Raumschiffen oder Signalen könnten danach also mit beliebig
hoher Geschwindigkeit überbracht werden. In Übereinstimmung damit hat Newton
seine Theorie der Gravitation in der Annahme einer instantanen, d.h. verzögerungsfreien
Wechselwirkung formuliert. Man spricht hier von einer Fernwirkungstheorie. Für die
gravitative Wirkung einer Masse wird dabei angenommen, daß sie sich mit unendlich
großer Geschwindigkeit im Raum ausbreitet. Jede Veränderung der Position der Masse
ist danach instantan, also ohne Zeitverlust im ganzen Weltall präsent. Eine wichtige
Konsequenz aus dem Theorem (49) werden wir in Aufg. 12, S. 279, gewinnen. Wir werden
dort zeigen, daß in der Newtonschen Mechanik die träge Masse eine Körpers eine vom
Inertialsystem unabhängige Konstante sein muß, d.h., die Masse eines Körpers kann nicht
von seiner Geschwindigkeit abhängen.
Sind v und u die Geschwindigkeiten von Σ (x , t ) und Σ (x , t ) in x-Richtung von
Σo (x, t) , dann finden wir aus den entsprechenden Galilei-Transformationen

x = x − u t , x = x − v t , x = x − u t ,
−→ u = u − v . (51)
t = t , t = t . t = t ,

D.h., auch Σ (x , t ) und Σ (x , t ) hängen über eine Galilei-Transformation zusammen,
in der jetzt u = u − v die von Σ aus gemessene Geschwindigkeit von Σ ist.
Gemäß der Galilei-Transformation (48) sind in der klassischen Raum-Zeit zwei Ereignisse
E1 (x1 , t) und E2 (x2 , t) , die in einem System Σo (x, t) gleichzeitig sind, auch in jedem
anderen System Σ (x , t ) gleichzeitig. Mehr noch, nach (48) gilt nicht nur ∆t = 0 genau
dann, wenn ∆t = 0 ist, sondern die Zeiten selbst stimmen überein.
Das ist Newtons berühmte absolute Zeit:

t = t . Newtons absolute Zeit (52)

Indem wir also die Synchronisation der Uhren in den Systemen Σ dem Prinzip der
elementaren Relativität unterwerfen, werden zwei Ereignisse entweder in allen Inertial-
systemen als gleichzeitig festgestellt oder in gar keinem.
Den Zeitbegriff unserer Alltagserfahrungen gründen wir auf diese Konstruktion. Mit (42),
(43) und (46) halten wir fest:

Mit der Galilei-Transformation wird über den absoluten Synchronparameter θa


(53)
die konventionelle Gleichzeitigkeit der klassischen Raum-Zeit realisiert.
9 Elementare Relativität - Die Galilei-Transformation 43

Offensichtlich folgt nun aus der Galilei-Transformation wieder die Unveränderlichkeit


bewegter Maßstäbe und Uhren:
Ein in Σ ruhender Stab hat dort die Länge lo , die durch die Koordinatendifferenz seiner
Endpunkte gegeben ist,

lo = x2 − x1 .

Der in Σo mit der Geschwindigkeit v bewegte Stab hat dort die Länge lv , die ebenfalls
durch die Korrdinatendifferenz seiner Endpunkte gegeben ist und zwar zur selben Zeit t ,
also mit (48),

lv = x2 (t) − x1 (t) = x2 (t ) − v t − x1 (t ) + v t = x2 − x1 = lo .

Und trivialerweise folgt für die bewegte Uhr wegen t = t dieselbe Zeitangabe wie für die
ruhenden Uhren.
Die Gleichungen (51) zeigen uns, daß alle Inertialsysteme über die gleiche Form der
Koordinaten-Transformation miteinander zusammenhängen.
Mathematisch sind die Galilei-Transformationen dadurch als eine Gruppe ausgewiesen.
Damit haben wir die mathematisch einfachste Form gefunden, die Äquivalenz aller
Inertialsysteme zum Ausdruck zu bringen. Es folgt, daß die Unveränderlichkeit bewegter
Maßstäbe und Uhren (44) und (45) in gleicher Weise von allen Inertialsystemen aus
gemessen wird. Wir weisen darauf hin, daß dies durchaus nicht selbstverständlich und an
die konventionelle Definition der Gleichzeitigkeit gebunden ist.
Wie es dazu kommen kann, daß man in der Beschreibung der klassischen Raum-Zeit
tatsächlich auch von der Definition einer nichtkonventionellen Gleichzeitigkeit Gebrauch
macht und damit von der Galilei-Transformation abweicht, werden wir in Kap. 14 mit der
in v/c linearisierten Lorentz-Transformation kennenlernen, vgl. auch Aufg. 10, S. 275.
Wir fassen es noch einmal zusammen:

Das Galileische Relativitätsprinzip, die physikalische Gleichberechtigung aller


Inertialsysteme, läßt sich am einfachsten über die konventionelle Gleichzeitigkeit
der klassischen Raum-Zeit in der Galilei-Transformation mathematisch formulieren.
Elementarer Aufbau der
relativistischen Raum-Zeit
Unter Berufung auf die beiden historischen Schlüsselexperimente zur Speziellen Rela-
tivitätstheorie, das Michelson-Experiment und die Beobachtung der roten Hα -Linie in
schnellen Kanalstrahlen, wollen wir auch hier von einer empirischen Bestimmung der
Maßverhältnisse bewegter und ruhender Maßstäbe und Uhren in dem zunächst ausge-
zeichneten System Σo ausgehen. Wir weisen ausdrücklich noch einmal darauf hin, daß
Einsteins universelle Konstanz der Lichtgeschwindigkeit in unserer Prozedur also nicht
postuliert wird, sondern aus der fertig formulierten Theorie folgt, wenn wir für die Defi-
nition der Gleichzeitigkeit in allen anderen Systemen Σ allein die elementare Relativität
fordern, vgl. S. 56.
Über neuere Präzisionsexperimente zur Relativitätstheorie berichten wir in Kap. 34.

10 Der bewegte Stab ist verkürzt -


Das Michelson-Experiment
Wir beschreiben hier den schematischen Versuchsaufbau des Michelson-Morley-
Experimentes, wie es in Abb. 13 und Abb. 15 dargestellt ist. Eine Lichtquelle L sendet
einen Wellenzug mit stabilen Phasenbeziehungen aus, der auf eine halbverspiegelte Platte
P trifft. Dort spaltet er sich in zwei kohärente Wellenzüge auf, die sich entlang der beiden
Arme l1 und l2 des Michelsonschen Interferometers fortpflanzen. An deren Enden wer-
den sie durch Spiegel S1 und S2 reflektiert, laufen zurück und vereinigen sich zu dem bei
B beobachteten Interferenzbild.
Die Lichtgeschwindigkeit c hat gemäß (2) im ausgezeichneten Bezugssystem Σo in jeder
Richtung ein und denselben Wert, s. Gleichung (4). Das Bezugssystem Σ habe in bezug
auf Σo die Geschwindigkeit v .
Wir sehen uns zunächst den Fall an, wo das Michelsonsche Interferometer im System Σo
in seiner Ausgangsposition ruht, Abb. 13 a).

S1

l1
S2 a) b) 6
l2 ?
6
? P P
Σo : B - S1 ; S2 -@  * L
l1 l2 @
6
*
L B

Abb. 13: Schematische Darstellung eines zunächst im System Σo ruhenden Michelsonschen


Interferometers. a) Ausgangslage. b) Das Interferometer ist um den Winkel π/2 gedreht.
10 Der bewegte Stab ist verkürzt - Das Michelson-Experiment 45

Abb. 14: Albert Abraham Michelson, 19.12.1852 - 9.5.1931.


46 Elementarer Aufbau der relativistischen Raum-Zeit

Wegen der Isotropie der Lichtausbreitung in Σo ist die Laufzeit to1 des Lichtes auf dem
Hin- und Rückweg entlang l1 dieselbe, also to1 = 2l1 /c , und ebenso beträgt entlang l2
die Laufzeit to2 = 2l2 /c . Das Interferenzbild nach der Vereinigung der beiden Wellenzüge
bei P wird durch die Laufzeitdifferenz ∆to bestimmt,

2l2 2l1
∆to = to2 − to1 = − . (54)
c c

Die auf J.C. Maxwell zurückgehende Idee des Versuches besteht nun darin, das Interfero-
meter um π/2 zu drehen, Abb. 13 b). Wegen der Isotropie der Lichtausbreitung in Σo
hat sich die Laufzeitdifferenz ∆toπ = to2, π − to1, π entlang der beiden Arme l2 und l1 des
2 2 2
Interferometers nach dieser Drehung natürlich nicht geändert,

2l2 2l1
∆toπ2 = to2, π2 − to1, π2 = − = ∆to . (55)
c c
Es sei δ := ∆t π2 − ∆t die Differenz der Laufzeitdifferenzen nach und vor der Drehung.
Diese Größe δ ist ein Maß für die Änderung des Interferenzbildes infolge dieser Drehung.
Ruht also das Interferometer im ausgezeichneten Bezugssystem Σo , so gilt
Ruhendes
δ o = ∆toπ2 − ∆to = 0 . (56)
Interferometer

Aus Gleichung (56) lesen wir also ab, daß sich das Interferenzbild während der Drehung
nicht ändert, wenn das Interferometer in Σo ruht.
Das Interferometer möge nun im Bezugssystem Σ ruhen, welches in bezug auf das
ausgezeichnete System Σo die Geschwindigkeit v besitzt. Wir schreiben auf, wie ein
Beobachter, der im System Σo ruht, dieses Experiment beurteilt, Abb. 15.

S1

a) b) l1
S2 S2 S2 -v

J l2

J ^


J -v

J

H J S1 ; S2 @
0 vt2 vt2 l1 l2 @
P P
2

Abb. 15: Das Interferometer hat die Geschwindigkeit v in bezug auf das ausgezeichnete
Bezugssystem Σo . a) Ausgangslage. b) Das mit der Geschwindigkeit v laufende Interferometer
ist um den Winkel π/2 gedreht.

Gemäß unserer Gleichung (7) in Kap. 3 nähert sich die Wellenfront dem Spiegel S1 auf
dem Weg von O nach S1 mit der Relativgeschwindigkeit c − v , auf dem Rückweg nähert
sie sich ihrem Ausgangspunkt O mit der Relativgeschwindigkeit c + v . Folglich mißt der
Beobachter in Σo für die gesamte Laufzeit t1 entlang l1 den Wert
10 Der bewegte Stab ist verkürzt - Das Michelson-Experiment 47

 
l1 l1 l1 1 1
t1 = + = + ,
c−v c+v c  1 − v/c 1 + v/c 
l1 l1 l1 1 1
t1 = 2l +1 = + ,
t1 = c −
1 v c + v . c 1 − v/c 1 + v/c (57)
c 1 − v 2 /c2
2l1 1
t1 =Laufzeit entlang
Die . (57)
c 1 − v 2 /c2 l2 hat für den Hin- und Rückweg denselben Wert t2 /2 , Abb. 15 a).
Die Wellenfront hat die Geschwindigkeit c , das Interferometer die Geschwindigkeit v .
Aus dem Dreieck
Die Laufzeit entlangOS2l2H hat
folgt
fürdann
den Hin- und Rückweg denselben Wert t2 /2 , Abb. 15 a).
Die Wellenfront
 2  hat
2
die Geschwindigkeit c , das Interferometer die Geschwindigkeit v .
v t2 OS22H folgtt22dann
c t2dem Dreieck
Aus 4 l2 4 l2 1
= + l2 −→ (c − v ) = l22 −→ t22 = 2 2 2 = 22
2 2
,
 2 2  2 2 4 c − v c 1 − v 2 /c2
2 2 2
c t2 v t2 t 4l 4l 1
= + l22 −→ 2 (c2 − v 2 ) = l22 −→ t22 = 2 2 2 = 22 ,
also2 2 4 c −v c 1 − v 2 /c2
2 l2 1
talso
2 = . (58)
c 1 − v 2 /c2
2 l2 1
t2 = . (58)
1 − v 2 /c
Für diec Differenz ∆t2 der Laufzeiten t1 und t2 erhalten wir damit

Für=die Differenz 2 l2∆t der1Laufzeiten 2l1 t1 und 1 t2 erhalten wir damit


∆t t2 − t1 = − . (59)
c 1 − v /c2 2 c 1 − v 2 /c2
2 l2 1 2l1 1
∆t = t2 − t1 = − . (59)
Nun drehen wir dasc Interferometer
1 − v 2 /c2 c 1 −um
wieder den
v 2 /c2 Winkel π/2 , Abb. 15 b). Die Laufzeiten
zu den Spiegeln S1 und S2 nennen wir t1, π2 und t2, π2 . Wir brauchen nun nur in (57) l1
durch l2 undwir
Nun drehen indas(58)Interferometer
l2 durch l1 zu ersetzen,
wieder um den umWinkel
t2, π2 bzw.π/2 ,t1, π zu
Abb.
2
15erhalten, so daß
b). Die Laufzeiten
zu den Spiegeln S1 und S2 nennen wir t1, π2 und t2, π2 . Wir brauchen nun nur in (57) l1
durch 2 l2 1 2l1 1
∆t π = lt2 und − tin (58)
= l2 durch2 l1 2zu − ersetzen,
um t2, π2. bzw. t1, π2 zu erhalten, so daß(60)
2, π 1, π
2 2 2
c 1 − v /c c 1 − v 2 /c2
2 l2 1 2l1 1
∆t π2 = t2, π2 − t1, π2 = − . (60)
Die Differenz δ = ∆t 2 c− ∆t π 1 − ist2
v /c 2
ein Maßc für 1eine − vmögliche
2 /c2 Änderung des Interferenzbildes
infolge der Drehung. Mit (59) und (60) erhalten wir dafür
Die Differenz δ = ∆t π2 − ∆t ist ein Maß für eine mögliche Änderung des Interferenzbildes 
infolge der 2l2
Drehung. 1Mit (59)2l1und (60) 1 erhalten 2l wir2 dafür 1 2l1 1
∆t π2 − ∆t = − − −
c 1 − v 2/c2 c 1 − v 2/c2 c 1 − v 2/c2 c 1 − v 2/c2 
2l2 1 2l1 1 2l2 1 2l1 1
∆t π2 − ∆t = − − − 
c
2l2 1 − v 2/c2
1 c 11 − v 2/c2
2l1 c 1 −
1 v 2/c2 c 1 1 − v 2/c2
= − + − ,
c 1 − v 2/c2 1 − v 2/c2  c 1 − v 2/c2 1 − v 2/c2 
2l2 1 1 2l1 1 1
= − + − ,
also c 1 − v 2/c2
1 − v 2/c2 c 1 − v 2/c2
1 − v 2/c2
  
2 l1 2 l2 1 1 Bewegtes
δalso
= ∆t π2 − ∆t = + − . (61)
 c c  1 − v 2 /c2 1 − v 2 /c2  Interferometer
2 l1 2 l2 1 1 Bewegtes
δ = ∆t π2 − ∆t = + − . (61)
c c 1 − v 2 /c2 1 − v 2 /c2 Interferometer
48 Elementarer Aufbau der relativistischen Raum-Zeit

Abb. 16: Hendrik Antoon Lorentz, 18.7.1853 - 4.2.1928.


10 Der bewegte Stab ist verkürzt - Das Michelson-Experiment 49


Mit der Taylorschen Näherung 1/(1 − x2 ) ≈ 1 + x2 und 1/ 1 − x2 ≈ 1 + (1/2) x2
erhalten wir für x = v/c
 
2 v2 1 v2 2 1 v2
δ ≈ (l1 + l2 ) 1 + 2 − 1 − = (l 1 + l2 )
c c 2 c2 c 2 c2

und damit

l1 + l2 v 2 Bewegtes
δ = ∆t π2 − ∆t ≈ . (62)
c c2 Interferometer

Diese Größe δ bestimmt die Verschiebung der Interferenzstreifen infolge der Drehung des
Interferometers um π/2 .
Zur Versuchsauswertung nehmen wir an, daß das Interferometer in einem Laboratorium
auf der Erde fest installiert ist. Die Erde sei unser Bezugssystem Σ . Ihre Bahn-
geschwindigkeit beträgt ca. v = 30 000 m/s . Das ist die Geschwindigkeit von Σ in
bezug auf das ausgezeichnete Bezugssystem Σo . Das Ruhsystem der Sonne realisiere
näherungsweise dieses Bezugssystem Σo .
In dem historischen Experiment von A.A. Michelson in einem Keller des Astrophysika-
lischen Observatoriums in Potsdam-Babelsberg im Jahre 1881 , vgl. U. Bleyer[1] , wurde
die Summe l1 + l2 der Lichtwege durch Mehrfachreflexionen zu l1 + l2 = 30 m bestimmt.
Nimmt man für die Interferenz das Licht der gelben Natriumlinie mit λ = 6 · 10−7 m , so
erhalten wir mit c = 3 · 108 m/s eine Schwingungsdauer von

λ 6 · 10−7
τ= = s = 2 · 10−15 s .
c 3 · 108

Andererseits erhalten wir aus (62) für die Änderung δ der Laufzeitdifferenzen der
interferierenden Wellenzüge durch die Drehung des Interferometers
 2
30 3 · 104
δ≈ s = 10−15 s ,
3 · 108 3 · 108

also

1 Bewegtes
δ = ∆t π2 − ∆t ≈ τ . (63)
2 Interferometer

Infolge der Drehung sollte sich also die Größe δ um die Laufzeit τ /2 einer halben
Wellenlänge ändern! Demnach müßte auf dem Interferenzbild im Verlauf der Drehung eine
Verschiebung um einen halben Streifen zu beobachten sein. Die dunklen Stellen hätten
hell werden müssen und umgekehrt.
Tatsächlich wurde jedoch nicht die geringste Änderung des Interferenzbildes beobachtet,
weder 1881 in Potsdam noch bei irgendeinem der vielen in der Folgezeit durchgeführten
Michelson-Experimente und auch nicht bei deren modernen Weiterentwicklungen,
s. Kap. 34.
Bei der Berechnung der Laufzeiten sind wir stillschweigend von der Annahme ausgegangen,
daß die in Σo gemessenen Längen l1 und l2 der Interferometerarme unabhängig von ihrer
Geschwindigkeit in Σo sind. Darin liegt der Fehler.
50 Elementarer Aufbau der relativistischen Raum-Zeit

Bereits 1889 hatte G.F. FitzGerald[1] für die Erklärung der Michelson-Morley-
Experimente die Hypothese ”einer Längenänderung materieller Körper” aufgestellt, ”die
sich durch den Äther bewegen, wobei die Längenänderung vom Quadrat des Verhältnisses
der Geschwindigkeit zur Lichtgeschwindigkeit abhängt”. H.A. Lorentz[1] stellte 1892
unabhängig davon eine ebensolche Hypothese auf. Lorentz’ Bemühungen konzentrierten
sich darüber hinaus auf einen quantitativen Ausdruck für diese Kontraktion. 1904 findet
Lorentz[2] dann, er werde ”zu der Annahme geführt, daß der Einfluß einer Translation auf
Größe und Gestalt (eines einzelnen Elektrons und eines ponderablen Körpers als Ganzes)
auf die Dimension in der Bewegungsrichtung beschränkt bleibt, und zwar werde diese k

mal kleiner als im Ruhezustand.” Hierbei ist k = 1 − v 2 /c2 , und ’ponderabel’ ist ein
älterer Sprachgebrauch für wägbar.
Für den interessierten Leser verweisen wir auf den Abdruck der wichtigsten Arbeiten zur
Entstehung der Relativitätstheorie in dem Buch, ”Das Relativitätsprinzip”, Lorentz[3] .
Die Änderung bewegter Längen zur Erklärung des Michelson-Experimentes wird danach
heute als FitzGerald-Lorentz-Kontraktion oder kurz Lorentz-Kontraktion bezeichnet,
vgl. auch Abb. 18:

Wenn im ausgezeichneten System Σo für einen dort ruhenden Stab die Länge lo
beobachtet wird, dann wird für denselben Stab, wenn er sich relativ zu Σo mit der
Geschwindigkeit v bewegt, in Σo die verkürzte Länge lv gemessen:


v2
Σ o : lv = l o 1− . Lorentz-Kontraktion (64)
c2

In der Tat, ersetzen wir in (59) die Länge l1 des in Bewegungsrichtung liegenden Interfero-

meterarmes durch die bewegte Länge l1 1 − v 2 /c2 und nach der Drehung um π/2 in
(60) die Länge des nun in Bewegungsrichtung liegenden Armes l2 durch die bewegte Länge

l2 1 − v 2 /c2 , dann folgt ∆t = ∆t π2 und also gemäß (63) δ = 0 , d.h derselbe Wert wie
in (56). Dabei setzen wir in Übereinstimmung mit Lorentz unsere Hypothese (12) voraus,
daß ein quer zur Bewegungsrichtung liegender Stab keine Längenänderung erfährt.
Die Differenz δ der Laufzeitdifferenzen wird also durch die Drehung nicht geändert, wenn
wir die Lorentz-Kontraktion (64) bewegter Längen beachten, so daß auch keine Änderung
des Interferenzbildes erwartet werden kann, vgl. auch Aufg. 3, S. 265.
51

11 Die bewegte Uhr geht nach -


Einsteins experimentum crucis der Speziellen
Relativitätstheorie
Damit ist ein Experiment gemeint, welches die Periode Tv einer bewegten Uhr mit der
Eigenperiode To von baugleichen ruhenden Uhren vergleicht.
Bei der historischen Messung der Periode einer bewegten Uhr ist das schwingende
System ein Wasserstoffatom, das in seinem eigenen Ruhsystem die rote Spektrallinie
Hα mit der Eigenperiode To = 2, 1876 · 10−15 s erzeugt. Werden die H-Atome in
Kanalstrahlen bei einer hohen Geschwindigkeit v beobachtet, so wird stattdessen als
eine Konsequenz aus Einsteins Spezieller Relativitätstheorie eine Schwingungsdauer

T v = To 1 − v 2 /c2 wirksam. Die entsprechende Frequenzänderung ergibt eine rela-
tivistische Korrektur zur klassischen Theorie des Doppler-Effektes, s. Kap. 24. Mit den
zum ersten Mal in den Jahren 1938/39 durchgeführten Präzisionsexperimenten konnte
die Zunahme der Periodendauer durch eine Rotverschiebung der Spektrallinie bestätigt
werden. Einstein hatte diesen Effekt als das ”experimentum crucis” der Speziellen
Relativitätstheorie betrachtet, s. in dem Lehrbuch von A. Sommerfeld[1] auf S. 213,
als das entscheidende Testexperiment für sein Postulat einer universellen Konstanz
der Lichtgeschwindigkeit, mit dem er diesen Effekt vorhergesagt hatte. Über neuere
Präzisionsexperimente zur Zeitdilatation berichten wir in Kap. 34.
Anders als in Einsteins theoretischem Aufbau seiner Speziellen Relativitätstheorie, bei
dem es galt, die Konsequenzen aus seinem Postulat von der universellen Konstanz der
Lichtgeschwindigkeit quantitativ zu prüfen, hier die Periodenänderung einer bewegten Uhr

gemäß seiner Vorhersage Tv = To 1 − v 2 /c2 , verfügen wir bei unserem Herangehen
an die Theorie bisher über keinerlei Vermutung hinsichtlich der Perioden von bewegten
Uhren.11 Hier hilft uns das Gedankenexperiment mit der sog. Lichtuhr.
Zwischen zwei Spiegeln S1 und S2 , die sich in einem fixierten Abstand lo zueinander
befinden, läuft ein Lichtsignal hin und her. An dem Spiegel S1 ist eine Uhr angebracht,
deren Zeigerstellung die eintreffenden Lichtsignale zählt. Wir betrachten zunächst den
Fall, daß diese Anordnung im System Σo ruht. Die Zeit zwischen zwei bei S1 eintref-
fenden Signalen sei die Schwingungsdauer To , also mit der Lichtgeschwindigkeit c in Σo ,
2lo Schwingungsdauer einer in Σo
To = (65)
c ruhenden Lichtuhr
Nun soll die ganze Anordnung im System Σ ruhen, das in bezug auf Σo die
Geschwindigkeit v in x-Richtung besitzt, s. Abb. 17. Wir berechnen die Schwingungs-
dauer Tv der nun in bezug auf Σo bewegten Uhr.
Auf Grund der Lorentz-Kontraktion (64) stellt der Beobachter in Σo einen Abstand lv

zwischen den Spiegeln fest gemäß lv = lo 1 − v 2 /c2 .
Gemäß der Addition von Geschwindigkeiten in einem Bezugssystem (7) überwindet das
Licht die Entfernung lv auf dem Hinweg von S1 nach S2 mit der Relativgeschwindigkeit
c − v und zurück von S1 nach S2 mit c + v . Für die insgesamt dabei benötigte Zeit, die
Schwingungsdauer Tv der bewegten Uhr, finden wir also,
11 Im Anhang, Kap. 31, können wir allerdings die Zeitdilatation (67) sogar als Konsequenz aus der

Lorentz-Kontraktion (64) gewinnen, wenn wir ein etwas stärkeres Relativitätsprinzip postulieren als das
elementare, also etwas mehr postulieren, als nur über die Definition der Gleichzeitigkeit zu verfügen.
52 Elementarer Aufbau der relativistischen Raum-Zeit

Σo

Σ

-c −c 
S1 S2

t1
U#
v ` `
` 6 `
` ` `-
` t2
` `
"! ` `
-v - x
0 lo
-x

Abb. 17: Die Lichtuhr Uv mit der Strecke lo und den Spiegeln S1 und S2 ruht im System Σ .
Ihre Zeigerstellung t zählt die zwischen S1 und S2 hin und her reflektierten Lichtsignale.

lv lv
Tv = +
c−v c+v
c+v+c−v c
= lv = 2 lv 2
(c − v)(c + v) c − v2

2 lv 1 2 lo 1 − v 2 /c2
= =
c 1 − v 2 /c2 c 1 − v 2 /c2

und damit

To Schwingungsdauer einer in Σo
Tv = . (66)
1 − v 2 /c2 bewegten Lichtuhr

Nun werden wir nicht versuchen, eine Lichtuhr zu bauen. Aber wir haben jetzt mit (66)
die Formel, die es zu überprüfen gilt. Die Bauart einer Uhr darf den in Gleichung (66)
beschriebenen Effekt nicht beeinflussen. Er gilt für jedes schwingungsfähige System und
läßt sich heute mit faszinierender Genauigkeit an Cäsium-Atomuhren direkt nachweisen,
s. Aufg. 4, S. 265.
Wir schematisieren den Vorgang noch einmal in Abb. 19: Die in Σo an den Positionen x
ruhenden Uhren bezeichnen wir mit Uox . Einer Normaluhr, sagen wir Uv , erteilen wir
die Geschwindigkeit v , so daß die Positionen von Uv durch x = v t beschrieben werden.
Die Zeigerstellungen auf dieser Uhr bezeichnen wir mit t . Zur Zeit t = 0 in Σo stehe
auch der Zeiger von Uv auf t = 0 . Die Uhr Uv befinde sich dann gerade bei x = 0 , hat
dort also dieselbe Zeigerstellung wie die in Σo am Koordinatenursprung O ruhende Uhr
Uo0 . Wenn die Uhr Uv bei der in Σo ruhenden Uhr Uox am Ort x = v t angekommen
ist, welche die Zeigerstellung t hat, steht der Zeiger von Uv auf einer Stellung t . Beide
Zeigerstellungen sind verschieden.
11 Die bewegte Uhr geht nach 53

Die Zeigerstellung t der bewegten Uhr bleibt hinter den Zeigerstellungen t der ruhenden
Uhren zurück, weil sich die Zeigerstellungen reziprok zu den Schwingungsdauern (66)
verhalten. Die bewegte Uhr geht nach,

 v2
t =t 1− 2 . Zeitdilatation (67)
c

Die von einer Uhr in ihrem eigenen Ruhsystem angezeigte Zeit heißt ihre Eigenzeit.

Der Zeiger der Uhr zählt die Schwingungen. Die Schwingungsdauer Tv einer in bezug
auf Σo bewegten Uhr ist gedehnt, d.h. größer als die Schwingungsdauer To der in
Σo ruhenden Uhren. Daher nennt man diesen Effekt Zeitdilatation [spätlat. dilatatio =
Erweiterung ].

Wenn im ausgezeichneten System Σo für eine dort ruhende Uhr die Eigenperiode To
gemessen wird, dann wird für dieselbe Uhr, wenn sie sich relativ zu Σo mit der
Geschwindigkeit v bewegt, die gedehnte Periode Tv gemessen.

To
Σo : Tv = . Zeitdilatation (68)
1 − v 2 /c2
54 Elementarer Aufbau der relativistischen Raum-Zeit

12 Die physikalischen Postulate der


relativistischen Raum-Zeit

Mit den beiden folgenden Abbildungen skizzieren wir noch einmal die Sachverhalte zur
Lorentz-Kontraktion und Zeitdilatation. Dabei gelte stets die Anfangsbedingung (10),
d.h., für (x = 0, t = 0) ist auch (x = 0, t = 0) .

Σ

Σo -v
- x
q q
 
#t=0 q #t=0 q
` ` ` `
` 6 ` ` 6 `
` ` ` `
"!` ` "! ` `
q q -x
x1= 0 x2= lv x2= lo
 lo -

Abb. 18: Schematische Darstellung der im ausgezeichneten System Σo beobachteten Lorentz-


Kontraktion. Für den im bewegten System Σ ruhenden Stab werden zur Zeit t = 0 in Σo die
Koordinaten x1 = 0 bzw. x2 = lv seiner Endpunkte festgestellt. Wenn derselbe Stab in Σo
ruht, messen wir für die Koordinaten seiner Endpunkte x1 = 0 und x2 = lo . Strichpunktierte
Linien verbinden Punkte im Bild, die dasselbe Ereignis darstellen.

Σ
Σ

#t =0 #
` ` ` `
` 6 ` ` `
-v Uv -v
` Uv ` ` @ R` `t
@
`
"!-  ` `
"!- 
x x
x= 0 x= 0
Σo q q
 q
#t=0 q #
` ` ` `
` 6 ` ` `
Uox
` Uo0 ` ` `
"!` ` "!` ?t`
q q -x
x=0 x = vt
Abb. 19: Schematische Darstellung der im ausgezeichneten System Σo beobachteten
Einsteinschen Zeitdilatation. Die Zeigerstellung t der bewegten Uhr Uv bleibt hinter den Zeiger-
stellungen t der in Σo ruhenden Uhren zurück, an denen Uv vorbeigleitet. Strichpunktierte
Linien verbinden wieder Punkte im Bild, die dasselbe Ereignis darstellen.
12 Die physikalischen Postulate der relativistischen Raum-Zeit 55

Der höhere Standard an Meßgenauigkeit zwingt uns, die der klassischen Raum-
Zeit zugrundeliegenden Hypothesen von einer Unveränderlichkeit bewegter Längen und
Schwingungsperioden aufzugeben. Anstelle der Gleichungen (44) und (45) für die klassische
Raum-Zeit erhalten wir also auf Grund der Meßergebnisse (64) und (68) in unserem aus-
gezeichneten System Σo ”den von Konventionen freien physikalischen Inhalt”, Einstein[3] ,
der relativistischen Raum-Zeit12 :
Die physikalischen Postulate der relativistischen Raum-Zeit :


lv 1 v2 In Σo ist der bewegte
Σo : = = 1− , (69)
lo k c2 Maßstab verkürzt.

Tv 1 1
Σo : = = . (70)
To v θ(v) + q(v) 1 − v 2 /c2

Drücken wir (70) durch die Zeigerstellungen der Uhren aus und schreiben noch tv für t
und to für t , dann muß es heißen


tv v2 In Σo geht die
Σo : = 1− . (71)
to c2 bewegte Uhr nach.

Die unmittelbare Erfahrung lehrt also auch hier eine für die Längen- und Zeitmessungen
geltende Reziprozität Tv /To = lo /lv . Ein im Anhang formuliertes, sog. metrisches
Relativitätsprinzip, das in seiner Reichweite zwischen dem Einsteinschen Postulat und
der elementaren Relativität steht, zeigt die theoretische Einordnung dieser Beziehung,
Kap. 31, S. 211.
Wie im Fall der klassischen Raum-Zeit gilt auch für die relativistische Raum-Zeit:
Wir postulieren die Gleichungen (69) und (70) wohlgemerkt allein für das als isotrop
deklarierte System Σo . Was wir für diese Quotienten aus den bewegten und ruhenden
Längen und Schwingungsdauern in den anderen Inertialsystemen Σ messen, ist dann
eine Folge der dort zu definierenden Synchronisation der Uhren.
Für spätere Anwendungen führen wir noch folgende Bezeichnungen ein:
 ⎫
v2 v ⎪

γ := 1 − 2 , β := , also γ = 1 − β 2 ⎪

c c ⎪



und zur Unterscheidung (72)


   ⎪

u2 v2 v12 ⎪

γu := 1 − 2 , γv := 1 − 2 , γ1 := 1 − 2 . ⎪ ⎭
c c c

12 Für denjenigen, der es partout nicht fassen kann, daß wir die Möglichkeit von Längenänderungen

bewegter Maßstäbe und Periodenänderungen bewegter Uhren rein logisch einräumen müssen, für den hält
die Natur ein Extra bereit, eine Miniaturausgabe der Speziellen Relativitätstheorie im Festkörper. Für
den physikalisch besonders interessierten Leser gehen wir darauf anhangsweise in Kap. 35 ein, vgl. auch
Günther[2] .
56 Elementarer Aufbau der relativistischen Raum-Zeit

13 Elementare Relativität -
Die Lorentz-Transformation

Wie in Kap. 9 verlangen wir nun für die Synchronisation der Uhren in den Systemen Σ
wieder das Prinzip der elementaren Relativität (39) mit q = k gemäß (40). Aus den
physikalischen Postulaten (69) und (70) für das ausgezeichnete System Σo folgt dann
gemäß (42)

To /Tv − lo /lv 1 − v 2 /c2 − 1 1 − v 2 /c2 1 − v 2 /c2 − 1
θ= = = .
v v v 1 − v 2 /c2

Im Unterschied zur klassischen Raum-Zeit mit einer absoluten Gleichzeitigkeit als Kon-
sequenz aus dem elementaren Relativitätsprinzip erzwingt nun eine konventionelle Syn-
chronisation nach demselben Prinzip für die relativistische Raum-Zeit den Lorentzschen
Synchronparameter θL und damit die Einsteinsche Definition der Gleichzeitigkeit,
−v/c2 Lorentzscher
θ = θL = . (73)
1 − v 2 /c2 Synchronparameter

Diesen Synchronisationsvorgang illustrieren wir in Abb. 20. Wir fassen zusammen:

1
k= ,
Die physikalischen Postulate 1 − v 2 /c2
der relativistischen Raum-Zeit 1
q= ,
1 − v 2 /c2 (74)
+
−v/c2 Lorentzscher
Elementares Relativitätsprinzip θL (v) = .
1 − v 2 /c2 Synchronparameter

Mit (74) erhalten wir für die spezielle Koordinaten-Transformation (21) die berühmte
spezielle Lorentz-Transformation


x−vt x + v t
x = 
, x= , ⎪



1 − v 2 /c2 1 − v 2 /c2 ⎬ Spezielle
←→ (75)
t − xv/c2 
t + x v/c  2 ⎪
⎪ Lorentz-Transformation
t = , t= . ⎪


1 − v 2 /c2 1 − v 2 /c2

Für θ = θL = −v (c2 γ) und k = q = 1/γ wird aus dem Additionstheorem (22) das
berühmte Einsteinsche Additionstheorem der Geschwindigkeiten, s. auch Abb. 21,

u−v u + v Einsteinsches Additionstheorem


u = ←→ u = . (76)
1 − u v/c2 1 + u v/c2 der Geschwindigkeiten
13 Elementare Relativität - Die Lorentz-Transformation 57

Σ

# #t = 0 # #
` ` -v ` ` tB ` ` ` -v ` ` -v
` + * `  ` 6 ` -v Y
H − ` ` `
 E t H −

` Ux ` ` Uo ` ` ` tF `
 `


"!` v` "!` v` "! ` ` "! ` `


- x
  
qx Σo  
q x1 = 0 x
q 2 x
q 3
E O  B  F
#t=0 q # t=0 q # t=0 q #t=0 q
` ` ` ` ` ` ` `
` 6 ` ` 6 ` ` 6 ` ` 6 `
` Uo ` ` ` ` ` ` `
"!` ` "!` ` "!` ` "!` `
q q q q -x
x = −x2 x1 = 0 x2 x3 = 2x2

Abb. 20: Die Realisierung des elementaren Relativitätsprinzips in der relativistischen Raum-Zeit
mit Hilfe der Lorentzschen Synchronfunktion τL (x, v) = −v x/(c2 γ) . Zur Zeit t = 0 in Σo
werden die Zeigerstellungenpder Σ -Uhren gemäß t = −v x/(c2 γ) berechnet. Im Bild haben
wir v = 0, 8 c , also γ = 1 − v 2 /c2 = 0, 6 gewählt und die Uhren so geeicht, daß die Zeit
∆to := 2 x2 /c einer Zeigerstellung ’Viertel’ entspricht, also 2 x2 /c = 15 bei 60 Skalenteilen auf
dem Zifferblatt. Damit folgen die eingezeichneten Zeigerstellungen tE = t (x, 0) = −x v/c2 γ =
x2 · 0, 8 c/c2 0, 6 = 15 · 2/3 = 10 , tB = t (x2 , 0) = −10 , tF = t (x3 , 0) = −20 . Die strichpunktier-
ten Linien verbinden wieder Punkte im Bild, die dasselbe Ereignis darstellen, hier E , O , B , F .

Die vom System Σ aus gemessene Geschwindigkeit u eines Objektes L ist nun
verschieden von der in Gleichung (7) stehenden Relativgeschwindigkeit w , welche nur die
zeitliche Änderung der in Σo gemessenen Koordinatendifferenzen der Körper L und K
bedeutet. Das System Σ wird durch das Ruhsystem des Körpers K realisiert, Abb. 21.
Den Fall einer beliebig gerichteten Geschwindigkeit u betrachten wir im Anhang, Kap. 33.
Von Σo aus gemessen, hat die Front einer Lichtwelle die Geschwindigkeit u = c . Die
Geschwindigkeit des Inertialsystems Σ sei v . Die von Σ aus gemessene Geschwindigkeit
der Lichtwellenfront sei u = c  . Diese drei Geschwindigkeiten c , c  und v hängen dann
über das Einsteinsche Additionstheorem der Geschwindigkeiten (76) zusammen, also
c−v c−v c(1 − v/c)
c = = =
1 − c v/c2 1 − v/c 1 − v/c
und damit
c = c . (77)

Die Front einer Lichtwelle hat in jedem Inertialsystem ein und denselben Wert,
(78)
c = 299 792 458 ms−1 .

Das ist Einsteins berühmtes Prinzip von der universellen Konstanz der Licht-
geschwindigkeit. Einsteins Relativitätspostulat ist reproduziert, s. auch Aufg. 5 und 7,
S. 268 und S. 271.
58 Elementarer Aufbau der relativistischen Raum-Zeit

Σ Σ
L K
t -u t -v

-u -x

q x (t ) q x =0
q q
Σo q q
q q
q-w q -x
x=0 x(t) x1 (t)

Abb. 21: Einsteins Additionstheorem der Geschwindigkeiten. Der in bezug auf Σo mit der
Geschwindigkeit v bewegte Körper K sei das Bezugssystem Σ . Der auf dem Körper K
sitzende Beobachter ortet einen Körper bzw. irgendein Objekt L an den Positionen x = x (t ) ,
welches sich ihm folglich mit der Geschwindigkeit u = dx /dt nähert. Das Objekt L besitzt im
Bezugssystem Σo die Geschwindigkeit u = dx/dt , während der Körper K (das Bezugssystem
Σ ) in bezug auf Σo die Geschwindigkeit v = dx1 /dt besitzt. Der Beobachter in Σo stellt fest, daß
sich L mit der Relativgeschwindigkeit w = u − v dem Körper K nähert. Diese Geschwindigkeit
w ist nun verschieden von der Geschwindigkeit u , mit der sich nach Aussage des Beobachters
in Σ das Objekt L dem Körper K nähert. Wir wählen als Beispiel wieder v = 0, 8c . Ferner
möge in Σo eine Geschwindigkeit u = 0, 9c für das Objekt L gemessen werden, so daß sich L ,
von Σo aus beobachtet, wieder mit der Relativgeschwindigkeit w = u − v = 0, 1c dem Körper
K nähert. Für
‹` die Geschwindigkeit
´ u berechnet
‹` man dagegen ´mit dem Additionstheorem (76)
u = (u − v) 1 − (uv/c ) = (0, 9c − 0, 8c) 1 − (0, 9c · 0, 8c/c2 ) = 0, 36 c . Also nähert sich der
 2

Punkt x (t ) auf der x -Achse mit der Geschwindigkeit u = 0, 36 c dem Punkt x = 0 , und der
Punkt x(t) nähert sich auf der x-Achse mit der Geschwindigkeit w = 0, 1c dem Punkt x1 (t) .
Die strichpunktierten Linien verbinden wieder Punkte im Bild, die dasselbe Ereignis darstellen.

Die gewaltige Bedeutung dieser Aussage gibt Anlaß zu immer neuen Präzisions-
experimenten, die zu ihrer Überprüfung angestrengt werden, s. Kap. 34, S. 218ff.
Wir sind am Ziel.

Das System Σo ist durch nichts mehr von anderen Inertialsystemen zu unterscheiden.
Die Lorentz-Transformation (75) gilt zwischen zwei beliebigen Inertialsystemen.

Also müssen auch zwei beliebige Inertialsysteme Σ und Σ über eine Lorentz-
Transformation zusammenhängen. Sind v und u die Geschwindigkeiten von Σ (x , t ) und
Σ (x , t ) in x-Richtung von Σo (x, t) , dann finden wir aus den Lorentz-Transformationen
zwischen Σo und Σ sowie zwischen Σo und Σ , daß tatsächlich Σ und Σ über eine
Lorentz-Transformation zusammenhängen, wenn wir das Einsteinsche Additionstheorem
der Geschwindigkeiten berücksichtigen:
13 Elementare Relativität - Die Lorentz-Transformation 59


x − ut x−vt x − u t ⎪

x = , x = , x = , ⎪

γu γv γu ⎪

−→   



x − ut x−vt x − u t ⎪


x = t − x u/c, 2 x = t − x u/c, 2  
x = t − x u /c,   2 ⎪

t = γu , t = γv , t = γu  , ⎪

⎪ (79)
γu γv −→ γ ⎪

u



t − x u/c2 t − x u/c2 t − x u /c2 ⎪
t = , t = , t = u − v , ⎪


⎪ (79)
γu γv u = γu , ⎪


1 − u v/c2 ⎪



u−v ⎪


u = , ⎪

  1
und in der Transformation zwischen Σ und Σ ist u auch der ”richtige” Parameter,−
 u v/c2

nämlich die von Σ aus gemessene Geschwindigkeit u = (u − v)/(1 − u v/c2 ) von Σ .
Wir
und werden (79) in Aufg. 6, zwischen
in der Transformation Σ und
S. 270, explizit Σ ist u auch der ”richtige” Parameter,
nachrechnen.
nämlich die von Σ aus gemessene Geschwindigkeit u = (uSystem
Für zwei Ereignisse  E1 (x1 , t1 ) und E2 (x2 , t1 ) , die in einem
− v)/(1Σ−o (x, ) von Σ .
t) 2gleichzeitig
u v/c
sind und dort an verschiedenen Positionen
Wir werden (79) in Aufg. 6, S. 270, explizit nachrechnen. (x 2 
= x 1 ) stattfinden, liest man aus der
Lorentz -Transformation (75) sofort ab, daß sie in jedem anderen,
Für zwei Ereignisse E1 (x1 , t1 ) und E2 (x2 , t1 ) , die in einem System Σo (x, t) gleichzeitig zu Σ o bewegten
  
System
sind undΣ dort(x , t an
) nicht mehr gleichzeitig
verschiedenen (x2 = x1 ) stattfinden, liest man aus der
stattfinden,
Positionen
Lorentz-Transformation (75) sofort ab, daß sie in jedem anderen, zu Σo bewegten
 1  v x1 1 v x2
tSystem
1 = 1−
(tΣ = (tmehr
(x , 2t )) nicht ) = t2 für
1 − gleichzeitig x1 = x2 .
stattfinden,
γ c γ c2
1 v x1 1 v x2
t1 =elementare
Die (t1 − 2 Relativität
) = (t1 −erzwingt t2 für xs1 berühmte
) = Einstein = x2 . Relativität der Gleichzeitigkeit :
γ c γ c2

Die elementare Relativität erzwingt Einsteins berühmte Relativität Relativität


der Gleichzeitigkeit
der :
Σo : t1 = t2 und x1 = x2 −→ Σ : t1 = t2 . (80)
Gleichzeitigkeit
Relativität der
Σo : t1 = t2 und x1 = x2 −→ Σ : t1 = t2 . (80)
Den Zusammenhang zwischen der zeitlichen Reihenfolge Gleichzeitigkeit
zweier Ereignisse in verschiedenen
Inertialsystemen mit der Kausalität behandeln wir in Aufg. 7, S. 271.
Wir
Den halten fest:
Zusammenhang zwischen der zeitlichen Reihenfolge zweier Ereignisse in verschiedenen
Inertialsystemen mit der Kausalität behandeln wir in Aufg. 7, S. 271.
Wir
Mithalten fest: -Transformation wird über den Lorentzschen Synchronparameter
der Lorentz
(81)
θL die konventionelle Gleichzeitigkeit der relativistischen Raum-Zeit realisiert.
Mit der Lorentz-Transformation wird über den Lorentzschen Synchronparameter
(81)
θL die
Alle konventionellehängen
Inertialsysteme Gleichzeitigkeit der relativistischen
gemäß (79) Raum-Zeit
über die gleiche Form realisiert.
der Koordinaten-
Transformation miteinander zusammen. Mathematisch werden die speziellen Lorentz-
Transformationen
Alle Inertialsysteme dadurch als eine
hängen Gruppe
gemäß (79) ausgewiesen. Mit denForm
über die gleiche mathematischen Eigen-
der Koordinaten-
schaften der -Transformationen werden wir uns in Kap. 28
Transformation miteinander zusammen. Mathematisch werden die speziellen Lorentz-
Lorentz eingehend auseinan-
dersetzen. Hier genügt
Transformationen dadurchesalsuns festzustellen,
eine daß wir mit
Gruppe ausgewiesen. Mit (75) die mathematisch
den mathematischen ein-
Eigen-
fachste Form gefunden haben, die Äquivalenz aller Inertialsysteme zum
schaften der Lorentz-Transformationen werden wir uns in Kap. 28 eingehend auseinan- Ausdruck zu
bringen.
dersetzen.Insbesondere
Hier genügtliest man festzustellen,
es uns aus (75) oderdaß (79)wir
sofort
mit ab,
(75)daß
die die Umkehrung ein-
mathematisch der
-Transformation
fachste Form
Lorentz wieder eine
gefunden haben, Lorentz-Transformation
die Äquivalenz darstelltzum
aller Inertialsysteme und Ausdruck
zwar mit derzu
Geschwindigkeit
bringen. Insbesondere−v , wie es nach
liest man dem elementaren
aus (75) oder (79)Relativitätsprinzip
sofort ab, daß die seinUmkehrung
muß. der
Über
Lorentzjedes Inertialsystem wieder
-Transformation Σ sindeine
nunLorentz
dieselben Parameter k , darstellt
-Transformation q und θ und definiert.
zwar mit der
Geschwindigkeit
Einstein −v , wie es nach
s Additionstheorem der dem
Geschwindigkeiten (76) gilt folglich
elementaren Relativitätsprinzip seinzwischen
muß. zwei
beliebigen Inertialsystemen.
Über jedes Inertialsystem Σ sind nun dieselben Parameter k , q und θ definiert.
Einsteins Additionstheorem der Geschwindigkeiten (76) gilt folglich zwischen zwei
beliebigen Inertialsystemen.
60 Elementarer Aufbau der relativistischen Raum-Zeit

Ebenso wird die Kontraktion bewegter Maßstäbe und die Zeitdilatation bewegter Uhren in
jedem System Σ gemessen, da die Gleichungen (27) und (31) jetzt für jedes Inertialsystem
gelten:


v2 In einem beliebigen System Σ
lv = lo 1− . (82)
c2 ist der bewegte Stab verkürzt.


v2 In einem beliebigen System Σ
tv = to 1− . (83)
c2 geht die bewegte Uhr nach.

Das ist durchaus nicht selbstverständlich. Wenn wir auf die elementare Relativität
verzichten und die Uhren in Σ nach einer von (73) abweichenden Definition, einer
nichtkonventionellen Gleichzeitigkeit, in Gang setzen, z.B. gemäß θ = 0 , dann würden,
von Σ aus beurteilt, die Länge eines bewegten Stabes und die Schwingungsdauer einer
bewegten Uhr definitionsgemäß nach anderen Formeln von deren Geschwindigkeit in Σ
abhängen, als dies durch (82) und (83) beschrieben wird. Im folgenden Kap. 14 werden
wir zwangsläufig auf ein Problem geführt, dessen Lösung am besten unter Verwendung
einer nichtkonventionellen Gleichzeitigkeit gelingt, vgl. auch Aufg. 9, S. 274.
In Einsteins Axiomatik ist der Gang der Überlegungen ein ganz anderer. Gemäß Einsteins
Relativitätsprinzip, S. 32, ist die konventionelle Definition der Gleichzeitigkeit mit Hilfe
der Lichtgeschwindigkeit in allen Inertialsystemen von vornherein in den axiomatischen
Ausgangspunkt der Theorie eingebunden. Die Relativität der Gleichzeitigkeit ist damit
von Anfang an per definitionem für die relativistische Raum-Zeit festgeschrieben. Eine
davon abweichende Definition der Synchronisation ist dann nicht mehr möglich.
Unsere Axiomatik verfügt erst am Ende über die Synchronisation, so daß es uns im
Grunde freisteht, auf welchen Zeigerstellungen wir die Uhren in den Systemen Σ in
Gang setzen. Die Definition einer nichtkonventionellen Gleichzeitigkeit hat aber den
Preis einer asymmetrischen Beschreibung unserer Raum-Zeit, aus der die tatsächliche
physikalische Äquivalenz der Inertialsysteme viel schwerer zu erkennen ist. Wir behandeln
in Kap. 32 zwei Beispiele zur nichtkonventionellen Definition der Gleichzeitigkeit in der
relativistischen Raum-Zeit, vgl. hierzu auch W. Thirring[1] und H. Günther[2] .
61

14 Die lineare Näherung der


Speziellen Relativitätstheorie

Das Inertialsystem Σ bewege sich in bezug auf Σo mit der Geschwindigkeit v . Wir
wollen ein und dasselbe physikalische Phänomen sowohl von Σo als auch von Σ aus
beschreiben. Unter der linearen Näherung der SRT verstehen wir, daß die Geschwindigkeit
v , verglichen mit der Lichtgeschwindigkeit c , sehr klein bleibt,

v v2 Lineare Näherung der


 1 −→ 2 ≈ 0 . (84)
c c Speziellen Relativitätstheorie

Gleichung (84) kann man so lesen, daß wir nur die linearen Terme in v/c mitnehmen und
höhere Potenzen vernachlässigen. Oder aber man nimmt an, daß unsere Meßgenauigkeit
nicht ausreicht, um Glieder höherer Ordnung in v/c überhaupt nachzuweisen.13
Wir betrachten die folgenden Taylor-Entwicklungen, wobei mit den Punkten Terme
höherer Ordnung in v/c angedeutet sind,
 ⎫
v2 1 v2 ⎪

1− = 1− + ..., ⎪

c2 2 c2 ⎪



1 1 v2 ⎬
= 1+ + ..., (85)
1 − v 2 /c2 2 c2 ⎪





1 v ⎪

= 1 + + ... . ⎭
1 − v/c c

Aus einem Vergleich der physikalischen Postulate (44) und (45) der klassischen Raum-Zeit
mit den entsprechenden relativistischen Formeln (69) und (70) folgt sofort, daß die
relativistische Raum-Zeit in der linearen Näherung in die klassische Raum-Zeit übergeht:

Die in v/c lineare Näherung der relativistischen Raum-Zeit ist physikalisch


mit der klassischen Raum-Zeit identisch.
(86)
Alle in v/c linearen Effekte können grundsätzlich im Rahmen der klassischen
Raum-Zeit erklärt werden.

Für die klassischen, in v/c linearen Effekte liefert die Berücksichtigung der Speziellen
Relativitätstheorie nichtlineare Korrekturen, wie wir dies z.B. beim Doppler-Effekt und bei
der Aberration sehen werden, Kap. 24 und 25. Außerdem gibt es rein relativistische Effekte,
die erst in der Ordnung v 2 /c2 einsetzen und in der klassischen Betrachtung überhaupt
fehlen. Hier muß man entweder sehr genau messen oder die Geschwindigkeit v möglichst
hoch treiben. Die Thomas-Präzession, Kap. 22, und der sog. transversale Doppler-Effekt,
Kap. 24, sind Beispiele dafür.
13 Man beachte, daß die Linearität in den Koordinaten x und t , auf die wir uns ab Kap. 4 generell

geeinigt hatten, mit der hier betrachteten Linearisierung in v/c nichts zu tun hat.
62 Elementarer Aufbau der relativistischen Raum-Zeit

Die Situation sieht anscheinend anders aus, wenn wir bei der Linearisierung in v/c von der
Koordinaten-Transformation ausgehen. Mit (84) und (85) folgt für die lineare Näherung
der Lorentz-Transformation (75)


x = x − v t , x = x + v t , ⎬

Lineare Näherung der
←→ (87)
vx v x ⎪ Lorentz-Transformation
. ⎭

t =t− , t=t + 
cc c c

Die Transformation (87) ist nun aber von der Galilei-Transformation (48) durchaus
verschieden. Dieser Unterschied bleibt unklar, wenn man sich nicht an den definitorischen
Charakter der Gleichzeitigkeit erinnert.
Die klassische und die relativistische Raum-Zeit sind durch die Ergebnisse von Messungen
ausgewiesen, nämlich durch (44) und (45) im klassischen sowie durch (69) und (70) im
relativistischen Fall.
Verzichten wir einmal auf die durch das elementare Relativitätsprinzip erzeugte und für
das Verständnis der physikalischen Zusammenhänge so wichtige symmetrische mathema-
tische Struktur der Koordinaten-Transformationen, dann steht es uns frei, einen beliebigen
Synchronparameter für die Einstellung der Uhren in den Systemen Σ zu verwenden, also
z.B. θL für die klassische Raum-Zeit und θa für die relativistische.
Wir halten fest:

Der Lorentzsche Synchronparameter θL = −v/(c2 γ) erzeugt die konventionelle


Gleichzeitigkeit in der relativistischen Raum-Zeit und eine nichtkonventionelle
Gleichzeitigkeit für die klassische Raum-Zeit.
(88)
Ebenso erzeugt der absolute Synchronparameter θa = 0 die konventionelle
Gleichzeitigkeit in der klassischen Raum-Zeit und eine nichtkonventionelle
Gleichzeitigkeit für die relativistische Raum-Zeit.

Mit der Wahl θL = −v/(c2 γ) für die klassische Raum-Zeit folgt aus (45), daß
q = 1 − v θL = 1 + v 2 /(c2 γ) . Zusammen mit (44) folgt dann aus der Koordinaten-
Transformation (21) anstelle der Galilei-Transformation (48) zunächst

v/c2  v2 /c2  Klassische Raum-Zeit mit einer


x = x − v t , t = − x+ 1+ t. (89)
γ γ nichtkonventionellen Gleichzeitigkeit

Die zweite Formel in (89) enthält mit den v2 /c2 -Gliedern im Rahmen der klassischen
Genauigkeit nicht nachprüfbare Aussagen. Vernachlässigen wir folgerichtig in (89) die in
v/c nichtlinearen Glieder, ersetzen also auch den Faktor γ durch 1 , dann erhalten wir
anstelle der Gleichungen (89) für die klassische Raum-Zeit die Transformationsformeln

vx Klassische Raum-Zeit mit einer


x = x − v t , t = t − . (90)
cc nichtkonventionellen Gleichzeitigkeit
14 Die lineare Näherung der Speziellen Relativitätstheorie 63

Ein Vergleich von (90) mit (87) zeigt nun:


Die in v/c linearisierte Lorentz-Transformation ergibt eine Beschreibung der klassischen
Raum-Zeit mit einer nichtkonventionellen Gleichzeitigkeit, nämlich unter Verwendung
des Synchronparameters θL = −v/(c2 γ) anstelle von θa = 0 und einer anschließenden
Linearisierung in v/c .
Die linearisierte Lorentz-Transformation und die Galilei-Transformation unterscheiden
sich also nur in der Definition der Gleichzeitigkeit.
Dafür gibt es durchaus Anwendungen, s. Liebscher[1] , Günther[3] . Inbesondere bei
Experimenten mit dem Licht kann es sogar mathematisch vorteilhaft sein, zunächst
relativistisch zu rechnen, um daraus den Effekt der klassischen Raum-Zeit durch eine
anschließende Linearisierung in v/c zu erhalten, vgl. Kap. 20 und Kap. 25.
Genauso, wie sich in der relativistischen Raum-Zeit aus der Lorentz-Transformation (75)
die Relativität der Gleichzeitigkeit (80) ergibt, folgt nun auch für die klassische Raum-Zeit
die Relativität der Gleichzeitigkeit aus der in v/c linearisierten Lorentz-Transformation
(90) bzw. (87). Das liegt einfach daran, daß nun für die klassische Raum-Zeit die Uhren
nicht gemäß Abb. 12 in Gang gesetzt werden, sondern vereinbarungsgemäß entsprechend
Abb. 20 bzw. gemäß einer daraus gebildeten linearen Näherung in v/c . In Aufg. 10,
S. 275 rechnen wir dies explizit durch.
Wir machen hier darauf aufmerksam, daß alle Experimente in der Physik bisher ausnahms-
los mit einer konventionellen Regulierung der Uhren durchgeführt werden: die Experimente
der klassischen Physik mit der absoluten Gleichzeitigkeit und Präzisionsexperimente,
die uns in den relativistischen Bereich führen, mit einer Synchronisation, welche über
die per definitionem konstante Lichtgeschwindigkeit realisiert wird. Die experimentelle
Überprüfung von Formeln, die auf einer nichtkonventionellen Definition der Gleichzeitigkeit
beruhen, verlangt daher eine sorgfältige Prüfung einer entsprechenden Einstellung der
Uhren.
Alle physikalisch meßbaren Effekte sind aber von einer Änderung in der Definition der
Gleichzeitigkeit nur dann betroffen, wenn wir zur Bestimmung der experimentellen Größen
zwei Uhren an zwei verschiedenen Orten benötigen, so daß die Synchronisation dieser
beiden Uhren unmittelbar in die Messung eingeht, wie wir dies bei der Messung einer
Geschwindigkeit in Kap. 1 diskutiert haben, s. Satz (1), S. 17.
Wir zeigen dies noch einmal an der Lichtgeschwindigkeit.
Es sei c = c die in Σ und Σo gemessene Lichtgeschwindigkeit in der relativistischen
Raum-Zeit bei konventioneller, also Einsteinscher Definition der Gleichzeitigkeit. Das
System Σ soll sich mit der Geschwindigkeit v in der x-Richtung von Σo bewegen.
Betrachten wir nun die klassische Raum-Zeit mit konventioneller Definition der Gleich-
zeitigkeit, und es sei c die Lichtgeschwindigkeit in Σo . Mit dem Additionstheorem (49)
der Galilei-Transformation (48) erhalten wir dann für den klassischen Wert ckl der
Lichtgeschwindigkeit in Σ
 v
ckl = c − v = c 1 − . (91)
c
Also unterscheidet sich doch der klassische Wert für ckl ganz eindeutig um einen Effekt
erster Ordnung in v/c von dem relativistischen Wert c !
Im System Σ gemessene Geschwindigkeiten kann man natürlich nur miteinander verglei-
chen, wenn man dabei dieselbe Synchronisation der Uhren verwendet hat, Kap. 3, Satz
(1), S. 17.
64 Elementarer Aufbau der relativistischen Raum-Zeit

Ein bei x1 = 0 zur Zeit t1 = 0 ausgesandtes Lichtsignal erreiche die Σ -Uhr bei x2 zur
Zeit t2 . Die daraus in Σ berechnete Lichtgeschwindigkeit c ,

x2 − x1 x
c =   = 2 ,
t2 − t1 t2

hängt natürlich davon ab, ob die Σ -Uhr bei x2 auf der Stellung gemäß Abb. 12 oder
gemäß Abb. 20 in Gang gesetzt wurde.
Um den klassischen Wert der Lichtgeschwindigkeit mit dem relativistischen vergleichen
zu können, müssen wir also für die klassische Raum-Zeit dieselbe Synchronisation für
die Σ -Uhren verwenden wie für die relativistische. Rechnen wir in der relativistischen
Raum-Zeit mit konventioneller Gleichzeitigkeit, benutzen also den Synchronparameter
θL = −v/(c2 γ) , dann müssen wir diesen Parameter θL auch für die klassische Rechnung
einsetzen.
Wie wir oben ausgeführt haben, ist bei θ = θL = −v/(c2 γ) in der klassischen Raum-Zeit
q = 1 + v 2 /(c2 γ) sowie k = 1 .
Aus dem Additionstheorem (22) mit u = c in Σo folgt damit für die klassisch gemessene
Lichtgeschwindigkeit ein Wert u = 
c kl in Σ , wobei wir die aus einer nichtkonventionellen
Einstellung der Uhren resultierenden Größen durch eine Tilde kennzeichnen,
c−v  v  v 1 v2 v2 
c kl =
 ≈ c 1 − 1 + − − ,
1 + v 2 /(c2 γ) − v/(cγ) c cγ 2 c2 γ 2 c2 γ
so daß

 v2 
c kl = c + O
 . (92)
c2

Dieser klassische Wert der Lichtgeschwindigkeit  c kl in Σ unterscheidet sich also von
dem relativistischen Wert c in Übereinstimmung
  mit (86) nur durch nichtlineare Terme
in v/c , was wir mit der Schreibweise O v 2 /c2 angedeutet haben. In Aufg. 9, S. 274,
rechnen wir dasselbe Problem mit der absoluten Gleichzeitigkeit, also konventionell für
die klassische Raum-Zeit und nichtkonventionell für den relativistischen Fall.
Wir merken noch an:
Natürlich kann die Galilei-Transformation auch als ein Grenzfall der Lorentz-
Transformation betrachtet werden, nämlich unter der Annahme c −→ ∞ .
Die ganze Theorie auf einer Seite
Wir beginnen mit einem vorläufig ausgezeichneten Ausgangs-Inertialsystem Σo (x, t) .
Die Systeme Σ (x , t ) mögen in bezug auf Σo die Geschwindigkeit (v, 0, 0) besitzen.
Die Koordinaten sollen die Maßzahlen der Orts- und Zeitmessungen sein.
lv und lo sind die Längen eines in Σo bewegten bzw. desselben in Σo ruhenden Stabes.
Tv und To sind die Perioden einer in Σo bewegten bzw. derselben in Σo ruhenden Uhr.
Es gelte das Postulat der Homogenität und Isotropie unserer Raum-Zeit in Σo .
Bei linearer Synchronisation in Σ gilt dann: Die Koordinaten-Transformationen sind linear,

x = k(x − v t) , y  = y , z  = z ,
(I)
t = θ x + q t .
Für eine Geschwindigkeit u in Σo folgt daraus u in Σ gemäß dem Additionstheorem
k(u − v)
u =
θu+q
k
mit dem Spezialfall : u = 0 −→ u = − v . (II)
q
Aus (I) gewinnen wir die Aussagen
lo To
= k(v) , = v θ(v) + q(v) . (III)
lv Tv
Elementares Relativitätsprinzip: u = −v für u = 0 . Aus (II) folgt damit
k=q,
und wegen (III) folgt daraus der Parameter θ zur Synchronisation der Uhren in Σ ,
To /Tv − lo /lv
θ= .
v
Experimentelle Bestimmung von lv /lo und Tv /To in Σo :
klassische Raum-Zeit relativistische Raum-Zeit

lv = lo , Tv = To . lv = lo 1 − v 2 /c2 , To = Tv 1 − v 2 /c2 .
⇓ ⇓
1 −v/c2
k =q =1, θ =0. k=q= , θ= .
1 − v 2 /c2 1 − v2 /c2
Einsetzen in (I) liefert :
Galilei-Transformation Lorentz-Transformation
x−vt
x = x − v t , y = y , z = z , x = , y = y , z = z ,
1 − v 2 /c2
t − v x/c2
t = t . t = .
1 − v 2 /c2

Aus der mathematischen Struktur dieser Transformationen folgt die Gleichberechtigung


aller Inertialsysteme. Es gilt das Galileische bzw. Einsteinsche Relativitätsprinzip.
Die Newtonsche Mechanik
Bis hierher haben wir gesehen, daß die Struktur unserer Raum-Zeit von jedem Inertial-
system aus dasselbe Bild ergibt. Das Prinzip der Relativität verlangt aber mehr. Auch
die physikalischen Gesetze sollen von jedem Inertialsystem aus betrachtet gleich lauten.
Diese physikalische Erfahrung haben wir ursprünglich mit der Mechanik gemacht. Andere
physikalische Bereiche wie die Elektrodynamik wollen wir später betrachten.
Die Formulierung der Newtonschen Mechanik hat nicht die klassische Raum-Zeit zur
Voraussetzung. Die Newtonschen Gesetze gehen aber davon aus, daß in der Mechanik ein
Relativitätsprinzip wirksam ist:

Es ist unmöglich, in der Mechanik ein Experiment anzugeben, durch das


(93)
ein Inertialsystem vor einem anderen ausgezeichnet würde.

Jetzt haben wir es also mit der Ausdehnung des Relativitätspostulats auf physikalische
Gesetze zu tun, hier auf die Gesetze der Mechanik.
Ausgehend von der elementaren Relativität in der Beschreibung der Raum-Zeit, müssen
wir einen Erfahrungssatz formulieren, damit die Bewegungsgesetze der Mechanik dem
Prinzip (93) unterworfen werden können. Dieses Prinzip lautet:14

Wird eine physikalische Kraft in zwei Inertialsystemen gemessen, dann stimmen


(94)
die beiden Meßwerte überein.

Wirkt z.B., eindimensional betrachtet, im System Σo auf einen Körper K eine Kraft
F = 1 N , so wird auch in Σ gemessen, daß an dem Körper K die Kraft F  = 1 N
angreift. (Hierbei steht N für ’ein Newton’, das wir unten als Maßeinheit der Kraft im
SI-System einführen werden.)
Diese Aussage ist nicht trivial. Mit ihrer Hilfe werden wir die Newtonschen Axiome
der Mechanik entweder an die klassische oder an die relativistische Raum-Zeit anpassen
können, so daß jeweils die Äquivalenz aller Inertialsysteme erfüllt ist.

15 Die Newtonschen Axiome


Das Erste Newtonsche Axiom stellt fest, daß es Bezugssysteme gibt, in denen ein
Körper, auf den keine physikalischen Kräfte einwirken, im Zustand der Ruhe oder der
gleichförmigen Bewegung verharrt. Es heißt auch das Galileische Trägheitsgesetz. Diese
Bezugssysteme haben wir in Kap. 2 als Inertialsysteme deklariert.
Das Zweite Newtonsche Axiom konstatiert für den Impuls p = mu = mdx/dt einer
Masse m , die sich mit der Geschwindigkeit u unter der Wirkung einer Kraft F gemäß
x = x(t) bewegt, daß die zeitliche Änderung des Impulses in einem solchen Inertialsystem
dieser Kraft proportional ist,
d d d Das Zweite
p≡ (mu) ∼ F −→ (mu) = k F . (95)
dt dt dt Newtonsche Axiom

14 Für die Lorentz-Kraft kann dieses Prinzip in der relativistischen Mechanik geladener Teilchen mit

Hilfe der Elektrodynamik explizit verifiziert werden, s. Kap. 29, S. 161ff., und Kap. 30, S. 190ff.
15 Die Newtonschen Axiome 67

Die Proportionalitätskonstante k wird durch die Wahl der Maßeinheit für die Kraft
festgelegt.
Wir erinnern zuerst an die Festlegung der Masseneinheit. Wie vor zweihundert Jahren
gilt hier: Der in Paris aufbewahrte Kilogramm-Prototyp definiert die Maßeinheit des
Kilogramms im SI-System:15

1 kg ist die Maßeinheit für die Masse im SI-Maßsystem.

Wir definieren dann: Ein Newton ist die Kraft, die einer ruhenden Masse von einem
Kilogramm die Beschleunigung von einem Meter Pro Sekunde zum Quadrat erteilt. Da
wir nicht wissen, ob sich die Masse eines Körpers vielleicht mit ihrer Geschwindigkeit
ändert, s. u. Gleichung (102), wird unsere Festsetzung durch die Annahme einer ruhenden
Ausgangsmasse eindeutig:

Ein Newton, 1N = 1kg · 1m · 1s−2 , ist die Maßeinheit für die Kraft im SI-Maßsystem.

Das Newton ist also eine aus den Basis-Maßeinheiten Meter, Kilogramm und Sekunde des
SI-Systems sekundär eingeführte Krafteinheit, derart, daß nun für die Konstante in (95)
k = 1 gilt.
Auch im absoluten Maßsystem, wo man grundsätzlich alle Größen auf die drei Basis-
Maßeinheiten für Länge, Masse und Zeit zurückführt, bleibt das Newton die Krafteinheit,
wenn man anstelle der alten cgs-Einheiten Zentimeter und Gramm die Maßeinheiten
Meter und Kiligramm zugrunde legt, so daß in der Mechanik zwischen dem SI-System und
dem modernen absoluten Maßsystem noch nicht unterschieden werden muß.
Für das Zweite Newtonsche Axiom (95) können wir damit schreiben

d d d d Das Zweite
p = (mu) = (m x) = F . (96)
dt dt dt dt Newtonsche Axiom

Setzen wir hier F = 0 , so folgt die Aussage des Ersten Axioms

Das Erste
p = mu = const für F = 0 . (97)
Newtonsche Axiom

Das Dritte Newtonsche Axiom, das sog. Gegenwirkungsaxiom actio = reactio, stellt eine
allgemeine Eigenschaft für alle Wechselwirkungskräfte, für die Kräfte Fba der Masse mb
auf die Masse ma fest, nämlich die Gleichung

Das Dritte
Fba = −Fab . (98)
Newtonsche Axiom

Gemäß (98) ist die Kraft, die das Teilchen mb auf ma ausübt, entgegengesetzt gleich der
Kraft des Teilchens ma auf mb . Mit (98) ist auch gesagt, daß ein Teilchen auf sich selbst
keine Kraft ausübt, es gilt also Faa = 0 .
15 Danach sind dann ein Mol, also N 23 Atome des Kohlenstoffisotops 12 C , gerade
A = 6, 0221367 · 10
12 g. Wegen der Unsicherheit in der Bestimmung der Avogadro-Zahl NA ist diese Aussage aber bis
heute noch nicht genauer als die Festlegung über das Urkilogramm.
68 Die Newtonsche Mechanik

Grundsätzlicher als die in dieser Form (98) formulierte Eigenschaft der inneren Kräfte
eines Systems von Teilchen ist eine daraus herleitbare Konsequenz, die wir deswegen
ebenfalls als das Dritte Axiom der Mechanik bezeichnen wollen.
Bei n Teilchen mit den Massen ma an den Positionen xa gilt die Gleichung (96) zunächst
für jedes einzelne Teilchen,
d d d n
pa = (ma xa ) = Fba + Fa . (99)
dt dt dt
b=1
Hier ist Fa eine äußere, auf das Teilchen ma einwirkende Kraft.
Aus (98) folgt für die Wechselwirkungskräfte Fba die allgemeine Eigenschaft

n 
n
Fba = 0 . (100)
a=1 b=1

Für ein System aus n Teilchen, die allein ihren Wechselwirkungskräften ausgesetzt sind,
n
folgt durch Summation aus (99) und (100) die Erhaltung des Gesamtimpulses P := pa ,
a=1

d d
n n
d Das Dritte Newtonsche Axiom
Fa = 0 : pa = ma ua = P = 0. (101)
dt a=1 dt a=1 dt Erhaltung des Gesamtimpulses

Dieser Erhaltungssatz für ein abgeschlossenes, nur unter der Wirkung von inneren Kräften
stehendes System ist eine fundamentale Eigenschaft. In der relativistischen Formulierung
der Mechanik werden wir die Newtonsche Formulierung (98) durch das Gesetz (101)
ersetzen müssen. Mit (96), (97) und (101) anstelle von (98) ist die Formulierung der
Newtonschen Mechanik so allgemein, daß wir noch nicht zwischen klassischer und relati-
vistischer Mechanik unterscheiden müssen.
Newton hat nämlich in seinem Gesetz (96) zugelassen, daß sich die Massen ma bei ihrer
Bewegung ändern können. Als einfachsten Fall wird man annehmen, daß die Masse m
eines Körpers vom Betrag u ihrer Geschwindigkeit u abhängt. Diese i. allg. zugelassene
Abhängigkeit der Masse von ihrer Geschwindigkeit wollen wir mit einer geschweiften
Klammer schreiben,

Die träge Masse m eines Körpers ist i. allg.


m = m{u} . (102)
als eine Funktion ihrer Geschwindigkeit u zu verstehen.

Solange wir diese Funktion m{u} nicht kennen, solange können wir im Grunde genommen
auch noch gar nicht explizit mit den Newtonschen Gleichungen rechnen.
Mit einem auf R.C. Tolman zurückgehenden Gedankenexperiment kann man aber ganz
allgemein ausrechnen, wie die Funktion m = m{u} aussieht, wenn man nur das Dritte
Newtonsche Axiom (101) voraussetzt und die Galilei-Transformation (48), S. 41, für die
klassische bzw. die Lorentz-Transformation (75), S. 56, für die relativistische Raum-Zeit
auf die Impulse m u von stoßenden Massen in einem Inertialsystem Σo anwendet. Wir
werden sehen, daß es insbesondere das Additionstheorem der Geschwindigkeiten ist, welches
zu unterschiedlichen Eigenschaften von Massen in der klassischen bzw. der relativistischen
Raum-Zeit führt.
15 Die Newtonschen Axiome 69

Abb. 22: Isaac Newton, 4.1.1643 - 31.3.1727.


70 Die Newtonsche Mechanik

16 Die klassische Mechanik


Mit Hilfe des Tolmanschen Gedankenexperimentes werden wir im nächsten Kapitel
aus dem Dritten Newtonschen Axiom die Funktion m = m{u} , die Abhängigkeit der
trägen Masse von ihrer Geschwindigkeit für die relativistische Raum-Zeit, im Rahmen
der Lorentz-Transformation bestimmen. Die in v/c lineare Näherung davon liefert das
bekannte Ergebnis, die Unabhängigkeit der Masse von ihrer Geschwindigkeit für den
Gültigkeitsbereich der Galilei-Transformation16 , s. auch den direkten Nachweis für die
folgende Gleichung in Aufg. 12, S. 279 :

dm{u} dm dm{u} du Konstanz der Masse


= 0 −→ = =0. (103)
du dt du dt Klassische Raum-Zeit

Die Masse m eines Körpers ist im Gültigkeitsbereich der Galilei-Transformation (48)


von seiner Geschwindigkeit u unabhängig.

Für einen Körper mögen von Σ bzw. von Σo aus die Bewegungen x = x (t ) bzw.
x = x(t) beobachtet werden. Wir setzen diese Bewegungen in die Galilei-Transfor-
mation (48) ein und finden durch zweimalige Differentiation nach der Zeit wegen t = t ,
dx dx dt dx d dx
= = = (x − vt) = −v ,
dt dt dt  dt dt dt
d2 x d  dx  dt d2 x
= −v = .
dt2 dt dt dt dt2
Nehmen wir hier die Gleichung (103) hinzu, dann folgt in allen Inertialsystemen Σ der
klassischen Raum-Zeit für den charakteristischen Beschleunigungsterm der Newtonschen
Mechanik
d d d2 Impulsänderung
Σ: p = (m u) = m 2 x . (104)
dt dt dt Klassische Raum-Zeit
Gemäß (94) nehmen wir nun an, daß in bezug auf alle Inertialsysteme dieselben Kräfte
F bzw. Fa sowie Fba gemessen werden. Die Newtonschen Grundgesetze der Mechanik
nehmen dann in der klassischen Raum-Zeit einheitlich für alle Inertialsysteme Σ die
folgende Form an,

Galilei-Transformation :

d d2 Das Zweite
p=m 2 x=F.
dt dt Newtonsche Axiom
Das Erste (105)
p = mu = const für F = 0 .
Newtonsche Axiom
Das Dritte
Fba = −Fab .
Newtonsche Axiom

16 Hierbei betrachten wir Massen von Körpern mit unveränderlicher Teilchenzahl im Sinne von Atomen

oder Elementarteilchen. Die Masse einer Rakete bleibt also nur konstant, wenn man die Masse der
ausgestoßenen Treibgase berücksichtigt.
16 Die klassische Mechanik 71

Für n Teilchen mit den Positionen xa und den konstanten Massen ma gilt

d2
n
ma 2
xa = Fba + Fa . (106)
dt
b=1

Bei fehlenden äußeren Kräften Fa können wir das Dritte Axiom auch mit Hilfe des
Impulssatzes (101) ausdrücken:

d  
n n
d ua d Das Dritte Newtonsche Axiom
pa = ma = P=0. (107)
dt a=1 dt dt Galilei-Transformation
a=1

Beschränkt sich die Wechselwirkung von Teilchen auf ein sehr kleines Zeitintervall δt , so
daß sich die Teilchen vorher und nachher kräftefrei bewegen, dann sprechen wir von einem
Stoß. Die explizite Behandlung eines Stoßvorganges zweier Teilchen auf der Grundlage
der Galilei-Transformation haben wir in Aufg. 11, S. 277, gerechnet.
Solange wir Körper betrachten, deren Geschwindigkeiten u , verglichen mit der Licht-
geschwindigkeit c , sehr klein sind ( u  c ), solange werden auch die Newtonschen
Gleichungen (105) mit ihren unveränderlichen Massen für alle Inertialsysteme gelten,
die wir wiederum durch solche Körper realisieren können. Jede Bewegung, die in einem
Inertialsystem möglich ist, gibt es auch in jedem anderen Inertialsystem.

Das Relativitätsprinzip der Mechanik (93) ist mit den Gleichungen (105) für die
klassische Raum-Zeit realisiert.

Solange wir keine Effekte von der Größenordnung v 2 /c2 nachweisen können, solange können
wir sicher sein, daß dieses Relativitätsprinzip experimentell in der klassischen Mechanik
bestätigt wird. Physikalisch können wir demnach Inertialsysteme auch als diejenigen
Bezugssysteme charakterisieren, in denen für den Grenzfall kleiner Geschwindigkeiten die
Newtonschen Gleichungen in der Form (105) gelten.
Wenn wir die Gleichungen (105) gelöst haben, sind wir in der Lage zu sagen, wo sich
eine bestimmte Masse ma zu einer bestimmten Zeit befindet. Eine solche Aussage ist das
Ergebnis sog. Lagrangescher Bewegungsgleichungen. Alle Feldtheorien sind aber von
einem anderen Typ, wobei man dann von Eulerschen Bewegungsgleichungen spricht.
Dabei interessiert man sich für die zeitliche Änderung von Feldern an einem festen Ort.
Die von diesen Feldern ausgehenden Kraftwirkungen sind Kraftdichten, die an einem festen
Ort wirksam werden können. Für den Anschluß der Mechanik an die Feldtheorie, z.B.
an die Elektrodynamik, brauchen wir daher eine Formulierung der Grundgleichungen der
Mechanik für eine kontinuierliche Massenverteilung und für Kraftdichten f = dF/dV ,
z.B. die Lorentz-Kraftdichte. Diese Problematik behandeln wir in Aufg. 35, S. 325, und
wir verweisen ferner z.B. auf das Buch von A. Papapetrou, das wir im Literaturverzeichnis
angegeben haben.
72 Die Newtonsche Mechanik

17 Das Tolmansche Gedankenexperiment -


Die relativistische Mechanik
Die Anwendung des Dritten Newtonschen Axioms (101) in einem einzigen Inertialsystem,
sagen wir in Σo , auf einen ideal elastischen Stoß zwischen zwei Massen erzwingt die Funk-
tion m = m{u} , die Abhängigkeit der Masse m eines Körpers von seiner Geschwindigkeit
u . Diese Funktion wollen wir jetzt für die durch die Lorentz-Transformation (75)
definierte relativistische Raum-Zeit bestimmen.

17.1 Die relativistische Massenformel


Auf R.C. Tolman geht folgendes Gedankenexperiment zurück. Wir betrachten den ideal
elastischen Stoß zweier ideal glatter Kugeln A und B , wie dies in Abb. 23 skizziert ist.
Beide Kugeln sollen physikalisch identische Körper der Masse m sein. Die Kugel A habe
im Bezugssystem Σo nur eine Geschwindigkeitskomponente in y-Richtung,
Σo : uA = (dx/dt, dy/dt) = (uAx , uAy ) = (0, w) .
Das Bezugssystem Σ besitze, von Σo aus gemessen, die Geschwindigkeit v in x-Richtung.
Die Kugel B habe, von Σ aus gemessen, nur eine Geschwindigkeitskomponente in
Richtung der negativen y  -Achse,
Σ : uB = (dx /dt , dy  /dt ) = (uBx , uBy ) = (0, −w) .
Von Σo beobachtet, folgt dann für uB mit (75) nach der Kettenregel der Differentiation
 −1    −1
uBx = dx/dt = dx/dt · dt/dt = d (x + vt )/γ dt · dt/dt
    −1  
= (uBx + v)/γ · (1 + uBx v/c2 ) γ = v/γ · γ = v und
  −1
uBy = dy/dt = dy  /dt = dy  /dt · dt/dt ) = uBy γ = −w γ ,
(s. auch Gleichung (569)). Insgesamt gilt also aus der Sicht von Σo ,

uA = (uAx , uAy ) = (0, w) , Geschwindigkeitskomponenten
Σo : (108)
uB = (uBx , uBy ) = (v, −w γ) . vor dem Stoß
y
6 - v
Σ

m xB y
 dy 
?uBy = dt = −w 6
Σo

- x

dy
6uAy = =w
dt
x -x
m A

Abb. 23: Schematische Darstellung des Tolmanschen Gedankenexperimentes.


17 Das Tolmansche Gedankenexperiment - Die relativistische Mechanik 73

Die Geschwindigkeiten v und w sind so gewählt, und die Kugeln sind so positioniert,
daß sie in dem Moment zusammenstoßen, wo die y  -Achse mit der y-Achse gerade
zusammenfällt, so daß die Kugeln dabei senkrecht übereinander liegen.
Die Annahme ideal glatter Kugeln bedeutet, daß bei diesem Zusammenstoß keine tan-
gentialen, in x-Richtung wirkenden Kräfte auftreten. In y-Richtung treten nur Kräfte
auf, die dem Gegenwirkungsaxiom genügen, so daß wir für das System aus den beiden
Kugeln den Impulssatz (101) anwenden können. Mit einem Querstrich für die Impulse
und Geschwindigkeiten nach dem Stoß lautet dann die Erhaltung des Gesamtimpulses bei
dem Stoß
pA + pB = pA + pB Impulserhaltung in Σo (109)
bzw. in Komponenten

m{uA } uAx + m{uB } uBx = m{uA } uAx + m{uB } uBx ,
Impulserhaltung in Σo (110)
m{uA } uAy + m{uB } uBy = m{uA } uAy + m{uB } uBy .

Hierbei haben wir in Betracht gezogen, daß die Massen m Funktionen ihrer
Geschwindigkeiten sein können, und diese Abhängigkeit verdeutlichen wir stets durch
geschweifte Klammern. Die Massen m können daher aus den Gleichungen (110) nicht
einfach herausgekürzt werden.
Da keine tangentialen Kräfte wirken sollen, bleiben die Geschwindigkeiten in x- bzw. x -
Richtung nach dem Stoß ungeändert: uAx = uAx = 0 , uBx = uBx = v und uBx = uBx = 0 .
Die Komponenten nach dem Stoß können wir damit für die Kugeln A und B schreiben als
Σo : uA = (0, wA ) ,
Σ : uB = (uBx , uBy ) = (0, wB ) .
Die Komponenten uAy = wA und u By  = wB kennen wir noch nicht.
Von Σo beobachtet, folgt für uBy wie oben,
 −1
uBy = dy/dt = dy  /dt = dy  /dt · dt/dt = uBy γ = wB γ .
Insgesamt können wir also für die Komponenten nach dem Stoß in Σo schreiben

uA = (uAx , uAy ) = (0, wA ) , Geschwindigkeitskomponenten
Σo : (111)
uB = (uBx , uBy ) = (v, wB γ) . nach dem Stoß

In der relativistischen Raum-Zeit ist |v| < c < ∞ also γ = 1 bei v = 0 .


Wir zeigen zunächst mit indirekter Schlußweise, daß in diesem Fall die Masse m eines
Körpers von dessen Geschwindigkeit abhängen muß :
Angenommen, die Körper sind ideal elastisch zusammengestoßen, so daß beide Körper
infolge des Stoßes ihre Geschwindigkeiten ändern. Wenn wir nun annehmen, daß die
Masse m eine geschwindigkeitsunabhängige Konstante ist, dann können wir m aus den
Gleichungen (110) herauskürzen, und wir erhalten unter Beachtung von (108) und (111)
aus der zweiten Gleichung (110) mit beliebigem v
w − w γ = wA + wB γ . (112)
Hieraus folgt für v −→ 0 , also γ −→ 1 , daß wA = −wB .
Dasselbe gilt auch bei beliebigem v , da wegen der Abwesenheit tangentialer Kräfte wA
und wB von v nicht abhängen können. Gleichung (112) lautet damit
74 Die Newtonsche Mechanik

w (1 − γ) = −(1 − γ) w B . (113)
Wegen γ = 1 bei v = 0 können wir bei v = 0 durch den Faktor (1 − γ) dividieren, so
w (1 − γ) = −(1 − γ) wB .
daß (113)
Wegen
w γ = und
B = −w 1 bei wvA==0wkönnen
. wir bei v = 0 durch den Faktor (1 − γ) dividieren, so
(114)
daß
Danach laufen die beiden Kugeln unverändert, also ohne Kollision weiter und sind also
wB = −wunserer
entgegen und Voraussetzung
wA = w . gar nicht zusammengestoßen. (114)
Danach laufen die beiden Kugeln unverändert, also ohne Kollision weiter und sind also
entgegen unserer Voraussetzung
Die Unabhängigkeit der Masse gar
von nicht zusammengestoßen.
der Geschwindigkeit ist mit der
Lorentz-Transformation unvereinbar.
Die Unabhängigkeit der Masse von der Geschwindigkeit ist mit der
Im Fall der
Lorentz Galilei-Transformation
-Transformation unvereinbar. ist der relativistische Faktor γ bei beliebigem v
durch 1 ersetzt, und aus der Gleichung (113) ist nun der Schluß auf (114) nicht mehr
möglich.
Im Fall der Galilei-Transformation ist der relativistische Faktor γ bei beliebigem v
Als
durch einfachsten
1 ersetzt,Fall nehmen
und aus derwirGleichung
jetzt an, (113)
daß die
istMasse m Schluß
nun der in Σo auf
streng
(114)monoton, also
nicht mehr
umkehrbar
möglich. eindeutig vom Betrag ihrer Geschwindigkeit |u| , bzw. damit äquivalent, vom
Quadrat der Geschwindigkeit
Als einfachsten Fall nehmen wir abhängt,
jetzt an, daß die Masse m in Σo streng monoton, also

umkehrbar eindeutig  
vom 2Betrag 
2 ihrer Geschwindigkeit |u| , bzw. damit äquivalent, vom
Σo : m = m |u| = m ux + uy .
2
(115)
Quadrat der Geschwindigkeit abhängt,
Mit  (111)   x-Komponente der Impulsbilanz (110)
Σo : (108)
m=m und |u|2 =lautet
m u2x dann
+ u2y die. (115)
 2  2
m uB uBx = m uB uBx ,
Mit (108) und (111) lautet dann die x-Komponente der Impulsbilanz (110)
 
also  
m u2B uBx = m u2B uBx ,
   
also v2 v2 x-Komponente
Σ o : m v 2
+ w 2
(1 − ) v = m v 2
+ w 2
B (1 − ) v . (116)
c2 c2 der Impulsbilanz
   
v2 v2 x-Komponente
Σo : m v 2 + w2 (1 − 2 ) v = m v 2 + w2B (1 − 2 ) v . 2 2 (116)
Für beliebiges v ist cdiese Gleichung nunmehr cnur bei wB der = wImpulsbilanz
zu erfüllen. Wenn ein
Stoß stattgefunden hat, was wir hier voraussetzen, dann muß die B-Kugel in positiver
y-Richtung
Für beliebiges zurücklaufen.
v ist dieseDieGleichung wB = −wnur
Lösung nunmehr scheidet
bei wdamit
2 2 17 ,
= wauszu erfüllen. Wenn ein
B
Stoß stattgefunden hat, was wir hier voraussetzen, dann muß die B-Kugel in positiver
Σo : wB = +w . (117)
y-Richtung zurücklaufen. Die Lösung wB = −w scheidet damit aus17 ,
Die y-Komponente der Impulsbilanz (110) lautet mit (108), (111), und (117)
Σo : wB = +w . (117)
 2  2  2  2
m uA uAy + m uB uBy = m uA uAy + m uB uBy ,
Die y-Komponente der Impulsbilanz (110) lautet mit (108), (111), und (117)
 
also      
m u2A uAy + m u2B uBy = m u2A uAy + m u2B uBy ,
17 In der Literatur wird dies gelegentlich mit dem Hinweis auf die klassische Mechanik, also den Grenzfall
also Geschwindigkeiten, d.h. γ ≈ 1, begründet. Damit hat die Auswahl der Lösung aber nichts zu
kleiner
tun. Sowohl in der relativistischen als auch in der klassischen Mechanik gibt es beide Lösungen. Man
17 In der Literatur wird dies gelegentlich mit dem Hinweis auf die klassische Mechanik, also den Grenzfall
braucht nur die Masse m einer der beiden Kugeln durch den Massenmittelpunkt eines Systems aus zwei
kleiner Geschwindigkeiten,
voneinander entfernten Körpern γ ≈
d.h. zu 1, begründet.
ersetzen, Damit
und dieses hat die
System wirdAuswahl der Lösung aber
in den allermeisten nichts
Fällen zu
an der
tun. Sowohl
zweiten Kugelineinfach
der relativistischen
vorbeilaufen. als auch in der klassischen Mechanik gibt es beide Lösungen. Man
braucht nur die Masse m einer der beiden Kugeln durch den Massenmittelpunkt eines Systems aus zwei
voneinander entfernten Körpern zu ersetzen, und dieses System wird in den allermeisten Fällen an der
zweiten Kugel einfach vorbeilaufen.
17 Das Tolmansche Gedankenexperiment - Die relativistische Mechanik 75

  ⎫
  v2 ⎪
m w2 w − m v2 + w2 (1 − 2 ) w γ ⎪

c ⎬
  ⎫ y-Komponente
Σo :  2  v 2
 ⎪ (118)
m w 2w − m v 2 + w 2
(1 − ) 2w γ ⎪ der Impulsbilanz
2 c2 v ⎪

= m wA wA + m v + w (1 − 2 ) w γ . ⎭
2
y-Komponente
Σo :  c  (118)
 2 v 2 ⎪
⎪ der Impulsbilanz
= m wA wA + m v + w (1 − 2 ) w γ . ⎭
2 2 ⎪
c
Die Gleichung (118) muß für beliebige Geschwindigkeiten v und w gelten. Wir führen
zunächst wieder den Grenzübergang v −→ 0 durch, also γ −→ 1 ,
  (118) muß
Die Gleichung  für beliebige Geschwindigkeiten v und w gelten. Wir führen
= m w2Awieder
0zunächst wA + w2 w , wenn v v−→
m Grenzübergang
den = 00 .durch, also γ −→ 1 , (119)
 2  2  
Für
0=m w −→
wA 0wfolgt
A+m ausw(119)w ,m wennw2A vw= A 0−→
. 0 , also, da die Masse nicht verschwindet,
(119)
auch wA −→ 0 . Mit dem Grenzübergang
 2
Für w −→ 0 folgt aus 2(119)
 m wA wA −→ 0 , also, da die Masse nicht verschwindet,
auchwwAA −→ 0 . Mitm dem
w Grenzübergang
m{0}
lim = − lim  2  = − = −1
w→0 w w→0 m w m{0}
 A2 
wA m w m{0}
lim
ergibt = − lim aus(119)
 =− = −1
w→0 wsich daher
w→0 m w 2 m{0}
A

Σ o : wsich
ergibt −w + O(w
A = daher
2
) ,
aus (119) (120)
2
wobei
Σo : w Awir= mit
−w +O(w O(w)2 ) nichtlineare
, Terme in w andeuten, die wir für unsere weitere (120)
Schlußweise aber nicht benötigen.
Wir
wobeiinteressieren
wir mit O(w uns2nun für den Grenzfall
) nichtlineare Terme w in−→
w 0andeuten,
in Gleichung
die (118).
wir fürDazu betrachten
unsere weitere
wir zunächst w 
= 0 und
Schlußweise aber nicht benötigen. setzen die Beziehung (120) in die Gleichung (118) ein, wobei wir
die
Wirnichtlinearen
interessieren Terme
uns nunO(w für2den
) gleich w −→und
weglassen,
Grenzfall 0 infinden
Gleichung (118). Dazu betrachten
wir zunächst w = 0 und setzen  2die Beziehung (120) in die Gleichung (118) ein, wobei wir
 2
 2
die nichtlinearen Terme
v O(w
2 m ) wgleich weglassen, und finden
2 m v 2 + w2 (1 − 2 ) = . (121)
 c  γ 
v2 2 m w2
2 m v 2 + wwir
Betrachten
2
− 2den
(1 nun ) = Grenzübergang . w −→ 0 und setzen (121)
c γ
 2
m{0} := mowir
Betrachten , m nunv den:=Grenzübergang
m , w −→ 0 und setzen (122)
 2
dann
m{0} folgt
:= moeine, mAbhängigkeit
v := m , der Masse m von ihrer Geschwindigkeit, indem wir(122) für
eine Teilchengeschwindigkeit wieder u schreiben, während wir mit v i. allg. die
Geschwindigkeit
dann folgt eine eines Bezugssystems
Abhängigkeit bezeichnen,
der Masse m von ihrer Geschwindigkeit, indem wir für
eine Teilchengeschwindigkeit wieder u schreiben, während wir mit v i. allg. die
Geschwindigkeit
mo eines Bezugssystems bezeichnen, Relativistische
m= . (123)
1 − u2 /c2 Massenformel
mo Relativistische
m= . (123)
Wir sehen: 1 − u 2 /c2 Massenformel

Wir
Diesehen:
träge Masse eines Körpers hängt gemäß (123) ebenso von ihrer Geschwindigkeit ab
wie die Schwingungsdauer einer bewegten Uhr gemäß (70).
Die träge Masse eines Körpers hängt gemäß (123) ebenso von ihrer Geschwindigkeit ab
wie die Schwingungsdauer einer bewegten Uhr gemäß (70).
76 Die Newtonsche Mechanik

Wir fassen zusammen:


In der durch die Lorentz-Transformation (75) definierten relativistischen Raum-Zeit
müssen die Impulse pa = ma ua über die geschwindigkeitsabhängigen Massen gemäß

n
(123) definiert werden, damit die Erhaltung des Gesamtimpulses P = pa gemäß (109)
a
erfüllt werden kann. Mit m{0} := mo haben wir dabei die Ruhmasse eines Teilchens
definiert.18

17.2 Die relativistischen Grundgleichungen der Mechanik


Mit der Gleichung (123) haben wir diejenige Ergänzung gefunden, welche wir für die
zunächst allein im Inertialsystem Σo formulierten Newtonschen Gleichungen noch
brauchen, wenn wir sowohl das Prinzip der Relativität (93) als auch die physikalischen
Postulate (69) und (70) erfüllen wollen.
Nur mit dem Dritten Newtonschen Axiom müssen wir vorsichtig sein. Bei zwei Teilchen,
die sich zur Zeit t im System Σo an den Positionen P1 (x1 , y1 , z1 ) bzw. P2 (x2 , y2 , z2 )
befinden, gilt für die Kräfte F12 vom Teilchen 2 auf Teilchen 1 am Ort P1 und
F21 vom Teilchen 1 auf Teilchen 2 am Ort P2 gemäß dem Dritten Axiom (98), daß
F12 (x1 , y1 , z1 , t) = −F21 (x2 , y2 , z2 , t) . Eine solche Aussage impliziert die Gleichzeitigkeit
dieser Kräfte an verschiedenen Positionen und ist daher ohne weiteres nicht auf beliebige
Inertialsysteme übertragbar.
Dieses Problem lösen wir dadurch, daß wir nicht das ursprüngliche Dritte Newtonsche
Axiom (98), sondern seine Konsequenz (101), die Erhaltung des Gesamtimpulses bei Ab-
wesenheit von äußeren Kräften, von vornherein als mechanisches Grundgesetz postulieren.
Anstelle der klassischen Gleichungen (105) - (107) gelten daher folgende Bewegungsgesetze
der relativistischen Mechanik und zwar gleichermaßen in jedem Inertialsystem Σ , wie wir
sodann verifizieren werden,

Lorentz-Transformation :

d d
mo
Das Zweite Axiom
p= u =F.
dt dt 1 − u2 /c2 der relativistischen Mechanik

mo Das Erste Axiom


p= u = const für F = 0 . (124)
1 − u2 /c2 der relativistischen Mechanik

Wirken allein innere Kräfte, dann gilt


d  
n n
d(ma ua ) d Das Dritte Axiom
pa = = P=0.
dt a=1 dt dt der relativistischen Mechanik
a=1

18 Die Ruhmasse m ist der physikalische Parameter eines Teilchens. Die in (123) stehenden Massen m
o
werden treffend auch als Impulsmassen bezeichnet. In der relativistischen Mechanik stimmt die als Pro-
portionalitätsfaktor zwischen Kraft und Beschleunigung über das Newtonsche Gesetz definierte Trägheit
einer Masse damit i. allg. nicht mehr überein, wie man aus dem Zweiten Axiom (124) unter Beachtung von
(126) sofort abliest, wenn nämlich der Körper eine von Null verschiedene Geschwindigkeit besitzt. Explizit
diskutieren wir das auf S. 162ff.
17 Das Tolmansche Gedankenexperiment - Die relativistische Mechanik 77

Für n Teilchen mit den Geschwindigkeiten ua = (d/dt)xa und den Ruhmassen moa gilt

d d moa  n
pa = ( ua ) = Fba + Fa . (125)
dt dt 1 − ua /c
2 2
b=1

Die Gleichung (123) ersetzt die aus der Galilei-Transformation folgende Unabhängigkeit
der Masse von ihrer Geschwindigkeit. Das ist die einzige Änderung in den klassischen
Newtonschen Bewegungsgleichungen, damit diese in der relativistischen Raum-Zeit in
allen Inertialsystemen gültig sind, wie wir jetzt verifizieren wollen. Dazu substituieren
wir die Lorentz-Transformation (75) in die Gleichung (124). Der Einfachheit halber
betrachten wir nur Bewegungen entlang der x-Achse.
Mit u = (u, 0, 0) , p = m u = (p, 0, 0) und a = (a, 0, 0) für die Beschleunigung gilt

 
dp d mo u  a 1 − u2 /c2 + au2 / c2 1 − u2 /c2
= = mo
dt dt 1 − u2 /c2 1 − u2 /c2

a − au2 /c2 + au2 /c2 a


= mo 3 = mo 3 .
1 − u /c
2 2 1 − u2 /c2

Diesen Ausdruck schreiben wir für zwei Systeme Σo und Σ auf,


dp a dx du ⎪
1. Σo : = mo , u := , a := , ⎪

dt 3 dt dt ⎪

1 − u2 /c2 ⎬
(126)
dp  a dx du ⎪ ⎪

2. Σ : = m o , u
:= , a 
:= . ⎪


dt 1 − u2 /c2
3 dt dt

Wir zeigen nun, daß der 1. und der 2. Ausdruck in (126) identisch werden, wenn wir
die Lorentz-Transformation (75) substituieren. Dabei sollen sich die ungestrichenen
Größen auf das Bezugssystem Σo beziehen und die gestrichenen auf Σ , welches in bezug
auf Σo die in x-Richtung liegende Geschwindigkeit v besitzt. Die Geschwindigkeit
v des Bezugssystems ist also eine Konstante, während sich die davon verschiedene
Teilchengeschwindigkeit u i. allg. mit der Zeit ändert.
Wir verwenden nun das Additionstheorem (76) und benutzen die Bezeichnungen γu , γv
und γu gemäß (72). Durch einfaches Quadrieren verifiziert man die Formeln

uv u−v ⎫
γu γv = (1 − ) γu , u = , ⎪


c2 1 − u v/c2 ⎬
(127)
u v u + v ⎪

γu γv = (1 + 2 ) γu , u= . ⎪

c 1 + u v/c2
78 Die Newtonsche Mechanik

Damit finden wir


 −1  −1   −1
dp dp dt dp d t + vx /c2 d u 1 + vu /c2
=  =  = mo 
dt dt dt dt dt γv dt γu γv

   
γv d u γv d u + v (1 + u v/c2 )
= mo = mo .
1 + vu/c2 dt γu 1 + vu/c2 dt (1 + u v/c2 ) γu γv

Hier kürzen wir die beiden Klammern und den zeitunabhängigen Faktor γv heraus, also

dp 1 d u + v
= mo  

dt 2
1 + vu /c dt 1 − u2/c2
 
1 a 1 − u2 /c2 + (u + v) u a / c2 1 − u2 /c2
= mo
1 + vu /c2 1 − u2 /c2

1 a (1 − u2/c2 ) + (u + v)u a/c2


= mo
1 + vu/c2 1 − u2/c2
3

1 a + vu a/c2 1 a (1 + vu /c2 )


= mo  2 3 = mo  2 3 ,
1 + vu /c 1 − u2/c2 1 + vu /c 1 − u2/c2

und mit (126) gilt daher wie behauptet,

dp a a dp 
= mo 3 = mo 3 =  . (128)
dt 1 − u2 /c2 1 − u2 /c2 dt

Aus der Gültigkeit von (124) im Bezugssystem Σo folgt also, daß diese Grundgleichung
der Mechanik auch in irgendeinem anderen Inertialsystem Σ gilt, wenn wir nur gemäß
(94) annehmen, daß in jedem Bezugssystem in den Bewegungsgleichungen dieselben Kräfte
F = F einzusetzen sind.

Das Relativitätsprinzip der Mechanik (93) ist mit den Gleichungen (124) für die
(129)
relativistische Raum-Zeit realisiert.
Einsteins Energie-Masse-Äquivalenz

18 Die Trägheit der Energie

Die Abhängigkeit der Masse m eines Teilchens von ihrer Geschwindigkeit u gemäß (123)
führt uns nun auf der Grundlage der in jedem Inertialsystem geltenden Gleichungen (124)
zu einer Schlußfolgerung von äußerster Tragweite.
In der Mechanik erhält man bekanntlich durch eine skalare Multiplikation des Zweiten
Newtonschen Axioms mit der Geschwindigkeit den Energiesatz. Wir multiplizieren daher
die erste Gleichung von (124) skalar mit der Geschwindigkeit u des Teilchens,

d mo 
u· u = F·u . (130)
dt 1 − u2 /c2

du d(u2 ) d du
Mit a := , = (u · u) = 2 u · gilt
dt dt dt dt

d mo a · u/c2
= 3 mo
dt 1 − u /c
2 2
1 − u2 /c2

und damit

d dm du d mo 1
u· (m u) = u · u + mu · =u·u + mo u · a
dt dt dt dt 1 − u2 /c2 1 − u2 /c2

u · a/c2 1 u2 /c2 + 1 − u2 /c2


= u·u 3 m o + mo u · a = 3 mo u · a
1 − u2 /c2 1 − u2 /c2 1 − u2 /c2

mo d mo c2 d
= u·a 3 = = (mc2 ) ,
1 − u2 /c2 dt 1 − u2 /c2 dt

und für Gleichung (130) können wir schreiben

d d m c2 d
u· (m u) = o = (mc2 ) = F · u . (131)
dt dt 1 − u2 /c2 dt

Auf der rechten Seite von (131) steht die Leistung der Kraft F , d.h. die an dem mit der
Geschwindigkeit u bewegten Teilchen sekundlich verrichtete Arbeit.
80 Einsteins Energie-Masse-Äquivalenz


Um diese Gleichung zu verstehen, führen wir gemäß 1/ 1 − x2 = 1+ 12 x2 + 38 x4 + 16
5 6
x +. . .
für 1/γ eine Taylor-Entwicklung durch,

  2  3 
mo c 2 1 u2 3 u2 5 u2
mc = 2
= mo c 2
1+ + + + ... . (132)
1 − u2 /c2 2 c2 8 c2 16 c2

Wir betrachten ein freies Teilchen, z.B. ein Elektron im elektrischen Feld, das zur Zeit
to ruht, also u(to ) = 0 , und unter der Wirkung der Kraft F zum Zeitpunkt t eine
Geschwindigkeit u erreicht hat. Dann liefert die Integration von (131) unter Beachtung
von (132)

t
d t
(mc2 ) dt̃ = m c2 t = m c2 − mo c2
dt̃ o
to
  2  3  t
1 u2 3 u2 5 u2
= mo c 2
1+ 2
+ + + ... − mo c = 2
F · u dt̃ ,
2c 8 c2 16 c2
to

also

t x  2  3
1 3 u2 5 u2
F · u dt̃ = F · dx̃ = mo u2 + mo c2 + mo c 2 + ... . (133)
2 8 c2 16 c2
to xo

x
Die an dem freien Teilchen verrichtete Arbeit F · dx̃ ist gleich der Vermehrung seiner
kinetischen Energie. xo

In der nichtrelativistischen Mechanik mit ihrer bewegungsunabhängigen Masse tritt dafür


allein der Term 12 mo u2 auf. Die Leistung F · u der Kraft findet ihren Niederschlag in
einer zeitlichen Änderung der klassischen kinetischen Energie Ekin kl
= 12 mo u2 des Körpers.
2 2
Die höheren Potenzen von u /c in Gleichung (133) können wir also als relativistische
Korrektur zur kinetischen Energie des Körpers verstehen,

Relativistische
rel
Ekin = mc2 − mo c2 . (134)
kinetische Energie

Was aber bedeutet der Term mo c2 ?


Um diese Frage zu klären, betrachten wir den total unelastischen Stoß zweier Teilchen ohne
Einwirkung äußerer Kräfte, also Fa = 0 , Abb. 24. Es gilt daher der Impulssatz, die dritte
Gleichung von (124), und zwar in jedem Inertialsystem, was wir in Kap. 17.2 mit dem Satz
(129) nachgewiesen haben.
18 Die Trägheit der Energie 81

y
6 y
Σo
6Σ -
u

- x

mo Mo mo
w - k  w -x
u U =0 −u
1 2

Abb. 24: Die beiden Körper 1 und 2 sollen total unelastisch zusammenstoßen. Nach dem Stoß
sind Querstriche gesetzt.

Die Größen nach dem Stoß versehen wir wieder mit einem Querstrich.
Beide Teilchen mögen, zunächst im Bezugssystem Σo beobachtet, mit gleichen Ruhmassen
mo1 = mo2 = mo und entgegengesetzt gleichen Geschwindigkeiten vom Betrag u auf
der x-Achse aufeinander zulaufen, also u1 = (u, 0, 0) , u2 = (−u, 0, 0) , und damit
p1 = (mu, 0, 0) , p2 = (−mu, 0, 0) , und derart unelastisch zusammenstoßen, daß sich
nach dem Stoß ein einziges neues Teilchen mit der Ruhmasse M o , der Geschwindigkeit
U = (U , 0, 0) und dem Impuls P = (M U , 0, 0) gebildet hat.
Nach dem Dritten Axiom in (124) kann sich der Gesamtimpuls durch den Stoß nicht
ändern. Im Bezugssystem Σo heißt das P = P mit P = M U und P = p1 + p2 , d.h.
mo u mo (−u) Impulserhaltung
Σo : M U = + =0 , (135)
1 − u2 /c2 1 − u2 /c2 in Σo

also, wie wir auch aus der klassischen Mechanik wissen,

U =0, −→ M = Mo . (136)

Wegen der Gültigkeit der Gesetze der Mechanik (124) in jedem Inertialsystem, gilt die
Erhaltung des Gesamtimpulses auch für ein Inertialsystem Σ , das in bezug auf Σo
die Geschwindigkeit v = u besitzt. Das erste Teilchen ruht dann in Σ , also u1 = 0 .
Das nach dem Stoß gebildete neue Teilchen ruht in Σo , also ist U  = −u in Σ .
Die Geschwindigkeit u2 des zweiten Teilchens vor dem Stoß berechnen wir nach dem
Additionstheorem (76), indem wir dort u für die Geschwindigkeit v von Σ setzen und
anstelle von u die Geschwindigkeit −u des zweiten Teilchens in Σo berücksichtigen. In
Σ beobachten wir damit die Geschwindigkeiten

−2u ⎪

u1 = 0 , u2 = ,
Σ : 1 + u2 /c2 (137)


U  = −u .
82 Einsteins Energie-Masse-Äquivalenz

Unter Beachtung der Massenformel (123) lautet dann das Dritte Axiom in (124), die
 
Impulsbilanz in Σ , P = P  mit P = M U  und P  = m1 u1 + m2 u2 , also mit (137)

 Mo  mo  Impulserhaltung
Σ : P = U = P = u . (138)
γU  γu2 2 in Σ

Hier brauchen wir noch die γ-Faktoren. Nun ist offenbar γU  = γu , und für γu2 finden
wir mit (137)


1 4u2 1
γu2 = 1 − u2 2
2 /c = 1− 2 2 2 2
= 2 2
(c2 + u2 )2 − 4c2 u2
c (1 + u /c ) c +u

1
= (c2 − u2 )2 ,
c2 +u 2

also insgesamt
c2 − u2
γU  = 1 − u2 /c2 , γu2 = . (139)
c2 + u2

Mit (139) und (138) finden wir aus der Gültigkeit des Dritten Axioms in (124) für Σ

−M o u c2 + u2 −2mo u Mo 2mo
= 2 , also = ,
1 − u /c
2 2 c − u2 1 + u2 /c2 1 − u2 /c2 1 − u2 /c2

so daß

2mo
Mo = = 2mc2 . (140)
1 − u2 /c2

Mit (134) können wir dafür schreiben


2 (mo c2 + Ekin
rel
) = M o c2 ⎪



oder Energiesatz in Σo (141)


E rel ⎪


2 mo + kin 2
= M o .
c

Das ist in der Tat die relativistische Form des Energiesatzes:


Vor dem Stoß besitzen beide Teilchen zusammen die relativistische kinetische Energie
rel
Ekin = 2(mc2 − mo c2 ) . Außerdem ist da noch für jedes Teilchen ein Term mo c2 .
Das nach dem Stoß gebildete Teilchen besitzt wegen seines Ruhezustandes in Σo keine
kinetische Energie. Dafür ist aber seine Ruhmasse
 2 gegenüber der Summe der Ruhmassen
2mo c2 vor dem Stoß um den Betrag Ekin rel
c vermehrt.
Erhalten bleibt also die Summe:
Relativistische kinetische Energie + Ruhmasse × Quadrat der Lichtgeschwindigkeit.
18 Die Trägheit der Energie 83

Nach dem Stoß findet sich die gesamte Energie der einlaufenden Teilchen in dem Term
M o c2 wieder, der relativistischen Energie eines ruhenden Teilchens der Ruhmasse M o .
Damit haben wir die Interpretation des Terms mo c2 in (134) gefunden:

In jeder ruhenden Masse mo ist eine Energie, die Ruhenergie Eo = mo c2 enthalten.

Die Größe mc2 ist die Gesamtenergie des Teilchens, die sich aus der Bewegungsenergie
rel
Ekin und der Ruhenegie mo c2 zusammensetzt.
Es gilt die Einsteinsche Energie-Masse-Äquivalenz :

Jede Masse m ist einer Energie E äquivalent.


Jede Energie besitzt eine träge Masse.

Der Umrechnungsfaktor ist das Quadrat der Lichtgeschwindigkeit,

E = m c2 . Energie-Masse-Äquivalenz (142)

Für einen mit der Geschwindigkeit u bewegten Körper ist hier dessen Masse m = m{u}
gemäß (123) einzusetzen,
mo
E= c2 . (143)
1 − u2 /c2

Wichtig ist, daß i. allg. auch die Ruhenergie mo c2 an Energieumsetzungen beteiligt ist
und folglich nicht einfach als lästige Energiekonstante weggeeicht werden kann.
Gemäß Gleichung (141) wird aus dem System der beiden Teilchen bei dem Stoß keine
Energie abgeführt. Die inneren Kräfte können nur bewirken, daß eine Energieform, hier
die kinetische Energie der einlaufenden Teilchen, in eine andere Energieform, hier die
Ruhenergie des Teilchens nach dem Stoß, umgewandelt wird, vgl. Aufg. 16, S. 286.

Ist ein System allein der Wirkung seiner inneren Kräfte überlassen, dann bleibt
die Energie des Systems erhalten.

In der klassischen Raum-Zeit folgt auch für den unelastischen Stoß anstelle von (141) der in
der klassischen Physik bekannte Erhaltungssatz für die Ruhmassen, vgl. Aufg. 12, S. 279.
Einen Erhaltungssatz für die Ruhmassen gibt es in der Speziellen Relativitätstheorie nicht
mehr. Stattdessen ist die Bilanz der Massen äquivalent mit der Energiebilanz.
Handelt es sich bei dem in der Gleichung (141) beschriebenen unelastischen Stoß z.B. um
zwei makroskopische Körper, so kann die Summe der kinetischen Energien dieser Körper
kl
Ekin nach dem Stoß als Wärmemenge Q nachgewiesen werden. In der klassischen Physik
formuliert man daher, um das allgemeine Prinzip von der Erhaltung der Energie zu sichern,
für die Energiebilanz beim unelastischen Stoß einen Erhaltungssatz für die Summe aus
der mechanischen und der Wärmeenergie. In der relativistischen Physik ist dagegen die
Erhaltung der Energie auch beim unelastischen Stoß bereits eine Folge der Bewegungs-
gleichungen der Mechanik.
84 Einsteins Energie-Masse-Äquivalenz

Wir schreiben die erste Näherung von Gleichung (141) auf, die den klassischen Erhal-
tungssatz der Ruhmassen korrigiert,
mo 2
M o c2 ≈ 2 mo c2 + 2 u = 2 mo c2 + Ekin
kl
= 2 mo c2 + ∆Mo c2 . (144)
2
kl
Wegen Q = Ekin vermehrt daher die Wärmeenergie Q die träge Masse um den Betrag

Q mo u 2
∆Mo = 2
= . (145)
c c2
Durch Erwärmung erhöhen wir die Ruhmasse eines Körpers. Wir haben hier die Umset-
zung von kinetischer Energie in Ruhenergie anhand des unelastischen Stoßes gezeigt.
Den berühmtesten Satz der Speziellen Relativitätstheorie, die Energie-Masse-Äquivalenz,
haben wir unter Ausnutzung der Äquivalenz der Inertialsysteme für die Gesetze der
Mechanik auch allein aus der Mechanik geschlossen. Die Elektrodynamik war dabei eben-
sowenig notwendig wie bei der Herleitung der Lorentz-Transformation.
Historisch war das anders. A. Einstein[4] hat die Äquivalenz von Energie und Masse
zuerst für die Energie des elektromagnetischen Feldes entdeckt. Den überaus lehrreichen
Einsteinschen Gedankengang skizzieren wir im nächsten Kapitel, mathematisch ergänzt
durch Aufg. 32, S. 316.
In der relativistischen Mechanik können Erzeugungs- und Vernichtungsprozesse von Ele-
mentarteilchen gemäß den Grundgleichungen (124) als Stoßprozesse behandelt werden.
Bleiben die Ruhmassen aller Teilchen ungeändert, dann spricht man von einem elastischen
Stoß. Ändern sich die Ruhmassen der Teilchen oder werden dabei Teilchen vernichtet oder
neue Teilchen erzeugt, dann nennen wir das einen unelastischen Stoß.19
Die bekanntesten Beispiele dafür sind die Kernspaltung und die Kernfusion, vgl. Aufg. 15,
S. 284. In beiden Fällen wird ein Teil der Ruhenergie der Ausgangsmassen als kinetische
Energie der Reaktionsprodukte oder als Energie der elektromagnetischen Strahlung frei
bzw. danach in diese umgesetzt.
Prinzipiell steht die Ruhenergie bei beliebigen Energieumsätzen zur Verfügung, wenn nur
die physikalischen Reaktionsbedingungen erfüllt sind.
Gemäß der Energie-Masse-Äquivalenz wird nicht Masse in Energie umgewandelt, auch Ruh-
masse nicht. Das ist schon aus Dimensionsgründen unmöglich. Die Summe der Massen
bleibt ebenso konstant wie die Summe der Energien. Es kann aber Ruhmasse vernichtet
werden, z.B. zugunsten der Masse der elektromagnetischen Strahlung oder der kinetischen
Energie. Wenn eine Energieform in eine andere umgewandelt wird, dann geht das ein-
her mit einer Umwandlung der entsprechenden Massen. Jede Masse kann in eine ihr
äquivalente Energie umgerechnet werden, nämlich gemäß (142) mit dem Umrechnungs-
faktor c2 (so wie wir aus der Zahl der Kühe auf die Zahl der Hufe schließen, ohne dabei
die Kühe in Hufe umzuwandeln). Jeder Energie ist über die ihr äquivalente Masse eine
entsprechende Trägheit zugeordnet. Für die Einsteinsche Formulierung aus dem Jahr 1905,
Einstein[4] , daß ”die Trägheit eines Körpers von seinem Energieinhalt abhängig” ist, hat
sich der verkürzende Sprachgebrauch von der Trägheit der Energie eingebürgert.
19 In Kap. 19, Gleichung (393), S. 161, zeigen wir, daß Energie und Impuls eines Teilchens in der Speziellen

Relativitätstheorie zu einer Größe verschmelzen, die in verschiedenen Inertialsystemen in verschiedene Be-


standteile zerfällt. Der Zusammenhang zwischen physikalischen Größen, die uns aus der klassischen Physik
als unabhängig voneinander bekannt sind, hier Energie und Impuls eines Teilchensystems, hängt eng mit
der Lorentz-Transformation zusammen und spielt bei der mathematischen Formulierung relativistischer
Theorien eine grundsätzliche Rolle.
85

19 Einsteins Idee der Energie-Masse-Äquivalenz


Nur wenige Monate nach seiner großen Arbeit über die Spezielle Relativitätstheorie, s.
Einstein[2] , hat Einstein[4] einen überraschend einfachen Gedankengang vorgetragen,
mit dem er die Äquivalenz von Masse und Energie begründete. Im Unterschied zu
allen anderen Aussagen der Speziellen Relativitätstheorie gab es dazu keine Vorläufer.
Wir wollen hier die Einsteinsche Idee darstellen und besprechen die komplizierteren
mathematischen Details, die auch etwas Elektrodynamik voraussetzen, in Aufg. 32, S. 316.
Ein Körper B möge im System Σo ruhen und dort die Energie Uo besitzen. In einem
begrenzten Zeitintervall soll der Körper nun eine Lichtmenge vom Energiewert ∆E/2 in
eine Richtung k und zugleich eine ebensolche Lichtmenge von demselben Energiewert in
die entgegengesetzte Richtung ausstrahlen. Mit einem Querstrich wollen wir Größen nach
dem Strahlungsvorgang kennzeichnen. Der Körper B befindet sich nach der Abstrahlung
ebenfalls in Ruhe. Seine Energie bezeichnen wir dann also mit U o . Der Energiesatz
verlangt, daß die Energie Uo des Körpers vor der Abstrahlung mit der Summe der
Energien nach der Abstrahlung übereinstimmt, die sich aus den Energiewerten der
beiden abgestrahlten Lichtmengen und der Energie U o des zurückbleibenden Körpers
zusammensetzt, also

∆E ∆E Energiesatz
Uo = U o + + . (146)
2 2 in Σo

Das System Σ bewege sich in x-Richtung von Σo mit der Geschwindigkeit v . Von Σ
aus beobachtet, besitzt der Körper vor und nach der Abstrahlung die Energien Uv und

U v . Einstein[2] hatte nachgewiesen, daß die Gleichungen der Elektrodynamik unverändert
in jedem Inertialsystem gelten. Die Theorie dazu behandeln wir in den Kapiteln 28 und 30.
In Aufg. 32, S. 316, wird dann gezeigt, wie wir auf dieser Grundlage den Energiewert der
abgestrahlten Lichtmengen von Σ aus berechnen können. Dafür erhalten wir den Betrag
! "
γ
1 ∆E
2 + 2
∆E
und damit den von Σ aus bewerteten Energiesatz nach Gleichung (970)
gemäß

  1 ∆E ∆E Energiesatz
Uv = U v + + . (147)
γ 2 2 in Σ

Aus (146) und (147) folgt



      1
Uv − Uo − U v − U o = − 1 ∆E . (148)
γ
Die Energie Uo des in Σo ruhenden Körpers kann sich von seiner Energie Uo , wenn er in
Σ ruht, nur um eine willkürliche Konstante unterscheiden, die höchstens für verschiedene
Inertialsysteme unterschiedlich vereinbart sein mag. Also gilt vor und nach dem Stoß

Uo = Uo + C , U o = U o + C . (149)
Gleichung (149) in (148) eingesetzt, liefert

       1
Uv − Uo − C − U v − U o − C = − 1 ∆E . (150)
γ
86 Einsteins Energie-Masse-Äquivalenz

 
Die Größe Uv − Uo ist gleich der kinetischen Energie Ukin

des Körpers in Σ vor der
   
Abstrahlung, und ebenso ist U v − U o gleich seiner kinetischen Energie U kin nach der
Abstrahlung. Für (150) können wir damit schreiben

   1
Ukin − U kin = ∆Ukin = − 1 ∆E . (151)
γ

Im System Σ wird also beobachtet, daß die kinetische Energie des Körpers infolge der
Ausstrahlung elektromagnetischer Wellen abnimmt, obwohl sich seine Geschwindigkeit
dabei nicht ändert. Es kann also nur die Masse des Körpers sein, die sich durch die
Abstrahlung ändert. Die abgestrahlte Energie der Wellen ist einer abgestrahlten Masse
äquivalent. Den Umrechnungsfaktor kann man aus der ersten, nichtverschwindenden
Näherung ablesen.
Für die klassische Näherung der kinetischen Energie schreiben wir bei ∆v = 0

m 1

∆Ukin ≈∆ v2 = v 2 ∆m . (152)
2 2

Und mit der Taylorschen Näherung in v/c gemäß


 −1/2
1/γ = 1 − v2 /c2 ≈ 1 + (1/2)v 2 /c2

gilt für die klassische Näherung der rechten Seite von (151)
   
1 1 v2 1 v2
− 1 ∆E ≈ 1 + 2
− 1 ∆E = ∆E . (153)
γ 2 c 2 c2

Die rechten Seiten von (152) und (153) stimmen überein, wenn

∆E
∆m = . (154)
c2

Akzeptiert man die Gültigkeit dieser Äquivalenz für alle Energieumsetzungen, so daß
ausnahmslos jeder Massenanteil ∆m einem Energieanteil ∆E äquivalent ist, dann liefert
die Aufsummation von (154)

Einsteins
E = m c2 . (155)
Energie-Masse-Äquivalenz
Relativistische Phänomene und
Paradoxa

20 Fresnelscher Mitführungskoeffizient
Es sei n der Brechungsindex eines durchsichtigen Mediums (z.B. von Luft oder Wasser),
das zunächst im Inertialsystem Σo ruht. In Σo betrachtet, breitet sich die Front einer
Lichtwelle in diesem Medium dann mit der Geschwindigkeit u = c/n aus, s. S. 185.
Das Medium möge nun im System Σ ruhen, das in bezug auf Σo die Geschwindigkeit
v in x-Richtung besitzt. Von Σo aus beobachten wir dann v als die konstante
Strömungsgeschwindigkeit des Mediums, z.B. der Luft.
Wir fragen nach der Geschwindigkeit u , die wir in Σo für die Ausbreitung der
Lichtwellenfront in dem strömenden Medium messen. Dabei betrachten wir für die
Strömungsgeschwindigkeit den klassischen Fall
vc . Langsam bewegte Materie (156)
Die einfachste Lösung des Problems finden wir durch eine relativistische Rechnung mit
anschließender Linearisierung in v/c . Gemäß dem Einsteinschen Relativitätsprinzip
gehen wir hierbei von der Äquivalenz aller Inertialsysteme aus, also auch in bezug auf die
Elektrodynamik, wie in Kap. 30 ausführlich darstellen werden. Die in Σ gemessene Licht-
ausbreitung in diesem Medium beträgt dann ebenfalls u = c/n . Von den physikalischen
Einzelheiten der Lichtausbreitung in einem Medium können wir dabei abstrahieren.
Wir brauchen nur noch die Zusammensetzung von Geschwindigkeiten gemäß dem
Einsteinschen Additionstheorem (76) zu betrachten, nämlich der Geschwindigkeit v des
strömenden Mediums, welches das Inertialsystem Σ definiert, und der in Σ gemessenen
Lichtausbreitung u = c/n . Wir linearisieren in v/c und finden
u + v  v u 
u= v u
≈ (u + v) 1 − . (157)
1+ c c c c
Mit u = c/n folgt unter abermaliger Vernachlässigung des in v/c quadratischen Terms
sofort die Fresnelsche Lösung des Problems:


 
c 1 Der Faktor 1 − 1/n2 heißt
u= +v 1− 2 . (158)
n n Fresnelscher Mitführungskoeffizient.

 
Die Lichtwellenfront wird mit der anteiligen Geschwindigkeit v 1 − 1/n2 von dem
strömenden Medium mitgeführt.

Diese Formel befindet sich nach dem klassischen Versuch von Fizeau über die Lichtausbrei-
tung in bewegten Medien in Übereinstimmung mit dem Experiment.
Man kann die Formel (158) aber auch ganz im Rahmen der klassischen Physik verstehen.
Dazu benötigt man die Maxwellschen Gleichungen für langsam bewegte Materie, um
daraus die Geschwindigkeit u der Lichtwellen darin zu ermitteln. Dies erfordert allerdings
etwas mehr Aufwand, siehe z.B. in dem Lehrbuch von Becker[1] auf S. 206ff.
88 Relativistische Phänomene und Paradoxa

21 Ein Paradoxon zum Mitführungskoeffizienten


Folgende Argumentation führt uns bei der Herleitung der Formel (158) für den
Fresnelschen Mitführungskoeffizienten auf ein Paradoxon.
Mit der Beschränkung auf die in v/c linearen Terme befinden wir uns gemäß Kap. 14
in der klassischen Raum-Zeit. Wir gehen nun von der Galilei-Transformation (48) mit
ihrem Additionstheorem der Geschwindigkeiten (49) aus, u = u + v , und setzen darin
u = c/n . Dann folgt für die Geschwindigkeit u , die wir in Σo für die Ausbreitung der
Lichtwellenfront messen, das Ergebnis

c
u = u + v = +v , (159)
n

was sich nicht nur im Widerspruch zu (158) befindet, sondern auch aus folgendem Grund
falsch sein muß:
Im Grenzfall einer extremen Verdünnung des Mediums können wir für den Brechungsindex
n ≈ 1 setzen. Wir haben es praktisch mit einem Vakuum zu tun, so daß wir auch mit
u ≈ c rechnen müssen, während wir für u nach (159) in diesem Grenzfall u = c + v
berechnen, ein offenbarer Widerspruch.
Mit dem Brechungsindex n als Materialkonstante und der Lichtgeschwindigkeit c in Σo
folgt die Geschwindigkeit c/n für die Lichtausbreitung in dem in Σo ruhenden Medium.
Auf der Grundlage der Lorentz-Transformation und der in ihr verankerten Definition der
Gleichzeitigkeit in allen Inertialsystemen ist c auch die Lichtgeschwindigkeit in Σ . Die
Materialkonstante n liefert dann auch die Geschwindigkeit u = c/n für die Ausbreitung
des Lichtes in dem in Σ ruhenden Medium. Wenn wir diese Lichtausbreitung von Σo
aus beurteilen wollen, müssen wir c/n und v über das aus der Lorentz-Transformation
folgende Additionstheorem, das Einsteinsche Theorem (76), zusammensetzen und erhalten
bei v  c das Resultat (158).
Für die klassische Raum-Zeit können wir so nicht argumentieren. Aus der Licht-
geschwindigkeit c in Σo finden wir mit Hilfe der Galilei-Transformation für die Aus-
breitung des Lichtes in Σ eine Geschwindigkeit ckl = c − v , also keineswegs wieder
dieselbe Lichtgeschwindigkeit wie in Σo , s. Kap. 14. Und über die Geschwindigkeit u
des Lichtes in einem Medium, welches in Σ ruht, haben wir im Rahmen der klassischen
Physik zunächst gar keine Aussage. Denn in der klassischen Physik können wir nicht be-
haupten, daß die Maxwellschen Gleichungen, aus denen die Lichtausbreitung folgt, in
allen Systemen gleichermaßen gültig sind. Die zur Herleitung von (158) oben vorausge-
setzte Geschwindigkeit u = c/n des Lichtes in Σ kann also im Gültigkeitsbereich der
Galilei-Transformation nicht angenommen werden. D.h., wir kennen im Rahmen der klas-
sischen Raum-Zeit die zur Anwendung des Galileischen Additionstheorems (49) benötigte
Geschwindigkeit u der Ausbreitung elektromagnetischer Wellen im System Σ überhaupt
nicht. Insofern haben wir gezeigt, daß der obige Schluß auf u = u + v = c/n + v mit seiner
paradoxen Konsequenz nicht zulässig war.
Wie bereits am Ende des vorangegangenen Kapitels bemerkt, können wir die Formel (158)
aber auch dann erklären, wenn wir ganz in der klassischen Physik bleiben.
Grundsätzlich ist zu bemerken, daß die Gesetze der Lichtausbreitung in verschiedenen
Inertialsystemen im Rahmen der klassischen Raum-Zeit immer nur näherungsweise zu ver-
stehen sind, s. Kap. 14.
89

22 Thomas-Präzession
Wir betrachten drei Bezugssysteme Σo (xi ) , Σ (xi ) und Σ (xi ) . Für die Geschwin-
digkeiten ihrer Koordinatenursprünge verwenden wir die Buchstaben u , g und w . Ein
Körper L habe in Σo die Geschwindigkeit v = (v1 , v2 , 0) , Abb. 25 ,

Von Σo aus gemessene


v = (v1 , v2 , 0) . (160)
Geschwindigkeit des Körpers L
Wir verwenden die Abkürzungen:
 
v2 v12 v2 v1 v2
γ1 = 1 − 12 , γ= 1− 2
− 22 , β1 = , β2 = . (161)
c c c c c
Die Verbindungslinie zwischen dem Koordinatenursprung von Σo und dem Körper L
bildet mit der x-Achse von Σo einen Winkel ϕ gemäß
v2
tan ϕ = . (162)
v1
Von Σo aus werde für das System Σ gemessen, daß es sich achsenparallel zu Σo mit
der Geschwindigkeit g = (v1 , 0, 0) bewegt. Zur Berechnung der Geschwindigkeit v
von L in Σ verwenden wir Einsteins Additionstheorem der Geschwindigkeiten (569),
S. 217, indem wir dort die Größe u durch die Geschwindigkeit v = (v1 , v2 , 0) von L in
Σo ersetzen. Die Größe v1 behält als Geschwindigkeit von Σ ihre Bedeutung in (569)
bei. Damit erhalten wir für die in (569) mit u bezeichnete Größe die Geschwindigkeit
v = (v1 , v2 , v3 ) von L in Σ 20 (vgl. auch die direkte Berechnung von v in Kap. 23),
v2 Von Σ aus gemessene
v = (v1 , v2 , v3 ) = (0, , 0) . (163)
γ1 Geschwindigkeit des Körpers L
Das System Σ (xi ) sei folgendermaßen definiert: Von Σ (xi ) aus werde gemessen, daß
sich Σ achsenparallel zu Σ mit der Geschwindigkeit w = (0, v2 , 0) = v bewegt, d.h.,
der Körper L ruht in Σ , Abb. 25. (Die expliziten Transformationsformeln zwischen Σo
und Σ berechnen wir im folgenden Kapitel). Von Σ aus wird für das System Σ die
Geschwindigkeit g gemessen. Wir wenden auf die Systeme Σ und Σ die elementare
Relativität an, s. (39), S. 36,

|g | = |w | , Elementare Relativität (164)

also mit w = v gemäß (163) bei Beachtung der Richtungen der Geschwindigkeiten,

v2 Von Σ aus gemessene


g = (g1 , g2 , g3 ) = (0, − , 0) . (165)
γ1 Geschwindigkeit des Systems Σ

20 Die folgende Beziehung (163) kann zu einem Fehlschluß verleiten. Da γ beliebig klein werden kann,
1
könnte man meinen, daß dann v2 = v2 /γ1 beliebig groß werden würde - wohingegen doch jede Bewegung
eines Körpers durch die Lichtgeschwindigkeit c begrenzt sein soll. Der Widerspruch löst sich auf, wenn
man beachtet, daß v12 + v22 < c2 gilt, mit wachsendem γ1 , also mit der Annäherung von v1 gegen c ,
dann aber v2 dementsprechend klein werden muß.
90 Relativistische Phänomene und Paradoxa

Σ

v2
:
L6 b ϕ vα3 x̃
9 g2 ? x
u
y y
6Σo 6 - v1
Σ
:v ϕ
-x - x

Abb. 25: Schematische Darstellung zur Thomas-Präzession. Die Geschwindigkeitsvektoren der


Bezugssysteme Σo , Σ und Σ bezeichnen wir mit u , g und w . Für den Körper L wird
in Σo die Geschwindigkeit v beobachtet. Der Körper L ruht in Σ . Es gilt also w = v .
Das System Σ bewegt sich achsenparallel in bezug auf Σo mit der Geschwindigkeit v1 in x-
Richtung, also g = (v1 , 0, 0) , und Σ bewegt sich achsenparallel in bezug auf Σ mit der
Geschwindigkeit v2 in y -Richtung, also gemäß (163) w = v = (0, v2 /γ1 , 0) . Für Σ wird
gemäß (165) von Σ aus die Geschwindigkeit g = (0, −v2 /γ1 , 0) gemessen. Aus der ele-
mentaren Relativität |u | = |v| , (167), und |g | = |w | , also |g2 | = |v2 | , (165) und (163),
folgt dann: Ein Beobachter in Σ stellt fest, daß die Verbindungslinie des mit Σ fest ver-
ankerten Körpers L zum System Σo , d.h. der Vektor −u , einen Winkel ϕ mit der x -
Achse bildet. Die Achsen von Σ sind durch gepunktete Linien dargestellt. Die Orientierungen
der mit kleinen Strichen gezeichneten Σ -Achsen werden von Σ aus beobachtet. Für die x -
Achse haben wir das mit einer Tilde angedeutet. Man beachte: Den Winkel ϕ haben wir in
Σ gemessen. Die Orientierung der x -Achse stimmt beispielsweise nicht mit der Richtung für
diese Achse überein, wie sie vom System Σo aus bewertet wird, vgl. dazu Kap. 23. Gezeich-
net haben wir den Fall v1 = 0, 8 c , v2 = 0, 16 c und damit v2 = v2 /γ1 = 0, 27 c . Daraus
errechnen sich mit (162) und (169) die Winkel ϕ ≈ 11, 31o sowie ϕ ≈ 19, 08o und damit
α3 := ϕ − ϕ = −7, 77o . Wegen v1 = 0, 8 c, v2 = 0, 16 c ist die Näherung (171) hier nicht an-
wendbar.

Wir suchen nun die von Σ aus gemessene Geschwindigkeit u = (u1 , u2 , u3 ) des
Systems Σo . Da Σo in bezug auf die z  - und y  -Koordinaten dieselben Positionen hat
wie Σ , gilt zunächst mit (165)
v2
u2 = g2 = − , u3 = g3 = 0 . (166)
γ1

Um die noch fehlende Komponente u1 zu berechnen, wenden wir das elementare
Relativitätsprinzip auf die Systeme Σo und Σ an, also |u | = |w| . Der Körper L ruht
in Σ , so daß w = v und damit
|u | = |v| Elementare Relativität (167)
2 2
bzw. u = v , also mit (160) und (166)
u2
1 + u2
2 + u2 2 2 2
3 = v1 + v2 + v3 ,

v22
u2
1 + = v12 + v22 ,
γ12
 
v22 v12 + v22 − v12 (v12 + v22 )/c2 − v22 v12 1 − (v12 + v22 )/c2
u2
1 = v12 + v22 − 2 = = .
γ1 γ12 γ12
22 Thomas-Präzession 91

Indem wir noch das negative Vorzeichen der Geschwindigkeit von Σo beachten, finden
wir mit (161) und (166)
 v1 γ v2  Von Σ aus gemessene
−u = (−u1 , −u2 , −u3 ) = , ,0 . (168)
γ1 γ1 Geschwindigkeit des Systems Σo

Danach ist der Winkel ϕ , den der Vektor −u mit der x -Achse von Σ bildet,
verschieden von dem Winkel ϕ , den der Vektor v mit der x-Achse von Σo bildet. Aus
(168) folgt nämlich für den Winkel ϕ
u2 v2
tan ϕ = = . (169)
u1 v1 γ

Das System Σ bewegt sich achsenparallel in bezug auf Σo , und Σ bewegt sich
achsenparallel in bezug auf Σ . Dennoch zerfällt der gemäß (167) von seinem Betrag
her unveränderbare Vektor der Relativgeschwindigkeit zwischen den Systemen Σo und
Σ gemäß (160) und (168) in bezug auf die Koordinatenachsen von Σo und Σ in
unterschiedliche Komponenten. Die x -Achse von Σ ist gegenüber der x-Achse von Σo
gedreht:

Der Geschwindigkeitsvektor zwischen den Koordinatenursprüngen von Σo und Σ


besitzt in bezug auf die Koordinatenachsen dieser Systeme unterschiedliche Richtungen.
Wir beschreiben dies durch einen Drehwinkel α3 gemäß α3 := ϕ − ϕ .

Gemäß tan(ϕ − ϕ ) = (tan ϕ − tan ϕ )/(1 + tan ϕ tan ϕ ) berechnen wir den Winkel α3
mit Hilfe von (162) und (169),
(v2 /v1 ) − (v2 /v1 γ) (γ − 1)(v2 /v1 ) (γ − 1)β2 /β1
tan α3 = tan(ϕ − ϕ ) = 2 2 = 2 2 = ,
1 + v2 /(v1 γ) γ + (v2 /v1 ) γ + β22 /β12

(γ − 1)β1 β2
tan α3 = . (170)
γβ12 + β22

Wir berechnen die erste nichtverschwindende Näherung von (170) für den Fall
v1  c , v2  c sowie v2  v1 :
Mit tan x ≈ x und γ − 1 ≈ −(1/2)(β12 + β22 ) , also

(γ − 1)β12 ≈ −(1/2)(β12 β12 + β22 β12 ) ≈ 0 , also γβ12 ≈ β12 ,

folgt
   
(γ − 1)β1 β2 1 β12 + β22 β1 β2 1 β12 + β22 β1 β2
α3 ≈ tan α3 = ≈− ≈− ,
γβ12 + β22 2 γβ12 + β22 2 β12 + β22

v1 v2
α3 ≈ − . (171)
2c2
92 Relativistische Phänomene und Paradoxa

Im Laborsystem Σo beobachten wir die Bewegung eines Körpers auf einer Kreisbahn, z.B.
den klassischen Umlauf eines Elektrons im Atom. Σ (xi ) sei das mit dem Elektron fest
verbundene, körpereigene Achsensystem. Die vom Atomkern ausgehenden Zentralkräfte
bewirken keine Änderung für den Eigendrehimpulsvektor S des Elektrons, welcher
daher in bezug auf die Achsen (xi ) von Σ eine unveränderliche Richtung beibehält.
Es sei v = (v1 , 0, 0) die momentane Bahngeschwindigkeit des Elektrons, die sich auf
Grund der Zentralbeschleunigung a = (0, a, 0) in der Zeit ∆t um die Geschwindigkeit
∆v = (0, ∆v = v2 , 0) = a ∆t ändert. Gemäß (171) ist

∆α3 = −v1 ∆v/(2c2 )

die in der Zeit ∆t erfolgte Drehung der mit dem Elektron fest verbundenen Ko-
ordinatenachsen von Σ in bezug auf Σo . Von Σo aus beobachten wir daher die
Thomas-Präzession21 : Da der Eigendrehimpulsvektor S des Elektrons in Σ feststeht,
dreht er sich, von Σo aus beobachtet, mit der Winkelgeschwindigkeit ω T = ∆α3 /∆t um
die z-Achse, bzw. vektoriell22

v×a Winkelgeschwindigkeit
ωT = − . (172)
2 c2 der Thomas-Präzession

21 Als ein rein kinematischer Effekt heißt die Thomas-Präzession auch einfach Thomas-Effekt.
22 Die speziellen Lorentz-Transformationen (75), (79), die auf eine Bewegungsrichtung beschränkt sind,
bilden eine Gruppe L . Wegen der Drehung gemäß (170) hängen die Bezugssysteme Σ und Σo nun aber
nicht mehr über eine spezielle Lorentz-Transformation zusammen. Die Gruppeneigenschaft der speziellen
Lorentz-Transformationen geht verloren, wenn wir verschiedene Bewegungsrichtungen zusammensetzen.
Darin liegt der allgemeine mathematische Grund für die Thomas-Präzession. In Kap. 28.4 gehen wir
ausführlich darauf ein.
93

23 Das Maßstabsparadoxon
Sowohl die Thomas-Präzession als auch das Maßstabsparadoxon hängen mit den Besonder-
heiten zusammen, die bei der Aufeinanderfolge zweier spezieller Lorentz-Transformationen
mit zwei zueinander senkrechten Geschwindigkeiten entstehen. Wir betrachten nun fol-
gende experimentelle Situation.
Parallel zur x-Achse sei im Inertialsystem Σo eine dort ruhende Reihe punktförmiger Hin-
dernisse aufgestellt, die voneinander den festen Abstand lo besitzen. Im System Σ , das
sich achsenparallel zu Σo mit der Geschwindigkeit v1 in x-Richtung bewegt, möge auf der
x -Achse ein Stab ruhen, für dessen Länge in Σ ebenfalls lo gemessen wird. Von Σo aus
beobachtet, ist der Stab parallel zur x-Achse orientiert und hat dort folglich die bewegte

Länge lv = lo γ1 = lo 1 − v12 /c2 , Abb. 26.

y6Σo
r lo r lo r r r r

y 6
Σ - v1
-x - x
lo
Abb. 26: Die Ausgangssituation zum Maßstabsparadoxon. Die in Σo ruhenden und parallel
zur x-Achse aufgereihten Hindernisse haben einen Abstand lo . Das System Σ bewege sich
achsenparallel zu Σo mit der Geschwindigkeit v1 in x-Richtung. Ein auf der x -Achse von Σ
ruhender Stab habe dort ebenfalls die Ruhlänge lo . Für den Beobachter in Σo ist der Stab
Lorentz-kontrahiert, für den Beobachter in Σ sind es die Abstände der Hindernisse. Kann
der Stab die Hindernisreihe passieren, wenn er zusätzlich eine Geschwindigkeitskomponente in
y-Richtung erhält?

Der Beobachter in Σo bemerke nun, daß der Stab bei gleichbleibender Orientierung
zusätzlich eine Geschwindigkeit v2 in y-Richtung erhalten hat, so daß er sich nun auf
die Hindernisreihe zubewegt. Der Beobachter in Σo urteilt: Der Stab besitzt wegen der
Lorentz-Kontraktion die bewegte Länge lv . Die Hindernisse haben die Abstände lo > lv .
Folglich kann der Stab die Hindernisse berührungsfrei passieren, falls er auf eine Lücke
trifft.
Für den Beobachter in Σ hat aber die Hindernisreihe die Geschwindigkeit −v . Folg-
lich haben nun die Hindernisse wegen der Lorentz-Kontraktion die bewegten Abstände
lv = lo γ , während der in Σ ruhende Stab die größere Länge lo > lv besitzt. Von Σ
aus beurteilt, sollte daher der Stab in jedem Fall mit der Hindernisreihe zusammenstoßen.
Beide Aussagen zusammen ergeben das Maßstabsparadoxon:
Der Stab ist durchgekommen, und der Stab wurde aufgehalten - das ist paradox!
Wo liegt der Fehler?
94 Relativistische Phänomene und Paradoxa

In unserer Schlußreihe sind wir mit der Orientierung des Stabes nicht sorgfältig genug
umgegangen. Wie in Kap. 22 definieren wir ein System Σ , welches sich, von Σ (xi ) aus
gemessen, achsenparallel zu Σ mit der Geschwindigkeit v = (0, v2 , 0) bewegt.
Von Σo aus wird für den Koordinatenursprung von Σ eine Geschwindigkeit v beobachtet,

Von Σo aus gemessene


v = (v1 , v2 , 0) . (173)
Geschwindigkeit von Σ

Den Wert für v2 finden wir aus der Lorentz-Transformation (75) mit Hilfe der Kettenregel
der Differentiation, wenn wir beachten, daß für die Bewegung von Σ definitionsgemäß
dx /dt = 0 ist, also
dy  dy dt 1
= = v2 ·
dt dt dt γ1

und damit wie in Kap. 22

v2 Von Σ aus gemessene


v = (v1 , v2 , v3 ) = (0, , 0) . (174)
γ1 Geschwindigkeit von Σ

Wir verwenden hier die Bezeichnungen


  
v12 v22 v12  v 2 γ
γ := 1 − 2 − 2 , γ1 := 1 − 2 −→ γ2 := 1 − 22 = . (175)
c c c c γ1

Es gelten dann die Lorentz-Transformationen gemäß (75) und (570). Für Σ und Σ
finden wir bei den hier gewählten Bezeichnungen zunächst
y  − v2 t t − y  v2 /c2
x = x , y  = , t =
γ2 γ2
und unter Verwendung von (174) und (175)

x = x , x = x , ⎪




γ1 y  − v2 t γ1 y  + v2 t ⎬
y  = , y = ,
γ γ (176)


γ1 t − y  v2 /c2 γ1 t + y  v2 /c2 ⎪

t = , t = . ⎪

γ γ

Für Σ und Σo gilt



x − v1 t x + v1 t ⎪
x = , x= , ⎪

γ1 γ1 ⎪



y =y, y = y , (177)


t − x v1 /c
2   2 ⎪

t = , t=
t + x v1 /c
. ⎪

γ1 γ1
23 Das Maßstabsparadoxon 95

Die Gleichungen (176) und (177) ergeben zusammen


x − v1 t γ x + (v1 v2 /c2 ) y  + v1 γ1 t ⎪
x = , x= , ⎪

γ1 γ γ1 ⎪






(v1 v2 /c2 ) x + (1 − v12 /c2 ) y − v2 t γ1 y  + v2 t
y  = , y= , (178)
γ γ1 γ ⎪





t − (v1 /c2 ) x − (v2 /c2 ) y γ1 t + (v1 /c2 ) γ x + (v2 /c2 ) y  ⎪

t = , t= .⎪

γ γ γ1

Der Stab soll in Σ ruhen. Dabei müssen wir aber zwei Fälle unterscheiden, Abb. 27.
1. Fall: Der Stab ruht auf der x -Achse des Systems Σ , bewegt sich also achsenparallel
zum System Σ .
Der Beobachter in Σ findet die Abstände der Hindernisreihe Lorentz-kontrahiert, also
kürzer als den parallel zur x -Achse orientierten Stab, der folglich in jedem Fall mit den
Hindernissen kollidieren muß. Wie urteilt aber der Beobachter in Σo ? Wir wollen jetzt
zeigen, daß aus der Sicht von Σo der Stab deswegen kollidiert, weil er gegen die x-Achse
als geneigt beurteilt wird.
In Σ beobachten wir zwei Ereignisse, das Ereignis O(0, 0, 0, 0) , welches wir dem linken
Endpunkt des in Σ ruhenden Stabes zur Zeit t = 0 zuordnen und ein Ereignis
E(x = lo , 0, 0, to ) , das wir dem rechten Endpunkt zu einer anderen Zeit t = to zuordnen
können. Den Koordinatenursprung sollen die Systeme gemeinsam haben. Für das Ereignis
E finden wir in Σo mit Hilfe der rechten Seite von (178)


γ lo + v1 γ1 to v2 to γ1 to + (v1 /c2 ) γ lo
E xE = , yE = , 0 , tE = . (179)
γ γ1 γ γ γ1

Da auch O(0, 0, 0, 0) für Σo gilt, wird aus der Sicht von Σo der rechte Endpunkt des
Stabes bei tE = 0 mit O(0, 0, 0, 0) gleichzeitig, also tE = 0 in (179) für

v1 γ l o
to = − . (180)
c2 γ1

Dies in (179) eingesetzt, finden wir für den rechten Endpunkt des Stabes damit in Σo
nach leichter Rechnung
v1 v2
xE = γ1 lo , yE = − lo . (181)
c2 γ1

In Σo wird also beobachtet, daß der Stab einen Neigungswinkel κ gegen die x-Achse hat,

yE v1 v2
tan κ = =− 2 2 . (182)
xE c γ1

Wegen (182) ist der Stab so geneigt, daß er auch aus der Sicht von Σo gegen die Hindernisse
stößt, s. Abb. 27. Das Paradoxon ist aufgelöst.
96 Relativistische Phänomene und Paradoxa

y6Σo
r lo r lo r r r r
6
Σ

v2 6
-x
κ
lv

x̃
y 6 - v1
Σ
-x - x

y6Σo
r lo r lo r r r r
6
Σ

lo 
v2 6 ι - x

y 6
Σ - v1
-x - x

Abb. 27: Die Auflösung des Maßstabsparadoxons. Das System Σ bewegt sich achsenparallel zu
Σo mit der Geschwindigkeit v1 in x-Richtung, und Σ bewegt sich achsenparallel zu Σ mit einer
Geschwindigkeitskomponente v2 in y  -Richtung. Aus den beiden Abbildungen ist ersichtlich, daß
die Orientierung bewegter Strecken durch die konventionelle Definition der Gleichzeitigkeit in der
relativistischen Raum-Zeit bestimmt wird.
Oberes Bild (1. Fall): Aus der Sicht von Σ und Σ sind die Abstände der Hindernisreihe
Lorentz-kontrahiert, so daß der Stab nicht an den Hindernissen vorbeikommt. Der in der x -
Achse von Σ liegende Stab ist von Σo aus gesehen, um den negativen Winkel κ gegen die
x-Achse geneigt. Wegen dieser Neigung kollidiert der Stab auch aus der Sicht von Σo bei seiner
Bewegung mit der Hindernisreihe. Die Orientierung der punktiert dargestellten Σ -Achse wird
vom System Σo aus festgestellt. Das haben wir durch eine Tilde gekennzeichnet. Wählen wir wie
in Abb. 25 v1 = 0, 8 c und v2 = 0, 16 c , dann wird κ = −19, 57o .
Unteres Bild (2. Fall): Wir setzen nun voraus, daß der in Σ ruhende Stab von Σo aus als achsen-
parallel zur x-Achse bewertet wird. Aus der Sicht von Σo ist der Stab daher Lorentz-kontrahiert
und kann passieren, wenn er auf eine Lücke trifft. Der Beobachter in Σ stellt dann fest, daß der
Stab gemäß (184) einen Winkel ι mit der x -Achse seines Systems Σ bildet. Wegen dieser Nei-
gung kann der Stab auch aus der Sicht von Σ bei seiner Bewegung die Hindernisreihe passieren,
wenn er auf eine Lücke trifft. Die Orientierung der punktiert dargestellten Σ -Achse wird hier
vom System Σ aus festgestellt. Das haben wir durch eine Tilde gekennzeichnet. Wählen wir wie
in Abb. 25 v1 = 0, 8 c und v2 = 0, 16 c , dann wird ι = +12, 48o .
23 Das Maßstabsparadoxon 97

2. Fall: Der Stab möge wieder im System Σ ruhen, aber nun so, daß er aus der Sicht
von Σo als achsenparallel zur x-Achse von Σo bewertet wird.
Der Beobachter in Σo urteilt: Der Stab ist gegenüber den Abständen der Hindernisse
Lorentz-kontrahiert und kann daher die Hindernisreihe passieren, wenn er auf eine Lücke
trifft. Der Stab mit der Geschwindigkeit v1 bewegt sich achsenparallel in x-Richtung.
Von Σo aus betrachtet, hat der Stab die Lorentz-kontrahierte Länge lo γ1 . In Σo
beobachten wir zwei Ereignisse, O(0, 0, 0, 0) und E(lo γ1 , 0, 0, 0) , also die gleichzeitige
Lage der Endpunkte des Stabes zur Zeit t = 0 in Σo . Den Koordinatenursprung haben die
Systeme gemeinsam. Für das Ereignis E finden wir in Σ gemäß der linken Seite von (178)

(v1 v2 /c2 ) lo (v1 /c2 ) γ1 lo
E xE = lo , yE

= , 0 , tE = − . (183)
γ γ

Der Stab ruht in Σ , also ist die tE -Koordinate des rechten Endpunktes für die Lage des
Stabes ohne Belang. Mithin wird in Σ beobachtet, daß der Stab einen Neigungswinkel
ι gegen die x -Achse hat mit

yE v1 v2
tan ι = =+ 2 . (184)
xE c γ

Folglich ist der Stab so geneigt, daß er auch aus der Sicht von Σ die Hindernisse passieren
kann, wenn er auf eine Lücke trifft, s. Abb. 27. Das Paradoxon ist aufgelöst.
Wir haben gesehen, daß es immer wieder der ungewohnte Umgang mit der Relativität
der Gleichzeitigkeit ist, der uns so leicht in die Irre leiten kann. Im Anhang, Kap. 32.1,
zeigen wir, wie sich das Maßstabsparadoxon gewissermaßen von selbst erledigt, wenn wir
in der relativistischen Raum-Zeit zum Zwecke der Betrachtung dieser Versuchsanordnung
eine absolute Gleichzeitigkeit einführen.
98 Relativistische Phänomene und Paradoxa

24 Doppler-Effekt
Beim Doppler-Effekt geht es um die Änderung der gemessenen Frequenz von Wellen
infolge einer Relativbewegung zwischen Sender und Empfänger. Die berechnete Frequenz-
verschiebung hängt davon ab, ob wir die klassische Raum-Zeit mit der Unveränderlichkeit
von Schwingungsdauern gemäß (45) oder das relativistische Postulat der Zeitdilatation
(70) als richtig annehmen. Im letzteren Fall ist zu beachten, in welchem Verhältnis die
Signalgeschwindigkeit der untersuchten Wellen, für die wir die Bezeichnung C verwenden,
mit der in (70) stehenden Lichtgeschwindigkeit c steht. Die Formeln des optischen
Doppler-Effektes mit C = c werden dadurch verschieden von denen der akustischen
Frequenzverschiebung, wenn C = ca die Schallgeschwindigkeit ist. Wir werden sehen,
daß der Doppler-Effekt geeignet ist, darüber zu entscheiden, ob dem Träger der Wellen
ein Bewegungszustand zugeordnet werden kann oder nicht, Aufg. 17, S. 287.
Im Inertialsystem Σo betrachten wir einen ’Normalsender’ S , welcher auf Grund seiner
Konstruktionsvorschrift (wie bei einer Stimmgabel) zu einer wohl definierten harmonischen
Schwingung mit der Schwingungsdauer TS , also der Frequenz νS , fähig sein soll,
1
νS = . (185)
TS
In dem umgebenden Raum (oder dem in Σo ruhenden Medium) möge der Sender dadurch
eine monochromatische Welle dieser Frequenz νS erzeugen, die mit der Geschwindigkeit
C durch den Raum (oder das Medium) eilt, Abb. 28.
Ein Empfänger E messe für die Frequenz dieser Welle den Wert νE . Ruht auch der
Empfänger E im System Σo , dann soll immer gelten
Sender und Empfänger
νE = νS . (186)
ruhen in Σo
Σo
6

-C
νS νE -x

0 CTS
S E

Abb. 28: Empfänger E und Sender S mögen beide im Bezugssystem Σo ruhen.

Wir können uns z.B. vorstellen, eine monochromatische Lichtwelle der gelben Natriumlinie
zu erzeugen mit νN a = 5, 0847416 · 1014 Hz, also λN a = 589, 5923 · 10−9 m , wobei hier
C = c = 299 792 458 m s−1 die Lichtgeschwindigkeit ist. Die Schwingungsdauer dieses
Senders beträgt dann TN a = 1/νN a = 1, 9666683 · 10−15 s.
Wir wollen den Doppler-Effekt zunächst unter der Voraussetzung (45) der klassischen
Raum-Zeit behandeln und dann die exakten, relativistisch korrigierten Formeln herleiten,
welche also die Zeitdilatation (70) berücksichtigen.
24 Doppler-Effekt 99

24.1 Die klassische Theorie des Doppler-Effektes


Wir gehen hier von der klassischen Raum-Zeit mit der Galilei-Transformation (48) aus
und betrachten die folgenden Fälle:

24.1.1 Longitudinale Beobachtung


Hier setzen wir voraus, daß sich Sender und Empfänger in ihrer Verbindungslinie aufeinan-
der zubewegen.
a) Nur der Empfänger E möge im Bezugssystem Σo (x, t) bei einer Position x > 0
ruhen, während sich der Sender S in einem System Σ (x , t ) bei x = 0 in Ruhe befindet,
so daß er sich mit einer Geschwindigkeit v auf jenen zubewegt.
Die Anfangsbedingung der Bezugssysteme Σo und Σ sei wieder gemäß (10) gewählt.
Zur Zeit t = t = 0 wird der erste Wellenberg ausgesendet, wenn sich der Sender am
Ort x = x = 0 links vom Empfänger befindet. Nach der Zeit t = t = TS befindet
sich der erste Wellenberg am Ort x2 = C TS und der Sender bei x1 = v TS , wo er den
zweiten Wellenberg hinterherschickt. Beide trennt daher, von Σo aus beobachtet, eine
Wellenlänge λ gemäß, vgl. Abb. 29,

λ = x2 − x1 = (C − v) TS . (187)

Diese Wellenberge mit dem Abstand λ laufen mit der Geschwindigkeit C auf den
Empfänger zu. Der zweite trifft daher um die Zeit TE = λ/C nach dem ersten Wellenberg
beim Empfänger ein, so daß jener nun eine Frequenz νE mißt gemäß

1 C C
νE = = = ,
TE λ (C − v) TS

also

1 Doppler-Effekt bei bewegtem Sender


νE = νS . (188)
(1 − v/C) Klassische Raum-Zeit

Σo Σ -v
6 6

-C
νS νE -x
0
CT
vTS S
S -v E

Abb. 29: Der Empfänger E ruht in Σo und der Sender S im System Σ . Dargestellt ist der Fall
v = 0, 8 C .
100 Relativistische Phänomene und Paradoxa

b) Jetzt möge der Sender S im Bezugssystem Σo (x, t) ruhen, während der Empfänger
E in einem System Σ (x , t ) bei x = 0 ruht, welches die Geschwindigkeit −v in
bezug auf Σo besitzt. Der Empfänger E bewegt sich also mit einer Geschwindigkeit vom
Betrag v , und zwar von rechts kommend, auf den Sender zu, Abb. 30.

Σo −v  Σ 6
6

-x
-C

0 x−λ x x = 0
S −v  E

Abb. 30: Der Sender S ruht in Σo und der Empfänger E im System Σ . Dargestellt ist wieder
der Fall |v| = 0, 8 C .

In Σo betrachtet, erzeugt der Sender im Raum eine Welle der Frequenz νS , also mit
der Wellenlänge λ = C/νS , die in positiver x-Richtung eilt. Der Empfänger läuft dieser
Welle mit der Geschwindigkeit v entgegen, überstreicht also gemäß der Formel (7) eine
Wellenlänge mit der Gesamtgeschwindigkeit C + v . Die Zeit TE , die er dafür benötigt,
beträgt daher

λ C 1 C 1 1
TE = = = ,
C +v νS C + v νS C 1 + v/C

und für die Frequenz νE = 1/TE mißt der Empfänger jetzt

v Doppler-Effekt bei bewegtem Empfänger


νE = νS (1 + ) . (189)
C Klassische Raum-Zeit

Nur für v  C stimmen die Frequenzverschiebungen (188) und (189) wegen der
Taylorschen Näherung 1/(1 − x) ≈ 1 + x für x  1 , überein. Außerhalb dieser Näherung
ist die Frequenzverschiebung (188) für den Fall des bewegten Senders verschieden von
derjenigen bei bewegtem Empfänger (189).
Durch diesen Unterschied wird es möglich, mit Hilfe von Messungen der Frequenz-
verschiebungen den Bewegungszustand gegenüber dem Trägermedium der Wellen zu
bestimmen. Dadurch wird ein Inertialsystem Σo definiert, in dem dieses Trägermedium
ruht. Der Doppler-Effekt entsteht für beliebige Wellen, für elektromagnetische ebenso wie
für Schallwellen. Ist C = ca in (188) und (189) die Schallgeschwindigkeit, dann bestimmen
wir in Aufg. 17, S. 287, durch Messung der akustischen Doppler-Verschiebungen dasjenige
Bezugssystem, in welchem der Träger dieser Wellen ruht, also z.B. die Luft.
24 Doppler-Effekt 101

Wäre die Galilei-Transformation uneingeschränkt gültig, also nicht nur näherungsweise


für kleine Geschwindigkeiten v , so daß wir die in (188) und (189) berechneten Fre-
quenzverschiebungen auch ohne die Einschränkung v  c auf Lichtwellen mit der
Lichtgeschwindigkeit c für C anwenden könnten, dann ließe sich der Bewegungszustand
eines Trägers dieser elektromagnetischen Wellen relativ zum Sender bzw. zum Empfänger
durch optische Messungen experimentell bestimmen. Das Inertialsystem Σo , in welchem
dieser Träger ruht, wäre dann physikalisch ausgezeichnet. Da die klassische Mechanik
in jedem Inertialsystem gilt, s. Kap. 16, S. 71, würden in diesem und nur in diesem
Inertialsystem Σo sowohl die Maxwellschen Gleichungen der Elektrodynamik gelten als
auch die Gleichungen der klassischen Mechanik. Damit wäre ein absoluter Raum definiert,
den man in Erwartung seiner Entdeckung Äther genannt, aber vergeblich gesucht hat.

24.1.2 Transversale Beobachtung


Der Empfänger möge in Σo ruhen und der Sender in einem System Σ , das sich, von
Σo aus gemessen, in Richtung der positiven y-Achse bewegt. Der Sender möge aber nun
in einem großen Abstand R am Empfänger vorbeifliegen, welcher die zum Zeitpunkt
der kleinsten Entfernung ausgestrahlten Wellen messen soll. Dabei geht es um den sog.
transversalen Doppler-Effekt, da nun diejenigen Wellen zur Beobachtung gelangen, die
senkrecht zur Bewegungsrichtung des Senders ausgestrahlt werden, Abb. 31.

Σ
6

v
6 Σo
6
-x 

-C
-x
S
-C

Abb. 31: Versuchsanordnung zum rein transversalen Doppler-Effekt.

In einem großen Abstand soll heißen, daß die Änderung dieses Abstandes im Moment
der größten Annäherung Ro , s. Abb. 32, während der Dauer einer Eigenschwingung
des Senders einfach vernachlässigt werden kann. Der mit der Geschwindigkeit v bewegte
Sender rückt während der Dauer TS = 1/νS um das Stück v TS = v/νS weiter. Gemäß
den in Abb. 32 erklärten
√ Bezeichnungen wird die Bedingung L ≈ Ro durch v/νS  Ro
realisiert, denn mit 1 + x ≈ 1 + x/2 für x  1 gilt
102 Relativistische Phänomene und Paradoxa

v L
νS
v
6 ? -x
 -
Ro

S E

Abb. 32: Die Voraussetzung zur Beobachtung des rein transversalen Doppler-Effektes. Die Be-
dingung L ≈ Ro wird durch v/νS  Ro realisiert.

 
v2 v2  v2  v2
L= Ro2 + 2 = Ro 1+ 2 ≈ Ro 1 + 2 = Ro + ≈ Ro
νS 2
Ro νS 2
2Ro νS 2Ro νS2

für

v2 v √
 Ro , also  2Ro
2Ro νS2 νS

und damit auch

v v Ro Großer Abstand zwischen


L ≈ Ro für  Ro bzw. für  . (190)
νS C λS Sender und Empfänger

Der einem ersten Wellenberg nach der Zeit TS vom Sender hinterhergeschickte zweite
Wellenberg läuft mit derselben Geschwindigkeit C wie jener und muß voraussetzungs-
gemäß, wenn (190) erfüllt ist, bis zum Empfänger auch dieselbe Entfernung Ro zurücklegen.
Wegen der vorausgesetzten Galilei-Transformation messen Sender und Empfänger für
alle Ereignisse dieselbe Zeit. Folglich mißt der Empfänger auch dieselbe Zeit TS , um
die der zweite Wellenberg später bei ihm ankommt als der erste, und er findet daher
für die ankommenden Wellen dieselbe Frequenz, die auch der Sender ausgestrahlt hat.
Die Galilei-Transformation läßt also keinen transversalen Doppler-Effekt zu, s. auch
Aufg. 18, S. 290,

Transversale Beobachtung
νE = νS . (191)
Klassische Raum-Zeit
24 Doppler-Effekt 103

24.2 Die exakte Theorie des Doppler-Effektes


Bisher haben wir die in Kap. 12 formulierten relativistischen Eigenschaften der Meßinstru-
mente außer acht gelassen. Diese Näherung, die wir in der klassischen Raum-Zeit machen,
wollen wir jetzt korrigieren. Dazu müssen wir allein das Postulat (70) der Zeitdilatation

berücksichtigen, Tv = To / 1 − v 2 /c2 . Diese Formel gilt für beliebige schwingungsfähige
Systeme, für die Unruh einer Armbanduhr ebenso wie für die Schwingungen einer Stimm-
gabel oder die zur Austrahlung elektromagnetischer Wellen führenden Schwingungen eines
angeregten Atoms. Für die entsprechenden Frequenzen gilt dann

v2
νv = νo 1 − 2 . (192)
c
In (192) ist c in jedem Fall die Lichtgeschwindigkeit.
Wir betrachten nun wieder die auch in 23.1 untersuchten Fälle.
24.2.1 Longitudinale Beobachtung
a) Der Empfänger E ruht in Σo . Die z.B. durch Resonanz gemessene Empfangsfrequenz
sei νE . Der Sender S ruht in Σ , bewegt sich also mit der Geschwindigkeit v in Σo ,
Abb. 29. In der Formel (188) müssen wir daher die Sendefrequenz νS durch eine Frequenz

νv gemäß (192) ersetzen, indem wir dort νS für νo schreiben, also νS → νS 1 − v 2 /c2 .
Das ergibt die exakte, relativistisch korrigierte Formel für die Frequenzverschiebung, wenn
der mit der Geschwindigkeit v bewegte Sender eine Welle der Signalgeschwindigkeit C
aussendet, über dessen physikalische Natur wir zunächst noch keine Aussagen machen,

1 − v2 /c2 Exakte Theorie des Doppler-Effektes
νE = νS . (193)
1 − v/C Bewegter Sender, beliebige Wellen

Es sei C = ca die Schallgeschwindigkeit, und wir beschränken uns auf Geschwindigkeiten


des Senders v < ca . Unter Laborbedingungen auf der Erde ist dann wegen ca  c
auch v  c . Damit erhalten wir aus (193) die obige Gleichung (188) für C = ca als
nichtrelativistische Näherung,

1 − v2 /c2 1 Schallwellen
νE = νS ≈ νS , für v < ca  c . (194)
1 − v/ca 1 − v/ca Bewegter Sender

Es gibt aber Sternmaterie von so hoher Verdichtung, daß die Schallgeschwindigkeit ca in


der Größenordnung der Lichtgeschwindigkeit c liegt, ca ≈ c mit ca < c . Für diesen Fall
muß man die Wurzel in der Formel (194) ohne Näherung stehen lassen.
In (193) sei nun C = c die Lichtgeschwindigkeit. Dann finden wir

1 − v 2 /c2 (1 − v/c)(1 + v/c) 1 + v/c
νE = νS = νS = νS ,
1 − v/c 1 − v/c 1 − v/c


c+v Elektromagnetische Wellen
νE = νS . (195)
c−v Bewegter Sender
104 Relativistische Phänomene und Paradoxa

b) Jetzt möge der Sender S in Σo ruhen, und wir können die Sendefrequenz νS in
Formel (189) stehen lassen. Dagegen hat der Empfänger nun eine Geschwindigkeit vom
Betrag v in bezug auf Σo und mißt nur in seinem Bezugssystem Σ die Frequenz νE ,
Abb. 30. Von Σo aus beobachtet, ergibt dies eine Frequenz νv gemäß (192), indem wir
dort νo durch νE ersetzen. In der Formel (189) müssen wir daher die Empfangsfrequenz

νE durch diese Frequenz νv ersetzen, d.h. νE → νE 1 − v 2 /c2 , so daß dann

v2 v
νE 1 − 2 = νS (1 + ) ,
c C
also

1 + v/C Exakte Theorie des Doppler-Effektes


νE = νS . (196)
1 − v2 /c2 Bewegter Empfänger, beliebige Wellen

Für die Schallgeschwindigkeit C = ca beschränken wir uns wieder auf Geschwindigkeiten


v < ca . Unter Laborbedingungen auf der Erde ist dann wieder wegen ca  c auch v  c ,
und wir erhalten aus (196) die obige Gleichung (189) für C = ca als nichtrelativistische
Näherung,

1 + v/ca v Schallwellen
νE = νS ≈ νS (1 + ) für v < ca  c . (197)
1 − v /c
2 2 c a Bewegter Empfänger

Bei extrem dichter Sternmaterie mit ca ≈ c und ca < c müssen wir den Wurzelfaktor in
(197) beibehalten.
In jedem Fall ermöglicht uns bei hinreichend genauer Messung der Unterschied in den
Formeln für den akustischen Doppler-Effekt mit dem in Aufg. 17, S. 287, betrachteten
Verfahren, den Bewegungszustand des Trägermediums dieser Wellen auszumachen.
In (196) sei nun C = c die Lichtgeschwindigkeit. Dann finden wir

1 + v/c 1 + v/c 1 + v/c
νE = νS = νS = νS ,
1 − v 2 /c2 (1 − v/c)(1 + v/c) 1 − v/c


c+v Elektromagnetische Wellen
νE = νS . (198)
c−v Bewegter Empfänger

Die Formeln (195) und (198) sind nun identisch. Für elektromagnetische Wellen gibt
es keinen Unterschied zwischen dem bewegten Sender und dem bewegten Empfänger. Da
sich hierbei Sender und Empfänger in der Beobachtungsrichtung bewegen, heißt die Formel
(195) auch longitudinaler Doppler-Effekt.
Allein die Berücksichtigung des Postulats (70) führt also zu dem Schluß, daß es dann
unmöglich ist, mit Hilfe der daraus folgenden exakten Doppler-Verschiebungen, einen
Bewegungszustand für den Träger der elektromagnetischen Wellen auszumachen, da nun
allein die Relativgeschwindigkeit v zwischen Sender und Empfänger den Effekt bestimmt.
24 Doppler-Effekt 105

24.2.2 Transversale Beobachtung


Wie im Fall a) möge der Empfänger E in Σo ruhen. Die Empfangsfrequenz ist νE . Der
Sender S ruht in Σ , bewegt sich also mit der Geschwindigkeit v in bezug auf Σo . In der
Formel (191) müssen wir daher wieder die Sendefrequenz νS durch νv gemäß (192) er-
setzen mit νo = νS . Das ergibt den transversalen Doppler-Effekt, s. auch Aufg. 18, S. 290,


v2 Transversaler Doppler-Effekt
νE = νS 1− . (199)
c2 Exakte Theorie, beliebige Wellen

Beachten wir also die Zeitdilatation (70), dann gibt es im Unterschied zur klassischen
Näherung (191) eine Frequenzverschiebung bei transversaler Beobachtung. Auffallend ist,
daß die Gleichung (199) unabhängig ist von der physikalischen Natur der beobachteten
Wellen und deren Signalgeschwindigkeit C . Die Formel (199) ist nichts anderes als die in
den Frequenzen ausgedrückte Zeitdilatation einer bewegten Uhr. Die physikalische Natur
des schwingenden Systems, die Art der zur Beobachtung kommenden Wellen, hat darauf
keinen Einfluß. Unter irdischen Laborbedingungen mit v < ca  c wird man allerdings
für Schallwellen nicht mit einem experimentellen Nachweis rechnen können. Bei hoch
verdichteter Sternmaterie mit ca ≈ c , ca < c könnte der transversale Doppler-Effekt für
Schallwellen aber ebenso zur Beobachtung gelangen wie der optische Effekt.

Bei transversaler Beobachtung macht der Faktor 1 − v 2 /c2 den gesamten Effekt aus.
Bei longitudinaler Beobachtung bewirkt derselbe Faktor den Unterschied zwischen
den
klassischen Näherungen (188) und (189) zu der exakten Formel (195). Wegen
1 − v 2 /c2 ≈ 1 − v 2 /2c2 wird damit jede Messung einer Doppler-Verschiebung, die
eine Genauigkeit der in v/c quadratischen Terme garantiert, zu einem Test der Formel
(70) für die Zeitdilatation. Bei dem erstmals 1938/39 ausgeführten Experiment zur Zeit-
dilatation war das schwingende System ein Wasserstoffatom. Die rote Spektrallinie Hα
besitzt im eigenen Ruhsystem eine Schwingungsdauer von To = 2, 1876 · 10−15 s.
Bewegen sich die H-Atome in Kanalstrahlen mit einer hohen Geschwindigkeit v in bezug

auf den Empfänger, so wird die Schwingungsdauer Tv = To / 1 − v 2 /c2 wirksam. Bei
transversaler Beobachtung, senkrecht zur Bewegungsrichtung der Kanalstrahlen, ist die
Doppler-Verschiebung gemäß (199) ein direkter Test auf die Zeitdilatation. Aus experi-
mentellen Gründen hat man bei schrägem Einfall gemessen und dabei eine Genauigkeit
erreicht, welche die Beobachtung der in v/c quadratischen Terme garantierte. Auf
diese Weise konnte man die Formel (70) für die Zeitdilatation bestätigen. Über neuere
Präzisionsexperimente zur Überprüfung der Zeitdilatation mit Hilfe des transversalen
Doppler-Effektes berichten wir in Kap. 34, S. 221ff.
106 Relativistische Phänomene und Paradoxa

25 Aberration
In der Umgebung des Koordinatenursprungs von Σo soll das Licht beobachtet werden,
das von einem sehr weit entfernten Objekt kommt, sagen wir von einem Stern S . Wir
wollen hier der Einfachheit halber nur den Fall betrachten, daß dieses Licht aus dem Zenit
kommt, wir den Stern in Σo also senkrecht über uns sehen, in der y-Richtung, wie in
Abb. 33 und Abb. 34 skizziert.
Bewegen wir uns nun mit unserem Fernrohr in bezug auf Σo in x-Richtung mit einer
Geschwindigkeit v oder −v , ruhen wir also in einem Bezugssysten Σ , dann sehen
wir den Stern nicht mehr senkrecht über uns, sondern in einer davon abweichenden
Richtung. Dieser Effekt heißt astronomische Aberration. Wir machen darauf aufmerksam:
Der Bewegungszustand des Objektes, also z.B. des Sternes, der die Wellen oder einen
Teilchenstrom emittiert, spielt für die Aberration keine Rolle. Es geht allein um die Welle
oder den Teilchenstrom, welche von zwei verschiedenen Inertialsystemen aus beobachtet
werden.
Der Gedankengang zur Erklärung des experimentellen Befundes der Aberration hängt
davon ab, welche Annahme wir über die physikalische Natur des Lichtes machen.

25.1 Die Aberration im Teilchenbild


Wir gehen jetzt davon aus, daß das Licht aus Photonen besteht, also aus Partikeln
der Ruhmasse Null, die sich mit der Lichtgeschwindigkeit c bewegen und dabei einen
Impuls p besitzen. In Σo beobachtet, sollen diese Partikel aus der vertikalen y-Richtung
kommen, so daß p = (0, p, 0) ist, Abb. 33.
Σ sei dasjenige Bezugssystem, welches sich in der negativen x-Richtung von Σo mit einer
Geschwindigkeit vom Betrag v bewegt. Richten wir ein in Σ ruhendes Fernrohr parallel
zur y  -Richtung aus, dann kann ein in das Fernrohr eintretendes Photon das Ende des
Tubus wegen dessen Bewegung in der negativen x-Richtung nicht erreichen. Das Photon
trifft auf die Wand des Instrumentes und wird dort absorbiert. Das Bild bleibt dunkel.
Von Σo aus betrachtet, können die Photonen den Tubus passieren, wenn das Instru-
ment um einen Winkel α gekippt wird, so daß tan α gleich dem Verhältnis aus der
horizontalen Geschwindigkeit v des Fernrohres gegen das System Σo und der vertikalen
Geschwindigkeit c der Photonen in Σo ist.
Von Σ aus betrachtet, müssen wir das Fernrohr in Σ um einen Winkel α gegen die y  -
Achse kippen, so daß tan α gleich dem Verhältnis aus der horizontalen Geschwindigkeit
v des Fernrohres gegen das System Σo und der vertikalen Geschwindigkeit uy der
Photonen in Σ ist, Abb. 33,
v v
tan α = , tan α =  . (200)
c |uy |
Zur
 Berechnung von α schreiben
 wir für die Bewegung der Photonen im System Σo
x = x(t), y = y(t), z = z(t) und damit für ihre Geschwindigkeit
(ux , uy , uz ) = (dx/dt, dy/dt , dz/dt) = (0, −c, 0) . (201)

         

Im System Σ beobachten wir die Bewegung x = x (t ), y = y (t ), z = z (t ) mit der
Geschwindigkeit
(ux , uy , uz  ) = (dx /dt , dy  /dt , dz  /dt ) .
25 Aberration 107
S
Σo ×
6

Σ
6

?
c

α

A AA
 A
−v AA
-x AA - x

Abb. 33: Aberration im Teilchenbild. Von Σo aus betrachtet, kommen die Photonen mit der
Lichtgeschwindigkeit c aus der vertikalen y-Richtung. Für das System Σ werde von Σo aus
z.B. eine Geschwindigkeit vom Betrage v = 0, 448 c in negativer x-Richtung festgestellt. Damit
die Photonen nicht von der Wand des Tubus absorbiert werden, muß das Instrument, von Σo aus
betrachtet, um einen Winkel α gemäß tan α = v/c = ∆x/∆y gekippt werden. Hierbei sind ∆x
und ∆y die Wege des Fernrohres bzw. der Photonen in der Zeit ∆t . Für v  c ist dies auch
der Winkel α , um den der Beobachter in Σ sein Fernrohr kippt. In Σ legen die Photonen
während der Zeit ∆t in x -Richtung den Weg ∆x zurück und in der negativen y -Richtung
den Weg ∆y  , so daß tan α = ∆y  /∆x . Im relativistischen Bereich müssen wir die Lorentz-
Kontraktion beachten, also ∆x = γ ∆x . Wegen ∆y = ∆y ergibt sich daraus tan α = tan α/γ ,
wofür wir auch sin α = v/c schreiben können. In Σ betrachtet, müssen wir das Instrument bei
unserem Beispiel dann um den eingezeichneten Winkel α gegen die y  -Achse kippen. Der gemäß
α = arcsin 0, 448 ≈ 26, 6◦ berechnete Winkel weicht von dem mit der klassischen Näherung (207)
gemäß α = arctan 0, 448 ≈ 24, 1◦ berechneten Wert um ca. 2, 5◦ ab.

Hierbei ist ux = v einfach die von Σ aus beobachtete Geschwindigkeit des Systems
Σo . Zur Berechnung der Komponente in y  -Richtung ersetzen wir in der Lorentz-
Transformation (75) den Parameter v für die Geschwindigkeit von Σ durch −v und
finden durch Anwendung der Kettenregel der Differentiation
 −1 
dy  dy dt v2
uy =  = · = −c 1− .
dt dt dt c2

Die Geschwindigkeitskomponente in z  -Richtung bleibt Null. Also gilt insgesamt



(ux , uy , uz  ) = (dx /dt , dy  /dt , dz  /dt ) = (v, − c2 − v 2 , 0) . (202)

Dieser Ausdruck folgt auch einfach, wenn wir das Einsteinsche Additionstheorem der
Geschwindigkeiten (569), S. 217, benutzen.
108 Relativistische Phänomene und Paradoxa

Der Betrag dieser Geschwindigkeit ist wieder c . Auch in Σ besitzen die Photonen
Lichtgeschwindigkeit. Aus (200) und (202) erhalten wir also einen Aberrationswinkel α
gemäß tan α = v/(cγ) . Einen einfacheren Ausdruck dafür finden wir folgendermaßen. Es
ist

 tan α v/ c2 − v2 v v
sin α = √ = = √ = ,
1 + tan α2  1 + v /(c − v )
2 2 2 c −v +v
2 2 2 c

so daß wir insgesamt schreiben können

v
Σo : tan α = ,
c Exakte Theorie
(203)
v der Aberration
Σ : sin α = .
c

In der klassischen Raum-Zeit können wir denselben Vorgang folgendermaßen darstellen:


Mit dem Geschwindigkeitsvektor (201) der Photonen in Σo gelte z.B. für die Bewegung
eines Photons
 
x(t), y(t), z(t) = (0, −c t, 0) . (204)

Mit (204) und der Galilei-Transformation

x = x + v t , y  = y , z  = z , t = t
gilt dann für die Bewegung desselben Photons in Σ
   
x (t ), y  (t ), z  (t ) = (v t , −c t , 0) (205)

und daher für dessen Geschwindigkeitsvektor


(ux , uy , uz  ) = (v, −c, 0) . (206)

Wir sehen, von Σ aus beurteilt,


√ ist der Betrag der Geschwindigkeit der Photonen nun
nicht mehr gleich c , sondern c2 + v 2 ≈ c (1 + 12 v2 /c2 ) . Berücksichtigt man also die in
v/c quadratischen Terme, dann setzen für die Beschreibung des Lichtes die Probleme der
klassischen Raum-Zeit ein, s. Kap. 14.
Mit (200) und (206) stimmen die in Σ und Σo gemessenen Winkel α und α überein,

v Klassische Näherung
tan α = tan α = . (207)
c für die Aberration
25 Aberration 109

25.2 Die Aberration im Wellenbild


Wir gehen nun davon aus, daß von dem Stern eine ebene elektromagnetische Welle
emittiert wird, von der wir mit einem Teleskop ein Bild des Sterns erzeugen wollen. Das
Teleskop habe die Lineardimension 2L , so daß damit ein Wellenzug dieser Ausdehnung
(quer zur Ausbreitungsrichtung) erfaßt werden kann.23 In dem Wellenzug bestehen feste
Phasenbeziehungen, die wir für eine Bilderzeugung durch Interferenz benötigen. Zwei
auf den Rand des Teleskops treffende Wellenberge mögen auf die Mitte des Instrumentes
gelenkt werden, um sich dort zu verstärken. Die Symmetrieachse des Teleskops gibt dann
die Richtung an, in der wir den Stern beobachten. Wir wollen wieder annehmen, daß der
Stern S , von Σo aus betrachtet, im Zenit steht, den wir in die Richtung parallel zur
y-Achse legen. Die parallel zur y-Achse laufenden, auf das Teleskop treffenden Strahlen
des Wellenzuges erzeugen dann ein Bild, das wir in der y-Richtung sehen, wenn die Ebene
des Teleskops orthogonal zu dieser Richtung justiert wird und in Σo ruht, Abb. 34.

Σo
6 S
×

? ?

A(t1 )• -

O •B(t1 )

-x

Abb. 34: Zur Beobachtung eines Sternes im Wellenbild mit einem Teleskop T .

Wir begeben uns nun wieder in dasjenige Bezugssystem Σ , welches sich in der negativen
x-Richtung von Σo mit einer Geschwindigkeit vom Betrag v bewegt, und betrachten die
Randstrahlen, Abb. 35.
Wir fragen: Um welchen Winkel α müssen wir das Instrument kippen, damit die beiden
Wellenberge am Symmetriepunkt des Teleskops zusammentreffen?
Wir beschreiben von Σo aus, um welchen Winkel α der Beobachter in Σ sein Teleskop
kippen muß, um den Stern zu sehen.
Den Symmetriepunkt des Teleskops, wo die Wellen interferieren sollen, legen wir in den
Koordinatenursprung O von Σ . Die beiden Randstrahlen mögen bei A und B zu einer
Zeit t1 des Systems Σo denselben Phasenzustand besitzen. Wenn die in Σo berechneten
Laufzeiten der Wellenberge für die Wege ACO und BO übereinstimmen, dann werden
sie sich bei O verstärken, und wir sehen den Stern in Σ unter dem Winkel α .
23 In bezug auf die modernen Beobachtungstechniken der sog. very long baseline interferometry sei 2L

die Entfernung der beiden weit voneinander entfernten Beobachtungsstationen.


110 Relativistische Phänomene und Paradoxa

S
×

Σ
6
Σo
6 ? α ?
−v 

A(t1 ) • P
• • B(t1 )
O 
:•

9 - x

C(t2 ) • •Q

-x

Abb. 35: Aberration im Wellenbild. Die beiden am Rand des Teleskops aufgefangenen Strahlen
mögen sich bei A und B zu einer Zeit t1 in Σo im gleichen Phasenzustand befinden, z.B.
Wellenberge. Das Teleskop muß in Σ um einen Aberrationswinkel α gekippt werden, damit die
beiden Wellenberge zur selben Zeit bei O  eintreffen. Die Linearausdehnung des Teleskopes ist
2L = CB bzw. L = CO = O  B

Das Teleskop ruht in Σ . Die Linearausdehnung des Teleskops betrage dort 2L = BC .


Dann gilt
1
Σ : AP = BP = CQ = L cos α , AC = QO = O  P = L sin α . (208)
2
Die Längen AP , BP und CQ bewegen sich in ihrer Ausdehnungsrichtung, von Σo aus
beobachtet, mit einer Geschwindigkeit vom Betrag v und werden gemäß dem Postulat
(69) Lorentz-kontrahiert gesehen, nicht so die quer zur Bewegungsrichtung liegenden
Längen QO und O  P . In Σo gilt also

Σo : AP = BP = CQ = γ L cos α , QO  = O  P = L sin α . (209)

Wir vereinfachen den Rechengang, ohne an der Interferenz etwas zu ändern, wenn wir den
Weg des linken Randstrahls von C nach O durch den Weg über den Punkt Q , und den
Weg des rechten Randstrahls von B nach O  durch den Weg über den Punkt P ersetzen.
Die Strahlen verstärken sich in O  , wenn die entsprechenden Laufzeiten übereinstimmen
gemäß

∆tAC + ∆tCQ + ∆tQO = ∆tBP + ∆tP O .

Stets in Σo beobachtet, überwindet der Wellenberg die Entfernung von A nach C


mit der Lichtgeschwindigkeit c . Da sich das Teleskop dem Wellenberg bei C mit
der Geschwindigkeit v nähert, wirkt in Σo für die Überwindung der Strecke von C
nach Q gemäß (7) eine Geschwindigkeit c + v und entsprechend von B nach P eine
25 Aberration 111

Geschwindigkeit c − v , da dann das Teleskop dem Wellenberg mit der Geschwindigkeit v


davonläuft. Laufzeit ist Weg/Geschwindigkeit. Für die Gleichheit der beiden Laufzeiten
können wir also insgesamt schreiben, indem wir gleich ∆tQO = ∆tP O  und AC = 2QO
berücksichtigen,

2L sin α γ L cos α γ L cos α


+ = ,
c c+v c−v
also

2 γ γ 2γ v v 1 v 1
tan α = − = = 2γ =2 .
c c−v c+v (c − v)(c + v) c 1 − v 2 /c2 c γ

Für den Winkel α , um welchen der Beobachter in Σ sein Teleskop kippen muß, schließen
wir also von Σo aus auf die Beziehung

v/c
tan α = .
γ

In Σo ist die in Bewegungsrichtung liegende, bewegte Länge um den Faktor γ kleiner,


als die in Σ ruhende Länge, so daß tan α = γ tan α , und wir gelangen wieder zu unserer
Formel (203) für die in Σ bzw. Σo gemessenen Aberrationswinkel α bzw. α ,

v ⎫
tan α = , ⎪
c ⎬
(210)
v ⎪
sin α = . ⎭
c

Für die klassische Näherung können wir alle Ausführungen wörtlich beibehalten und
haben nur überall γ = 1 zu setzen. Damit erhalten wir wieder

v
tan α = tan α = . (211)
c
112 Relativistische Phänomene und Paradoxa

26 Ein Paradoxon zur Aberration von Wellen


Immer wieder zu Irritationen führt die folgende Betrachtung der Aberration von Wellen
in der klassischen Näherung.
Die Gleichung der von uns beobachteten Wellenfront des Sternenlichtes S , also der ebenen
Fläche konstanter Phase, lautet in Σo , s. die gepunktete Linie in Abb. 36,
Ebene konstanter Phase
Σo : y = −c t . (212)
in Σo

y y
Σo 6Σ 6 - v
t = const

? t = const
c
α - x, x

Abb. 36: Aberration und Wellenfront.

Das System Σ bewege sich mit einer Geschwindigkeit vom Betrag v in negativer
x-Richtung von Σo . Setzen wir in (212)  die Lorentz-Transformation (75) ein mit  −v
anstelle von v , also t = (t − vx /c2 ) γ sowie y = y  , so daß y  = −c(t − vx /c2 ) γ , so
erhalten wir in Σ die Gleichung
v/c  c2  Ebene konstanter Phase
Σ : y  = (x − t). (213)
γ v in Σ
Aus (213) lesen wir sofort die Neigung dieser Phasenfläche in Übereinstimmung mit
v/c
unserem Ergebnis (203) ab, tan α = .
γ
Setzen wir dagegen in (212) die Galilei-Transformation (48) ein, dann folgt ein Paradoxon,
Σ : y  = −c t . (214)
Diese Ebene ist nicht geneigt - im Widerspruch zu dem gemäß (210) bestimmten
Neigungswinkel tan α = v/c der in Σ beobachteten Wellennormalen im Rahmen der
klassischen Raum-Zeit. Bevor wir diesen Widerspruch aufklären, wollen wir unsere
Schlußweise noch einmal hinterfragen.
Unabhängig von ihrer physikalischen Natur kann man Wellen als Überlagerung von ebenen
Wellen darstellen gemäß
A = Ao cos(φ) = Ao cos(ω t − k · x) Ebene Welle (215)
mit der Amplitude Ao und der Phase φ ,

φ = ωt−k·x. Phase einer ebenen Welle (216)


26 Ein Paradoxon zur Aberration von Wellen 113

Wir schreiben k := |k| und ko = (k/k) sowie x = (x, y, z) und k = (k1 , k2 , k3 ) .


Punkte konstanter Phase definieren Phasenflächen im Raum, d.h. Flächen dessel-
ben Schwingungszustandes. Bei einem ortsunabhängigen Vektor k sind dies gemäß
φ = ω t − k · x = const hier Ebenen, die in der Richtung k mit der Geschwindigkeit
u = ω/k durch den Raum eilen. Bei festgehaltener Zeit t ergeben sich die Phasenebenen
k · x = C mit dem Normalenvektor k .
Wenn wir in Richtung des Einheitsvektors ko um ∆x = (2π/k)ko voranschreiten,
wird k · ∆x = 2π . Wegen der Periodizität der cos-Funktion wiederholt sich dabei der
Schwingungszustand, so daß wir um eine Wellenlänge λ vorgerückt sind. Also gilt
k = 2π/λ . Ebenso muß sich der Schwingungszustand am festgehaltenen Ort für ∆t = T
wiederholen, wenn wir eine Periode T warten. Aus ω ∆t = 2π folgt nun ω = 2π/T .
Bleiben wir an einem Punkt x und warten eine Zeit ∆t = nT , dann laufen n Wellen-
berge an uns vorbei, und die Phase ändert sich dabei um ∆φ = n2π . Das heißt (bei
entsprechender Anfangszählung): Die durch 2π dividierte Phase φ ist gleich der Anzahl
n der vorbeigelaufenen Wellenberge. Eine solche natürliche Zahl kann sich nicht ändern,
wenn sie von einem anderen Inertialsystem aus gezählt wird.

Die Phase φ ist bei einem Wechsel des Bezugssystems invariant.


Diese Invarianz ist unabhängig von der Koordinaten-Transformation, mit der wir
den Wechsel des Bezugssystems beschreiben und gilt also sowohl für die Lorentz-
Transformation als auch für die Galilei- Transformation.

Zur Aufklärung unseres Paradoxons zur Aberration von Wellen müssen wir zwischen zwei
Richtungen unterscheiden:
1. Der Normalenvektor ko ist definiert als diejenige Richtung, die auf den Flächen
konstanter Phase der Wellen senkrecht steht.
2. Wir definieren einen Vektor no , der die Richtung angibt, in welcher die zu den Wellen
gehörende Energie durch den Raum läuft.
Eine Fläche konstanter Phase ist festgelegt durch die Gesamtheit der Punkte im Raum,
die zu einer bestimmten Zeit t dieselbe Phase besitzen. Diese Fläche und also ihr
Normalenvektor ko wird folglich durch die Definition der Gleichzeitigkeit festgelegt.
Der Richtungsvektor no der Energieströmung ist experimentell durch die Richtung des
Fernrohres bestimmbar, mit dem wir den Stern beobachten wollen. Wir müssen das
Fernrohr so ausrichten, daß die von den Wellen transportierte Energie das Ende des Tubus
erreicht, um dort z.B. eine Schwärzung des Photopapieres auslösen zu können. Bei falscher
Neigung wird die Energie der Wellen von den Wänden absorbiert, und wir sehen nichts.
Die Richtungen ko und no müssen also i. allg. nichts miteinander zu tun haben. Wir
wollen diese Aussage etwas ausführlicher betrachten.
In unserem zunächst ausgezeichneten System Σo gehen wir davon aus, daß die physika-
lische Beschreibung der Wellen eine Übereinstimmung des Normalenvektors ko mit dem
Richtungsvektor no der Energieströmung ergibt. Die Definition der Gleichzeitigkeit in
Σo wird einfach so eingerichtet. Das Paradoxon entsteht nun beim Übergang zu einem
bewegten Bezugssystem Σ .
Wieder sind die Flächen konstanter Phase und damit die Richtung des dazugehörigen
Normalenvektors ko durch die Definition der Gleichzeitigkeit, nun aber in Σ fest-
gelegt. Diejenigen Phasenflächen in Σ , die durch die Substitution der Koordinaten-
114 Relativistische Phänomene und Paradoxa

Transformation in die Gleichung (212) entstehen, sind also durch die in dieser Transforma-
tion enthaltene Definition der Gleichzeitigkeit bestimmt. Um dies noch einmal zu sehen,
substituieren wir zunächst die allgemeine lineare Koordinaten-Transformation (21) in die
Gleichung (212) mit dem Ergebnis

θc  k 
Σ : y  = (x − t ) . (217)
∆ θ
Aus (217) lesen wir nun eine Neigung für die Phasenfläche ab gemäß

θc
tan α = = θc für ∆ = 1, (218)

wenn wir uns noch der Einfachheit halber auf Transformationen mit ∆ = 1 beschränken,
vgl. Kap. 31.
Der Parameter θ , der die Synchronisation der Uhren in den Systemen Σ reguliert, ist
prinzipiell beliebig wählbar. Indem wir also θ beliebig vorgeben, kann mit der Substitu-
tionsmethode eine beliebige Neigung der in Σ aus Gleichung (212) folgenden Phasenfläche
erzeugt werden. Mit der beobachteten Aberration hat das aber i. allg. nichts zu tun.
Wir geraten in ein Paradoxon, wenn wir den durch die Definition der Gleichzeitigkeit fest-
gelegten Normalenvektor von Wellenebenen, den wir bei der Substitution der Koordinaten-
Transformation in (212) für die gestrichenen Koordinaten erhalten, mit der Beobach-
tungsrichtung der Wellen im System Σ verwechseln.
Die Richtung no der in Σ beobachteten Energieströmung ist unabhängig von der Defini-
tion der Gleichzeitigkeit in Σ durch das Experiment festgelegt. Den Tubus unseres Fern-
rohres neigen wir, bis die einlaufenden Wellen auch des Ende dieses Tubus erreichen, vgl.
Abb. 33. Fällt die Energie im System Σo senkrecht ein, wie wir das angenommen haben,
dann wird durch diese Neigung des Tubus der Aberrationswinkel definiert.
Die fehlende Neigung der Phasenflächen in Σ gemäß (214) haben wir also nur durch
die Definition einer absoluten Gleichzeitigkeit in Σ gemäß der Galilei- Transformation
erzeugt, so daß die Vektoren no und ko nicht mehr übereinstimmen. Bei unserem Para-
doxon sind wir in die alte Gleichzeitigkeitsfalle geraten.
Wir überzeugen uns davon, daß wir mit der Richtung der Energieströmung der Wellen den
richtigen Aberrationswinkel bekommen.
Bei der Aberration beobachten wir die Ausbreitungsrichtung einer Energie, die etwa in
einem begrenzten Wellenpaket durch den Raum eilt. Nur die Energie kann z.B. unsere
Netzhaut erregen. Im System Σo möge sich dieses Wellenpaket mit einer Geschwindigkeit
vom Betrag c in Richtung der negativen y-Achse bewegen. Vom System Σ aus gemessen,
für das von Σo aus eine negative Geschwindigkeit vom Betrag v beobachtet wird,
erhält das Wellenpaket dann in der Galileischen Raum-Zeit gemäß (49) bzw. (50) eine
Geschwindigkeitskomponente ux = v in x -Richtung, während uy = uy = −c unverändert
bleibt, so daß wir für das Wellenpaket von Σ aus wieder den Aberrationswinkel α mit
tan α = v/c beobachten. Wir finden also die richtige, von Σ aus beobachtete Neigung
der Wellenfront, Abb. 37. Wir bemerken, daß die physikalische Natur der Wellenbewegung
auf diese Argumentation keinen Einfluß hat.24
24 Im Prinzip ist ein Aberrationsexperiment auch für den Schall denkbar. Den physikalischen Eigen-

schaften der Schallwellen müßte dabei allerdings in besonderem Maße Rechnung getragen werden. Wenn
wir also einmal annehmen, daß es sich in Gleichung (212) um Schallwellen handelt, dann würde sowohl
26 Ein Paradoxon zur Aberration von Wellen 115

Σ
S 6
Σo
6 - u = v
× x −v 

? - x
u = (0, −c) u = (v, −c)

-x

Abb. 37: Das durch den Rahmen eingegrenzte Wellenpaket bewegt sich im System Σo mit
der vektoriellen Geschwindigkeit (ux , uy ) = (0, −c) . Für Σ wird von Σo aus eine negative
Geschwindigkeit vom Betrag v gemessen. Nach der Galilei-Transformation (48) wird dann von
Σ aus für dieses Wellenpaket gemäß (49) bzw. (50) eine Geschwindigkeit (ux , uy ) = (v, −c)
gemessen. Es folgt wieder der Aberrationswinkel α mit tan α = v/c .

Substituieren wir die Lorentz-Transformation in die Gleichung (212) für die Phasenfläche
in Σo , dann erhalten wir in den gestrichenen Koordinaten, also im System Σ , eine
andere Ebene mit einem anderen Normalenvektor als bei der Substitution der Galilei-
Transformation in (212), weil wir eben per Definition mit der Lorentz-Transformation in
Σ andere Raumpunkte als gleichzeitig auszeichnen als mit der Galilei-Transformation.
Es bleibt aber die Frage, warum bei der Substitution der Lorentz-Transformation in
(212) gerade die Neigung der Phasenfläche in Σ mit der Richtung des Energiestromes
elektromagnetischer Wellen übereinstimmt. In Kap. 30 werden wir auseinandersetzen,
daß die Gleichungen des elektromagnetischen Feldes, die Maxwell-Gleichungen, invariant
gegenüber Lorentz-Transformation sind. Daraus folgt dann, daß sich der Vektor der
Energieströmung beim Übergang zum System Σ gerade ebenso transformiert wie der
Normalenvektor der Wellenflächen bei der Substitution der Lorentz-Transformation
in Gleichung (212). In der Invarianz der Maxwell- Gleichungen gegenüber Lorentz-
Transformationen ist auch begründet, daß sowohl der Doppler-Effekt als auch die
Aberration elektromagnetischer Wellen aus der Invarianz von φ in bezug auf Lorentz-
Transformationen hergeleitet werden können, vgl. Aufg. 18, S. 290 und Aufg. 30, S. 313.

die Substitution der Lorentz-Transformation als auch die Substitution der Galilei-Transformation in
(212) zu einem falschen Ergebnis für die in Σ zu erwartende Neigung der Wellennormalen führen. Um
den richtigen Neigungswinkel zu erhalten, müßten wir nämlich nun in Abb. 37 die Größe c durch die
Schallgeschwindigkeit C ersetzen, und für die in Σ feststellbare Neigung der Wellenfront des Schalls folgt
dann das richtige Ergebnis tan α = v/C .
116 Relativistische Phänomene und Paradoxa

27 Das Zwillingsparadoxon

Beim Zwillingsparadoxon geht es um folgenden Streit:


Die beiden Zwillinge, sagen wir zur sprachlichen Unterscheidung Zwilling A für den einen
und Bruder B für den anderen, gehen auf Reisen. Genauer, Bruder B befinde sich in einem
Bezugssystem Σo in Ruhe und Zwilling A im System Σ , so daß sich A mit der konstanten
Geschwindigkeit v von B und umgekehrt B mit der konstanten Geschwindigkeit −v von
A entfernt. Bei ihrer Verabschiedung am gemeinsamen Koordinatenursprung stehen die
persönlichen Uhren, die jeder von ihnen bei sich trägt, sagen wir die Uhr U A von Zwilling
A und die Uhr U B von Bruder B , gerade auf der Stellung 0 . Vergleicht nun Bruder
B die Uhr U A von Zwilling A mit den Uhren Uox , die an den Positionen x seines
Bezugssystems Σo ruhen, so stellt er wegen der Zeitdilatation (83), S. 60, fest, daß der
Zeiger der Uhr U A gegenüber den Zeigerstellungen derjenigen Uhren Uox zurückbleibt, an
denen U A gerade vorbeikommt, Abb. 38.

Σ
Σ

#t =0 #
` ` ` `
` 6 ` ` `
-v UA -v
` UA ` ` @ R
@ `
"!` ` "!` ` t
- x - x
x= 0 x= 0
Σo q q
 q
#t=0 q #
` ` ` `
` 6 ` ` `
Uox
` UB ` ` `
"!` ` "! ` ?t`
q q -x
x=0 x = vt

Abb. 38: Zwilling A befindet sich mit seiner Uhr U A zur Zeit t in Σo an der Position
p x = vt.
Wegen (83) wird auf der relativ zu Σo bewegten Uhr U A die Zeigerstellung t = t 1 − v 2 /c2
abgelesen. Nehmen wir z.B. eine Geschwindigkeit v = 23 c an, dann wird t ≈ 22, 4 für t = 30 . Die
strichpunktierten Linien verbinden im folgenden stets Punkte im Bild, die zu demselben Ereignis
gehören.

Zwilling A argumentiert aber ebenso. Auch er stellt gemäß (83) fest, daß der Zeiger der

Uhr U B von Bruder B gegenüber den Zeigerstellungen derjenigen Uhren Uvx , die an
  B
den Positionen x seines Bezugssystems Σ ruhen, zurückbleibt, an denen U gerade
vorbeikommt, und zwar um denselben Faktor, weil die Zeitdilatation nur vom Quadrat der
Geschwindigkeit abhängt, Abb. 39.
Dies ist wohl höchst merkwürdig. Ein wirklich paradoxes Ergebnis können wir indessen
darin nicht sehen, da hier verschiedene Uhren miteinander verglichen werden. Ein logischer
Widerspruch läßt sich daraus nicht herleiten.
27 Das Zwillingsparadoxon 117

Σ

# #t = 0
` ` ` `
`  ` ` 6 `
Uvx
` ` ` UA `
"! ` ? t` "! ` `
- x
x = −vt 
x = 0
q Σo q
Σo  
q t=0 q
# ` ` # ` `
` ` `` 6 
−v UB −v 
` @ R` ` ` UB `
"!` @ "!` `
q t -x q -x
x=0 x=0

Abb. 39: Bruder B befindet sich mit seiner Uhr U B zur Zeit t in Σ an der Position x =
−v t . p
Nun ist U B die bewegte Uhr und zwar relativ zu Σ . Gemäß (83) gilt in diesem Fall
t = t 1 − v 2 /c2 . Also wird z.B. bei v = − 23 c auf der in Σ bewegten Uhr U B die Zeit
t ≈ 22, 4 abgelesen, während die dort ruhende Uhr t = 30 anzeigt. (Die strichpunktierten Linien
verbinden dieselben Raum-Zeit-Punkte).

Jetzt möge Zwilling A umkehren, und zwar so, daß sich die Brüder nun mit entgegenge-
setzten Geschwindigkeiten vom gleichen Betrag einander nähern. Wieder argumentieren
beide, daß die Zeiger auf den persönlichen Uhren des jeweils anderen wegen der oben
beschriebenen Zeitdilatation weiter zurückbleiben, so daß sich die beispielsweise in Abb. 38
und Abb. 39 berechneten Effekte verdoppeln sollten.
Beim Zusammentreffen sagt also Bruder B , der Zeiger auf der Uhr U A von Zwilling A
sei hinter dem Zeiger auf seiner Uhr U B zurückgeblieben, während Zwilling A behauptet,
sein Zeiger müsse aus demselben Grunde weiter vorgerückt sein als der Zeiger auf der
Uhr U B .
Ein Zeiger auf zwei verschiedenen Stellungen - das wäre paradox!
Um das Paradoxon aufzulösen, betrachten wir drei Inertialsysteme, Σo (x, t) , Σ (x , t )
und Σ (x , t ) mit einem gemeinsamen Koordinatenursprung O(0, 0) .
Zum Ereignis O verabschieden sich die Zwillinge. Später entscheidet Bruder B , dem
Zwilling A in einem Inertialsystem Σ hinterherzufahren, so daß beide zu einem Ereignis
Z(xz , tz ) = Z(0, tz ) = Z(xz , tz ) wieder zusammentreffen, Abb. 40 und Abb. 41.
Zwilling A befindet sich also die ganze Zeit bei xz = 0 in seinem Inertialsystem Σ ,
das sich in bezug auf Σo mit der Geschwindigkeit v bewegt. Seine Reisezeit tA von der
Verabschiedung bis zum Zusammentreffen, vom Ereignis O bis zum Ereignis Z , kann er
unmittelbar auf seiner Uhr U A ablesen,
tA = tz . Reisezeit von Zwilling A (219)
Um etwas Bestimmtes vor Augen zu haben, nehmen wir an, für das Inertialsystem Σ ,
in welchem Bruder B dem Zwilling A hinterhereilen soll, werde von Σ aus betrachtet,
die Geschwindigkeit u = v gemessen, also bewegt sich umgekehrt Σ in bezug auf Σ
mit der Geschwindigkeit −v . Zwilling A beobachtet also, Bruder B kommt mir mit der
Geschwindigkeit v hinterher, während für B nun A mit −v entgegenkommt.
118 Relativistische Phänomene und Paradoxa

Σ
Σ
#t = 0 #
` ` ` `
` 6 ` ` `
-v UA -
PP
q` t = t v
` UA ` `
"!` ` "!` ` z A
- x 
- x

x = 0 xz = 0
Σo q q
O qZ
#t=0 q #
` ` ` `
` 6 ` ` `
Uoxz
` UB ` ` tz` `
"!` ` "! ` ?
q q -x
x=0 xz = v tz

Abb. 40: Zum Ereignis O (linke Bildseite) verabschieden sich die Zwillinge. Für das Ereignis Z
des Zusammentreffens (rechte Bildseite) sind hier nur die Uhr U A von Zwilling A im System Σ
und eine Vergleichsuhr des Systems Σo eingezeichnet. Für v = 0, 8 c , also γv = 0, 6 , folgt für die
Reisezeit von Zwilling A der Wert tA = tz = γv tz = 18 , wenn tz = 30 . (Die strichpunktierten
Linien verbinden dieselben Raum-Zeit-Punkte).

Mit der Anfangsbedingung eines gemeinsamen Koordinatenursprungs O(0, 0) lautet dann


die Lorentz-Transformation zwischen Σ und Σ
x − v t t − x v/c2
x = , t = . (220)
γv γv

Mit den Geschwindigkeiten v von Σ in bezug auf Σo und u = v von Σ in Σ folgt
aus dem Additionstheorem (76) für die in Σo gemessene Geschwindigkeit u von Σ

u + v 2vc2 u2 c2 − v 2
u= = −→ γu = 1 − = . (221)
1 + u v/c2 c2 + v2 c2 c2 + v 2

Die Bezugssysteme Σ und Σ bewegen sich mit den Geschwindigkeiten v bzw. u in
bezug auf Σo , wobei stets ein gemeinsamer Koordinatenursprung angenommen ist. Dann
lauten die entsprechenden Lorentz-Transformationen


x−vt x + v t ⎪
x = , x= , ⎪

γv γv ⎬
←→ (222)
t − x v/c2 t + x v/c2 ⎪⎪

t = , t= , ⎪

γv γv


x − ut x + u t ⎪
x = , x = , ⎪

γu γu ⎬
←→ (223)
t − x u/c2 t + x u/c2 ⎪⎪

t = , t = . ⎪

γu γu
27 Das Zwillingsparadoxon 119

Bruder B befindet sich zunächst bei x = 0 in Σo .


Zum Ereignis R(0, tr ) = R(xr , tr ) = R(xr , tr ) möge er das System Σ besteigen.
Bis dahin ist also auf seiner Uhr U B die Zeit tr abgelaufen.
Aus den Formeln (222) und (223) finden wir unter Beachtung von (221) die Koordinaten
für das Ereignis R in Σ und Σ aus den Koordinaten in Σo ,

Σo : xr = 0 , tr , ⎪





v 1 ⎪

Σ : xr = − tr , tr = tr ,
γv γv Das Umsteige-Ereignis R (224)




2vc2 2 2 ⎪

c +v ⎪

Σ : xr = − tr , 
tr = 2 tr .
c2 − v2 c −v 2

Die Zeit tr ist in unserer Geschichte ein Parameter, den wir frei wählen können.
Für das Ereignis Z des Zusammentreffens, vgl. Abb. 40, folgt zunächst einfach wegen der
Zeitdilatation oder aus tz = (tz + xz v/c2 )/γv gemäß der rechten Seite von (222) wegen
xz = 0 , indem wir noch (219) beachten,
tA ≡ tz = γv tz . (225)
Zwilling A beobachtet, daß sich Bruder B zuerst mit der Geschwindigkeit v von ihm ent-
fernt, um nach der Zeit tr mit derselben Geschwindigkeit wieder zu ihm zurückzukommen.
Für seine eigene Reisezeit tA = tz muß daher gelten
tA = tz = 2tr . (226)
Mit (224) ergibt sich daraus
1
tA = tz = 2tr . Reisezeit von Zwilling A (227)
γv
Und aus (220) folgt für tz = (tz − xz v/c2 )/γv mit xz = 0 unter Beachtung von (225)
und (227)
1  1
tz = t = tA , (228)
γv z γv
also25
2 tr
tz = tz = . (229)
γv2

Die ganze Zwillingsgeschichte wird damit durch drei Ereignisse festgelegt:



O(0, 0) = O(0, 0) = O(0, 0) , Verabschiedung der Zwillingsbrüder ⎪


R(0, tr ) = R(xr , tr ) = R(xr , tr ) , Umsteigen von Bruder B (230)



Z(xz , tz ) = Z(0, tz ) = Z(xz , tz ) . Zusammentreffen der Zwillinge

25 Die Übereinstimmung von t 


z = tz entsteht rein zufällig aus unserem Beispiel mit u = v .
120 Relativistische Phänomene und Paradoxa

Σ Σ
# ` ` # ` `
` UB ` ` `
-u UB -u

` AAUt`r ` `  `
`
"!-  "!` t
?z ` = tz
x - x
x xz = xr
q r q
Σo
q R qZ
# ` ` # ` `
` t ` ` `
 r Uoxz
` UB ` ` tz` `
"! ` ` "! ` ?
q q -x
xr = 0 xz = v tz

Abb. 41: Der in Σo bei x = 0 befindliche Bruder B steigt zur Σo -Zeit tr in das System
Σ um, das in bezug auf Σo die Geschwindigkeit u besitzt. Das sei das Ereignis R (linke
Bildseite). Um etwas Bestimmtes vor Augen zu haben, nehmen wir für diese Geschwindigkeit u
an, daß Zwilling A in seinem System Σ feststellt, Bruder B kommt mir im System Σ mit der
Geschwindigkeit u = v hinterher. Es gelten dann die Formeln (220) - (229). Für das Ereignis
Z des Zusammentreffens (rechte Bildseite) sind hier nur die Uhr U B von Bruder B und eine
Vergleichsuhr des Systems Σo eingezeichnet. Für v = 0, 8 c , also γv‹ = 0, 6 , folgen mit tz = 30
aus (224) und (229) die Werte tr = 0, 36·15 = 5, 4 , tr = tr (1+v 2 /c2 ) γv2 = 5, 4·1, 64/0, 36 = 24, 6
und tz = tz = 30 . (Die strichpunktierten Linien verbinden dieselben Raum-Zeit-Punkte).

Die Reisezeit von Bruder B setzt sich zusammen aus seiner Verweilzeit tr im System
Σo und der Zeit, die er nach seinem Umsteigen im System Σ verbringt. Nach dem
Umsteigen in das System Σ vergeht für Bruder B dort bis zum Zusammentreffen noch
einmal die Zeit tz − tr , um die der Zeiger auf seiner Uhr U B vorrückt, Abb. 41.
Die Reisezeit tB von Bruder B beträgt daher insgesamt
tB = tr + tz − tr . Reisezeit von Bruder B (231)

Mit (229) und (224) folgt daraus

2 c2 + v 2 c2 − v 2 + 2c2 − c2 − v 2
tB = tr + tr − 2 tr = tr ,
2
γv c −v 2 c2 − v 2
also
tB = 2tr . Reisezeit von Bruder B (232)
Und wegen (227) gilt daher
tB = γv tA , γv < 1 −→ tB < tA . (233)
Der hinterhereilende, oder, aus der Sicht von A , zurückkommende Bruder B ist beim
Zusammentreffen jünger als sein Zwillingsbruder. M. a. W.:
Jünger ist derjenige, der seine Geschwindigkeit geändert hat.
27 Das Zwillingsparadoxon 121

Dies ist wohl bemerkenswert. Das eigentliche Paradoxon entsteht aber nun aus folgender
Argumentation von Bruder B :
’’Auf dem ersten Teil der Reise rückt der Zeiger meiner Uhr U B um tr vor.
Zwilling A entfernt sich von mir mit der Geschwindigkeit v , so daß sich der
Zeiger seiner Uhr wegen der Zeitdilatation dann auf einer Stellung t1 = γv tr
befindet.
Wenn ich in das System Σ umgestiegen bin, kommt er nun mit der Geschwindigkeit
v auf mich zu. Ich halte mich dort in der Zeit tz − tr auf. Um diesen Betrag
rückt der Zeiger meiner Uhr vor, während der Zeiger seiner Uhr U A wieder wegen
der Zeitdilatation mit dem Faktor γv zurückbleiben muß, also nur um t2 = γv (tz − tr )
vorankommt.
Das gibt am Ende für den Zeiger meiner Uhr U B die Stellung
Korrekte Berechnung des Zeigerstandes
tB = tr + tz − tr , (234)
seiner Uhr U B durch Bruder B
während der Zeiger auf seiner Uhr U A beim Zusammentreffen insgesamt auf
Fehlerhafte Berechnung des Zeigerstandes
t1 + t2 = (tr + tz − tr ) γv = tB γv (235)
der Uhr U A durch Bruder B
steht und nicht umgekehrt, wie in Gleichung (233) behauptet.’’
Wo liegt der Fehler?
Wieder sind wir in die Falle der Relativität der Gleichzeitigkeit geraten.
Wir erinnern zunächst an die gemeinsame Anfangsbedingung für alle drei Systeme Σo ,
Σ und Σ , vgl. (10), S. 21. In Σo bewegt sich die Uhr U A gemäß x = v t , und für Σ
haben wir die Geschwindigkeit so gewählt, daß die in Σ ruhende Uhr U A von Σ aus
gemäß x = −v t beobachtet wird,

x = vt, Uhr U A in Σo
(236)
x = −v t . Uhr U A in Σ

Die zum Umsteige-Ereignis R(0, tr ) in Σo gleichzeitige Position der Uhr U A lautet also
xp = v tr . Und die zu demselben Ereignis R(xr , tr ) in Σ gleichzeitige Position der Uhr
U A lautet dann xq = −v tr , also
Zum Umsteige-Ereignis R in Σo gleichzeitige
xp = v tr , (237)
Position der Uhr U A

Zum Umsteige-Ereignis R in Σ gleichzeitige


xq = −v tr . (238)
Position der Uhr U A

Aus der rechten Seite von (223), x = (x + u t )/γu , finden wir unter Verwendung von
(224) und (221) für die Koordinate xq in Σo zur Zeit tr die Position
 
xq + utr u − v  2vc2 1 
xq = = t = −v t
γu γu r c + v2
2 γu r

2vc2 − v 3 − vc2 1  v(c2 − v 2 ) c2 + v 2 


= t = t ,
c2 + v 2 γu r c2 + v 2 c2 − v 2 r
122 Relativistische Phänomene und Paradoxa

Σ
# ` `
` UB `

-u
` AAUt`r `
`
"!- 
x
x
q r
Σo
q R γv tr
# ` ` # ` ` # ` `
` t ` `  ` ` `
 r  - γv tr
` UB ` ` UA ` -v ` UA ` -v
"! ` ` "!` ` "!` `
q -x
xr = 0 xp = vtr xq = vtr

Abb. 42: Die Positionen xp und xq der Uhr U A gemäß (237) und (239) in Σo zum Umsteige-
Ereignis R . (Die strichpunktierten Linien verbinden dieselben Raum-Zeit-Punkte).

also mit (224)


c2 + v 2 Koordinate in Σo der zum Umsteige-Ereignis R
xq = v tr = v tr . (239)
c2 − v 2 in Σ gleichzeitigen Position der Uhr U A
Aus (237) und (239) lesen wir ab26
xp < xq . (240)
Wenn Bruder B das System Σo verläßt, dann hat er für die letzte Zeigerstellung der Uhr
U A seines Zwillings A deren Position xp in Σo genommen. Sobald Bruder B in Σ ist,
nimmt er für die erste Zeigerstellung der Uhr U A deren Position xq in Σo . So kommt er
auf seine Addition t1 + t2 = (tr + tz − tr ) γv = tB γv für die Reisezeit von Zwilling A .
Das Weiterlaufen des Zeigers auf der Uhr U A während deren Bewegung von xp nach xq
hat er übersehen, weil er die Relativität der Gleichzeitigkeit nicht beachtet hat, Abb. 42.
Für die Bewegung der Uhr U A von xp nach xq läuft in Σo eine Zeit Tpq ab gemäß
1 1
Tpq = (xq − xp ) = (v tr − v tr ) = tr − tr .
v v
Und auf der Uhr U A rückt der Zeiger wegen der Zeitdilatation dann um einen Betrag
∆tA = γv Tpq vor,

∆tA = γv (tr − tr ) . (241)

Diesen Betrag hat Bruder B bei seiner Berechnung (235) des Zeigerstandes der Uhr U A
vergessen. Addieren wir die Zeit γv (tr −tr ) auf der rechten Seite von (235), dann kommen
wir in der Tat auf den korrekten Zeigerstand tA des Zwillings A beim Zusammentreffen
in Übereinstimmung mit unseren obigen Berechnungen (228) und (233), denn
γv
tA = t1 + t2 + ∆tA = γv tz = . (242)
tB
Das Paradoxon ist aufgelöst.
26 Wir bemerken, daß die Einfachheit der Formel (239) wieder Folge unseres Beispiels mit u = v ist.
27 Das Zwillingsparadoxon 123

Abschließend wollen wir noch zeigen, daß die ganze Zwillingsgeschichte einen einfachen
algebraischen Grund hat. Dazu verfolgen wir die zwischen Start und Zusammentreffen
der Zwillingsbrüder auf ihren Uhren U B und U A abgelaufenen Zeiten tB und tA vom
Bezugssystem Σo aus. Und wir betrachten hierbei den allgemeinen Fall:
In Σo wird für die Zwillingsgeschichte die Zeit tz gemessen.
Zwilling A befindet sich die ganze Zeit im System Σ , das sich mit der Geschwindigkeit
v in bezug auf Σo bewegt. Wegen der Zeitdilatation gilt also (225),
tA = tz γv . (243)
Bruder B möge bis zu einer Zeit tu in Σo ruhen, so daß der Zeiger seiner Uhr um diese
Zeit tu vorrückt. Wir beobachten nun in Σo , daß Bruder B zur Zeit tu in ein System Σ
umsteigt, welches eine Geschwindigkeit u in bezug auf Σo besitzt. Diese Geschwindigkeit
u sei so gewählt, daß er genau zur Zeit tz seinen Zwillingsbruder A eingeholt hat. Wegen
der Zeitdilatation rückt dann der Zeiger seiner Uhr bis zum Zusammentreffen noch einmal
um (tz − tu ) γu vor und steht also am Ende auf
tB = tu + (tz − tu ) γu . (244)
Wir zeigen nun
tB < tA (245)
für einen beliebigen Umsteigezeitpunkt tu , der nur so gewählt sein muß, daß Bruder B
mit einer Geschwindigkeit u < c zur Zeit tz ankommt.
Vorausgesetzt ist also nur
0<v<u<c . (246)

Derselbe Weg v tz , den Zwilling A in Σo zurücklegt, muß von Bruder B in der Zeit
tz − tu geschafft werden, u (tz − tu ) = v tz , also
u
tz = tu . (247)
u−v

Die behauptete Ungleichung (245) lautet wegen (243), (244) und (247)
 
v u
tB = 1 + γu tu < γv tu = tA . (248)
u−v u−v

Unter Beachtung von (246 ) rechnen wir nach, daß dies mit der Ungleichung zwischen dem
geometrischen und dem arithmetischen Mittelwert beliebiger positiver Geschwindigkeiten
u und v zusammenhängt:
√ u+v
uv < , (249)
2
2uv < u2 + v 2 ,

2c2 uv < c2 (u2 + v 2 ) ,


−u2 c2 − v 2 c2 < −2c2 uv ,
c4 − u2 c2 − v 2 c2 + u2 v 2 < c4 − 2c2 uv + u2 v2 ,
124 Relativistische Phänomene und Paradoxa

(c2 − v 2 )(c2 − u2 ) < (c2 − uv)2 ,


 
v2 u2
c2 1 − 2 1 − 2 < c2 − uv ,
c c
 
v2 u2 2u2 v 2
2uv 1 − 2 1 − 2 < 2uv − ,
c c c2
2u2 v 2
2uvγv γu < 2uv − ,
c2
2u2 v 2
−2uv < − 2 − 2uvγv γu ,
c
u2 v 2 u2 v 2
u2 − 2uv + v 2 < u2 − 2 + v 2 − 2 − 2uvγv γu ,
c c
(u − v)2 < (uγv − vγu )2 ,

u−v < uγv − vγu ,


u − v + v γu u
< γv ,
u−v u−v
v u
1+ γu < γv .
u−v u−v
Dies ist in der Tat die behauptete Zwillingsungleichung (248) bzw. (245). Man sieht, daß
auch im Grenzfall
des spätesten Umsteigens mit u −→ c und γu −→ 0 die Ungleichung
wegen 1 < (c + v)/(c − v) = c γv /(c − v) erfüllt bleibt. Stets gilt

Der nacheilende Bruder B


tB < tA . (250)
ist jünger geblieben.

Jünger bleibt in jedem Fall derjenige Zwillingsbruder, der das Bezugssystem wechselt,
um zurückzukehren oder hinterherzueilen.

Im Anhang, Kap. 32.2, zeigen wir, wie sich das Zwillingsparadoxon gewissermaßen von
selbst erledigt, wenn wir für diese Anwendung in der relativistischen Raum-Zeit eine
absolute Gleichzeitigkeit einführen.
Der mathematische Formalismus der
Speziellen Relativitätstheorie
Mathematische Hilfsmittel werden im Anhang bereit gestellt.

28 Die Lorentz-Gruppe
28.1 Die spezielle Lorentz-Transformation
Die Bedeutung des Einsteinschen Relativitätsprinzips, s. Zitat S. 32, liegt darin, daß hier
Dinge zu einer Einheit zusammengefaßt sind, die in der Natur der Sache liegen, entgegen
unseren klassischen Denkgewohnheiten.
Einstein postuliert im ersten Teil seines Relativitätsprinzips die Äquivalenz der Inertialsys-
teme sowohl für die Elektrodynamik als auch für die Mechanik. Und im zweiten Teil wird
durch das Postulat von der universellen Konstanz der Lichtgeschwindigkeit zugleich jene
Definition der Gleichzeitigkeit ausgezeichnet, die wir mit dem Lorentzschen Synchronpa-
rameter (73) eingeführt haben, durch welche die Koordinaten-Transformationen zwischen
den Inertialsystemen dann eine Gruppe A bilsen, die allgemeine Lorentz-Gruppe, wie
wir sehen werden.
Im Inertialsystem Σo mit den Raum-Zeit-Koordinaten (x, y, z, t) betrachten wir die
d’Alembertsche Wellengleichung für eine skalare Funktion f = f (x, y, z, t) ,

1 ∂2f ∂2f ∂2f ∂2f D’Alembertsche


− − 2 − 2 =0 , (251)
2
c ∂t2 ∂x 2 ∂y ∂z Wellengleichung

bzw., indem wir der Einfachheit halber zwei Raumdimensionen unterdrücken,

1 ∂ 2 f (x, t) ∂ 2 f (x, t)
− =0 . (252)
c2 ∂t2 ∂x2

Die allgemeine Lösung f (x, t) = f (x − ct) bzw. f (x, t) = f (x + ct) beschreibt die
Ausbreitung eines ebenen Wellensignals in positiver bzw. negativer x-Richtung mit der
Lichtgeschwindigkeit c .
Das System Σ mit den Koordinaten (x , y  , z  , t ) habe in x-Richtung die Geschwindigkeit
v in bezug auf Σo . Hängen die gestrichenen Koordinaten mit den ungestrichenen über
die Galilei-Transformation (48) zusammen, dann folgt aus
f = f (x − ct) = f (x + vt − ct ) = f [x − (c − v)t ] ,
daß dasselbe Lichtsignal, von Σ aus beobachtet, der Gleichung

1 ∂2f ∂ 2f
− =0 (253)
(c − v) ∂t
2  2
∂x 2
genügt und sich folglich mit der Geschwindigkeit (c−v) ausbreitet, im Widerspruch zu dem
Prinzip einer universellen Konstanz der Lichtgeschwindigkeit. Die Galilei-Transformation
(48) taugt also nicht für Einsteins Relativitätsprinzip, wie wir bereits wissen.
126 Der mathematische Formalismus der Speziellen Relativitätstheorie

Gesucht sind daher solche Transformationen, die in allen Inertialsystemen auf dieselbe
Wellengleichung (251) bzw. (252) führen, die Wellengleichung also invariant lassen.
H. Minkowski erkannte, daß das Postulat einer Invarianz der Lichtgeschwindigkeit
unabhängig von der Elektrodynamik als ein reines Raum-Zeit-Problem mathematisch
formuliert werden kann.27 Ausgehend von einem inertialen Bezugssystem, wird dabei der
dreidimensionale Raum mit der Zeit zu einem vierdimensionalen Raum zusammengefaßt.
Ein Punkt P in diesem Raum hat also vier Koordinaten und bedeutet ein Ereignis E
am Ort (x, y, z) zur Zeit t . Damit auch die zusätzliche vierte Koordinate die Dimension
einer Länge hat, nimmt man nicht t sondern c t .
In diesem vierdimensionalen Raum wird nun für ein Ereignis E(c t, x, y, z, ) in bezug auf
den Koordinatenursprung O(0, 0, 0, 0) eine Größe s2 definiert gemäß

s2 := c2 t2 − x2 − y 2 − z 2 (254)

bzw. für zwei beliebige Ereignisse E(c t, x, y, z, ) und F (c(t + ∆t), x + ∆x, y + ∆y, z + ∆z)

∆s2 := c2 ∆t2 − ∆x2 − ∆y 2 − ∆z 2 . (255)

Für ∆x = ∆y = ∆z = 0 , ist ∆s2 gleich dem Quadrat der von einem Lichtsignal in
der Zeit ∆t zurückgelegten Entfernung, und für ∆t = 0 ist ∆s2 gleich dem mit (−1)
multiplizierten Quadrat des dreidimensionalen euklidischen Abstandes.
Aus mathematischen Gründen ist es sinnvoll, die Koordinaten durchzunumerieren,

c t, x, y, z ≡ x0 , x1 , x2 , x3 . (256)

Mit dem in (299) definierten metrischen Tensor η mit den Elementen ηik , vgl. auch (631) ,

ηik = η ik mit η00 = 1, η11 = η22 = η33 = −1 und Null sonst , (257)

führen wir für ∆s2 bzw. ds2 bei infinitesimal benachbarten Punkten die kovariante
Schreibweise ein und nennen diese Größe das Linienelement,

∆s2 = ηik ∆xi ∆xk , Linienelement
(258)
2 i
ds = ηik dx dx . k Kovariante Schreibweise

Dabei ist die Einsteinsche Summenkonvention verwendet, bei der über gleiche Indizes
summiert wird. Hier durchlaufen die Indizes also die Werte 0, 1, 2, 3, s. auch Anhang,
Kap. 36.1, S. 240
Aus der Definition (255) folgt:

Das Linienelement kann sowohl negative als auch positive Werte annehmen
oder Null werden, ohne daß die beiden Ereignisse zusammenfallen.

27 Wir haben dies, gegründet auf die Aussagen von Präzisionsexperimenten, mit einer elementaren

Prozedur in den Kapiteln 10-14 getan.


28 Die Lorentz-Gruppe 127

Man sagt dafür, die Ereignisse liegen zeitartig, raumartig oder lichtartig zueinander:

Zwei Ereignisse raumartig < 0


2 i k
E(xi ) und F (xi + ∆xi ) zeitartig , wenn ∆s = ηik ∆x ∆x > 0 . (259)
liegen zueinander lichtartig = 0

Damit ist der Minkowski-Raum eingeführt, der gemäß (259) eine indefinite Metrik besitzt.
Man spricht dabei von der Signatur (+, −, −, −) des Minkowski-Raumes.28
Wir verwenden im folgenden noch den sog. Laplaceschen-Operator  , vgl. auch (673),
gemäß

∂2 ∂2 ∂2
 := 2
+ 2+ 2 (260)
∂x ∂y ∂z

sowie den d’Alembertschen Wellenoperator  , vgl. auch (674), gemäß

1 ∂2 ∂2 ∂2 ∂2
 := − − − . (261)
c2 ∂t2 ∂x2 ∂y 2 ∂z 2

Die Wellengleichung (251) lautet damit in ihrer kovarianten Schreibweise

∂ ∂ D’Alembertsche Wellengleichung
η ik f (xr ) = f =0 . Kovariante Schreibweise
(262)
∂xi ∂xk

Der Übergang von einem Inertialsystem Σo mit den Koordinaten (x0 , x1 , x2 , x3 ) zu einem
   
anderen Σ mit den Koordinaten (x0 , x1 , x2 , x3 ) ist eine Koordinaten-Transformation
 
xi = xi (xi ) im Minkowski-Raum.
H. Minkowski bemerkte nun, daß diejenigen Transformationen (9), S. 21, welche die
Wellengleichung invariant lassen, identisch sind mit den Transformationen, die auch die
mathematische Form des Linienelementes erhalten.29
28 Der Minkowski-Raum ist eine physikalisch höchst bedeutsame, abstrakte mathematische Konstruk-

tion, die außerhalb unserer Anschauung liegt. Dies betrifft sowohl seine Vierdimensionalität als auch seine
indefinite Metrik. Bei allen Illustrationen zu Sachverhalten in diesem Raum sollte man das nicht vergessen.
Damit hängt es auch zusammen, daß unterschiedliche, aber vollkommen gleichwertige Definitionen für
den Minkowski-Raum verbreitet sind, die alle ihre Vor- und Nachteile haben und sich leicht ineinander
umrechnen lassen. Bei der hier gewählten Signatur (+, −, −, −) hat das invariante Linienelement eine
unmittelbare Bedeutung. Es ist ds = c dτ , wobei dτ die Eigenzeit einer von E nach F bewegten Uhr
ist, s. Kap. 29. Eine andere, in der Literatur gebräuchliche Signatur ist (−, +, +, +) sowie ferner, wenn
man die Zeit als vierte Koordinate zuletzt schreibt, (+, +, +, −) und (−, −, −, +) . Die letzte Signatur
unterscheidet sich also von unserer nur in der Zählweise. In der kovarianten Darstellung der Elektro-
dynamik ist darauf aber durchaus achtzugeben. Wir werden unten sehen, daß auch die Einführung einer
imaginären vierten Koordinate gemäß (276) formal hilfreich sein kann. Für den Übergang zur Allgemeinen
Relativitätstheorie ist diese Konstruktion aber völlig ungeeignet und wird deswegen nicht mehr verwendet.
29 Dies hat Einstein[2] bereits 1905 in einer Fußnote zu seiner berühmten Arbeit angeregt.
128 Der mathematische Formalismus der Speziellen Relativitätstheorie

Das axiomatische Prinzip zur Begründung der Speziellen Relativitätstheorie nach


H. Minkowski lautet:

 
Gesucht sind diejenigen Transformationen xi = xi (xi ) , die das Linienelement
forminvariant lassen:

 
ηik dxi dxk = ηi k dxi dxk . Minkowskis Postulat (263)

Der Tensor ηik muß bei diesen Transformationen also numerisch invariant sein. D.h.,
gesucht sind solche Transformationen (9), S. 21, bei denen mit (257) auch gilt, daß
 
ηi k = η i k mit η0 0 = 1, η1 1 = η2 2 = η3 3 = −1 und Null sonst . (264)
 
Wenn wir diese Transformationen xi = xi (xi ) gefunden haben, die (263) erfüllen,
dann rechnet man leicht nach, daß mit diesen Transformationen aus der Gültigkeit der
Wellengleichung (262) in Σo auch deren Gültigkeit in Σ folgt,

  ∂ ∂  r r 
ηi k f x (x ) = 0 . (265)
∂x ∂xk
i 

Wir beschränken uns auf solche Transformationen, die die Anfangsbedingung (10) erfüllen.
Alle Inertialsysteme sollen also den Koordinatenursprung O(0, 0, 0, 0) gemeinsam haben.
Wir zeigen zunächst, daß die Transformationen, die (263) erfüllen, linear sind.
Indem wir auf der rechten Seite von (263) die gesuchte Transformation einsetzen, also
 
i∂xi k ∂xk
dx = dxi , dx = dxk ,
∂xi ∂xk

folgt
 
∂xi ∂xk
ηik dxi dxk = ηi k dxi dxk
∂xi ∂xk

und damit bei beliebigen dxi und dxk


 
∂xi ∂xk
ηik = ηi k . (266)
∂xi ∂xk

Wir differenzieren (263) nach xj , also


   

∂xi ∂ 2 xk ∂ 2 xi ∂xk
0 = ηi k + . (267)
∂xi ∂xj ∂xk ∂xj ∂xi ∂xk

Diese Gleichung schreiben wir noch zweimal bei zyklischer Vertauschung der Indizes i, j, k
auf,
28 Die Lorentz-Gruppe 129

   

∂xi ∂ 2 xk ∂ 2 xi ∂xk
0 = ηi k + , (268)
∂xj ∂xk ∂x i ∂xk ∂x j ∂xi 
i 2 k 2 i k
∂x ∂ x ∂ x ∂x
0 = ηi k + k j , (268)
∂xj ∂xk ∂x i ∂x ∂x ∂xi 
i 2 k 2 i k
∂x ∂ x ∂ x ∂x
0 = ηi k + i k . (269)
∂xk ∂xi ∂xj ∂x ∂x ∂xj 
∂xi ∂ 2 xk ∂ 2 xi ∂xk
0 = ηi k k i j
+ i ∂xk ∂xj
. (269)
Wir addieren ∂x die ∂x letzten
∂x ∂x
beiden Gleichungen und subtrahieren davon (267) mit dem
Ergebnis
Wir addieren die letzten beiden Gleichungen  und subtrahieren davon (267) mit dem
   
Ergebnis ∂xi ∂ 2 xk ∂ 2 xi ∂xk
0 = ηi k + . (270)
∂xj ∂xk ∂x i ∂xi ∂xk ∂xj 
i 2 k 2 i k
∂x ∂ x ∂ x ∂x
0=η  + i k . (270)
Da ηii kk für∂x j ∂xk ∂xi
verschiedene Indizes ∂xj
∂x ∂x verschwindet, stimmen die beiden Terme in der Klammer
von (267) überein, so daß
Da ηi k für verschiedene Indizes verschwindet, stimmen die beiden Terme in der Klammer
i 2 k
∂x
(267) ∂überein,
x
ηvon

ik  = so
0 . daß (271)
∂xj ∂xi ∂xk
∂xi ∂ 2 xk
ηi k multiplizieren =0. j l (271)
Wir ∂xj ∂xi ∂xk (271) mit ∂x /∂x und summieren über j . Nun ist
 
∂xi multiplizieren
Wir ∂xj ∂xi (271) mit ∂xj /∂xl und summieren über j . Nun ist
 = .
j
∂x  ∂x l ∂xl
∂xi ∂xj ∂xi
Da die  =
Koordinaten . unseres Raumes unabhängig voneinander sind, verschwindet ∂xi /∂xl
∂x ∂x  ∂xl
j l
für i = l und ist gleich 1 für i = l . Mit dem Kronecker-Symbol δki , das bei gleichen
 
Indizes
Da die Koordinaten
den Wert 1 hat unseres
und sonst
Raumes Nullunabhängig
ist, s. Kap.voneinander
36.1, S. 240ff.,
sind,
finden
verschwindet
wir also aus∂xi(271),
/∂xl
für i =i l und j
ist kgleich
 1 für i =2 lk. Mit dem Kronecker  -Symbol 2 δkil , das bei gleichen
Indizes∂x den ∂xWert ∂2x 1 hat und i ∂
sonst Nullx ist, s. Kap.∂ 236.1, xk S. 240ff., finden ∂ x wir also aus (271),
ηi k j l  i k
= ηi k δl i k
= ηl k i k
= 0 −→ =0, (272)
∂x  ∂x ∂x ∂x ∂x ∂x ∂x ∂x ∂xi ∂x k
i j 2 k 2 k 2 k 2 l
∂x ∂x ∂ x  ∂ x ∂ x ∂ x
ηi k auch
weil ηilk ∂x
nuri ∂xfür
= ηi k δliIndizes
k gleiche
= Null
ηl k verschieden −→
= 0 ist. =0, (272)
∂xi ∂xvon

∂xj ∂x k ∂xi ∂xk ∂xi ∂xk
Die zweiten Ableitungen verschwinden. Die gesuchten Transformationen sind linear.
weil auch
Wir suchen ηi knun
 nur für gleiche
zunächst dieIndizes
speziellenvon Transformationen,
Null verschieden ist.welche die y- und die z-
Die zweiten unverändert
Koordinate Ableitungen lassen, also y  Die
verschwinden. , z  = z . Transformationen
= ygesuchten Dann nimmt dassind linear. sche
Minkowski
2 2
Postulat
Wir suchen (263) nun Form c tdie− speziellen
diezunächst 2 2 2
− x2 an, wobei wirwelche
x = c t Transformationen, wiederdiect y-undundx für
die xz-0
 
und
Koordinate1
x schreiben. unverändert Diese lassen,
Gleichung alsomultiplizieren
y = y , z =wir z .noch
Dann −1 , das Minkowskische
mitnimmt
2 2 2
Postulat (263) 2
die Form
2 2
c2 2
t − x 2
= c t − x an, wobei wir wieder ct und x für x0
x 2
− c 1t = x − c t
2 2
.
und x schreiben. Diese Gleichung multiplizieren wir noch mit −1 , (273)

Um
x2 −die
c2 t2linearen
= x2 −Transformationen
c2 t2 . x = a · x + b · t , t = c · x + d · t herauszufinden, die
(273)
der Gleichung (273) genügen, erinnern wir uns an die ebene Geometrie.

In
Umkartesischen
die linearenKoordinaten
Transformationen = a·x+
wird dasxQuadrat · t , t = c · rx eines
desb Abstandes + d · Punktes
t herauszufinden,
P (x, y) vom
die
Koordinatenursprung
der Gleichung (273) genügen,
O(0, 0) erinnern
durch den wirSatz
uns des
an die berechnet, r2 = x2 + y 2 .
ebene Geometrie.
Pythagoras
Bei
In kartesischen
einer Drehung Koordinaten
der Koordinatenachsen
wird das Quadratindes derAbstandes
x-y-Ebene r eines
um denPunktes
Winkel
P (x,
α y)bleibt
vom
 
diese
Koordinatenursprung
Formel für den Abstand
O(0, 0) des
durch
Punktes
den Satz
P (xdes
, y Pythagoras
) = P (x, y) vom berechnet, r2 = x2 + y 2 .
Koordinatenursprung
Bei einer Drehung der Koordinatenachsen in der x-y-Ebene um den Winkel α bleibt
erhalten,
diese Formel für den Abstand des Punktes P (x , y  ) = P (x, y) vom Koordinatenursprung
erhalten,
130 Der mathematische Formalismus der Speziellen Relativitätstheorie

x2 + y 2 = x2 + y 2 , (274)

und die neuen kartesischen Koordinaten (x , y  ) des Punktes P berechnen sich aus dessen
x2 + y 2 = x2 + y 2 , (274)
alten kartesischen Koordinaten (x, y) gemäß
und 
die neuen kartesischen Koordinaten (x , y  ) des Punktes P berechnen sich aus dessen
x = x cos α + y sin α ,
alten kartesischen Koordinaten (x, y) gemäß (275)
y  = − x sin α + y cos α .

x = x cos α + y sin α ,
Die (275)
y  =Gleichung
− x sin α +(274)
y cosunterscheidet
α . sich von dem Minkowskischen Postulat (273) nur um
das Vorzeichen im jeweils zweiten Summanden. Wir heben diesen Unterschied formal
durch
Die die Einführung
Gleichung einer imaginären
(274) unterscheidet sich Koordinate
von dem Minkowskiτ auf, schen Postulat (273) nur um
das Vorzeichen im jeweils zweiten Summanden. Wir heben diesen Unterschied formal
τ := ict , i2 = −1 . (276)
durch die Einführung einer imaginären Koordinate τ auf,
Dann hat (273) dieselbe mathematische Form wie (274),
τ := ict , i2 = −1 . (276)
x2 + τ 2 = x2 + τ 2 , (277)
Dann hat (273) dieselbe mathematische Form wie (274),
so daß auch die Transformationsformeln, die (277) erfüllen, dieselbe mathematische Form
x2 + τ 2 = x2 + τ 2 , (277)
haben müssen wie (275),

so daß auch die Transformationsformeln, die (277) erfüllen, dieselbe mathematische Form
x = x cos α + τ sin α ,
haben müssen wie (275), (278)
τ  = − x sin α + τ cos α .

x = x cos α + τ sin α ,
(278) ist also zunächst die gesuchte Lösung von (277). Da x und x reell, aber τ (278) und
τ  = − x sin α + τ cos α .
τ  imaginär sind, muß cos α reell und sin α imaginär sein, was durch einen imaginären
Winkelistαalso
(278) = iϕzunächst
geleistetdiewird. WegenLösung
gesuchte von (277). Da x und x reell, aber τ und
der Gleichungen

τ imaginär sind, muß cos α reell und sin α imaginär sein, was durch einen imaginären
cos α = cos(iϕ) = cosh ϕ , sin α = sin(iϕ) = i sinh ϕ
Winkel α = iϕ geleistet wird. Wegen der Gleichungen
zwischen den trigonometrischen und den hyperbolischen Winkelfunktionen folgt dann
cos α = cos(iϕ) = cosh ϕ , sin α = sin(iϕ) = i sinh ϕ
aus (278), indem wir für τ wieder ict einsetzen und die imaginäre Einheit i herauskürzen,
zwischen den ϕtrigonometrischen  und den hyperbolischen Winkelfunktionen folgt dann
x = x cosh − ct sinh ϕ ,
aus (278), (279)
ct = − x indem
sinh ϕ +wirctfür τ wieder
cosh ϕ . ict einsetzen und die imaginäre Einheit i herauskürzen,

x = x cosh ϕ − ct sinh ϕ ,
Unter Beachtung von cosh2 ϕ − sinh2 ϕ = 1 verifiziert man leicht, daß (279) tatsächlich (279)
ct = − x sinh ϕ + ct cosh ϕ .
die mathematische Lösung des Transformationsproblems (273) ist. Mit etwas Geschick
hätte man
Unter diese Lösung
Beachtung von cosh natürlich
2 auch
ϕ − sinh 2 gleich erraten können.
ϕ = 1 verifiziert man leicht, daß (279) tatsächlich
Um mathematische
die die physikalischeLösung
Aussage desder Gleichung (279) zu verstehen,
Transformationsproblems ersetzen
(273) ist. Mit wir denGeschick
etwas von uns
noch nicht
hätte verstandenen
man diese Parameter
Lösung natürlich auchϕ gemäß
gleich erraten können.
v
Um die physikalische Aussage der Gleichung (279) zu verstehen, ersetzen wir den von uns
tanh ϕ := (280)
noch nicht cverstandenen Parameter ϕ gemäß
durchϕeinen v
tanh := ebenfalls noch nicht interpretierten Parameter v . Wegen (280)
c
1 tanh ϕ
durch = ebenfalls2 noch
cosh ϕ einen , nicht =
sinh ϕinterpretierten Parameter v . Wegen (281)
1 − tanh ϕ 1 − tanh2 ϕ
1 tanh ϕ
cosh =
wird ϕdann , sinh ϕ = (281)
1 − tanh2 ϕ 1 − tanh2 ϕ

wird dann
28 Die Lorentz-Gruppe 131

1 v/c
cosh ϕ = , sinh ϕ = , (282)
1 − v 2 /c2 1 − v2 /c2
1 v/c
cosh ϕ = , sinh ϕ = , (282)
1 − v 2aus
und wir erhalten /c2 (279) 1 − v 2 /c2

und x − vt t − xv/c2
x 
= wir
erhalten aus , (279) t = . (283)
1 − v /c2 2 1 − v 2 /c2
x − vt t − xv/c2
x =Interpretation
Die t =
, des Parameters . nun aus der Forderung, daß diese Transforma- (283)
1 − v 2 /c2 1 − vv2 /cfolgt
2
tionsformeln im Grenzfall c −→ ∞ in die Galilei-Transformation (48) übergehen müssen.
Damit sehen wir sofort,
Die Interpretation daß v die vGeschwindigkeit
des Parameters folgt nun aus der desForderung,
Inertialsystems Σ in
daß diese bezug auf
Transforma-
Σ o ist.
tionsformeln im Grenzfall c −→ ∞ in die Galilei-Transformation (48) übergehen müssen.
Unser
Damit Problem
sehen wirist gelöst.
sofort, daß Die v die Gleichungen (283) des
Geschwindigkeit sindInertialsystems
genau die speziellen Σ in bezug auf-
Lorentz
Transformationen
Σo ist. (75), die das Linienelement (273) oder die Wellengleichung (252)
invariant
Unser Problem lassen. ist
Dergelöst.
Parameter Die vGleichungen
ist die Geschwindigkeit
(283) sind genau des Systems Σ in x-Richtung
die speziellen Lorentz-
   
von Σ ,
Transformationen
o wobei die x -, y -, z -Achsen von Σ parallel
(75), die das Linienelement (273) oder die Wellengleichung bleiben zu den x-, y-, z-Achsen
(252)
von Σo . lassen. Der Parameter v ist die Geschwindigkeit des Systems Σ in x-Richtung
invariant
Aus
von derΣo Geometrie
, wobei dieder x -,Ebene
y  -, zoder

-Achsen von Σ parallel
des Raumes wissen wir, daß zu
bleiben es genau
den x-, diey-,Drehungen
z-Achsen
der
von kartesischen
Σo . Koordinatensysteme sind, d.h. die orthogonalen Transformationen,
die
Aus dieder Gleichung
Geometrie (274) der Ebene bzw. oder x2 des 2
+ yRaumes + z2 = x2 +wir,
wissen y 2 daß 2
+ zes erfüllen.
genau In Anleh-
die Drehungen
nung daran bezeichnet
der kartesischen man die Transformationen,
Koordinatensysteme sind, d.h. die orthogonalenwelche die Form des Linien-
Transformationen,
elementes
die die Gleichung (254) erhalten,
(274) bzw. also xdie 2
+ Gleichung
y 2 + z 2 =(263) x2 +erfüllen,
y 2 + z 2alserfüllen.
pseudoorthogonale
In Anleh-
Transformationen bzw. Pseudorotationen.
nung daran bezeichnet man die Transformationen, welche die Form Die spezielle Lorentz -Transformation
des Linien-
(283)
elementes ist (254)
also eineerhalten, spezielle also Pseudorotation,
die Gleichung (263) nämlich in der
erfüllen, x0 -x1 -Ebene des
als pseudoorthogonale
Transformationen
Minkowski -Raumes.bzw. Als Pseudorotationen.
Tensorgleichung im Die spezielle-Raum
Minkowski Lorentz schreiben wir für
-Transformation
(283),
(283) indem ist also wir auch
eine noch die leicht
spezielle verifizierbare Umkehrung
Pseudorotation, nämlich innotieren,der x0 -x1 -Ebene des
Minkowski-Raumes. Als Tensorgleichung im Minkowski-Raum schreiben wir für
⎛ 0 ⎞ ⎛ 1 −β ⎞ ⎛ 0 ⎞ ⎫
(283),
x indem wir auch noch 0 0 die leicht xverifizierbare Umkehrung ⎪
⎪notieren,
⎜ 1 ⎟ ⎜
γ γ
⎟ ⎜ 1 ⎟ ⎪

⎜ ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ ⎟ ⎪


⎛ x
⎜ x0 ⎟  ⎞ ⎛ −β
⎜ γ1 −β
1
0 0 ⎞
⎟ ⎛
⎜ x ⎞ ⎪

γ 0 ⎟ ⎪

⎜  ⎟ =⎜ γ 0 0 ⎟ ⎜ x ⎟ , ⎪

⎜ x2  ⎟ ⎜ 0 0 1 0⎟
γ
⎜ x2 ⎟ ⎪

⎝⎜ x1 ⎠ ⎟ ⎝⎜ −β 1
0 0⎠ ⎟ ⎝ ⎜ 1 ⎠ ⎟ ⎪

⎜ 3 ⎟ ⎜ γ γ ⎟ ⎜ x3 ⎟ ⎪

⎜ x  ⎟ = ⎜ 0 0 0 1 ⎟ ⎜ x2 ⎟ , ⎪

⎪ Spezielle
⎜ x2 ⎟ ⎜ 0 ⎟ ⎜ ⎟ γ = 1 − β 2 , ⎪
⎝ ⎠ ⎝ 0 1 0 ⎠ ⎝ x ⎠ ⎪
⎪ Lorentz-
⎛ 0 ⎞ ⎛ 1 ⎞ ⎛ 03 ⎞ ⎪

(284)
x3 0 β
0 0 1 x β := v
. ⎪

⎬ Transformation
γ γ 0 0 γ = 1−β , ⎪
c 2


Spezielle
⎜ 1 ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ 1 ⎟ ⎪
⎪ Lorentz- (284)
⎜⎛ x ⎟⎞ ⎜⎛ β 1
0 0⎟ ⎜ 0 ⎟⎟
⎞ ⎜
⎛ x ⎟
⎞ ⎪

⎜ x0 ⎟ ⎜ γ1 β
γ x

β := v
. ⎪
⎪ Transformation
⎜ 2 ⎟ =⎜ γ 0 0 ⎟ ⎜  ⎟, c ⎪

⎜ x ⎟ ⎜ 0 0 1 0⎟
γ
⎜ x2  ⎟ ⎪

⎝⎜ x1 ⎠ ⎟ ⎝⎜ β 1
0 0 ⎠
⎟ ⎝
⎜ x 1 ⎠ ⎟ ⎪

⎜ 3 ⎟ ⎜ γ γ ⎟ ⎜ ⎟ ⎪


⎜ x2 ⎟ = ⎜ 0 0 0 1 ⎟ ⎜ x  ⎟, 3


⎜ x ⎟ ⎜ 0 0 1 0 ⎟ ⎜ x 2 ⎟ ⎪

⎝ ⎠ ⎝ ⎠ ⎝ ⎠ ⎪

3  ⎪

Die xEinsteinsche0Summenkonvention
0 0 1 3
macht
x daraus
  
xi
Die=Einstein ←→Summenkonvention
Lii xi sche xi = Lii xi macht daraus (285)

i i 
mit
xi =den

Lii Matrizen

xi ←→ Li xund
i
= LLiiixigemäß (284). (285)

mit den Matrizen Lii und Lii gemäß (284).
132 Der mathematische Formalismus der Speziellen Relativitätstheorie

28.2 Die allgemeine Lorentz-Transformation


Wenn wir das Inertialsystem nicht verlassen und nur die orthogonalen x-, y-, z-Achsen

drehen, dann ist dx0 = dx0 , und die Bedingung (263) der Pseudoorthogonalität im
vierdimensionalen Minkowski-Raum wird identisch mit der gewöhnlichen Orthogonalität
in unserem dreidimensionalen Raum. Mit der allgemeinen Drehung im dreidimensionalen
euklidischen Raum erhalten wir also einen weiteren Spezialfall der Pseudorotationen D
des Minkowski-Raumes,
⎛  ⎞ ⎛ ⎞⎛ ⎞ ⎫
x0 1 0 0 0 x0 ⎪

⎜ 1 ⎟ ⎜  ⎟ ⎪
⎜ x ⎟ ⎜ 0 D11 D21 D31 ⎟ ⎜ 1 ⎟ ⎪
x ⎟ ⎪
 
⎜ ⎪

⎜  ⎟=⎜ ⎟ ⎪
⎜ x2 ⎟ ⎜ 0 D2 D2 D2 ⎟ ⎜ ⎝ x 2 ⎟



⎝ ⎠ ⎝ 1 2 3 ⎠ Allgemeine
    (286)
x3 0 D13 D23 D33 x3 ⎪
⎪ Drehung





3 ⎪

mit ν ν
Dν Dµ = δνµ . ⎪

ν  =1
Für die Matrixmultiplikation schreiben wir auch kürzer
 
xν = Dνν xν . (287)
Die allgemeine Lorentz-Transformation bei festgehaltenem Koordinatenursprung
O(0, 0, 0, 0) schreiben wir als eine Matrix A gemäß
⎛  ⎞ ⎛     ⎞⎛ ⎞
x0 A00 A01 A02 A03 x0
⎜ 1 ⎟ ⎜ 1    ⎟⎜ 1 ⎟
⎜ x ⎟ ⎜ A0 A11 A12 A13 ⎟⎜ x ⎟
⎜  ⎟=⎜ ⎟⎜
⎜ x2 ⎟ ⎜ A1 A21
 
A22

A23 ⎟ ⎝ x2 ⎟

(288)
⎝ ⎠ ⎝ 0 ⎠
    
x3 A10 A31 A32 A33 x3

bzw. kürzer
 
xi = Aii xi . (289)
 
Setzen wir diese Matrix A in die Invarianz des Linienelementes ηik xi xk = ηik xi xk ein,
 
also ηik xi xk = ηik Aii xi Aki xk , so erhalten wir für A die Bedingung der Pseudoorthogo-
nalität,
 
Aii Ajk ηi j  = ηik . Pseudoorthogonalität (290)

Gemäß (290) erhält man die zu A inverse Matrix, indem man Zeilen und Spalten ver-
tauscht und zusätzlich die Matrixelemete, die genau einen Index ’0’ haben, mit (−1)
multipliziert. Die 16 Komponenten einer pseudoorthogonalen Matrix A sind den 10
Bedingungen der symmetrischen Gleichung (290) unterworfen. Folglich hat die allgemeine
Lorentz-Transformation A bei festgehaltenem Koordinatenursprung 6 unabhängige Pa-
rameter. Davon werden drei Parameter durch die allgemeine Drehmatrix des dreidimen-
sionalen Raumes geliefert, z.B. durch die Eulerschen Winkel, und drei weitere durch die
drei unabhängigen Komponenten der Geschwindigkeit v = (v1 , v2 , v3 ) , mit der sich ein
Inertialsystem in bezug auf ein anderes bewegen kann.
28 Die Lorentz-Gruppe 133

Die räumliche Drehung (275) in der x-y-Ebene, die Drehung um die z-Achse, bezeichnen
wir mit D3 , entsprechend die Drehungen um die x- bzw. y-Achse mit D1 bzw. D2 .
Die speziellen Lorentz-Transformationen, bei denen sich ein Inertialsystem mit den
Geschwindigkeiten v1 , v2 oder v3 in x-, y- oder z-Richtung bewegt, bezeichnen wir mit
L1 , L2 bzw. L3 . Die entsprechenden Matrizen lauten im einzelnen

0 1 0 1 9
1 0 0 0 1 0 0 0 >
>
B 0 C B 0 C >>
B 1 0 0 C B cos α2 0 − sin α2 C >>
D1 = B C , D2 = B C, >
>
@ 0 0 cos α1 sin α1 A @ 0 0 1 0 A >>
>
>
>
>
0 0 − sin α1 cos α1 0 sin α2 0 cos α2 >
>
>
>
>
>
>
>
>
>
0 1 0 1 −β1 1 >
>
1 0 0 0 0 0 >
>
B
γ1 γ1
C >
>
B 0 >
B cos α3 sin α3 0 C
C B −β1 1
0 0 C =
D3 = B C, L1 = B
B
γ1 γ1 C,
C (291)
@ 0 − sin α3 cos α3 0 A @ 0 0 1 0 A >
>
>
>
0 0 0 1 >
>
0 0 0 1 >
>
>
>
>
>
>
>
0 1 0 1 >
>
1
0 −β2
0 1
0 0 −β3 >
>
γ2 γ2 γ3 γ3 >
>
B C B C >
>
B 0 1 0 0 C B 0 1 0 0 C >
>
L2 = B
B
C, L3 = B C . >
>
@
−β2
γ2
0 1
γ2
0 C
A
B
@ 0 0 1 0 C
A
>
>
>
>
−β3 1 >
;
0 0 0 1 γ3
0 0 γ3

Wir benutzen folgende Bezeichnungen, wenn eine beliebig gerichtete Geschwindigkeit


v = (v1 , v2 , v3 ) auftritt,

v1
γ1 = 1 − β12 , β1 = ,
c
γ= 1 − β2 ,
v2
γ2 = 1− β22 , β2 = , (292)
c
β= β12 + β22 + β32 .
v3
γ3 = 1 − β32 , β3 = ,
c

Die Größen (l1 , l2 , l3 , l4 , l5 , l6 ) := (α1 , α2 , α3 , β1 , β2 , β3 ) sind die 6 unabhängigen


Parameter der allgemeinen Lorentz-Transformation A . Jede Matrix A kann in ein Pro-
dukt aus diesen Matrizen zerlegt werden. Dabei ist zu beachten, daß diese Matrizen nicht
vertauschbar sind. Es ist ein Unterschied, ob man z.B. erst die Achsen mit der Matrix D3
dreht und dann die spezielle Lorentz-Transformation L1 ausführt oder umgekehrt. Wir
werden darauf zurückkommen.
Nur für infinitesimale Transformationen, wenn man alle nichtlinearen Terme in den Pa-
rametern der Lorentz-Transformationen vernachlässigt, spielt die Reihenfolge keine Rolle
mehr.
Mit Hilfe der Einheitsmatrix 1 und der 6 fundamentalen Matrizen a1 , a2 , a3 , b1 , b2 , b3 ,
134 Der mathematische Formalismus der Speziellen Relativitätstheorie

0 1 0 1 0 1 9
0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 >
>
>
>
B C B C B −1 C >
>
B 0 0 0 0 1C B 0 0 0 C
1 1 B 0 0 C
0 1 9
>
a1 = 0
B 0 0 0 0 C , a2 = 0
B 0 0 0 0 C , a3 = 0
B 0 0 0 0 C , >
>
@ 0 0 0 −1 A @ 0 0 0 0 A @ 0 1 0 0 A >
>
B >
B 0 C B 1 C B −1 0 C >
>
0 C B 0 C B 0 C
0 0 0 0 0 0 0 0 >
a1 = B 0 0 1 C, a2 = B 0 −1 0 C, a3 = B 0 0 0 C, >
=
>
@ 0 0 0 −1 A @ 0 0 0 0 A @ 0 1 0 0 A >
>
>
> (293)
0 1 0 >
00 01 10 00 00 −1
0 10 0 01 0 00 00 00 1 01 >
>
=
>
>
>
B C B C B C >
> (293)
B 1 0 0 0 1C B 0 0 0 0 C B 0 0 0 0 C >
b1 = 0
B 0 1 0 0 C , b2 = 0
B 0 0 1 0
1
C, b3 = 0
B 0 0 0 1
1
C, >
>
>
@ 0 0 0 0 A @ 1 0 0 0 A @ 0 0 0 0 A >
>
B C B C B C >
>
;
B 1
0
0
0
0
0
0 C
0 C, B 0
0
0
0
0
0
0
0 C B 0
1
0
0
0
0
0
0 C >
>
b1 = B b2 = B C, b3 = B C, >
>
@ 0 0 0 0 A @ 1 0 0 0 A @ 0 0 0 0 A >
>
>
>
;
definiert 0 man 0 0mit0 den 6 Parametern
0 0 0(α10, α2 , α3 , β1 , 1β2 ,0 β30) 0die 6 Matrizen
d1 , d2 , d3 , l1 , l2 , l3 ,
definiert man mit den 6 Parametern (α1 , α2 , α3 , β1 , β2 , β3 ) die 6 Matrizen
d = 1 − α a(ν) , lν = 1 − β(ν) b(ν) , ν = 1, 2, 3 , (294)
d1ν , d2 , d3 ,(ν)
l1 , l2 , l3 ,
(hierbei zeigen die Klammern an, daß die Summationskonvention ausgesetzt werden soll)
dν = 1 − α(ν) a(ν) , lν = 1 − β(ν) b(ν) , ν = 1, 2, 3 , (294)
und damit durch Aufsummation eine Matrix Λ gemäß
(hierbei zeigen die Klammern an, daß die Summationskonvention ausgesetzt werden soll)
und 1 − ανdurch
Λ = damit aν − βAufsummation
ν bν . eine Matrix Λ gemäß (295)

Man
Λ − αν anun,
= 1 zeigt ν − βνdaß
bν .sich
die allgemeine, also 6 -parametrige, endliche Lorentz
(295)-
Transformation A mit Hilfe
der Matrix Λ folgendermaßen darstellen läßt,
Man zeigt nun, daß sich
die allgemeine, also 6 -parametrige, endliche Lorentz-
Transformation A mit Hilfe
der Matrix Λ folgendermaßen darstellen läßt,
Allgemeine
A = exp[ Λ − 1] . (296)
Lorentz-Transformation
Allgemeine
A = exp[ Λ − 1] . (296)
Lorentz-Transformation
Die Gesamtheit der pseudoorthogonalen Transformationen (296) bildet die Gruppe A
der allgemeinen Lorentz-Transformationen.
Die Gesamtheit der pseudoorthogonalen Transformationen (296) bildet die Gruppe A
der allgemeinen
Hierbei Lorentz-Transformationen.
ist die Exponentialfunktion irgendeiner Matrix B im Sinne der Taylor-Reihe zu
verstehen,
1 1 irgendeiner
Hierbei ist Bdie Exponentialfunktion 1 Matrix 1B im Sinne der Taylor-Reihe zu
exp[B] ≡ e := 1 + B + B2 + B3 + B4 + . . . + Bn + . . . , (297)
verstehen, 2 3! 4! n!
1 1 3 1 4 1 n
exp[B] ≡ eBeB
und wegen :=e−B
1 += B−BB2 +0
Be+ =B + dannB +... + B + ... , (297)
2 = e 3! 1 gilt4! n!
 B −1
e wegen
und = e−B
eB e.−B = eB−B = e0 = 1 gilt dann (298)
 B −1
Für e−B .
e eine=Argumentation in der kompakten Schreibweise benutzen wir noch (298)
⎛ 0 ⎞ ⎛ ⎞
Für einex Argumentation in der kompakten Schreibweise benutzen
1 wir 0 noch
0 0
⎜ x1 ⎟ ⎜ 0 −1 0 ⎟

⎜ ⎞
⎟ ⎛
⎜ 0 ⎞⎟
x = ⎜ x02 ⎟ , xT = (x0 , x1 , x2 , x3 ) , η = η T = η −1 = ⎜ 1 0 0 0 ⎟ . (299)
⎝ x
⎜ x1 ⎟ ⎠ ⎝ 0
⎜ 0 −1 0 0 −1 0 ⎠
⎜ x3 ⎟ ⎜ 0 0 0 ⎟⎟
x = ⎜ 2 ⎟ , x = (x , x , x , x ) , η = η = η = ⎜
T 0 1 2 3 T −1 0 −1 ⎟ . (299)
⎝ x ⎠ ⎝ 0 0 −1 0 ⎠
x3 0 0 0 −1
28 Die Lorentz-Gruppe 135

BT ist jeweils die zu B transponierte Matrix. Das Linienelement (258) lautet dann einfach

ds2 = dxT η dx , (300)

und für die definierende Bedingung der Pseudoorthogonalität (290) der allgemeinen
Lorentz-Transformationen A schreiben wir

A η AT = η . Pseudoorthogonalität (301)

Hieraus folgt durch Multiplikation mit η von rechts und danach mit A−1 von links die
(301) äquivalente Eigenschaft

η AT η = A−1 . Pseudoorthogonalität (302)

Wir schreiben zur Abkürzung

C := Λ − 1 = −αν aν − βν bν . (303)

Nach geduldiger Matrizenmultiplikation finden wir dann

η CT η := −C . (304)

Wegen η 2 = 1 gilt η B2 η = η B B η = B η 2 B = η B η η Bη . Entsprechende Umschrei-


bungen gelten für höhere Potenzen.
 T T  2
Ferner ist C2 = (C C) = CT CT = CT mit entsprechenden Umschreibungen für
höhere Potenzen. Daher gilt stets

η eB η = eη B η , ⎬
 B T (305)
T ⎭
e = e(B ) .

Für die Matrix eC können wir nun ganz einfach die Bedingung (302) der Pseudoorthogo-
nalität zeigen und damit die Darstellung (296) für A nachweisen. Aus den voranstehenden
Gleichungen lesen wir nämlich unmittelbar ab
 T T T  −1
η eC η = η e(C ) η = eη C η = e−C = eC , (306)

was zu zeigen war.


Bilden wir aus den 6 Parametern αν und βν gemäß
αν βν
aν := , bν := , 1n (307)
n n

die 6 Parameter aν und bν , so werden diese bei hinreichend großer natürlicher Zahl n
beliebig klein,

aν  1 , bν  1 , (308)

und aus der Matrix Λ wird die allgemeine, also 6-parametrige, infinitesimale Lorentz-
Transformation Ainf gemäß
136 Der mathematische Formalismus der Speziellen Relativitätstheorie

Allgemeine infinitesimale
Ainf = 1 − aν aν − bν bν (309)
Lorentz-Transformation

mit der allgemeinen infinitesimalen Drehmatrix d = 1 − aν aν und der allgemeinen


infinitesimalen eigentlichen Lorentz-Transformation l = 1 − bν bν gemäß

0 1 0 1
1 0 0 0 1 −b1 −b2 −b3
B 0 −a2 C B −b1 0 C
B 1 a3 C B 1 0 C
d=B C , l=B C . (310)
@ 0 −a3 1 a1 A @ −b2 0 1 0 A
0 a2 −a1 1 −b3 0 0 1

Diese infinitesimalen Matrizen sind natürlich in der Reihenfolge ihrer Anwendung ver-
tauschbar.
Wir betrachten noch den Grenzfall des unendlichen Produktes der infinitesimalen
Lorentz-Transformationen Ainf und schreiben dabei wieder aν = αν /n , bν = βν /n ,
 n
n 1
lim (Ainf ) = lim 1 − (αν aν − βν bν ) . (311)
n→∞ n→∞ n

x n
Unter Beachtung von lim 1− = e−x folgt dann aus (311)
n→∞ n

lim (Ainf ) = e−αν aν −βν bν = eΛ−1 = A .


n
(312)
n→∞

Die Nichtvertauschbarkeit zweier (endlicher) Lorentz-Transformationen wird durch die


Vertauschungsrelationen der fundamentalen Matrizen aν und bν bestimmt.
Mit [A, B] := AB − BA findet man für die Kommutatoren der in (293) definierten
Matrizen aν und bν nach einfacher Rechnung
[ai , aj ] = ijk ak , [ai , bj ] = ijk bk , [bi , bj ] = −ijk ak . (313)

Hierbei ist 123 = 231 = 312 = 1, 132 = 321 = 213 = −1 und Null sonst., vgl. Anhang,
Kap. 36.1, S. 245-246.
Und die Produkte dieser Matrizen mit sich selbst ergeben

0 1 0 1 0 1 ⎫
0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 ⎪
B0 ⎪

B 0 0 0 C
C
B0
B −1 0 0 C
C
B0
B −1 0 0C
C ⎪⎪
a12 =B C, a22 =B C, a32 =B C, ⎪

@0 0 −1 0 A @0 0 0 0 A @0 0 −1 0A ⎪⎪
⎪⎪

0 0 0 −1 0 0 0 −1 0 0 0 0 ⎪

(314)
0 1 0 1 0 1 ⎪

1 0 0 0 1 0 0 0 1 0 0 0 ⎪

B 0 ⎪

B 1 0 0 C
C
B0
B 0 0 0C
C
B0
B 0 0 0C
C ⎪

b12 = B C, b22 =B C, b32 =B C. ⎪

@ 0 0 A @0 0A @0 0A ⎪

0 0 0 1 0 1 ⎪

0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0
28 Die Lorentz-Gruppe 137

Für βν = 0 erhalten wir die allgemeine Drehmatrix D des dreidimensionalen Raumes,

Allgemeine
D = exp[−αν aν ] . (315)
Drehung

Die Drehmatrizen (315) des dreidimensionalen Raumes bilden eine


nicht kommutative Untergruppe D der allgemeinen Lorentz-Gruppe A .

Für αν = 0 wird aus A die allgemeine eigentliche, also drehungsfreie Lorentz-


Transformation L ,

Allgemeine eigentliche
L = exp[−βν bν ] . (316)
Lorentz-Transformation

Beschränkt man sich auf die Ausführung spezieller Lorentz-Transformationen entlang


einer der Koordinatenachsen, so bilden diese einfache kommutative Gruppen Li , s.
Kap. 13, S. 59. In Aufg. 6, S. 270 zeigen wir: Sind v und u die Geschwindigkeiten
von Σ (x , t ) und Σ (x , t ) in x-Richtung von Σo (x, t) , gelten also die speziellen
Lorentz-Transformationen

x = L1 (u) x , x = L1 (v) x −→ x = L1 (−v) x , (317)

dann hängen Σ (x , t ) und Σ (x , t ) über die spezielle Lorentz-Transformation L1 (u )
zusammen,
x = L1 (u ) x = L1 (u) L1 (−v) x , (318)

wobei der Gruppenparameter u die vom System Σ aus gemessene Geschwindigkeit
des Systems Σ ist, also gerade nach dem Einsteinschen Additionstheorem aus v und u
berechnet wird,
u−v ⎫
L1 (u ) = L1 (u) L1 (−v) = L1 (−v) L1 (u) mit u = ⎪

1 − u v/c2 ⎪

sowie (319)

−1 ⎪



L1 (v) L1 (−v) = 1 , also L1 (−v) = L1 (v) ,

womit die behauptete Gruppeneigenschaft beschrieben ist. Die Gruppen Li (v) heißen
ferner einfach, da sie nur das Einselement als triviale Untergruppe besitzen. Benutzen wir
für die Kommutativität noch den Terminus Abelsch, dann gilt also

Die speziellen Lorentz-Transformationen Li (v) bilden einfache Abelsche Gruppen Li .

Die Ausführung von speziellen Lorentz-Transformationen L1 in Folge hatte Anlaß zum


Zwillingsparadoxon gegeben, Kap. 27.
138 Der mathematische Formalismus der Speziellen Relativitätstheorie

Die Gruppeneigenschaft der eigentlichen Lorentz-Transformationen geht verloren, wenn


man beliebige Relativgeschwindigkeiten zuläßt.

Die Menge L der eigentlichen Lorentz-Transformationen (316) besitzt bei


beliebigen Richtungen der Relativgeschwindigkeiten keine Gruppenstruktur.

Betrachten wir z.B. eine Transformation L1 vom Inertialsystem Σo zum Inertialsystem


Σ , das sich entlang der x-Achse von Σo bewegt, gefolgt von einer Transformation
L2 zum Inertialsystem Σ , das sich entlang der y  -Achse von Σ bewegt, so wird
die resultierende Transformation L2 · L1 zwar wieder eindeutig durch eine einzige,
pseudoorthogonale Transformation A gemäß (296) bzw. (288) mit der Bedingung (290)
ausgedrückt. Jedoch ist diese Transformation nicht mehr vom Typ L gemäß (316),
L2 L1 = A = L . (320)
Elementar haben wir diese Situation bereits in Kap. 22 und Kap. 23 behandelt. Dort
haben wir gefunden, daß die Achsen des Systems Σ nach den Transformationen L1 und
L2 in bezug auf die Achsen von Σo gedreht sind, Abb. 25, S. 90 und Abb. 27, S. 96. Wir
kommen darauf in Kap. 28.4 zurück.
Wir wollen nun die allgemeine eigentliche Lorentz-Transformation L ermitteln, welche
durch die beiden Inertialsysteme Σo und Σ festliegt.

28.3 Die allgemeine eigentliche Lorentz-Transformation


In Aufg. 20, S. 293, zeigen wir, daß die Koordinatenachsen eines Systems Σ , das aus
dem System Σo durch eine Transformation vom Typ L hervorgeht, i. allg. von Σo aus
bereits nicht mehr als orthogonal beurteilt werden. Die Feststellung einer Orthogonalität
der Achsen des jeweils anderen Bezugssystems bleibt nur im Fall einer achsenparallelen
Geschwindigkeit erhalten, also z.B. für L1 . Es existiert aber immer eine gemeinsame
räumliche Drehmatrix D , so daß nach deren Anwendung sowohl auf Σo als auch auf
Σ die Achsen des jeweils anderen Bezugssystems wieder als orthogonal bewertet werden.
Jeweils eine der Achsen von Σo und Σ liegt dann in Bewegungsrichtung.30
Inertialsysteme, die über eigentliche Lorentz-Transformationen L zusammenhängen,
werden wegen der Herstellbarkeit der Achsenparallelität häufig vereinfachend als achsen-
parallel bezeichnet. Um das Mißverständnis, das dabei aufkommen kann, zu vermeiden,
wird stattdessen für L auch der englische Ausdruck Boost verwendet.
Die gemäß (316) eingeführten allgemeinen eigentlichen Lorentz-Transformationen L und
ebenso die allgemeinen Drehungen D in (315) sind durch die Taylor-Reihe (297) der Ex-
ponentialfunktion definiert. Die in (291) angegebenen Matrizen D1 . . . L3 und ebenso die
allgemeinen Matrizen L = exp[−βν bν ] und D = exp[−αν aν ] lassen sich direkt aus (297)
berechnen. Die Beziehungen D1 = exp[−α1 a1 ] und L1 = exp[−β1 b1 ] rechnen wir als
Beispiel in Aufg. 19, S. 292.
Die Matrix für einen allgemeinen Boost L = exp[−βν bν ] wollen wir hier nicht aus der
Taylor-Reihe (297) herleiten, sondern aus einer elementaren Überlegung.
30 Die Scherung der Achsen von Σ aus der Sicht von Σ nach Anwendung der eigentlichen Lorentz-
o
Transformation L auf Σo hängt formelmäßig mit der Drehung (344) zusammen, die wir elementar in
Kap. 22 und Kap. 23 berechnet haben, Aufg. 20, S. 293.
28 Die Lorentz-Gruppe 139

Wir betrachten einen Körper K , der sich mit einer konstanten Geschwindigkeit
v = (v1 , v2 , 0) im Inertialsystem Σo bewegt. Das Inertialsystem, in welchem dieser
Körper ruht, nennen wir Σ . Wir wollen die eigentliche, also drehungsfreie Lorentz-
Transformation L1,2 (β1 , β2 ) = exp[−β1 b1 − β2 b2 ] bestimmen, die für ein beliebiges

Ereignis E die Koordinaten xi in Σo in Koordinaten x̃i von Σ umrechnet.
In den beiden Inertialsystemen Σo und Σ betrachten wir zunächst jene Koordinaten-

systeme x̄i und x̄i , für welche sich Σ , von
Σo aus beurteilt, entlang der gemeinsamen


x̄- x̄ - Achse mit der Geschwindigkeit v = v12 + v22 bewegt. Die Koordinaten x̄i und
i
x̄ hängen also über eine spezielle Lorentz-Transformation gemäß (284) zusammen, die
wir hier Lo nennen wollen. Wenn wir das Koordinatensystem danach drehen, bleibt v der
Betrag der Geschwindigkeit. Den Index ’1’ bei β und γ lassen wir also von vornherein
weg, um nachfolgende Verwechslungen zu vermeiden. Wir schreiben

x̄ = Lo x̄ . (321)

Nun drehen wir beide Koordinatensysteme um die z- bzw. z  -Achse um einen Winkel
ϕ , der folgendermaßen bestimmt ist

β2 ⎪

tan ϕ = also β1 = β cos ϕ , β2 = β sin ϕ , ⎬
,
β1
  (322)


β = β12 + β22 und γ := 1 − β12 − β22 ⎭

und schreiben

D3 = D3 (ϕ) . (323)

Damit erhalten wir die Koordinatensysteme xi von Σ und xi von Σo ,

x̄ = D3 (ϕ) x̃ , x̄ = D3 (ϕ) x . (324)

Die Gleichungen (321) und (324) ergeben zusammen

x̃ = D−1
3 Lo D3 x := L1,2 x . (325)

Hier setzen wir die Matrizen D3 mit dem Winkel ϕ und L1 ohne den Index ’1’ für L1
und ihre Matrixelemente gemäß (291) ein und finden

9
D−1
3 Lo D3 = >
>
>
0 10 10 1 >
>
1 −β
0 0 >
>
1 0 0 0 γ γ 1 0 0 0 =
B 0 B CB
B − sin ϕ 0 C
CB
−β 1
0 C 0 C (326)
CB C
cos ϕ 0 0 cos ϕ sin ϕ >
B CB γ γ
CB C, >
>
@ 0 sin ϕ cos ϕ 0 AB@ 0 0 1 0 A @ 0 − sin ϕ cos ϕ 0 A >
>
>
>
;
0 0 0 1 0 0 0 1 0 0 0 1

also zunächst
140 Der mathematische Formalismus der Speziellen Relativitätstheorie

0 1
1
γ
− β cos
γ
ϕ
− β sin
γ
ϕ
0
B cos2 ϕ C
B
B − β cos ϕ
+ sin2 ϕ sin ϕ cos ϕ
− sin ϕ cos ϕ 0C
C
L1,2 = exp[−β1 b1 − β2 b2 ] = 0
B
γ
1

γ
β cos ϕ

γ
β sin ϕ 1
C
sin2 ϕ 0
@ − β sin
γ ϕ sin ϕ γcos ϕ
− sin ϕ cos ϕ γ + cos2 ϕ 0A
B γ
β cos ϕ
γ
cos2 ϕ
γ
sin ϕ cos ϕ C
B − 0γ + sin2 ϕ − sin ϕ cos ϕ 01C
L1,2 = exp[−β1 b1 − β2 b2 ] = B
B
γ 0 γ0 C
C
sin2 ϕ
@ − β sin
γ
ϕ sin ϕ cos ϕ
γ
− sin ϕ cos ϕ γ
+ cos 2
ϕ 0 A
0 0 0 1
und erhalten damit nach leichter Umformung

⎛ 1
und erhalten damit nach leichter Umformung ⎞
γ
− βγ1 − βγ2 0
⎜ − βγ1
(1−γ)β1 2
(1−γ)β1 β2 ⎟
⎜ 1+ 0⎟
L1,2 (β1 , β2 ) = exp[−β1 b1 − β2 b2 ] = ⎛
⎜ 1
− β1
β2 γ β2 γ
β2
−(1−γ)β 0

⎟ (327)
⎝ − βγγ2 (1−γ)β
γ 2 β1
1 + γβ 2 γ 2
2
0⎠
⎜ − βγ01
β2 γ
(1−γ)β 2
(1−γ)β β ⎟
⎜ 1+ 0 β2 γ
1

β0
1 2
01⎟
L1,2 (β1 , β2 ) = exp[−β1 b1 − β2 b2 ] = ⎜ ⎟ (327)
⎝ − βγ2 (1−γ)β2 β1
1+
(1−γ)β22
0 ⎠
β2 γ β2 γ
mit 0 0 0 1

mit
L1,2 (β1 , β2 ) = D−1
3 (ϕ) Lo (β) D3 (ϕ) . (328)

−1
L 1,2 (β
Wir 1 , β2 )also,
sehen = Ddaß 3 (ϕ) Lofür
wir (β) die
D3 (ϕ) .
Zerlegung der Boost-Transformation L1,2 (β1 , β2 ) sowohl (328)
eine spezielle Lorentz-Transformation Lo als auch eine Drehung D3 benötigen. Die
Drehmatrix
Wir sehen also, D3 daßkommt
wir in
fürder
dieTaylor -Reihe
Zerlegung der(297) für L1,2 (β1 , β2 ) = exp[−β
Boost-Transformation b21)−sowohl
L1,2 (β11, β β2 b2 ]
dadurch ins Spiel, daß nun Produkte der Matrizen b und b auftreten,
eine spezielle Lorentz-Transformation Lo als auch eine Drehung D3 benötigen. Die
1 2 deren Reihenfolge
man beachten
Drehmatrix D3muß.kommtDerinKommutator von b(297)
der Taylor-Reihe 1 undfürb2L1,2
führt
(β1 ,nach
β2 ) =(313)
exp[−βnämlich gemäß
1 b1 − β2 b2 ]
[b1 , b2 ] =ins−Spiel,
dadurch = −a
123 a3daß nun auf die von
3 Produkte deruns benötigte
Matrizen b1 Drehung D3 .
und b2 auftreten, deren Reihenfolge
Die beachten
man Verallgemeinerung auf eine im
muß. Der Kommutator von Raum
b1 undbeliebig
b2 führtgerichtete
nach (313)Geschwindigkeit
nämlich gemäß
v = (v , v , v ) ist dann aus Symmetriegründen leicht
[b1 , b21] =2−3123 a3 = −a3 auf die von uns benötigte Drehung D3 . anzugeben.
Die allgemeine,
Die also 3-parametrige
Verallgemeinerung auf eineeigentliche
im Raum Lorentz -Transformation
beliebig gerichtete LGeschwindigkeit
lautet
v = (v1 , v2 , v3 ) ist dann aus Symmetriegründen leicht anzugeben.
Die allgemeine,
⎛ also 3-parametrige eigentliche Lorentz ⎞-Transformation L lautet
1
γt
− βγ1t − βγ2t − βγ3t
⎜ − βγ1t
(1−γt )β1 2
(1−γt )β1 β2 (1−γt )β1 β3 ⎟ Allgemeine eigentliche

⎛ 1+ 2γ 2γ β 2 γt ⎟

L =⎜ ⎟.
β1 β t ββ t

1

(1−γγ
t
)β2 β1
t2
−(1−γ
γt t )β2
2 − βγtt3t)β2 β3
(1−γ ⎟ Lorentz-Transformation (329)
⎝ − βγγ2tt tt
1 + β2 γ ⎠
⎜ − ββγ1t3
βt2 γt t )β 2
(1−γ (1−γt )β1 β2
t t βt2)β
(1−γ γ
t t1 β3 2 ⎟ Boost-Transformation
Allgemeine eigentliche
⎜ 1+
(1−γtβ )β
23 γβ
1
(1−γ )β
βt2t γ β (1−γ
2 )β ⎟

L =⎜ − γt 2 γt
t1 t3 2
βt2 γt t )β 2
1 + t βγt2 γt 3
β
⎟. Lorentz-Transformation (329)
− βγ2t
β t
(1−γt )β2 β1
t (1−γ 2 (1−γ )βt βt
t 2 3 ⎟
⎝ βt2 γt
1+ βt2 γt βt2 γt ⎠ Boost-Transformation
2
(1−γt )β3 β1 (1−γt )β3 β2 (1−γt )β3
− β3 βt2 γt βt2 γt
1+ βt2 γt
Hierbei istγt
 
Hierbei
βt := ist
β12 + β22 + β32 , γt := 1 − β12 − β22 − β32 . (330)
 
βt := β12 + β22 + β32 , γt := 1 − β12 − β22 − β32 . (330)
28 Die Lorentz-Gruppe 141

Wir betrachten nun ein System Σ , das sich mit der Geschwindigkeit v1 = (v1 , 0, 0) in
bezug auf Σo bewegt,
⎛  ⎞ ⎛ ⎞⎛ ⎞
x0 1
γ1
−β1
γ1
0 0 x0
⎜ x1  ⎟ ⎜ −β1 1 ⎟
0 ⎟⎜ x1 ⎟
⎜ ⎟ ⎜ 0
⎜ 2 ⎟=⎜ γ1 γ1
⎟⎜⎝
⎟ , (331)
⎝ x ⎠ ⎝ 0 0 1 0 ⎠ x2 ⎠
x3

0 0 0 1 x3

bzw. in kompakter Schreibweise


x = L1 (β1 ) x . (332)
Die in Σo als v = (v1 , v2 , 0) gemessene Geschwindigkeit unseres Körpers K
wird gemäß (569), wenn wir dort (ux , uy , uz ) = (v1 , v2 , 0) setzen, von Σ aus als
v = (0, v2 , 0) = (0, v2 /γ1 , 0) beobachtet, Kap. 22, Gleichung (163),

Σo : v = (v1 , v2 , 0) −→ Σ : v = (0, v2 , 0) = (0, v2 /γ1 , 0) . (333)



Im Ruhsystem Σ des Körpers K betrachten wir nun das Koordinatensystem xi , das

wir aus dem Koordinatensystem xi von Σ durch die spezielle Lorentz-Transformation
L2 in y  -Richtung von Σ mit der Geschwindigkeit v2 = v2 /γ1 erhalten. Mit
 
v22 c2 − (v12 + v22 ) γ
1− 2 = = (334)
c c − v1
2 2 γ1
folgt
0  1 0 1 0 x0 1
x0 γ1
γ
0 −β2
γ
0
B 1 C B B 1 C
B x C B 0 1 0 0 C
CB x C
B C=B CB C (335)
B 2 C @ −β2 γ1
0 AB
 C
@ x A γ
0 γ @ x2 A
 
x3 0 0 0 1 x3

bzw. in kompakter Schreibweise


x = L2 ( βγ12 ) x . (336)
i i
Der Zusammenhang zwischen x und x ist nun durch das Produkt der beiden speziellen
Lorentz-Transformationen gegeben gemäß

x = L2 L1 x , (337)

also
⎛  ⎞ ⎛ ⎞⎛ ⎞⎛ ⎞
x0 γ1
γ
0 −β2
γ
0 1
γ1
−β1
γ1
0 0 x0
⎜ x1  ⎟ ⎜ 0 0 ⎟ ⎜ −β1 1 ⎟
0 ⎟⎜ x1 ⎟
⎜ ⎟ ⎜ 1 0 ⎟⎜ 0
⎜ 2 ⎟ = ⎜ −β2 ⎟⎜ γ1 γ1
⎟⎜⎝
⎟ . (338)
⎝ x ⎠ ⎝ γ 0 γ1
γ
0 ⎠⎝ 0 0 1 0 ⎠ x2 ⎠
x3

0 0 0 1 0 0 0 1 x3
142 Der mathematische Formalismus der Speziellen Relativitätstheorie

Die Multiplikation der beiden Matrizen liefert


⎛ 1 −β1 −β2

γ γ γ
0
⎜ −β1 1
0 ⎟
⎜ γ1 γ1
0 ⎟
L2 L1 = ⎜ ⎟ . (339)
⎝ −β2
γ1 γ
β1 β2
γ1 γ
γ1
γ
0 ⎠
0 0 0 1

Die Matrix (339) der pseudoorthogonalen Transformation L2 L1 ist von der Matrix (327)
der eigentlichen Lorentz-Transformation, der Boost-Transformation L1,2 , verschieden.
Beide Matrizen unterscheiden sich durch eine Drehmatrix vom Typ D3 , die den Schlüssel
zum Verständnis der Thomas-Präzession enthält, wie wir jetzt sehen werden. Um
Verwechselungen mit der oben ermittelten Drehmatrix D3 (ϕ) in Gleichung (322) zu
vermeiden, wollen wir diese Matrix mit einem ∗ versehen. Wir definieren also eine Matrix
D∗ durch

L2 L1 = D∗ L1,2 mit D∗ = 1 . (340)

28.4 Allgemeine Theorie der Thomas-Präzession


Für die Matrix D∗ aus (340) folgt
D∗ = L2 L1 L−1
1,2 (341)
mit
x = D∗ x̃ . (342)
In (341) setzen wir L2 L1 aus (339) ein. Für L−1
beachten wir die Pseudoorthogonalität
1,2
der Lorentz-Transformationen. Nach (290) bzw. (302) ensteht also die zu L1,2 inverse
Matrix L−11,2 , indem wir Zeilen und Spalten vertauschen und zusätzlich die Matrixelemete,
die genau einen Index ’0’ enthalten, mit (−1) multiplizieren. Für die Matrix D∗ gilt daher
⎛ −β1 −β2
⎞⎛ 1 β1 β2 ⎞
1
0 γ γ γ 0
γ γ γ
⎜ −β1 ⎟⎜ (1−γ)β 2 ⎟
⎜ 1
0 0 ⎟ ⎜ β1
1 + β2γ 1 (1−γ)β1 β2
0 ⎟
D =⎜


γ1
−β2
γ1 ⎟⎜
⎟⎜
γ β2 γ ⎟ .
⎟ (343)
β1 β2 γ1 (1−γ)β 2
⎝ γ1 γ γ1 γ γ 0 ⎠⎝ β2
γ
(1−γ)β2 β1
β2γ 1 + β2γ 2 0 ⎠
0 0 0 1 0 0 0 1

Die geduldige Ausführung dieser Multiplikation ergibt

⎛ ⎞
1 0 0 0
⎜ γβ12 +β22 ⎟
⎜ 0 (γ−1)β1 β2
0 ⎟
D =⎜


γ1 β 2 γ1 β 2 ⎟ .
⎟ (344)
γβ12 +β22
⎝ 0 (γ−1)β1 β2
− γ1 β 2 γ1 β 2 0 ⎠
0 0 0 1
28 Die Lorentz-Gruppe 143

Wir überzeugen uns davon, daß dies tatsächlich eine Drehmatrix von dem in (291)
beschriebenen Typ ist. Wir schreiben wieder
 
γ1 = 1 − β12 , γ = 1 − β12 − β22 , β 2 = β12 + β22 .
Wegen
0 < (1 − γ)2 ,
2γ < 1 + γ2 ,
β12 + 2 γ < 1 + β12 + γ 2 ,
β12 β22 (β12 + 2 γ) < β12 β22 (1 + β12 + γ 2 ) ,
β14 β22 + 2 γ β12 β22 + β24 < β12 β22 (2 − β22 ) + β24 ,
−β14 β22 + 2 γ β12 β22 + β24 < −2β14 β22 + β12 β22 (2 − β22 ) + β24 ,
(1 − β12 ) β14 − β14 β22 + 2 γ β12 β22 + β24 < (1 − β12 ) β14 + (1 − β12 ) β24 + (1 − β12 ) 2 β12 β22 ,

(1 − β12 + β22 ) β14 + 2 1 − β12 + β22 + β24 < (1 − β12 )(β14 + 2 β12 β22 + β24 ) ,
 2 2  2
γ β1 + β22 < γ12 β12 + β22

gilt also
 
γ β12 + β22 < γ1 β12 + β22
und damit
γ β12 + β22
< 1 . (345)
γ1 β 2

Ferner ist
 2 2
γ β1 + β22 + (1 − γ)2 β12 β22 = 2 γ β12 β22 + γ 2 β14 + β24 + β12 β22 − 2 γ β12 β22 + γ 2 β12 β22
   
= γ 2 β12 β12 + β22 + β22 β12 + β22
  
= β12 + β22 β12 − β14 − β12 β22 + β22
   
= 1 − β12 β12 + β22 β12 + β22
und damit
 2 2  2  2
γ β1 + β22 + (γ − 1) β1 β2 = γ1 β 2 . (346)

Wegen (345) und (346) können wir, wie behauptet, die in (344) berechnete Matrix D∗ als
eine Drehmatrix D∗3 (α3 ) schreiben gemäß
⎛ ⎞
1 0 0 0
⎜ ⎟
⎜ 0 cos α3 sin α3 0 ⎟
D∗ = D∗3 (α3 ) = ⎜ ⎟ (347)
⎝ 0 − sin α3 cos α3 0 ⎠
0 0 0 1
144 Der mathematische Formalismus der Speziellen Relativitätstheorie

mit dem Drehwinkel α3 gemäß

(γ − 1)β1 β2 γβ12 + β22 (γ − 1)β1 β2


sin α3 = , cos α3 = −→ tan α3 = . (348)
γ1 β 2 γ1 β 2 γβ12 + β22

Wir müssen also im Inertialsystem Σ eine Drehung um die z  -Achse mit einem Winkel
α3 ausführen, damit beide Koordinatensysteme zur Deckung kommen,

x = D∗3 (α3 ) x̃ . (349)

Wir berechnen die erste nichtverschwindende Näherung dieser Formel für den Fall

v1  c , v2  c , v2  v 1 .

√  
Mit tan x ≈ x , 1 − x ≈ 1 − x/2 −→ γ ≈ 1 − (1/2) β12 + β22 ,

 
also insbesondere γβ12 + β22 ≈ 1 − (1/2) β12 + β22 β12 + β22 ≈ β12 + β22 ,

finden wir
 
(γ − 1)β1 β2 (−1/2) β12 + β22 β1 β2
α3 ≈ tan α3 = ≈ ,
γβ12 + β22 β12 + β22
also
v1 v2
α3 = − . (350)
2c2

Damit haben wir die Formeln (170) und (171) aus Kap. 22 wiedergefunden.
Die Gleichungen (328) und (344) ergeben zusammen die Matrixrelation

 −1
D∗3 (α3 ) = L2 ( βγ12 ) L1 (β1 ) D3 (ϕ) Lo (β) D3 (ϕ) (351)

mit tan ϕ = β1 /β2 und tan α3 gemäß (348) und der in (326) stehenden Matrix Lo (β) .
Gleichung (344) bzw. (351) enthält die allgemeine Theorie der Thomas-Präzession.
Hierbei treten also zwei Drehmatrizen vom Typ D3 auf, die man nicht verwechseln darf.
Die eine Matrix D3 (ϕ) brauchen wir, um die Boost-Transformation L1,2 in ein Produkt
aus speziellen Lorentz-Transformationen und eben einer Drehung D3 (ϕ) zu zerlegen,
Gleichung (328). Die andere Drehmatrix D∗3 (α3 ) beschreibt den meßbaren Effekt der
Thomas-Präzession.
Wir kommen nun auf unsere Argumentation von Kap. 22 zurück. Im Laborsystem Σo
beobachten wir die Bewegung eines Körpers auf einer Kreisbahn, z.B. den klassischen

Umlauf eines Elektrons im Atom. Σ (xi ) sei das mit dem Elektron fest verbundene,
’körpereigene’ Achsensystem. Die vom Atomkern ausgehenden Zentralkräfte bewirken
keine Änderung für den Eigendrehimpulsvektor S des Elektrons, welcher daher in bezug

auf die Achsen (xi ) von Σ eine unveränderliche Richtung beibehält.
28 Die Lorentz-Gruppe 145

ỹ 


AKA
A

A * x̄
A 


A Σ  *
 v
y At 
 

 ϕ
A x̃
6  LA
α3
ȳ 
 x
KA 
A 


A
A * x̄

A Σ 
o 
A 
 ϕ
A
 -x
 A

Abb. 43: Eigentliche Lorentz-Transformation (Boost-Transformation) und Thomas-Präzession.


Ausgangspunkt ist die spezielle Lorentz-Transformation Lo , die zwischen den achsenparallelen
gequerten Koordinaten von Σo und Σ vermittelt, Gleichung (321). Hierbei ist v eine beliebige,
in der x-y-Ebene von Σo liegende Geschwindigkeit. Daraus ergibt sich dann` die´ eigentliche
Lorentz-Transformation (325) mit der Matrix (327), die das Koordinatensystem xi von Σo in
“ ” 
x̃i von Σ überführt.
Wir führen die spezielle Lorentz-Transformation L1 gemäß (331) und nachfolgend die spezielle
“ ” -Transformation L2 gemäß (335) aus und kommen dann auf das Koordinatensystem
Lorentz

xi von Σ . Der Winkel α3 zwischen den Achsen x̃ und x in Σ definiert die Thomas-
Präzession und wird durch die Drehmatrix D∗3 gemäß (344), (349) bestimmt. Man beachte, daß
sich die Richtungen der Achsen x̃ und x und damit auch der Winkel α3 auf das System Σ
beziehen.

Sei v = (v1 , 0, 0) die momentane Bahngeschwindigkeit des Elektrons, die sich auf Grund
der Zentripetalbeschleunigung a = (0, a, 0) in der Zeit ∆t um die Geschwindigkeit
∆v = v2 = a ∆t ändert. Dann ist ∆α3 = −v1 ∆v/(2c2 ) die in der Zeit ∆t erfolgte
Drehung der Koordinatenachsen von Σ gegenüber den im Laborsystem

 Σo durch die
i
eigentliche Lorentz-Transformation L1,2 bestimmten Achsen x̃ . Da der Eigen-
drehimpulsvektor S des Elektrons in Σ feststeht, beobachten wir von Σo aus die
Thomas-Präzession:
Der Vektor S dreht sich mit der Winkelgeschwindigkeit ωT = ∆α3 /∆t um die z-Achse,
bzw. vektoriell, vgl. auch Kap. 22, Gleichung (172),

v×a Winkelgeschwindigkeit
ωT = − . (352)
2 c2 der Thomas-Präzession
146 Der mathematische Formalismus der Speziellen Relativitätstheorie

28.5 Geometrie im Minkowski-Raum


Die Tensorrechnung
28.5 Geometrie istim
die analytische Methode der Geometrie. Wir werden uns daher im
Minkowski-Raum
folgenden mit Vektoren und Tensoren zu beschäftigen haben. Für eine kurze Zusammen-
fassung
Die der Tensorrechnung
Tensorrechnung verweisen wir
ist die analytische auf Kap.
Methode der 36.1, S. 240ff.
Geometrie. Wir werden uns daher im
Durch die mit
folgenden Forderung
Vektorennachundder Forminvarianz
Tensoren des Linienelementes
zu beschäftigen haben. Für eine(258) sindZusammen-
kurze diejenigen
Koordinatensysteme
fassung der Tensorrechnung (xi ) , i = 0, 1, 2, 3 wir
verweisen , desaufvierdimensionalen
Kap. 36.1, S. 240ff. Minkowski-Raumes ausge-
zeichnet,
Durch diedenen wir physikalisch
Forderung nach der die Inertialsysteme,
Forminvarianz z.B. Σo (xi ) , zuordnen.
des Linienelementes Unddiejenigen
(258) sind die Koor-
i i
dinaten (x ) eines Punktes im -Raum sind die Koordinaten
Koordinatensysteme (x ) , i = 0, 1, 2, 3 , des vierdimensionalen Minkowski-Raumes ausge-
Minkowski eines Ereignisses E.
1 2 3 i
Die drei kartesischen Raumkoordinaten (x , x , x ) bestimmen,
zeichnet, denen wir physikalisch die Inertialsysteme, z.B. Σo (x ) , zuordnen. Und die Koor-wo das Ereignis stattge-
funden hat,
dinaten (xi )und diePunktes
eines Zeitkoordinate
im Minkowskix0 = ct gibt sind
-Raum an, wann es passierte.eines
die Koordinaten ZweiEreignisses
benachbarten
E.
Ereignissen
Die (in räumlicher
drei kartesischen Raumkoordinaten (x1 , x2 , x3 ) bestimmen,
und zeitlicher Bedeutung) sind die Koordinatendifferentiale
wo das Ereignis stattge- dxi
zweier benachbarter
funden Punkte im Minkowski
hat, und die Zeitkoordinate x0 = ct -Raum
gibt an,zugeordnet. Von irgendeinem
wann es passierte. anderen
Zwei benachbarten
 i
Inertialsystem
Ereignissen Σ (x ) ausund
(in räumlicher betrachtet,
zeitlicheroder im Spezialfall
Bedeutung) sind dieauch von demselben Inertial-
Koordinatendifferentiale dxi
system benachbarter
zweier bei gedrehtenPunkte Koordinatenachsen,
im Minkowski sind
-Raum denselben Ereignissen
zugeordnet. die Differentiale
Von irgendeinem dxi
anderen
. i
 gilt
zugeordnet, und es
Inertialsystem Σ (x ) aus betrachtet, oder im Spezialfall auch von demselben Inertial-

system
 bei gedrehten Koordinatenachsen,   sind
 denselben Ereignissen die Differentiale dxi
.dxi = Aii dxi ←→ dxi = Aii dxi , Aii Ajk ηi j  = ηik . (353)
zugeordnet, und es gilt

i 
i
Hierbei i A i 
dx = Aist
i dx
i i die Matrix
←→ dxi = Ader i allgemeinen
i dx , Aii Ajk ηLorentz -Transformation und als solche(353)
i j  = ηik .
der
Bedingung der Pseudoorthogonalität (290) bzw (301) unterworfen. Beschränken wir uns

auf solche
Hierbei Aii die Matrix der allgemeinen
ist Koordinatensysteme, die den Koordinatenursprung
Lorentz-Transformation O(0, 0,
und 0, 0)
als gemeinsam
solche der
haben, dannder
Bedingung giltPseudoorthogonalität
Gleichung (353) auch(290) für die
bzw Koordinaten selbst, s. Beschränken
(301) unterworfen. Gleichung (289) wir .uns
Die solche
auf mathematischen Eigenschaften
Koordinatensysteme, dievon
denphysikalischen Größen, die
Koordinatenursprung i. 0,allg.
O(0, 0, 0) mehrkompo-
gemeinsam
nentig sind,
haben, werden
dann gilt danach(353)
Gleichung klassifiziert,
auch für wie sich diese Komponenten
die Koordinaten bei Koordinaten-
selbst, s. Gleichung (289) .
wechsel
Die ändern, wie wir
mathematischen das z.B. vonvon
Eigenschaften derphysikalischen
dreidimensionalen Vektorrechnung
Größen, die i. allg. her kennen.
mehrkompo-
Den Prototypen
nentig sind, werden eines kontravarianten
danach klassifiziert,Vektors
wie sichbilden
diese die Koordinatendifferentiale
Komponenten bei Koordinaten- dxi
i
gemäß (353) . Gilt von einer Größe V bei Koordinatenwechsel
wechsel ändern, wie wir das z.B. von der dreidimensionalen Vektorrechnung her kennen.
Den Prototypen eines kontravarianten Vektors bilden die Koordinatendifferentiale dxi
gemäß (353)
 . Gilt von einer Größe V i bei Koordinatenwechsel
V i = Aii V i , Kontravarianter Vektor (354)
 
i
= Aii es
soVhandelt V isich
, also um die kontravarianten Komponenten Kontravarianter Vektor
eines Vektors (354) -
im Minkowski
Raum. Handelt es sich um ein Vektorfeld V i = V i (xi ) , dann ist man im neuen

Inertialsystem
so handelt es sich Σalso
(xi )um auch an der durch die
die kontravarianten Koordinaten-Transformation
Komponenten bedingten,-
eines Vektors im Minkowski
geänderten
Raum. funktionalen
Handelt es sichAbhängigkeit V i also
interessiert,
um ein Vektorfeld = V i (xi ) , dann ist man im neuen

Inertialsystem
i i k
Σ (xii ) i auch
i k
 der durch die Koordinaten-Transformation bedingten,
an
V = V (xfunktionalen
geänderten ) = Ai V A i x ,
Abhängigkeit interessiert, also

ohne     
V i
=dies
V i (xink jedem
) = AiiFallV i auszuschreiben.
Ai xk ,
Eine skalare Funktion φ =i φ(xk ) ist dadurch definiert, daß man bei Koordinatenwechsel
nur zudies
ohne substituieren
in jedem Fall braucht,
auszuschreiben.
Eine skalare
k Funktion
i k  φ = φ(xk ) ist dadurch definiert, daß man bei Koordinatenwechsel
φ = φ(x ) = φ(A i x
nur zu substituieren braucht, ) , Skalares Feld (355)

Das
φ Transformationsverhalten
= φ(x k
) = φ(Aii xk ) , eines kovarianten Vektorfeldes Vi Skalares
ist durch
Felddie Eigen-
(355)
schaften des Gradienten eines skalaren Feldes definiert,
Das Transformationsverhalten eines kovarianten Vektorfeldes Vi ist durch die Eigen-
schaften des Gradienten eines skalaren Feldes definiert,
28 Die Lorentz-Gruppe 147

 
∂φ(xk ) k
i ∂φ(x ) ∂φ(xk ) k
i ∂φ(x )
 = A  ←→ = A . (356)
∂xi  i
∂xi ∂xi i
∂xi 
k k k k
∂φ(x ) ∂φ(x ) ∂φ(x )  ∂φ(x )
i
= Aii ←→ = Aii . (356)
∂xvon
Gilt ∂xi Vi bei Koordinatenwechsel
einer Größe ∂xi ∂xiwie in (356)

Gilt von einer Größe Vi bei Koordinatenwechsel wie in (356)


Vi = Aii Vi , Kovarianter Vektor (357)
i
soVihandelt
 = A  Vi ,
i es sich also um die kovarianten Komponenten Kovarianter eines VektorsVektor (357) -
im Minkowski
Raum. Bei einem Vektorfeld sind natürlich auch wieder die neuen Koordinaten zu
so handelt es sich
substituieren. also um
Skalare und die kovarianten
Vektoren heißenKomponenten
auch Tenoreneines Vektors
nullter bzw.im erster Stufe.-
Minkowski
Raum. Bei
Tensoren einem
zweiter undVektorfeld sind natürlich
höherer Stufe auch wieder
transformieren sich danndie wie
neuen
die Koordinaten
entsprechendenzu
substituieren.
Produkte Skalare und
von Vektoren, Kap.Vektoren
36.1, also heißen
z.B., auch Tenoren nullter bzw. erster Stufe.
Tensoren zweiter und höherer Stufe transformieren sich dann wie die entsprechenden
k  
k
T i
i = Ai von
Produkte Ti k ←→ Kap.
Akk Vektoren, Ti k = Aii also
36.1, Akk Tz.B.,
i . (358)

Bilden wir k
i insbesondere  
eines Tensorfeldes Ti k , so erhalten
Tik = A i Ak Ti
k
←→ dieTi kpartiellen
= Aii Akk Ableitungen
T k . (358)
k i
wir ein neues Tensorfeld Tli := ∂l Ti mit einer um 1 erhöhten Kovarianzstufe31 , vgl.
k

Bilden36.1,
Kap. wir S.insbesondere
248, die partiellen Ableitungen eines Tensorfeldes Ti k , so erhalten
wir ein neues Tensorfeld Tli k := ∂l Ti k mit einer um 1 erhöhten Kovarianzstufe31 , vgl.
k k
T
Kap. = AllS.
l i 36.1,
i
 A248,
i Ak Tli
k
←→ Tli k = All Aii Akk Tl i k . (359)

Die k und k   
Tl i ko-= All Akontravarianten
i
i Ak Tli
k
←→Komponenten
Tli k = All Aiivon AkkVektoren
Tl i k . und Tensoren hängen über(359)
den
metrischen Tensor ηik des Minkowski-Raumes zusammen gemäß
Die ko- und kontravarianten Komponenten von Vektoren und Tensoren hängen über den
Vi = V k ηTensor
metrischen ik ←→ V iMinkowski
ηik des = Vk η ik -Raumes
, zusammen gemäß
(360)
Tik = T k ηir ηks ←→ T i = Trs ηik η .
rs ik ir ks
Vi = V ηik ←→ V = Vk η ,
(360)
rs
Tik = Tderηir
Wegen ηks ←→ Diagonalform
besonderen T ik = Trs η ir η(299)
ks
. der Minkowski-Metrik ηik unterscheiden
sich die ko- und kontravarianten Komponenten eines Vektors nur um das Vorzeichen der
Wegen Komponente.
vierten der besonderen BeiDiagonalform (299) der Stufe
einem Tensor beliebiger müssen-Metrik
Minkowski nur die ηKomponenten
ik unterscheiden
mit
sich die
einer ko- und Anzahl
ungeraden kontravarianten Komponenten
von Indizes, mit −1
die ’0’ sind,eines Vektors nur um das
multipliziert Vorzeichen der
werden.
vierten
Das Komponente.
skalare Produkt Bei einem Tensor beliebiger Stufe müssen nur die Komponenten mit
einer
i
ungeraden Anzahl von Indizes, die ’0’ sind, mit −1 multipliziert werden.
U = U i VProdukt
DasViskalare
k
ηik = Ui Vk η ik = U i Vi (361)
i ik V k iist eine Invariante gegenüber allgemeinen Lorentz-
zweier
U i Vi = Vektoren
U i V k ηik =UUi Vund
kη = U Vi (361)
Transformationen. Das heißt physikalisch, die Größe U i Vi hat in jedem Inertialsystem
i k
zweier Vektoren
denselben U und
Zahlenwert. Ebenso V sind ist entsprechende
eine Invariante gegenüber
Bildungen mitallgemeinen Lorentz-
Tensoren unabhängig
Transformationen.
von dem Inertialsystem, Das in
heißt physikalisch,
welchem die Größe
sie berechnet U i Vz.B.
werden, i hat in jedem Inertialsystem
denselben Zahlenwert. Ebenso sind entsprechende Bildungen mit Tensoren unabhängig
i i ik i k
T i =
von Ti Inertialsystem,
dem , Tik T = Tiin  k T
welchem , . . sie
. . berechnet werden, z.B. (362)
  
Ti igelten
Es = Ti inun ik T
ik
, Tfolgende ik
Definitionen:
=T i k T , ... . (362)
31 Wenn wir auch krummlinige Koordinaten zulassen, also z.B. Kugelkoordinaten im Raum, oder wir
Es gelten nun folgende Definitionen:
gehen sogar zu beschleunigten Bezugssystemen über, dann sind für die Aufrechterhaltung eines Tensor-
charakters die partiellen Ableitungen durch die kovarianten Ableitungen zu ersetzen, Kap. 36.1, S. 250.
31 Wenn wir auch krummlinige Koordinaten zulassen, also z.B. Kugelkoordinaten im Raum, oder wir
gehen sogar zu beschleunigten Bezugssystemen über, dann sind für die Aufrechterhaltung eines Tensor-
charakters die partiellen Ableitungen durch die kovarianten Ableitungen zu ersetzen, Kap. 36.1, S. 250.
148 Der mathematische Formalismus der Speziellen Relativitätstheorie

raumartig < 0
k k
Der Vektor V heißt zeitartig , wenn V Vk > 0 . (363)
N ullvektor = 0

Die Eigenschaft eines Vektors, raumartig, zeitartig oder ein Nullvektor zu sein, ist also
unabhängig vom Inertialsystem.
Im Unterschied zum euklidischen Raum kann die Invariante V k Vk im Minkowski-Raum
Null sein, ohne daß der Vektor selbst verschwindet, weil die Metrik ηik des Minkowski-
Raumes indefinit ist.
Insbesondere ist das Linienelement (263) eine Invariante gegenüber Lorentz-
Transformationen. Man sagt dann von zwei Punkten im Minkowski-Raum:

Zwei Punkte im Minkowski- raumartig < 0


2 i k
Raum P (xi ) und Q(xi +∆xi ) zeitartig , wenn ∆s = ηik ∆x ∆x > 0 . (364)
liegen zueinander lichtartig = 0

Dies ist aber nichts anderes als unsere Definition (259), da jeder Punkt nun ein Ereignis ist.
3
Mit dem dreidimensionalen Abstand ∆x2 := ∆xν folgt aus ∆s2 = ∆t2 − ∆x2 > 0 ,
ν=1
daß ∆x2 /∆t2 < c2 . Es gibt dann einen Körper K , der sich mit einer Geschwindigkeit
|v| = |∆x/∆t| < c bewegt, so daß er zu einer Zeit t die Koordinaten des Ereignisses P
hat und zur Zeit t + ∆t die Koordinaten des Ereignisses Q . Das Ereignis P kann daher
mit Hilfe des Körpers K das Ereignis Q auslösen, es verursachen. Die beiden Ereignisse
können kausal zusammenhängen.
Das ist auch noch für ∆s2 = 0 möglich. In diesem Fall gilt ∆x2 /∆t2 = c2 . Dann gibt es
zwar keinen Körper mehr, der die beiden Ereignisse P und Q verbindet. Das Ereignis Q
kann aber durch ein Lichtsignal ausgelöst werden, das zur Zeit t die Koordinaten von P
hat und zur Zeit t + ∆t die Koordinaten von Q . Man sagt in diesem Fall, Q liegt auf
dem von P ausgehenden Lichtkegel, der auch Nullkegel genannt wird.
Für das Folgende unterdrücken wir wieder die y- und z-Koordinaten. In der x − ct-Ebene
wird der Lichtkegel dann durch die Gleichungen x = ± c t beschrieben. Alle Ereignisse
Q , die sich in oder auf dem von P ausgehenden Lichtkegel befinden, können kausal
miteinander zusammenhängen. Der Lichtkegel heißt daher auch Kausalkegel.
Für ∆s2 = ∆t2 − ∆x2 < 0 wird ∆x2 /∆t2 > c2 . Es gibt nun kein Signal mehr, daß die
Ereignisse P und Q miteinander verbindet. Das Ereignis Q liegt außerhalb des von P
ausgehenden Lichtkegels. Beide Ereignisse können nicht mehr kausal zusammenhängen,
vgl. Abb. 44. Wir merken uns:

Alle Ereignisse, die im Innern oder auf dem Rand des von einem Ereignis P
ausgehenden Lichtkegels liegen, und nur diese können mit dem Ereignis P
kausal zusammenhängen.
28 Die Lorentz-Gruppe 149

ct
 Σ -
 v

ct

6
Σo  Lichtkegel
@  
 *x


@ 
 
@  

 
@  Q 
r
@  

 
@  -x

 @
 O
 
  @

 @

@

@
@

Abb. 44: Der Lichtkegel für den Koordinatenursprung O . In der Darstellung sind zwei Raum-
dimensionen unterdrückt. Alle in und auf dem Kegel um die Zeitachse liegenden Ereignisse
(Punkte) und nur diese können in einem kausalen Zusammenhang mit dem Koordinatenursprung
O stehen (schraffierter Bereich). Und zwar kann das Ereignis O die im Nachkegel mit t ≥ 0
liegenden Ereignisse beeinflussen und von den im Vorkegel mit t ≤ 0 liegenden Ereignissen beein-
flußt werden. Für alle Punkte Q außerhalb des Lichtkegels gibt es ein Inertialsystem Σ (x , t ) ,
in welchem die Ereignisse Q mit O gleichzeitig sind. Zeichnet man die x - und die ct -Achse
symmetrisch zum Lichtkegel ein, so gelangt man zu einer graphischen Darstellung der speziellen
Lorentz-Transformation mit den aus ihr folgenden Eigenschaften der Längenkontraktion (82) und
der Zeitdilatation (83), s. Abb. 45.

Die Bahn eines Körpers im Minkowski-Raum heißt Weltlinie.

Hat der Körper eine konstante Geschwindigkeit, dann ist seine Weltlinie eine Gerade.
Der Lichtkegel wird durch die Weltlinien von Photonen gebildet. Die Weltlinie eines
in Σo ruhenden Körpers ist eine Parallele zur ct-Achse. Die Weltlinie eines Körpers,
der sich mit der Geschwindigkeit v entlang der x-Achse bewegt, ist im x-ct-Diagramm
von Abb. 44 eine durch den Koordinatenursprung gehende Gerade mit dem Anstieg
tan ϕ = c∆t/∆x = c/v . Diese Linie ist die ct -Achse des Systems Σ , in dem dieser
Körper ruht. Die Weltlinien von Körpern mit einer nicht verschwindenden Ruhmasse, die
den Koordinatenursprung O enthalten, liegen innerhalb des Lichtkegels. Geraden, die
nur durch den Koordinatenursprung O gehen und sonst außerhalb des Lichtkegels liegen,
z.B. die x-Achse und die x -Achse, sind keine Weltlinien.
Für ein Ereignis Q , das außerhalb des Lichtkegels von P in Σo liegt, existiert stets ein
Inertialsystem Σ , in welchem die Ereignisse P und Q gleichzeitig sind, und es existieren
Inertialsysteme Σ , in welchen die Ereignisse P und Q in umgekehrter zeitlicher
Reihenfolge ablaufen, verglichen mit ihrer Reihenfolge in Σo , s. dazu auch Aufg.7, S. 271.
150 Der mathematische Formalismus der Speziellen Relativitätstheorie

ct
6
Eichhyperbel
ct p
p
 p
 p p
p Lichtkegel
p p p 1p r
p p p rp p p p p
1  Eichhyperbel
p
 p
 p
 p
p x
 *

p 
v rB
 F
 Dr p r

  1 p
 γ pp
  
 p
  p
  pp

  p

 
O ϕ Cr rE rA -x

  γ 1 1
  p γ
 p
p
 p
p
Abb. 45: Spezielle Lorentz-Transformation und Lorentz-Kontraktion. Der Lichtkegel hat eine
Neigung von 45◦ zur x-Achse und halbiert auch den Winkel zwischen der x - und der ct -Achse.
Im Text berechnen wir die Koordinaten der eingezeichneten Punkte zu A(x = 1/γ , t = 0),
D(x = γ , t = 0) , C(x = γ , t = 0) , E(x = 1 , t = 0) , F (x = 1 , t = 0).
Die Gerade CF ist der ct -Achse parallel. Die Punkte E und F liegen auf der Eichhyperbel
(367), die wir gepunktet angedeutet haben, ebenso die Eichhyperbel (368). Bei geometrischen
Rechnungen hat man zu beachten, daß auf der x - und der ct -Achse andere Einheiten gelten als
auf der x- und der ct-Achse. Es ist tan ϕ = v/c . Wir haben hier den Fall v = 0, 5 c betrachtet,
also ϕ ≈ 26, 565◦ und γ = 0, 866 . Für den euklidischen Abstand des Punktes F mit der
2 2 2
Koordinate x = 1 zum Koordinatenursprung O erhalten wir gemäß OF = OA + AF den

Wert OF = c + v /c γ ≈ 1, 29 . Da wir den Einheitsmaßstab auf der x-Achse mit 4, 5 cm einge-
2 2

zeichnet haben, mußten wir denselben Einheitsmaßstab auf der x -Achse mit 4, 5 · 1, 29 = 5, 8 cm
darstellen. OC ist die von Σo aus als gleichzeitig beurteilte Lage der Endpunkte des in
Σ ruhenden Stabes OF , für den dort die Länge 1 gemessen wird. Ebenso ist OD die von
Σ aus als gleichzeitig beurteilte Lage der Endpunkte des in Σo ruhenden Einheitsmaßstabes OC .

Der Einfachheit halber zeigen wir dies für den Fall


Σo : P = O(0, 0, 0, 0) , Q = (xo , 0, 0, cto ) mit xo /to > c −→ ∆s2 = s2 = c2 t2o − x2o < 0 .
Die beiden Ereignisse P und Q liegen also raumartig zueinander.
Wir betrachten eine formale Geschwindigkeit u gemäß
u := xo /to −→ u > c .
Damit bilden wir Geschwindigkeiten v , die stets kleiner als c bleiben gemäß
Σo : v ≤ c2 /u < c . (365)
28 Die Lorentz-Gruppe 151

Ein Inertialsystem Σ bewege sich in bezug auf die x-Richtung des Inertialsystems Σo
Ein Inertialsystem
mit einer Σ bewege sichv in
solchen Geschwindigkeit bezuggilt
. Dann aufdiediespezielle
x-RichtungLorentzdes -Transformation
Inertialsystems Σo
mit einer solchen Geschwindigkeit v . Dann gilt die spezielle Lorentz-Transformation
x−vt t − xv/c2
x = x − v t , t = t − xv/c2 .
x = γ , t = γ .
γ γ
Der Koordinatenursprung O behält die Zeitkoordinate t = 0 bei, und für das Ereignis
Der Koordinatenursprung
Q erhalten wir unter Beachtung O behält
(365)die
fürZeitkoordinate
die Zeitkoordinate t = 0t ,bei, und für das Ereignis
o
Q erhalten wir unter Beachtung (365) für die Zeitkoordinate to ,
to − v xo /c2 to − to v xo /(c2 to ) to − to v u/c2 to
v u
to = to − v xo /c2 = to − to v xo /(c2 to ) = to − to v u/c2 = to
1 − v 2u ≤ 0 .
to = γ = γ = γ = γ 1 − c2 ≤ 0 .
γ γ γ γ c
so daß im Inertialsystem Σ wie behauptet, das Ereignis P früher oder gleichzeitig zum
so daß imQInertialsystem
Ereignis Σ wie behauptet,
ist. Im Inertialsystem das Ereignis P früher oder gleichzeitig zum
Σ ist es offensichtlich:
Ereignis Q ist. Im Inertialsystem Σ ist es offensichtlich:
Zwei räumlich voneinander getrennte und dabei gleichzeitige Ereignisse P und Q können
Zwei
nicht räumlich voneinanderzusammenhängen
kausal miteinander getrennte und dabei undgleichzeitige
erst recht nicht,Ereignisse
wennP Pund Q können
früher ist als
nicht kausal miteinander zusammenhängen und erst recht nicht,
Q . Diese Eigenschaft, daß die beiden Ereignisse nämlich raumartig zueinander liegen, wenn P früher ist als
Qist. unabhängig
Diese Eigenschaft, daß die beiden
vom Bezugssystem, Ereignisse
weil sie durchnämlich raumartig
eine Lorentz zueinander
-invariante liegen,
Beziehung
ist unabhängig
ausgedrückt wird,vom Bezugssystem, weil sie durch eine Lorentz-invariante Beziehung
ausgedrückt wird,
s2 = s2 < 0 .
s2 = s2 < 0 .
Die spezielle Lorentz-Transformation und die aus ihr folgende Relativität der Lorentz-
Die spezielle Lorentz
Kontraktion haben wir -Transformation und die aus
in Abb. 45 graphisch ihr folgendeWir
dargestellt. Relativität
zeigen der wie die-
nun,Lorentz
Kontraktion haben wir in Abb. 45 graphisch dargestellt.
Relativität der Längenkontraktion zustande kommt. Analog dazu ist die Relativität derWir zeigen nun, wie die
Relativität der Längenkontraktion zustande kommt.
Zeitdilatation in Abb. 65 dargestellt und als Aufg.21, S. 295, gerechnet. Analog dazu ist die Relativität der
Zeitdilatation in Abb. 65 dargestellt und als Aufg.21, S. 295, gerechnet.
Der Lichtkegel halbiert den Winkel zwischen der x- und ct-Achse sowie zwischen der x -
Der
und Lichtkegel halbiert den Winkel zwischen der x- und ct-Achse sowie zwischen der x -
der ct -Achse.
und der ct -Achse.
Die x -Achse ist die Gesamtheit der im System Σ zum Koordinatenursprung gleich-
Die
zeitigen x -Achse
Punkteist die
und Gesamtheit
ergibt sichder im aus
also System
der Σ oben zumnoch Koordinatenursprung
einmal aufgeschriebenen gleich-
zeitigen Punkte und ergibt sich also aus der oben noch
Lorentz-Transformation, indem wir dort in der zweiten Formel einfach t = 0 setzen. einmal aufgeschriebenen

Lorentz
Ebenso folgt -Transformation,
die ct -Achseindem
aus derwir dortFormel
ersten in der für
zweiten
x = 0Formel
, einfach t = 0 setzen.
Ebenso folgt die ct -Achse ⎫ aus der ersten Formel für x = 0 ,
v
ct = v x , x -Achse ⎫ ⎪

ct = c x , x -Achse ⎪ ⎬
c (366)
c  ⎪
⎭ (366)
ct = c x . ct -Achse ⎪
ct = v x . ct -Achse ⎭
v
Die x -Achse bildet also mit der x-Achse einen Winkel ϕ gemäß tan ϕ = v/c , wie man
Die
auchxder -Achse
Abb.bildet also mit der
45 unmittelbar x-Achse einen
entnimmt. Winkel
Denselben ϕ gemäß
Winkel bildettan dieϕ ct-Achse
= v/c , wiemitman
der
auch  der
ct -Achse. Abb. 45 unmittelbar entnimmt. Denselben Winkel bildet die ct-Achse mit der
ct
Auf -Achse.
den gestrichenen x -, ct -Achsen werden nun die Maßeinheiten definiert, d.h. die
Auf den
Punkte, welche gestrichenen x -, ct -Achsen
die Maßzahlen werden
1 , d.h. dienun die Maßeinheiten
gestrichenen Koordinaten definiert,
1 d.h. die
besitzen.
Punkte, welche die Maßzahlen 1 , d.h. die gestrichenen
Dies geschieht für alle Inertialsysteme mit Hilfe der Lorentz-invarianten BeziehungenKoordinaten 1 besitzen.
Dies
s22 = geschieht
−1 bzw. für s22 =alle
1 , Inertialsysteme
welche in der x-ct- mit Ebene
Hilfe derKurvenLorentz -invarianten
definieren, die man Beziehungen
in diesem
= −1 bzw. sauch
sZusammenhang = 1Eichhyperbeln
, welche in dernennt,
x-ct- Ebene Kurven definieren, die man in diesem
Zusammenhang auch Eichhyperbeln nennt,

Eichhyperbel
s2 = −1 : c2 t2 − x2 = −1 , Eichhyperbel (367)
s2 = −1 : c2 t2 − x2 = −1 , für die x -Achsen (367)
für die x -Achsen
152 Der mathematische Formalismus der Speziellen Relativitätstheorie

Eichhyperbel
s2 = 1 : c2 t2 − x2 = 1 . (368)
für die c t -Achsen

Um auf allen Achsen dieselbe Dimension zu haben, sind auch auf den zeitlichen
Koordinatenachsen durch die Multiplikation der Zeit mit der Lichtgeschwindigkeit
Längeneinheiten abgetragen. Wenn wir im Minkowski-Raum die Maßeinheiten des
SI-Systems benutzen, dann bedeutet also der als Maßzahl definierte Koordinatenwert von
z.B. ’1’ die Entfernung 1 m vom Koordinatenursprung und zwar sowohl für die x- als
auch die ct-Achse. Bei der Maßeinheit ’1’ der ct-Achse steht der Zeiger der Uhr dann
auf (1/c) s ≈ (1/3) · 10−8 s.
Der Schnittpunkt F (xF , ctF ) der x -Achse gemäß (366) mit ihrer Eichhyperbel (367) ist
durch die Gleichungen
v
ctF = xF , und x2F − c2 t2F = 1
c
bestimmt. Daraus folgt
1 v/c
xF = , ctF = . (369)
γ γ
(Einen zweiten Schnittpunkt für negative x -Werte lassen wir hier weg.)
Da für den Punkt F gemäß (369) das invariante Linienelement
s2 = c2 t2F − x2F = s2 = c2 tF − xF = −1
2 2

lautet, wird in Σ mit tF = 0 die Einheit auf der x -Achse festgelegt auf xF = 1 .
Dem (dick eingezeichneten) Einheitsmaßstab OE auf der x-Achse von Σo wird in Σ die
gleichzeitige Lage OD seiner Endpunkte zugeordnet, da ED die Weltlinie des rechten
Endpunktes E ist. Der Punkt A hat nach (369) die x-Koordinate 1/γ . Nach dem
Strahlensatz gilt dann 1/γ 1 ≡ OA/OE = OF /OD .
Der Längenmaßstab in Σ soll nach unserer Eichhyperbel OF sein. Also wird seine
Maßzahl, seine Endkoordinate xF , in Σ als 1 bewertet. Der Strahlensatz sagt also aus,
daß in Σ die Endkoordinate xD = γ gemessen wird :

Für den im System Σo ruhenden Einheitsmaßstab OE wird in Σ die


Lorentz-kontrahierte Länge γ gemessen.

Andererseits wird dem (dick eingezeichneten) Einheitsmaßstab OF auf der x -Achse von
Σ in Σo die gleichzeitige Lage OC seiner Endpunkte zugeordnet, da CF die Weltlinie
des rechten Endpunktes F ist, der sich mit der Geschwindigkeit v von Σ bewegt. Die
Koordinaten (x, ct) dieser Weltlinie erfüllen also die Gleichung (x − xF )/(t − tF ) = v .
In diese Gleichung
 setzen wir  die Koordinaten (xF , tF ) aus (369) ein und finden
ct = (c/v) x − (1/γ) + (v 2 /c2 γ) , also ct = (c/v) (x − γ) . Der Schnittpunkt C mit der
x-Achse folgt daraus für t = 0 zu x = γ .
Nun wird xE in Σo als 1 bewertet, so daß die Endkoordinate des Einheitsmaßstabes von
Σ in Σo die Maßzahl xD = γ hat:

Für den im System Σ ruhenden Einheitsmaßstab OF wird in Σo die


Lorentz-kontrahierte Länge γ gemessen.
28 Die Lorentz-Gruppe 153

28.6 Einsteins Relativitätsprinzip im Minkowski-Raum


Gilt für einen Tensor beliebiger Stufe in einem einzigen Inertialsystem T = 0 , so gilt diese
Gleichung auch in jedem anderen Inertialsystem. Das kann man unmittelbar aus dem
Transformations-Gesetz für die gestrichenen und die ungestrichenen Komponenten eines

Tensors ablesen. So folgt beispielsweise aus Ti k = 0 gemäß (358) sofort Tik = 0 und
k k
umgekehrt. Ebenso folgt aus der Gleichung Ai = Bi im Inertialsystem Σo , daß dann
 
Aik = Bik in jedem beliebigen Inertialsystem Σ erfüllt ist. Dieser einfache Sachverhalt
hat eine weitreichende physikalische Bedeutung und gestattet eine allgemeine mathema-
tische Formulierung von Einsteins Relativitätsprinzip, das wir auf S. 32 zitiert haben.
Wir müssen nur versuchen, die physikalischen Vorgänge, die wir beschreiben wollen,
mathematisch als Gleichungen zwischen Tensoren im Minkowski-Raum auszudrücken.
Diese Gleichungen gelten dann in jedem Inertialsystem in gleicher Weise. Damit finden
wir folgende allgemeine Form für Einsteins Relativitätsprinzip32

Die Gesetze, nach denen sich die Zustände eines physikalischen Systems ändern,
sind als Tensorgleichungen im Minkowski-Raum zu formulieren.

Man spricht auch von der kovarianten, vierdimensionalen Formulierung der physikalischen
Gesetze. Damit wird zum Ausdruck gebracht, daß alle in den Gleichungen stehenden
Größen sich auf dieselbe Weise - kovariant - gegenüber Lorentz-Transformationen ver-
halten, also als Tensoren im Minkowski-Raum. Die Gleichungen sind dann forminvariant
gegenüber Lorentz-Transformationen, sie behalten ihre mathematische Form in jedem
Inertialsystem bei.
In diesem Satz steckt ein gewaltiges, heuristisches Prinzip zur Aufdeckung physika-lischer
Gesetzmäßigkeiten. Wir müssen uns ’nur’ überlegen, welche mathematischen Möglichkeiten
es gibt, physikalische Zusammenhänge als Tensorgleichungen im Minkowski-Raum zu
formulieren. Eine bedeutende Anwendung dieses Prinzips, die auf Minkowski selbst
zurückgeht, besprechen wir in Kap. 30.2.3, S. 198ff. Gleichungen, die sich nicht in
eine solche Form kleiden lassen, scheiden für die exakte Beschreibung physikalischer
Sachverhalte damit von vornherein aus. Wie wir, ausgehend von unserer klassischen
Physik, zu Tensorgleichungen im Minkowski-Raum gelangen, werden wir für die Mechanik
und die Elektrodynamik in den nächsten beiden Kapiteln sehen.

32 Aus der mathematischen Analyse dieser Aussage folgt die Notwendigkeit, diese Formulierung noch

einmal zu ergänzen. Außer den Tensoren, den sog. ganzzahligen Darstellungen der Lorentz-Gruppe
gibt es eine weitere Klasse geometrischer Objekte, die sog. Spinoren, halbzahlige Darstellungen der
Lorentz-Gruppe. Auch das Transformations-Gesetz für den Zusammenhang zwischen den Komponen-
ten von Spinoren in zwei verschiedenen Inertialsystemen wird durch Matrizen beschrieben, die aber nun
in komplizierterer Weise aus der Lorentz-Matrix zu berechnen sind. Die mathematische Beschreibung
von Teilchen mit Spin, dem Eigendrehimpuls von Elektronen, Protonen, Neutronen, π-Mesonen u.a., wird
durch Spinorgleichungen geleistet, z.B. durch die berühmte Dirac-Gleichung für Teilchen mit dem Spin
1/2 . Wir werden hier darauf nicht eingehen können. In voller Allgemeinheit muß es bei der Formulierung
des Relativitätsprinzips also anstelle von ”Tensorgleichungen” ’Tensorgleichungen oder Spinorgleichungen’
heißen.
154 Der mathematische Formalismus der Speziellen Relativitätstheorie

29 Die kovariante Formulierung der


relativistischen Mechanik

Die physikalische Aussage des Zweiten Newtonschen Axioms (95) postuliert die Propor-
tionalität von einwirkender Kraft F und der zeitlichen Änderung des Impulses p = mu .
Das Gleichheitszeichen ergab sich dann aus der Wahl der Maßeinheit für die Kraft.
Eine solche Aussage läßt es durchaus zu, daß die Masse m , die in die Definition des
Impulses eingeht, von ihrer Geschwindigkeit u abhängig sein kann. Erst die Annahme
der Galilei-Transformation (48) erzwingt die Unveränderlichkeit der Trägheit m = mo ,
was wir in Aufg. 12, S. 279. mit dem Tolmann-Experiment nachgewiesen haben.
In den Kapiteln 17 und 18 haben wir aus der Lorentz-Transformation die relativistischen
Korrekturen zu den Formeln (105) der klassischen Mechanik hergeleitet, nämlich die
Massenformel (123) und als Konsequenz daraus mit Hilfe des total unelastischen Stoßes
die Energie-Masse-Äquivalenz (142).
Die Galilei-Transformation ist der Grenzfall der Lorentz-Transformation für c −→ ∞ .
Aus der relativistischen Gleichung (123) folgt für c −→ ∞ wieder die klassische konstante
Masse mo . Solange wir mit Körpern experimentieren, deren Geschwindigkeiten u sehr
viel kleiner als die Lichtgeschwindigkeit sind, |u|  c , solange gelten die Newtonschen
Gleichungen für unveränderliche Massen (105) angenähert in jedem Inertialsystem.
Wir wollen nun mit Hilfe des auf S. 153 formulierten Einsteinschen Relativitätsprinzips
im Minkowski-Raum nach solchen Tensorgleichungen im Minkowski-Raum suchen, die im
Grenzfall kleiner Geschwindigkeiten in die Newtonschen Gleichungen (105) für konstante
Massen übergehen. Dazu besprechen wir zunächst die Beschreibung von Bewegungen im
Minkowski-Raum.

29.1 Die Bewegung eines Teilchens im Minkowski-Raum


29.1.1 Die Eigenzeit einer Teilchenbewegung
Die Bahn eines Körpers und seine Geschwindigkeit beschreiben wir durch die Gleichungen

dx(t)
x = x(t) −→ ux = ,
dt
dy(t)
y = y(t) −→ uy = ,
dt
dz(t)
z = z(t) −→ uz = .
dt
In der Galilei-invarianten, Newtonschen Mechanik ist die Zeit t eine Invariante, die in
jedem Inertialsystem denselben Wert hat. Das ist wegen der Lorentz-Transformation
nun anders. Anstelle von t brauchen wir jetzt einen Lorentz-invarianten Parameter zur
Beschreibung der Bewegung. Dazu betrachten wir zwei benachbarte Punkte P und Q
auf der Bahn des Körpers in unserem dreidimensionalen Raum,


P x(t), y(t), z(t) , ⎬


(370)
Q x(t + dt), y(t + dt), z(t + dt) = Q x(t) + ux dt, y(t) + uy dt, z + uz dt . ⎭
29 Die kovariante Formulierung der relativistischen Mechanik 155

Dieser Bahn entspricht eine Weltlinie im vierdimensionalen Minkowski-Raum. Tangiert


der Körpers den Koordinatenursprung und bewegt sich z.B. mit einer gleichförmigen
Geschwindigkeit, so sind seine Weltlinien die Geraden innerhalb des Lichtkegels mit der
Zeitachse ct für den ruhenden Körper, Abb. 44. Andernfalls sind es Kurven, deren
Anstieg größer als 1 ist. Schreiben wir wieder

x0 = c t , x1 = x(t) , x2 = y(t) , x3 = z(t) ,

so entsprechen den Raumpunkten P und Q Punkte auf der Weltlinie des Körpers, die
Ereignisse EP und EQ ,


EP x0 , x1 , x2 , x3 , ⎪


⎪ (371)
EQ x0 + c dt , x1 + ux dt , x2 + uy dt , x3 + uz dt . ⎭

Der Einfachheit halber nehmen wir an, daß die Weltlinie durch den Koordinatenursprung
 
gehen möge. Wir kennen die Invariante ds2 = ηik dxi dxk = ds2 = ηik dxi dxk und bilden
daraus die Invariante dτ ,

ds 1 2 2 Differential
dτ := = c dt − u2 dt2 = 1 − u2 /c2 dt = γu dt . (372)
c c der Eigenzeit

Hierbei ist in γu die momentane Geschwindigkeit u des Körpers einzusetzen. Die durch
Integration gebildete Invariante τ heißt Eigenzeit der Bewegung des Körpers. Für die
Integration von t = 0 des Ereignisses O bis zur Zeit tE eines Ereignisses E auf der
Weltlinie des Körpers erhalten wir mit der Substitution von τ durch t gemäß (372)

τE tE
τE = dτ = 1 − u2 (t)/c2 dt . Eigenzeit (373)
0 0

Die Größe τ ist der gesuchte Parameter, der für eine relativistische Beschreibung der
Bahn eines Körpers den klassischen Parameter, die Zeit t , ersetzt. In der nichtrelati-
vistischen Näherung, für u2 /c2  1 , kann man für die Eigenzeit τ wieder näherungsweise
einfach die Zeit t schreiben. Im relativistischen Fall ist es die Eigenzeit τ , die in jedem
Inertialsystem ein und denselben Wert hat,


tE tE
Unabhängigkeit der Eigenzeit
1 − u2 (t)/c2 dt = 1 − u2 (t )/c2 dt . (374)
vom Inertialsystem
0 0

Das folgt einfach aus der Definition von τ mit Hilfe des invarianten Linienelementes ds .
In Aufg. 22, S. 297, rechnen wir dies noch einmal explizit nach.
156 Der mathematische Formalismus der Speziellen Relativitätstheorie

29.1.2 Die Vierervektoren einer Teilchenbewegung


Die zu den beiden benachbarten Punkten EP und EQ gehörenden Koordinaten-
differentiale dxi bilden gemäß (353) die kontravarianten Komponenten eines Vektors im
Minkowski-Raum. Da dτ eine Invariante ist, bilden die Größen dxi /dτ ebenfalls die
kontravarianten Komponenten eines Vierervektors, den Vierervektor der Geschwindigkeit
ui , also, indem wir (372) beachten,

dxi
ui :=

 Vierervektor der (375)
c ux uy uz Geschwindigkeit
= , , ,
1 − u2 /c2 1 − u2 /c2 1 − u2 /c2 1 − u2 /c2

 
mit der Geschwindigkeit u des Körpers gemäß u = ux (t) , uy (t) , uz (t) . Wir schreiben



3


2
u := ν ν
u u = u u δνµν µ ⎪



ν=1 ⎪

und zur Unterscheidung (376)





3 ⎪

u2 := un um ηnm = un um ηnm . ⎪

n=0

Die kovarianten Komponenten der Vierergeschwindigkeit lauten



c −ux −uy −uz
ui := ηik u = k
, , , . (377)
1 − u2 /c2 1 − u2 /c2 1 − u2 /c2 1 − u2 /c2

Aus (375) und(377) folgt sofort, daß die Vierergeschwindigkeit für alle Geschwindigkeiten
u ein und dieselbe Invariante bildet,

 2  2  2  2
u2 = ui uk ηik = u0 − u1 − u2 − u3
2 2 2
c2 (ux ) (uy ) (ux )
= − − − ,
1 − u2 /c2 1 − u2 /c2 1 − u2 /c2 1 − u2 /c2

also

u2 = ui uk ηik = ui ui = c2 . (378)

Die Vierergeschwindigkeit ist ein zeitartiger Vektor. Am einfachsten berechnet man


natürlich die Invariante (378), indem man in das momentane Ruhsystem des Körpers
geht, wo u = 0 gilt, woraus sofort (378) folgt.
29 Die kovariante Formulierung der relativistischen Mechanik 157

Aus der Vierergeschwindigkeit ui können wir durch Differentiation nach der Eigenzeit τ
die kontravarianten Komponenten des Vektors der Viererbeschleunigung ai bilden, wobei
zu beachten ist, daß nun die zu differenzierende Geschwindigkeit u sowohl im Zähler als
auch im Nenner steht.
Wegen (372) ist

d 1 d
= ,
dτ 1 − u /c
2 2 dt

also

dui
ai =
dτ 
1 ax ay az
= 0, , ,
1 − u2 /c2 1 − u2 /c2 1 − u2 /c2 1 − u2 /c2
⎛ ⎞
⎝  a · u/c a · u ux /c a · u uy /c a · u uz /c
2 2 2
1
+ , , , ,⎠.
1 − u2 /c2 (1 − u2 /c2 )
3
(1 − u2 /c2 )
3
(1 − u2 /c2 )
3
(1 − u2 /c2 )
3

Die Viererbeschleunigung ai setzt sich also in komplizierter Weise aus den Komponenten
der dreidimensionalen Geschwindigkeit u und der dreidimensionalen Beschleunigung a
zusammen,


dui ⎪

ai = ⎪

dτ Vierervektor der
 
2 ⎪Beschleunigung
(379)
a · u/c ax a · uux /c ay a · uuy /c az a · uuz /c ⎪
2 2

= , + , + , + ⎭
γu4 γu2 γu4 γu2 γu4 γu2 γu4

mit der Beschleunigung a des Körpers gemäß


 
  dux duy duz
a = ax (t) , ay (t) , az (t) = , , ,
dt dt dt
und es ist
a · u = ux ax + uy ay + uz az .
Für u  c werden die letzten drei Komponenten sowohl von ui als auch von ai mit
den Komponenten der dreidimensionalen Geschwindigkeit u bzw. der dreidimensionalen
Beschleunigung a identisch.
158 Der mathematische Formalismus der Speziellen Relativitätstheorie

29.2 Die Dynamik der Teilchen im Minkowski-Raum


Wir suchen nun solche Tensorgleichungen im Minkowski-Raum für die Bewegung eines
Teilchens, die im Grenzfall kleiner Geschwindigkeiten, d.h. v/c −→ 0 , in die Newtonschen
Gleichungen (105) für konstante, d.h. geschwindigkeitsunabhängige Massen übergehen.
Der experimentelle Parameter eines Teilchens ist seine Ruhmasse mo , d.h. die träge
Masse, die wir im momentanen Ruhsystem des Körpers messen. Da wir dabei von der
Geschwindigkeit u = 0 ausgehen, ist die träge Masse mo bereits im Sinne der klassischen
Mechanik exakt definiert. Über die Einsteinsche Energie-Masse-Äquivalenz (142) kann
man mo auch aus der Energie ermitteln, die durch diese Masse freigesetzt werden kann.
Die Größe mo ist also definitionsgemäß eine Lorentz-Invariante, ein Tensor nullter Stufe,
dessen Zahlenwert in jedem Inertialsystem derselbe ist:

Der experimentelle, Lorentz-invariante Parameter eines Teilchens ist seine


Ruhmasse mo , die träge Masse im momentanen Ruhsystem.

In Anlehnung an die klassische Mechanik und mit dem Ziel, Tensoren im Minkowski-Raum
zu bilden, definieren wir unter Beachtung von (375) den Vierervektor des Impulses pi
eines Körpers gemäß

dxi
pi := mo = mo ui

 Vierervektor des (380)
mo c mo u x mo uy mo u z Impulses
= , , , .
1 − u2 /c2 1 − u2 /c2 1 − u2 /c2 1 − u2 /c2

Für u  c gehen die letzten drei Komponenten des durch (380) definierten Viererimpulses
pi in den klassischen Impuls p über. Dasselbe gilt für die Vierergeschwindigkeit.
Diejenigen Tensorgleichungen, die für u  c in die klassischen Gleichungen (105) mit
(107) anstelle der dritten Gleichung von (105) übergehen, lauten damit

Kovariante Form der relativistischen Mechanik im Minkowski-Raum :

d i d i d dxi Das Zweite Axiom


p = mo u = mo = Fi .
dτ dτ dτ dτ der relativistischen Mechanik

mo Das Erste Axiom (381)


pi = ui = const für F i = 0 .
1−u2 /c2 der relativistischen Mechanik

Wirken allein innere Kräfte, dann gilt


d i
n
d 1 d i Das Dritte Axiom
p = Pi = P =0.
dτ a=1 a dτ 1−u /c2 2 dt der relativistischen Mechanik

Die physikalische Interpretation des ’Vierervektors der Kraft’ F i werden wir gleich nach-
holen.
29 Die kovariante Formulierung der relativistischen Mechanik 159

Für n Teilchen mit den Ruhmassen moa an den Positionen xia , die unter der Wirkung
von äußeren Kräften Fai und Wechselwirkungskräften Fba
i
stehen, gilt

d i d d i  n
i
pa = moa xa = Fba + Fai . (382)
dτ dτ dτ
b=1

Wir werden unten sehen, daß (382) tatsächlich sowohl die Erhaltung des Gesamtimpulses
P als auch der Gesamtenergie E beinhaltet.
Die Größen F i bzw. Fai und Fba i
heißen Minkowskische Kraftvektoren. Schreiben wir
für die letzten drei Komponenten des Vektors F i in (381)

 1  Fx Fy Fz
F , F , F :=
2 3
, , (383)
1 − u2 /c2 1 − u2 /c2 1 − u2 /c2

und berücksichtigen die Gleichungen (372) und (375) für das Differential der Eigenzeit
und für den Vierervektor der Geschwindigkeit, dann lauten die letzten drei Komponenten
für das Zweite Axiom, indem wir noch einen Faktor 1/γu herauskürzen,

d d d mo u
p = (m u) = =F (384)
dt dt dt 1 − u2 /c2

mit F = (Fx (t) , Fy (t) , Fz (t) ) und u = (ux (t) , uy (t) , uz (t) ) .
Wir sehen, mit dem Ansatz (383) für die Minkowskischen Kraftvektoren werden die
ersten drei Komponenten der kovarianten Gleichungen (381) identisch mit den in Kap. 17
hergeleiteten Gleichungen (124) der relativistischen Mechanik. Die auf S. 153 gegebene
kovariante Formulierung des Einsteinschen Relativitätsprinzips ersetzt die detaillierten
Überlegungen in Kap. 17 mit Hilfe des Tolmanschen Gedankenexperimentes zur Her-
leitung der relativistischen Mechanik durch einen einzigen formalen Schritt. Das läßt die
theoretische Bedeutung des Minkowskischen Formalismus erkennen.
Bei der relativistischen Wechselwirkung von Teilchen und Feldern spielt die vierdi-
mensionale, also tensorielle Form der Bewegungsgleichungen stets eine zentrale Rolle.
Die Minkowskischen Vektorgleichungen (381) bestehen aber immer aus vier skalaren
Gleichungen im Unterschied zu den drei skalaren Gleichungen der dreidimensionalen
Vektorgleichungen (124). Wir müssen also noch klären, was es mit der vierten Gleichung
in der kovarianten Formulierung der Bewegung eines Teilchens für eine Bewandtnis hat.
Dazu überschieben wir das Zweite Axiom in (381) mit dem Vektor ui , also
d i 1 d i mo d i
ui p = ui dp = ui u = ui F i . (385)
dτ 1 − u /c
2 2 dt 1 − u /c
2 2 dt

Nun folgt aus (378) durch Differentiation

d   d i d d i
ui ui = ui u + ui ui = 2 ui u =0 , (386)
dt dt dt dt

so daß

ui F i = u0 F 0 + u1 F 1 + u2 F 2 + u3 F 3 = 0 . (387)
160 Der mathematische Formalismus der Speziellen Relativitätstheorie

Hier setzen wir (377) und (383) ein und erhalten für die nullte Komponente des
Minkowskischen Kraftvektors

1 u·F
F0 = . (388)
c 1 − u2 /c2

Durch (383) und (388) ist der Minkowskische Kraftvektor nun vollständig bestimmt,


u·F Fx Fy Fz Minkowskischer
F =i
, , , . (389)
c 1 − u /c
2 2 1 − u /c
2 2 1 − u /c
2 2 1 − u /c
2 2 Kraftvektor

Die nullte Komponente des Zweiten Axioms in (381) lautet

d 0
p = F0 .

Mit (372) für dτ sowie (380) und (388) folgt daraus

1 d 0 1 d m c 1 u·F
p = o = F0 = .
1 − u2 /c2 dt 1 − u2 /c2 dt 1 − u2 /c2 c 1 − u2 /c2

Einen Faktor 1/γu können wir hier herauskürzen. Die nullte Komponente des Zweiten
Axioms der relativistischen Mechanik in (381) lautet also

d m c2 d
o = E =u·F . (390)
dt 1 − u2 /c2 dt

Das ist aber nichts anderes als die relativistische Energiebilanz (131) der Mechanik, welche
hier als nullte Komponente in der kovarianten Formulierung der Bewegungsgleichung ent-
halten ist:
Auf der rechten Seite von (390) steht die durch die Kraft F an dem mit der Geschwindigkeit
u bewegten Teilchen geleistet Arbeit pro Zeiteinheit, also die Leistung, die in dem Ener-
giezuwachs pro Zeiteinheit dE/dt = (d/dt)mc2 auf der linken Seite der Gleichung ihren
Niederschlag findet. In Kap. 18 haben wir gelernt, daß jede Energie E über die Gleichung
(142) einer Masse m = E/c2 äquivalent ist. Am Beispiel des total unelastischen Stoßes
haben wir gesehen, daß sich die Ruhmasse mo infolge von Energieumsetzungen ändern
kann. In Aufg. 23, S. 298, wollen wir dies noch einmal für die kovariante Form der relati-
vistischen Mechanik im Minkowski-Raum rechnen.
Wir zeigen jetzt, daß gemäß dem Prinzip (94), S. 66, in jedem Inertialsystem derselbe
dreidimensionale Kraftvektor F wirkt, wenn die Größe F i gemäß (389) ein vierdimen-
sionaler Minkowskischer Kraftvektor ist. Der Einfachheit halber beschränken wir uns auf
eindimensionale Bewegungen in Richtung der x-Achse. Es sei u = (u, 0, 0) die unter der
Wirkung der Kraft F = (F, 0, 0) i. allg. veränderliche Geschwindigkeit eines Teilches und
v die konstante Geschwindigkeit des Bezugssystems Σ in x-Richtung von Σo .
29 Die kovariante Formulierung der relativistischen Mechanik 161


Mit γu = 1 − u2 /c2 schreiben wir also für den Minkowskischen Kraftvektor

 
  uF F
F ≡ F 0, F 1, F 2, F 3 = , , 0, 0 . (391)
c γu γu


Die Komponenten F i für die Kraft im Bezugssystem Σ berechnen wir aus der Lorentz-
Transformation (284), indem wir dort die Koordinaten durch die Komponenten der
Viererkraft ersetzen. Wir schreiben γv anstelle von γ , berücksichtigen das Einsteinsche
Additionstheorem (76) und erhalten für (391)

 F0 F 1 v/c F (u − v) u F (1 − uv/c2 )
F0 = − = = ,
γv γv c γu γv c γu γv

 −F 0 v/c F 1 F (1 − uv/c2 )
F1 = + −= .
γv γv γu γv

Gemäß (127) ist

1 − u v/c2 1 u−v
= , u = ,
γu γv γu 1 − u v/c2

so daß schließlich

   
 u F F 
F0 , F1 , F2 , F3 , = , , 0, 0 . (392)
c γu γu


Dies sind aber die Komponenten des Minkowskischen Kraftvektors F i im Bezugssystem
Σ bei unverändert wirkender Kraft F = (F, 0, 0) . Wird also z.B. in Σo eine Kraft
F = 1 N gemessen, dann beobachtet man auch von Σ aus die Kraft F = 1 N .
Mit der Energie-Masse-Äquivalenz (142) und der Massenformel (123) finden wir für den
Vierervektor pi des Impulses (380) den Ausdruck

 
 i E
p = ( m c , m ux , m uy , m uz ) = , px , py , pz . (393)
c

Gleichung (393) ist ein bemerkenswertes Ergebnis. Die drei Komponenten des Impulses
p = m u bilden zusammen mit der durch c dividierten Energie E = m c2 die Kompo-
nenten eines Vektors im Minkowski-Raum. In der klassischen Mechanik ist die Energie
eines Teilchens oder Teilchensystems nur bis auf eine additive Konstante bestimmt. Die
kovariante Formulierung der Mechanik erzwingt hier ein Verschwinden der klassischen
Energiekonstante , andernfalls würden Impuls und Energie keinen Vierervektor bilden.
Der Viererimpuls heißt daher auch Energie-Impuls-Vektor.
162 Der mathematische Formalismus der Speziellen Relativitätstheorie

Das Dritte Axiom der Mechanik im Minkowski-Raum, (381), enthält daher beides, den
Erhaltungssatz für die Energie und den Impulserhaltungssatz. Beim Übergang zu einem
anderen Inertialsystem transformieren sich also die durch c dividierte Energie E/c und
der Impuls (px , py , pz ) eines Körpers genauso nach der Lorentz-Transformation wie die
Zeitkoordinate ct und die Raumkoordinaten (x, y, z) .
Für die Berechnung der Invarianten p2 := pi pi des Energie-Impuls-Vektors pi aus (380)
benutzen wir die Unabhängigkeit vom Inertialsystem. Wir können p2 also ganz einfach
aus der im Ruhsystem des Körpers geschriebenen Gleichung (380) mit u = 0 ermitteln
und finden

p2 := pi pk ηik = pi pi = m2o c2 . (394)

Mit (393) bedeutet dies E 2 /c2 − p2 = m2o c2 , und wir erhalten die relativistische Beziehung
zwischen dem Impuls p und der Energie E eines Körpers in der Form


E= p2 c2 + m2o c4 . (395)

Mit p = mo u/ 1 − u2 /c2 enthält (395) natürlich wieder die Einsteinsche Energie-Masse-
Äquivalenz,

E = m c2 . Energie-Masse-Äquivalenz (396)

Für v  c folgt die Näherung


     
p2 m2 u 2
E = m2o c4 1+ = m2o c4 1 + 2 2
m2o c2 mo c

       
m2o u2 u2 u2
≈ m2o c4 1+ 2 2 = m2o c4 1 + 2 ≈ mo c 2 1 + 2
mo c c 2c

und damit in Übereinstimmung mit unserem Ergebnis (144)


1
E ≈ mo c2 + mo u 2 . (397)
2
Wir wollen hier eine Bemerkung zum Begriff der trägen Masse m eines Körpers anfügen,
wenn diese als das Verhältnis m = F/a der aufgewendeten Kraft F zu der dadurch erziel-
ten Beschleunigung a verstanden wird. Diese Größe mo ist auf Grund der vorausgesetzten
Ausgangsgeschwindigkeit u = 0 eindeutig festgelegt. Wenn sich das Verhältnis von Kraft
und Beschleunigung mit der Geschwindigkeit des Körpers nicht ändert, wie in der klas-
sischen Mechanik, dann kann man die träge Masse bei jeder Ausgangsgeschwindigkeit auf
diese Weise bestimmen. Ändert sich aber der Quotient F/a mit der Geschwindigkeit des
Körpers, dann wird er i. allg. auch noch mit der Richtung der Kraft variieren. Die durch
den Quotienten m = F/a definierte Trägheit m hängt dann davon ab, ob der Körper
senkrecht oder parallel zu seiner momentanen Geschwindigkeit beschleunigt wird.
29 Die kovariante Formulierung der relativistischen Mechanik 163

Betrachten wir hierzu als Beispiel den Fall, daß die Geschwindigkeit u des Körpers
nur eine Komponente in x-Richtung hat, während seine Beschleunigung a in der
x-y-Ebene liegen soll, also u = (ux = u, 0, 0) , a = (ax , ay , 0) . Aus der Formel (379) für
den Vierervektor ai der Beschleunigung finden wir damit für die räumlichen Komponenten
   
ax u u ax ay ax ay
+ , , 0 = , , 0 (398)
γu γu3 γu γu3 γu

und erhalten damit für die relativistische Bewegungsgleichung (384)


 
mo mo
ax , ay , 0 = (Fx , Fy , 0) . (399)
γu3 γu

Das hat man früher zum Anlaß genommen, für die Beschleunigung in Bewegungsrich-
tung, hier die x-Richtung, eine sog. longitudinale Masse ml = mo /γu3 = Fx /ax und
senkrecht zur Bewegungsrichtung, hier die y-Richtung, die sog. transversale Masse
mt = mo /γu = Fy /ay zu definieren. Diese Begriffe sind aber für die Theorie ohne
weitere Bedeutung. Wichtig ist die Masse, die den Impuls eines Körpers bestimmt, also
die in Kap. 17, Gleichung (123), gefundene Größe mo /γ , die in diesem Zusammenhang
auch als Impulsmasse bezeichnet wird. Das ist die Masse, die auch in der Einsteinschen
Energie-Masse-Äquivalenz (142) steht.
Als Anwendung der kovarianten Gleichungen (381) der relativistischen Mechanik wollen
wir den Stoß von Teilchen betrachten. Eine Wechselwirkung von Teilchen, die nur in einem
beschränkten, mitunter sehr kleinen Zeitintervall δt stattfindet, nennt man einen Stoß.
Außerhalb dieses Zeitintervalls werden die Teilchen als kräftefrei betrachtet, und während
des Stoßes wirken nur innere Kräfte. Ohne genauere Kenntnis über die physikalische Natur
dieser Wechselwirkungskräfte können wir daher das Dritte Axiom in (381) anwenden:
Der Energie-Impuls-Vektor P i des Gesamtsystems aus diesen Teilchen bleibt bei einem
Stoß zeitlich konstant. Nach dem Stoß hat dieser Vektor dieselben Werte wie davor.
Kennzeichnen wir die Größen nach dem Stoß wieder durch einen Querstrich, dann gilt also


n 
n
Energie-Impuls-Erhaltung
P i := pia = pia := P i . (400)
beim Stoß
a=1 a=1

Hierbei haben wir n Teilchen angenommen mit den Energie-Impuls-Vektoren pia und P i
des Anfangszustandes, also vor dem Stoß, bzw. pia und P i des Endzustandes, also nach
dem Stoß. Unabhängig von der Zahl der stoßenden Teilchen liefert uns die Gleichung (400)
vier Bedingungen, aus denen wir unsere Kenntnis über den Stoßvorgang beziehen müssen.
Ein Stoß heißt elastisch, wenn sich die Ruhmassen der Teilchen durch den Stoßvorgang nicht
ändern. Andernfalls sprechen wir von einem unelastischen Stoß. Insbesondere handelt es
sich um einen unelastischen Stoß, wenn die Anzahl der Teilchen nach dem Stoß eine andere
ist als davor. Den zentralen, elastischen Stoß zweier Teilchen mit den Ruhmassen mo1
und mo2 betrachten wir in Aufg. 26, S. 302, zwei Beispiele zum unelastischen Stoß sind in
den Aufgaben 23 und 24, S. 298 und S. 299, gerechnet.
164 Der mathematische Formalismus der Speziellen Relativitätstheorie

30 Elektrodynamik - Kovariante Formulierung


Eine Asymmetrie in der klassischen Formulierung der Elektrodynamik war es, die
Einstein[2] auf die Lösung des Relativitätsproblems brachte. In seiner berühmten
Arbeit aus dem Jahr 1905 ”Zur Elektrodynamik bewegter Körper”, die den historischen
Ausgangspunkt für die Umwälzung der gesamten theoretischen Physik durch die Spezielle
Relativitätstheorie bildete, lenkte er einleitend die Aufmerksamkeit auf

”··· die elektromagnetische Wechselwirkung zwischen einem Magneten und einem Leiter.
Das beobachtbare Phänomen hängt hier nur ab von der Relativbewegung von Leiter und
Magnet, während nach der üblichen Auffassung die beiden Fälle, daß der eine oder der
andere dieser Körper der bewegte sei, streng voneinander zu trennen sind. Bewegt sich
nämlich der Magnet und ruht der Leiter, so entsteht in der Umgebung des Magneten
ein elektromagnetisches Feld von gewissem Energiewerte, welches an den Orten, wo sich
Teile des Leiters befinden, einen Strom erzeugt. Ruht aber der Magnet und bewegt sich
der Leiter, so entsteht in der Umgebung des Magneten kein elektrisches Feld, dagegen im
Leiter eine elektromotorische Kraft, welcher an sich keine Energie entspricht, die aber -
Gleichheit der Relativbewegung bei den beiden ins Auge gefaßten Fällen vorausgesetzt -
zu elektrischen Strömen von derselben Größe und demselben Verlauf Veranlassung gibt,
wie im ersten Fall die elektrischen Kräfte.”

Eine grundsätzliche Überzeugung führte Einstein zu seiner Begründung der Speziellen


Relativitätstheorie:

Die Maxwellschen Gleichungen der Elektrodynamik sind ohne Korrektur in jedem


Inertialsystem gleichermaßen richtig.

Alles andere ist logische Konsequenz. Die Ausbreitung einer Lichtwelle ist ein elektro-
magnetisches Phänomen. Die Lichtgeschwindigkeit c muß daher in allen Inertialsystemen
ein und denselben Wert besitzen, wie dies Einstein im zweiten Teil seines Rela-
tivitätsprinzips ausdrücklich postuliert hat, s. S. 32. Die Lichtausbreitung wird durch die
d’Alembertsche Wellengleichung (251) beschrieben. Diese Gleichung wäre bei Gültigkeit
der Galilei-Transformation aber höchstens in einem ausgezeichneten Bezugssystem
richtig, vgl. (253). Folglich kann die Galilei-Transformation nicht uneingeschränkt gelten.
Es werden daher solche Transformationen gesucht, die die Invarianz der Wellengleichung
(251) gewährleisten. Diesen Aufbau der Theorie haben wir in Kap. 28 verfolgt.
Wir haben jetzt also ’nur noch’ darzustellen, wie wir die klassischen Maxwellschen
Gleichungen als Tensorgleichungen im Minkowski-Raum schreiben können. Über die
Kräfte auf elektrisch geladene Teilchen lernen wir dabei gleichzeitig ein wichtiges Beispiel
für die Minkowski-Kraft kennen, vgl. (381) und (389).
Zunächst wollen wir uns mit der traditionellen Formulierung der Maxwellschen Theorie
mit Hilfe von dreidimensionalen Vektoren vertraut machen.
30 Elektrodynamik - kovariante Formulierung 165

30.1 Die Maxwellsche Theorie


Wir befinden uns zunächst in einem ausgezeichneten Inertialsystem Σo (x, y, z, t) , in dem
unser Laboratorium ruht.
Die Theorie des Elektromagnetismus handelt von elektrischen Ladungen und elektrischen
Strömen und den damit zusammenhängenden Feldern. Das elektromagnetische Feld
wird durch vier Feldvektoren beschrieben, von denen jeweils zwei zusammengehören,
die elektrische Feldstärke E und die magnetische Induktion B auf der einen Seite, mit
denen die Kraftwirkungen des elektromagnetischen Feldes beschrieben werden, sowie der
elektrische (auch dielektrische) Verschiebungsvektor D und die magnetische Erregung
H andererseits, welche den Zusammenhang mit den elektrischen Ladungen und den
elektrischen Strömen herstellen.33 Vektorfelder kann man durch entsprechend gerichtete
Feldlinien im Raum oder in der Ebene veranschaulichen. Dem Betrag des Vektorfeldes
wird man durch den Abstand der gezeichneten Linien gerecht derart, daß die Dichte der
gezeichneten Feldlinien ein Maß für den Betrag des dargestellten Feldes darstellt.
Für die Formulierung der Maxwellschen Theorie ist es nicht ganz unwichtig, welche
Maßeinheiten man verwendet. Im SI-System haben wir als Basisgrößen bisher das Meter
[m], die Sekunde [s] und das Kilogramm [kg] kennengelernt. Das Newton [N] war dann
als eine sekundäre SI-Einheit gemäß 1 [N] = 1 [m kg s−2 ] so eingeführt worden, daß
die Proportionalitätskonstante in der Bewegungsgleichung (96) gerade den Wert k = 1
annimmt. Das Newton gilt auch im absoluten Maßsystem, wenn man dort Meter und
Kilogramm anstelle von Zentimeter und Gramm zugrunde legt.34 Auf diese Weise ist es
mit Hilfe der physikalischen Gesetze möglich, die Zahl der Basiseinheiten zu reduzieren.
Im SI-System wird für die Darstellung der Elektrodynamik eine zusätzliche Basisgröße
eingeführt, die Maßeinheit Ampere für die elektrische Stromstärke. Die Maßeinheiten für
alle anderen elektromagnetischen Größen werden darauf zurückgeführt.
Grundlage für die Festlegung der Maßeinheit für die Stromstärke ist das Ampère sche
Gesetz für die Kraft pro Längeneinheit ∆F/∆L zwischen zwei geraden, parallelen
Drähten, die von den Strömen J1 und J2 durchflossen werden und den Abstand r
besitzen, das aus dem Oerstedtschen Gesetz (435) unter Beachtung der Lorentz-Kraft
in der Form (416) gefolgert werden kann, s. S. 177,

∆F µo J1 J2
= . Ampère sches Gesetz (401)
∆L 2π r

Der Proportionalitätsfaktor µo in dieser Formel heißt magnetische Feldkonstante oder


auch Permeabilität des Vakuums. Im SI-System definieren wir:

Die Stromstärke von einem Ampere [A] liegt vor, wenn die Kraft pro Längeneinheit
∆F/∆L zwischen zwei geraden, parallelen Leitern im Abstand von einem Meter,
durch welche dieselbe Stromstärke J fließt, gerade 2 · 10−7 Newton pro Meter beträgt.
33 Einige Darstellungen der Elektrodynamik halten für H an der alten Bezeichnung magnetische

Feldstärke fest. Die gleichlautenden Termini elektrische Feldstärke für E und magnetische Feldstärke
für H gehen auf ein ursprünglich irrtümliches Verständnis der magnetischen Feldgrößen zurück und sind
also historisch bedingt. Nicht E und H , sondern E und B gehören sowohl physikalisch als auch mathe-
matisch zusammen. Ein Relikt dieses Irrtums ist in der Definition für die Permeabilität erhalten geblieben.
Wir bschreiben nach wie vor H = (1/µ) B , aber D = ε E , s. die Gleichungen (429), (433), (439) und (440).
34 Als Maß für eine bestimmte Stoffmenge haben wir auch noch das Mol [mol] als SI-Basiseinheit ken-

nengelernt, vgl. Fußnote auf S. 67 und Aufg. 13, S. 282.


166 Der mathematische Formalismus der Speziellen Relativitätstheorie

Damit äquivalent ist die Festlegung des Zahlenwertes und der Dimension von µo gemäß


N
µo = 4π · 10−7 . Magnetische Feldkonstante (402)
A2

Mit dieser Festsetzung müssen wir in der weiteren Darstellung der Elektrodynamik Un-
symmetrien hinnehmen, die durch das SI-Maßsystem hineingetragen werden. Ein Vorteil
des SI-Systems besteht zweifellos darin, daß hier die begriffliche Verschiedenheit der beiden
Vektoren E und B auf der einen Seite sowie D und H auf der anderen Seite auch im
Vakuum sichtbar hervorgehoben bleibt. Da es heute nahezu obligatorisch geworden ist,
alle Gleichungen im SI-System aufzuschreiben, wollen wir uns diesem Brauch unterwerfen.
In theoretisch ausgerichteten Büchern und auch in älteren Darstellungen wird hingegen mit
Gewinn das sog. absolute Maßsystem verwendet. Dabei werden alle Maßeinheiten, sowohl
für die Mechanik als auch für die Elektrodynamik, konsequent auf drei Basis-einheiten für
Länge, Masse und Zeit zurückgeführt. Das ältere, auch nach Gauß benannte cgs-System
verwendet Zentimeter [cm], Gramm [g] und Sekunde [s] und muß dann als Krafteinheit ein
dyn = 10−5 Newton nehmen. Wir werden hier gelegentlich auf das modernere absolute
Maßsystem mit den Basis-Maßeinheiten Meter [m], Kilogramm [kg] und Sekunde [s]
zurückgreifen, das dann in der Krafteinheit ebenso ein Newton benutzt wie das SI-System.
Für die Maxwellschen Vakuumgleichungen und besonders für ihre Darstellung im
Minkowski-Raum kommt die Symmetrie der Theorie im absoluten Maßsystem besser zum
Ausdruck. Für den theoretisch interessierten Leser stellen wir in Kap. 30.3, S. 202ff., die
wichtigsten Beziehungen der Elektrodynamik in diesem Maßsystem gesondert zusammen.
Insbesondere werden dort auch die Umrechnungen zwischen den auf die beiden Maßsys-
teme bezogenen elektromagnetischen Größen in Gleichung (515) aufgelistet.

30.1.1 Ladungen und Ströme - Die Kontinuitätsgleichung


Mit der Einheit der Stromstärke definiert man die Einheit der Ladung:

Die Maßeinheit der Ladung von einem Coulomb [C] liegt vor, wenn der Strom
von einem Ampere eine Sekunde lang geflossen ist, ein Coulomb := eine Amperesekunde.
1 C := 1 A s .

Die elektrische Ladung e eines Körpers oder Teilchens schreiben wir als Volumenintegral
über die räumliche Ladungsdichte ρ = de/dV gemäß

e= ρ dxdydz .

Dabei kann die Ladungsdichte ρ und mit ihr die Ladung e positiv oder negativ sein.
Ladungsträger der Dichte ρu am Ort (x, y, z) mit der Geschwindigkeit u = u(x, y, z)
erzeugen folgendermaßen einen Vektor j = (jx , jy , jz ) der Dichte des elektrischen Stromes:
Die Größe jx dydzdt ist gleich der Ladungsmenge de , die in der Zeit dt durch das zur
x-Achse senkrechte Flächenelement dydz strömt. Entsprechendes gilt für die anderen
beiden Komponenten,
de
(jx dt, jy dt, jz dt) = (dx, dy, dz) .
dxdydz
30 Elektrodynamik - kovariante Formulierung 167

Mit der Geschwindigkeit u = (dx/dt, dy/dt, dz/dt) dieser Ladungsträger erhalten wir
daher für die Stromdichte
j = ρu u . (403)
Ein solcher Strom heißt auch Konvektionsstrom.
Im Falle der Stromleitung, z.B. durch einen metallischen Draht, geben nur die negativ
geladenen, frei beweglichen Leitungselektronen mit einer Ladungsdichte ρ− zu einem
Leitungsstrom j = ρ− u Veranlassung. Dabei wird ρ− überall durch eine Ladungsdichte
ρ+ kompensiert, so daß die Gesamtladungsdichte ρ stets Null bleibt, ρ = ρ− + ρ+ = 0 .
Es fließt ein Strom, aber der Draht ist ungeladen. Wegen des elektronentheoretischen
Hintergrundes werden wir im folgenden stets Konvektionsströme gemäß (403) annehmen.35
Die durch einen endlichen Querschnitt S fließende Gesamtstromstärke J = de/dt , die
pro Sekunde durch den Querschnitt S hindurchtretende Ladungsmenge, ist durch ein
Flächenintegral definiert gemäß

de
J= = j · dS , (404)
dt
S
wobei ρ wieder die Ladungsdichte ist, die sich mit der Geschwindigkeit u bewegt.
Ein elektrisches Feld E erzeugt in einem Medium i. allg. eine Stromdichte j .
Ist die Beziehung zwischen E und j linear, dann spricht man vom Ohmschen Gesetz,

j = σE . Ohmsches Gesetz (405)

σ ist die Leitfähigkeit des Mediums. Die Leitfähigkeit des Vakuums ist Null.
Haben wir es im einfachsten Fall mit einem konstanten elektrischen Feld E in der
Richtung eines stromführenden, homogenen Drahtes der Länge L bei einem konstanten
Querschnitt S zu tun, dann ergibt die Integration von (405) über die Länge L des
Drahtes und dessen Querschnitt S mit (404)
L  L 
dl j · dS = dl σ E · dS −→ J L = σ S E L ,
0 S 0 S

und wir erhalten mit dem Ohmschen Widerstand R = L/(S σ) und der Spannung
U = E L das Ohmsche Gesetz in der bekannten Form

U = RJ . Ohmsches Gesetz (406)

Die Maßeinheit des Widerstandes von einem Ohm [Ω] liegt vor, wenn bei einer
Stromstärke von einem Ampere an den Enden des Widerstandes eine Spannung von
einem Volt [V] liegt, 1 Ohm = 1Volt pro Ampere.
1 Ω = 1 V/A .

35 Wir weisen darauf hin, daß diese Annahme jedoch nicht auf den Eigendrehimpuls (den sog. Spin)

geladener Elementarteilchen anwendbar ist. Das Magnetfeld des spinnenden Elektrons läßt sich nur quan-
tentheoretisch verstehen und nicht aus der Stromdichte, die man nach der klassischen Vorstellung aus der
Drehbewegung der Ladung bilden könnte. Die klassische Elektrodynamik hat hier ihre Grenzen.
168 Der mathematische Formalismus der Speziellen Relativitätstheorie

Die Definition der Maßeinheit von einem Volt für die Spannung holen wir im Anschluß an
Gleichung (421) nach.
In Medien gibt es auch andere Ursachen für die elektrische Stromdichte j , wie sie z.B.
beim Kontakt von Metallen (in einer sog. galvanischen Kette), dem Kontakt von einem
Metall mit einem Elektrolyten oder auch durch ein Konzentrationsgefälle in Elektrolyten
entstehen. Man spricht in diesem Zusammenhang von eingeprägten, elektrischen Kräften,
die wir hier aber nicht explizit berücksichtigen wollen.
Bei elektrischen Strömen, die durch dünne Drähte geführt werden, wird die Stromdichte
singulär und kann durch δ-Funktionen beschrieben werden, s. dazu Kap. 36.3. Beispiels-
weise ist einem Vektor J = (0, 0, Jo ) mit der Gesamtstromstärke Jo entlang der z-Achse
die Stromdichte j = 0, 0, Jo δ(x) δ(y) zugeordnet, s. Gleichung (739), S. 261.
Bewegt sich ein einzelnes, punktförmiges
 Teilchen der Ladung  eo entlang der
Kurve xo = ξ(t), yo = η(t), zo = ζ(t) mit der Geschwindigkeit
   u = dξ/dt,
  dη/dt, dζ/dt ,
so ist ihm die singuläre Ladungsdichte ρ = eo δ x − ξ(t) δ y − η(t) δ z − ζ(t) gemäß
(737) zugeordnet und gemäß (403) dann die singuläre Stromdichte

 
      dξ dη dζ Bewegte
j = eo δ x − ξ(t) δ y − η(t) δ z − ζ(t) , , . (407)
dt dt dt Punktladung

Wir betrachten nun ein sog. materielles Volumen K , das durch eine bestimmte Menge
von Ladungsträgern eingenommen wird. Mit deren Bewegung ändert K im Laufe der Zeit
seine Lage und Gestalt, also K = K(t) . In K kann sich die Zahl der positiven und die
Zahl der negativen Ladungsträger durch Neutralisierung ändern, nicht aber die Summe
über alle Ladungen. Die von K eingeschlossene Gesamtladung e bleibt zeitlich konstant,

e= ρ dxdydz = const . Ladungserhaltung (408)
K(t)

Handelt es sich um punktförmige Ladungen, deren Ladungsdichten also durch


δ-Funktionen beschrieben werden, dann ergibt die Integration von (408)


ei = const . Ladungserhaltung (409)

Aus (408) folgt



de d
= ρ dxdydz = 0 . (410)
dt dt
K

Wir betrachten hier nur eine Sorte Ladungsträger mit einer Geschwindigkeit u . Die
Oberfläche ∂K des Volumens K bewegt und ändert sich also mit der variablen
Geschwindigkeit u = (dx/dt, dy/dt, dz/dt) dieser Ladungsträger. Für die Ableitung des
Volumenintegrals (410) bei variablem Integrationsgebiet K gilt die Formel (719), S. 258,
 
de ∂
= ρ(x, y, t) dxdydz + ρ(x, y, z, t) u · dS = 0 .
dt ∂t
K(t) ∂K(t))
30 Elektrodynamik - kovariante Formulierung 169

Auf das Oberflächenintegral wenden wir den Gaußschen Satz (711), S. 256, an,
 
de ∂
= ρ(x, y, t) dxdydz + div (ρ u) dxdydz
dt ∂t
K(t) K(t)
 

= ρ + div (ρ u) dxdydz = 0 .
∂t
K(t)

Diese Gleichung gilt für ein beliebiges, materielles Integrationsvolumen K(t) und kann
also nur dadurch erfüllt werden, daß der Integrand selbst verschwindet. Für ρ u können
wir j schreiben und erhalten die Kontinuitätsgleichung,


ρ + div j = 0 . Kontinuitätsgleichung (411)
∂t

Bewegen sich mehrere Sorten von Ladungsträgern, so ist j die Gesamtstromdichte.


Gleichung (411) ist der differentielle Ausdruck für die Ladungserhaltung (408).

30.1.2 Die Lorentz-Kraft


Durch die elektrische Feldstärke E und die magnetische Induktion B werden die
Kraftwirkungen im elektromagnetischen Feld beschrieben. Mit Hilfe dieser Kräfte werden
die Maßeinheiten für E und B im SI-System folgendermaßen festgelegt:36

Die Maßeinheit der elektrischen Feldstärke E von einem Volt pro Meter [V/m] liegt vor,
wenn die Kraft auf die Ladungseinheit von einem Coulomb gerade ein Newton beträgt,
ein Volt pro Meter = ein Newton pro Coulomb.
1 V/m = 1 N/C .
Die Maßeinheit der magnetischen Induktion B von einem Tesla [T] liegt vor, wenn die
Kraft auf die mit der Geschwindigkeit von einem Meter pro Sekunde bewegte Ladungs-
einheit von einem Coulomb gerade ein Newton beträgt,
ein Tesla = eine Voltsekunde pro Quadratmeter.
1 T = 1 V s/m2 .

Damit sind die Proportionalitätskonstanten in den Kräften auf 1 gesetzt, und wir können
diese folgendermaßen aufschreiben:
Auf eine räumlich verteilte Ladungsdichte ρ und eine davon zunächst unabhängige
Stromdichte j wirkt die Lorentz-Kraftdichte f gemäß

f = ρE + j ×B , Lorentz-Kraftdichte (412)

bzw. in Komponenten, vgl. (653), S. 246,

fi = ρ Ei + ikl jk Bl . Lorentz-Kraftdichte (413)


36 Im Gaußschen cgs-System ist die Einheit für die magnetische Induktion ein Gauß = 10−4 Tesla.
170 Der mathematische Formalismus der Speziellen Relativitätstheorie

Wir betrachten i. allg. nur Konvektionsströme von Ladungsträgern der Dichte ρ mit dem
Geschwindigkeitsfeld u und schreiben für (412) auch

 
f =ρ E+u×B . Lorentz-Kraftdichte (414)

In (414) nehmen wir nun an, daß eine punktförmige Ladungsverteilung vorliegt,
z.B. ein Elektron der Ladung eo am Punkt P (ξ, η, ζ) mit der Ladungsdichte

ρ = eo δ(x − ξ) δ(y − η) δ(z − ζ) . Die Gesamtkraft F = f dxdydz auf die Ladung
eo erhalten wir dann aus (412) durch Integration über ein Gebiet, das den Punkt P enthält,

F = eo (E + u × B) . Lorentz-Kraft (415)

Gleichung (415) ergibt sich auch aus (412), wenn man annimmt, daß sich die Felder E
und B im Bereich der Ladungsausdehnung nicht merklich ändern.
Alle Felder sind an dem Punkt P (ξ, η, ζ) zu nehmen, wo  sich die Ladung eo befindet.
Liegt allein ein linienartiger Strom vor, z.B. mit j = 0, 0, Jo δ(x) δ(y) und f = j × B ,
dann gibt die Integration der Kraftdichte f über einen den Strom umschließenden Zylinder
der Länge ∆L den Ausdruck
 
∆ F = J × B ∆L . Lorentz-Kraft (416)

Haben wir es mit erheblichen Feldgradienten oder kontinuierlich verteilten Ladungen zu


tun, dann müssen wir die Lorentz-Kraftdichte (412) im Zusammenhang mit den Bewe-
gungsgleichungen eines mechanischen Kontinuums betrachten. In diesem Fall müssen wir
das Zweite Newtonsche Axiom (96) bzw. die entsprechende relativistische Gleichung in
(124) oder (381), welche die zeitliche Änderung für den Impuls p eines einzelnen Körpers
bestimmt, umschreiben auf die zeitliche Änderung für die Impulsdichte g = ∆p/∆V in
diesem Kontinuum an einem festen Punkt im Raum, s. dazu Aufg. 35, S. 325.
Die Lorentz-Kraft (415) kann man in die Gleichung (96) der Newtonschen Punkt-
mechanik bzw. in die erste Gleichung von (124) der relativistischen Punktmechanik
einsetzen, um daraus die Bewegung geladener Massen im elektromagnetischen Feld
auszurechnen,
d m u
o = eo (E + u × B) + Fe , (417)
dt 1 − u2 /c2
wobei wir hier angenommen haben, daß außer der Lorentz-Kraft weitere Kräfte Fe auf
die Masse mo wirken können, z.B. Reibungskräfte, die Gravitationskraft u.a. .

30.1.3 Induktionsfluß und Induktionsgesetz


Als Induktionsfluß Φ durch eine Fläche S bezeichnen wir gemäß der Definition (706) den
Fluß des Vektors B durch diese Fläche,

Φ := B · dS . Induktionsfluß (418)
S
30 Elektrodynamik - kovariante Formulierung 171

Es ist eine grundsätzliche Erfahrung, daß es keine Quellpunkte für die Feldlinien der
magnetischen Induktion B gibt.
Experimentell heißt das: Es gibt keine magnetischen Monopole.37 Wir legen irgendeine
geschlossene Fläche ∂K in den Raum, die also das Volumen K umschließen soll, Kap. 36.
Jede Feldlinie von B , die in diese Fläche eintritt, muß dann auch wieder aus ihr her-
auslaufen. D.h., der Induktionsfluß durch eine geschlossene Fläche muß stets verschwinden,


Quellenfreiheit
B · dS = 0 . (419)
der magnetischen Induktion
∂K

Auf (419) wenden wir den Gaußschen Satz (711) an,


 
B · dS = div B dxdydz = 0 .
∂K K

Diese Gleichung kann für ein beliebiges Volumen K nur dann gelten, wenn der Integrand
selbst verschwindet,

Quellenfreiheit
div B = 0 . (420)
der magnetischen Induktion

Der nächste experimentelle Befund ist das Induktionsgesetz. Das Kurvenintegral zweiter
Art, Kap. 36.2, die Gleichungen (693) und (694), S. 253, über die elektrische Feldstärke
E heißt Spannung U . Genauer: Sei x = x(t), y = y(t), z = z(t), t1 ≤ t ≤ t2 , eine
endliche Kurve im Raum. Die entlang dieser Kurve bestehende Spannung U12 ist dann,
ausführlich geschrieben, durch folgendes Integral zu berechnen.

Spannung U12 zwischen den Endpunkten t1 ≤ t ≤ t2 einer Kurve x = x(t) :


t2
  dx   dy   dz (421)
U12 = Ex x(t), y(t), z(t) + Ey x(t), y(t), z(t) + Ez x(t), y(t), z(t) dt.
dt dt dt
t1

Die Maßeinheit der Spannung von einem Volt [V ] liegt vor, wenn eine konstante
Feldstärke von einem Volt pro Meter in Richtung des Weges von einem Meter besteht,
1 V = 1 m 1V/m .

37 In weiterführenden Theorien, welche die elektromagnetische Wechselwirkung mit anderen Wechsel-

wirkungen vereinigen sollen, wird die Möglichkeit der Existenz magnetischer Monopole wieder als ein
wichtiges theoretisches Konzept verfolgt. Experimentell sucht man in der kosmischen Strahlung nach mag-
netischen Monopolen. Unter Laborbedingungen sind die extrem hohen Energien für ihre Nachweisbarkeit
in greifbarer Nähe. Ihr Einbau in die elektromagnetische Theorie wäre ganz einfach. Bei einer hypo-
thetischen magnetischen Monopoldichte m und einer entsprechenden Stromdichte ςm müßten bloß die
∂B
Gleichungen (420) und (425) ersetzt werden durch div B = m und rotE + = −ςm . Das ist alles.
∂t
172 Der mathematische Formalismus der Speziellen Relativitätstheorie

Bei einer geschlossenen Kurve haben wir es mit einer Ringspannung zu tun,
) )
U = Ex dx + Ey dy + Ez dz = E · ds . (422)

Sei ∂S die geschlossene Randkurve einer im Raum festen Fläche S . Das Induktions-
gesetz lautet dann: Die zeitliche Änderung des Induktionsflusses Φ durch die Fläche S
erzeugt entlang der geschlossenen Kurve ∂S eine elektrische Ringspannung, die wir nun
Induktionsspannung U nennen,


U =− . Induktionsgesetz (423)
dt

Ausführlich geschrieben, heißt das

) 
d
E · ds = − B · dS . Induktionsgesetz (424)
dt
∂S S

Auf die linke Seite wenden wir den Stokesschen Integralsatz (709) an. Die Zeitableitung
können wir unter dem Integralzeichen ausführen, da die Fläche S im Raum festliegt, und
wir erhalten
 
∂ 
rotE · dS = − B · dS ,
∂t
S S

also

 ∂ 
rotE + B · dS = 0 .
∂t
S

Diese Gleichung kann für eine beliebige Fläche S nur dann gelten, wenn der Integrand
selbst verschwindet, und wir erhalten die differentielle Form des Induktionsgesetzes,

∂B
rotE + =0 . Induktionsgesetz (425)
∂t

Legen wir in die geschlossene Raumkurve ∂S eine Leiterschleife, einen Draht z.B., so
können wir die Induktionsspannung U oder auch den durch den Draht mit dem Ohmschen
Widerstand R fließenden Induktionsstrom J = U/R , der infolge der zeitlichen Änderung
des Induktionsflusses Φ durch die im Raum feste Fläche S erzeugt wird, direkt messen.
Das Induktionsgesetz wird auf diese Weise experimentell nachgewiesen. Praktisch bewegen
wir dabei z.B. einen Stabmagneten auf eine im Raum festgehaltene Drahtschleife zu.
Der Induktionsfluß Φ durch die Schleife wächst mit der Annäherung des Magneten.
Gemäß (425) entsteht im Raum eine elektrische Feldstärke mit einer nichtverschwindenden
Ringspannung, die wir als Induktionsspannung U messen.
30 Elektrodynamik - kovariante Formulierung 173

Bewegen wir aber umgekehrt die Drahtschleife in Richtung auf den Magneten, der nun
im Raum feststeht, dann ist die magnetische Induktion B im Raum zeitlich konstant,
und es entsteht im Raum nach dem Induktionsgesetz kein elektrisches Feld und keine
Induktionsspannung. Dennoch zeigt unser an dem Draht angebrachtes Voltmeter dieselbe
Spannung wie im ersten Versuch. Wir erhalten die eingangs zitierte, von Einstein
beklagte Asymmetrie bei der theoretischen Erklärung für einen experimentell vollkommen
symmetrischen Befund. Erklären können wir nämlich die gemessene Spannung auch im
zweiten Fall, aber nicht mit dem Induktionsgesetz, sondern nun mit Hilfe der Lorentz-
Kraft:
Bewegen wir im Feld B eine Drahtschleife mit der Geschwindigkeit u , so erfahren die
darin befindlichen freien Elektronen eo gemäß (415) eine Kraft eo u × B . Gemäß (417)
bewegen sich die Elektronen dann so, als wenn sie am Ort des Drahtes durch eine effektive
elektrische Feldstärke Eeff := u × B getrieben würden. In dem Draht mit dem Ohmschen
Widerstand R fließt daher ein Ringstrom J , ohne daß im Raum ein elektrisches Feld
vorhanden ist. Den Strom berechnen wir aus der effektiven Ringspannung U eff , also aus
dem Linienintegral über die effektive Feldstärke Eeff entlang des geschlossenen Drahtes,
)
1 eff 1
J= U = Eeff · ds . (426)
R R
∂S

In der Zeit dt bewegen sich die Elemente ds der Leiterschleife um u dt weiter,


überstreichen dabei also den Mantel M eines Zylinders mit der Boden- und Deckfläche
S . Das Flächenelement dS des Zylindermantels lautet dS = ds × u dt . Dann ist also
unter Verwendung von a · (b × c) = b · (c × a) ,
) ) ) 
dt U eff = dt Eeff · ds = dt (u × B) · ds = (ds × udt) · B = B · dS = ΦM .
∂S ∂S ∂S M

Nun muß aber wegen (419) der gesamte Induktionsfluß ΦZ durch den Zylinder ver-
schwinden, also ΦZ = ΦM + Φ2 − Φ1 = 0 , wobei Φ1 und Φ2 die aus dem Zylinder nach
außen gerichteten Flüsse durch die Boden- bzw. Deckfläche des Zylinders sein sollen. Für
die Änderung dΦ des Flusses (423) durch die Fläche S erhalten wir also

dΦ = (Φ2 − Φ1 ) = −ΦM = −U eff dt

und damit


U eff = − . (427)
dt

Das heißt aber: In dem zeitlich konstanten und räumlich variablen Feld B wird durch
die Bewegung der freien Ladungsträger mit dem Draht auf Grund der Lorentz-Kraft auf
diese Ladungsträger ein solcher Strom erzeugt, welcher mit dem Strom identisch ist, der
durch die Spannung nach dem Induktionsgesetz bei bewegtem Magneten und ruhendem
Draht hervorgerufen wird. Die Entwirrung dieser seltsam asymmetrischen Erklärung für
einen experimentell vollkommen symmetrischen Effekt war für Einstein der entscheidende
Antrieb für seine Spezielle Relativitätstheorie.
174 Der mathematische Formalismus der Speziellen Relativitätstheorie

30.1.4 Elektrische Verschiebung und magnetische Erregung


Die Vektoren der elektrischen (auch dielektrischen) Verschiebung D und der magne-
tischen Erregung H sind durch die Quellen des elektromagnetischen Feldes definiert. Im
SI-System unterscheiden wir auch im Vakuum die Vektoren D von E und H von B .
a) Wir betrachten zunächst das Vakuum. Die Fläche ∂K sei der Rand des Volumens
K , in welchem sich elektrische Ladungen mit einer Ladungsdichte ρ befinden. Im
SI-Maßsystem ist der Vektor der dielektrischen Verschiebung D dann unmittelbar durch
die Ladungen definiert, derart, daß der Fluß ΦD des Vektors D durch die geschlossene
Fläche ∂K der eingeschlossenen Ladung gleichgesetzt wird,
   Fluß des
ΦD ≡ D · dS := ρ dxdydz = ei . (428)
Verschiebungsvektors
∂K K

Die hierdurch festliegende Maßeinheit für den Vektor D erklären wir an einem Beispiel:
Auf eine kleine Metallkugel vom Radius r bringen wir die Ladung e , die sich dort
gleichmäßig verteilt. Aus Symmetriegründen entsteht ein kugelsymmetrisches Feld. Wir
umgeben die Metallkugel konzentrisch mit einer gedachten Kugel K vom Radius R .
Schreiben wir D für den Betrag von D , dann können wir den Fluß ΦD durch die
Kugelfläche 4 π R2 unmittelbar aufschreiben,
ΦD = 4 π R 2 D = e .
Die Verschiebung D hat also die SI-Dimension Coulomb pro Quadratmeter und wird 1
auf der Oberfläche vom Radius R = 1 , wenn die eingeschlossene Ladung gerade
1/(4 π) Coulomb beträgt.38 Ein besonderer Name ist für diese Einheit nicht üblich.

Die Maßeinheit des Verschiebungsvektors D ist ein Coulomb pro Quadratmeter [C/m2 ] .

Wir schreiben nun, nach wie vor für das Vakuum,

D = εo E . (429)

Jetzt sind aber die Einheiten für die elektrische Feldstärke E und die elektrische Ver-
schiebung D vergeben. Die sog. Dielektrizitätskonstante des Vakuums, man sagt
auch elektrische Feldkonstante εo , wird daher im SI-Maßsystem eine experimentell zu
bestimmende Größe - ganz anders als die entsprechende magnetische Feldkonstante µo ,
s. Gleichung (402). In dieser, per Definition entstandenen Sonderstellung von µo liegt
die bereits angesprochene Asymmetrie im SI-Maßsystem begründet, die insbesondere im
vierdimensionalen Formalismus auffallen wird. Der experimentelle Wert von εo lautet

As
εo = 8, 85418782 · 10−12 . Elektrische Feldkonstante (430)
Vm
38 Um den Faktor 1/(4 π) zu vermeiden, definiert man im absoluten System anstelle von Gleichung (428)
RR RRR P
Φ̃D ≡ D̃ · dS := 4 π ρ̃ dxdydz = 4 π ẽi . Hierfür haben wir alle Symbole mit einer Tilde versehen.
∂K K
Die Umrechnungen zwischen beiden Maßsystemen haben wir in den Gleichungen (515) angegeben.
30 Elektrodynamik - kovariante Formulierung 175

Wir zeigen, daß εo aus einer einfachen Kapazitätsmessung ermittelt werden kann:
Dazu betrachten wir einen ebenen Plattenkondensator (ohne Dielektrikum) der Kapazität
C = Q/U mit den Flächen F und dem Abstand d der Platten. Wir vernachlässigen
Randeffekte am Kondensator und nehmen eine konstante Flächenladungsdichte ω an. Die
Felder haben dann nur Normalkomponenten En bzw. Dn , die wir als konstant ansehen.
Gleichung (421) vereinfacht
 sich damit zu U = En d . Für den Plattenkondensator wird
aus (428) die Gleichung D · dS = Dn F = Q , und aus (429) wird Dn = εo En . Aus
∂K

Q Dn F εo En F As
C = = =
U En d En d V

folgt dann

d As
εo = C , (431)
F Vm

so daß die Feldkonstante εo durch Messungen am Kondensator bestimmt werden kann.


Wir werden unten sehen, daß die Bestimmung von εo äquivalent zur Bestimmung
der Lichtgeschwindigkeit c ist. Die Kondensatormessungen zur Ermittlung von εo
stellen damit eine bemerkenswerte, prinzipielle Methode zur Bestimmung der Licht-
geschwindigkeit dar, ohne natürlich an Genauigkeit mit den Standardmethoden verglichen
werden zu können.
b) Wir betrachten jetzt ein materielles Medium, das in unserem Bezugssystem Σo
als Ganzes ruhen soll. Von dieser Voraussetzung werden wir uns erst bei der kovarianten
Formulierung der Elektrodynamik bewegter Medien, s. Kap. 30.2, befreien können und
zwar auf höchst eindrucksvolle Weise.
In dem Medium, das in diesem Zusammenhang auch als Dielektrikum bezeich-
net wird, ist der Vektor D so definiert, daß die Gleichung (428),  bestehen
bleibt. Die in das Medium eingebrachten elektrischen Ladungen ρ dxdydz
werden dabei auch als wahre Ladungen bezeichnet. K

Auf die linke Seite von (428) wenden wir den Gaußschen Satz (711) an. Es folgt

 
div D − ρ dxdydz = 0 .
K

Diese Gleichung kann für ein beliebiges Volumen K nur dann gelten, wenn der Integrand
selbst verschwindet, also gilt für den Verschiebungsvektor D

div D = ρ . (432)

Gleichung (432) gilt mit der wahren Ladungsdichte ρ sowohl im Vakuum als auch im
Medium.
Wir vergleichen das Vakuum mit einem Dielektrikum bei identischer Verteilung der
wahren Ladungen, indem wir z.B. ein ungeladenes Dielektrikum in ein Vakuum mit
wahren Ladungen einbringen. Dabei entstehen im Dielektrikum Polarisationsladungen,
die einen Teil der wahren Ladungen abschirmen, so daß sich die durch den Vektor
E repräsentierten Kraftwirkungen im Dielektrikum gegenüber den Kraftwirkungen im
176 Der mathematische Formalismus der Speziellen Relativitätstheorie

Vakuum, die durch einen Vektor Ev beschrieben werden, abschwächen. Der Vektor D
im Dielektrikum ist dann so definiert, daß er mit dem Vektor εo Ev übereinstimmt. Dafür
schreibt man

D = εE ,
(433)
ε := εo εr .

Hierbei ist εr E = Ev . Die Größe ε = εo εr , heißt Dielektrizitätskonstante des Mediums.


Die relative Dielektrizitätszahl εr ist wegen (429) und (433) dimensionslos und daher
unabhängig von den verwendeten Maßeinheiten. εr hat für das Vakuum den Wert 1 und
ist für die meisten Medien nicht größer als 100 . Wasser hat den Wert 81 .
Für (433) schreibt man auch

D = εo E + P ,
(434)
P = εo χ E = εo (εr − 1) E

mit dem Vektor der elektrischen Polarisation P und der dimensionslosen, dielektrischen
Suszeptibilität χ = (εr − 1) .
In Einkristallen ist die Größe ε ein Tensor. Den Zusammenhang (433) zwischen
 den
Vektoren D und E müssen wir dann als Tensorgleichung lesen gemäß Di = εik Ek .
Die Richtungen der Vektoren D und E stimmen dann i. allg. nicht mehr überein.
Die Erregung eines magnetischen Feldes H bei einer stationären Stromverteilung, die
wir durch die Stromdichte j beschreiben, wird durch das Oerstedtsche Gesetz gegeben.
Danach ist das Linienintegral von H über die geschlossene, ganz im Vakuum verlaufende
Kurve ∂S der gesamten durch die Fläche S fließenden Stromstärke J proportional,
)  ) 
H · ds ∼ j · dS −→ H · ds = α j · dS = α J . Oerstedtsches Gesetz (435)
∂S S ∂S S

Das Ringintegral über die magnetische Erregung nennt man auch Durchflutung. Der
Zusammenhang (435) heißt daher auch Durchflutungsgesetz.
Im SI-Maßsystem wird die Maßeinheit der magnetischen Erregung H dadurch festgelegt,
daß man α = 1 setzt,
) 
H · ds = j · dS = J . Oerstedtsches Gesetz (436)
∂S S

Damit ist die Maßeinheit für die magnetische Erregung H festgelegt,

Die Maßeinheit der magnetischen Erregung H ist ein Ampere pro Meter [A/m].

Ein bestimmter Name hat sich dafür nicht eingebürgert.39


Grundsätzlich erkennen wir aus Gleichung (435), daß die elektrischen Ströme, daß jede
Bewegung elektrischer Ladungen Quellen des Magnetismus darstellen.
39 Im cgs-System ist die Einheit für die magnetische Erregung ein Oerstedt, 1 Oe = 1/4π · 103 A/m .
30 Elektrodynamik - kovariante Formulierung 177

Man muß hier ergänzen, daß ein tiefergehendes Verständnis des Magnetismus, insbesondere
das Wesen des Ferromagnetismus, nur durch die Einführung elementarer magnetischer
Momente möglich ist, die nicht auf eine klassische Bewegung von elektrischen Ladun-
gen zurückgeführt werden können. Das magnetische Moment des Elektrons, das eine
elementare Quelle des Magnetismus darstellt, wird aber erst von der Quantentheorie
verstanden, s. auch die Fußnoten auf den Seiten 153, 167 und 204.
Um die Erregung von H = 1 [A/m] zu veranschaulichen, betrachten wir einen, im
Grenzfall unendlich langen, geraden Draht auf der z-Achse,
 durch den
 in z-Richtung der
Strom J fließt, dem wir also die Stromdichte j = 0, 0, J δ(x) δ(y) zuordnen können.
Wie man leicht nachrechnet, erfüllen wir die Gleichung (435) damit gemäß
J  y x 
(Hx , Hy , Hz ) = − , , 0 , ρ2 = x2 + y 2 . (437)
2πρ ρ ρ
Das Feld umschließt den Strom kreisförmig und hat im Abstand ρ einen Betrag H ,
J
H= . (438)
2π ρ
Dann erzeugen 2π Ampere in 1 Meter Abstand die magnetische Erregung H = 1 [A/m].
Wir setzen nun im Vakuum für die magnetische Erregung H ,

1
H= B . (439)
µo

Über die magnetische Feldkonstante µo , die Permeabilität des Vakuums, haben wir bereits
in Gleichung (402) verfügt und gesehen, daß die Festlegung

−7 Vs
µo = 4π · 10
Am
gerade bestimmt, was wir unter der SI-Basis-Maßeinheit 1 Ampere zu verstehen haben.
Gemäß Gleichung (416) hat die Kraft pro Längeneinheit ∆F/∆L zwischen zwei gleichen,
im Abstand r fließenden Strömen parallel zur z-Achse den Betrag

∆F µo J 2
= J µo H = .
∆L 2π r

Damit haben wir das Ampère sche Gesetz (401), S. 165, wiedergefunden.
Wir bringen nun Materie, von der wir wieder annehmen, daß diese in Σo als Ganzes
ruht, in das Magnetfeld. Der Vektor H ist dann so definiert, daß die Gleichung (435)
bestehen bleibt. In der Materie entstehen Magnetisierungsvorgänge, so daß sich die
durch den Vektor B repräsentierten Kraftwirkungen gegenüber jenen im Vakuum
ändern, welche durch einen Vektor Bv beschrieben werden. Der Vektor H in der Ma-
terie ist so definiert, daß er mit dem Vektor (1/µo ) Bv übereinstimmt. Dafür schreibt man

1
H= B ,
µ (440)
µ := µo µr .
178 Der mathematische Formalismus der Speziellen Relativitätstheorie

Hierbei ist (1/µr ) B = Bv . Die Größe µ = µo µr heißt Permeabilität des Mediums. Dabei
ist µr dimensionslos und daher unabhängig vom Maßsystem. Für (440) schreibt man auch


B = µo B + M ,
(441)
M = µo κ B = µo (µr − 1) B

mit dem Vektor der Magnetisierung M und der dimensionslosen, magnetischen Suszep-
tibilität κ = (µr − 1) . Die dimensionslose, relative Permeabilitätszahl µr hat für das
Vakuum den Wert 1 . Der dielektrischen Polarisation mit ε > 1 , also χ > 0 , vgl.
(433) und (434), entspricht im magnetischen Fall der Diamagnetismus als eine allgemeine
Eigenschaft der Materie. Auf Grund der historisch bedingten Definition (440) für die
Permeabilität µ , bei der die Stellung der Vektoren B und H vertauscht ist, wenn wir
dies mit dem elektrischen Fall (433) vergleichen, erhalten wir eine negative diamagnetische
Suszeptibilität, κD < 0 . Positive Zahlen erhält man für den sog. Paramagnetismus,
κP > 0 . Absolut gesehen bleiben beide Werte i. allg. sehr klein, |κD |, |κP |  1 . Große
Zahlen ergeben sich für |κ| beim Ferromagnetismus.
In Einkristallen ist die
Größe µ ein Tensor, und wir müssen (440) dann als Tensorgleichung
lesen gemäß Hi = µik Bk . Die Richtungen der Vektoren H und B stimmen dann
i. allg. nicht mehr überein.
Maxwell hat entdeckt, daß die zeitliche Änderung des Verschiebungsvektors, der sog.
Maxwellsche Verschiebungsstrom ∂D/∂t , eine ebensolche Quelle für die magnetische Er-
regung H darstellt wie die elektrische Stromdichte j . Also müssen wir das Oerstedtsche
Gesetz ergänzen,

) 
 ∂D 
H · ds = j+ · dS . (442)
∂t
∂S S

Auf das Linienintegral wenden wir den Stokesschen Integralsatz (709) an und finden nach
einfacher Umstellung
  
∂D
rotH − −j · dS = 0 .
∂t
S

Diese Gleichung kann für die beliebige Fläche S nur gelten, wenn der Integrand selbst
verschwindet,

∂D
rotH − =j . (443)
∂t

Berücksichtigen wir gemäß (671) div rotH = 0 , so folgt aus (443) und (432) sofort die
Kontinuitätsgleichung (411). M.a.W., erst durch die Einführung des Maxwellschen
Verschiebungsstromes ∂D/∂t werden die Gleichungen (443) und (432) überhaupt
mathematisch miteinander verträglich.
30 Elektrodynamik - kovariante Formulierung 179

30.1.5 Die Maxwellschen Gleichungen - Elektromagnetische Wellen


Die Maxwellsche Theorie ist damit komplett:

∂B ⎪

a) rotE + = 0 , divB = 0 , ⎪

∂t ⎪



∂D ⎪

b) rotH − = j , divD = ρ , ⎪
⎬ Bezugssystem Σo
∂t
Maxwell-Gleichungen (444)
c) f = ρ E + j × B . ⎪


⎪ SI-Maßsystem



d) D = ε E , e) B = µ H , f) j = σ E , ⎪




g) ε = εo εr , h) µ = µo µr .

Diese Gleichungen, die wir hier für ein ausgezeichnetes Bezugssystem Σo (x, y, z, t) ent-
wickelt haben, enthalten die gesamte Elektrodynamik - allerdings mit einer nicht ganz
unwesentlichen Einschränkung. Wir haben stillschweigend vorausgesetzt, daß das Medium
als Ganzes ruht! Die Elektrodynamik beliebig bewegter Medien werden wir erst bei der
kovarianten Formulierung der Elektrodynamik, s. Kap. 30.2, kennenlernen und zwar
als ein eindrucksvolles Beispiel der Anwendung von Einsteins Relativitätsprinzip im
Minkowski-Raum zur Auffindung relativistischer Feldgleichungen, s. S. 153.
Uns interessiert hier vor allem eine Frage, nämlich nach den Gleichungen der Elektrody-
namik, die ein Beobachter im Inertialsystem Σ (x , y  , z  , t ) feststellt, welches in bezug
auf Σo die Geschwindigkeit v besitzt. Gelten auch in Σ dieselben Maxwellschen Glei-
chungen (444) wie in Σo ? Wie hängen dann aber die in Σ gemessenen elektrischen und
magnetischen Felder E , B , D , H mit den entsprechenden Feldern in Σo zusammen?
Welchen Zusammenhang zwischen den Koordinaten (x , y  , z  , t ) und (x, y, z, t) müssen
wir zugrunde legen, damit dieselben Gleichungen (444) in allen Inertialsystemen gelten?
Um die Beantwortung dieser Frage vorzubereiten, wollen wir zunächst eine wichtige
Konsequenz aus den Gleichungen (444) herleiten.
Dazu betrachten wir das Vakuum ohne elektrische Ladungen und Ströme,

µ = µo , ε = εo , Vakuum,
(445)
ρ=0 , j=0 . keine Ladungen, keine Ströme

Die Beziehung (679), rot rot V = −  V + grad div V , wenden wir auf die Felder E und
B an und finden aus (444) und (445)
∂ ∂
rot rotE + rotB = 0 , −→ −E + grad div E + rotB = 0 ,
∂t ∂t
∂ ∂
rot rotH − rotD = 0 , −→ −H + grad div H − rotD = 0 ,
∂t ∂t
1
D = εo E , H= B ,
µo
∂E
rotB − εo µo =0 , divE = 0 ,
∂t
∂H
rotD + εo µo =0 , divB = 0 .
∂t
180 Der mathematische Formalismus der Speziellen Relativitätstheorie

Abb. 46: James Clerk Maxwell, 13.6.1831 - 5.11.1879.


30 Elektrodynamik - kovariante Formulierung 181

Es folgen die Wellengleichungen für die elektromagnetischen Felder:


1 ∂2 ⎪
E − E = 0 , ⎪


c2 ∂t2
Elektromagnetische Wellen (446)


1 ∂2 ⎪

B + B = 0
c2 ∂t2

mit

1
c= √ . Lichtgeschwindigkeit (447)
εo µo


Für die Größe 1/ εo µo erhalten wir nämlich mit (402) und (430)

 
1 1 Am Vm *m+
√ = = 0, 0299792458 · 1010 .
εo µo 4π ·10−7 8, 85418782 ·10−12 Vs As s

Das ist aber tatsächlich nichts anderes als die Vakuum-Lichtgeschwindigkeit c , die dem-
nach aus den rein elektrischen Messungen zur Bestimmung von εo ermittelt werden kann,
s. (431), S. 175. Wir machen hier darauf aufmerksam, daß es ohne den von Maxwell
eingeführten Verschiebungsstrom ∂D/∂t keine Wellengleichung für die Felder gibt. Wie
aus dem Gang der Rechnung ersichtlich ist, würden dann einfach die zweiten Ableitungen
nach der Zeit fehlen.
Die elementare Lösung der homogenen Wellengleichung (446) für die Felder E und B
suchen wir mathematisch am einfachsten in der komplexen Form als ebene Wellen,

 
E = Eo exp[iφ] = Eo exp[i ω t − k · x ] ,
  Ebene Wellen (448)
B = Bo exp[iφ] = Bo exp[i ω t − k · x ] .

Die physikalisch meßbaren Felder werden durch den Realteil (bzw. den Imaginärteil) von
(448) beschrieben.
Die Größe φ , die wir bereits bei der Aberration von Wellen kennengelernt haben, s.
Gleichung (216),

Phase
φ(x, t) = ω t − k · x , (449)
einer ebenen Welle

beschreibt den momentanen Schwingungszustand der ebenen Welle und heißt ihre Phase.
182 Der mathematische Formalismus der Speziellen Relativitätstheorie

Wegen exp[iφ] = cos φ + i sin φ gilt in (448)


 2πk   2π 
φ(x, t) = φ x + ,t und φ(x, t) = φ x , t + .
|k|2 ω

D.h., die Phase wiederholt sich, wenn wir bei konstantem t in k-Richtung um eine
Wellenlänge fortschreiten, also λ = 2π/|k| und ebenso, wenn wir bei konstantem x eine
Schwingungsdauer lang warten, also T = 1/ν = 2π/ω .
Die Flächen konstanter Phase φ = const ,

Flächen
k · x = ω t + const , (450)
konstanter Phase

sind gemäß (450) Ebenen mit dem Normalenvektor k , dem sog. Wellenvektor.
Wie man unmittelbar verifiziert, ist der Ansatz (448) genau dann eine Lösung von (446),
wenn die Gleichung ω 2 = c2 k · k = c2 k2 mit einer von k unabhängigen Konstanten c
erfüllt ist. Man sagt dazu, die Wellen sind dispersionsfrei,

Dispersionsfreiheit
ω = c k = const bzw. c = λ ν . (451)
elektromagnetischer Wellen

Die Dispersionsfreiheit der elektromagnetischen Wellen im Vakuum gemäß Gleichung


(451) ist eine fundamentale Eigenschaft:

Die Phasengeschwindigkeit elektromagnetischer Wellen im Vakuum hat für


alle Frequenzen ein und denselben Wert, die Lichtgeschwindigkeit c = ω/k .

Bei einer kontinuierlichen Verteilung der Wellen über Bereiche von k-Werten führen wir die
Dichten dEo /d3 k und dBo /d3 k ein. Die allgemeine Lösung der Wellengleichungen (446)
kann unter Verwendung von (451) für ω dann durch Summation als eine Überlagerung
von ebenen Wellen (448) geschrieben werden gemäß
 ⎫
   
E= dEo /d3 k exp[i ω t − k · x ]d3 k , ⎪



 ⎪
(452)
    3 ⎪

B= dBo /d k exp[i ω t − k · x ]d k . ⎭
3

Die Flächen konstanter Phase laufen mit der Geschwindigkeit c durch den Raum, wie
man auch aus (450) durch Differentiation ablesen kann, wenn wir dx in Richtung des
Wellenvektors k wählen und (451) berücksichtigen,
dx ω
k · dx = ω dt −→ = = c für dx ∼ k . (453)
dt |k|
Wegen der Dispersionsfreiheit der elektromagnetischen Wellen im Vakuum ist auch
die Geschwindigkeit jeder Wellengruppe aus harmonischen Wellen gleich der Licht-
geschwindigkeit, c = ω/k = dω/dk .
30 Elektrodynamik - kovariante Formulierung 183

Für jede ebene Welle (448) gilt

∂Ex ∂Ey ∂Ez ⎫


divE = + + = − i (kx Ex + ky Ey + kz Ez ) = − i k · E , ⎪

∂x ∂y ∂z ⎪



  ⎪



∂Ez

∂Ey ∂Ex

∂Ez ∂Ey

∂Ex ⎪

rotE = , , ⎬
∂y ∂z ∂z ∂x ∂x ∂y
(454)
  ⎪

= − i (ky Ez − kz Ey , kz Ex − kx Ez , kx Ey − ky Ex ) = − i k × E , ⎪







∂E ⎪

= iωE . ⎭
∂t

Entsprechende Ausdrücke gelten für den Vektor B .


Mit (454) gehen wir in die Maxwellschen Gleichungen (444) ein, beachten unsere
Voraussetzungen ρ = 0 , j = 0, ε = εo , µ = µo und finden

Transversalität
k·E = 0 , k·B = 0 , k×E = ωB . (455)
elektromagnetischer Wellen

Für die Amplituden der Wellen im SI-Maßsystem folgt aus (451) und (455)

|Eo | = c |Bo | . (456)

Gleichung (455) drückt die Transversalität elektromagnetischer Wellen aus: Die Vektoren
E , B und k stehen wechselseitig aufeinander senkrecht und bilden in dieser Reihenfolge
eine Rechtsschraube. Auf Grund der Zerlegbarkeit nach ebenen Wellen gemäß (452) ist
die Transversalität eine allgemeine Eigenschaft elektromagnetischer Wellen.
Die elektromagnetischen Wellen eilen mit der Vakuum-Lichtgeschwindigkeit c durch den
leeren Raum. Im Frequenzbereich von 3,8·10−14 Hz - 7,9·10−14 Hz können wir sie als Licht
sehen. Die Optik ist also ein Teilgebiet der Elektrodynamik. Die Lichtgeschwindigkeit
hat daher in jedem Inertialsystem ein und denselben Wert c , wenn nur in jedem Inertial-
system dieselben Gleichungen der Elektrodynamik gelten. Die universelle Konstanz der
Lichtgeschwindigkeit wurde damit zu einer zentralen Frage an die Elektrodynamik. Das
war der historische Ausgangspunkt der Speziellen Relativitätstheorie.

a) Lösung der Maxwell-Gleichungen durch die elektromagnetischen Potentiale


Die erste Gruppe (444)a) der Maxwell-Gleichungen ist stets homogen und kann durch
einen Potentialansatz gelöst werden. Wir setzen

∂A
B = rot A , E = −gradϕ − . Potentialansatz (457)
∂t

Die Größen A und ϕ heißen Vektorpotential und skalares Potential.


Setzen wir (457) in die erste Gruppe (444)a) der Maxwell-Gleichungen ein, dann gilt
wegen div rot = 0 und rot grad = 0 , s. die Formeln (671) und (669), für beliebige Felder
A und ϕ ,
184 Der mathematische Formalismus der Speziellen Relativitätstheorie

∂B ∂A ∂rot A
rot E + = −rot gradϕ − rot + =0 ,
∂t ∂t ∂t
∂B ∂A ∂rot A
rot
divBE+ = −rot
div rot A =−
gradϕ 0 rot + =0 ,
∂t ∂t ∂t
Die erste Gruppe
divB = div (444)a)
rot A = der
0 Maxwell-Gleichungen ist mit dem Potentialansatz (457)
also identisch erfüllt. Diese Aussage gilt unabhängig davon, ob wir die Elektrodynamik
Die erste Gruppe (444)a) der Maxwell-Gleichungen ist mit dem Potentialansatz (457)
im Vakuum oder im Medium betrachten.
also identisch erfüllt. Diese Aussage gilt unabhängig davon, ob wir die Elektrodynamik
Wir beachten nun, daß ein Vektorfeld V nach dem Helmholtzschen Hauptsatz der
im Vakuum oder im Medium betrachten.
Vektoranalysis erst dann bestimmt ist, wenn man sowohl über rot V als auch über div V
Wir beachten nun, daß ein Vektorfeld V nach dem Helmholtzschen Hauptsatz der
verfügt hat. An die Potentiale können wir daher eine Zusatzbedingung stellen. Das nennt
Vektoranalysis erst dann bestimmt ist, wenn man sowohl40über rot V als auch über div V
man Eichung. Wir postulieren hier die Lorenz-Eichung im Medium gemäß
verfügt hat. An die Potentiale können wir daher eine Zusatzbedingung stellen. Das nennt
man ∂ϕEichung. Wir postulieren hier die Lorenz-Eichung40 im Medium
Lorenzgemäß
-Eichung
εµ + div A = 0 . (458)
∂t im Medium
∂ϕ Lorenz-Eichung
εµ + div A = 0 . (458)
∂t im Medium
Für das Vakuum, also ε −→ εo und µ −→ µo wird daraus wegen (447)
Für ∂ϕ Vakuum, also ε −→ εo und µ −→ µo wird daraus wegen
1 das (447)
Lorenz -Eichung
+ div A = 0 . (459)
2
c ∂t im Vakuum
1 ∂ϕ Lorenz-Eichung
+ div A = 0 . (459)
2 ∂t im Vakuum
Esc sind auch andere Eichungen, d.h. andere Zusatzbedingungen für div A gebräuchlich.
Die Eichung paßt man an das Problem an, das mit Hilfe der Potentiale A und ϕ gelöst
Es sind auch andere Eichungen, d.h. andere Zusatzbedingungen für div A gebräuchlich.
werden soll. Für die Behandlung elektromagnetischer Wellen und im Hinblick auf die
Die Eichung paßt man an das Problem an, das mit Hilfe der Potentiale A und ϕ gelöst
kovariante Formulierung der Elektrodynamik im Vakuum wird sich die Lorenz-Eichung
werden soll. Für die Behandlung elektromagnetischer Wellen und im Hinblick auf die
als besonders vorteilhaft erweisen. Wir erwähnen hier noch die sog. Coulomb-Eichung
kovariante 41 Formulierung der Elektrodynamik im Vakuum wird sich die Lorenz-Eichung
div A = 0 .
als besonders vorteilhaft erweisen. Wir erwähnen hier noch die sog. Coulomb-Eichung
Unter der Annahme, daß ε und µ konstant sind, setzen wir den Potentialansatz (457)
div A = 0 .41
nun in die zweite Gruppe (444)b) der Maxwellschen Gleichungen ein und finden zunächst
Unter der Annahme, daß ε und µ konstant sind, setzen wir den Potentialansatz (457)

1 in die zweite∂ Gruppe
nun ∂A  der Maxwellschen Gleichungen ein und finden zunächst
(444)b)
rot rot A + ε gradϕ + =j ,
µ ∂t  ∂t
1 ∂ ∂A 
 A + ε ∂A
rot rot 
gradϕ + =j ,
−ε
µ div gradϕ +∂t ∂t = ρ .
 ∂t
∂A 
−ε
Hierdiveliminieren
gradϕ + wir mit Hilfe der = ρLorenz
. -Eichung (458) in der ersten Gleichung das
∂t
skalare, in der zweiten Gleichung das Vektorpotential und erhalten
Hier
 eliminieren wir mit Hilfe der Lorenz-Eichung (458) in der ersten Gleichung das
1 
skalare, in der zweiten Gleichung ∂ 2das Vektorpotential und erhalten
rot rot − grad div A + ε µ 2 A = j ,
µ   ∂t2
1 ∂ (460)
rot rot − grad div ∂A 2 +εµ A =j ,
µε  −div grad ϕ + ε µ 2 ϕ ∂t2 =ρ .
∂t2 (460)

ε −div grad ϕ + ε µ 2 ϕ =ρ .
40
∂t
Dieser Name ist zu Ehren des dänischen Physikers Ludvig Valentin Lorenz (1829 - 1891) gewählt
worden und sollte nicht mit dem niederländischen Physiker Hendrik Antoon Lorentz (1853 - 1928)
40 Dieser Name
verwechselt werden.ist Es
zu gibt
Ehren des eine
sogar dänischen Physikers Ludvig
Lorenz-Lorentzsche Formel, Lorenz (1829[1]-. 1891) gewählt
vgl. Sommerfeld
Valentin
41 Die und
worden sollte nicht
Möglichkeit, die mit dem A
Größen niederländischen
und ϕ gemäß Physiker  + gradχAntoon
A → AHendrik → ϕ = (1853
und ϕ Lorentz ϕ − ∂/(∂
- 1928)
t )χ
verwechselt
umzuändern,werden.
ohne die Esphysikalischen
gibt sogar eineFelder E und B nach Gleichung
Lorenz-Lorentzsche Formel, vgl.
(457) zu ändern,[1]heißt
Sommerfeld . Eichtrans-
41 Die Möglichkeit,
formation. die Größen
Die vertiefende TheorieAdazu
und geht auf H.A
ϕ gemäß Weyl A + gradχ
→ zurück und hat ϕ = eine
undinϕder→Physik ϕ −gewaltige
∂/(∂t )χ
umzuändern, ohne die physikalischen Felder E und B nach Gleichung (457) zu ändern, heißt Eichtrans-
Bedeutung erlangt.
formation. Die vertiefende Theorie dazu geht auf H. Weyl zurück und hat in der Physik eine gewaltige
Bedeutung erlangt.
30 Elektrodynamik - kovariante Formulierung 185

Mit dem Laplace-Operator (673) und den Formeln (679) und (676), also div grad ϕ =  ϕ
und rot rot A = −  A + grad div A führen wir in Anlehnung an die Schreibweise (262)
in beiden Gleichungen den Operator  εµ ein,
∂2
 εµ := ε µ −  , (461)
∂t2

der die Ausbreitung der elektromagnetischen Wellen in Medien beherrscht. Für (460)
folgt damit die inhomogene Wellengleichung für die Komponenten des skalaren und des
Vektorpotentials,

1 ∂2
 εµ A = A− A = µj ,
c2m ∂t2
(462)
1 ∂2 ρ
 εµ ϕ = 2 2 ϕ − ϕ = .
cm ∂t ε

Die Größe cm ist die Ausbreitungsgeschwindigkeit elektromagnetischer Wellen in Medien


mit der Dielektrizitätskonstanten ε und der Permeabilität µ . Es folgt
1 c c
cm = √ = √ = (463)
εµ ε r µr n

mit dem Brechungsindex n = εr µr .
Für das Vakuum mit ε = εo und µ = µo folgt daraus wieder die Vakuum-
Lichtgeschwindigkeit c gemäß (447).
Mit Hilfe der Gleichungen (462) kann man nachrechnen, daß Ladungen, die sich beschleu-
nigt bewegen, wir erwähnen hier den Hertzschen Dipol, elektromagnetische Wellen
erzeugen, s. z.B. Becker[1] .
Gibt es weder Ladungen noch Ströme, so gelten die homogenen Wellengleichungen

1 ∂2
A− A = 0 ,
c2m ∂t2
(464)
1 ∂2
ϕ− ϕ = 0 .
c2m ∂t2

Mit A und ϕ genügen gemäß (457) auch alle Komponenten von E und B den Wellen-
gleichungen (462) bzw. (464), wie wir das oben mit den Gleichungen (446) nachgewiesen
und diskutiert haben.
Um nun zu zeigen, daß die Gleichungen (444) tatsächlich bereits der Forderung nach einer
universellen Gültigkeit in allen Inertialsystemen genügen, müssen wir die Maxwellschen
Gleichungen gemäß dem Einsteinschen Relativitätsprinzip im Minkowski-Raum, s. S. 153,
’nur noch’ als Tensorgleichungen im Minkowski-Raum formulieren. Man beachte, daß die
Lichtgeschwindigkeit cm im Medium keine Lorentz-invariante Größe darstellt.
186 Der mathematische Formalismus der Speziellen Relativitätstheorie

30.2 Die kovariante Formulierung der Elektrodynamik


Gemäß dem in Kap. 28.6, S. 153, formulierten Relativitätsprinzip zeigen wir nun, daß die
Maxwellschen Gleichungen in jedem Inertialsystem gleichermaßen gelten, indem wir sie
als Tensorgleichungen im Minkowski-Raum schreiben. Wir haben bereits bemerkt, daß
wir dieses Relativitätsprinzip brauchen, um eine noch ausstehende Verallgemeinerung der
Maxwellschen Gleichungen (444) zustande zu bringen, nämlich den Fall eines Mediums
mit einer beliebigen Strömungsgeschwindigkeit w der Materie.
Zunächst wollen wir einen bemerkenswerten mathematischen Zusammenhang zwischen
den Feldvektoren E und B aufdecken, nämlich ihre Eigenschaft, einen vierdimensionalen
Tensor zu bilden, eine Arbeit, die A. Einstein zur Auflösung der von ihm kritisierten
Asymmetrie bei der klassischen Erklärung des Induktionsexperimentes im Jahre 1905
geleistet hat (s. das Zitat auf S. 164 und die Ausführungen dazu auf S. 172-173). Mit
Hilfe der Minkowskischen Methode gelingt dies nun besonders einfach.

30.2.1 Die vierdimensionalen Größen der Elektrodynamik


Wir zeigen zunächst, daß die auf den rechten Seiten von (444) stehenden Größen, die
Stromdichte j = ρ u und die Ladungsdichte ρ , sich bereits zu einem Vierervektor zusam-
menfassen lassen. Jede elektrische Ladung kann nur in Vielfachen der Elementarladung
eo eines Elektrons auftreten42 . Die Elementarladung eo ist daher eine Naturkonstante,
die gemäß Einsteins Relativitätsprinzip in allen Inertialsystemen ein und denselben Wert
haben muß.

Die Elementarladung eo ist eine Invariante im Minkowski-Raum.

Wir betrachten eine fixierte Menge ∆e von Ladungen, die ein sog. materielles Volumen
markieren. Die Summe ∆e von Elementarladungen , d.h. ihre Anzahl, ist unabhängig
vom Bezugssystem. Σe sei das momentane Ruhsystem der kleinen Ladungsmenge ∆e .
Mit ∆Vo bezeichnen wir das in Σe gemessene, materielle Volumen. Also ist ∆Vo de-
finitionsgemäß ebenfalls unabhängig vom Bezugssystem, und ebenso ist die ’Ruhdichte’ ρe ,
ρe := ∆e/∆Vo ,

ein Skalar im Minkowski-Raum. Von Σo aus betrachtet, wo die Ladungen die


Geschwindigkeit u = (ux , uy , uz ) besitzen, beanspruchen die Ladungen ein Volumen ∆V ,
wofür dort wegen der Lorentz-Kontraktion in Bewegungsrichtung u der kontrahierte Wert
∆V = γu ∆Vo (465)
gemessen wird. Dabei ist u := |u| . Für die mit der Geschwindigkeit u = (ux , uy , uz ) in
Σo bewegte Ladungsdichte ρ = ∆e/∆V gilt daher
∆e ∆Vo
ρ= ,
∆Vo ∆V
also

ρe ∆e Bewegte Ladungsdichte ρ
ρ= , ρe = , γu = 1 − u2 /c2 . (466)
γu ∆Vo und invariante Ruhdichte ρe

42 Die gedrittelten Elementarladungen der sog. quarks existieren nicht als freie Teilchen.
30 Elektrodynamik - kovariante Formulierung 187

Wir erinnern an den Vierervektor ui der Geschwindigkeit (375). Wegen der Invarianz von
ρe bilden dann die Größen ρe ui = ρe c/γu , ux /γu , uy /γu , uz /γu einen Vierervektor, die
Viererstromdichte j i , den Konvektionsstrom der bewegten Ladungen,


c ux uy uz
j = ρe u = ρ e
i i
, , , Vierervektor
1−u2 /c2 1−u2 /c2 1−u2 /c2 1−u2 /c2 (467)
  der Stromdichte
= ρ c, ux , uy , uz , .

Mit den Koordinaten im Minkowski-Raum xi = (x0 , x1 , x2 , x3 ) = (c t, x, y, z) läßt


sich damit die Kontinuitätsgleichung (411), die differentielle Form für die Erhaltung der
Ladungen, in einer vom Bezugssystem unabhängigen, vierdimensionalen Form schreiben,

∂ i
j = 0 mit j i = ρe ui . Kontinuitätsgleichung (468)
∂xi

Aus den beiden rechten Seiten der Maxwell-Gleichungen (444)b) können wir daher mit
ρ c und ρ u im Minkowski-Raum den Vektor j i bilden. Wir müssen nun die tensorielle
Formulierung für die linken Seiten der Gleichungen (444) finden.
Zu diesem Zweck schreiben wir den Potentialansatz (457) für E und B explizit auf,


∂ ∂ ∂ ∂ ∂ ∂ ⎪
Bx = Az − Ay , By = Ax − Az , Bz = Ay − Ax , ⎪

∂y ∂z ∂z ∂x ∂x ∂y ⎬
(469)
∂ ∂ ∂ ∂ ∂ ∂ ⎪

Ex = − ϕ− A x , Ey = − ϕ− Ay , Ez = − ϕ− Az .⎪

∂x ∂(ct) ∂y ∂(ct) ∂z ∂(ct)

Für die kovariante Formulierung der Maxwell-Gleichungen (444) ist nun der folgende
Ansatz entscheidend:

Das Vektorpotential A = (Ax , Ay , Az ) bildet zusammen mit dem skalaren Potential ϕ


einen Vierervektor A im Minkowski-Raum

mit den ko- und kontravarianten Komponenten des Vierervektors A gemäß:

ϕ ⎫
Ai = (A0 , A1 , A2 , A3 ) = ( , Ax , Ay , Az ) , ⎬
c (470)
ϕ
Ai = (A0 , A1 , A2 , A3 ) = ηik Ak = ( , −Ax , −Ay , −Az ) . ⎭
c

Den Potentialansatz (457) bzw. (469) können wir damit in der folgenden vierdimen-
sionalen tensoriellen Form schreiben,
188 Der mathematische Formalismus der Speziellen Relativitätstheorie

∂ ∂
Fik = i
Ak − Ai (471)
∂x ∂xk

bzw. auch kürzer in der Schreibweise (658), S. 247,

Fik = ∂i Ak − ∂k Ai = Ak , i −Ai , k , (472)

wenn wir unter Fik folgenden Tensor verstehen, für den wir auch noch die kontravarianten
Komponenten F ik == ηir ηks Frs aufschreiben,

⎛ Ex Ey Ez ⎞ ⎛ Ex Ey Ez ⎞
0 0 − − −
⎜ c c c ⎟ ⎜ c c c ⎟
⎜ ⎟ ⎜ ⎟
⎜ Ex ⎟ ⎜ Ex ⎟
⎜− 0 −Bz By ⎟ ⎜ 0 −Bz By ⎟
⎜ c ⎟ ⎜ c ⎟
Fik =⎜
⎜ Ey
⎟,
⎟ F ik =⎜

⎟.
⎟ (473)
⎜− Ey
⎜ c Bz 0 −Bx ⎟


⎜ Bz 0 −Bx ⎟

⎜ ⎟ ⎜ c ⎟
⎝ ⎠ ⎝ ⎠
Ez Ez
− −By Bx 0 −By Bx 0
c c

Daraus folgt eine weitreichende begriffliche Konsequenz: Die Felder E und B bilden eine
einheitliche mathematische Größe, den Tensor F im Minkowski-Raum.
Mit Minkowskis eleganter Mathematik haben wir damit den oben auf S. 186
angekündigten, von Einstein entdeckten, mathematischen Zusammenhang zwischen
den Vektoren E und B gefunden, der die zentrale Aussage der kovariant formulierten
Elektrodynamik ist:

Die dreidimensionalen Vektoren der elektrischen Feldstärke E und der magnetischen


Induktion B bilden gemäß (473) einen zweistufigen antisymmetrischen Tensor F
im Minkowski-Raum.

Die Transformationen im Minkowski-Raum, die allgemeinen Lorentz-Transformationen,


enthalten beides, rein räumliche Drehungen und Übergänge von einem Inertialsystem zu
einem anderen. In Aufg. 27, S. 306, zeigen wir, daß die dreidimensionale Vektoreigenschaft
von E und B auch durch den vierdimensionalen Tensor F erfüllt wird.
Die eigentlichen Lorentz-Transformationen fördern aber nun eine völlig neue Eigenschaft
der Felder E und B zutage. Von einem rein elektrischen Feld oder einem rein magneti-
schen Feld im Bezugssystem Σo sagt ein Beobachter in einem dazu bewegten System
Σ , daß er in beiden Fällen sowohl ein elektrisches als auch ein magnetisches Feld mißt.
Der vierdimensionale Tensor des elektromagnetischen Feldes Fik im Minkowski-Raum
zerfällt in jedem Inertialsystem in unterschiedliche Komponenten der magnetische Induk-
tion B und der elektrischen Feldstärke E - ebenso wie ein zweidimensionaler Vektor V
für verschiedene kartesische Koordinatenachsen (x, y) bzw. (x , y  ) in der Ebene in un-
terschiedliche Komponenten (Vx , Vy ) bzw. (Vx , Vy ) zerfällt. Wir wollen dies jetzt am
Beispiel einer speziellen Lorentz-Transformation zeigen.
30 Elektrodynamik - kovariante Formulierung 189

Durch (473) sollen die Komponenten des Feldstärketensors Fik im Bezugssystem Σo


gegeben sein. Mit Fi k bezeichnen wir die Komponenten im System Σ , das sich, von
Σo aus gemessen, mit der Geschwindigkeit v entlang der x-Achse bewegt. Der Tensor
Fik transformiert sich gemäß (636), also

∂xi ∂xk
Fi k = Fik . (474)
∂xi ∂xk

Mit der speziellen Lorentz-Transformation (284) können wir (474) auch in Ma-
trixschreibweise angeben. Wir beachten, daß in (474) die Matrix der inversen Lorentz-
Transformation aus (284) wirksam wird und erhalten

0  Ey  1
Ex Ez
0 c c c
B C
B E C
B− x 0 −Bz By C
B c C
Fi k =B C
B Ey  C
B− c Bz 0 −Bx C
@ A
E
− cz −By Bx 0

0 1 β 10 Ex Ey Ez 10 1 β 1
γ γ
0 0 0 c c c γ γ
0 0
B β CB E CB β C
B 1
0C B By C B 1
0C
C B− c −Bz
x
B γ γ
0 0 CB γ γ
0 C
=B CB E CB C .
B 0 0C B y
−Bx A B
C 0C
@ 0 1 A @− c Bz 0 @ 0 0 1 A
0 0 0 1 − Ecz −By Bx 0 0 0 0 1

Die Ausmultiplikation dieser Matrizen oder die Berechnung der Summen (474) ergibt
dann für die Komponenten Fi k des Feldstärketensors in Σ

0  Ey  1 0 1
Ex Ez Ex Ey −v Bz Ez +v By
0 c c c 0
B C B c cγ cγ
C
B Ex C B c Bz −β Ey c By +β Ez C
B− 0 −Bz By C B − Ecx 0 − C
B c C B cγ cγ
C .
B C = B E −v B C (475)
B Ey C B− y z c Bz −β Ey
−Bx C
B− c Bz 0 −Bx C @ cγ cγ
0
A
@ A
E +v B c By +β Ez

Ez
−By Bx 0 − z cγ y − cγ
Bx 0
c

Wir können nun leicht zeigen, daß die Lorentz-Kraftdichte f in (444)c) die ersten drei
Komponenten eines Vierervektors f bilden gemäß

1
fi = f · u, fx , fy , fz . (476)
c

Ein Vierervektor ist die Größe f i , weil sie sich als tensorielles Produkt aus dem Tensor
(473) und dem Vektor (467) schreiben läßt gemäß (wobei wir noch (466) beachten),
190 Der mathematische Formalismus der Speziellen Relativitätstheorie

⎛ Ey ⎞⎛ ⎞
0 − Ecx − c − Ecz c
⎜ ⎟⎜ ⎟
⎜ By ⎟⎜ ⎟
−Bz ⎟⎜ −ux ⎟
Ex
i ik ⎜ c 0 Vierervektor der
f =F jk = ρ ⎜ ⎟⎜ ⎟. (477)
⎜ Ey
−Bx ⎟⎜ −uy ⎟ Lorentz-Kraftdichte
⎝ c Bz 0 ⎠⎝ ⎠
Ez
−By Bx 0 −uz
c

 
Mit der Lorentz-Kraftdichte (414) bilden wir u · f = ρ u · E + u × B = ρ u · E , weil
u · (u × B) = 0 . Für die nullte Komponente von f können wie daher schreiben
f 0 = (1/c) f · u = (1/c)ρ E · u , und das ist gleich der durch c dividierten Dichte der
Leistung des elektromagnetischen Feldes an der Ladungsdichte ρ .
Um diese Aussage mit der Gleichung (389) der relativistischen Mechanik besser vergleichen
zu können, betrachten wir eine punktförmige Ladungsdichte ρ = eo δ(x) δ(y) δ(z) , die wir
o.B.d.A. an den Koordinatenursprung gesetzt haben. Die dreidimensionale Gesamtkraft
F auf die Ladung eo erhalten wir durch Integration über die Lorentz-Kraftdichte f ,
  ⎫
 
F= f dxdydz = ρ E + u × B dxdydz ⎪ ⎪



 ⎬
  (478)
= eo δ(x) δ(y) δ(z) E + u × B dxdydz ⎪





= eo (E + u × B) ,

also die Lorentz-Kraft F = (Fx , Fy , Fz ) gemäß (415).


In (478) haben wir über das Volumen der Ladung integriert. Da das Volumenelement
dxdydz aber kein Lorentz-Skalar ist, sondern der Lorentz-Kontraktion mit dem Faktor
γu unterliegt, bilden die drei Komponenten (Fx , Fy , Fz ) der Lorentz-Kraft nicht die
letzten drei Komponenten eines Vierervektors. Den Minkowskischen Kraftvektor, den
Vierervektor F , erhalten wir in Übereinstimmung mit Gleichung (383) in Kap. 29
daher erst nach Division durch Faktor γu , also, indem wir auch die nullte Komponente
aufschreiben,

 
1 F · u Fx Fy Fz Vierervektor der
Fi = , , , . (479)
c γu γu γu γu Lorentz-Kraft

Dies ist genau die in der relativistischen Mechanik gefundene Form (389) der Viererkraft.
Führen wir nun in (479) ebenso wie in (477) den Tensor der Feldstärke ein, so können wir
für den Minkowskischen Kraftvektor auch schreiben

⎛ Ey ⎞⎛ ⎞
0 − Ecx − c − Ecz c
⎜ ⎟⎜ ⎟
⎜ By ⎟⎜ ⎟
−Bz ⎟⎜ −ux ⎟
Ex
i ik ⎜ c 0
F = eo F uk = eo ⎜ ⎟⎜ ⎟. (480)
⎜ −Bx ⎟⎜ ⎟
⎠⎝ −uy ⎠
Ey
⎝ c Bz 0
Ez
−By Bx 0 −uz
c
30 Elektrodynamik - kovariante Formulierung 191

In Kap. 29, S. 161ff., s. die Gleichungen (391) und (392), haben wir gezeigt, daß F i ein
Minkowskischer Vierervektor wird, wenn die dreidimensionale Kraft F eine Lorentz-
Invariante ist, wie wir dies gemäß dem Prinzip (94), S. 66, für die mechanischen Kräfte
postuliert haben. In der Elektrodynamik haben wir dieses Postulat also durch den
vierdimensionalen Tensorcharakter des elektromagnetischen Feldes erfüllt.
In Aufg. 29, S. 308, benutzen wir den vierdimensionalen Charakter des elektromagnetis-
chen Feldes F , um aus dem statischen Coulomb-Feld einer ruhenden Punktladung durch
eine rein algebraische Rechnung, nämlich eine Lorentz-Transformation, das Feld einer
gleichförmig bewegten Punktladung zu bestimmen.
Man sieht nun auch, daß der Tensorcharakter des elektromagnetischen Feldes in bezug auf
Lorentz-Transformationen gemäß (473) - (475) das eingangs zitierte Problem der Asym-
metrie bei der Erklärung der Induktionserscheinungen löst, auf das Einstein aufmerksam
gemacht hat, s. S. 164:
Für die Strom erzeugende Kraft auf die Elektronen ist in jedem Fall das elektrische Feld
verantwortlich, das von dem relativ zur Leiterschleife ruhenden Beobachter gemessen
wird.
Wir betrachten den Fall, daß im System Σo von dem Tensor Fik nur die Komponenten
B = (Bx , By , Bz ) der magnetischen Induktion von Null verschieden sein sollen, z.B.
erzeugt durch einen in Σo ruhenden Magneten. Gemäß dem klassischen Induktionsversuch
bewege sich eine Leiterschleife mit einer Geschwindigkeit u = (−u, 0, 0) auf den Magneten
zu. Befindet sich jene links vom Magneten, dann ruht die Leiterschleife also in einem
System Σ , das sich in Richtung der negativen x-Achse von Σo mit der Geschwindigkeit
vom Betrag u bewegt.
Indem wir in (475) v durch −u ersetzen, lesen wir sofort ab, daß der auf der Leiterschleife
ruhende Beobachter ein elektrisches Feld E = (0, u Bz /γu , −u By /γu ) feststellt, welches
die Induktionsspannung bewirkt. In Σ ist ui = (c, 0, 0, 0) , also gemäß (480)
 u Bz u By
F i = eo (0, ,− , 0) . (481)
γu γu

Für die Komponenten F i und F i des Minkowskischen Kraftvektors gilt dieselbe
Lorentz-Transformation wie für die Koordinaten. F 2 und F 3 ändern sich also durch
 
diese Transformation nicht, und F 1 und F 4 verschwinden ebenso wie F 1 und F 4 . Für
die Kraftvektoren gilt daher unverändert auch in Σo ,
u Bz u By
F i = eo (0, ,− , 0) . (482)
γu γu
Mit u = (−u, 0, 0) und B = (Bx , By , Bz ) stellt der Beobachter in Σo daher gemäß (479)
eine Kraft F fest,
F = eo u × B . (483)
Diese Kraft nennt er Lorentz-Kraft. Wie wir in Kap. 30.1.3, S. 173, gezeigt haben, kann
mit der Lorentz-Kraft (483) der in der Leiterschleife induzierte Strom erklärt werden. Wir
haben hier also durch Lorentz-Transformation des elektromagnetischen Tensors Fik , also
auf algebraischem Weg, gezeigt, daß die Strom erzeugende Kraft auf die Elektronen auch
in dem Fall der Bewegung des Leiters im System Σo relativ zu dem dort ruhenden Mag-
neten durch dasjenige elektrische Feld entsteht, das der relativ zur Leiterschleife ruhende
Beobachter feststellt. Dadurch ist die Symmetrie in der Erklärung des experimentell von
vornherein symmetrischen Induktionseffektes hergestellt.
192 Der mathematische Formalismus der Speziellen Relativitätstheorie

Aus der vierdimensionalen Vektoreigenschaft der elektromagnetischen Potentiale (470)


folgt nun ferner, daß die Lorenz-Eichung (459) im Vakuum eine Lorentz-invariante
Beziehung ist, die also in jedem Inertialsystem erhalten bleibt, wenn sie nur in einem
einzigen System gefordert ist. Das ist besonders für theoretische Untersuchungen ein
mathematischer Vorteil dieser Eichung. Für (459) können wir nämlich einfach schreiben

∂ Lorenz-Eichung
Ai = 0 . (484)
∂xi im Vakuum

Die Lorenz-Eichung (458) im Medium ist natürlich keine Lorentz-invariante Beziehung.

30.2.2 Die vierdimensionalen Größen der Elektrodynamik


Wir betrachten das Vakuum mit elektrischen Ladungen und Strömen, also
Vakuum
ε = εo , µ = µo , ρ, j = ρu. (485)
mit bewegten Ladungen

Für ε = εo und µ = µo können wir für den Laplace-Operator (461) schreiben


1 ∂2 ∂ ∂ ij
 ε o µo ≡  = − = η . (486)
c2 ∂t2 ∂xi ∂xj

Der Operator  ist also Lorentz-invariant. Mit dem Potentialansatz (471) und der
Lorenz-Eichung (484) reduzieren sich daher die Maxwell-Gleichungen für das Vakuum auf

∂ i
 Ai = µo j i mit A =0. (487)
∂xi
Die Lorentz-invariante Form der Lorentz-Kraft kennen wir bereits aus Gleichung (480).
Das vollständige System der Maxwell-Gleichungen, aufgeschrieben mit dem
Feldstärketensor (473) aus den meßbaren Feldern E und B , lautet damit


∂ ∂ ∂
a) Fkl + Fli + Fik = 0 ,⎪


∂xi ∂xk ∂xl ⎪








F ik = µo j k , ⎪

b) ⎬ Kovariante Form der
∂xi
Maxwell-Gleichungen (488)


i ik ik ⎪
⎪ im Vakuum
c) f = F jk = ρe F ui , ⎪





1 ⎪

c = √ . ⎪

εo µo

Hier brauchen wir keinen weiteren Tensor für die Felder D und H . Die Maxwellschen
Gleichungen im Vakuum enthalten nur eine physikalische Konstante, die Vakuum-
Lichtgeschwindigkeit c . Das verwendete SI-Maßsystem mag diesen Sachverhalt etwas
30 Elektrodynamik - kovariante Formulierung 193

verschleiern. Die Konstante µo ist willkürlich hineingetragen, und im Feldstärketensor F


signalisiert der Faktor 1/c bei E nur eine scheinbare Unsymmetrie der Felder E und
B . In Kap. 30.3 geben wir aus diesem Grund die Maxwellsche Theorie noch einmal im
absoluten Maßsystem an.
Mit dem Komma für die partielle Ableitung schreibt man (488)a) auch gern in der Form
Fkl , i +Fli , k +Fik , l = 0 .

Wie man einfach überprüft, wird (488)a) durch den Potentialansatz (471) bzw. (472)
identisch erfüllt, so daß die Maxwell-Gleichungen damit auf die Gleichungen (487)
zurückgeführt werden,
Fik , l +Fkl , i +Fli , k = ∂l ∂i Ak −∂l ∂k Ai +∂i ∂k Al −∂i ∂l Ak +∂k ∂l Ai −∂k ∂i Ai Al = 0 .

Unter Beachtung von (473) erhalten wir unter Verwendung der Schreibweise (658) aus
(488)a) für i, k, l = 1, 2, 3

F12 , 3 +F23 , 1 +F31 , 2 = ∂z Bz + ∂x Bx + ∂y By = div B = 0 .

Das Induktionsgesetz ergibt sich, wenn in (488)a) genau einer der Indizes gleich 0 ist,
z.B. für i, k, l = 1, 2, 0 mit x0 = ct ,
 
1 1 1 1 ∂B
F12 , 0 +F20 , 1 +F01 , 2 = − ∂t Bz − ∂x Ey + ∂y Ex = − + (rot E)z = 0 .
c c c c ∂t z

Ebenso ist (488)b) mit (444)b) identisch. Wir beachten (467) und erhalten für k = 0

F i0 , i = F 10 , 1 +F 20 , 2 +F 30 , 3
1 
= ∂x Ex + ∂y Ey + ∂z Ez = µ0 c ,
c
also

1
div E = ρ −→ εo div E = ρ .
µo c2

und damit

div D = ρ .

Und für k = 1, 2, 3 folgt das Durchflutungsgesetz unter Einbeziehung des Maxwellschen


Verschiebungsstroms, also z.B. für k = 1 ,

F i1 , i = F 01 , 0 +F 21 , 2 +F 31 , 3

1 Ex
= − ∂t + ∂y Bz − ∂z By = µ0 ux ,
c c
also
194 Der mathematische Formalismus der Speziellen Relativitätstheorie

∂y Bz − ∂z By − εo µo ∂t Ex = µ0 ux ,

∂1y Bz − ∂z By − εo µo ∂t Ex = µ0 ux ,
(rot B)x − εo ∂t Ex = µ0 ux −→ (rot H)x − ∂t Dx = µ0 ux
µo
1
und (rot B) − εo ∂t Ex = µ0 ux −→ (rot H)x − ∂t Dx = µ0 ux
µo damitx
(rot
und H) x − ∂t Dx = µ0 ux .
damit

x − ∂t Dx = µ0 ux .
Die Gleichung
(rot H) (488)c) für die Lorentz-Kraftdichte f i haben wir bereits in (477)
besprochen.
i
Die ein
Für Gleichung (488)c)
ladungsfreies für die
Vakuum wir-Kraftdichte
Lorentz
erhalten aus (487) diefhomogenen
haben wir bereits in (477)
Wellengleichungen
besprochen.
 Aiein
Für = ladungsfreies
0 . (489)
Vakuum erhalten wir aus (487) die homogenen Wellengleichungen

 Adem
Mit i
= 0Vierervektor
. k im Minkowski-Raum, (489)

Mit dem
ωVierervektor k im Minkowski-Raum,
ω
ki = , −kx , −ky , −kz ←→ k i = , kx , ky , kz , Vierervektor (490)
c

ω c

ω
ki = , −kx , −ky , −kz ←→ ki = , kx , ky , kz , Vierervektor (490)
c
ist die Phase c 18, S. 290, eine Lorentz-Invariante,
φ , s. Kap. 26, S. 112ff., und Aufg.

ist die Phase φ , s. Kap. 26, S. 112ff., und Aufg. 18, S. 290, eine Lorentz-Invariante,
φ = ω t − k · x := ki xi . Invariante Phase (491)

φ = ω t − k · x := ki xi . Invariante Phase (491)


Die ebenen Wellen (448) erhalten wir nun aus dem Viererpotential Ai gemäß

Die ebenen Wellen (448) erhalten wir nun aus dem Viererpotential Ai gemäß
 
Ai = Aio exp[i ω t − k · x ] = Aio exp[i ki xi ] . Ebene Wellen (492)
 
Ai = Ai exp[i ω t − k · x ] = Aio exp[i ki xi ] . Ebene Wellen (492)
Bei einero kontinuierlichen Verteilung der Wellen über Bereiche von k-Werten führen wir
die Dichten dAio /d3 k ein. Mit (451) kann die allgemeine Lösung von (489) dann durch
Bei einer kontinuierlichen
Summation Verteilung
als eine Überlagerung der Wellen
ebener Wellen geschrieben
über Bereiche von k-Werten
werden gemäß führen wir
i 3
die Dichten
 dA o /d k ein. Mit (451) kann die allgemeine Lösung von (489) dann durch
Summation  alsi eine    3
3 Überlagerung ebener Wellen geschrieben werden gemäß
A =i
dAo /d k exp[i k c t − k · x ]d k . (493)

   
Ai = dAio /d3 k exp[i k c t − k · x ]d3 k . (493)
a) Doppler-Effekt und Aberration in der kovarianten Behandlung
Die relativistische Theorie des Doppler-Effektes und der Aberration folgt nun in eleganter
a) Doppler-Effekt und Aberration in der kovarianten Behandlung
Weise aus der obigen einfachen Feststellung, daß die Phase φ eine Lorentz-Invariante ist,
Die relativistische
vgl. auch Aufg. 18Theorieund Aufg.des 30, S. 290-Effektes
Doppler und der Aberration folgt nun in eleganter
und S. 313.
Weise aus der obigen einfachen Feststellung,
Aus der Dispersionsfreiheit der elektromagnetischen daß dieWellen
Phase (451),
φ eined.h. ω = c-Invariante
Lorentz ist,
k, folgt sofort
vgl.i auch Aufg. 18 und Aufg. 30, S. 290 und S. 313.
kAus
i k der
= 0Dispersionsfreiheit
, der elektromagnetischen Wellen (451), d.h. ω = c k, folgt sofort (494)
d.h.,i k i ist ein Nullvektor. Dieser Vektor enthält die Angaben über die Ausbreitungsrich-
ki k = 0 , (494)
tung und die Frequenz der Welle. Bildet jene mit den x-, y- und z-Achsen die Winkel
i
d.h., k ist ein Nullvektor. Dieser Vektor enthält die Angaben über die Ausbreitungsrich-
η , θ , und ζ , dann können wir für den Einheitsvektor n = (nx , ny , nz ) = (cos η, cos θ, cos ζ)
tung
in und die Frequenz der
Ausbreitungsrichtung (nxWelle.
, ny , nzBildet jenekymit
) = kx /k, /k, den x-,schreiben.
kz /k) y- und z-Achsen die Winkel
η , θ , und ζ , dann können wir für den Einheitsvektor n = (nx , ny , nz ) = (cos η, cos θ, cos ζ)
in Ausbreitungsrichtung (nx , ny , nz ) = kx /k, ky /k, kz /k) schreiben.
30 Elektrodynamik - kovariante Formulierung 195

Wegen k = 2π/λ = 2πν/c = ω/c erhalten wir damit für ki die Form
 0 1 2 3 2 π
k ,k ,k ,k = (ν, ν cos η, ν cos θ, ν cos ζ ) . (495)
c
Ein im Bezugssystem Σo ruhender Sender möge dort eine ebene Welle mit dem (dreidimen-
sionalen) Wellenvektor k und der Frequenz ν = νS emittieren. Die ebenen Wellenflächen
laufen also mit der Lichtgeschwindigkeit c in die Richtung (nx , ny , nz ) von k . Ein
Inertialsystem Σ bewege sich in der negativen x-Richtung von Σo , habe also in bezug
auf Σo die Geschwindigkeit v = (−v, 0, 0) . In Σ ruht ein Empfänger E . Wenn die
Wellenflächen also z.B. in die Richtung der positiven x-Achse laufen, dann kommt ihnen
der Empfänger mit der Geschwindigkeit v entgegen. Wir nehmen nun eine beliebige
Ausbreitungerichtung an, Abb. 47. Der Empfänger E beobachtet für die ebene Welle

einen Vierervektor k i mit der Empfangsfrequenz ν  = νE und dem dreidimensionalen
Richtungsvektor n = (nx , ny , nz  ) = (cos η  , cos θ  , cos ζ  ) ,

   

k0 , k1 , k2 , k3 = (ν  , ν  cos η  , ν  cos θ  , ν  cos ζ  ) . (496)
c
 
Die Vektorkomponenten ki und ki hängen wie die Koordinaten xi und xi des
Minkowski-Raumes über die spezielle Lorentz-Transformation (75) bzw. (284) zusam-
men; nur müssen wir dort v durch −v bzw. β durch −β ersetzen, weil sich das
Bezugssystem Σ dort mit v und hier mit −v bewegt, also

ν cos η + ν β
ν  cos η  = , ⎪


1 − β2 ⎪





  ⎪

ν cos θ = ν cos θ , ⎬
(497)
ν  cos ζ  = ν cos ζ , ⎪






ν + β ν cos η ⎪⎪
ν = . ⎪


1−β 2

Diese Formeln enthalten die vollständige relativistische Theorie der Dopplerschen


Frequenzverschiebung und der als Aberration bezeichneten Änderung der Ausbrei-
tungsrichtung der Welle, wenn sie von Σ aus beurteilt wird.
Für die Anwendung dieser Formeln muß man berücksichtigen, daß die Beobachtungsrich-
tung des Empfängers E durch die Winkel η  , θ , ζ  des gestrichenen Systems Σ zu
beschreiben ist. Andernfalls kann man leicht in eine Falle geraten, vgl. Aufg. 36, S. 328.
Um die mit der Beobachtung unmittelbar vergleichbare Formel für den relativistischen
Doppler-Effekt aus (497) zu erhalten, wollen wir daher cos η mit Hilfe von cos η 
eliminieren. Dazu finden wir aus der ersten und der letzten Gleichung von (497) zunächst

(1 + β cos η) cos η  = cos η + β . (498)

Die Auflösung nach cos η ergibt

β − cos η 
cos η = . (499)
β cos η  − 1
196 Der mathematische Formalismus der Speziellen Relativitätstheorie

6Σo

Sb
η

J
J
J
J
J
^
J
k

Σ
6
 v

@
@ @
@ @
-x @b  - x
E @η
@
@
@
k @
R

Abb. 47: Versuchsanordnung für Doppler-Effekt und Aberration. Dargestellt sind die Winkel η
mit tan η = −1, 5 und η  mit tan η  = −1 . Aus (503) folgt β = (cos η  − cos η)/(1 cosη  cos η) ,
so daß diese Winkel bei einer Geschwindigkeit von v ≈ 0, 25 c für das System Σ in Richtung der
negativen x-Achse von Σo erreicht werden. Und nach (500) berechnet sich damit eine Doppler-
Verschiebung von νE ≈ 1, 05 νS .

Dies setzen wir in die letzte Formel von (497) ein und finden nach kurzer Rechnung, indem
wir noch ν  = νE und ν = νS setzen,


1 − β2 Vollständige Gleichung
νE = νS . (500)
1 − β cos η  des relativistischen Doppler-Effektes

Die Gleichung (500) ist die vollständige Formel für den relativistischen Doppler-Effekt,
wobei sich der Empfänger mit der Geschwindigkeit v in die negative x-Richtung des
Ruhsystems des Senders bewegt.
Läuft die ebene Welle in Richtung der positiven x-Achse von Σo , also
(η , θ , ζ) = (0, π/2, π/2) mit (cos η, cos θ, cos ζ) = (1, 0, 0) , dann wird aus (497)
30 Elektrodynamik - kovariante Formulierung 197


1+β
ν  cos η  = , ⎪



1 − β2 ⎫ ⎪

1 + β ⎪

 
ν  cos η = ⎪
, ⎪
ν cos θ = 0 1, − β 2 ⎪ ⎪





 ⎪

cos θζ  =
νν  cos = 00 ,, ⎪






  1 + β ⎪

νν  cos ζ = = 0 , ⎪

, ⎪

1 − β2 ⎪ ⎪

1+β ⎪

ν = ⎪
, ⎪

woraus wir sofort 1 − βablesen, daß die Welle in diesem Fall auch von Σ aus dieselben
2

Richtungscosinus hat, (cos η  , cos θ , cos ζ  ) = (1, 0, 0) .


woraus
Schreiben wirwirsofort
wieder ablesen,
β = v/c daß 
, ν die = νWelle
E sowiein νdiesem
= νS , Fall
dannauch Σ in
von wir
erhalten aus
derdieselben
longitu-
   
Richtungscosinus
dinalen Beobachtung, hat, also(cos ηcos, cos
η θ=, 1cos ζ ) Formel
, die = (1, 0, für
0) . den longitudinalen Doppler-Effekt,

vgl. die Formeln
Schreiben (195),β (198),
wir wieder = v/c ,S.ν103-104,
= νE sowie ν = νS , dann erhalten wir in der longitu-

dinalen Beobachtung, also cos η = 1 , die Formel für den longitudinalen Doppler-Effekt,
vgl. die Formeln 
c + v(195), (198), S. 103-104, Longitudinaler
νE = νS . (501)
 c − v Doppler-Effekt
c+v Longitudinaler
νE = νS . (501)
c − v 
Doppler-Effekt
Setzen wir η = −π/2 , also cos η = 0 , dann folgt aus (500) die Formel für den
transversalen Doppler-Effekt, vgl. die Formel (199), S. 105,
Setzen wir η  = −π/2 , also cos η = 0 , dann folgt aus (500) die Formel für den
transversalen  Doppler-Effekt, vgl. die Formel (199), S. 105,
v2 Transversaler
νE = νS 1 − 2 . (502)
 c Doppler-Effekt
v 2
Transversaler
νE = νS 1 − 2 . (502)
c Doppler-Effekt
Lösen wir die Gleichung (498) nach cos η auf, dann erhalten wir die relativistische
Gleichung für die Aberration
Lösen wir die Gleichung (498) nach cos η  auf, dann erhalten wir die relativistische
Gleichung für cos die
η +Aberration
β
cos η  = . Aberration (503)
1 + β cos η
cos η + β
cos η  = . Aberration (503)
1 +√β cos η
Mit tan x = 1 − cos2 x/ cos x findet man daraus nach einfachen Umformungen auch die
Formel √
Mit tan x = 1 − cos2 x/ cos x findet man daraus nach einfachen Umformungen auch die
Formel sin η
tan η  = 1 − β2 . Aberration (504)
cos η + β
sin η
tan η  = 1 − β2 . Aberration (504)
cos η + β
Für eine im System Σo in Richtung der negativen y-Achse ausgesandte, ebene Welle ist
η = −π/2 , also cos η = 0 . Gemäß (503) wird diese Welle vom Empfänger E in Σ unter
Für
einem eineWinkel η  mitΣocosinη Richtung
im System = β beobachtet,
der negativen
vgl. auch
y-Achse
Aufg.
ausgesandte,
36, S. 328.ebene
Wenn Welle
für die
ist

= −π/2eines
ηPosition , alsoSternes
cos η =die 0 . Richtung
Gemäß (503) η̃ berechnet
wird diese wurde,
Welle dann muß das Fernrohr
vom Empfänger E in Σnicht in
unter
einem Winkel η  mit cos η  = β beobachtet, vgl. auch Aufg. 36, S. 328. Wenn für die
Position eines Sternes die Richtung η̃ berechnet wurde, dann muß das Fernrohr nicht in
198 Der mathematische Formalismus der Speziellen Relativitätstheorie

diese berechnete Richtung gehalten werden, sondern wir müssen es in Abhängigkeit von
unserer Geschwindigkeit um einen zusätzlichen Winkel in die Richtung η  kippen, so daß
cos η  = β wird. Dieses ”Vorhalten” des Fernrohres heißt Aberration [lat. aberratio =
Abweichung ], Aufg. 37, S. 328.

30.2.3 Die vierdimensionale Elektrodynamik bewegter Medien

Die berühmteste Arbeit der Physikgeschichte seit Newton, Einsteins[2] ”Zur Elektro-
dynamik bewegter Körper” aus dem Jahr 1905, ist im Grunde genommen erst 1908 durch
Minkowski[2] zu Ende gebracht worden. Einsteins Voraussetzung, daß der Körper als
Ganzes eine bestimmte Geschwindigkeit v haben soll, wird dabei durch die Annahme
ersetzt, daß die Bewegung der einzelnen materiellen Teile des Mediums durch ein
Geschwindigkeitsfeld w beschrieben werden muß,

Materiegeschwindigkeit
w = (wx , wy , wz ) . (505)
des Mediums

Der zugeordnete Vierervektor w lautet



c wx wy wz
i
w = , , , , (506)
1 − w2 /c2 1 − w2 /c2 1 − w2 /c2 1 − w2 /c2

wobei w2 = wx2 + wy2 + wz2 .


Wir müssen nun zwischen drei Geschwindigkeitsfeldern u , v und w unterscheiden. Die
Buchstaben u und w stehen für die Geschwindigkeiten der Ladungsträger bzw. der
Materieelemente und v verwenden wir wieder für die Geschwindigkeit der Inertialsy-
steme. Die Stromdichte j werden wir hier i. allg. nicht als das Produkt ρ u aus der
Ladungsdichte und deren Geschwindigkeit aufschreiben, so daß keine Verwechslungen bei
den Geschwindigkeiten entstehen können.
Wir brauchen nun einen zweiten Tensor, den Tensor der elektromagnetischen Erregung
H , der aus den Quellvektoren D und H gebildet ist,

⎛ ⎞ ⎛ ⎞
0 c Dx c Dy c Dz 0 −c Dx −c Dy −c Dz
⎜ ⎟ ⎜ ⎟
⎜−c Dx 0 −Hz Hy ⎟ ⎜ c Dx 0 −Hz Hy ⎟
⎜ ⎟ ⎜ ⎟
Hik =⎜

⎟, H ik = ⎜
⎟ ⎜
⎟, (507)

⎜−c Dy Hz 0 −Hx ⎟ ⎜ c Dy Hz 0 −Hx ⎟
⎝ ⎠ ⎝ ⎠
−c Dz −Hy Hx 0 c Dz −Hy Hx 0

und wir postulieren für H die Feldgleichungen


H ik = j k . (508)
∂xi
30 Elektrodynamik - kovariante Formulierung 199

Wir lernen nun das gewaltige heuristische Prinzip zur Auffindung von Feldgleichungen
kennen, das in der Formulierung des Einsteinschen Relativitätsprinzips im Minkowski-
Raum steckt. H. Minkowski hat 1908 auf diesem Weg die vollständigen Feldgleichungen
der Elektrodynamik bewegter Medien gefunden, die bis dahin nur teilweise bekannt waren.
Das harmlos anmutende Prinzip lautet:

Kennt man die Gleichungen in einem Inertialsystem, dann müssen diese nur kovariant,
also als Tensorgleichungen im Minkowski-Raum geschrieben werden.

Wir überzeugen uns zunächst davon, daß wir mit (507) und (508) die richtigen Gleichungen
für den richtigen Tensor H aufgeschrieben haben. Dazu nehmen wir an, daß das Medium
als Ganzes in einem Inertialsystem Σo ruht, so daß dort wi = (c, 0, 0, 0) gilt. Die
Gleichungen (508) müssen dann mit (444)b) identisch sein. Wir beachten gemäß (467)
j i = (c ρ, jx , jy , jz ) und erhalten für k = 0
H i0 , i = H 10 , 1 +H 20 , 2 +H 30 , 3
 
= c ∂x Dx + ∂y Dy + ∂z Dz = c
und damit
div D = ρ .
Für k = 1 folgt
H i1 , i = H 01 , 0 +H 21 , 2 +H 31 , 3
1
= − ∂t (c Dx ) + ∂y Hz − ∂z Hy = j 1
c
und damit
(rot H)x − ∂t Dx = jx ,
also, indem wir noch die analogen Rechnungen für k = 2, 3 einbeziehen,
rot H − ∂t D = j .
Die Gleichungen (508) sind also einfach verifizierbar und unabhängig vom
Geschwindigkeitsfeld w der Materie.
Ebenso gilt nach wie vor für die Gleichungen (444)c) die vierdimensionale Form (477).
Daran hat sich nichts geändert.
Im Vakuum brauchten wir die Materialgleichungen nicht. Das ist nun anders, und wir
sind auf der Suche nach einer tensoriellen Formulierung der Gleichungen (444)d)-f) im
Minkowski-Raum.
Die Materialparameter in (444), die Größen ε , µ und σ , werden im Ruhsystem der
Materie definiert und sind daher definitionsgemäß Invarianten im Minkowski-Raum,
Tensoren nullter Stufe43 ,

ε , ⎬
Invarianten im
µ , (509)
⎭ Minkowski-Raum
σ .

43 Von einem möglichen dreidimensionalen Tensorcharakter dieser Größen in kristallinen Materialien, wie

in Kap. 30.1 erwähnt, wollen wir hier absehen.


200 Der mathematische Formalismus der Speziellen Relativitätstheorie

Die Gleichungen (444)d)-f) gelten im lokalen Ruhsystem eines jeden materiellen Massenele-
mentes. Um diese Gleichungen als vierdimensionale Tensorgleichungen zu formulieren,
müssen wir nur beachten, wie der Vierervektor w der materiellen Geschwindigkeit im
lokalen Ruhsystem aussieht, nämlich
Materiegeschwindigkeit
wi = (c , 0 , 0 , 0) , wi = (c , 0 , 0 , 0) . (510)
im lokalen Ruhsystem
Wenn wir im lokalen Ruhsystem eines Massenelementes die Tensoren Fik und Hik
tensoriell mit wk multiplizieren, dann erhalten wir mit (473) und (507)
Fik wk = (E1 , E2 , E3 ) , Hik wk = (D1 , D2 , D3 ) . (511)
Damit können wir (444)d) und (444)f) im Minkowski-Raum schreiben gemäß

Hik uk = ε Fik wk ,
(512)
j i = −σ Fik wk .
Auch die Felder B und H lassen sich unter Beachtung von (510) für das lokale Ruhsystem
mit Hilfe der Minkowski-Tensoren durch einen Trick darstellen. Wir betrachten die zy-
klische Summe der Indizes i, j, k und bilden damit den Ausdruck Fij wk + Fjk wi + Fki wj .
Dieser Ausdruck ist natürlich ein Tensor im Minkowski-Raum. Im lokalen Ruhsystem
sind von diesem Tensor die und nur die Komponenten von Null verschieden, die genau
einen Index 0 haben, und die ergeben genau eine Komponente der mit c multiplizierten
magnetischen Induktion B , also z.B. F21 w0 + F10 w2 + F02 w1 = F21 w0 = c Bz ,
aber F21 w3 + F13 w2 + F32 w1 = 0 . Ebenso verhält es sich mit dem Tensor
Hij wk + Hjk wi + Hki wj . Im lokalen Ruhsystem der Materie können wir für die
Materialgleichung (444)e) also schreiben
 
Fik wl + Fkl wi + Fli wk = µ Hik wl + Hkl wi + Hli wk . (513)
Da (513) eine Tensorgleichung im Minkowski-Raum ist, gilt diese Gleichung auch für ein
beliebig bewegtes Medium. Damit sind wir fertig.
Das vollständige System der Maxwell-Gleichungen bewegter Medien lautet also


∂ ∂ ∂ ⎪

a) Fkl + Fli + Fik = 0 , ⎪

∂xi ∂xk ∂xl ⎪





∂ ⎪

b) F ik
= µ j k
, ⎪

∂x i o ⎪





1 ρ ⎪

c) i
f =F ik
jk = F ik e i
u , ⎪
⎬ Kovariante Form der
c c
Maxwell-Gleichungen (514)
d) Hik wk = ε Fik wk , ⎪


⎪ bewegter Medien

  ⎪⎪

e) Fik wl + Fkl wi + Fli wk = µ Hik wl + Hkl wi + Hli wk , ⎪








f) j i = −σ Fik w , k







g) ε = εo εr , h) µ = µo µr .

Diese Gleichungen sind allgemeiner als (444), da sie auch relativistische Effekte in
ungleichförmig bewegter Materie erfassen.
30 Elektrodynamik - kovariante Formulierung 201

Abb. 48: Hermann Minkowski, 12.6.1864 - 12.1.1909.


202 Der mathematische Formalismus der Speziellen Relativitätstheorie

30.3 Die Elektrodynamik im absoluten Maßsystem


Da die Symmetrie der Maxwellschen Theorie besser zum Ausdruck kommt, wenn man
das absolute Maßsystem verwendet, werden theoretische und insbesondere vierdimen-
sionale Darstellungen i. allg. in diesem System geschrieben, das nur drei Basis-
Maßeinheiten verwendet. Anstelle des alten cgs-Systems mit den Basiseinheiten
Zentimeter, Gramm und Sekunde, verwenden wir hier das modernere absolute System
mit Meter, Kilogramm und Sekunde. Dann ist ein Newton auch hier die Krafteinheit wie
im SI-System. Mit Hilfe physikalischer Gleichungen werden nun alle Größen auf Meter,
Kilogramm und Sekunde zurückgeführt, wie wir das auch im SI-System getan haben, für
die Kraft s. dazu Gleichung (95), S. 66, für die Stromstärke die Gleichungen (402), (401),
S. 166, für die elektrische Feldstärke und die magnetische Induktion die Gleichungen (411),
(413), S. 169, etc.
Die folgende Tabelle, in der alle Maßzahlen im absoluten System durch eine Tilde
gekennzeichnet sind, soll den Umgang mit beiden Maßsystemen erleichtern,
  ⎫
√ 4π 4π ⎪
Ẽ = 4πεo E , D̃ = D , B̃ = B , H̃ = 4πµo H , ⎪


εo µo ⎪



 ⎪

√ 4π ⎪

ϕ̃ = 4πεo ϕ , Ã = A , ⎬
µo (515)


ε µ ⎪

ε̃ = εr = , ε̃o = 1 , µ̃ = µr = , µ̃o = 1 , ⎪

εo µo ⎪



σ 1 1 ⎪

σ̃ = , ρ̃ = √ ρ , j̃ = √ j . ⎭
4πεo 4πεo 4πεo

30.3.1 Elektrodynamik im Medium


Anstelle der Gleichungen (444), S. 179, gilt nun

1 ∂ B̃ ⎪

a) rotẼ + =0 , divB̃ = 0 , ⎪

c ∂t ⎪







1 ∂ D̃ 4π ⎪

b) rotH̃ − = j̃ , divD̃ = 4 π ρ̃ , Maxwell-Gleichungen
c ∂t c (516)

⎪ Absolutes Maßsystem
1 ⎪

j̃ × B̃ , ⎪

c) f = ρ̃ Ẽ + ⎪

c ⎪





d) D̃ = εr Ẽ , e) B̃ = µr H̃ , f ) j̃ = σ̃ Ẽ .

30.3.2 Elektrodynamik im Vakuum - Vierdimensionale Formulierung


In der Vakuum-Elektrodynamik, insbesondere bei ihrer vierdimensionalen Formulierung,
wird die Symmetrie der Gleichungen im absoluten Maßsystem besonders deutlich. Aus
der invarianten Ladungsdichte ρ̃e in absoluten Einheiten und deren Geschwindigkeit u

wird die bewegte Ladungsdichte ρ̃ = ρ̃e 1 − u2 /c2 und die dazugehörige Stromdichte
j̃ = ρ̃ u gebildet. Es folgen die Maxwell-Gleichungen
30 Elektrodynamik - kovariante Formulierung 203

1 ∂ B̃
a) rotẼ + =0, div B̃ = 0 ,
c ∂t
Maxwell-Gleichungen
1 ∂ Ẽ 4π Vakuum mit bewegten Ladungen (517)
b) rotB̃ − = ρ̃ u , div Ẽ = 4π ρ̃ ,
c ∂t c Absolutes Maßsystem
 u 
c) f = ρ̃ Ẽ + × B̃ .
c

Mit der Viererstromdichte j̃ i , vgl. (467), S. 187,


 
j̃ i = ρ̃e ui = ρ̃ c, ux , uy , uz , , (518)

und dem Feldstärke-Tensor F̃ ,

⎛ ⎞ ⎛ ⎞
0 Ẽx Ẽy Ẽz 0 −Ẽx −Ẽy −Ẽz
⎜ ⎟ ⎜ ⎟
⎜ −Ẽx 0 −B̃z B̃y ⎟ ⎜ Ẽx 0 −B̃z B̃y ⎟
F̃ik = ⎜

⎟,
⎟ F̃ ik = ⎜

⎟,
⎟ (519)
⎝ −Ẽy B̃z 0 −B̃x ⎠ ⎝ Ẽy B̃z 0 −B̃x ⎠
−Ẽz −B̃y B̃x 0 Ẽz −B̃y B̃x 0

lauten die Maxwell-Gleichungen dann



a) F̃ik ,l +F̃kl , i +F̃li ,k = 0 , ⎪


⎪ Kovariante Form der
4π k ⎪

ik
b) F̃ , i = j̃ , Maxwell-Gleichungen
(520)
c ⎪
⎪ im Vakuum


1 ⎪
⎭ Absolutes Maßsystem
c) f i = F̃ ik j̃k .
c

Mit dem Potentialansatz zur Lösung der ersten Gruppe (520)a) der Maxwell-Gleichungen

F̃ik = Ãk , i −Ãi , k (521)

und der Lorenz-Eichung

Ãi , i = 0 Lorenz-Eichung (522)

für den Viererverktor à ,



Ãi = (Ã0 , Ã1 , Ã2 , Ã3 ) = (ϕ̃, Ãx , Ãy , Ãz ) ,
(523)
Ãi = (Ã0 , Ã1 , Ã2 , Ã3 ) = ηik Ãk = (ϕ̃, −Ãx , −Ãy , −Ãz ) ,

folgen aus (520)b) die inhomogenen Wellengleichungen

4π i
 Ã i = j̃ . (524)
c
204 Der mathematische Formalismus der Speziellen Relativitätstheorie

Wir geben nun noch einige wichtige Konsequenzen aus den Maxwellschen Gleichungen
an und bleiben dabei im absoluten Maßsystem, um die Symmetrie der Gleichungen nicht
unnötig zu beschädigen. Ohne die Einzelheiten hier weiter zu vertiefen, bemerken wir:
Die durch die Maxwellschen Gleichungen definierten Kraftwirkungen und Energieum-
setzungen des elektromagnetischen Feldes und der elektrischen Ladungen und Ströme
lassen sich mit Hilfe eines einzigen Tensors im Minkowski-Raum beschreiben, mit dem
Energie-Impuls-Tensor T̃ ik .
Auf der Grundlage der Maxwellschen Gleichungen (488) existiert folgender Zusam-
menhang zwischen einem Tensor T̃ ik und dem vierdimensionalen Vektor der Lorentz-
Kraftdichte44 ,
∂ ik
T̃ = −f i . (525)
∂xk
Die Wahl des Vorzeichens ist Konvention. Im ladungsfreien Raum gilt

T̃ ik = 0 für j̃ i = ρ̃ ui = 0 . (526)
∂xk
Ebenso wie die Kontinuitätsgleichung (468) ist dies die differentielle Form eines Erhal-
tungssatzes, nämlich hier für Energie und Impuls des elektromagnetischen Feldes, wie
wir gleich sehen werden. Der Tensor T̃ ik wird aber erst eindeutig definiert, wenn wir
zusätzlich zu (526) für den gemäß M̃ lik := xl T̃ ik − xi T̃ lk definierten Drehimpuls-Tensor
des Feldes45 einen entsprechenden differentiellen Erhaltungssatz fordern, nämlich

M̃ lik = 0 . (527)
∂xk
Aus (527) folgt dann

l ik
x T̃ − x i lk
T̃ = δkl T̃ ik + xl T̃ ik , k − δki T̃ lk + xi T̃ lk , k
∂xk
= T̃ il − T̃ li + xl T̃ ik , k −xi T̃ lk , k = 0
und damit wegen (526) die Symmetrie des Energie-Impuls-Tensors
T̃ il + T̃ li = 0 . (528)
Die Gleichungen (525) und (528) werden nun durch folgenden symmetrischen Tensor
T̃ ik erfüllt, der als metrischer Energie-Impuls-Tensor des elektromagnetischen Feldes
bezeichnet wird46 ,
44 Für die Kraftdichte f i brauchen wir keine Tilde, da die rein mechanisch definierten Größen im SI-

Maßsystem und im absoluten MKS-System dieselben Einheiten benutzen.


45 Diese Definition verallgemeinert den mechanischen Drehimpuls M li = lik L
k mit L = x × p , also
M li = lik krs xr ps = xl pi − xi pl , vgl. (653).
46 Die quellenfreien Maxwellschen Gleichungen sind invariant gegenüber den vierdimensionalen Trans-

lationen sowie gegenüber den in Kap. 32 diskutierten Lorentz-Transformationen im Minkowski-


Raum. Das Noetherschen Theorem leitet daraus die Existenz eines sog. kanonischen Energie-Impuls-
Tensors Tkanik und eines Drehimpulstensors M lik ab, die den differentiellen Erhaltungssätzen (526)
bzw. (527) genügen. Der kanonische Energie-Impuls-Tensor Tkan ik ist unsymmetrisch. Die Größe
clik = xl T ik − xi T lk beschreibt den ”Bahndrehimpuls”, für den wegen der Unsymmetrie von T ik
M kan kan kan
kein Erhaltungssatz gelten kann. Nur der Gesamtdrehimpuls M lik = M clik + S lik genügt dem Erhal-
tungssatz (527). Die Existenz eines Eigendrehimpulses S lik , des Spintensors des elektromagnetischen
Feldes, ist der Grund für die Unsymmetrie des kanonischen Tensors Tkanik .
34 Der Energie-Impuls-Tensor des Maxwellschen Feldes 205

 
1 1 ik rs Metrischer Energie-Impuls-Tensor
−F̃ F̃ ηrs + η F̃ F̃rs  .
ik ir ks
T̃ = (529)

1 41 des Maxwell
Metrischer schen Feldes
Energie-Impuls-Tensor
T̃ ik = −F̃ ir F̃ ks ηrs + η ik F̃ rs F̃rs . (529)
4π 4 des Maxwellschen Feldes
Zur Ausführung der Differentiation in (525) für den Tensor (529) finden wir mit der
Schreibweise (658)der
Zur Ausführung unter Beachtung
Differentiation von F̃ik
in (525) für−den
= F̃ki und mit(529)
Tensor wiederholten
finden wirUmbenen-
mit der
nungen in den Summationsindizes,
Schreibweise (658) unter Beachtung von F̃ik = −F̃ki
und mit wiederholten Umbenen-
nungen in den  Summationsindizes, 
1 ! ks " 1 ik rs 1 ik rs
T̃ ik , k = −F̃ , k F̃ ηrs − F̃ F̃ , k ηrs + η F̃ , k F̃rs + η F̃ F̃rs , k 
ir ks ir

1 ! " 41 41
T̃ ik , k = −F̃ ir , F̃ ks η − F̃ ir F̃ ks , k ηrs + η ik F̃ rs , k F̃rs + ηik F̃ rs F̃rs , k
1 ! sk k " ir rs
4π 1 4 4
 F̃ , k F̃ ηrs − η F̃ F̃sr , k + η F̃ F̃rs , k 
is kr ik rs
=

1 ! " 2
1
= 1 ! F̃ sk ,"k F̃ ir ηrs −1 η is F̃ kr F̃!sr , k + η ik F̃ rs F̃" rs , k
= 4π F̃ , k F̃ ηrs −
sk ir ik rs 2
η F̃ 2F̃ks , r +F̃rs , k
1 ! sk " ir
4π 1 ik rs !
8π "
= 1 ! F̃ , k " F̃ ηrs − 1 η F̃ ! 2F̃ks , r +F̃rs , k "
= 4π F̃ sk , k F̃ ir ηrs − 8π η ik F̃ rs F̃ks , r +F̃kr , s +F̃rs , k

1 ! " 8π
1 ! "
= 1 ! F̃ sk , k " F̃ ir ηrs − 1 η ik F̃ rs! F̃ks , r +F̃kr , s +F̃rs , k
= 4π F̃ sk , k F̃ ir ηrs + 8π η ik F̃ rs F̃sk , r −F̃kr , s −F̃rs , k ] ,
1 ! sk " ir
4π 1 ik rs !

= F̃ , k F̃ ηrs + η F̃ F̃sk , r −F̃kr , s −F̃rs , k ] ,
4π 8π
also mit (477) nach Anwendung der Maxwellschen Gleichungen (488)b) und (488)a) auf
die
alsoeckigen Klammern,
mit (477) nach Anwendungwie in (525)
derbehauptet,
Maxwellschen Gleichungen (488)b) und (488)a) auf
die eckigen Klammern, wie in (525) behauptet,
1 ! 4π s " ir
T̃ ik , k = − j̃ F̃ ηrs = −f i .

1 ! c
4π "
T̃ ik , k = − j̃ s F̃ ir ηrs = −f i .
4π c
Mit Hilfe der Matrizen (519) berechnen wir den Tensors T̃ ik ,
Mit Hilfe der Matrizen (519) berechnen wir den Tensors T̃ ik ,
⎛ 1
(Ẽ 2 + B̃ 2 ) Ẽy B̃z − Ẽz B̃y Ẽz B̃x − Ẽx B̃z Ẽx B̃y − Ẽy B̃x

2
⎛ ⎞
1⎜ Ẽy12 B̃
(Ẽz 2−+ẼB̃ ⎟
2 1
⎜ z B̃)y 2
(Ẽ 2Ẽ+yB̃ 2z )−
− ẼẼzx2B̃− 2
y B̃x −Ẽ B̃xy −
B̃zxB̃ −ẼxxB̃
Ẽzy B̃x B̃yz − ẼyxB̃
−Ẽ Ẽxz ⎟
T̃ ik = ⎜⎜ ẼzyB̃xz − Ẽxz B̃zy ⎟
⎟.(530)
1⎝
4π ⎜
1
(Ẽ 2 + B̃ 2 )− Ẽ 2 − B̃ 2
2 −B̃x y − ẼxxẼy x
1 −2B̃ B̃2 − Ẽ 2Ẽ
2
(Ẽ +xB̃ y)− Ẽxy −yB̃y2 −B̃yxB̃zz − ẼyxẼ
Ẽzz ⎠

T̃ ik = ⎜ ⎟.(530)
4π⎝ Ẽxz B̃yx − Ẽyx B̃xz −B̃xx B̃zy −
− Ẽxx Ẽzy 1
(Ẽ 2 + B̃ 2 )− Ẽ 2 − B̃ 2
2 −B̃y z − ẼyyẼz y 2
(Ẽ +yB̃ z)− Ẽyz −zB̃z ⎠
1 −2B̃ B̃2 − Ẽ 2Ẽ 2

1
Ẽx B̃y − Ẽy B̃x −B̃x B̃z − Ẽx Ẽz −B̃y B̃z − Ẽy Ẽz 2
(Ẽ 2 + B̃ 2 )− Ẽz2 − B̃z2

Zur physikalischen Interpretation der Komponenten des Energie-Impuls-Tensors T̃ ik


setzen wir
Zur physikalischen Interpretation der Komponenten des Energie-Impuls-Tensors T̃ ik
setzen
⎛ wir ⎞
1
⎛ υ̃ S̃ ⎞
T̃ = ⎝ c1 ⎠ (531)
υ̃ S̃
T̃ = ⎝ c g̃ ct̃ ⎠ (531)
c g̃ t̃
mit
mit
206 Der mathematische Formalismus der Speziellen Relativitätstheorie

1 ⎫
υ̃ = T̃ 00 , S̃ = ( T̃ 01 , T̃ 02 , T̃ 03 ) , ⎪

c ⎪




⎛ 00 10 ⎞ 1 ⎛ ⎞ ⎪
υ̃ = T̃ T̃ , 01 02
S̃ = ( T̃T̃ 11, T̃ T̃ 12 03
, T̃ T̃ 13
) , ⎪
⎪ (532)
c ⎪


c g̃ = ⎛ T̃ 20 ⎠ , t̃ = ⎝ T̃ 21
T̃ 22
T̃ 23 ⎠ . ⎬


10
⎞ ⎛ 11 12 13
⎞ ⎪ ⎭ (532)
30 31 32 33
T̃ T̃ T̃ T̃ ⎪

c g̃ = ⎝ T̃ 20 ⎠ , t̃ = ⎝ T̃ 21 T̃ 22 T̃ 23 ⎠ . ⎪ ⎪

30 31 32 33

T̃ T̃ T̃ T̃
Unter Verwendung von (476) und (531) lautet (525) nun für i = 0

∂ υ̃
Unter Verwendung von (476) und (531) lautet (525) nun für i = 0
+ div S̃ = − f · u , (533)
∂t
∂ υ̃
+ div S̃ = − f · u , (533)
und
∂t für i = 1, 2, 3 erhalten wir

∂g̃ für i = 1, 2, 3 erhalten wir


und
+ Div2 t̃ = − f , (534)
∂t
∂g̃
+ Div2 t̃ = − f , (534)
wobei
∂t die Operation Div2 auf den zweiten Index wirkt, was im Fall eines symmetrischen
Tensors T̃ik aber ohne Belang ist.
wobei
Im die Operation
Vakuum Div2 aufund
ohne Ladungen denStröme
zweitenfolgen
Indexfür
wirkt, was im
das freie Fall eines symmetrischen
elektromagnetische Feld die
Tensors T̃ik aber ohne Belang ist.
Bilanzgleichungen
Im Vakuum ohne Ladungen und Ströme folgen für das freie elektromagnetische Feld die
Bilanzgleichungen
∂ υ̃ Energiebilanz des freien
+ div S̃ = 0 . (535)
∂t elektromagnetischen Feldes
∂ υ̃ Energiebilanz des freien
+ div S̃ = 0 . (535)
∂t
sowie elektromagnetischen Feldes

sowie
∂g̃ Impulsbilanz des freien
+ Div2 t̃ = 0 . (536)
∂t elektromagnetischen Feldes
∂g̃ Impulsbilanz des freien
+ Div2 t̃ = 0 . (536)
∂t Integration von (533) über ein Volumen elektromagnetischen
Durch
Feldes
K finden wir nämlich die von der
Lorentz-Kraftdichte f sekundlich an den Ladungen in dem Volumen K geleistete Arbeit
 
Durchf · u dxdydz
Integration von in
wieder (533)
der über ein Volumen
zeitlichen ÄnderungK derfinden wir nämlichυ̃ dxdydz
Feldenergie die von und
der
KLorentz-Kraftdichte f sekundlich an den Ladungen in dem Volumen  KK geleistete Arbeit
 aus diesem Volumen herausströmenden Energie des Feldes div S̃ dxdydz
der  .
f · u dxdydz wieder in der zeitlichen Änderung der Feldenergie
K υ̃ dxdydz und
KDen Ausdruck für υ̃ als Energiedichte des elektromagnetischenFeldes berechnen
K wir auch
der elementarem
auf aus diesem Volumen
Wege inherausströmenden
den Aufgaben 31 undEnergie desS.Feldes
32, s. 314ff. div S̃ dxdydz .
K
Den Ausdruck
Und für υ̃ als Energiedichte
aus der Integration des elektromagnetischen
von (534) über ein Volumen K lesen Feldeswir berechnen wir auch
unmittelbar die
auf elementarem Wege in den Aufgaben
Maxwellsche Entdeckung der Nahwirkung für das31 und 32, s. S. 314ff.
elektromagnetische Feld ab:

Und
In aus Volumen
einem der Integration
K wirkt von
die(534) über
Lorentz ein Volumen
-Kraft K Diese
f dxdydz. lesen findet
wir unmittelbar
sich wiederdie
in
sche Entdeckung der Nahwirkung für K elektromagnetische
das  Feld ab:
Maxwell
der zeitlichen Änderung eines im Feld gespeicherten  Impulses g̃ dxdydz und der im
In einem Volumen K wirkt die Lorentz-Kraft  f dxdydz. Diese
K findet sich wieder in
Feld wirkenden Kraft Div2 t̃ dxdydz = t̃ · dA K : 
der zeitlichen ÄnderungK eines im Feld gespeicherten
∂K Impulses g̃ dxdydz und der im
  K
Feld wirkenden Kraft Div2 t̃ dxdydz = t̃ · dA :
K ∂K
34 Der Energie-Impuls-Tensor des Maxwellschen Feldes 207

Durch die Flächenelemente dA im Raum zwischen den Ladungen werden Kräfte


t̃ · dA übertragen, die entfernte Ladungen aufeinander ausüben. Wie wir in Aufg. 35,
Gleichung (997), S. 326, gesehen
 haben, ist in der Mechanik der Kontinua durch das
Oberflächenintegral vom Typ σ · dA der Spannungstensor σ definiert. Gleichung (536)
∂K
beschreibt ebenso eine Impulsbilanz wie die Gleichung (1002), S. 326, in der Mechanik
der Kontinua. Die Größe t̃ ist damit als Spannungstensor des elektromagnetischen Feldes
identifiziert. Wir fassen zusammen:

1
2
υ̃ = Ẽ + B̃2 , Energiedichte des Maxwellschen Feldes

c
S̃ = Ẽ × B̃ , Energiestromdichte des Maxwellschen Feldes

(537)
1
g̃ = Ẽ × B̃ , Impulsdichte des Maxwellschen Feldes
4π c
 
1 1 2
t̃ = (Ẽ + B̃ ) − (ẼẼ + B̃B̃) .
2
Maxwellscher Spannungstensor
4π 2

Die physikalische Interpretation des Energie-Impuls-Tensors T̃ ik des Maxwellschen Feldes


führt nun zu einer bedeutsamen theoretischen Konsequenz.
Aus der Symmetrie des Energie-Impuls-Tensors (530) erhalten wir die allgemeine For-
mulierung für die Energie-Masse-Äquivalenz des elektromagnetischen Feldes,

Energie-Masse-Äquivalenz des
S̃ = g̃ c2 . (538)
elektromagnetischen Feldes

Die Analogien zwischen dem elastischen Deformationsfeld eines mechanischen Kontinuums


und dem elektromagnetischen Feld bildeten lange Zeit die Grundlage für die Suche nach
einem mechanischen Kontinuum, dem sog. Äther, dessen elastische Deformationen durch
das elektromagnetische Feld beschrieben werden sollten. Wenn man diesem Äther wie
einem mechanischen Medium einen Bewegungszustand zuordnen könnte, dann wäre
durch dessen eigenes Ruhsystem ein absolutes Bezugssystem ausgezeichnet, ebenso wie
in der Mechanik der Kontinua alle Feldgleichungen und Bilanzen nur in bezug auf das
Ruhsystem des Mediums gelten, also z.B. für den ruhenden Kristall. Die Gültigkeit des
Einsteinschen Relativitätsprinzips zeigt uns, daß von den physikalischen Eigenschaften
dieses Äthers nicht mehr, aber auch nicht weniger übrigbleibt, als die Eigenschaften
unseres physikalischen Vakuums.
Anhang
31 Relativität der Längen- und Zeitmessungen
In diesem Kapitel wollen wir ein Relativitätsprinzip diskutieren, das in seiner logischen
Struktur dem Einsteinschen gleicht, indem es die behaupteten physikalischen Postulate
untrennbar mit der Definition einer bestimmten Gleichzeitigkeit verbindet. Wir haben un-
sere Darstellung auf diesem Prinzip nicht aufgebaut. Es gewährt aber einen interessanten
Einblick in die Raum-Zeit-Struktur. Wir nennen es
Das metrische Relativitätsprinzip :

Es ist möglich, in allen Inertialsystemen die Uhren so zu synchronisieren, daß


wir in allen Inertialsystemen dieselben Formeln finden, wenn wir bewegte und (539)
ruhende Maßstäbe und Uhren miteinander vergleichen.

Während das Einsteinsche Relativitätsprinzip die Äquivalenz der Inertialsysteme für alle
physikalischen Gesetze fordert, s. Kap. 6, postuliert (539) nur eine Äquivalenz für die
Längen- und Zeitmessungen, eine metrische Äquivalenz der Inertialsysteme, und postuliert
damit viel weniger als Einsteins Prinzip, ist deswegen aber viel einfacher zu übersehen:


Durch die Quotienten ⎪





Länge des bewegten Stabes lv ⎪

= , ⎪

Ruhlänge lo Metrisches
(540)
Periode der bewegten Uhr Tv ⎪
⎪ Relativitätsprinzip
= ⎪

Eigenperiode To ⎪





wird kein Inertialsystem ausgezeichnet.

Zur Diskussion dieses Relativitätsprinzips wollen wir an die Fragestellung von Kap. 5
anknüpfen und folgenden Fall betrachten. Ein Stab mit der Ruhlänge lo möge auf der
x-Achse des Systems Σo mit den Koordinaten der Endpunkte x1 = 0 und x2 = lo ruhen.
Wir wollen die Länge lv dieses in Σ bewegten Stabes bestimmen. Dazu benötigen wir
die Lage seiner Endpunkte zu ein und derselben Zeit in Σ , also z.B. für t = 0 , Abb. 49.
Setzen wir in der Gleichung x = (x q + t v k)/∆ aus (21), S. 25, t = 0 und x = x1 = 0 ,
so folgt für den linken Endpunkt x1 = 0 . Mit t = 0 und x = x2 = lo folgt für den
rechten Endpunkt lo = x2 q/∆ . Also gilt für die in Σ gleichzeitigen Positionen der
Endpunkte des Stabes

x1 = 0 ,
  ∆ Länge lv eines in Σ
Σ : t =0, lo ∆ −→ lv = x2 − x1 = lo . (541)
x2 = , q bewegten Stabes
q
31 Relativität der Längen- und Zeitmessungen 209

Σ

#t = 0 #t = 0
` ` ` `
` 6 ` ` 6 `
` ` ` `
` ` ` `
Σo "! "! - x
q 0
x1 = x2q= lv

#t=0 q q
` `
` 6 `
q
` ` 
"!` ` −v k /q 
q q -x
x1= 0

Abb. 49: Messung der Länge lv eines bewegten Stabes. Der Stab ruht im System Σo . Unter
Beibehaltung der Relativgeschwindigkeit zwischen Σo und Σ soll seine Länge in Σ gemessen
werden. Für die in Σ festgestellte Geschwindigkeit von Σo gilt (23). Die strichpunktierten Linien
verbinden wieder Punkte im Bild, die dasselbe Ereignis darstellen.

Es folgt, indem wir noch ∆ = k(v θ + q) berücksichtigen,

Länge des in Σ bewegten Stabes lv k(v θ + q)


Σ : = = . (542)
Ruhlänge des Stabes lo q

Gleichung (542) ist verschieden von (27). Die Beschreibung unserer Raum-Zeit kann also
auf Grund der im Prinzip frei wählbaren Synchronfunktion i. allg. asymmetrisch werden.
Wir betrachten ferner eine Uhr U ∗ , die nun im Koordinatenursprung von Σo ruht und
dort also an der Position x = 0 die Zeit t anzeigt.
Wir beobachten diese Uhr vom System Σ aus. Für x = 0 , t = 0 gilt wegen der
Anfangsbedingung (10), S. 21, auch x = 0 , t = 0 . D.h., die im Koordinatenursprung
von Σo ruhende Uhr U ∗ hat dieselbe Zeigerstellung wie die im Koordinatenursprung von
Σ ruhende Uhr, wenn sie an dieser gerade vorbeikommt, Abb. 50,

Σ : x = 0 , t = 0 ,
Erste Zeitnahme Eo : (543)
Σo : x = 0 , t = 0 .

Der in Σ ruhende Beobachter stellt gemäß (23), S. 26, für die in Σo ruhende Uhr U ∗
die Geschwindigkeit uo = −k v/q fest. Die Uhr U ∗ befindet sich daher nach der Zeit t
in Σ an der Position x = uo t = −t k v/q . Wir vergleichen die Zeigerstellung t von U ∗
nun mit der bei x = −t k v/q ruhenden Uhr von Σ . Mit ∆ = (v θ + q) k finden wir

θ  k θ kv  k vθ+q k  1 
t =− x + t = t + t = t = t ,
∆ ∆ ∆ q ∆ ∆ q q
210 Anhang

Σ Σ

# #t = 0
` ` ` `
`  ` ` 6 `
Uvx
` ` ` Uv0 `
"!` ?t` "! ` `

- x
x= −t kv/q x = 0
Σo q Σo q
q  q 
# #t=0
` ` ` `
` ` ` 6 `
−k  U∗ −k 
q v ` @ q v
` @R` ` ` U∗ `
` `
"! q t -x "! q -x
x=0 x=0

Abb. 50: Unter Beibehaltung der Relativgeschwindigkeit zwischen Σo und Σ werden die Zeiger-
stellungen t der in Σo ruhenden Uhr U ∗ verglichen mit den Zeitangaben t derjenigen in Σ
ruhenden Uhren, an denen jene gerade vorbeikommt. Man beachte, daß für die in Σ festgestellte
Geschwindigkeit von Σo zunächst die allgemeine Gleichung (23), S. 26, gilt. Strichpunktierte
Linien verbinden wieder Punkte im Bild, die dasselbe Ereignis darstellen.

also

kv  ⎪
Σ : x = − t , t , ⎬
Zweite Zeitnahme E : q (544)
1  ⎪
Σo : x = 0 , t= t . ⎭
q
Es folgt nun

Differenz der Zeigerstellungen einer in Σ bewegten Uhr t 1


Σ : =  = . (545)
Differenz der Zeigerstellungen zweier in Σ ruhender Uhren t q

Die Gleichung (544) ist verschieden von (31). Die Beschreibung unserer Raum-Zeit kann
also auf Grund der im Prinzip frei wählbaren Synchronfunktion i. allg. asymmetrisch
werden.
Ausgedrückt in den Schwingungsperioden To bzw. Tv der in bezug auf Σ ruhenden
bzw. bewegten Uhren können wir für (544) auch schreiben

Periode einer in Σ bewegten Uhr Tv


Σ : = =q . (546)
Eigenperiode To

Aus (27) und (32) sowie (542) und (546) lesen wir ab, wie die Determinante ∆ der
Koordinaten-Transformation (21) durch die Längen- und Zeitmessungen bestimmt ist:

Tv lv 1 1
Σo : = = , (547)
To lo ∆ k(v θ + q)
31 Relativität der Längen- und Zeitmessungen 211

Tv l v
Σ : = ∆ = k(v θ + q) . (548)
T
Tov llov

Σ : = ∆ = k(v θ + q) . (548)
To lo
Wir kommen nun zurück auf unser metrisches Relativitätsprinzip (540). Danach sollen
die
WirGleichungen
kommen nun(27) und auf
zurück (542) sowie
unser die Gleichungen
metrisches (32) und (546)
Relativitätsprinzip (540).übereinstimmen,
Danach sollen
also, indem wir k(v θ + q) = ∆ berücksichtigen,
die Gleichungen (27) und (542) sowie die Gleichungen (32) und (546) übereinstimmen,
also, indem wir k(v θ + q) = ∆ berücksichtigen,
1 ∆ k Metrisches
= und =q . (549)
k1 q
∆ ∆
k Relativitätsprinzip
Metrisches
= und =q . (549)
k q ∆ Relativitätsprinzip
Aus den Gleichungen (549) erhalten wir
Aus den Gleichungen (549) erhalten wir
q k
∆= = −→ q2 = k2 . (550)
kq qk
∆= = −→ q2 = k2 . (550)
k q
Wir beschränken uns auf ∆ > 0 47 und finden aus (550)
Wir beschränken uns auf ∆ > 0 47 und finden aus (550)

q=k ⎪

⎫ Metrisches
und
q=k ⎪ ⎪
⎬ Relativitätsprinzip
(551)
∆ = 1 . ⎭ Metrisches
und (551)
⎪ Relativitätsprinzip
∆=1 . ⎭
Die erste Gleichung in (551) reproduziert das elementare Relativitätsprinzip, Kap. 7.
Die zweiteGleichung
Die erste Gleichung
in in (551)
(551) liefert unsdas
reproduziert unter Beachtung
elementare der GleichungenKap.
Relativitätsprinzip, (547)
7. und
(548) ein bemerkenswertes Reziprozitätstheorem :
Die zweite Gleichung in (551) liefert uns unter Beachtung der Gleichungen (547) und
(548) ein bemerkenswertes Reziprozitätstheorem :
Tv lo
∆=1 −→ = . Reziprozität (552)
T
Tvo l
lvo
∆=1 −→ = . Reziprozität (552)
To lv

Aus der metrischen Äquivalenz aller Inertialsysteme folgt, daß die Periodenänderungen
der
AusUhren reziprok zu
der metrischen den Längenänderungen
Äquivalenz der Maßstäbe
aller Inertialsysteme sind.
folgt, daß die Periodenänderungen
der Uhren reziprok zu den Längenänderungen der Maßstäbe sind.
Die experimentellen Ergebnisse (44) und (45) in Kap. 8 und (69) und (70) in Kap. 12 zur
klassischen bzw. relativistischen
Die experimentellen Raum-Zeit
Ergebnisse (44) und (45)erfüllen
in Kap.gerade
8 unddiese
(69) Reziprozität (552).12 zur
und (70) in Kap.
Aus (552) folgt:
klassischen bzw.Mit dem Längenverhältnis
relativistischen Raum-Zeitvon bewegten
erfüllen unddiese
gerade ruhenden Maßstäben
Reziprozität messen
(552).
wir auch das Periodenverhältnis von bewegten und ruhenden Uhren und umgekehrt.
Aus (552) folgt: Mit dem Längenverhältnis von bewegten und ruhenden Maßstäben messen
Gemäß
wir auch(551) folgt aus ∆ = k (v θvon
das Periodenverhältnis + q) = 1 mitund
bewegten k =ruhenden
q sofort Uhren und umgekehrt.
Gemäß (551) folgt aus ∆ = k (v θ + q) = 1 mit k = q sofort
47 Das bedeutet, daß die Orientierungen der Achsen beibehalten werden sollen. D.h., für v −→ 0 sollen

die Raum- und Zeitachsen der Inertialsysteme übereinstimmende Richtungen haben.


47 Das bedeutet, daß die Orientierungen der Achsen beibehalten werden sollen. D.h., für v −→ 0 sollen

die Raum- und Zeitachsen der Inertialsysteme übereinstimmende Richtungen haben.


212 Anhang

1 − k2 Synchronisation bei
θ(v) = . (553)
vk metrischem Relativitätsprinzip

Postulieren wir also die metrische Relativität, dann wird die Gleichzeitigkeit in den Syste-
men Σ bereits durch den Parameter k allein definiert, z.B. durch das Verhältnis aus der
Ruhlänge zur bewegten Länge eines Stabes in Σo .
Die Transformation (21) lautet nun48


x = k (x − v t) , x = k( x + v t ) ,



←→ ⎪
⎬ Koordinaten-Transformation
 1 − k 2
1 − k 2
 
t = x+k t, t=− x + k t , bei metrischem (554)
vk vk ⎪


⎪ Relativitätsprinzip

k = k(v) .

Und mit (22), (551) und (553) folgt für das Additionstheorem der Geschwindigkeiten

u−v
u = . Additionstheorem der Geschwindigkeiten
1 − k2 (555)
1+ u bei metrischem Relativitätsprinzip
v k2

Mit (555) und (553) folgt nach einfacher Rechnung:

Bei metrischer Relativität gilt das Galileische Additionstheorem (49) genau dann,
wenn die absolute Gleichzeitigkeit gemäß (46) erfüllt ist, und das Einsteinsche
Additionstheorem (76) gilt genau dann, wenn die Lorentzsche Gleichzeitigkeit
gemäß (73) erfüllt ist.

Wir fassen zusammen:

Das metrische Relativitätsprinzip läßt von dem ganzen Raum-Zeit-Problem nur noch
einen einzigen Parameter unbestimmt, nämlich k(v) = lo /lv , den Quotienten aus der
Ruhlänge und der bewegten Länge eines Stabes.
Der Parameter k = k(v) bestimmt bereits die Koordinaten-Transformation, also auch
die Definition der Gleichzeitigkeit und das Additionstheorem der Geschwindigkeiten.
Die klassische und die relativistische Raum-Zeit unterscheiden sich einzig und allein
in diesem Parameter k = k(v) .
48 Aus mathematischer Sicht kann die Gesamtheit der Transformationen (554) sowohl p für die klassische
Raum-Zeit mit k = 1 als auch im Fall der relativistischen Raum-Zeit mit k = 1/ 1 − v 2 /c2 als eine
Gruppe ausgewiesen werden, s. Kap. 9, S. 41, bzw. Kap. 28, S. 137, so daß auf diesem Weg die Äquivalenz
der Inertialsysteme gesichert wird.
213

32 Maßstabsparadoxon und Zwillingsparadoxon


bei nichtkonventioneller Gleichzeitigkeit

Die Verwicklungen, in die wir uns insbesondere beim Maßstabsparadoxon und beim
Zwillingsparadoxon so leicht verstricken, sind der Tribut, den wir für die Definition einer
konventionellen Gleichzeitigkeit in der relativistischen Raum-Zeit entrichten müssen. Aber
nur diese Einsteinsche Gleichzeitigkeit erlaubt es, die Äquivalenz aller Inertialsysteme
mathematisch so zu formulieren, daß jedes Inertialsystem mit jedem anderen über die
gleiche Transformation, die Lorentz-Transformation, zusammenhängt. Dafür geraten wir
aber immer wieder in die Falle der dadurch entstehenden Relativität der Gleichzeitigkeit.
Der weitere Aufbau einer relativistischen theoretischen Physik ist jedoch ohne diese
Formulierung praktisch undenkbar. Für die Erklärung der relativistischen Paradoxa,
Verirrungen unseres Geistes beim Umgang mit der Relativität der Gleichzeitigkeit, kann
es aber durchaus einmal erlaubt und hilfreich sein, eine davon abweichende Definition zu
verwenden. Das wollen wir jetzt zeigen:
Die relativistische Raum-Zeit ist durch die physikalischen Postulate (69) und (70),
S. 55, definiert. Führen wir nun anstelle der durch (42) definierten konventionellen
Gleich-zeitigkeit in der relativistischen Raum-Zeit durch

θ = θa = 0 Absolute Gleichzeitigkeit (556)

eine absolute Gleichzeitigkeit ein, dann folgt aus Gleichung (70) anstelle von (74)

1 Relativistische Raum-Zeit
k= , q= 1 − v 2 /c2 , θ =0. (557)
1 − v 2 /c2 mit absoluter Gleichzeitigkeit

Aus den allgemeinen Transformationsformeln (21), S. 25, erhalten wir nun anstelle der
Lorentz-Transformation (75) die von W. Thirring[1] angegebene Transformation, die wir
in Günther[2] als Reichenbach-Transformation eingeführt haben,


x−vt (1 − v 2 /c2 ) x + v t ⎪

x = , x= , ⎪


1 − v2 /c2 1 − v 2 /c2 ⎬ Reichenbach-
←→ Transformation (558)
t ⎪


⎪ Σo (x, t) ausgezeichnet
t= . ⎭
t = t 1 − v 2 /c2 , 1 − v2 /c2

Bereits aus der Form der Umkehr-Transformation erkennt man die Asymmetrie in der
Beschreibung der Inertialsysteme. Das System Σo (x, t) ist hier in der mathematischen
Beschreibung ausgezeichnet. Die Gültigkeit des Relativitätsprinzips, d.h. die physika-
lische Äquivalenz aller Inertialsysteme, besteht in diesem Formalismus darin, daß wir jedes
beliebige Inertialsystem für diese rein mathematische Sonderstellung auswählen könnten.
Ausschlaggebend für die Einfachheit bei der Diskussion der Paradoxa auf der Grundlage
dieser Transformation ist der Umstand, daß in der zweiten Zeile von (558), der Zeittrans-
formation, die Koordinaten x bzw. x nicht vorkommen. Nur diese Gleichungen werden
wir überhaupt brauchen.
214 Anhang

32.1 Das Maßstabsparadoxon


Wir betrachten wieder die in Kap. 23, S. 93, Abb. 26, beschriebene Situation.
Das System Σo , in welchem parallel zur x-Achse Hindernisse im Abstand lo aufgereiht
sind, sei jetzt im Sinne der Transformationsformeln (558) ausgezeichnet. Im System
Σ , das sich achsenparallel zu Σo mit der Geschwindigkeit v1 in x-Richtung be-
wegt, ruht auf der x -Achse ein Stab, für dessen Länge in Σ ebenfalls lo gemessen
wird. Unter Beachtung von (557) folgt aus Gleichung (27), S. 28, daß aus der Sicht
von Σo für den Stab eine Lorentz-kontrahierte, bewegte Länge lvS beobachtet wird gemäß

lo
lvS = = lo 1 − v12 /c2 < lo . (559)
k
Der Beobachter in Σo bemerke nun, daß der Stab bei gleichbleibender Orientierung
zusätzlich eine Geschwindigkeit v2 in y-Richtung erhalten hat, so daß sich der Stab nun
auf die Hindernisreihe zubewegt.
Bei der Diskussion in Kap. 23 hatten wir uns mit dieser Feststellung in einen Widerspruch
verstrickt. Das lag daran, daß die Aussage ”bei gleichbleibender Orientierung” i. allg.
von dem Inertialsystem abhängt, in welchem diese Orientierung gemessen wird. Um
dem Stab, ohne seine Orientierung zu ändern, die Geschwindigkeit v2 in y-Richtung zu
erteilen, muß man den beiden Endpunkten diese Geschwindigkeit gleichzeitig erteilen.
Bei konventioneller, also Einsteinscher Gleichzeitigkeit im Rahmen der relativistischen
Raum-Zeit wird der in Σo gleichzeitige Start der Endpunkte des Stabes aus der Sicht
von Σ so gesehen, daß zuerst der rechte Endpunkt startet und danach der linke. Der
Stab erhält also, von Σ aus gesehen, eine Neigung, wie im unteren Bild von Abb. 27
dargestellt. Vollzieht sich umgekehrt der Start der Endpunkte des Stabes aus der Sicht
von Σ gleichzeitig, dann startet, von Σo aus beobachtet, zuerst der linke Endpunkt und
danach der rechte, wie im oberen Bild von Abb. 27 dargestellt.
Das ist nun anders, wenn wir - ausnahmsweise - die absolute Gleichzeitigkeit und also
die Transformationsformeln (558) zugrunde legen. Danach sind zwei Ereignisse genau
dann in Σ gleichzeitig, wenn sie es auch in Σo sind. Starten die Endpunkte des Stabes
aus der Sicht von Σo gleichzeitig, dann auch aus der Sicht von Σ . Die Orientierung
unseres Stabes bleibt unabhängig vom System parallel zur x-Achse. Die Beschreibung des
Experimentes wird ganz einfach:
Der Beobachter in Σo urteilt: Der Stab besitzt wegen (557) die bewegte Länge lv . Die
Hindernisse haben die größeren Abstände lvS < lo . Folglich kann der Stab die Hindernisse
berührungsfrei passieren, falls er auf eine Lücke trifft.
Der Beobachter in Σ urteilt: Sein Stab hat die Länge lo . Für die Hindernisse beobachtet
er einen bewegten Abstand lvH , für den er wegen (557) unter Beachtung von Gleichung
(542) findet

k(v θ + q) lo
lvH = lo = lo k = , also lo < lvH . (560)
q 1 − v12 /c2
Der Abstand der Hindernisse ist aus seiner Sicht also größer als die Ruhlänge lo seines
Stabes, lo < lvH , der folglich bei einer Bewegungskomponente in y-Richtung die Hin-
dernisse passieren kann, wenn er auf eine Lücke trifft.
Beide Beobachter kommen zu demselben Schluß. Man kann sich nicht in ein Paradoxon
verstricken.
32 Maßstabsparadoxon und Zwillingsparadoxon bei nichtkonventioneller Gleichzeitigkeit 215

32.2 Das Zwillingsparadoxon


Wir betrachten die in Kap. 27 diskutierte Zwillingsgeschichte, bei der Zwilling A die
ganze Zeit in einem Inertialsystem Σ ruht, während Bruder B im Verlauf der Reise das
Inertialsystem wechselt. Wenn wir nun wieder die Definition einer absoluten Gleichzeit-
igkeit zugrunde legen, kann nur Σ die Rolle des ausgezeichneten Systems übernehmen.
Bruder B ruht zunächst in einem Inertialsystem Σo . Zwilling A mißt in seinem System
Σ für seinen Bruder B , solange dieser sich im System Σo aufhält, die Geschwindigkeit
−v . Für die Reichenbach-Transformation wählen wir also Σ als das ausgezeichnete Sy-
stem. Davon benötigen wir nur die Formeln für die in Σ (x , t ) und Σo (x, t) gemessenen

Zeiten t und t . Mit γv = 1 − v2 /c2 gilt dann,
t
t = t γv , ←→ t = . (561)
γv

Für das Inertialsystem Σ (x , t ) , in welchem Bruder B dem Zwilling A mit einer
Geschwindigkeit u nachreist, wobei 0 < v < u < c , so daß er ihn einholen kann, gelten
dann mit demselben ausgezeichneten System Σ für die in Σ (x , t ) und Σ (x , t )

gemessenen Zeiten t und t bei γu = 1 − u2 /c2 die Formeln
t
t = t γu , ←→ t = . (562)
γu

Im Unterschied zu der Situation auf der Grundlage der Einsteinschen Gleichzeitigkeit


in der relativistischen Raum-Zeit, s. die Analyse auf S. 119ff., gestaltet sich die richtige
Beschreibung der Zeitabläufe unter Beachtung des Umsteigens von Bruder B von Σo
nach Σ nun problemlos, da die Ortskoordinaten x oder x in der Umrechnung von
Zeitintervallen von einem Bezugssystem auf ein anderes nicht mehr vorkommen.
Wir schreiben für die auf der Uhr U A von Zwilling A abgelaufene Zeit vor dem Umsteigen
∆t1 und für die Zeit nach dem Umsteigen ∆t2 , so daß auf der Uhr U A insgesamt eine
Zeit ∆t abläuft gemäß

tA = ∆t1 + ∆t2 . (563)

Gemäß (561) und (562) stellen dann beide Zwillingsbrüder übereinstimmend fest, daß auf
der Uhr U B von Bruder B die Zeit tB abläuft gemäß

tB = ∆t + ∆t = ∆t1 γv + ∆t1 γu . (564)

Über die daraus folgende Feststellung

tB < tA (565)

und zwar für beliebiges u und v mit 0 < v < u < c gibt es keinen Streit.
Ein Paradoxon entsteht auch hier nicht.
216 Anhang

33 Einsteins Additionstheorem für beliebig


gerichtete Geschwindigkeiten

Das Einsteinsche Additionstheorem der Geschwindigkeiten ist für die Erklärung relativi-
stischer Effekte unerläßlich, Kap. 20-27. Wir betrachten daher noch den Fall eines
Objektes, das sich in Σo mit einer beliebig gerichteten Geschwindigkeit u = (ux , uy , uz )
bewegt,

dx dy dz
Σo : u = (ux , uy , uz ) = , , , (566)
dt dt dt

und berechnen die Geschwindigket u = (ux , uy , uz ) , die für dieses Objekt im System
Σ beobachtet wird,

dx dy  dz 
Σ : u = (ux , uy , uz  ) = , . . (567)
dt dt dt

Dabei nehmen wir zunächst wieder an, daß Σ in bezug auf Σo die Geschwindigkeit

v = (v1 , 0, 0) besitzt, und wir schreiben γ1 = 1 − v12 /c2 . Die Bewegung

x = x(t), y = y(t), z = z(t) in Σo bzw. x = x (t ), y = y  (t ), z  = z  (t ) in Σ

setzen wir in die Lorentz-Transformation (75) ein,


x − v1 t x + v1 t ⎪
x = , x= , ⎪

γ1 γ1 ⎪



y  = y, y = y , ⎪
⎬ Bewegung in x-Richtung
 ←→  Spezielle (568)
z =z, z=z , ⎪


⎪ Lorentz-Transformation


t − y v1 /c2   2 ⎪
, ⎪
t + x v2 /c
t = , t= ⎭
γ1 γ1

und finden

 
dx dx dt
−1
1  1
ux v1
−1
ux = = = u x − v1 1− ,
dt dt dt γ1 γ1 c2
 

ux v1
−1 −1
dy  dy dt 1
uy =  = = uy 1− 2 ,
dt dt dt γ1 c
 

ux v1
−1 −1
dz  dz dt 1
uz =  = = uz 1− 2 .
dt dt dt γ1 c

Daraus folgt für die allgemeine Form des Einsteinschen Additionstheorems


33 Einsteins Additionstheorem für beliebig gerichtete Geschwindigkeiten 217

ux − v1 ⎫
ux + v1
ux =
1 − ux v1 /c2
, ux = , ⎪⎪

1 + ux v1 /c2 ⎪ ⎪

⎪ Additionstheorem bei der
 ux − v1 u 
+ v ⎪

ux = , x 1 ⎪


u =  , ⎪
uy = 1 − ux v1 /c2 , ←→ uy = 1 + uyx  v11 /c , ⎪
uy γ1 2 x u γ Geschwindigkeit (v1 , 0, 0)
2

⎪ Additionstheorem bei der (569)
1 − ux v1 /c 1 + ux v1 /c2 ⎪ ⎪ von Σ in bezug auf Σo ,



u γ u γ ⎪

Geschwindigkeit (v1 , 0, 0)
uy =
y 1 y 1
, ←→ uy =  , ⎪
⎪ γ = 1 − β 2 , β = v1 (569)
1 − u v /c 2 u γ ⎪ 1  1
uz = 1 + uzx v1 /c2 . ⎪
uzxγ11 2 1
von Σ in bezug auf Σco ,
uz = ,
 1



1 − ux v1 /c2 1 + ux v1 /c ⎪

 ⎪
⎪ γ1 = 1 − β12 , β1 = vc1
u  γ1 ⎪
. ⎪
u γ
uz =
z 1
, uz = z

1 − ux v1 /c
Wir betrachten nun2
noch den Fall1 + , daßux vsich 1 /c das System Σ entlang der y-Achse von
2

Σo bewegt, also v = (0, v2 , 0) . Mit γ2 = 1 − v22 /c2 lautet die spezielle Lorentz-
Wir betrachten
Transformation dann nun noch den Fall , daß sich das System Σ entlang der y-Achse von

Σo bewegt, also v = (0, v2 , 0) . Mit γ2 = 1 − v22 /c2 lautet die spezielle Lorentz-
  ⎫
Transformation
x =x, dann x = x , ⎪


  ⎪

 y − v 2 t y  + v 2 t ⎫


yx = =x, , yx ==x , , ⎪

⎬ Bewegung in y-Richtung
γ2 γ2 ⎪

←→   ⎪


zy = y − v 2 t y  + v t ⎪

Spezielle (570)
=z, , zy =
=z ,
2
, ⎪

⎪ Bewegung in y-Richtung
-Transformation
γ2 γ2 ⎪

Lorentz
←→   ⎪

 = tz − y v2 /c2 2 Spezielle (570)
. ⎪
t  + y v2 /c
z
t = , , tz =
=z , ⎭

γ2 γ2 ⎪
⎪ Lorentz -Transformation

t − y v2 /c2 t + y  v2 /c2 ⎪ ⎪
t = , t= . ⎪

Die beliebig γ2 gerichtete Bewegung eines γ2 Objektes werde wieder von Σo bzw. Σ gemäß
(566) bzw. (567) beschrieben. Es folgt nun
Die beliebig gerichtete Bewegung eines Objektes werde wieder von Σo bzw. Σ gemäß
  −1 Es folgt
1
nun uy v 2
(566) dx bzw. (567) −1

dx beschrieben.
dt
ux =  = = ux 1− 2 ,
dt dt  dt −1  γ2
c
dx 
dx dt  
1 uy v 2 −1
ux =  =   −1 = ux 1 − 2
,
uy v2
−1
dt
dy dt
dy dtdt 1  γ 2  1c
uy =  = = uy − v2 1− 2 ,
dt dt  dt −1 γ2  γ2
c
dy 
dy dt 
1  1 uy v2 −1
uy =  =   −1 =  uy −
v2 u γv 1 −1 − 2 ,
dt
dz dt
dz dt
dt γ 2 1 y 22 c
uz =  = = uz 1− 2
dt dt  dt −1  γ2
c
uy v2
−1
 dz  dz dt 1
uz =  = = uz 1− 2
und damit dt das dt folgende
dt γ2
Additionstheorem, c

und damituxdas γ2 folgende Additionstheorem,
ux γ2 ⎪
ux = , ux = , ⎪

1 − uy v2 /c2 1 + uy  v2 /c2 ⎪

u γ ⎫

⎪ Additionstheorem bei der
ux =
x 2 
u  γ2 ⎪

, ux = u  x+ v 2 , ⎪


1 −
u u− v v /c2 ⎪
⎪ Geschwindigkeit (0, v2 , 0)
uy =
y y 22
, ←→ uy = 1 + uy v2 /c ,
y 2 ⎪
⎪ Additionstheorem bei der (571)
1 − uy v2 /c2 1 + uy v2 /c2 ⎪
⎪ von Σ in bezug auf Σo ,



uy − v2 uy  + v 2 ⎪
⎪ Geschwindigkeit (0, v2 , 0)
uy = , ←→ uy = ⎪
⎪ γ2 =  1 − β22 , β2 = vc2
1 −uuzyγv22 /c 2 u γ2 2 , ⎪

(571)
uz = , uz = 1 + uzy  v2 /c2 . ⎪

von Σ in bezug auf Σo ,

1 − uy v2 /c2 1 + uy v2 /c ⎪

uz γ2 ⎪
⎪ γ2 = 1 − β22 , β2 = vc2
u γ ⎪

uz =
z 2
, uz = . ⎪

1 − uy v2 /c2 1 + uy v2 /c2
218 Anhang

34 Testexperimente zur Speziellen Relativitätstheorie

Eine physikalische Theorie kann niemals verifiziert, sondern immer nur falsifiziert werden.
Wir können nie beweisen, daß eine physikalische Theorie richtig ist. Wir können höchstens
zeigen, wo sie falsch wird, nicht mehr zutrifft.
In ihrem axiomatischen Aufbau ist die Spezielle Relativitätstheorie ebenso widerspruchsfrei
wie es die Gesetze der Geometrie sind. Dies ist von D.-E. Liebscher[2] explizit vorgeführt
worden. Zu überprüfen gilt es, ob denn auch die axiomatischen Grundannahmen der
Speziellen Relativitätstheorie bzw. alle ihre Konsequenzen mit unseren Erfahrungen
übereinstimmen. Bis zu welchem Grad der Genauigkeit decken sich die Aussagen der
Experimente mit den theoretischen Vorhersagen? Hier ist folgendes zu beachten:
Die Vorhersagen der Speziellen Relativitätstheorie über Raum und Zeit können nur
so lange aufrechterhalten werden, wie wir den Einfluß der gravitierenden Massen ver-
nachlässigen dürfen. Wie A. Einstein[3] 1915 gezeigt hat, führt die Berücksichtigung
der Gravitation zu einer übergeordneten Theorie, seiner Allgemeinen Relativitätstheorie.
Alle speziellrelativistischen Effekte, Zeitdilatation, Längenkontraktion, Konstanz der
Lichtgeschwindigkeit, . . . erfahren durch die universelle Eigenschaft aller trägen Massen,
in demselben Maße auch schwere Masse zu sein und daher stets auch gravitativ zu
wirken, eine Modifikation. Physikalisch wird die Spezielle Relativitätstheorie durch die
permanente Präsenz der Gravitation bereits falsifiziert. Für die Theorie ist das aber
unproblematisch, weil wir die bessere Theorie, die diese Falsifikation überwindet, bereits
haben, die Allgemeine Relativitätstheorie. Auf die Bedeutung der schweren Massen für
die Zeitdilatation wird in Aufg. 4, S. 265, hingewiesen.
Die eigentlichen Testexperimente auf die Spezielle Relativitätstheorie fragen also nach den
experimentellen Konsequenzen der Theorie unter der Bedingung einer vernachlässigbaren
Schwere oder bei einem entsprechenden Herausrechnen der gravitativen Einflüsse. Und
hier ist das experimentelle Feld gewaltig, da mit der einzigen Ausnahme der Gravitation
das gesamte Gebäude der theoretischen Physik auf der Speziellen Relativitätstheorie auf-
baut. Zu prüfen sind also nicht nur die Aussagen zur Lichtausbreitung und das Verhalten
von bewegten Maßstäben und Uhren, sondern auch die sog. sekundärrelativistischen
Effekte, wie sie z.B. in der Paarerzeugung und der Vakuumpolarisation durch die rela-
tivistische Quantentheorie vorhergesagt werden, s. G. Gabrielse[1] et al. Wir wollen
hier nur auf einige Experimente aufmerksam machen und verweisen im übrigen auf die
Spezialliteratur, z.B. M.P. Haughan[1] & C.M. Will. Auch die eigentliche Analyse der
Versuchsanordnungen und ihrer Ergebnisse geht über den Rahmen dieses Buches hinaus.
Die beiden Elementareffekte, welche ”den von Konventionen freien physikalischen Inhalt
der Lorentz-Transformation” bilden, Einstein[3] , S. 39, sind die Lorentz-Kontraktion und
die Zeitdilatation. In Kap. 13 haben wir gezeigt: Die Spezielle Relativitätstheorie ist genau
dann richtig, bzw. experimentell gesprochen, so genau erfüllt, wie wir diese beiden Effekte
in einem einzigen Bezugssystem nachweisen können. Die experimentelle Genauigkeit,
mit der diese beiden Effekte gemessen werden, bestimmt daher die Genauigkeit, mit
der wir die Nichtexistenz eines ’Ätherwindes’ und damit die universelle Konstanz der
Lichtgeschwindigkeit behaupten können. Der Experimentator wird unabhängig davon
jede einzelne Konsequenz der Relativitätstheorie immer wieder aufs neue für sich prüfen.
Das traditionelle Michelson-Morley-Experiment haben wir vom schematischen Aufbau
her in Kap. 10 besprochen. Dieses Experiment wurde von 1881 bis 1930 an verschiedenen
Orten der Welt immer wieder aufs neue mit stets raffinierteren Versuchstechniken
34 Testexperimente zur Speziellen Relativitätstheorie 219

durchgeführt (Potsdam-Babelsberg, Cleveland, Mt. Wilson, Heidelberg, Pasadena, Mt.


Rigi, Jena). Zu dem vermeintlichen Nachweis eines Ätherwindes im April 1921 durch
D.C. Miller[1] am Mt. Wilson Observatory ist Einsteins Kommentar berühmt geworden,
”Raffiniert ist der Herrgott, aber boshaft ist er nicht”, dem er später die wunderbare
Bemerkung hinzugefügt hat, ”Die Natur verbirgt ihr Geheimnis durch die Erhabenheit
ihres Wesens, aber nicht durch List”. R.S. Shankland[1] et al. publizieren 1955 noch
einmal eine eingehende Analyse aller Meßdaten mit dem bekannten Nullresultat, das durch
die FitzGerald-Lorentzsche Kontraktionshypothese erklärt wird, Kap. 10. Wir erwähnen
die Weiterentwicklung dieser Experimente durch R.J. Kennedy[1] & E.M. Thorndike sowie
später unter Verwendung der modernen Lasertechnik durch A. Brillet[1] & J.L. Hall
sowie D. Hils[1] & J.L. Hall.
Wie wir in Kap. 24 gesehen haben, ist der transversale Doppler-Effekt gemäß Gleichung

(199), S. 105, ν = ν 1 − v 2 /c2 , ein unmittelbarer Ausdruck der Zeitdilatation. Es
entbehrt aus heutiger Sicht nicht einer gewissen Kuriosität, daß die ersten Testversuche
von H.J. Ives[1] und G.J. Stillvell 1938/39 immer noch mit dem Ziel unternommen
wurden, die Nichtexistenz des transversalen Doppler-Effektes, d.h. die Nichtexistenz
der relativistischen Rotverschiebung der Spektrallinien, zu demonstrieren, freilich nicht
mit dem gewünschten Ergebnis. Dagegen waren 1939 die erfolgreichen Experimente von
G. Otting[1] von vornherein auf den Nachweis dieses Effektes ausgerichtet.
Indem wir die Zeitdilatation über den transversalen Doppler-Effekt prüfen, ist unsere
Meßgenauigkeit an die Genauigkeit von Frequenzmessungen gebunden. Hierbei spielen
die von angeregten Atomkernen emittierten γ-Quanten eine wichtige Rolle. Die Energie
Eγ = hν der emittierten Quanten darf jedoch der Anregungsenergie Eo des Atomkerns
nicht einfach gleichgesetzt werden.
Zunächst ist zu bemerken, daß wir niemals eine streng monochromatische, unendlich lange
Welle, sondern immer einen endlichen Wellenzug beobachten, der aus rein mathematischen
Gründen nur aus einem kontinuierlichen Frequenzband aufgebaut werden kann. Man
spricht dabei von der natürlichen Linienbreite mit einer sog. Halbwertsbreite ∆ν : Die
maximale Intensität Io bei der Frequenz νo ist für die Frequenzen νo ± ∆ν auf Io /2
abgesunken. Quantentheoretisch wird die natürliche Linienbreite durch die endliche
Lebensdauer der an der Emission oder Absorption beteiligten Quantenzustände erklärt.
Die natürliche Linienverbreiterung ist eine prinzipielle Unschärfe in der Frequenz der
emittierten Quanten, die nicht unterschritten werden kann. Die relative Linienbreite
∆ν/νo kann allerdings extrem klein sein. Für die Anregungsenergie EFo e = 14, 4 keV im
57
F e-Atom ist beispielsweise ∆ν/νF e = 3 · 10−13 .
Die tatsächliche Energie Eγ eines emittierten (oder absorbierten) Quants unterliegt aber
weiteren Einflüssen. Die Emission (oder Absorption) eines γ-Quants kann als Stoßvorgang
betrachtet werden, der den Erhaltungssätzen von Energie und Impuls unterliegt. Der
Kern erfährt durch die Aussendung des γ-Quants eine Änderung seiner Geschwindigkeit,
welche i. allg. jedoch in einem Bereich bleibt, der es uns erlaubt, die klassische Form des
Energiesatzes anzuwenden.
Der Kern möge vor der Emission des γ-Quants den i. allg. von Null verschiedenen Impuls
pK = m vK und also die kinetische Energie E1 = p2K /(2m) besitzen. Die Richtung des
emittierten γ-Quants mit dem Impuls p =  k liegt i. allg. nicht in der Richtung von pK ,
so daß in den Erhaltungssätzen die Impulse vektoriell addiert werden müssen. Die Energie
des emittierten Quants nennen wir Eγ = h ν = h c/λ =  c 2π/λ =  k c = p c mit p = |p| ,
k = |k| , vgl. Kap. 26, S. 112. Der Kern erhält durch die Emission den Rückstoßimpuls
220 Anhang

pr . Die Erhaltungssätze von Impuls- und Energie bei diesem Stoßvorgang verlangen dann
  ⎫
pK =  k + pK + pr , ⎪ ⎬
2 2 (572)
. ⎪
p (pK + pr )
Eo + K = Eγ + ⎭
2m 2m
Aus der ersten Gleichung lesen wir für den Rückstoßimpuls pr = − k ab und finden eine
Energieverschiebung ∆E = Eo − Eγ zwischen der Anregungsenergie Eo des Kerns und
der Energie Eγ des emittierten γ-Quants gemäß,
2 k 2  k · pK Eγ2 pK  k cos Θ Eγ2 pK cos Θ
∆E = Eo − Eγ = − = − = − Eγ ,
2m m 2 m c2 m 2 m c2 mc
wobei Θ der Winkel zwischen den Vektoren pK und k sein soll, also
Eγ2 Eγ vK cos Θ
∆E = − (573)
2 m c2 c
Die Energieverschiebung ∆E ist also gleich der Differenz aus der bei diesem Prozeß
vom Kern aufgenommenen Rückstoßenergie Er = Eγ2 /(2mc2 ) und einem über den
Doppler-Effekt zustande kommenden Beitrag pr vK cos Θ = −Eγ vK cos Θ/c . Für die hier
angenommenen frei beweglichen Kerne mit einer thermisch verteilten Geschwindigkeit
wird die Energie des emittierten γ-Quants in den allermeisten Fällen derart verschoben
sein, daß es auf Grund der geringen natürlichen Linienbreite nicht auf einen Kern trifft, der
dann genau diese Energie wieder absorbieren kann. Es tritt daher für die überwiegende
Zahl der Emissionsakte keine Resonanzabsorption ein, wie man sagt, obwohl dies in
seltenen Einzelfällen möglich ist.
Anders liegen die Verhältnisse in einem Kristallgitter. Frei beweglich ist hier nur der
Kristall als Ganzes. Die Größe vK ist die Geschwindigkeit des Kristalls. Wegen der im
Vergleich zu den Atomen als unendlich groß anzusehenden Masse des Kristalls kann dieser
keine Rückstoßenergie aufnehmen. Die Energie Er verbleibt also bei dem emittierten
γ-Quant, wenn sie nicht von den Phononen der Gitterschwingungen aufgenommen werden
kann, die sich aus Vielfachen einer Grundenergie ω zusammensetzen. Dies geht aber nur,
wenn Er > ω .49 Man sucht daher nach solchen Kristallgittern, bei denen Er < ω ist.
Die Rückstoßenergie Er kann dann von den γ-Quanten nicht abgegeben werden. Dieser
Fall liegt bei dem oben erwähnten 57 F e schon bei Zimmertemperatur vor. Die γ-Quanten
der Eo = EFo e = 14, 4 keV-Linie werden zu über 90% rückstoßfrei emittiert und ebenso
wieder absorbiert. Bei anderen Elementen erreicht man dies durch Abkühlung. Die durch
den fehlenden Rückstoß ermöglichte Resonanzabsorption heißt Mößbauer-Effekt, der 1957
von R.L. Mößbauer gefunden wurde. Mit der frei verfügbaren Geschwindigkeit vK des
Kristalls kann man über den zweiten Term in Gleichung (573) die Emissionslinie gegen die
Absorptionslinie verschieben, was wegen der geringen Linienbreite eine Resonanzabsorp-
tion sofort verhindert. Darin liegt die meßtechnische Bedeutung des Mößbauer-Effektes
mit einer bis dahin ungekannten Präzision.
Das Isotop 57 Co hat die Eigenschaft, in den angeregten Zustand des 57 F e-Atoms
überzugehen, welches dann die oben erwähnten 14, 4 keV γ-Quanten emittiert. Die
57
Co-Atome sind in ein Kristallgitter eingebunden, eine Matrix, wie man sagt. Die
49 Nimmt das Gitter die Rückstoßenergie E auf, so kann das um diesen Betrag energieärmere γ-Quant
r
danach vom Gitter nicht mehr absorbiert werden, weil es dafür nun eine um Er größere Energie als Eo
mitbringen müßte.
34 Testexperimente zur Speziellen Relativitätstheorie 221

emittierten γ-Quanten sollen nun von 57 F e-Atomen im Grundzustand, die in eine


andere Matrix eingebunden sind, absorbiert werden. Die Einbettung des 57 F e in ein
Kristallgitter bewirkt eine geringfügige Verschiebung der Energieniveaus, hier also der
14, 4 keV -Linie. Dieser Unterschied in den Energieniveaus von Quelle und Absorber, der
durch die Einbettung in verschiedene Kristallgitter entsteht, ist außerordentlich klein.
Seine Messung gelingt seit der Entdeckung des Mößbauer-Effektes mit dem klassischen,
longitudinalen Doppler-Effekt.
Mit den Frequenzen νCo und νF e im Ruhezustand von Quelle bzw. Absorber ist also ein
Frequenzunterschied δν definiert, der zunächst eine Resonanz verhindert,
δν := νF e − νCo . (574)
Wir bewegen den Absorber mit einer Geschwindigkeit v  c in Richtung von der Quelle
weg, also weg von der Matrix mit den 57 Co-Atomen. Der Absorber kann dann nach dem
klassischen, longitudinalen Doppler-Effekt (189) eine Frequenz νF e  absorbieren gemäß
 v
νF e  = νF e 1 − . (575)
c
Wir schreiben νF e  = νF e − ∆ν = νF e (1 − v/c) so daß
∆ν v
= . (576)
νF e c
Variiert man die Geschwindigkeit v so lange, bis ∆ν = δν , dann können die von der
57
Co-Matrix ausgesandten γ-Quanten von dem Absorber aufgenommen werden, d.h.
Quelle und Absorber kommen durch die klassische Doppler-Verschiebung zur Resonanz.
Die dafür erforderlichen Geschwindigkeiten v des Absorbers bewegen sich im Bereich
von Millimetern pro Sekunde. Die Bestimmung der Frequenzverschiebung aus dem
Doppler-Effekt gemäß Gleichung (576) kann nun für einen Test auf die Zeitdilatation
ausgenutzt werden. Dies gelingt mit den Rotorexperimenten von D.C. Champeney[1,2] ,
G.R. Isaak und A.M. Khan.
Bei einer Versuchsanordnung von D.C. Champeney[1] et al. zeigt sich Resonanz bei
v = 1, 88 · 10−4 m s−1 , also knapp zwei zehntel Millimeter pro Sekunde, so daß wir für die
relative Frequenzverschiebung (576) einen extrem kleinen Wert erhalten, nämlich
∆ν v
= ≈ 6 · 10−13 . (577)
νF e c
Wie in Abb. 51 skizziert, wird auf einem Rotor die Quelle im Zentrum angebracht, so
daß für deren Geschwindigkeit mit dem Wert Null gerechnet werden kann, während sich
der Absorber bei R = 4 cm befindet, sich also mit der Geschwindigkeit vF e = R Ω rein
transversal zu den eintreffenden γ-Quanten bewegt; die Geschwindigkeit vK aus Gleichung
(573) ist also Null.
Um nun denselben experimentellen Befund wie bei der longitudinalen Messung zu erhal-
ten, ermittelten die Autoren in diesem Fall eine Geschwindigkeit des Rotors von 1313
Umdrehungen pro Sekunde, so daß Ω = 2π · 1313 ≈ 8250 s−1 , Abb. 51.
Wegen des transversalen Doppler-Effektes (199) können wir für die Frequenz νF∗ e der
Absorberatome auf dem Rand des Rotors schreiben50
50 Die Bedingung (190) zur Anwendung des rein transversalen Doppler-Effektes ist hier erfüllt. In

unserem Fall schreiben wir für (190) ΩR/c  R ν/c , also Ω  ν . Ω bewegt sich in der Größenordnung
von 1000 Hz , während die 14, 4 keV γ-Quanten einer Frequenz von 3, 5 · 1018 Hz entsprechen. Dies folgt
aus h ν = 14, 4 keV mit h = 4, 14 · 10−15 eV s .
222 Anhang

Σo
6

Fe • R
57

Co •h
57 ` -x

Abb. 51: Schematische Darstellung eines Versuches von D.C. Champeney et al. zum Nachweis
der Zeitdilatation mit Hilfe eines Hochgeschwindigkeitsrotors. Die Quelle der γ-Quanten ist im
Zentrum angeordnet und der Absorber in der Nähe des Randes. Die Rotationsgeschwindigkeit Ω
führt auf Grund des transversalen Doppler-Effektes zu einer Reduzierung der Absorberfrequenz.

 
v2 R2 Ω2  1 R2 Ω2 
νF∗ e = νF e 1 − F2e = νF e 1− ≈ νF e 1 − . (578)
c c2 2 c2
Mit νF∗ e = νF e − ∆∗ ν folgt daraus

∆ν ∗ 1 82502 · 42 · 10−4
= ≈ 6 · 10−13 , (579)
νF e 2 32 · 1016
also mit (577) ∆∗ ν = ∆ν . Auf diesem Wege erfolgt eine Bestätigung der Formel
(199) für den transversalen Doppler-Effekt und damit für die Zeitdilatation. Lassen die
Ives-Stillvell-Experimente noch 1% Abweichung von der Formel (199) zu, dann wird
das durch Mößbauer-Experimente auf 0, 001% und späteren Angaben zufolge sogar auf
0, 00001% reduziert, vgl. R. Grieser[2] et al.
Ein weiterer Test auf die Zeitdilatation besteht in der Beobachtung der Lebensdauer
instabiler Teilchen bei hohen Geschwindigkeiten, wie wir dies in Aufg. 14, S. 283,
berechnen, vgl. die Messungen von R.P. Durbin[1] et al. an π + -Mesonen und von H.G.
Burrows[1] et al. an K-Mesonen. Überprüft wird die im Laborsystem gemessene Lebens-
dauer To der ruhenden Mesonen mit der Lebensdauer T bei hohen Geschwindigkeiten,

d.h. die Gleichung T = To 1 − v 2 /c2 . Die Mesonen zerfallen nach dem Gesetz
N = No exp[−t/T ] . Durchlaufen sie eine Teststrecke L mit einer Geschwindigkeit v ,
also N = No exp[−L/(vT )] , so zählt man sie am Anfang und am Ende der Strecke und
gewinnt dadurch die Lebensdauer T , die man nun mit der bekannten Lebensdauer To
vergleichen kann.
34 Testexperimente zur Speziellen Relativitätstheorie 223

Eine sehr hohe Meßgenauigkeit bei der Überprüfung der Zeitdilatation erreicht man auch
mit Hilfe der sog. Speicherring-Experimente. Dabei werden geladene Teilchen in einen
hochevakuierten, kreisförmigen Torus geschossen, wo sie durch Magnetspulen, die diesen
Torus umfassen, auf einer Kreisbahn gehalten werden.
F.J.M. Farley[1,2] et al. lassen schnelle µ− -Mesonen eine solche Anordnung durchlaufen,
die dort zerfallen, und messen ihre Lebensdauer T im Speicherring, die dann wieder mit
der bekannten Lebensdauer To ruhender µ− -Mesonen verglichen werden kann.
R. Grieser[1,2] et al. bringen Li+ -Ionen in einem Speicherring auf eine hohe
Geschwindigkeit, um nun mit Hilfe der Laser-Spektroskopie eine genaue Bestim-
mung ihrer Spektrallinien durchzuführen, die dann mit den im Ruhezustand gemessenen
Linien verglichen werden. Wie bei den historischen Ives-Stillvell-Otting-Experimenten

wird hier also über den transversalen Doppler-Effekt ν = ν 1 − v2 /c2 die in den
Frequenzen ausgedrückte Zeitdilatation getestet. Die alte Genauigkeit von 1% denkbarer
Abweichungen für die Zeitdilatation wurde durch diese Experimente bis auf beachtliche
0, 00008% Abweichung reduziert.
Ein Schwerpunkt der experimentellen Fragestellung war seit jeher, die Existenz eines
Äthers auszuschließen - oder eben auch nachzuweisen, dessen Ruhezustand in einem
ausgezeichneten System jedes Prinzip einer Relativität brechen würde. Das A und O der
Speziellen Relativitätstheorie ist die universelle Konstanz der Lichtgeschwindigkeit. Zur
experimentellen Prüfung dieser Aussage werden zwei verschiedene Fragen gestellt:
1. Treffen Protonen mit einer Energie von 19, 2 · 109 eV auf ein Beryllium-Target, so
entstehen π o -Mesonen, die sich mit der extrem hohen Geschwindigkeit von v = 0, 999 75 c
in bezug auf das Laborsystem bewegen und dann in zwei γ-Quanten zerfallen,
π o −→ γ→ + γ← . Im Ruhsystem des Pions laufen diese Photonen in entgegenge-
setzter Richtung mit der Lichtgeschwindigkeit c auseinander. Gemessen wird nun die
Geschwindigkeit c dieser Photonen im Laborsystem, d.h., es wird das Additionstheorem
der Geschwindigkeiten getestet. Gibt es eine Abweichung vom Einsteinschen Theorem
(76), d.h. nach (77) von c = c , dann wäre das ein Hinweis auf ein ausgezeichnetes
System, das Ruhsystem eines vermeintlichen Äthers. Denkbare Abweichungen von der
Gleichung c = c konnten durch diese Experimente auf unter 0, 013% reduziert werden,
vgl. T. Alvänger[1] et al.
2. Geprüft wird die Dispersion, die Abhängigkeit der Lichtgeschwindigkeit von der
Frequenz. Unterstellt man, daß die Ruhmasse der Photonen exakt Null ist, dann könnte
die Ursache für eine solche Dispersion in einer diskreten Struktur unseres physikalischen
Vakuums liegen, vgl. Kap. 35. Durch astronomische Messungen an Pulsaren wurde
bis zu Frequenzen von 2, 5 · 1020 Hz, das sind 1 MeV- γ-Quanten, gefunden, daß die
relative Abweichung von der Lichtgeschwindigkeit ∆c/c < 10−14 sein muß, vgl. J.M.
Rawls[1] . In terrestrischen Messungen wurde bis zu einer Energie der γ-Quanten von
7 GeV über eine Genauigkeit von ∆c/c < 10−5 berichtet, vgl. B.C. Brown[1] et al.
Wir kommen zu dem Schluß:

Mit der bis heute erreichbaren Meßgenauigkeit bleibt die Vakuum-Lichtgeschwindigkeit c


eine universelle Konstante, in jedem Inertialsystem und für jede Frequenz.
224 Anhang

35 Ein Gittermodell der relativistischen Raum-Zeit

Warum geht eine bewegte Uhr nach? Warum ist ein bewegter Stab verkürzt?
Alle Materie, die wir kennen, unterliegt den Gesetzen der Speziellen Relativitätstheorie, die
axiomatisch auf der universellen Konstanz der Lichtgeschwindigkeit beruht oder, gemäß der
von uns entwickelten Axiomatik damit äquivalent, auf der Längenkontraktion und der Zeit-
dilatation (69) und (70). Axiome sind einfachste Grundsätze, die nicht weiter reduziert wer-
den können. Die Frage nach einem Warum der Lorentz-Kontraktion oder einem Warum
der Zeitdilatation scheint daher von vornherein aussichtslos. Woher sollen wir den Stoff
nehmen, um die Ursache einer Längenkontraktion aufzuspüren, wenn grundsätzlich alle
Längen, die wir messen, eben dieser Kontraktion unterworfen sind? Wir werden die Frage
nach den Ursachen dieser Veränderungen von Maßstabe und Uhren in unserer relativisti-
schen Raum-Zeit daher auch nicht wirklich beantworten können.
Um dieser Unmöglichkeit zu entkommen, wollen wir von der Vermutung ausgehen, daß die
Ursachen für die Längenkontraktion und die Zeitdilatation bereits in der Struktur unseres
physikalischen Vakuums angelegt sind. Wir werden zeigen, von welcher Art die Struktur
unserer Welt sein könnte, damit zwangsläufig relativistische Phänomene auftreten. An-
hand eines Modells wollen wir eine Denkmöglichkeit diskutieren, ohne zu behaupten, daß
unser physikalisches Vakuum tatsächlich so aussieht.
In den Gitterstrukturen, wie sie in der Natur der kristallinen Festkörper vorkommen,
werden wir ein Modell aufspüren, das uns die Effekte der Längenkontraktion und der
Zeitdilatation auf das zugrundeliegende Gitter zurückführt. Mit dem Gegenstand dieses
Kapitels haben wir uns eingehend in Günther[2] auseinandergesetzt. Dort finden sich auch
ausführliche Literaturangaben zu allen hier aufgeworfenen Fragen, s. auch Günther[4] .
Der entscheidende Gesichtspunkt ist nun der folgende: Das ideale Gitter mit der un-
eingeschränkten symmetrischen Anordnung seiner Bausteine soll unser physikalisches
Vakuum modellieren. Erst die Störungen in diesem Gitter, die Abweichungen von der
Idealstruktur, sollen jene ’Massen’ oder ’Teilchen’ bilden, die wir auf relativistische
Eigenschaften hin untersuchen. Masse ist Form sagt C.F.v. Weizsäcker. Die Atome
oder Moleküle des zugrundeliegenden Gitters sind mit solchen ’Teilchen’ prinzipiell nicht
beobachtbar.
Von den Strukturstörungen werden uns die sog. Versetzungen beschäftigen. Eine
Versetzung ist die Randlinie einer im Kristall endenden Gitterebene. Aber nicht
die unvollständige Gitterebene, sondern allein ihre, die Versetzung definierende Ran-
dlinie mit dem Richtungsvektor t ist die experimentell nachweisbare Größe. Wir
rechnen mit unendlich ausgedehnten Kristallen. Eine idealisierte, unendlich lange,
gerade Versetzungslinie sei unsere x-Achse. Wie aus Abb. 52 deutlich werden
soll, ist diese Versetzungslinie ein rein geometrischer Ort, der nicht an der Posi-
tion der Gitteratome festgemacht werden kann. Eine Versetzungslinie kann sich
im Kristallgitter verschieben. Die Gitteratome selbst bleiben dabei im wesent-
lichen an ihren Plätzen. Nur die Störungslinie oder Verbiegungen in der Störungslinie
können sich über größere Entfernungen im Kristall bewegen, die Gitteratome nicht.
Wir betrachten hier nicht die Wanderung einer Versetzungslinie als Ganzes. Gegenstand
unserer Überlegungen sollen die im Gleichgewicht mit der Kristallstruktur möglichen,
kleinen lokalen Abweichungen von dem geraden Verlauf der Versetzungslinie sein, welche
wir durch Funktionen q = q(x, t) beschreiben. Die Funktion q = q(x, t) beschreibt die
senkrechten Auslenkungen aus der im Grundzustand auf der x-Achse liegenden Versetzung.
35 Ein Gittermodell der relativistischen Raum-Zeit 225

e e e e e e e

e e e e e b-e e

e e e e e e e
×
e e e e e e

e e e e e e

e e e e e e

Abb. 52: Schematische Darstellung einer Stufenversetzung in der Draufsicht mit dem Burgers-
Vektor b . Der Richtungsvektor t der Versetzung weist senkrecht aus der Bildebene heraus. Nur
die durch das Kreuz gekennzeichnete Position der Versetzungslinie ist meßbar.

Wir wollen jetzt die Gleichung herleiten, der diese Auslenkungen q = q(x, t) genügen
müssen.
Nur kleine Bereiche der Störungslinie sollen wandern, wenn sie durch lokale Kräfte dazu
veranlaßt werden. Unterteilen wir die Versetzungslinie in kleine Abschnitte der Länge
∆xα , so besitzen diese eine Trägheit ∆mα gegenüber dem Gitter, ebenso wie die Gitter-
atome eine Trägheit gegenüber dem physikalischen Raum besitzen. Außerdem hängen die
Elemente ∆xα untereinander elastisch zusammen wie die Teile einer gespannten Saite.
Die Bewegung einer Versetzungslinie charakterisieren wir folgendermaßen :
Die Versetzung bildet eine lineare Kette elastisch gekoppelter, träger Massen ∆mα mit
Positionen qα . Die Bewegung dieser, nur relativ zum Kristallgitter definierten, trägen
Massen51 ist durch Newtonsche Gleichungen bestimmt, wenn wir das Inertialsystem der
Mechanik durch das Ruhsystem des Kristallgitters ersetzen:

d d  
∆mα qα (t) = Fb α , (580)
dt dt
b=α

Fb α = −Fα b . (581)

Dabei ist angenommen, daß die Variable q eine Auslenkung senkrecht zur Versetzungslinie
beschreibt. Die Kräfte Fb α auf das mit α indizierte Element ∆xα zerlegen wir gemäß
 
Fb α = Fα−1 α + Fα+1 α + Fg α (582)
b=α g

in die von links bzw. rechts wirkenden Kräfte Fα−1 α und Fα+1 α der benachbarten
Versetzungselemente und die Kräfte Fg α , welche die umgebenden Gitteratome auf die
Versetzungsmasse ∆mα ausüben.
51 Solche trägen Massen und die ihnen zuzuordnenden Teilchen, welche nur relativ zum Gitter definiert

sind, werden auch als Quasimassen und Quasiteilchen bezeichnet, um sie von den in unserer physikalischen
Raum-Zeit definierten Teilchen und Massen zu unterscheiden.
226 Anhang

Für kleine Auslenkungen qα wirkt das Gitter auf die Versetzung wie eine elastische
Feder, die die Versetzungsmasse ∆mα mit einer Direktionskonstanten Dm in ihre
Gleichgewichtslage qα = 0 zurücktreibt. Für größere qα nimmt diese Kraft ab, um dann
in der Mittelposition der Versetzung bei qα = a/2 zwischen den beiden Gleichgewichts-
positionen qα = 0 und qα = a ganz zu verschwinden. Hierbei ist a die Gitterkonstante.
Wir approximieren diesen Verlauf der von den Gitteratomen ausgehenden Kräfte durch
eine sin-Funktion und schreiben
  2π 
Fg α = −Dm sin qα (t) . (583)
g
a

Die Kraft Fα+1 α ist gleich der von rechts auf das Element am Ort qα wirkenden
Spannung τ (qα , t) . Ebenso ist Fα−1 α = −Fα α−1 = −τ (qα−1 , t) gleich der von links
wirkenden Spannung, so daß

Fα−1 α + Fα+1 α = −τ (qα−1 , t) + τ (qα , t) . (584)

Gemäß

∆mα −→ ρo ∆x , ⎪ ⎪

Vesetzungslinie wird
qα (t) −→ q(x, t) , (585)

⎪ eindimensionales Kontinuum.

Dm −→ D∆x

gehen wir nun zu einer Beschreibung durch kontinuierliche Variable über mit einer
effektiven Massendichte ρo der Versetzungslinie und der auf die Längeneinheit bezogenen
Direktionskonstanten D des Gitters.
Mit qα −→ x und qα−1 −→ x − ∆x wird

−τ (qα−1 , t) + τ (qα , t) −→ −τ (x − ∆x, t) + τ (x, t) ,

also wird aus (584)

Fα−1 α + Fα+1 α −→ τ (x − ∆x, t) + τ (x, t)

und, indem wir nur das erste Glied der Taylor-Entwicklung mitnehmen,

 ∂τ (x, t)  ∂τ (x, t)
Fα−1 α + Fα+1 α −→ τ (x, t) − ∆x + τ (x, t) = ∆x . (586)
∂x ∂x

Für die vom Gitter ausgeübte Kraft (583) erhalten wir mit (585)

  2π   2π 
Fg α = −Dm sin qα (t) −→ −D sin q(x, t) ∆x . (587)
g
a a
35 Ein Gittermodell der relativistischen Raum-Zeit 227

Wir machen dann die drei Grundannahmen der linearisierten Elastizitätstheorie :

1. Im Newtonschen Trägheitsterm sind die totalen Zeitableitungen einfach


durch die partiellen Zeitableitungen zu ersetzen.
2. Die Massendichte wird als konstant angenommen.
3. Es gelte das Hookesche Gesetz, d.h., die Spannung ist der relativen
Dehnung direkt proportional.

Angewandt auf die Quasiteilchen unserer linearen Kette der Versetzungsmassen heißt das

d d  ∂ ∂q(x, t) ⎪
1. ∆mα qα −→ ρo ∆x , ⎪


dt dt ∂t ∂t ⎪


Übergang zur linearisierten
2. ρo = const , (588)

⎪ Elastizitätstheorie


∂q(x, t) ⎪

3. τ (x, t) = σ . ⎭
∂x

Hier ist gemäß unserer Annahme ∂q/∂x die relative Dehnung quer zur Verset-
zungslinie, welche wir in die x-Achse gelegt haben. Der Elastizitätsmodul σ ist die sog.
Linienspannung der Versetzung, eine Größe, die über Energiemessungen experimentell
ermittelt werden kann.
Berücksichtigen wir in (580) die Gleichungen (586), (587) und (588), so folgt nach kurzer
Rechnung, daß die Auslenkungen q aus der Gleichgewichtslage der Versetzung der sog.
sine-Gordon-Gleichung genügen,


∂2 1 ∂2 D  2π  ⎪
q(x, t) − 2 2 q(x, t) = sin q(x, t) , ⎪

∂x 2 co ∂t σ a ⎬
sine-Gordon-Gleichung
 (589)
σ ⎪
⎪ einer Versetzung
co = . ⎪

ρo


Die Größe co = σ/ mit einer effektiven Massendichte entlang der Versetzungslinie
ist eine Grenzgeschwindigkeit für die Ausbreitung von Störungen auf der Versetzungslinie.
Ihr Betrag liegt in der Größenordnung der Schallgeschwindigkeiten.
Gleichung (589) ist zuerst 1949 von A. Seeger[1] gefunden worden. Wir haben hier eine
vereinfachte, exakte Herleitung für (589) gegeben, s. dazu auch Günther[2] .
Wir rechnen im folgenden mit der dimensionslosen Auslenkung q(x, t) , die mit der
physikalischen Auslenkung q = q(x, t) auf dem Gitter gemäß


q := q (590)
a
zusammenhängt. Aus (589) entsteht dann die sine-Gordon-Gleichung in der Form:
228 Anhang

∂2 1 ∂2 1  
2
q(x, t) − 2 2 q(x, t) = 2 sin q(x, t) . sine-Gordon-Gleichung (591)
∂x co ∂t λo

Hier ist

a σ
λo = (592)
2π D

eine charakteristische Länge im Gitter, definiert durch die Gitterkonstante a , die


Linienspannung σ der Versetzung und die oben eingeführte Direktionskonstante D der
atomaren Kräfte im Gitter.
Wesentlich ist hier, daß die Gitterstruktur in der feldtheoretischen Beschreibung eine
Nichtlinearität erzeugt, den Term sin q . Ohne die Kräfte (583), die von den die Ver-
setzungslinie umgebenden Gitteratomen ausgehen, entfällt dieser nichtlineare Term.
Dann wären die transversalen Auslenkungen q = q(x, t) einfach einer Wellengleichung
unterworfen, die wir aus den Bewegungsgesetzen der Newtonschen Mechanik erhalten
gemäß

∂2 1 ∂2
2
q(x, t) − 2 2 q(x, t) = 0 . (593)
∂x co ∂t

Lösungen von (593) mit zwei festgehaltenen Punkten beschreiben die Schwingungen einer
gespannten Saite. Diese sog. strings spielen heute in der Physik der Elementarteilchen
eine herausragende Rolle.
Die Lösungen q = q(x, t) der sine-Gordon-Gleichung beschreiben die energetisch
möglichen, physikalisch stabilen Formen von Versetzungslinien in der Nähe der geraden
Versetzungslinie q = 0 , die mit der x-Achse zusammenfällt. Man kennt heute sehr
viele solcher Lösungen. Die ihnen entsprechenden Linienformen kommen in jedem realen
Gitter in großer Zahl vor. Die Bewegungen in diesen Linien realisieren im Kristall sog.
mikroplastische Deformationen des Gitters.
Wir suchen nun nach solchen, physikalisch stabilen Formen dieser Linien, die geeignet sind,
eine Normalgröße für einen Längenmaßstab zu liefern, sowie nach physikalisch stabilen,
schwingenden Versetzungslinien, die eine Schwingungsdauer für eine Normaluhr hergeben.
Die sog. kink-Lösung der sine-Gordon-Gleichung (591) lautet, Abb. 53,

!x" Lokalisierte
qIo (x) = 4 arctan exp . (594)
λo kink-Lösung

Die geometrische Ausdehnung dieser Kinke definiert uns im Gitter einen mit seiner
Mitte bei x = 0 lokalisierten Normalmaßstab der Länge Lo , indem wir z.B. Lo als
diejenige Entfernung definieren, innnerhalb derer die Versetzungslinie von der einen
Gleichgewichtslage q = 0 in die andere q = π überwechselt, genauer, Abb. 53,

Natürlicher Längenmaßstab
Lo = π λo . (595)
über einem Gitter
35 Ein Gittermodell der relativistischen Raum-Zeit 229

q
6
2π 
 qIo (x)




α








 -x
x1 λo x
 Lo -2

Abb. 53: Definition eines natürlichen Längenmaßstabes Lo aus der kink-Lösung (594). Die
Funktion qIo (x) hat ihren Wendepunkt bei x = 0 , qIo (0) = π . Die Tangente hat dort den Anstieg
tan α = 2 π/Lo = 2/λo , schneidet die x-Achse bei x1 = −πλo /2 und die durch q = 2π zu
beschreibende Asymptote (gestrichelte Linie) bei x2 = +πλo /2 , y = 2π . Auf der x-Achse ist
dadurch ein Längenmaßstab Lo = x2 − x1 = πλo definiert.

Diesen durch die Kinke definierten Längenmaßstab können wir an jedem Ort x = b des
Gitters lokalisieren. Die am Ort x = b lokalisierte kink-Lösung finden wir aus (594),
indem wir dort x durch x − b ersetzen, s. auch Abb. 55,

!x − b" Bei x = b lokalisierte


qIo (x − b) = 4 arctan exp . (596)
λo kink-Lösung

Offenbar ist (596) ebenso eine Lösung der sine-Gordon-Gleichung wie (594), so daß wir
damit bei x = b dasselbe Längenmaß definieren wie oben bei x = 0 . Die Kinke liegt
als Linienform im Gitter vor und definiert also einen überall einheitlichen, natürlichen
Längenmaßstab Lo , auf den man alle Abstände von Strukturen in diesem Gitter beziehen
kann - ebenso wie wir die Abstände in unserem Raum auf die orangerote Linie im
Spektrum des Kryptonisotops 86 Kr beziehen, Kap. 1.
Die sog. breather-Lösung der sine-Gordon-Gleichung (591) lautet, Abb. 54,

sin(2π t/To ) Lokalisierte


qIII
o (x, t) = 4 arctan  √ . (597)
cosh x/( 2 λo ) breather-Lösung

Hierbei ist To eine durch das Gitter festgelegte Schwingungsdauer,

√ λo Natürliche Schwingungsdauer
To = 2 2π . (598)
co über einem Gitter

Diese breather-Lösung ist mit ihrem Schwerpunkt im Gitter lokalisiert, hier bei x = 0 ,
und existiert dort als permanent schwingende Linienform, Abb. 54.
230 Anhang

q
6
π

t2

6 6 6
6 6
6 6 -x
λo t1

t3

Abb. 54: Definition einer natürlichen Schwingungsdauer To aus der breather-Lösung (597).
Eingezeichnet sind die Schwingungszustände für t1 = 0 , t2 = To /4 und t3 = 3To /4 . Die Pfeile
deuten die Geschwindigkeiten der Versetzungselemente beim Durchgang durch die Nullinie an.

Die Lösung (597) definiert im Gitter am Ort x = 0 eine Normaluhr Uo , welche die
Anzahl der Perioden To der oszillierenden Linie qIII
o (0, t) zählt, also mit (597) für x = 0 ,
cosh 0 = 1 ,

! "
qIII
o (0, t) = 4 arctan sin(2π t/To ) . (599)

Eine solche, durch eine schwingende Linie definierte Uhr kann an jedem Ort x = b des
Gitters existieren.
Die am Ort x = b lokalisierte breather-Lösung finden wir aus (597), indem wir dort x
durch x − b ersetzen,

sin(2π t/To ) Bei x = b lokalisierte


o (x − b, t) = 4 arctan
qIII  √ . (600)
cosh (x − b)/( 2 λo ) breather-Lösung

Offensichtlich ist (600) ebenso eine Lösung der sine-Gordon-Gleichung wie (597). Setzen
wir in (600) x = b , so erhalten wir wieder die oszillierende Linie (599), die also an jedem
Ort dieselbe Normaluhr definiert. Mit der Uhr Uo können wir alle Zeitintervalle im Gitter
ebenso messen, wie wir in unserem physikalischen Raum alle Zeiten auf die Schwingungen
einer ganz bestimmten Linie im Spektrum des Cäsiumisotops 133 Cs zurückführen, Kap. 1.
Lassen wir nun aber die kink- und breather-Lösungen nicht lokalisiert, an ein und derselben
Stelle mit ihren Schwerpunkten ruhend, sondern versuchen, diese Linienformen mit einer
konstanten Geschwindigkeit v entlang der x-Achse zu verschieben, dann erleben wir eine
Überraschung.
35 Ein Gittermodell der relativistischen Raum-Zeit 231

q
6
2π qI (x, λo /v)

 qIo (x − λo )



α α








 λo 2λo -x
x − vt = 0
 Lv -
 Lo -

Abb. 55: Die Verkürzung der bewegten Kinke. Dargestellt ist die bewegte Kinke qI (x, t) , (603),
zur Zeit t = λo /v bei einer Geschwindigkeit von v = 0, 8 co , also γo = 0, 6 , so daß Lv = 0, 6 Lo .
Zum Vergleich ist eine mit dem Schwerpunkt bei x = λo ruhende Kinke punktiert eingezeichnet,
also qIo (x − λo ) gemäß (596) mit b = λo .

Wir ersetzen zunächst in der kink-Lösung (594) x durch x − vt mit einem konstanten v
und erhalten die mit der Geschwindigkeit v nach rechts fortlaufende Funktion
x − vt

qIo (x − vt) = 4 arctan exp[ ] . (601)
λo
Der entscheidende Punkt ist nun aber, daß (601) keine mögliche Linienform in unserem
Kristallgitter beschreibt. Die Funktion (601) ist keine Lösung der sine-Gordon-Gleichung,
wovon man sich durch einfaches Ausdifferenzieren überzeugen kann. Wir finden also:

Es ist unmöglich, unseren Längenmaßstab ohne Änderung seiner Länge zu bewegen.

Dieselbe Erfahrung machen wir mit den oben definierten Normaluhren. Ersetzen wir in
der breather-Lösung (597) x durch x − vt mit einem konstanten v , dann erhalten wir
die mit der Geschwindigkeit v nach rechts fortlaufende Funktion
! "
sin 2πt/To

qIII
o (x, t) = 4 arctan ! √ " . (602)
cosh (x − vt)/ 2λo
Wieder ist die Funktion (602) keine Lösung der sine-Gordon-Gleichung, und wir finden:

Es ist unmöglich, die Normaluhr ohne Änderung ihrer Schwingungsdauer zu bewegen.

Wir geben nun diejenige Lösung der sine-Gordon-Gleichung an, welche die Situation
beschreibt, daß sich die Kinke (594) mit einer konstanten Geschwindigkeit v in x-Richtung
bewegt. Diese, den bewegten Maßstab darstellende Lösung qI (x, t) lautet, Abb. 55,
232 Anhang

q
6
π p p p p p p p p p

t1p p p p p p p p p p p p t2
ppp p
ppp p -v
ppp p
pppppp
p p p p p p pp pp p pp p -x
p pppp
p λo p p p p p
p ppp
pp
p p pp p p p p p
t3

Abb. 56: Die mit der Geschwindigkeit v = 0, 8 co , also γo = 0, 6 , bewegte breather-Lösung


qIII (x, t) , (605), für die Zeitpunkte t1 = 0 , t2 = Tv /4 und t3 = 3Tv /4 . Hierbei ist Tv = To /γo
die Schwingungsperiode des bewegten breather. Man beachte die wellenartigen Veränderungen
der Linien, verglichen mit der lokalisierten Schwingung von Abb. 54, was auf die Definition der
Gleichzeitigkeit im Kristall zurückgeführt werden kann, vgl. Günther[2] .

!x − v t" Bewegte
qI (x, t) = 4 arctan exp , λv = λo γo . (603)
λv kink-Lösung


Hierbei ist γo := 1 − v 2 /c2o .
Mit Lv = π λv lesen wir aus (594), (595) und (603) unmittelbar ab:

Die Länge Lv des in bezug auf das Gitter bewegten Maßstabes ist gegenüber
der Länge Lo des in bezug auf das Gitter ruhenden Maßstabes verkürzt:


v2
Lv = Lo 1− . ’Lorentz-Kontraktion’ (604)
c2o

Die Schreibweise ’Lorentz-Kontraktion’ soll andeuten, daß wir es hier nicht mit der Licht-
geschwindigkeit zu tun haben.
Wir finden ferner für die Funktion qIII (x, t) , die den Sachverhalt beschreibt, daß sich die
schwingende breather-Lösung (597) mit konstantem v entlang der x-Achse bewegt, daß
sich also unsere Normaluhr im Gitter mit dieser Geschwindigkeit bewegt, den Ausdruck,
Abb. 56,

sin[2π (t−xv/c2o )/γo2 Tv ] To Bewegte


qIII (x, t) = 4 arctan √ , Tv = . (605)
cosh[(x − v t)/ 2 λv ] γo breather-Lösung
35 Ein Gittermodell der relativistischen Raum-Zeit 233

Mit diesem bewegten breather (605) verfügen wir also über eine in bezug auf das Gitter
bewegte Uhr Uv , indem wir die Zahl der Schwingungen dieser Linie z.B. bei x = vt
zählen. Welche Schwingungsdauer besitzt dann diese Uhr? Dazu setzen wir in (605)
x = v t und finden die in Abb. 57 dargestellte Funktion
! "
qIII (vt, t) = 4 arctan sin(2π t/Tv ) . (606)

Die Schwingungsdauer Tv der bewegten breather-Uhr Uv beträgt daher gemäß (599),


(605) und (606) Tv = To /γo :

Die Schwingungsdauer Tv der in bezug auf das Gitter bewegten Uhr Uv ist gegenüber
der Schwingungsdauer To der im Gitter ruhenden Uhren Uox gedehnt:

To
Tv = . ’Zeitdilatation’ (607)
1 − v2 /c2o

Die Zeigerstellung einer Uhr zählt die Schwingungen, also bleibt der Zeiger der bewegten
Uhr zurück, Abb. 57:

Die Zeigerstellung tv der in bezug auf das Gitter bewegten Uhr Uv bleibt gegenüber
den Zeigerstellungen to der im Gitter ruhenden Uhren Uox zurück:


v2
tv = to 1− . ’Zeitdilatation’ (608)
c2o

Wir bemerken, daß mit (604) und (607) das Reziprozitätstheorem (552), S. 211,
erfüllt ist.

Das Bezugssystem Σo haben wir durch das ruhende Kristallgitter definiert. Aber nicht die
Bausteine dieses Gitters sind die Objekte unserer Beobachtung, sondern Strukturen, die
von dem idealen Raumgitter abweichen, stabile Fehlordnungen, die in bezug auf das Gitter
eine geometrische Ausdehnung besitzen. Die Atome oder Moleküle des idealen Gitters
bilden den ’Raum’. Die Fehlstrukturen bilden die ’Körper’, die ’Teilchen’ darin, s. die
Fußnote auf S. 226. Mit der Kinke und dem breather haben wir bestimmte Fehlstrukturen
zu Maßstäben für Längen- und Zeitmessungen gemacht. Das ist vernünftig, da in einem
realen Kristall gerade diese Fehlordnungen stets in großer Anzahl vorhanden sind.
Das Raum-Zeit-Modell, das wir darauf aufbauen, bezieht sich auf eine ’innere Welt’ dieser
Fehlordnungen. Wir nehmen hier eine Gedankenkonstruktion auf, die H. v.Helmhotz[1]
um 1870 entwickelt hat und auch von A. Einstein benutzt wurde und können in diesem
Zusammenhang von den ’inneren Beobachtern’ 52 dieser Welt sprechen. Die einzelnen
52 Wir meinen die sog. ”Flächenwesen”, die ”flachen Geschöpfe”, die in einer zweidimensionalen Welt

mit einer nichteuklidischen Geometrie leben und nichts von dem sie umgebenden dreidimensionalen Raum
erfahren. Im Zusammenhang mit seiner allgemeinen Relativitätstheorie demonstrierte Einstein damit die
Beschränktheit unserer dreidimensionalen Erfahrungswelt, in der wir die inneren Beobachter sind.
234 Anhang

t
6

Tv

` `
` ` ` ` tv
qIII (vt, t)
` Uv `
` `
t
6
To To

qIII
o (0, t)
x

x
` ` ` `
` ` ` `
- -
` Uo ` to ` U x ` to
` ` ` o`
q q
π x=0 π x = vt

Abb. 57: Die Messung der ’Zeitdilatation’. Der Zeiger der einen, gegenüber dem Gitter be-
wegten breather-Uhr Uv , welche die Schwingungen der hier dick gezeichneten Linie der Funktion
qIII (vt, t) = 4 arctan sin(2π t/Tv ) , (606), zählt, eingezeichnet für x = v t , bleibt zurück gegenüber
den Zeigern der in bezug auf das Gitter ruhenden breather-Uhren Uox , welche die Schwingungen
der hier dünn gezeichneten Linien der Funktionen qIII o (0, t) = 4 arctan sin(2π t/To ) , (599) bzw.
(600), zählen, eingezeichnet für x = 0 und x = v t . Wir haben den Fall dargestellt, daß sich die
Uhr Uv auf der x-Achse mit der konstanten Geschwindigkeit v = 0, 8 co bewegt. Es ist dann
γo = 0, 6 , so daß Tv = To /0, 6 , und für to = 15 erhalten wir tv = 15 · 0, 6 = 9 , wie eingezeichnet.

Atome des Gitters sind mit diesen Strukturen nicht erfaßbar. Sie können von den
inneren Beobachtern nicht bemerkt werden. Das Gitter hat die Funktion des Vakuums,
des Raumes, in dem sich die Strukturen bewegen, eines Raumes, dessen physikalische
Eigenschaften auf der Grundlage seiner Gitterstruktur aber durchaus manifest sind.
Mit (604) und (607) bzw. (608) haben wir vor dem Hintergrund des Kristallgitters aus
Atomen oder Molekülen die physikalischen Postulate einer relativistischen Raum-Zeit
gefunden, nämlich (69) und (70) bzw. (71). Der einzige Unterschied besteht nur in der
Grenzgeschwindigkeit: Die Lichtgeschwindigkeit c ist nun durch die Grenzgeschwindigkeit
co der mikroplastischen Deformationen ersetzt. Wir sind hier aber sogar noch besser
dran. Während die Gleichungen (69) - (71) allein auf Präzisionsexperimenten basieren,
entweder direkt oder auf dem Weg über die Lichtgeschwindigkeit, werden die Gleichungen
(604), (607), (608) über die sine-Gordon-Gleichung (591) ursächlich auf die elastischen
Wechselwirkungen der Atome des zugrundeliegenden Gitters zurückgeführt. Mit der
sine-Gordon-Gleichung sind wir hier also im Besitz einer ’Elementarteilchentheorie’ für
die Fehlstrukturen auf dem Gitter.
35 Ein Gittermodell der relativistischen Raum-Zeit 235

Wir können nun auch noch einen Schritt weiter gehen. Bisher ist immer nur von einem
Bezugssystem die Rede, dem Ruhsystem des Kristallgitters, in welchem die sine-Gordon-
Gleichung gilt. Dieses Bezugssystem haben wir Σo genannt. Wir beschränken uns auf
eine räumliche Dimension, die durch die Versetzungslinie ausgezeichnete x-Achse. Die
Grenzgeschwindigkeit hat in beiden Richtungen der x-Achse denselben Wert co . Es liegt
also Isotropie vor.
Wir fragen jetzt, wie wir die von Σo aus registrierten Ereignisse E(x, t) beschreiben
können, wenn wir uns relativ zum Kristallgitter bewegen, also gewissermaßen als innere
Beobachter auf einer bewegten Kinke oder einem bewegten breather sitzend. Dieses
Bezugssystem nennen wir Σ .
Als erstes wollen wir festlegen, daß wir in Σ dieselben Normalmaßstäbe und Nor-
maluhren verwenden wollen wie auch der innere Beobachter in Σo , nämlich die vom
Kristall selbst gelieferten, oben beschriebenen kink- und breather-Lösungen der sine-
Gordon-Gleichung. Die Objekte, mit denen wir messen, sind also stets von derselben
Art wie die auszumessenden Objekte. Dadurch entsteht eine unserer physikalischen
Raum-Zeit nachgebildete Situation. Durch Aneinanderlegen hinreichend vieler solcher
Normalmaßstäbe können wir auch in Σ jedem Ereignis seine Ortskoordinate x zuteilen
und Entfernungen messen.
Es scheint nun ganz offensichtlich, daß die im Kristallgitter ruhende Kinke natürlich länger
ist als die bewegte Kinke in Σ , wie dies aus Abb. 55 hervorgeht. Für den Beobachter
in Σo ist dies zweifellos zutreffend, nicht aber für den inneren Betrachter in Σ . Jener
kann zunächst gar keine wohl definierte Aussage über die Länge einer in Σo ruhenden,
also in bezug auf Σ bewegten Kinke machen, solange er nicht in Σ eine Gleichzeitigkeit
definiert hat. Hier liegt genau dieselbe Situation vor wie bei der Beurteilung der Ereignisse
aus der Sicht der Bezugssysteme Σ unserer physikalischen Raum-Zeit, wie wir dies in
Kap. 4.1 besprochen haben.
Wieder haben wir die Freiheit der Definition einer Gleichzeitigkeit. Durch die obige
Beschränkung auf die gittereigenen Maßstäbe und Uhren mit ihren durch dieses Git-
ter wohldefinierten und durch die Gleichungen (604), (607), (608) wiedergegebenen,
physikalischen Eigenschaften können wir alle Schlüsse wörtlich übertragen, nur, daß hier
anstelle der Lichtgeschwindigkeit c die Grenzgeschwindigkeit co der mikroplastischen
Deformationen steht. Das ist der einzige Unterschied. Wegen der Vorteile, welche
durch eine Symmetrie entstehen, entscheiden wir uns auch hier für eine Definition der
Gleichzeitigkeit in Σ auf der Grundlage des elementaren Relativitätsprinzips, wie wir es
in Kap. 7, S. 36, formuliert haben. Jedem Ereignis sind damit sowohl in Σo (x, t) als auch
in Σ (x , t ) seine Raum-Zeit-Koordinaten zugeordnet. Für die gittereigenen Maßstäbe
und Uhren können wir nun alle Schlüsse von Kap. 13 wörtlich wiederholen, nur, daß hier
anstelle der Lichtgeschwindigkeit c die Grenzgeschwindigkeit co der mikroplastischen
Deformationen steht. Das ist der einzige Unterschied. Es folgt also:
Die Definition der Gleichzeitigkeit nach dem elementaren Relativitätsprinzip auf dem
Gitter erzwingt die ’Lorentz-Transformation’:
236 Anhang


x−vt x + v t
x = , x= , ⎪

⎪ ’Lorentz-Transformation’
1 − v 2 /c2o 1 − v 2 /c2o ⎪⎬
Innere Beobachtung
←→ (609)
t − xv/c2o t + x v/c2o ⎪
⎪ von Fehlstrukturen

t = , t= . ⎪

⎭ in einem Gitter
1 − v 2 /c2o 1 − v2 /c2o

Folglich gilt auch das ’Einsteinsche Additionstheorem’ (76), allerdings nun mit co anstelle
der Lichtgeschwindigkeit c :

u + v u−v ’Einsteinsches Additionstheorem’


u= ←→ u = . (610)
1 + u v/c2o 1 − u v/c2o der Geschwindigkeiten

Und es folgt, daß für die Grenzgeschwindigkeit co der mikroplastischen Deformationen


nun in allen Systemen Σo und Σ ein und derselbe Wert gemessen wird:

co  = co . (611)

Unser Gittermodell einer Speziellen Relativitätstheorie ist damit vollständig.


Wir machen uns noch klar, auf welche Weise auch in dem hier betrachteten Kristallgitter
die Bezugssysteme äquivalent sind.
In den Systemen Σ gilt damit die sine-Gordon-Gleichung ebenso wie in Σo , da die
zur x-Achse transversale Verschiebung q eine Invariante gegenüber der ’Lorentz-
Transformation’ ist, q = q , also
∂2 1 ∂2 1  
2
q(x , t ) − 2 2 q(x , t ) = 2 sin q(x , t ) . (612)
∂x co ∂t λo
Der in Σ ruhende Beobachter stellt folglich dieselbe Lösungsmenge fest wie der
Beobachter in Σo . Jede, von Σo aus gemessene Linienform, kommt auch unter den in Σ
registrierten Linienformen vor und umgekehrt.
Beobachten wir aber ein und dieselbe Linie von beiden Bezugssystemen aus, dann
werden die Effekte der Speziellen Relativitätstheorie sichtbar. Die von Σ aus als ruhende
Kinke, als dort ruhender Längenmaßstab beobachtete Lösung, die in Abb. 53 dargestellt ist,
x In Σ ruhende
qIo (x ) = 4 arctan exp[ ] , (613)
λo kink-Lösung

wird von dem in Σo ruhenden Beobachter als bewegte Kinke, nämlich als die Lösung (603)
’gesehen’, als die dicke Linie in Abb. 55 . Man braucht bloß die ’Lorentz-Transformation’
(609) in Gleichung (613) einzusetzen, um (603) zu erhalten.
Ebenso wird die von Σ aus als lokalisierter breather, als dort ruhende Normaluhr
beobachtete Lösung, wie sie Abb. 54 dargestellt ist,

  sin(2π t /To ) In Σ lokalisierte


qIIl
o (x , t ) = 4 arctan  √  , (614)
cosh x /( 2 λo ) breather-Lösung

von dem in Σo ruhenden Beobachter als bewegter breather, nämlich als die Lösung (605)
’gesehen’, wie wir sie in Abb. 56 dargestellt haben. Wieder braucht man bloß die ’Lorentz-
Transformation’ (609) in (614) einzusetzen, um (605) zu erhalten.
35 Ein Gittermodell der relativistischen Raum-Zeit 237

Mit der ’Lorentz-Transformation’ (609) werden alle Bezugssysteme Σo und Σ gleich-


berechtigt. Das ruhende Kristallgitter Σo ist durch nichts mehr ausgezeichnet. Einigt man
sich erst einmal darauf, alle Messungen ausschließlich mit den gittereigenen Maßstäben und
Uhren durchzuführen, so ist das definierende Kristallgitter durch nichts mehr feststellbar,
’der Kristall ist weg’. Genauer, für das Kristallgitter ist mit Hilfe der in ihm existierenden
Maßstäbe und Uhren kein Bewegungszustand definiert. Der Kristall ist der Raum. Er ist
genau das, was A. Einstein[5] 1920 über den Äther gesagt hat:
”Der nächstliegende Standpunkt, den man dieser Sachlage gegenüber einnehmen konnte,
schien der folgende zu sein. Der Äther existiert überhaupt nicht. · · · Indessen lehrt ein
genaueres Nachdenken, daß diese Leugnung des Äthers nicht notwendig durch das Rela-
tivitätsprinzip gefordert wird. · · · Den Äther leugnen bedeutet letzten Endes, daß dem
leeren Raum keinerlei physikalische Eigenschaften zukommen. Mit dieser Auffassung ste-
hen die fundamentalen Tatsachen der Mechanik nicht im Einklang.”
Der Kristall modelliert diesen Einsteinschen Äther.
Unseren Exkurs über ein Gittermodell der Speziellen Relativitätstheorie wollen wir nun mit einigen
vagen, hypothetischen Überlegungen zur Struktur unserer physikalischen Raum-Zeit beschließen:
Im Festkörper ist gewissermaßen die Miniaturausgabe der Relativitätstheorie verborgen mit einer
Grenzgeschwindigkeit co , die viel kleiner ist als die Lichtgeschwindigkeit, co  c . Damit auch
nicht die geringsten Mißverständnisse aufkommen, heben wir es ausdrücklich noch einmal hervor:
Die durch die Lichtgeschwindigkeit definierten Effekte der Einsteinschen Relativitätstheorie un-
serer physikalischen Raum-Zeit haben nichts, aber auch rein gar nichts mit elastischen Wechsel-
wirkungen eines kristallinen Festkörpers zu tun. Nichtsdestoweniger kann man dieses Gittermodell,
diese Miniaturausgabe der Speziellen Relativitätstheorie, als einen ernst zu nehmenden Hinweis
darauf betrachten, daß möglicherweise auch unser physikalischer Raum eine diskrete Struktur be-
sitzt, einen, wie auch immer gearteten Gitteraufbau. Bei den Konstituenten eines solchen Gitters
kann es sich aber prinzipiell nicht um die trägen Massen unseres Raumes handeln, weder um
Atome noch um Elementarteilchen.
Für
p eine Gitterkonstante unserer physikalischen Raum-Zeit käme die Plancksche Länge lo =
f /c3 = 1, 6 · 10−33 [cm] in Betracht, die nach heutigem Wissen eine absolute Meßschranke
`
für räumliche Entfernungen darstellt mit der Planckschen Konstante h = 6, 63 · 10−34 [N m s] ,
 = h/2π , der Gravitationskonstante f = 6, 67 · 10−11 [N m2 kg−2 ] und der Lichtgeschwindigkeit
´
c = 3 · 108 [m s−1 ] . Die Einheit für die Kraft ist [1N] = [1m·1kg·1s−2 ] , s. S. 67.
Ein solches Raumgitter, dessen Konstituenten hier nur rein geometrisch definiert sind, könnte
durchaus den physikalischen Hintergrund für die Spezielle Relativitätstheorie hergeben.
Denkbare Konsequenzen können wir aus unserem Modell unmittelbar ablesen. Im Festkörper
geht nämlich die Relativität verloren, wenn wir zu Abständen vordringen, die im Bereich der
Gitterkonstante a liegen, indem wir also entsprechend hohe Energien aufwenden. Weicht die
Geschwindigkeit einer bewegten Kinke beliebig wenig von der Grenzgeschwindigkeit co ab, dann
müßte ihre ’Lorentz-kontrahierte’ Länge kleiner werden als selbst die Gitterkonstante a . Das ist
physikalisch nicht möglich. Die Näherungsannahmen einer linearisierten Elastizitätstheorie (588)
sind nicht mehr erfüllt. Die sine-Gordon-Gleichung gerät ins Wanken und mit ihr die Konse-
quenzen der ’Lorentz-Kontraktion’ und der ’Zeitdilatation’. Auch die durch unser elementares
Relativitätsprinzip eingeführte Gleichberechtigung aller Bezugssysteme ginge verloren. Man macht
sich leicht klar, daß durch einen Gitterabstand a nun das Bezugssystem Σo ausgezeichnet ist,
in welchem der Kristall ruht: Σo wird das System, in welchem der Gitterabstand a die maxi-
male Länge hat. Relativistische Verhältnisse erhalten wir nur, wenn wir uns mit Abständen A
238 Anhang

begnügen, die viel größer als a sind, a  A . Dann ist das Bezugssystem Σo durch nichts mehr
vor allen anderen zu erkennen.
Angewandt auf unsere physikalische Raum-Zeit könnte man daher die Frage stellen, ob es zu einer
Brechung der Lorentz-Symmetrie kommt, wenn wir bis zu Abständen vordringen würden, die im
Bereich der Planckschen Länge lo liegen. Experimentell sind wir davon allerdings heute noch
weit entfernt. Für ein Elementarteilchen der Ruhmasse mo ist seine Compton-Länge λ = /m c
eine charakteristische Lineardimension. Mit Annäherung an die Lichtgeschwindigkeit kann m
im Prinzip beliebig
p groß werden. −5Wir erhalten λ = lo , wenn m gleich der sog. Planckschen
Masse mP =  c/f = 2, 2 · 10 [g] wird. Nehmen wir ein Proton mit einer Ruhmasse von
mo = 1, 7 · 10−24 [g] bei einer Geschwindigkeit v . Für γ = mo /mP = 1, 7 · 10−24 /2, 2 10−5 =
7, 7 · 10−20 wäre eine Geschwindigkeit des Protons von vp = c(1 − 3 · 10−39 ) erforderlich, damit
seine Compton-Länge gleich der Planckschen Länge wird. Bei dieser extremen Annäherung an die
Lichtgeschwindigkeit wäre dann, wenn wir einmal das Modell des Festkörpers auf unsere Raum-
Zeit übertragen, eine Verletzung des Relativitätsprinzips wirksam.
Für ein pPhoton mit einer Wellenlänge λ ≈ lo erhalten wir eine Schwingungsdauer von TP =
lo /c = f /c5 = 0, 5 · 10−44 [s] , die sog. Planck-Zeit, die einer Schwingungsfrequenz von
ν = 1, 9·1043 [Hz] entspricht. Verglichen damit sind die Frequenzen ultraharter Röntgen-Strahlen,
die bei 1025 [Hz] liegen, extrem klein. Wieder müßten wir bei Frequenzen im Planckschen Bereich
mit einer Brechung der Lorentz-Symmetrie rechnen. Es ist natürlich auch denkbar, daß in unserer
physikalischen Raum-Zeit eine diskrete Struktur wirksam wird, deren charakteristische Länge weit
oberhalb der Planckschen Länge liegt. Die Aussichten auf den Nachweis dieser Struktur würden
damit entsprechend besser.
Wir wollen hier ausdrücklich darauf hinweisen, daß bei einem Vordringen in Richtung der
Planckschen Länge oder Zeit die Phänomene der Physik durch die Quantentheorie und die Gravi-
tationstheorie beherrscht werden. Man kann also keinesfall erwarten, daß die Verhältnisse im
Festkörper in unserer physikalischen Raum-Zeit ihre Entsprechung haben.
Jedoch hat die Vorstellung von einer diskreten Struktur unseres Raumes eine andere Sicht auf
die Testexperimente zur Speziellen Relativitätstheorie zur Folge. Ist nämlich der ’Äther’ nichts
anderes als das diskret aufgebaute Vakuum, dann kann dieser Äther per definitionem keinen Be-
wegungszustand besitzen, da die experimentell erfaßbaren Objekte bloße Strukturen über diesem
’Äther’ sind. Die Geschwindigkeit eines Äthers wäre damit schon rein begrifflich ausgeschlossen.
Hinsichtlich der vermeintlichen Messung eines Ätherwindes durch D.C. Miller im Jahr 1921 ver-
weisen wir noch einmal auf den berühmt gewordenen Kommentar von A. Einstein, den wir oben
auf S. 220 zitiert haben.
Anders verhält es sich mit den Experimenten, die nach einer Dispersion, einer Abhängigkeit
der Lichtgeschwindigkeit von der Frequenz suchen. Wenn unser Raum tatsächlich eine diskrete
Struktur hätte, dann gäbe es für hinreichend kleine Wellenlängen auch eine solche Dispersion.
Dies ist eine mathematische Konsequenz aus der strengen Gültigkeit der Gleichung (580) für die
lineare Kette, solange wir also noch nicht zur Kontinuumsnäherung (585) übergegangen sind. Wir
weisen darauf hin, daß bei diesem Modell eine Dispersion des Vakuums bereits aus rein klassi-
scher Sicht zu erwarten wäre. Praktisch kann der Erfolg solcher Experimente natürlich an der
Kleinheit der Gitterkonstanten, an einer zu geringen Frequenz der zur Verfügung stehenden elek-
tromagnetischen Wellen scheitern, wie wir oben gesehen haben. Und es gilt natürlich wieder
der Einwand, daß diese klassischen Überlegungen vermutlich durch Gravitations- und Quanten-
effekte vollständig überdeckt werden. Das unermeßliche Labor des Universums kann für uns
aber auch hier noch manche Überraschung bereithalten. Vielleicht wird es uns eines Tages auch
eine Gitterstruktur offenbaren, welche ohne Umschweife die Lorentzschen Postulate erzwingt.
35 Ein Gittermodell der relativistischen Raum-Zeit 239

Das Photon liefe dann als eine elementare Strukturstörung durch dieses Gitter wie der Schall
durch den kristallinen Festkörper! Damit würden wir sogar einem alten Machschen Credo genügen:
”Das Licht sei wie der Schall. Der Schall sei wie das Licht”. Nur, das Gitter für das Photon ist unser
Vakuum, während das Gitter für den Schall aus den Kristallatomen in diesem Vakuum besteht.
Das ist der Unterschied.
Wir merken an, daß ein Teilchenkonzept, wie wir es hier mit Hilfe von Strukturstörungen
über einem Gitter vorgestellt haben, automatisch wichtige quantenmechanische Axiome erfüllt,
Günther[2] . Sowohl das Prinzip von der Teilchenidentität, der Ununterscheidbarkeit von Teilchen
z.B. bei einem Stoßvorgang, die Erzeugung und Vernichtung von Teilchen oder die Interferenz
einzelner Teilchen beim Passieren periodischer Barrieren folgen auf einer elementaren Stufe
zwangsläufig in diesem Modell. Außerdem befinden wir uns mit unseren schwingenden Saiten
in der Nähe der Begriffsbildung der String-Theorie der Elementarteichen.
240 Anhang

36 Mathematische Hilfsmittel
36.1 Erinnerung an die Tensorrechnung

Im n-dimensionalen linearen Raum Rn werde jeder Punkt P (xi ) = P (xi ) durch

Koordinaten xi oder xi beschrieben, die über Koordinaten-Transformationen zusam-
menhängen,
  
xi = xi (xi ) ←→ xi = xi (xi ) , i, i = 1, 2, . . . n . (615)
 
i i
Die Transformationsmatrix (∂x )/(∂x ) heißt auch Jacobi-Matrix J ii ,


 ∂xi
J ii = Jacobi-Matrix (616)
∂xi

mit der Determinante


  
 
J := ∂xi /∂xi  . Jacobi-Determinante (617)
Wir vereinbaren, daß der obere Index die Zeilen und der untere die Spalten zählen soll.
Die inverse Jacobi-Matrix, daran zu erkennen, daß der Index mit dem ”  ” unten steht,
lautet dann

∂xi
J ii = , Inverse Jacobi-Matrix (618)
∂xi

und es gilt

 ∂xi ∂xi
J ii J ik = = δki
∂xi ∂xk
mit dem Kronecker-Symbol δki gemäß
⎛ ⎞
1 i=k 1 0 0
δki = für , z.B. für n = 3 : δki = ⎝ 0 1 0 ⎠ . (619)
0 i = k 0 0 1
Wir benutzen hier die Einsteinsche Summenkonvention. Danach ist über zwei gleiche

n
Indizes zu summieren, Ai Bi := Ai Bi . Derselbe Summationsindex darf also in jedem
i=1
Produkt nur zweimal auftreten. Soll die Summenkonvention ausgesetzt werden, dann
klammern wir die Indizes ein: g(i)(i) soll also keine Summe sein.
Für die totalen Differentiale folgt aus (615)

 ∂xi ∂xi i
dxi = i
dx i
←→ dx i
= i  dx . (620)
∂x ∂x
Für die partiellen Ableitungen gilt

∂ ∂xi ∂ ∂ ∂xi ∂
 = ←→ = . (621)
∂x i ∂xi ∂xi ∂x i ∂xi ∂xi
Dadurch ist der Tangentialraum definiert.
36 Mathematische Hilfsmittel 241

Die Basisvektoren ki des Tangentialraumes sind an die Koordinatenlinien gekoppelt, so


daß jede Koordinaten-Transformation (615) begleitet wird durch einen Basiswechsel gemäß

∂xi ∂xi
ki = i  ki ←→ ki = ki . Basisvektoren (622)
∂x ∂xi

Die Transformationen (620) und (621) heißen zueinander kontragredient. Sie werden durch
zueinander inverse und transponierte Matrizen vermittelt:

Um dxi zu erhalten, wird in (620) über den Spaltenindex der Jakobi-Matrix summiert,
und der gestrichene Index steht oben; um ki zu erhalten, wird in (622) über den
Zeilenindex der inversen Jakobi-Matrix summiert, und der gestrichene Index steht unten.
Der metrische Tensor gik ist durch die skalaren Produkte der Basisvektoren ki im
Tangentialraum definiert gemäß

gik := ki · kk mit gik = gki . Metrik (623)

Die Tensoreigenschaft von gik werden wir bald erkennen.


Wir schreiben

dx := dxi ki = dxi ki . (624)
Der Vektor ki weist in die Richtung der Koordinatenlinie xi , und seine Länge definiert
die Einheit auf dieser Achse.
Für zwei benachbarte Punkte P (xi ) und Q(xi + dxi ) definieren wir die Größe
ds2 := dx · dx = dxi ki · dxk kk = gik dxi dxk . Linienelement (625)
2
ds heißt das Linienelement des Raumes.
Sei g ik die inverse Matrix zu gik , also
gir g rk := δik . (626)
Dann sind die zu ki reziproken Basisvektoren ki definiert gemäß

ki = g ir kr , Reziproke Basisvektoren (627)

und aus ki · kk = g ir kr · g ks ks folgt mit (623) und (626)


g ik := ki · kk mit g ik = g ki . (628)
Jeden Vektor a können wir dann schreiben als
a = ai ki = ai ki . (629)
Hier heißen ai die kontravarianten Komponenten und ai die kovarianten Komponenten
des Vektors a .
Für das skalare Produkt zweier Vektoren a und b gilt damit
a · b = ai bk gik = ai bi = ai bi . Skalares Produkt (630)
Im Falle einer positiv definiten Metrik, d.h. ds2 ≥ 0 , wobei der Wert Null nur bei zusam-
menfallenden Punkten erreicht wird, ist das Linienelement nichts anderes als das Quadrat
des Abstandes der beiden Punkte P und Q .
242 Anhang

Im Hinblick auf den Minkowski-Raum lassen wir auch indefinite Metriken zu. Dann
kann ds2 positiv und negativ sein, und es kann für zwei Punkte ds2 = 0 gelten, ohne
daß sie zusammenfallen. Die Diagonalkomponenten von gik , die Skalarprodukte der
Basisvektoren mit sich selbst, k(i) · k(i) = g(i)(i) , können dabei positiv oder negativ sein.
Eine positive Länge für die Basisvektoren müssen wir in diesem Fall über den Betrag
der Diagonalkomponenten des metrischen Tensors definieren. In der von uns gewählten
Nomenklatur, s. die Fußnote auf S. 127, heißen Vektoren a mit a · a < 0 raumartig,
solche mit a · a > 0 zeitartig , und Vektoren mit a · a = 0 , ohne daß alle Komponenten
von a verschwinden, nennt man lichtartig oder einfach Nullvektoren. Als Basisvektoren
werden wir sie nicht wählen, obwohl auch dies möglich ist.
Von besonderem physikalischen Interesse bei der Dimension n = 4 ist der Minkowski-
Raum mit einem zeitartigen Basisvektor und drei raumartigen. Die pseudo-orthonormierte
Metrik bezeichnet man dann mit ηik ,

⎛ ⎞
1 0 0 0
⎜ 0 −1 0 0 ⎟ Minkowski-Raum
ηik = η ik = ⎜ ⎟
⎝ 0 0 −1 0 ⎠ . (631)
Metrischer Tensor
0 0 0 −1

Dafür schreibt man auch abkürzend

ηik = (+1, −1, −1, −1) . (632)

Die zu der Metrik (631) gehörenden Koordinatensysteme heißen Inertialsysteme oder auch
Lorentzsche Systeme.
Für Rechnungen mit Vektoren sind die Basisvektoren im Grunde entbehrlich. Die Kompo-
nenten ai bzw. ai des Vektors a = ai ki = ai ki fassen wir als einen kontravarianten bzw.
kovarianten Vektor ai bzw. ai zusammen. Da wir die Basisvektoren an die Koordinaten-
linien gekoppelt haben, können wir die für Vektoren charakteristische Eigenschaft der
Änderung ihrer Komponenten bei Basiswechsel durch die Änderung ihrer Komponenten bei
einer Koordinaten-Transformation beschreiben. Dies begründet die folgenden Definitionen:

Die Größen ai bilden einen kontravarianten Vektor, wenn sie bei einer Koordinaten-

Transformation (615) nach denselben Formeln in Größen ai übergehen wie die
Differentiale gemäß (620),

 ∂xi i ∂xi i
ai = a ←→ ai = a . (633)
∂xi ∂xi
Die Größen ai bilden einen kovarianten Vektor, wenn sie bei einer Koordinaten-
Transformation (615) nach denslben Formeln in Größen ai übergehen wie die
Basisvektoren gemäß (622),

∂xi ∂xi
ai = ai ←→ ai = ai . (634)
∂xi ∂xi
Kovariante und kontravariante Vektoren transformieren sich also kontragredient
zueinander, wie nach Gleichung (622) erklärt.
36 Mathematische Hilfsmittel 243

Vektoren sind Tensoren erster Stufe. Tensoren zweiter und höherer Stufe sind dadurch
ausgezeichnet, daß sie sich wie die entsprechenden Produkte von Vektoren transformieren:
Die Größen tik bilden einen kontravarianten Tensor zweiter Stufe, wenn sie bei einer
 
Koordinaten-Transformation (615) in Größen ti k übergehen gemäß
 
  ∂xi ∂xk ik ∂xi ∂xk i k
ti k = t ←→ tik = t . (635)
∂xi ∂xk ∂xi ∂xk
Ein kovarianter Tensor zweiter Stufe verhält sich gemäß
 
∂xi ∂xk ∂xi ∂xk
ti k = tik ←→ tik = ti k . (636)
∂xi ∂xk ∂xi ∂xk
Allgemein definiert man einen n-fach kontravarianten und m-fach kovarianten Tensor
durch das Transformationsverhalten
 
i ····in ∂xi1 ∂xin ∂xk1 ∂xkm i1 ····in
t1 k1 ···km
 = · · ·  · · ·  t k1 ···km ,
∂xi1 ∂xin ∂xk1 ∂xkm
(637)
 
∂xi1 ∂xin ∂xk1 ∂xkm i ····i
ti1 ····ink1 ···km = i · · · i k
· · · k t 1 nk ···k .
∂x 1 ∂x n ∂x 1 ∂x m 1 m

Man muß nur sorgfältig auf die Stellung der Indizes achten, dann erhält man diese Formeln
fast von selbst. Kontravariante Indizes stehen oben, kovariante unten. Koordinaten haben
kontravariante Indizes, und die partiellen Ableitungen nach den Koordinaten verhalten
sich wie kovariante Indizes.
Bei Summation über einen ko- und einen kontravarianten Index wird die Stufe des Tensors
um zwei erniedrigt. Beispielsweise entsteht aus einem Tensor dritter Stufe Ti k l gemäß
Ti k k = ti ein Tensor erster Stufe, ein Vektor also. Diesen Vorgang nennt man Kontraktion
oder Verjüngung eines Tensors.
Die Kontraktion eines einfach ko- und einfach kontravarianten Tensors tik ergibt einen
Tensor nullter Stufe, einen Skalar φ = tii .
Bei der Produktbildung aus zwei Tensoren addieren sich deren Stufen. Beispielsweise
entsteht aus dem Tensor dritter Stufe Ti k l und dem Tensor zweiter Stufe S ik gemäß
Vi kl pq = Ti k l S pq ein Tensor fünfter Stufe.
Bildet man erst das Produkt zweier Tensoren und verjüngt anschließend, so spricht man
vom Überschieben zweier Tensoren, z.B.

Ti k l S pq −→ Ti k l S iq = U klq .

Aus (623), (626), (619) und (628) folgt nun sofort:


Die metrischen Koeffizienten gik bilden einen zweifach kovarianten Tensor, g ik ist ein
zweifach kontravarianter Tensor, und das Kronecker-Symbol δki bildet einen einfach
kovarianten und einfach kontravarianten Tensor.
Das Kronecker-Symbol δki ist also ein numerisch invarianter Tensor, denn
  
∂xi ∂xk i ∂xi ∂xi ∂xi i
i k  δk = i k  = k  = δk  . (638)
∂x ∂x ∂x ∂x ∂x
244 Anhang

Mit Hilfe des metrischen Tensors gik sind nun jedem kontravarianten Vektor ai seine
kovarianten Komponenten ai zugeornet und umgekehrt,
ai = g ik ak , ai = gik ak , (639)
so daß wir wieder von den ko- bzw. kontravarianten Komponenten ein und desselben
Vektors a sprechen können, den wir, wie es unser Ausgangspunkt war, mit Hilfe der
Basisvektoren darstellen,
a = ai ki = ai ki .
Auf diese Darstellung werden wir aber nur gelegentlich zurückgreifen und i. allg. nur mit
den Komponenten ai bzw. ai eines Vektors rechnen.
Ebenso wie in (639) können wir auch beliebige Tensoren, einschließlich des metrischen
Tensors schreiben,

T ik = g ip gkq Tp q , ⎪



Ti l = gir T l , ⎪
k rk ⎬
(640)
g ik = g ir g ks grs , ⎪





δki = g ir grk .
Insbesondere ist also das Kronecker-Symbol die einfach ko- und einfach kontravariante
Darstellung des metrischen Tensors.
Auf Grund der Existenz einer Metrik gik in unserem linearen Raum können wir also ganz
allgemein von einem Tensor T schlechthin sprechen und wahlweise mit seinen ko- bzw.
kontravarianten Komponenten rechnen. Für einen dreistufigen Tensor T ist beispielsweise
T = Ti k l ki kk kl = T ik l ki kk kl .
Auf diese Darstellung des Tensors mit Hilfe der Basisvektoren werden wir aber nur
gelegentlich zurückgreifen und i. allg. nur mit den Komponenten rechnen.
Das skalare Produkt (630) zweier Vektoren ai und bi ist also ein Überschieben des
Tensors ai bk mit dem metrischen Tensor gik .
Jeden Tensor zweiter und höherer Stufe kann man in bezug auf jedes Indexpaar eindeutig
in seinen symmetrischen und antisymmetrischen Teil zerlegen. Wir schreiben

Tik = T(ik) + T[ik] , ⎪ ⎪

1
T(ik) := 2 (Tik + Tki ) , (641)



T[ik] := 2 (Tik − Tki ) .
1

Diese Zerlegung bleibt bei Hebung und Senkung der Indizes mit dem metrischen Tensor
im folgenden Sinne erhalten. Durch Überschieben der Zerlegung (641) mit dem metrischen
Tensor erhalten wir
! "
Tir g rk = 12 (Tir + Tri ) + 12 (Tir − Tri ) g rk ,
also
1 k  1 k 
Ti k = Ti + T ki + Ti − T ki . (642)
2 2
36 Mathematische Hilfsmittel 245

Jedem Index ist also sein Platz nach dem Tensorsymbol reserviert, unabhängig davon,
ob er nun als kontravarianter Index oben oder unten als kovarianter Index steht. Ist der
Tensor in den Indizes symmetrisch, dann kann man ko- und kontravariante Indizes auch
einfach übereinander schreiben, also Tik , wenn Tik = Tki .
Das Levi-Civita-Symbol i1 ··· in ist folgendermaßen definiert,

1 i1 · · · in = gerade Permutation der Zahlen 1, · · · n ⎪


i1 ··· in = −1 für i1 · · · in = ungerade Permutation der Zahlen 1, · · · n . (643)



0 sonst

Gemäß der Definition einer Determinante gilt damit


 
∂xin i1 ··· in  ∂xi  i1 ··· in
  
∂xi1
···  =  i  . (644)
∂xi1 ∂xin  ∂x 

Definiert man die Größe i1 ··· in als sog. Tensordichte vom Gewicht 1 gemäß einem
Transformationsverhalten
 
 ∂xi −1 ∂xi1 
∂xin i1 ··· in
i1 ··· in  
 = i · · ·  , (645)
 ∂x  ∂xi1 ∂xin

dann ist i1 ··· in numerisch invariant.


Ebenso ist die Größe i1 ··· in als eine Tensordichte vom Gewicht −1 numerisch invariant,
 
 ∂xi +1 ∂xi1 ∂xin
 
i1 ··· in =  i   · · ·  i ··· i . (646)
 ∂x  ∂xi1 ∂xin 1 n

Aus dem Transformationsverhaltem eines zweifach kovarianten Tensors gemäß (636) liest
man sofort ab, daß z.B. die Determinante des metrischen Tensors g := det (gik ) eine
skalare Dichte vom Gewicht 2 ist,
 
 ∂xi −2
  
g = i g . (647)
 ∂x 

Wenn wir aus dieser Gleichung die Wurzel ziehen wollen, müssen wir aufpassen. Ist
g negativ (z.B. bei indefiniter Metrik), müssen wir vorher mit −1 multiplizieren.
Abkürzend schreiben wir einfach |g| anstelle von sign(|g|) |g| , wie es ausführlich
heißen müßte. Außerdem kann die Jacobi-Determinante (617) bei Orientierungsänderung
der Koordinaten, z.B. einer Spiegelung, negativ werden. Da die Wurzel positiv definiert
ist, müssen wir für diesen Fall noch den Vorzeichenfaktor sign(J) der Jacobi-Determinante
hinzufügen. Wir schreiben also
 
 ∂xi −1
  
|g | = sign(J)  i  |g| . (648)
 ∂x 

|g| ist das Volumen des Parallelepipeds, das von den Basisvektoren ki aufgespannt wird.
246 Anhang


Aus (645) und (648) folgt für die Größe i1 ··· in / |g| das Transformationsverhalten eines
sog. Pseudotentors ,
 
1   ∂xi1 ∂xin 1 i1 ··· in
i1 ··· in = sign(J) i1 · · ·  . Pseudotensor (649)
|g  | ∂x ∂xin |g|

D.h. diese Größe unterliegt dem tensoriellen Transformationsverhalten, erhält aber


zusätzlich ein negatives Vorzeichen, wenn die Orientierung der Koordinaten geändert wird.
Für n = 3 schreiben wir noch folgende, elementar verifizierbare Formeln auf,

ikl pqr = δpi δqk δrl + δqi δrk δpl + δri δpk δql − δqi δpk δrl − δpi δrk δql − δri δqk δpl , ⎪





 rpq = δp δq − δq δp ,
rkl k l k l ⎬
(650)
irs krs = 2 δki , ⎪






ikl ikl = 6 .

Mit dem Pseudotensor (1/ |g|) i1 ··· in können jedem Tensor verschiedene Pseudotensoren
zugeordnet werden, z.B. dem Tensor Tik ein Pseodotensor τ i1 ··· in−2 ,
1
τ i1 ··· in−2 = Trs i1 ··· in−2 rs . Pseudotensor (651)
|g|

Im dreidimensionalen Raum spielt der Pseudotensor erster Stufe, also ein Pseudovektor
ζ i eine wichtige Rolle, den man aus zwei Vektoren ai und bi bildet,
1 Pseudovektor
ζ i = irs ar bs . (652)
|g| für n = 3

Beschränken wir uns auf rechtsorientierte, kartesische Koordinaten im dreidimensionalen


euklidischen Raum, dann nennt man die Bildung (652) das Vektorprodukt a × b aus den
beiden Vektoren a und b . In diesem Fall gilt |g| = 1 , und anstelle von ζ i schreiben
i
wir c ,
Vektorprodukt, n = 3
ci = irs ar bs bzw. c=a×b. Rechtsorientierte, (653)
kartesische Koordinaten
Aus (653) folgt sofort c · a = c · b = 0 , und es gelten folgende Formeln,
      ⎫
c· a×b =a· b×c =b· c×a , ⎪

      ⎪



a× b×c = a·c b− a·b c , ⎪



     ⎬ n=3
     a·c 
a × b · c × d =    a · d 
 , ⎪ Rechtsorientierte, (654)
b·c  ⎪
b·d⎪ kartesische Koordinaten




 ⎪

   2 ⎪

|a × b| = a·a b·b − a·b .
36 Mathematische Hilfsmittel 247

Wir werden uns im linearen Raum auf lineare Koordinatensysteme beschränken. Dann
ist die Jacobi-Matrix J (616) konstant, und auch die Basisvektoren ki sind von
den Koordinaten unabhängig. Auf die Basisvektoren wenden wir das Schmidtsche
Orthonormierungsverfahren an. Dabei werden aus den Basisvektoren ki nach folgendem
Schema neue Basisvektoren ei konstruiert,


i−1
1. e∗i = ki − (ki · ek )ek , i = 1, · · · , n . ⎪


k=1

(655)
e∗i ⎪

2. ei = ∗ ∗ ∗
, falls e(i) · e(i) = 0 , ⎪

e(i) · e∗(i)

Man beginne mit i = 1 , durchlaufe die beiden Iterationsschritte 1. und 2. (die Summe
fällt beim ersten Mal weg), setze die beiden Iterationsschritte mit i = 2 fort, dann i = 3 ,
usw. bis i = n . Am Ende erhält man normierte Basisvektoren ei , die untereinander
orthogonal sind. Der metrische Tensor gik erhält dadurch Diagonalgestalt. In der
Hauptdiagonalen stehen die Zahlen +1 oder −1 , alle anderen Komponenten von gik
sind Null. Wenn aber die Bedingung e∗(i) · e∗(i) = 0 z.B. bei i = r nicht erfüllt ist, also
e∗(r) · e∗(r) = 0 , können wir den r−ten Basisvektor er gemäß (655) nicht bilden, und der
Algorithmus bricht ab. Dies liegt dann daran, daß sich der Vektor kr von dem durch die
Vektoren e1 , e2 · · · er−1 aufgespannten Unterraum gerade nur durch einen lichtartigen
Vektor unterscheidet. Es ist dann immer möglich, anstelle des Vektors kr einen solchen
Vektor kr auszuwählen, der sich von diesem Unterraum durch einen raumartigen oder
zeitartigen Vektor unterscheidet und dann das Verfahren fortzusetzen.
Wir betrachten nun Tensorfelder und beschränken uns wieder auf lineare Koordinaten,
die Basisvektoren bleiben also konstant. In diesem Fall können die partiellen Ableitungen
eines Tensorfeldes allein durch die partiellen Ableitungen seiner ko- bzw. kontravarianten
Komponenten berechnet werden.
Der Gradient Grad φ eines skalaren Feldes φ = φ(xi ) ist definiert gemäß

Gradk φ(xi ) := φ(xi ) = Vk (xi ) . (656)
∂xk
Dies ist ein kovariantes Vektorfeld, denn
 ∂ i i ∂ ∂xk ∂xk
Vk (xi ) :=  φ(x (x )) = φ(xi ) k = Vk (xi ) . (657)
∂x k ∂x k ∂x ∂xk
Das Feld Gradk φ(xi ) genügt also, wie behauptet, bei Koordinatenwechsel der Transfor-
mation (634) für kovariante Vektoren.
Zur Vereinfachung werden die partiellen Ableitungen einer Funktion f = f (xi ) mitunter
auch folgendermaßen geschrieben,

f (xi ) := ∂k f (xi ) := f (xi ), k . (658)
∂xk
Die Größen φ,k = ∂k φ bilden also ein kovariantes Vektorfeld.
Für den Gradienten einer skalaren Funktion f = f (x, y, z) im dreidimensionalen euklidi-
schen Raum in kartesischen Koordinaten schreiben wir
grad f = (∂x f, ∂y f, ∂z f ) . n=3 (659)
248 Anhang

Für den Gradienten eines zweistufigen Tensorfeldes T schreiben wir


(Grad T)l := Tik , l . (660)
Aus dem Beweis (657) folgt unmittelbar, daß ganz allgemein die partiellen Ableitungen
eines beliebigen Tensorfeldes dessen Kovarianzstufe um eins erhöhen. Beispielsweise ist
also ∂l Ti k ein zweifach ko- und einfach kontravarianter Tensor und U ik r , p ein zweifach
ko- und zweifach kontravarianter Tensor.
Die n-dimensionale Divergenz DivV eines Vektorfeldes V k ist definiert gemäß
DivV = Divk V k := ∂k Vl g kl = ∂k V k = V k ,k = Vl ,k g kl . (661)
Bei der Divergenzbildung ist also zuerst partiell zu differenzieren und dann mit der Metrik
zu kontrahieren.
Für die Divergenz eines Vekors V = (Vx , Vy , Vz ) im dreidimensionalen euklidischen Raum
schreiben wir also in kartesischen Koordinaten
div V = ∂x Vx + ∂y Vy + ∂z Vz . n=3 (662)
Die Divergenz eines Vektors ist ein Skalar. Bei einem Tensor höherer Stufe ist die
Divergenzbildung in bezug auf jeden Index möglich. Es ist also zwischen verschiedenen
Divergenzbildungen an einem Tensor zu unterscheiden, die insbesondere für nicht sym-
metrische Tensoren auch unterschiedliche Resultate haben. Für einen Tensor zweiter Stufe
Tkl erhalten wir beispielsweise

(Div1 T)l = T i l , i = ∂i (Tkl g ik ) ,
(663)
(Div2 T)k = Tk l , l = ∂i (Tkl g il ) .

Die Stufe eines Tensors wird wegen der Kontraktion mit dem metrischen Tensor bei der
Divergenzbildung in jedem Fall um zwei erniedrigt.
Bei der n-dimensionalen Rotation muß man zwischen zwei Größen unterscheiden. Wir
erläutern dies zunächst an einem Vektorfeld Vk und bilden daraus einen zweifach
kovarianten, antisymmetrischen Tensor, den wir als Rot V bezeichnen,
(RotV)ik := ∂i Vk − ∂k Vi = Vk ,i −Vi ,k . (664)
Bei der Rotationsbildung wird also zuerst partiell differenziert und dann mit dem
Differentiationsindex alterniert. Diesem zweistufigen Tensor ist mit Hilfe des n-stufigen
Levi-Civita-Pseudotensors (649) √1 iki3 ···in ein (n − 2)- stufiger Pseudotensor rotV
|g|
zugeordnet, den wir zur Unterscheidung von (664) mit kleinem ’r’ schreiben,
1 1 1
(rotV)i3 ··· in := (RotV)ik iki3 ··· in = iki3 ··· in ∂i Vk . (665)
2 |g| |g|
Der einzige Unterschied zu einem richtigen Tensor besteht darin, daß der Pseudotensor
rotV bei Koordinaten-Transformationen, die Spiegelungen enthalten, zusätzlich mit
−1 multipliziert werden muß. Im dreidimensionalen Raum wird daraus der bekannte
Pseudovektor rotV
1
rotV = ijk ∂j Vk ki . n=3 (666)
|g|
36 Mathematische Hilfsmittel 249

Beschränkt
man sich auf rechtsorientierte, kartesische Koordinaten (x, y, z) , so wird
|g| = 1 , und (666) ist der bekannte Ausdruck für die Rotation eines Vektors gemäß

  n=3
rotV = ∂2 V3 − ∂3 V2 , ∂3 V1 − ∂1 V3 , ∂1 V2 − ∂2 V1 . Rechtsorientierte, (667)
kartesische Koordinaten

Setzt man in (664) V = Grad φ , also Vk = ∂k φ , so folgt

Rot Grad φ = 0 wegen ∂i ∂k φ − ∂k ∂i φ = 0 (668)

mit der bekannten dreidimensionalen Beziehung

rot grad φ = 0 . n=3 (669)

Wir bilden an (665) in bezug auf einen beliebigen Index r die Divergenz und finden

1
iki3 ··· r··· in ∂r ∂i Vk = 0 , d.h. Div rotV = 0 , (670)
|g|

denn iki3 ··· r··· in ist in i und r antisymmetrisch und ∂r ∂i Vk in i und r symmetrisch,
und die Kontraktion eines antisymmetrischen Tensors V ir mit einem symmetrischen Sir
verschwindet, V ir Sir = 0 . Gleichung (670) ist die n-dimensionale Verallgemeinerung der
aus der dreidimensionalen Vektoranalysis bekannten Beziehung

div rot V = 0 . n=3 (671)

Wir definieren noch den skalaren Differentialoperator zweiter Ordnung n , der den
Tensorcharakter einer Größe unverändert läßt. Angewandt auf einen zweifach kovarianten
Tensor Tik ist beispielsweise
∂ ∂
n Tik := gpq Tik = Tik ,pq g pq . (672)
∂xp ∂xq

Im dreidimensionalen Raum mit positiv definiter Metrik ist 3 in kartesischen Koordi-


naten (x, y, z) gleich dem Laplace-Operator 3 =  ,

∂2 ∂2 ∂2
= 2
+ 2+ 2 . Laplace-Operator (673)
∂x ∂y ∂z

Und im Minkowski-Raum mit n = 4 erhalten wir für Inertialsysteme, also in Lorentzschen


Koordinaten (x, y, z, ct) mit der Metrik ηik gemäß (631) aus 4 den d’Alembertschen
Wellenoperator 4 =  ,

1 ∂2 ∂2 ∂2 ∂2
= − − − . Wellenoperator (674)
c2 ∂t2 ∂x2 ∂y 2 ∂z 2
250 Anhang

Es gelten noch folgende Zusammenhänge zwischen dem Differentialoperator zweiter


Ordnung n und den Differentialoperatoren erster Ordnung Grad, Div und Rot .
Setzt man in (661) V = Grad φ , also Vk = ∂k φ , so folgt
Div Grad φ = ∂k ∂l φg kl = φ,kl g kl = n φ . (675)
Im dreidimensionalen Raum ist das die bekannte Beziehung
div grad φ = φ . n=3 (676)
Gemäß (663) bilden wir an (664) die Divergenz in bezug auf den ersten Index,

(DivRotV)k = ∂l (RotV)ik g li = (∂l ∂i Vk − ∂l ∂k Vi )g li = Vk ,il g li − ∂k (Vi ,l g li ) ,

also mit (661), (672) und (656)


Div Rot V = n V − Grad Div V , (677)
bzw. für die Komponenten
(Div Rot V)k = n Vk − V l ,lk . (678)
Aus der zweifachen Anwendung von (667) gewinnen wir die Beziehung der dreidimen-
sionalen Vektoranalysis
rot rot V = −  V + grad div V . n=3 (679)

Wir weisen darauf hin, daß die partiellen Ableitungen eines Tensorfeldes bei der
Verwendung von krummlinigen, also nichtlinearen Koordinaten i. allg. keinen Tensor
mehr erzeugen. Zur Wahrung des Tensorcharakters muß nun die partielle Ableitung
durch die sog. kovariante Ableitung ersetzt werden.

Die Bildung der kovarianten Ableitung hängt von der Stufe des Tensorfeldes ab. Nur bei
einem skalaren Feld bleibt alles beim alten, nach wie vor gilt also (656), (657) auch für
nichtlineare Koordinaten.
Wir schreiben hier nur die kovariante Ableitung eines Vektorfeldes V auf,

DVi ∂Vi i ⎪
= + { } V r
, ⎪

D xk ∂ xk kr ⎬
Kovariante Ableitung
(680)
D Vi ∂ Vi ⎪
⎪ eines Vektorfeldes
=
r
− { } Vr . ⎭ ⎪
D xk ∂ xk ki
i
Hierbei sind die sog. Christoffel-Symbole { } durch den metrischen Tensor und dessen
kl
erste partielle Ableitungen definiert gemäß
i 1
{ } = g i r (−∂r gk l + ∂k gl r + ∂l gr k } . Christoffel-Symbole (681)
kl 2
Nur in der Bildung (664), wie wir sie beim Potentialansatz (521), s. auch (471), in der
Elektrodynamik brauchen, fallen die Christoffel-Symbole gerade wieder heraus.
Die kovarianten Ableitungen haben für den Übergang zu Einsteins Allgemeiner Rela-
tivitätstherie eine grundsätzliche Bedeutung. Die Metrik enthält dann das Gravitationsfeld.
36 Mathematische Hilfsmittel 251

36.2 Integralsätze
Geht man bei der Berechnung eines n-fachen Integrals im n-dimensionalen Raum gemäß
 
(615) von den Integrationsvariablen x1 , · · · , xn zu neuen Variablen x1 , · · · , xn über,
dann gilt die allgemeine Substitutionsformel,
   
    
··· f (xi ) dx1 ··· dxn = ··· v(xi ) det J ii dx1 ··· dxn (682)
Bn 
Bn

    
mit v(xi ) = f xi (xi ) , J ii ist die Jacobi-Matrix (616), und der Integrationsbereich Bn
  
in den Variablen xi entsteht durch die Substitution xi = xi (xi ) aus dem Bereich Bn .
Für n = 1 ist (682) die Substitutionsformel für einfache Integrale,

b β
  dx
f (x) dx = f x(x dx , α = x (a) , β = x (b) . (683)
dx
a α

Entsprechend gilt für n = 2


 
  ∂(x, y)
f (x, y) dx dy = f x(x , y  ), y(x , y ) dx dy  , (684)
∂(x , y  )
S S

wobei der Bereich S  für die Variablen (x , y ) durch Substitution aus dem Bereich S für
die Variablen (x, y) entsteht.
Und n = 3 lautet
 
∂(x, y, z)
f (x, y, z) dx dy dz = v(x , y , z  ) dx dy  dz  (685)
∂(x , y , z  )
K K
 
mit v(x , y  , z  ) = f x(x , y  , z  ), y(x , y  , z  ), z(x , y  , z  ) , und der Bereich K  für die
Variablen (x , y  , z  ) entsteht durch Substitution aus dem Bereich K für die Variablen
(x, y, z) . Wir schreiben zwei Speziaqlfälle auf.
1. Zylinderkoordinaten, wo wir ρ für x und ϕ für y  schreiben, also

x = x cos y  = ρ cos ϕ , ⎪

y = x sin y  = ρ sin ϕ , Zylinderkoordinaten (686)


z = z .

Mit (686) folgt aus (685),

x2y2z2 ρ2ϕ2z2
f (x, y, z) dx dy dz = v(ρ, ϕ, z) ρ dρ dϕ dz , (687)
x1 y 1 z 1 ρ1ϕ1 z1

wobei die Integrationsgrenzen und die Funktionen f (x, y, z) und v(ρ, ϕ, z) über (686)
zusammenhängen.
252 Anhang

2. Kugelkoordinaten mit r für x sowie ϑ für y  und ϕ für z  , also



x = x sin y  cos z  = r sin ϑ cos ϕ , ⎬
y = x sin y  sin z  = r sin ϑ sin ϕ , Kugelkoordinaten (688)

z = x cos y  = r cos ϑ .

Mit (688) folgt aus (685),


x2y2z2 r2ϑ2ϕ2
f (x, y, z) dx dy dz = v(r, ϑ, ϕ) r2 sin ϑ dr dϑ dϕ , (689)
x1 y1 z1 r1 ϑ1ϕ1

wobei die Funktionen f (x, y, z) und v(r, ϑ, ϕ) sowie die Integrationsgrenzen über (688)
zusammenhängen.
Wir formulieren nun die wichtigsten Integralsätze im dreidimensionalen Raum.
Mit (x, y, z) bezeichnen wir kartesische Koordinaten. Wir werden im folgenden drei
Funktionen P = P (x, y, z) , Q = Q(x, y, z) und R = R(x, y, z) betrachten.
Die Parameterdarstellung einer Kurve k im Raum ist durch drei Funktionen gegeben, die
von einem Parameter t abhängen,
k : x = ϕ(t) , y = ψ(t) , z = χ(t) . Kurve im Raum (690)
Jedem Wert des Parameters t entspricht ein Punkt C(t) auf der Kurve. Kann man den
Parameter t z.B. durch x ersetzen, so heißt
k : y = y(x) , z = z(x)
eine explizite Darstellung der Kurve.
Für das Bogenelement ds der Kurve, d.h. die Länge ds des Kurvenstückes zwischen zwei
benachbarten Punkten C(t) und C(t + dt) auf der Kurve gilt
 2 2 2
ds2 = dx2 + dy 2 + dz 2 = (dϕ/dt) + (dψ/dt) + (dχ/dt) dt2 . Bogenelement (691)

Für eine auf der Kurve definierte Funktion P = P (x, y, z) wird damit folgender Begriff
eingeführt:
Kurvenintegral 1. Art

C2 ⎪


I= P (x, y, z) ds ⎪





C1 ⎪



t2  ⎪

 
 dx 2  dy 2  dz 2 ⎬
= P x(t), y(t), z(t) + + dt (692)
dt dt dt ⎪



t1 ⎪

 ⎪

2
x ⎪

   dy 2  dz 2 ⎪

= P x, y(x), z(x) 1+ + dx . ⎪

dx dx ⎪

x1
36 Mathematische Hilfsmittel 253

Bei einem Kurvenintegral 2. Art wird die über der Kurve k definierte Funktion
P = P (x, y, z) nicht mit dem Bogenelement ds , sondern mit dessen Projektionen dx ,
dy bzw. dz auf die Koordinatenachsen multipliziert. Nehmen wir wieder die Punkte C1
und C2 auf der Kurve k , dann ist z.B.

C2 t2 x2


  dx  
I= P (x, y, z) dx = P x(t), y(t), z(t) dt = P x, y(x), z(x) dx
dt
C1 t1 x1

ein Kurvenintegral 2. Art. Für den allgemeinen Fall muß man von drei Funktionen
P = P (x, y, z) , Q = Q(x, y, z) und R = R(x, y, z) ausgehen und vereinbart folgende
Definition:

Allgemeines Kurvenintegral 2. Art



C2 ⎪


I= P (x, y, z) dx + Q(x, y, z) dy + R(x, y, z) dz ⎪





C1 ⎪



t2  ⎪

  dx   dy   dz ⎬
= P x(t), y(t), z(t) + Q x(t), y(t), z(t) + R x(t), y(t), z(t) dt (693)
dt dt dt ⎪



t1 ⎪



x2  ⎪

    dy   dz ⎪

= P x, y(x), z(x) + Q x, y(x), z(x) + R x, y(x), z(x) dx . ⎪

dx dx ⎪

x1

Die Form des Kurvenintegrals hängt also ganz davon ab, welchen Parameter man zur
Darstellung der Kurve k wählt.
Das vektorielle Bogenelement
 ds = (dx , dy , dz) verbindet
 die beiden benachbarten 
Kurvenpunkte C(t) = x(t) , y(t) , z(t) und C(t + dt) = x(t + dt) , y(t + dt) , z(t + dt) .
Wir nehmen nun an, daß die Funktionen P (x, y, z) , Q(x, y, z) und R(x, y, z) die
Komponenten eines Vektorfeldes V sind, also V = (P, Q, R) .
Das Kurvenintegral 2. Art (693) läßt sich dann einfach schreiben als
C2 C2
I= P (x, y, z) dx + Q(x, y, z) dy + R(x, y, z) dz = V · ds . (694)
C1 C1

Sind α , β und γ die Winkel, die der Vektor ds mit den Koordinatenachsen bildet,
dann folgt aus (694) mit ds = (cos α , cos β , cos γ) ds ein Zusammenhang zwischen dem
Kurvenintegral 1. und 2. Art, nämlich

C2 C2
P dx + Q dy + R dz = (P cos α + Q cos β + R cos γ) ds . (695)
C1 C1
254 Anhang

Die Parameterdarstellung einer Fläche S im Raum wird durch drei Funktionen gegeben,
die von zwei Parametern u und v abhängen,

S : x = ϕ(u, v) , y = ψ(u, v) , z = χ(u, v) . Fläche im Raum (696)

Jedem Wertepaar der Parameter (u, v) entspricht ein Punkt C(u, v) auf der Fläche.
Gelingt es, die Parameter u und v zu eliminieren und z.B. durch x und y zu ersetzen,
dann erhalten wir eine explizite Darstellung der Fläche S gemäß

S : z = z(x, y) .

Mit x1 = u und x2 = v haben wir auf der Fläche krummlinige Koordinaten eingeführt.
Für den Abstand ds zweier benachbarter Punkte C(u, v) und C(u + du, v + dv) auf der
Fläche können wir dann schreiben

ds2 = gαβ dxα dxβ , α, β = 1, 2 . (697)

Hierbei ist gαβ die sog. innere Metrik der Fläche. Gemäß (622) und (623) gilt

Innere Metrik
gαβ = kα · kβ . (698)
der Fläche S

Die Vektoren kα haben die Richtung der xα -Koordinatenlinien. Bezüglich ihrer Länge gilt
für zwei benachbarte Punkte auf der x1 -Koordinatenlinie |k1 | = ds/du und entsprechend
|k2 | = ds/dv .
Dem durch die Vektoren k1 du und k2 dv aufgespannten Parallelogramm ordnen wir
über das Vektorprodukt den dazu orthogonalen Flächenvektor dS zu gemäß

Infinitesimaler
dS := k1 × k2 du dv . (699)
Flächenvektor

Für den Betrag dS dieses Vektors folgt dann aus (654),


dS = g du dv , g = |gαβ | . (700)

Ein beliebiges Element der Fläche S ist stets nach diesen Flächenelementen zerlegbar.
Für eine auf der Fläche definierte Funktion F = F (x, y, z) wird mit dem Flächenelement
dS folgendes Integral definiert:
Flächenintegral 1. Art
 

I= F (x, y, z) dS = F x(u, v), y(u, v), z(u, v) g du dv . (701)
S S
36 Mathematische Hilfsmittel 255

Bei einem Flächenintegral 2. Art wird die über der Fläche S definierte Funktion
F = F (x, y, z) nicht mit dem Flächenelement dS multipliziert, sondern mit dessen
Projektionen auf die Koordinatenebenen x y , y z bzw. z x . Nehmen wir wieder
den Integrationsbereich S , dann folgt z.B. bei einer Projektion auf die x y-Ebene das
Flächenintegral 2. Art

 
I= F x, y, z(x, y) dx dy (702)
S
Für den allgemeinen Fall muß man von drei Funktionen P = P (x, y, z) , Q = Q(x, y, z)
und R = R(x, y, z) ausgehen und vereinbart folgende Definition:
Allgemeines Flächenintegral 2. Art


     
I= P x(y, z), y, z dy dz + Q x, y(x, z), z dz dx + R x, y, z(x, y) dx dy
S
 *
    (703)
= P x(u, v), y(u, v), z(u, v) Jyz + Q x(u, v), y(u, v), z(u, v) Jzx +
S
  +
+R x(u, v), y(u, v), z(u, v) Jxy du dv .

Hierbei sind Jxy , Jyz und Jzx die Determinanten der Jacobi-Matrizen (616), die bei
einem Wechsel der Integrationsvariablen gemäß den in (696) enthaltenen Koordinaten-
Transformationen (x, y) nach (u, v) , (y, z) nach (u, v) und (z, x) nach (u, v) bei der
Berechnung der Integrale gemäß der Substitutionsformel (685) auftreten. Man beachte,
daß wegen des Vorzeichens der Determinante die Reihenfolge der Variablen wesentlich ist,
also
Jxy = |∂(x, y)/∂(u, v)| , Jyz = |∂(y, z)/∂(u, v)| , Jxy = |∂(z, x)/∂(u, v)| . (704)
Die infinitesimale Fläche, die das vektorielle Flächenelement dS repräsentiert, können wir
so wählen, daß ihre Projektionen auf die Koordinatenebenen
 gerade
 die Flächenelemente
dy dz , dz dx und dx, dy ergeben, so daß dS = dy dz, dz dx, dx dy .
Wir nehmen wieder an, daß die Funktionen P (x, y, z) , Q(x, y, z) und R(x, y, z) die
Komponenten eines Vektorfeldes V = (P, Q, R) sind.
Das Flächenintegral 2. Art (703) läßt sich dann einfach schreiben als
 
 
I= P (x, y, z) dy dz + Q(x, y, z) dz dx + R(x, y, z) dx dy = V · dS . (705)
S S
Wir definieren noch den Fluß des Vektors V durch die Fläche S,

Fluß des Vektors V
Φ := V · dS . (706)
durch die Fläche S
S
Sind α , β und γ die Winkel, die der Vektor dS mit den Koordinatenachsen bildet,
dann folgt aus (705) mit dS = (cos α , cos β , cos γ) dS ein Zusammenhang zwischen den
Flächenintegralen der 1. und der 2. Art,
 
I= (P dy dz + Q dz dx + R dx dy = (P cos α + Q cos β + R cos γ) dS . (707)
S S
256 Anhang

Wir bezeichnen mit ∂S die geschlossene Kurve, welche die Fläche S umrandet. Dann
gilt folgender Zusammenhang zwischen dem Linienintegral (dem Kurvenintegral zweiter
Art) über ∂S und dem Flächenintegral über S , wobei wir die geschlossene Kurve durch
einen Kreis bei dem Integralzeichen andeuten,

Stokesscher Integralsatz
)
P dx + Q dy + R dz
∂S
       (708)
∂R ∂Q ∂P ∂R ∂Q ∂P
= − dy dz + − dz dx − dx dy .
∂y ∂z ∂z ∂x ∂x ∂y
S

Mit dem Vektor V = (P, Q, R) erhalten wir gemäß (667) aus (708) die vektorielle Form
des Stokesschen Satzes,

) 
V · ds = rot V · dS . Stokesscher Integralsatz (709)
∂S S

Wir betrachten nun einen räumlichen Bereich K und bezeichnen dessen geschlossene
Oberfläche mit ∂K . Für das dreifache Integral über die Divergenz des Vektors
V = (P, Q, R) gilt dann,

Gaußscher Integralsatz
   
∂P ∂Q ∂R (710)
+ + dx dy dz =
= P dydz + Q dzdx + R dxdy .
∂x ∂y ∂z
K ∂K

Mit (667) erhalten wir daraus die vektorielle Form des Gaußschen Satzes

 
div V dxdydz = V · dS . Gaußscher Integralsatz (711)
K ∂K

Die Projektion des Gradienten einer Funktion f = f (x, y, z) auf einen Einheitsvektor n
heißt Ableitung von f in Richtung dieses Vektors. Man schreibt,

∂f ∂f ∂f ∂f
:= grad f · n = cos α + cos β + cos γ , Richtungsableitung (712)
∂n ∂x ∂y ∂z

wobei der Vektor n = (cos α , cos β , cos γ) mit den Koordinatenachsen die Winkel α , β
und γ bilden soll.
36 Mathematische Hilfsmittel 257

Auf einem dreidimensionalen Gebiet K mit der Oberfläche ∂K betrachten wir zwei
Funktionen P = P (x, y, z) und Q = Q(x, y, z) . Den zur Oberfläche ∂K orthogonalen,
nach außen weisenden Einheitsvektor nennen wir n . Mit dem Laplaceschen Operator
 gemäß (673) gelten dann folgende Integralsätze,

Erster Greenscher Satz


  
∂Q (713)
P  Q dx dy dz = P dS − gradP · gradQ dx dy dz
∂n
K ∂K K

und damit nach einfacher Subtraktion

Zweiter Greenscher Satz


   
∂Q ∂P (714)
(P  Q − Q  P ) dx dy dz = P −Q dS .
∂n ∂n
K ∂K

Für Integrale, die von einem Parameter abhängen, gelten noch folgende Zusammenhänge.
Wir setzen der Einfachheit halber einen stetig differenzierbaren Integranden f voraus,
der zusätzlich von einem Parameter t abhängen soll. Die Differentiation des Integrals
über f nach diesem Parameter kann dann unter dem Integralzeichen ausgeführt werden.
Wir formulieren diesen Satz im n-dimensionalen Raum mit der stetig differenzierbaren
Funktion f = f (x1 , · · · , xn , t) . Sei Bn ein raumfester, n-dimensionaler Bereich. Dann
gilt für das n-fache Integral über f ,
   
d ∂
··· f (x1 , ···, xn , t) dx1 ··· dxn = ··· f (x1 , ···, xn , t) dx1 ··· dxn . (715)
dt ∂t
Bn Bn

Für ein einfaches Integral mit festen Integrationsgrenzen ist das die Aussage

b b
d ∂
f (x, t) dx = f (x, t) dx . (716)
dt ∂t
a a

Wir betrachten nun den Fall , daß zusätzlich der Integrationsbereich von dem Parameter
t abhängt. Für ein einfaches Integral heißt das,

b(t) b(t)
d ∂ da db
f (x, t) dx = f (x, t) dx + f (a(t), t) − f (b(t), t) . (717)
dt ∂t dt dt
a(t) a(t)
258 Anhang

Nimmt man zur Veranschaulichung an, daß der Parameter t die Zeit bedeutet, dann steht
in den beiden letzten Summanden von (717) jeweils das Produkt aus dem Integranden und
der Geschwindigkeit, mit der sich das Integrationsgebiet vergrößert. Ist f eine Dichte,
z.B. eine Massendichte, dann kann sich die zwischen a und b zugeordnete Gesamtmenge,
die Gesamtmasse F (t) , nur durch die wegströmende Masse f da/dt und −f db/dt mit
der Zeit ändern.
Das n-fache Integral kann durch n nacheinander ausgeführte, einfache Integrationen
berechnet werden. Daraus folgt die Verallgemeinerung von (717) auf mehrfache Integrale.
Für zweifache und dreifache Integrale heißt das folgendes.
Sei S ein Bereich in der x-y-Ebene, der von der geschlossenen Kurve ∂S umrandet wird.
Die Position und die Form dieses Bereiches möge von einem Parameter t abhängen, der
Zeit z.B. Der Bereich S = S(t) ändert sich also mit der Zeit, so daß jedem Punkt seiner
Randkurve ∂S eine Geschwindigkeit u = (ux , uy ) zugeordnet ist. Für eine Funktion
f = f (x, y, t) gilt dann
  )
d ∂
f (x, y, t) dxdy = f (x, y, t) dxdy + f (x, y, t) u · dn (718)
dt ∂t
S(t) S(t) ∂S(t)

mit dem Normalenvektor dn = (cos α , cos β) ds auf der Randkurve ∂S(t) , d.h. n bildet
die Winkel α und β mit der x- bzw. y-Achse, und ds ist das Bogenelement der Kurve.
Das Linienintegral wird dabei im mathematisch positiven Sinn umlaufen. Wieder können
wir interpretieren, daß sich bei einer Massendichte f die in S befindliche Gesamtmasse
F (t) nur durch ein Wegströmen mit der Geschwindigkeit u durch den Rand ∂S ändern
kann, denn f (x, y, t) u · dn ist dann die sekundlich durch das Stück ds der Umrandung
wegströmende Masse.
Wir betrachten nun ein räumliches Gebiet K mit der begrenzenden Oberfläche ∂K .
Position und Form des Gebietes K sollen wieder von der Zeit t abhängen, so daß
insbesondere jedem Punkt seiner Oberfläche ∂K eine Geschwindigkeit u = (ux , uy , uz )
zugeordnet ist. Für eine Funktion f = f (x, y, z, t) gilt dann
  
d ∂
f (x, y, z, t) dxdyz = f (x, y, t) dxdydz + f (x, y, z, t) u · dS (719)
dt ∂t
K(t) K(t) ∂K(t))

mit dem vektoriellen Flächenelement dS , so daß bei einer Massendichte f die Größe
f (x, y, z, t) u · dS die sekundlich durch das Oberflächenelement dS strömende Masse ist.
36 Mathematische Hilfsmittel 259

36.3 Die δ-Funktion


Für die Beschreibung singulärer Verteilungen, wie sie z.B. für punktförmige Massen,
linienartige Ströme oder flächenhafte Ladungen vorliegen, ist von Dirac die δ-Funktion
eingeführt worden. Im mathematischen Sinne handelt es sich um eine sog. Distribution,
die man als Grenzwert stetiger Funktionen auffassen kann.
Mit einem positiven Parameter α > 0 definieren wir folgende, auf der ganzen x-Achse
stetige Funktionen,

∞ ⎪
1 sin(kx) 1 x ⎪

Θ(x, α) := exp(−αk) dk = arctan , ⎪

π k π α ⎪

0

(720)
∞ ⎪

1 1 α ⎪

δ(x, α) := cos(kx) exp(−αk) dk = , α>0 , ⎪ ⎪

π π α2 + x2 ⎭
0

so daß


δ(x, α) = Θ(x, α) . (721)
∂x

In der Theorie der Fourier-Integrale zeigt man folgende Gleichung,



b f (x) , a<x<b, ⎬
lim f (x ) δ(x − x, α)dx = für (722)
α→0 0 x < a oder x > b . ⎭
a

Für die Grenzübergänge α −→ 0 in (720) gilt

1 ⎫
+ x>0, ⎪

2 ⎪

lim Θ(x, α) = für , ⎪


α→0 1 ⎪

− x<0,
2 (723)




x = 0 , ⎪

0 ⎪

lim δ(x, α) = für ⎭
α→0 ∞ x=0.

Die Sprungfunktion Θ(x) ist nun definiert durch

Θ(x) := lim Θ(x, α) Sprungfunktion (724)


α→0

und die Diracsche δ-Funktion gemäß


Diracsche
δ(x) := lim δ(x, α) . (725)
α→0 δ-Funktion
260 Anhang

Wir merken an, daß die δ(x)-Funktion auch durch andere Grenzwerte darstellbar ist, z.B.

1 sin(Kx)
δ(x) = lim δ(x, K) = lim . (726)
K→∞ K→∞ π x

Ersichtlich ist δ(x) keine Funktion im Sinne der klassischen Analysis. Für einen hinrei-
chend kleinen Parameterwert α werden alle Eigenschaften der δ-Funktion aber beliebig
genau durch die stetigen Funktionen δ(x, α) realisiert bzw. für hinreichend großes K
durch die stetigen Funktionen δ(x, K) . Die nachfolgend angegebenen Rechenregeln
für die δ-Funktion gelten daher streng im Sinne der Analysis Riemannscher Integrale
und differenzierbarer Funktionen, wenn man überall die δ-Funktion durch eine stetige
Funktion δ(x, α) sowie die Θ-Funktion durch eine Funktion Θ(x, α) ersetzt und nach
Durchführung aller Differentiationen und Integrationen den Grenzübergang α −→ 0
bildet53 . Aus (721) und (722) folgt dann sofort
d
δ(x) = Θ(x) (727)
dx
und54

b f (x) a<x<b, ⎬
f (x ) δ(x − x) dx = für (728)
0 x < a oder x > b . ⎭
a

Abkürzend wird (728) auch einfach als Definitionsgleichung für die δ-Funktion
aufgeschrieben. Im n-dimensionalen Raum schreiben wir,

b1 bn ⎪
··· f (x1 , · · ·, xn ) δ(x1 − x1 , · · ·, xn − xn ) dx1 · · · dxn ⎪

a1 an


(729)
f (x1 , · · ·, xn ) a1 < x1 < b1 , · · ·, an < xn < bn , ⎪



= für ⎭
0 x1 < a1 oder x1 > b1 , · · ·, xn < an oder xn > bn .

Da n-fache Integrale auf n einfache Integrale reduzierbar sind, ergibt das Produkt aus n
eindimensionalen δ-Funktionen die n-dimensionale δ-Funktion,
δ(x1 , · · · , xn ) = δ(x1 ) δ(x2 ) · · · δ(xn ) . (730)
Ferner gelten noch folgende Formeln,
δ(−x) = −δ(x) , (731)
x δ(x) = 0 , (732)

f (x ) δ(x − x) = f (x) δ(x − x) , (733)


δ(x)
δ(ax) = . (734)
|a|
53 Rechnet man in Strenge mit δ(x) als Distribution, dann reicht der Riemannsche Integralbegriff nicht

mehr aus und muß durch das Stieltjes-Integral ersetzt werden.


54 Liegt die Stelle x auf einer der Integrationsgrenzen, so hängt das Ergebnis von der Folge der stetigen

Funktionen ab, aus deren Grenzwert die δ-Funktion definiert wurde.


36 Mathematische Hilfsmittel 261

Besitzt die Funktion ϕ(x) nur die einfachen Nullstellen xk , k = 1, · · · , n , so daß


ϕ(xk ) = 0 , aber (d/dx) ϕ(xk ) = ϕ  (xk ) = 0 , dann gilt


n
δ(x − xk )
δ[ϕ(x)] = , (735)
|ϕ  (xk )|
k=1

also z.B.

δ(x − a) + δ(x + a)
δ(x2 − a2 ) = . (736)
2 |x|

Einer bei P (xo , yo , zo ) befindlichen, punktförmigen Masse mo können wir damit eine
räumliche Massendichte o zuordnen gemäß
Punktförmige
o = o (x, y, z) = mo δ(x − xo ) δ(y − yo ) δ(z − zo ) . (737)
Massendichte

Integrieren wir (737) über ein Gebiet K(Po ) , das den Punkt Po enthält, dann folgt sofort

o (x, y, z) dx dy dz = mo . (738)
K(Po )

Einem entlang der z-Achse fließenden Strom der Stärke J = J (z) können wir eine
Stromdichte j zuordnen gemäß
Linienartige
j = j(x, y, z) = J(z) δ(x) δ(y) , (739)
Stromdichte

und die Integration in der x-y-Ebene über einen Bereich S , der den Nullpunkt enthält,
ergibt dann

j(x, y, z) dx dy = J(z) . (740)
S

Mit der δ-Funktion kann der Gültigkeitsbereich von Gleichungen auf singuläre Punkte
ausgedehnt werden. Es gilt
 
1 ∂2 ∂2 1
2 ln = 2
+ 2 ln = −2π δ(x) δ(y) , (741)
r2 ∂x ∂y x2 + y2

 
1 ∂2 ∂2 ∂2 1
 = + + = −4π δ(x) δ(y) δ(z) . (742)
r ∂x2 ∂y 2 ∂z 2 x2 + y2 + z 2
262 Anhang

37 Aufgaben und Lösungen


Nach der Aufgabenstellung ist eine Zuordnung zu Kapiteln des Buches angegeben.

Aufgabe 1

Für einen ruhenden Stab werde die Länge lo gemessen. Derselbe Stab habe nun
in bezug auf Σo die Geschwindigkeit v . Zeigen Sie, wie man die Länge lv des
bewegten Stabes unter Verwendung einer in Σo bekannten Geschwindigkeit mit
Hilfe einer Zeitmessung ermitteln kann.
Kap. 3
Der Stab habe die Länge lo , wenn er in bezug auf das System ruht, in welchem seine
Länge gemessen wird. Nun möge er in bezug auf Σo die Geschwindigkeit v besitzen mit
den Endpunkten x1 = x1 (t) und x2 = x2 (t) , so daß v = dx1 /dt = dx2 /dt . In Σo sei
die isotrope Lichtgeschwindigkeit c bekannt, mit der auch die Uhren in Σo synchronisiert
sind. Wir suchen die Länge lv = x2 (t) − x1 (t) des Stabes, die als die Koordinatendifferenz
seiner Endpunkte zu derselben Zeit t definiert ist, indem wir einen Lichtblitz zwischen
seinen Enden hin- und zurücklaufen lassen, Abb. 58.

Σ Σ
Spiegel Spiegel
-c −c 
-v -v
- x - x
  
x = 0 x = l0 x = 0 x= l0
Σo q q
  
t=0 q q
#` `  # ` `
` 6 ` ` `
` `  ` @
` ` ` @R` `
"! q  "! q tv -x
x1(0)= 0 x2(0)= lv x = v tv

Abb. 58: Der Stab, der im Ruhezustand die Länge lo besitzen soll, bewege sich mit der konstanten
Geschwindigkeit v in x-Richtung von Σo . Die bewegte Länge lv = x2 (t) − x1 (t) des Stabes ist
durch die Differenz der Koordinaten seiner Endpunkte zu einer Zeit t in Σo definiert. Zur Zeit
t = 0 in Σo werde am linken Stabende mit der Koordinate x = 0 ein Lichtblitz gezündet.
Nach dessen Reflexion am rechten Stabende erreicht dieses Signal das linke Stabende nun bei der
Koordinate x = v tv . Daraus berechnen wir die Länge lv des bewegten Stabes in Σo gemäß (744).
Die beiden strichpunktierten Linien verbinden Punkte im Bild, die dasselbe Ereignis darstellen.

Zur Zeit t = 0 senden wir vom linken Endpunkt x1 (0) ein Lichtsignal aus, dessen Front
sich in Σo gemäß x(t) = x1 (0) + c t in Richtung auf den rechten Endpunkt bewegt.
Dieser läuft dem Signal mit der Geschwindigkeit v davon. Gemäß (7) nähert sich die
Front dem rechten Endpunkt folglich mit der positiven Geschwindigkeit c − v und erreicht
diesen nach der Zeit t→ = lv /(c − v) . Dort werde das Signal reflektiert, hat also in
Σo die Geschwindigkeit dx/dt = −c , so daß es sich nun dem linken Endpunkt mit der
37 Aufgaben und Lösungen 263

positiven Geschwindigkeit v + c nähert. Für den Rückweg braucht das Signal daher die
Zeit t← = lv /(c + v) und erreicht folglich den linken Endpunkt des Stabes zu einer Zeit tv ,
lv lv 2c lv 2lv 1
tv = t→ + t← = + = 2 = . (743)
c−v c+v c − v2 c 1 − v 2 /c2
Diese Laufzeit des Signals können wir unmittelbar als die Zeigerstellung tv derjenigen,
in Σo ruhenden Uhr ablesen, an der sich das linke Ende x1 (t) des Stabes zur Zeit tv
befindet, also bei x = v tv . Indem wir diese Gleichung nach lv auflösen, haben wir die
Messung der in Σo bewegten Länge lv durch die Messung der Zeit tv ersetzt, die das
Lichtsignal mit der isotropen Geschwindigkeit c in Σo braucht, um über den bewegten
Stab hin- und zurückzulaufen,
tv c v2
lv = (1 − 2 ) . (744)
2 c
Die experimentellen Daten für die Zeit tv entscheiden dann darüber, ob bzw. wie die
Länge lv von ihrer Geschwindigkeit v in Σo abhängt.

Aufgabe 2

Gilt bei linearer Synchronisation (19) das Postulat der Homogenität und
Isotropie (20), dann sind die Koordinaten-Transformationen (15) linear.

Kap. 4, 5
Die allgemeinen Koordinaten-Transformationen (15) lauten mit (17) und (18)
x = f (x − vt, v) , t = f4 (x, t, v) , wobei f4 (x, 0, v) = Ω(x, v) . (745)
Wie in Kap. 5 möge ein Stab mit dem linken Endpunkt im Koordinatenursprung auf der
x -Achse des Systems Σ ruhen, so daß dort seine Ruhlänge lo als die Koordinate seines
rechten Endpunktes gemessen wird, x1 = 0 , x2 = lo .
Für die Länge lv des im System Σo mit der Geschwindigkeit v bewegten Stabes
benötigen wir die Lage seiner Endpunkte zu ein und derselben Zeit in Σo , also z.B. für
t = 0 , s. Abb. 8, S. 28.
Wegen der Anfangsbedingung (10) folgt für den linken Endpunkt aus (x1 = 0, t = 0)
auch (x1 = 0, t = 0) . Für den rechten Endpunkt folgt aus (745) mit t = 0 und
x = x2 = lo , daß lo = x2 = f (x2 , v) .
Nun ist lv = x2 − x1 = x2 . Wegen des Postulats (20) darf der Quotient lo /lv nicht mehr
von den Koordinaten (x, t) abhängen, sondern nur noch von der Geschwindigkeit v ,
lo f (x2 , v)
= = k(v) . (746)
lv x2
Das Argument x2 ist beliebig, also ist die gesuchte Funktion f linear,
f (x − vt, v) = k(v)(x − vt) . (747)

Von den in Σ ruhenden Uhren sei Ux∗o diejenige Uhr, die für to = 0 in Σo dort gerade
an der Position xo vorbeikommt. Wegen (745) hat Ux∗o dabei die Zeigerstellung to ,
t = to = 0 , Ux∗o : to = f4 (xo , 0, v) = Ω(xo , v) . (748)
264 Anhang

Σ Σ
# ` ` # ` ` t1
toH
`
YH
` ` `
-v  -v
` Uxo `
∗ ` Uxo `

`
"!-  ` `
"!-  `
x x
x= 0 x= 0
Σo q q
 q
#to = 0 q #
` ` ` `
` 6 ` ` `
Uox
` Uoxo ` ` `
"!` ` "!` ?t`
q q1 -x
xo xo +vt1
Abb. 59: Die Zeigerstellungen der einen in Σ ruhenden Uhr Ux∗o werden mit den Zeigerstel-
lungen derjenigen in Σo ruhenden Uhren Uox verglichen, an denen jene gerade vorbeikommt.
Strichpunktierte Linien verbinden wieder Punkte im Bild, die dasselbe Ereignis darstellen.

Nach der Zeit t = t1 befindet sich die Uhr Ux∗o in Σo an der Position x = xo + v t1 , s.
Abb. 59. Wegen (745) gilt für die Zeigerstellung t1 nun
t = t1 , Ux∗o : t1 = f4 (xo + v t1 , t1 , v) . (749)

Der Zeiger der einen, in Σ ruhenden Uhr Ux∗o ist also um die Differenz
t = t1 − to = f4 (xo + vt1 , t1 , v) − Ω(xo , v) (750)
weitergerückt, während im System Σo die Zeitdifferenz t aus dem Vergleich der beiden,
bei xo und x = xo + v t1 ruhenden Uhren
t = t1 − to = t1 (751)
beträgt. Wegen des Postulats (20) darf der Quotient t /t nicht mehr von den Koordinaten
(x, t) abhängen, sondern nur noch von der Geschwindigkeit v ,
t f4 (xo + vt1 , t1 , v) − Ω(xo , v)
= = Q(v) , (752)
t t1
also
f4 (x + vt, t, v) = Ω(x, v) + Q(v) t (753)
mit einer i. allg. nichtlinearen Synchronisation gemäß der in (18) definierten Funktion Ω.
Beschränken wir uns aber gemäß (19) auf eine lineare Synchronisation, um die Definition
der Gleichzeitigkeit an eine homogene Beschreibung der Raum-Zeit anzupassen, also
Ω(x, v) = θ(v) x , dann folgt aus f4 (x + vt, t, v) = θ(v) x + Q(v) t nach Umbenennung
der Variablen
f4 (x, t, v) = θ(v) x + q(v) t . (754)

Die gemäß (747) und (754) erhaltene Linearität der Koordinaten-Transformationen (745)
folgt also erst dann aus dem Homogenitätspostulat (20), wenn wir die Definition der Gleich-
zeitigkeit in den Systemen Σ mit Hilfe einer linearen Synchronfunktion vereinbaren.
37 Aufgaben und Lösungen 265

Aufgabe 3

Prüfen Sie die Galilei-Transformation (48) am experimentellen Befund des


Michelson-Experimentes.

Kap. 8, 9, 10
Bei dem in Kap. 10 beschriebenen Michelson-Experiment befindet sich der Beobachter
im Bezugssystem Σo , und das Interferometer ruht in Σ , bewegt sich also mit der
Geschwindigkeit v in bezug auf Σo , Abb. 15, S. 46. Gemäß (59) haben wir zunächst,
von Σo aus beobachtet, die Laufzeitdifferenz ∆t = t2 − t1 eines Lichtsignals entlang
der beiden Interferometerarme mit den Längen l2 und l1 berechnet. Hierbei lag l1
in Bewegungsrichtung und l2 quer dazu. D.h., l1 könnte von der Geschwindigkeit v
abhängen, l2 aber wegen (12) nicht.
Nun machen wir den Test auf die Abhängigkeit einer in Bewegungsrichtung liegenden
Länge von ihrer Geschwindigkeit, indem wir das Interferometer um den Winkel π/2
drehen. Wieder berechnen wir, von Σo aus beobachtet, die Laufzeitdifferenz ∆t π2
eines Lichtsignals entlang der beiden Interferometerarme und finden die Formel (60).
Jetzt ist es aber der Interferometerarm l2 , der in Bewegungsrichtung liegt und daher
prinzipiell von der Geschwindigkeit v abhängen könnte, nicht aber l1 , wegen (12). In
der Formel (61) haben wir den Unterschied der beiden Laufzeitdifferenzen ausgerechnet
und dabei sowohl l1 als auch l2 ausgeklammert. D.h., wir haben vorausgesetzt, daß
die Länge eines in Bewegungsrichtung liegenden Armes des Interferometers nicht von
dessen Geschwindigkeit v in bezug auf Σo abhängt. Der Formel (61) liegt also die
physikalische Grundannahme (44) der Galilei-Transformation (48) zugrunde. Wie wir in
Kap. 10 gefunden haben, ist das experimentelle Ergebnis des Michelson-Experimentes mit
dieser Formel (61) im Widerspruch. D.h. aber, die Galilei-Transformation widerspricht
dem Michelson-Experiment, einem Präzisionsexperiment, das es erlaubt, die in v/c
quadratischen Terme zu messen.
Auch die Beobachtung von einem anderen Bezugssystem kann an der theoretischen
Vorhersage durch die Galilei-Transformation natürlich nichts ändern, da wegen t = t
in (48) die gemessenen Zeitdifferenzen vom Bewegungszustand des Interferometers
unabhängig sind.

Aufgabe 4

Ein Flugkörper sei mit Präzisionsuhren ausgestattet. Er startet am Äquator in


einer Höhe von 1000 m , umkreist die Erde in westlicher Richtung und möge
dafür genau einen Sonnentag benötigen. Vergleichen Sie die Borduhr mit der
am Boden stationierten Uhr nach der Landung. Ändert sich das Ergebnis, wenn
sich der Flugkörper bei gleicher Flugdauer und derselben Flughöhe in östlicher
Richtung bewegt?
Anmerkung: Die Allgemeine Relativitätstheorie zeigt, daß auch Gravitationsfelder und
die dazu lokal äquivalenten Beschleunigungen den Gang einer Uhr verändern, ein
Effekt, der bei diesem Experiment von derselben Größenordnung ist wie die speziellre-
lativistische Zeitdilatation. Die gravitativen Effekte werden wir hier außer acht lassen.

Kap. 2, 11
266 Anhang

Befinden sich Uhren in beschleunigten Bezugssystemen, so gilt die Formel (67) der
speziellrelativistischen Zeitdilatation für kleine Zeitintervalle dt der momentanen
Inertialsysteme Σ , die in bezug auf das Inertialsystem Σo gerade die Geschwindigkeit

v(t) besitzen, dt = 1 − v · v/c2 dt mit der in Σo gemessenen Zeit dt . Für endliche
Zeiten müssen wir diese Gleichung integrieren,
t2  
  v·v v2
(t2 − t1 ) = 1 − 2 dt = 1 − 2 (t2 − t1 ) für |v| = const . (755)
c c
t1

Vernachlässigen wir die geringfügige Änderung der Geschwindigkeit, die der Erdmit-
telpunkt P infolge seiner Bahnbewegung um die Sonne während eines Tages erfährt, so
ist durch das Ruhsystem von P mit hoher Präzision ein Inertialsystem Σo definiert.
Eine am Äquator stationierte Uhr befindet sich zu jedem Zeitpunkt t in einem anderen
Inertialsystem, unserem Laborsystem Σ , das in bezug auf Σo eine vom Betrag her stets
konstante Geschwindigkeit v besitzt. Die Rotationszeit τ der Erde beträgt nicht genau
24 Sunden, sondern 4 min weniger (das ist ein Sterntag im Unterschied zum Sonnentag mit
24 Stunden), also τ = 24 · 60 · 60 − 4 · 60 s = 86 160 s . Rechnen wir mit einem Erdradius
am Äquator von R = 6 378 163 m , dann folgt für die Winkelgeschwindigkeit der Wert

ω = (2π)/τ s−1 = 0, 000072924 s−1 . Winkelgeschwindigkeit der Erde (756)

Damit erhalten wir für die Geschwindigkeit vL des Laboratoriums am Äquator in bezug
auf Σo und den entsprechenden Faktor γL die Werte

vL = ω R = 465, 1 ms−1 , ⎪



−1 ⎬
c = 299 792 458 ms , Laboratorium
 (757)

⎪ auf dem Äquator
2 ⎪
1 − 2 ≈ 1 − 1, 2034 · 10−12 . ⎪
vL
γL = ⎭
c

Der nach Westen gestartete Flugkörper bewegt sich aus der Sicht des Ruhsystems Σo
im Erdmittelpunkt gerade so viel nach Westen wie sich die Erde nach Osten dreht. Die
Geschwindigkeit vW des westwärts gestarteten Flugkörpers in bezug auf das Inertial-
system Σo ist also Null:
Geschwindigkeit des westwärts gestarteten
vW = 0 ms−1 . (758)
Flugkörpers in bezug auf Σo
Es sei
Flugzeit auf dem westwärts
Tw = 24 · 60 · 60 = 86 400 s (759)
gestarteten Flugkörper
die in Σo , also die auf dem westwärts fliegenden Körper gemessene Flugzeit.
Ferner sei TL die in dem Laborsystem auf dem Äquator registrierte Zeit. Dann ist gemäß
(755) und (757)
Flugzeit im Laboratorium
TL = γL Tw = (1 − 1, 2034 · 10−12 ) · 86 400 s . (760)
auf dem Äquator
37 Aufgaben und Lösungen 267

Für die Differenz Tw − TL erhalten wir damit den Wert


Tw − TL = (1 − γL ) T = 1, 2034 · 10−12 · 86 400 s = 104 · 10−9 s . (761)
Die Uhr auf dem Flugkörper geht nach der Landung um 104 Nanosekunden vor (!) und
nicht nach, wie man bei oberflächlicher Betrachtung meinen könnte. Die sich drehende
Erde ist kein Inertialsystem. Der im Laborsystem auf dem Äquator sitzende Beobachter
bewegt sich in ständig wechselnden Inertialsystemen Σ , wodurch er an den Aus-
gangspunkt im Inertialsystem Σo zurückkehren kann. Er entspricht dem zurückkehrenden
Bruder im Zwillingsparadoxon, Kap. 27.
Eine andere Situation entsteht, wenn der Flugkörper nach Osten startet. Von Σo aus
betrachtet, befindet er sich zu jedem Zeitpunkt nun in einem anderen Inertialsystem Σ .
Wegen der Flughöhe von 1000 m betrachten wir den Kreis K in der Äquatorebene bei
R1 = (6 378 163 + 1000) m = 6 379 163 m . Die Geschwindigkeit vK eines Punktes PK auf
diesem Kreis in bezug auf Σo beträgt dann, vgl. (755),
Ein Punkt PK in 1000 m
vK = 0, 000072924 · 6 379 163 ms−1 = 465, 2 ms−1 , (762)
Höhe über dem Äquator
Aus der Sicht von Σo hat der ostwärts gestartete Flugkörper den Kreis K zweimal
umfahren, während der Punkt PK einmal umgelaufen ist. Die Bahngeschwindigkeit vO
des Flugkörpers ist von Σo aus betrachtet also doppelt so groß wie vK ,
Geschwindigkeit des ostwärts gestarteten
vO = 2 vK = 930, 4 ms−1 . (763)
Flugkörpers in bezug auf Σo
Daraus berechnet man den Faktor γO zu
 
vO2 v2
γO = 1 − 2 == 1 − 4 K ≈ 1 − 4, 8158 · 10−12 . (764)
c c2
Die Flugzeit TO auf dem ostwärts fliegenden Körper ist nun nach (755) um den Faktor
γO kleiner als die in Σo registrierte Zeit TW , die mit der auf dem westwärts fliegenden
Körper übereinstimmt. Es ist also TO = γO TW und damit
TW − TO = (1 − γO ) TW = 4, 8158 · 10−12 · 86 400 s ≈ 416 · 10−9 s . (765)
Das ist also die Differenz der auf den beiden Flugkörpern gemessenen Zeiten.
Aus (761) und (765) erhalten wir für TL − TO = (TW − TO ) − (TW − TL ) ,
TL − TO = 312 · 10−9 s . (766)
Gemäß (766) ist die Zeitangabe TO der Uhr auf dem ostwärts gestarteten Flugkörper
nach der Landung nun um 312 Nanosekunden gegenüber der im Laboratorium auf dem
Äquator gemessenen Zeit TL zurückgeblieben. Dies liegt einfach daran, daß die Zeit TO
um einen größeren Betrag gegenüber der Zeit T zurückbleibt als die Zeit TL gegenüber
TW zurückgeblieben ist.
Die tatsächliche Auswertung eines solchen Experimentes ist natürlich bei weitem aufwendi-
ger. Für den allgemeinrelativistischen, d.h. den gravitativen Einfluß auf den Uhrengang
werden die genauen Flughöhen wesentlich. Ferner müssen die Flugzeiten exakt gemessen
werden. Bei dem 1971 durch J.C. Hafele[1] und R.E. Keating durchgeführten Experiment
mit Cäsium-Atomuhren an Bord von Flugzeugen, die die Erde umkreisten, konnte auf diese
Weise die Zeitdilatation sehr gut bestätigt werden.
268 Anhang

Aufgabe 5

Wird unter der Voraussetzung der Postulate (69) und (71) in den Systemen
Σ eine Gleichzeitigkeit gemäß dem elementaren Relativitätsprinzip mit dem
Lorentzschen Synchronparameter (73) definiert, dann ist damit auch der Wert
der Lichtgeschwindigkeit für die Systeme Σ festgelegt. Berechnen Sie ohne den
Umweg über die Lorentz-Transformation die Geschwindigkeit der Front einer
Lichtwelle in Σ , für die in Σo der Wert c gemessen wurde.

Kap. 12, 13
Wir machen ausschließlich Gebrauch von den Postulaten (69) und (71) der Lorentz-
Kontraktion und der Zeitdilatation im System Σo sowie von Einsteins Definition der
Gleichzeitigkeit mit dem Parameter (73) als Konsequenz aus dem elementaren Rela-
tivitätsprinzip. Für t = 0 in Σo werden also die Zeiger der in Σ ruhenden Uhren auf t
eingestellt gemäß
−v x/c2
t = . (767)
γ
Gemessen in Σo , habe das System Σ damit die Geschwindigkeit v in x-Richtung. Wir
wollen von Σo aus beschreiben, welchen Wert c ein in Σ ruhender Beobachter für die
Ausbreitung eines Lichtsignals feststellt, für das wir in Σo den Wert c messen.
Wir betrachten einen auf der x -Achse von Σ ruhenden Stab als Meßstrecke, welche
wir wie in Kap. 12 so positionieren, daß der linke Endpunkt gemäß x1 = 0 mit dem
Koordinatenursprung von Σ zusammenfällt. Den rechten Endpunkt nennen wir x2 . Die
Meßstrecke hat daher in Σ eine Ruhlänge lo = ∆x = x2 − x1 = x2 , Abb. 60.
Zur Zeit t werden in Σo für die beiden Endpunkte der Meßstrecke die Koordinaten
x1 = v t und x2 gemessen. Die Differenz ∆x = x2 − x1 dieser zur selben Zeit gemessenen
Koordinaten ist definitionsgemäß die bewegte Länge lv = ∆x = (x2 − v t) der in Σo mit
der Geschwindigkeit v bewegten Meßstrecke. Gemäß dem Postulat (69) ist die bewegte
Länge lv ≡ l um den Faktor γ gegenüber der Ruhlänge lo verkürzt, l = lo γ , also
∆x
∆x = . (768)
γ
Zum Ereignis O , dem gemeinsamen Koordinatenursprung mit (x1 = 0, t1 = 0) und
(x1 = 0, t1 = 0) , werde das Lichtsignal in positiver x -Richtung gestartet. Die Laufzeit
∆t∗ des Signals kann dann unmittelbar als die Zeigerstellung tC = ∆t∗ zur Ankunft des
Signals bei der am Endpunkt der Meßstrecke befestigten Uhr Uv∗ abgelesen werden. Der
Beobachter in Σ mißt daher für das Signal eine Geschwindigkeit c gemäß
∆x 1 ∆x
c = = . (769)
∆t∗ ∆t∗ γ
Dafür brauchen wir also die Zeigerstellung ∆t∗ . Von Σo aus können wir beobachten, daß
sich der Zeiger der Uhr Uv∗ für x = ∆x und t = 0 gemäß der Synchronisationsvorschrift
(767) auf einer Stellung tB befindet gemäß
−∆x v/c2
tB = . (770)
γ
37 Aufgaben und Lösungen 269

Ferner messen wir von Σo aus für die Laufzeit des Signals vom Start bis zur Ankunft am
Ende der Meßstrecke die Zeit ∆t→ ,
∆x
∆t→ = . (771)
c−v

Wegen der Zeitdilatation (71) rückt der Zeiger auf der bewegten Uhr Uv∗ während dieser
Σo -Zeit nur um ∆t→ weiter gemäß

∆t→ = ∆t→ γ . (772)

Σ

#t = 0 #
` ` tB ` ` ` -
` 6 ` -v ` v
: tC
` Uvo ` ` Uv `∗
"!` ` -v "! ` `
- x
 
x = 0 x2= lo
Σo q q
 
#t = 0 qO -c #
q -c
` ` ` ` C
` 6 ` ` `
` ` ` `
"!` ` t"!` `
q C q -x
x=0 x2

Abb. 60: Wir beobachten von Σo aus die Messung der Signalgeschwindigkeit in Σ und rechnen
dazu ein Beispiel durch. Das Aussenden des Lichtsignals sei das Ereignis O mit x = x = 0 und
t = t = 0 . Gemäß der Gleichzeitigkeitsdefinition nach dem elementaren Relativitätsprinzip (767)
beobachten wir zur Zeit t = 0 in Σo für die Uhr Uv∗ am Ende der Meßstrecke die Zeigerstellung
tB . Die auf dieser Uhr abgelesene Ankunftszeit tC des Lichtsignals ist die von dem in Σ ruhenden
Beobachter gemessene Laufzeit ∆t∗ = tC des Signals, dessen Geschwindigkeitper also mit c =
x2 /tC bewertet. Für die hier gezeigte Abbildung haben wir v = 0, 8 c , also γ = 1 − v 2 /c2 = 0, 6
gewählt, und die Uhren sind so geeicht, daß die Zeit ∆to := 2x2 /c einer Zeigerstellung Viertel
entspricht. Bei 60 Skalenteilen auf dem Zifferblatt ist dann ∆to = 2x2 /c = 15 . Damit folgt
wie in Abb. 20, S. 57, die Zeigerstellung tB = t (x2 , 0) = −x2 v/c2 γ = −10 . Der Beobachter
in Σo urteilt also, daß die auf der Uhr am Ende der Meßstrecke ablaufende Zeit zwischen tB
und 0 für die Berechnung der Lichtgeschwindigkeit in Σ noch gar nicht mitzählt, obwohl aus
seiner Sicht das Signal schon abgeschickt ist. Für den am Ende der Meßstrecke in Σ ruhenden
Beobachter wird das Signal aber erst abgeschickt, wenn der Zeiger seiner Uhr Uv∗ auf der Stellung
0
` steht. ´` Die Zeigerstellung
´ ` tC berechnet
´ sich gemäß (771) mit v/c = 0, 8 zu tC = ∆x/(c − v) =
2x2 /c c/2(c−v) = 15 1/2(1−0, 8) = 37, 5 . D.h., der in Σo ruhende Beobachter stellt fest, daß
das Lichtsignal die in Σ ruhende Meßstrecke mit der Geschwindigkeit
` c − v =´ 0, 2 c überwindet.
´`
Für die Zeigerstellung tC erhalten wir gemäß (773) tC = ∆t∗ = 2x2 /c 1/2γ = 15/1, 2 = 12, 5 .
Berücksichtigen wir noch ∆x = ∆to c/2 , also x2 = ∆x/γ = ∆to c/(2γ) = 15c/(0, 6·2) = 12, 5 c , so
folgt sofort für die in Σ gemessene Lichtgeschwindigkeit c = x2 /tC = c . Die strichpunktierten
Linien verbinden wieder Punkte im Bild, die ein und dasselbe Ereignis beschreiben, hier die
Ereignisse O und C .
270 Anhang

Insgesamt steht der Zeiger von Uv∗ daher bei Ankunft des Signals auf der Stellung
∆t∗ = tB + ∆t→ , also mit (770) - (772)

−∆x v/c2 ∆x γ ∆x γ 2 − ∆x(c − v) v/c2


∆t∗ = + =
γ c−v (c − v) γ

∆x(1 − v 2 /c2 − v/c + v 2 /c2 ) ∆x(1 − v/c)


= = ,
(c − v) γ (c − v) γ
∆x
∆t∗ = . (773)

Aus (769) und (773) folgt sofort, daß der Beobachter in Σ denselben Wert c für die
Ausbreitung eines Lichtsignals mißt wie der Beobachter in Σo ,
c = c . (774)
Zwar stellt der Beobachter in Σo fest, daß sich die Front der Lichtwelle dem davoneilenden
Ende der Meßstrecke nur mit verminderter Geschwindigkeit nähert. Dieser Effekt wird
aber durch die Zeitdilatation und die Synchronisationsvorschrift (767) gerade kompensiert,
s. Abb. 60.

Aufgabe 6

Zeigen Sie mit Hilfe der Lorentz-Transformation zwischen dem


zunächst ausgezeichneten System Σo und zwei beliebigen Inertialsystemen Σ
und Σ , daß die Lorentz-Transformation zwischen zwei beliebigen Inertial-
systemen gültig ist.

Kap. 13
Sind v und u die Geschwindigkeiten von Σ (x , t ) und Σ (x , t ) in x-Richtung
von Σo (x, t) , dann gelten die entsprechenden Lorentz-Transformationen, wobei wir die
Bezeichnungen (72) verwenden,

x − ut x−vt x + v t ⎪
x = , x = , x= , ⎪

γu γv γv ⎬
−→ (775)
t − xu/c2 t − xv/c2 t + x v/c2 ⎪


t = , 
t = , t= . ⎪

γu γv γv

Wir setzen die dritte Spalte der Gleichungen (775) in die erste Spalte ein und finden

1  1 u v x
γu x = x − u t = (x + v t ) − (u t + 2 ) ,
γv γv c
1 uv
x = [x (1 − 2 ) − t (u − v) ] ,
γu γv c

1 − u v/c2 !  u−v "


x = x − t .
γu γv 1 − u v/c2
37 Aufgaben und Lösungen 271

Ebenso gilt

1  u 1
γu t = t − x u/c2 = (t + x v/c2 ) − 2 (x + v t ) ,
γv c γv
1 v x u uv
t = (t + 2 − 2 x − 2 t ) ,
γu γv c c c
1 uv x
t = [t (1 − 2 ) − 2 (u − v)] ,
γu γv c c

1 − u v/c2 !  x u − v "
t = t − 2 .
γu γv c 1 − u v/c2

Gemäß (127) ist

1 − u v/c2 1 u−v
= , u = ,
γu γv γu 1 − u v/c2

und wir erhalten

x − u t x + u t
x = , x = , Bewegung in x-Richtung
γu γu Spezielle Lorentz-
←→ (776)
Transformation für
t − x u /c2 t + x u /c2
t = , t = beliebige Inertialsysteme
γu γu

Hierbei ist u die von Σ aus gemessene Geschwindigkeit von Σ (welche nach Einsteins
Additionstheorem (76) aus den Geschwindigkeiten v und u von Σ bzw. Σ in
bezug auf Σo resultiert), so daß die Lorentz-Transformation zwischen zwei beliebigen
Inertialsystemen gültig ist.

Aufgabe 7

Für einen Körper mit der Geschwindigkeit |u| < c in Σo gilt auch |u | < c in
jedem Inertialsystem Σ . Ebenso gilt bei c < |u| in Σo auch c < |u | in Σ .
Anmerkung: Ausgehend von einem Inertialsystem Σo werden die übrigen Inertial-
systeme durch Körper mit |v| < c realisiert.

Kap. 13
Wir beschränken uns auf Geschwindigkeiten in x-Richtung von Σo . Für das System Σ
werde von Σo aus die Geschwindigkeit v gemessen mit 0 < v < c .
Es sei u die in Σ gemessene Geschwindigkeit eines Körpers K mit 0 < u < c , also
v u
0< <1 , 0< <1 . (777)
c c
272 Anhang

Daraus folgt

v
u v u v u v u v u v/c + u /c
0< 1− 1− =1− − + −→ + <1+ −→ <1,
c c c c c c c c c c 1 + vu /c2

und damit gilt nach dem Einsteinschen Additionstheorem (76) auch für die von Σo aus
gemessene Geschwindigkeit u des Körpers K unsere Behauptung

v + u
u= <c . (778)
1 + vu /c2

Nun sei w eine von Σ aus gemessene Überlichtgeschwindigkeit mit 0 < c < w , so daß
v c
0< <1 , 0<  <1 . (779)
c w
Dann folgt

v
c v c v v w v/c + w /c
0< 1− 1 −  = 1 − −  +  −→ v + w > c + −→ >1,
c w c w w c 1 + v w /c2

so daß nach dem Additionstheorem (76) auch vom Bezugssystem Σo aus eine
Überlichtgeschwindigkeit w festgestellt wird,

v + w
w= >c . (780)
1 + vw /c2

Hypothetische Teilchen, die sich mit Überlichtgeschwindigkeit bewegen, und das dann
also in allen Inertialsystemen, haben den Namen Tachyonen erhalten. Ihre Existenz wird
durch die Spezielle Relativitätstheorie nicht ausgeschlossen. Tachyonen können uns aber
mit einer grundsätzlichen Erfahrung in Konflikt bringen, mit der Kausalität.
Vom System Σo und dem System Σ aus, das in bezug auf Σo die Geschwindigkeit v
in x-Richtung besitzt, werden zwei Ereignisse E1 (x1 , t1 ) = E1 (x1 , t1 ) und E2 (x2 , t2 ) =
E2 (x2 , t2 ) beobachtet. Nach der Lorentz-Transformation (75) gilt dann

    v v x2 − x1
t2 − t1 1 − v /c = t2 − t1 − 2 (x2 − x1 ) = (t2 − t1 ) 1 − 2
2 2 .
c c t2 − t1

Wir bezeichnen mit u = (x2 − x1 )/(t2 − t1 ) die Geschwindigkeit, mit der die beiden
Ereignisse in Σo verbunden werden können und schreiben
   * v u+
t2 − t1 1 − v 2 /c2 = t2 − t1 1 − 2 . (781)
c

Ist u die Geschwindigkeit eines ”normalen Teilchens” mit 0 < u ≤ c , das zum Ereig-
nis E1 in Σo ausgesendet wird und dort das Ereignis E2 auslöst, so daß E2 mit E1
kausal zusammenhängt, dann folgt gemäß (781) aus t1 < t2 in Σo auch t1 < t2 in Σ
in Übereinstimmung mit unserer Erfahrung, daß die Kausalität unabhängig ist vom Bewe-
gungszustand des Beobachters. Unter Umgehung des Kausalitätsbegriffes sagt man dafür
auch, die beiden Ereignisse liegen zeitartig zueinander.
37 Aufgaben und Lösungen 273

Ist nun aber u die Geschwindigkeit eines Tachyons mit 0 < c < u , das zum Ereignis
E1 in Σo ausgesendet wird und dort das Ereignis E2 auslösen soll, dann können wir
gemäß (781) die Geschwindigkeit v von Σ so einrichten, daß aus t1 < t2 in Σo nun
t2 < t1 in Σ folgt. Dafür müssen wir bloß eine Geschwindigkeit von Σ wählen gemäß
c2 /u < v < c , was immer möglich ist, s. auch S. 150-151. Die beiden Ereignisse E1
und E2 , in Σo als Ursache und Wirkung interpretiert, würden dann ihre Reihefolge
vertauschen, wenn wir sie vom System Σ aus beobachten. In diesem Fall sagt man, die
beiden Ereignisse liegen raumartig zueinander.
Man kann es sich leicht machen und eine solche Verletzung der Kausalität einfach durch die
Hypothese ausschließen, daß Tachyonen nicht existieren. Eine solche ad hoc - Hypothese
stellt aber immer einen Mangel in der Theorie dar. Man beachte, daß Tachyonen nur dann
unserer Erfahrung widersprechen, wenn sie in der Lage sind, Signale und damit Energie
zu übertragen. Besser wäre es also, wenn wir eine Theorie der Elementarteilchen hätten,
die eine Signalübertragung durch Tachyonen, d.h. eine Energieabgabe von Tachyonen auf
Teilchen ausschließt, vgl. H.J. Treder[1] , D.-E. Liebscher[3] , H. Günther[2] .

Aufgabe 8

Ein Körper L bewege sich entlang der x-Achse gemäß x = x(t), und es werden
in Σo die Geschwindigkeit u = dx/dt und die Beschleunigung a = du/dt
gemessen. Welche Beschleunigung a = du /dt wird bei einer Geschwindigkeit
u = dx /dt des Körpers im System Σ festgestellt, das sich in bezug auf
Σo mit der Geschwindigkeit v in x-Richtung bewegt, wenn wir die Lorentz-
Transformation voraussetzen?

Kap. 13
Der Körper L besitzt in Σ die Geschwindigkeit u = dx /dt und die Beschleunigung
a = du /dt , also gilt, vgl. (75) und (76), S. 56,
 −1  −1
dx dx dt u−v 1 − uv/c2 u−v
u = 
= = = ,
dt dt dt γ γ 1 − uv/c2
  −1
du d u−v dt
a = = ,
dt dt 1 − uv/c2 dt

a (1 − uv/c2 ) + (u − v) av/c2 γ a (1 − v 2 /c2 ) γ


=  2 = ,
1 − uv/c 2 1 − uv/c 2 (1 − uv/c 2 )2 1 − uv/c2

also

γ3
a = a . (782)
(1 − uv/c2 )3

Für kleine Geschwindigkeiten, v 2 /c2 ≈ 0 , uv/c2 ≈ 0 , ergibt sich aus (782) wieder die
Unabhängigkeit der Beschleunigung vom Bezugssystem, d.h. die klassische Mechanik.
274 Anhang

Aufgabe 9

Die in der klassischen und in der relativistischen Raum-Zeit gemessenen Werte


für die Lichtgeschwindigkeit sollen unter der Voraussetzung einer in beiden
Fällen definierten absoluten Gleichzeitigkeit miteinander verglichen werden.
Kap. 4, 9, 13, 14
Unser Ausgangspunkt ist das homogene und isotrope Inertialsystem Σo mit dem in (4),
S. 18, angegebenen Wert für die Lichtgeschwindigkeit c . In den Systemen Σ mit einer
Geschwindigkeit v in bezug auf Σo werde eine absolute Gleichzeitigkeit definiert gemäß
θ = θa = 0 . Absolute Gleichzeitigkeit (783)
Gilt nun t2 = t1 in Σo , dann ist für θ = 0 gemäß (21) auch t2 = t1 in Σ .
In der klassischen Raum-Zeit wird durch (783) die konventionelle Gleichzeitigkeit
eingeführt, welche dort mit k = q = 1 die Galilei-Transformation ergibt, Kap. 9,
x = x − v t , t = t . Galilei-Transformation (784)
Mit k = q = 1 , θ = 0 liefert nun (22), S. 26, das klassische Additionstheorem (49). Daraus
folgt mit u = c in Σo für die in Σ gemessene Lichtgeschwindigkeit ckl der klassische Wert
ckl = c − v . (785)
Dieses Ergebnis war aus folgendem Grund für die klassische Physik besonders aufregend:
Mit der absoluten Gleichzeitigkeit wird in der klassischen Raum-Zeit die konventionelle
Gleichzeitigkeit eingeführt. Die Galilei-Transformationen bilden damit eine Gruppe. Für
die klassische Mechanik ist kein Inertialsystem vor einem andern bevorzugt. In bezug auf
die Lichtausbreitung ist aber das System Σo gemäß (785) nun ausgezeichnet. Dies könnte
aus klassischer Sicht nur erklärt werden, wenn es einen mechanischen Äther gäbe, der
es dann gestattet, die Lichtausbreitung ebenso auf die Mechanik zurückzuführen wie die
Ausbreitung des Schalls durch die Luft.
Die Gleichung (785) stellt eine nichtrelativistische Näherung dar.
In der relativistischen Raum-Zeit wird durch (783) eine nichtkonventionelle Gleichzeitigkeit
eingeführt, die also zu einer asymmetrischen mathematischen Beschreibung Anlaß gibt,
wie wir das in Kap. 32, S. 213, betrachtet haben. Aus (69) und (70), S. 55, entnehmen

wir unter Beachtung von (783), daß dann q = 1/k = γ = 1 − v 2 /c2 gilt. Aus (21)
und (783) folgt damit anstelle der Lorentz-Transformation wieder die Reichenbach-
Transformation (558) aus Kap. 32,
x−vt
x = , t = γ t . Reichenbach-Transformation (786)
γ
Mit q = 1/k = γ , θ = 0 liefert nun das Additionstheorem (22), S. 26, mit u = c in Σo
für die in Σ gemessene Lichtgeschwindigkeit , c rel einen relativistischen Wert gemäß
   
c−v v2 v2
c rel =
, ≈ (c − v) 1 + = c
1 + . (787)
1 − v 2 /c2 c2 kl
c2
Der klassische Wert der Lichtgeschwindigkeit ckl in Σ unterscheidet sich also in
Übereinstimmung mit (86) nur durch nichtlineare Terme in v/c von diesem relativisti-
schen Wert , c rel , der wegen der nichtkonventionellen Einstellung der Uhren ein Dach
erhalten hat.
37 Aufgaben und Lösungen 275

Der merkwürdige Wert , c rel gemäß (787) für die Lichtgeschwindigkeit in Σ in der
relativistischen Raum-Zeit ist durch die nichtkonventionelle Eichung der Uhren, also unter
Aufgabe der elementaren Relativität, erzeugt worden. Dieser Wert ist keine Näherung.
Für die von Σ aus gemessene Geschwindigkeit des Systems Σo finden wir nun gemäß (23)
anstelle von −v den Wert uo = −v/(1 − v 2 /c2 ) , während Σ in Σo die Geschwindigkeit
v besitzt. Das ist der Preis für die Beschreibung der relativistischen Raum-Zeit gemäß
(786) als Konsequenz der absoluten Gleichzeitigkeit (783).55

Aufgabe 10

Eine Meßstrecke der Länge Lo ruhe im System Σ , das die Geschwindigkeit


v in bezug auf Σo besitzt, wie in Abb. 61 dargestellt und wie in Kap. 6, S. 34,
schon einmal betrachtet. Zum Ereignis (x, t) = (x , t ) = (0, 0) wird ein Licht-
blitz gezündet. Vergleichen Sie die Ankunftszeiten des Lichtsignals an den End-
punkten der Strecke in Σ , wie sie von zwei Beobachtern beurteilt werden, von
denen der eine mit der linearisierten Lorentz-Transformation (87) und der
andere mit der Galilei-Transformation (48) rechnet.

Kap. 6, 9, 14
Da wir in jedem Fall von der Isotropie der Lichtausbreitung in Σo ausgehen, erreichen
die Lichtsignale dort die Positionen L/2 und −L/2 auf der x-Achse gleichzeitig, nämlich
zur Zeit t = L/(2 c) , und wegen der Annahme einer klassischen Raum-Zeit werden wir
L = Lo finden.

Σo

Σ -v

−c  × -c
− L2o Lo

M eßstrecke -v 2
- x

-x
− L2 t = t = 0 L
2

Abb. 61: Die Meßstrecke ruhe in einem System Σ , das in bezug auf Σo die Geschwindigkeit
v besitzt. Wir untersuchen den Unterschied zwischen der linearisierten Lorentz-Transformation
und der Galilei-Transformation für einen in Σ messenden Beobachter bei der Feststellung der
Ankunft der Lichtsignale an den Endpunkten der Meßstrecke. Dabei legen wir die in Kap. 8
gefundenen Beobachtungen für das System Σo zugrunde.
55 So unbrauchbar, wie die Reichenbach-Transformation (786) für die meisten Fragestellungen auch ist,

es gibt Situationen, wo man diese Gleichungen mit Vorteil anwendet. Fehlschlüsse, in die wir uns z.B. beim
Zwillingsparadoxon oder dem Maßstabsparadoxon durch den ungewohnten Umgang mit der Relativität der
Gleichzeitigkeit leicht verstricken, können auf diese Weise sicher vermieden werden, s. Kap. 32, vgl. auch
Günther[2] .
276 Anhang

Die beiden Ereignisse des Eintreffens der Lichtsignale am linken bzw. rechten Ende der

in Σbeiden
Die ruhenden
EreignisseMeßstrecke wollen wir
des Eintreffens der mit A bzw. am
Lichtsignale B linken
bezeichnen.
bzw. rechtenWie inEnde Kap.der 6,
S. 34, finden wir in Σ
in Σ ruhenden Meßstrecke o wegenwollen Gleichung
wir mit (7), A bzw. S. 19,B tAbezeichnen.
= t1 = L/2(c Wie in + Kap.
v) und 6,
tB 34,
S. = tfinden
2 = L/2(c wir − in v)Σ.o Dazu
wegen gehören
Gleichung dann 19, tA =xAt1 == −L/2
(7),dieS.Positionen L/2(c++v v) tA und
txBB = L/2 t2 =+ vL/2(c − v)die
tB . Für . Ereignisse
Dazu gehören A bzw. dannB die finden wir also xinA Σ=o −L/2 + v tA und
Positionen
xB = L/2 + v tB . Für die Ereignisse A bzw. B finden wir also ⎫ in Σo
L
, xA = − + v
L L
=−
L c
, ⎫⎪

tA = ⎪

2(cL+ v) L2 2(cL+ v) L2 c+ cv ⎪
t = , x = − + v = − , ⎪

Σo : A 2(c L + v)
A ⎬ (788)
L2 2(cL+ v) L2 cc+ v ⎪ ⎪

Σo : t B = , xB = +v = . ⎪ ⎭ (788)
2(cL− v) L
2 2(cL− v) 2 c−
L cv ⎪
tB = , xB = +v = . ⎪ ⎭
2(c − v) 2 2(c − v) 2 c−v
Der Beobachter in Σ , der seine Uhren nach der Einsteinschen Vorschrift synchronisiert
hat, Beobachter
Der in Σ , der seine
muß definitionsgemäß feststellen,
Uhrendaß nach dieder Signale
Einsteinamschen
linkenVorschrift
und rechten Endpunkt
synchronisiert
 
xA =muß
hat, −Ldefinitionsgemäß
o /2 bzw. xB =feststellen, +Lo /2 derdaß Meßstrecke
die Signale zuramselben undtA
linkenZeit = tB Endpunkt
rechten = Lo /2c
   
xeintreffen.
A = −L o Wir
/2 verifizieren,
bzw. x B = daß
+L o dies
/2 derfür die
Meßstrecke linearisierte
zur selben
LorentzZeit -Transformation
tA = t B = Lo(87)
/2c
erfüllt bleibt.
eintreffen. WirWir setzen (788)
verifizieren, daßin dies
(87) für
ein und finden
die linearisierte Lorentz-Transformation (87)
erfüllt bleibt. Wir setzen (788) in (87) ein und finden
Lo v xA L v L c L
v L
tA = = tA − 2 = + 2 =
1+ = ,
L
2co v x
cA L v
2(c + v) c 2 c + v L c L
2(c + v) v c L
2c
tA = = tA − 2 = + 2 = 1+ = ,
2c
L vcxB 2(c L+ v) cv 2L c +c v 2(c L + v)
cv 2c
L
o
tB = = tB − 2 = − 2 =
1− = ,
 L
2co v x
c B 2(c L− v) v
c L2 c −
c v 2(c L− v) v
c L
2c
Σ : tB = 2c = tB − c2 = 2(c − v) − c2 2 c − v = 2(c − v) 1 − c = 2c ,


Σ : xA = − Lo = xA − v tA = − L c − v L
=−
L c+v
=− ,
L
L 2o L
2 c+v c L
2(c + v) L2 c + v L
2
xA = − = xA − v tA = − −v =− =− ,
Lo 2 2
L c c + v 2(c L + v) 2
L c−v c + v L 2
xB = = xB − v tB = −v = = .
 L2o L
2 c −c v 2(c L− v) L
2 c − v L
2
xB = = xB − v tB = −v = = .
2 2 c−v 2(c − v) 2 c−v 2
Es liegt also wie in der klassischen Raum-Zeit keine Längenänderung vor, und es gilt wie
behauptet
Es liegt also wie in der klassischen Raum-Zeit keine Längenänderung vor, und es gilt wie
behauptet L
tA = tB = . Gleichzeitigkeit in Σo (789)
  L
2c
tA = tB = . Gleichzeitigkeit in Σo (789)
2c
Die beiden Ereignisse A und B sind in der klassischen Raum-Zeit auf der Grundlage der
linearisierten
Die Lorentz-Transformation
beiden Ereignisse A und B sind ingleichzeitig.
der klassischen Raum-Zeit auf der Grundlage der
Wir vergleichen
linearisierten Lorentzdieses Ergebnis mit gleichzeitig.
-Transformation dem Resultat, zu dem ein Beobachter auf der
Grundlage
Wir der Galilei
vergleichen dieses-Transformation
Ergebnis mit dem kommt, der in jedem
Resultat, zu dem Inertialsystem
ein Beobachter dieselbeauf Zeit
der
Grundlage der Galilei-Transformation kommt, der in jedem Inertialsystem dieselbesofort
mißt. Gleichung (788) setzen wir in die Galilei -Transformation (48) ein und finden Zeit
mißt. Gleichung (788) setzen wir in die Galilei-Transformation ⎫ (48) ein und finden sofort
 L L 1

L
1−
v ⎪


tA = tA = =
L  vc 
, ⎪

tA = tA =
2(cL+ v) L 1 +1v/c
2c

2c
1− ⎪

= , ⎪
⎬ (790)
2(c L+ v) 2c 1 + v/c 2c
L  c
v ⎪
 L 1  ⎪

tB = tB = = ≈ 1+ = tA . ⎪ ⎭ (790)
2(cL− v) L 1 −1v/c
2c L 
2c vc  ⎪

tB = tB = = ≈ 1+ = tA . ⎭
2(c − v) 2c 1 − v/c 2c c
Für den mit der Galilei-Transformation arbeitenden Beobachter erreichen also die beiden
Signale
Für dendie mitEndpunkte
der Galileider in Σ ruhenden
-Transformation Strecke mit
arbeitenden dem bereits
Beobachter in Kap.also
erreichen 6 berechneten
die beiden
Signale die Endpunkte der in Σ ruhenden Strecke mit dem bereits in Kap. 6 berechneten
Zeitunterschied (35), also
Zeitunterschied (35), also
37 Aufgaben und Lösungen 277

tB − tA = L v/(c2 − v2 ) ≈ L v/c2 . Zeitunterschied in Σ (791)

tB −beiden
Die tA = LEreignisse
v/(c2 − v 2A
) ≈und B 2 sind
L v/c . in der klassischen Raum-Zeit in Σ (791)
auf der Grundlage
Zeitunterschied der
Galilei-Transformation nicht gleichzeitig.
Die beiden Ereignisse
linearisierte A und
Lorentz B sind in derund
-Transformation klassischen Raum-Zeit
die Galilei auf der Grundlage
-Transformation der
unterscheiden
sich also-Transformation
Galilei in der Definitionnicht Gleichzeitigkeit für die Systeme Σ .
der gleichzeitig.
Die linearisierte Lorentz-Transformation und die Galilei-Transformation unterscheiden
sich also in der Definition der Gleichzeitigkeit für die Systeme Σ .
Aufgabe 11
Wir setzen die klassische Mechanik voraus. Zwei Körper mit gleichen Massen
Aufgabe 11
m1 = m2 = m mögen, im Bezugssystem Σo betrachtet, mit entgegengesetzt
Wir setzen
gleichen die klassische Mechanik
Geschwindigkeiten u1 = (u,voraus.
0, 0) , uZwei
2 = Körper mitohne
(−u, 0, 0) gleichen Massen
Einwirkung
m1 = mKräfte
äußerer 2 = m aufeinander
mögen, im zulaufen
Bezugssystem Σo betrachtet, mitWas
und zusammenstoßen. entgegengesetzt
können Sie
gleichen
über Geschwindigkeiten
die Bewegung nach demuStoß 1 = sagen?
(u, 0, 0) , u2 = (−u, 0, 0) ohne Einwirkung
äußerer Kräfte aufeinander zulaufen und zusammenstoßen. Was können Sie
Kap. 16
über die Bewegung nach dem Stoß sagen?
Für beide Körper gelten die Gleichungen (106) mit Fa = 0 . Also gilt der Impulssatz (107).
Kap.
Die 16 nach dem Stoß versehen wir mit einem Querstrich. Wegen m = m = m
Größen 1 2
Für beide
und u1 =Körper
(u, 0, 0)gelten
, u2 =die(−u,
Gleichungen (106) mit F
0, 0) verschwindet a =Gesamtimpuls
der 0 . Also gilt der Impulssatz
vor und nach(107).
dem
Die Größen
Stoß, nach wir
also, indem demunsStoßfürversehen wir mit auf
die Rechnungen einem die Querstrich.
x-KomponentenWegen m1 = m2 = m
beschränken,
und u1 = (u, 0, 0) , u2 = (−u, 0, 0) verschwindet der Gesamtimpuls vor und nach dem
P = mu1 + mu2 = mu − mu = 0 −→ P̄ = mū1 + mū2 = 0 ,
Stoß, also, indem wir uns für die Rechnungen auf die x-Komponenten beschränken,
und damit
P = mu1 + mu2 = mu − mu = 0 −→ P̄ = mū1 + mū2 = 0 ,
u1 = −u2 := u ,
und damit (792)
ū1 = −ū2 := ū .
u1 = −u2 := u ,
Nennen wir allgemein die Geschwindigkeiten der Teilchen w1 = w1 (t) und w2 = w(792) 2 (t)
ū1 = −ū2 := ū .
mit w1 = u1 vor dem Stoß und w1 = ū1 nach dem Stoß und ebenso für w2 , dann können
Nennen
wir wirGleichungen
für die allgemein die Geschwindigkeiten
(106) schreiben der Teilchen w1 = w1 (t) und w2 = w2 (t)
mit w1 = u1 vor dem Stoß und w1 = ū1 nach dem Stoß und ebenso für w2 , dann können
dw1 dw2
wir für =die
m Gleichungen
F21 , m =(106)
F12 .schreiben (793)
dt dt
dw1 dw2
m (793)= multiplizieren
In F21 , m =
wirF12die. erste Gleichung mit w1 , die zweite mit w2 und erhalten (793)
dt dt
nach Addition
In (793) multiplizieren wir die erste Gleichung mit w1 , die zweite mit w2 und erhalten
 Addition
nach dw1 dw2 
m w1 + w2 = w1 F21 + w2 F12
dt dt
 dw1 dw2 
m wdamit
und 1 + w2 = w1 F21 + w2 F12
dt dt
m d 2 
und damitw + w22 = w1 F21 + w2 F12 . (794)
2 dt 1
m d  
w12 + w 2
ist2 F= w1 F21 + w2 F12 . (794)
Nach
2 dt (105) 21 = −F12 := F und wegen (792) zu jedem Zeitpunkt w1 = −w2 , also

m d (105) ist2 F=212F


= u−F
Nach w2 + w . 12 := F und wegen (792) zu jedem Zeitpunkt w1 = −w2 , also
(795)
2 dt 1 2
m d 2 
w + w22 = 2F u . (795)
2 dt 1
278 Anhang

Auf der rechten Seite von (795) steht die Leistung der Wechselwirkungskräfte während
des Stoßvorganges, welcher in dem kleinen Zeitintervall δt um t = 0 stattfinden möge.
Es sei ∆t > δt , dann liefert die Integration von (795)


+∆t 
+∆t
m d 2  m! 2 "+∆t
w1 + w22 dt = w1 + w22 −∆t = 2F udt .
2 dt 2
−∆t −∆t

Mit den Geschwindigkeiten u und ū der Teilchen vor und nach dem Stoß folgt daraus


+∆t
m m
2 ū2 − 2 u2 = 2F udt := ∆A . (796)
2 2
−∆t

Auf der rechten Seite von (796) steht die Arbeit ∆A der inneren Kräfte während des
gesamten Stoßvorganges und links die Differenz aus den kinetischen Energien vor und
nach dem Stoß.
Gilt ∆A = 0 , dann nennen wir den Stoß elastisch. Die Wechselwirkungskräfte können der
kinetischen Energie der stoßenden Teilchen nur kurzzeitig einen Energiebetrag entnehmen,
den sie anschließend wieder vollständig an sie abgeben. Mit (792), (796) und ∆A = 0
lautet die Lösung des Stoßproblems in diesem Fall
Elastischer Stoß
ū1 = −u , ū2 = u . (797)
∆A = 0
Für ∆A = 0 heißt der Stoß unelastisch. Aus (792), (796) folgt nun nur noch

m 2 m Unelastischer Stoß
2 ū = 2 u2 + ∆A . (798)
2 2 ∆A = 0

Der eigentliche physikalische Vorgang entzieht sich hier nun aber einer Beschreibung, da
in (798) auch nichtmechanische Energien beteiligt sein können. Als Beispiel betrachten
wir den total unelastischen Stoß mit 2(m/2)ū2 = 0 , also
m 2
ū = 0 −→ ∆A = −2 u . Total unelastischer Stoß (799)
2

Die inneren Kräfte wirken derart, daß beide Teilchen ihre gesamte kinetische Energie
abgeben. Es bleibt aber völlig offen, was damit passiert. In der klassischen Berechnung des
Stoßvorganges ist nur die mechanische Energie enthalten. Es bleibt die Möglichkeit offen,
daß ∆A den Teilchen als Wärmeenergie zugeführt wird. Dies wird i. allg. als Standard-
beispiel für den total unelastischen Stoß angegeben und kann so auch beobachtet werden,
wenn nämlich zwei gleiche, ideal plastische Körper so zusammenstoßen, daß sie danach als
eine zusammengeballte, etwas wärmere Masse liegenbleiben. Die Gleichung (799) kann aber
auch als eine reine Bilanz für ganz andere Vorgänge gelesen werden: Zwei Teilchen stoßen
zusammen, und es entsteht ein neues Teilchen. Solche Prozesse der Teilchenerzeugung
und Vernichtung können mit der klassischen Mechanik nicht mehr erfaßt werden. Das
gelingt erst in der relativistischen Mechanik, wo die Ruhmassen in die Energieumwand-
lungsprozesse einbezogen sind, vgl. Aufg. 15 und Aufg. 16, S. 284ff.
37 Aufgaben und Lösungen 279

Aufgabe 12

Zeigen Sie mit dem Tolman-Experiment, daß die Masse m eines Körpers bei
Annahme der Galilei-Transformation von seiner Geschwindigkeit u unabhän-
gig ist. Folgern Sie für den total unelastischen Stoß aus der Impulserhaltung in
zwei verschiedenen Inertialsystemen den Erhaltungssatz für die Ruhmassen.

Kap. 16, 17
Wenn wir das Ergebnis des Tolman-Experimentes aus Kap. 17 auf der Grundlage
der Lorentz-Transformation kennen, dann brauchen wir in (123) nur zum Grenzwert

1 − u2 /c2 = γ −→ 1 überzugehen, und wir erhalten das Ergebnis des Tolman-
Experimentes auf der Grundlage der Galilei-Transformation, nämlich die Unabhängigkeit
der Masse m von ihrer Geschwindigkeit, m = mo .
Wir wollen dieses Resultat hier direkt aus der Galilei-Transformation gewinnen und
betrachten dazu wie in Kap. 17 den ideal elastischen Stoß zweier ideal glatter Kugeln A
und B , den wir noch einmal in Abb. 62 skizzieren. Beide Kugeln haben dieselbe Masse
m . Die Kugel A habe im Bezugssystem Σo nur eine Geschwindigkeitskomponente in
y-Richtung,
Σo : uA = (dx/dt, dy/dt) = (uAx , uAy ) = (0, w) .
Das Bezugssystem Σ besitze, von Σo aus gemessen, die Geschwindigkeit v in x-
Richtung. Die Kugel B habe in Σ nur eine Geschwindigkeitskomponente in Richtung
der negativen y  -Achse,
Σ : uB = (dx /dt , dy  /dt ) = (uBx , uBy ) = (0, −w) .

y
6 - v
Σ

m x y
 dy 
?u  = = −w 6
By
dt Σo

- x

dy
6uAy = =w
dt
x -x
m

Abb. 62: Schematische Darstellung des Tolmanschen Gedankenexperimentes.

Mit der Geschwindigkeit v = (v, 0, 0) von Σ in Σo und der Geschwindigkeit


u = (ux , uy , uz ) eines Körpers L in Σ folgt aus der Galilei-Transformation für die in
Σo gemessene Geschwindigkeit u = (ux , uy , uz ) von L
ux = ux + v , uy = uy , uz = uz . (800)
280 Anhang

Für die Geschwindigkeitskomponenten der Kugeln A und B vor dem Stoß erhalten wir
Für die Geschwindigkeitskomponenten der Kugeln A und B vor dem Stoß erhalten wir
damit
damit
uA = (uAx , uAy ) = (0, w) , Geschwindigkeitskomponenten
Σo : uA = (uAx , uAy ) = (0, w) , Geschwindigkeitskomponenten (801)
Σo : uB = (uBx , uBy ) = (v, −w) . vor dem Stoß (801)
uB = (uBx , uBy ) = (v, −w) . vor dem Stoß
Die Geschwindigkeiten v und w sind so gewählt, und die Kugeln sind so positioniert,
Die Geschwindigkeiten v und w sind so gewählt, und die Kugeln sind so positioniert,
daß sie in dem Moment zusammenstoßen, wo die y -Achse mit der y-Achse genau
daß sie in dem Moment zusammenstoßen, wo die y -Achse mit der y-Achse genau
zusammenfällt, so daß die Kugeln dabei senkrecht übereinanderliegen. Die Annahme ideal
zusammenfällt, so daß die Kugeln dabei senkrecht übereinanderliegen. Die Annahme ideal
glatter Kugeln bedeutet, daß bei diesem Zusammenstoß keine tangentialen, in x-Richtung
glatter Kugeln bedeutet, daß bei diesem Zusammenstoß keine tangentialen, in x-Richtung
wirkenden Kräfte auftreten. In y-Richtung treten Kräfte auf, die dem Gegenwirkungs-
wirkenden Kräfte auftreten. In y-Richtung treten Kräfte auf, die dem Gegenwirkungs-
axiom genügen, so daß wir für das System aus den beiden Kugeln den Impulssatz (101)
axiom genügen, so daß wir für das System aus den beiden Kugeln den Impulssatz (101)
anwenden können. Nach dem Stoß kennzeichnen wir die Impulse und Geschwindigkeiten
anwenden können. Nach dem Stoß kennzeichnen wir die Impulse und Geschwindigkeiten
durch einen Querstrich, also
durch einen Querstrich, also
m uAx + m uBx = m uAx + m uBx ,
m uAx + m uBx = m uAx + m uBx , (802)
m uAy + m uBy = m uAy + m uBy . (802)
m uAy + m uBy = m uAy + m uBy .
Da keine tangentialen Kräfte auftreten sollen, haben sich die Geschwindigkeiten in
Da keine tangentialen Kräfte auftreten sollen, haben sich die Geschwindigkeiten in
x-Richtung nicht geändert. In y-Richtung nennen wir die Geschwindigkeiten nach dem
x-Richtung nicht geändert. In y-Richtung nennen wir die Geschwindigkeiten nach dem
Stoß uAy = wA und u By = wB . Für die Komponenten nach dem Stoß schreiben wir
Stoß u = wA und u By = wB . Für die Komponenten nach dem Stoß schreiben wir
damit Ay
damit
Σo : uA = (0, w A ) .
Σo : uA = (0, wA ) .
Σ : uB = (u   , uBy
  ) = (0, w B ) .
Σ : uB = (uBx Bx , uBy  ) = (0, w B ) .
Von Σo aus betrachtet, finden wir dann für die Komponenten nach dem Stoß unter
Von Σo aus betrachtet, finden wir dann für die Komponenten nach dem Stoß unter
Beachtung der unveränderten Geschwindigkeiten in x-Richtung wie in (801),
Beachtung der unveränderten Geschwindigkeiten
in x-Richtung wie in (801),
uA = (uAx , uAy ) = (0, wA ) , Geschwindigkeitskomponenten
Σo : uA = (uAx , uAy ) = (0, wA ) , Geschwindigkeitskomponenten (803)
Σo : uB = (uBx , uBy ) = (v, wB ) . nach dem Stoß (803)
uB = (uBx , uBy ) = (v, wB ) . nach dem Stoß
Wir wollen nun zulassen, daß die Masse m eines Körpers i. allg. von dessen
Wir wollen nun zulassen, daß die Masse m eines Körpers i. allg. von dessen
Geschwindigkeit abhängen kann und nehmen dafür eine Abhängigkeit der Masse m in
Geschwindigkeit abhängen kann und nehmen dafür eine Abhängigkeit der Masse m in
Σo vom Betrag ihrer Geschwindigkeit |u| an, was wir wieder mit geschweiften Klammern
Σo vom Betrag ihrer Geschwindigkeit |u| an, was wir wieder mit geschweiften Klammern
schreiben,
schreiben,
   
Σo : m = m|u|22  = m u2x2 + u2y2  . (804)
Σo : m = m |u| = m ux + uy . (804)
Mit (801) und (803) lautet damit die x-Komponente der Impulsbilanz (801)
Mit (801) und (803) lautet damit die x-Komponente der Impulsbilanz (801)
    x-Komponente
Σo : m v 22 + w22  v = m v 22 + w2B
2
v . x-Komponente (805)
Σo : m v + w v = m v + w B v . der Impulsbilanz (805)
der Impulsbilanz
Eine monotone Funktion (804) vorausgesetzt, ist die Gleichung für beliebiges v nur bei
Eine monotone Funktion (804) vorausgesetzt, ist die Gleichung für beliebiges v nur bei
w2B = w2 zu erfüllen. Wenn ein Stoß stattgefunden hat, was wir hier annehmen, dann muß
w2B = w2 zu erfüllen. Wenn ein Stoß stattgefunden hat, was wir hier annehmen, dann muß
die zweite Kugel in positiver y-Richtung zurücklaufen. Die Lösung wB = −w scheidet
die zweite Kugel in positiver y-Richtung zurücklaufen. Die Lösung wB = −w scheidet
damit aus, vgl. auch Kap. 17, S. 74, also
damit aus, vgl. auch Kap. 17, S. 74, also
Σo : wB = +w . (806)
Σo : wB = +w . (806)
37 Aufgaben und Lösungen 281

Die y-Komponente der Impulsbilanz (802) lautet mit (801), (803) und (806)
       
m u2A uAy + m u2B uBy = m u2A uAy + m u2B uBy ,

also
   
m w2 w − m v 2 + w2 w y-Komponente
Σo :     (807)
= m w2A wA + m v 2 + w 2 w . der Impulsbilanz

Die Gleichung (807) muß für beliebige Geschwindigkeiten v und w gelten. Wir führen
zunächst den Grenzübergang v −→ 0 durch, also γ −→ 1 ,
   
0 = m w2A wA + m w2 w für v −→ 0 . (808)
 
Für w −→ 0 folgt aus (808) m w2A wA −→ 0 , also, da die Masse nicht verschwindet,
auch wA −→ 0 . Mit dem Grenzübergang
 
wA m w2
lim = − lim   = −1
ω→0 w ω→0 m w 2
A

ergibt sich daher aus (808)

Σo : wA = −w + O(w2 ) . (809)

Die quadratischen Korrekturterme O(w2 ) spielen aber keine Rolle und können im
folgenden gleich weggelassen werden. Dann erhalten wir aus (807)
   
2 m v 2 + w2 = 2 m w2 . (810)

Diese Gleichung ist das klassische Gegenstück zu (121), S. 75, im relativistischen Fall. Wir
setzen wieder
 
m{0} := mo , m v 2 := m , (811)

und Gleichung (810) liefert uns mit dem Grenzübergang w −→ 0 die Unabhängigkeit der
Masse m von ihrer Geschwindigkeit für die klassische Mechanik,
Klassische Raum-Zeit
m = mo . (812)
Konstanz der Massen

D.h., im Gültigkeitsbereich der Galilei-Transformation bleibt die Masse bei einer Bewe-
gung ebenso unveränderlich wie die Schwingungsdauer einer bewegten Uhr.
Für den zweiten Teil der Aufgabe betrachten wir die in Abb. 24, S. 81, skizzierte Versuchs-
anordnung. Zwei Körper derselben Masse m = mo mögen im Bezugssystem Σo mit
entgegengesetzt gleichen Geschwindigkeiten vom Betrag u auf der x-Achse aufeinander zu-
laufen, also u1 = (u, 0, 0) , u2 = (−u, 0, 0) und damit p1 = (m u, 0, 0) , p2 = (−m u, 0, 0) ,
und derart unelastisch zusammenstoßen, daß sich nach dem Stoß ein einziger neuer
Körper mit der Ruhmasse M , der Geschwindigkeit U = (U , 0, 0) und dem Impuls
P = (M U , 0, 0) gebildet hat. Äußere Kräfte Fa sollen nicht einwirken.
282 Anhang

Gemäß dem Dritten Axiom, Gleichung (98) bzw. damit äquivalent (101), kann sich der
Impuls durch den Stoß nicht ändern. Im Bezugssystem Σo heißt das
Impulserhaltung
Σo : P = m u + m (−u) = P = M U = 0 , (813)
in Σo
also

U =0 . (814)

Wir wollen nun die Impulserhaltung für das Inertialsystem Σ aufschreiben, das in bezug
auf Σo die Geschwindigkeit v = u besitzt. Der erste Körper ruht dann in Σ , also u1 = 0 .
Der neue Körper ruht nach dem Stoß in Σo , also ist U  = −u in Σ . Die Geschwindigkeit
u2 des zweiten Körpers vor dem Stoß berechnen wir nach dem Additionstheorem (49),
indem wir dort u für die Geschwindigkeit v von Σ setzen und −u anstelle von u für
die Geschwindigkeit des Körpers berücksichtigen. Dann erhalten wir in Σ

u1 = 0 , u2 = −2u ,

Σ :  (815)
U = −u .

Wir beachten stets die Unabhängigkeit der Masse von der Geschwindigkeit gemäß (812)
 
und finden für die Impulsbilanz in Σ , d.h. P  = m1 u1 + m2 u2 = P = M U ,
  Impulserhaltung
Σ : P  = m u2 = P = M U . (816)
in Σ
Wir setzen (815) in (816) ein und lesen sofort ab

M = 2m , (817)

d.h., die Masse M = M o nach dem Stoß ist gleich der Summe der Massen 2 m = 2 mo
vor dem Stoß. Die Summe der Ruhmassen bleibt bei dem Stoß erhalten.

Aufgabe 13

Es gelte die Lorentz-Transformation (75). Wir betrachten einen Topf mit einer
Masse von M = 215 000 l Wasser bei 0o C und zusätzlich eine ruhende Masse
mo von einem Milligramm. Die zu dieser Masse mo gehörende Ruhenergie
werde restlos in Wärmeenergie zur Erhöhung der Temperatur des Wassers
umgewandelt. Auf wieviel Grad wird die Temperatur des Wassers dadurch ge-
bracht? Zur Vereinfachung rechne man durchweg mit einer kcal, um 1 l Wasser
um 1o C zu erwärmen. Der Unterschied in der Ausgangstemperatur soll dafür
also vernachlässigt werden.

Kap. 17, 18
In dem Topf befindet sich insgesamt eine Masse von M + mo = 215 000, 000 001 kg mit
einer Gesamtenergie E von

E = (M + mo ) c2 = 215 000, 000 001 kg · 299 792 4582 m2 s−2
(818)
= 1, 93 · 1022 Joule .
37 Aufgaben und Lösungen 283

Die Ruhenergie des Milligramms möge nun vollständig in Wärmeenergie Q umgewandelt


werden, also

Q = mo c2 = 0, 000 001 kg · 299 792 4582 m2 s−2 = 8, 987552 · 1010 Joule
(819)
= 8, 99 · 1010 · 2, 39 · 10−4 kcal = 2, 148 · 107 kcal ≈ 215 000 · 100 kcal .

Diese Energie würde also ausreichen, um den Topf mit seinen 215 000 l Wasser von 0o C
zum Kochen zu bringen. Die oben berechnete Gesamtenergie E = (M + mo ) c2 der
215 000 l Wasser und des Milligramms bleibt dabei ebenso unverändert wie die Gesamt-
masse M + mo . Die Spezielle Relativitätstheorie lehrt hier, daß die Masse von 215 000 l
Wasser, d.h. die Trägheit dieser Wassermenge bei 100o C, ungefähr um ein Milligramm
größer ist als die Masse derselben Wassermenge (derselben Anzahl von Wassermolekülen)
bei 0o C .

Aufgabe 14

Elektrisch geladene π ± -Mesonen zerfallen nach einer in ihrem eigenen Ruh-


system Σ gemessenen mittleren Lebensdauer von τ  = 2, 60 · 10−8 s . Die
Halbwertszeit T  , nach der also die Hälfte der Mesonen zerfallen ist, beträgt
T  = ln 2 · τ  = 1, 804 · 10−8 s . Ihre Ruhenergie beträgt mo c2 = 139, 6 · 106 eV .
Zeigen Sie: π ± -Mesonen bewegen sich bei einer Energie von 20 · 109 eV fast
mit Lichtgeschwindigkeit, v = 0, 999 975 639 c . Welche Werte werden bei dieser
Energie der π ± -Mesonen im Laborsystem Σo für die Lebensdauer τ , die Halb-
wertszeit T und die mittlere Weglänge l := v τ gemessen? Vergleichen Sie
diese mittlere Weglänge l mit der Länge, die ein mit den π ± -Mesonen im
System Σ mitbewegter Beobachter für die Strecke feststellt, die das Laborato-
rium Σo in der Zerfallszeit τ  zurücklegt.

Kap. 17, 18
Gemäß der Formel (143) für die Energie-Masse-Äquivalenz ist das Verhältnis der Energie
der beschleunigten π ± -Mesonen zu ihrer Ruhenergie gegeben durch

mc2 200 · 108 1


= = , (820)
mo c2 139, 6 · 106 1 − v 2 /c2

und, wenn wir gemäß (4) mit c = 299 792 458 ms−1 rechnen, folgt daraus
 ⎫
v2 ⎪

γ = 1− = 0, 006 98 ,
c2 (821)


−1
v = 0, 999 975 6395 c = 299 785 155 ms .

Das Ruhsystem Σ der geladenen Mesonen bewegt sich mit der Geschwindigkeit v
gegenüber dem Laborsystem Σo . Die von den Uhren in Σ angezeigte Zeit t ist gemäß
der Gleichung (83) um den Wurzelfaktor, also um γ , kleiner als die im Laborsystem Σo
gemessene Zeit t , t = γ t . Die Lebensdauer τ  im Ruhsystem der π ± -Mesonen und die
Halbwertszeit T  sind also t -Zeiten. Die im Laborsystem gemessene Lebensdauer τ und
die Halbwertszeit T sind daher um den Faktor 1/γ größer, d.h.
284 Anhang

τ
τ= = 0, 000 003 7249 s , T = ln 2 · τ = 0, 000 002 582 s , (822)
γ

τ
τund
= die=im0,Laborsystem
000 003 7249 sgemessene · τ = 0,Weglänge
, T = ln 2mittlere 000 002 582l sfolgt
, daraus zu (822)
γ
und
l = vdie
τ =im1116,
Laborsystem
67 m = 1, gemessene
116 67 km .mittlere Weglänge l folgt daraus zu (823)
±
lAnders
= v τ =ausgedrückt,
1116, 67 m =von1, 116N67 π
km-Mesonen
. erreichen im Laborsystem immer noch(823) die
Hälfte ein Ziel in einer Entfernung von L = T v = 0, 774 km .
±
Von Σ ausgedrückt,
Anders aus betrachtet,vonbesitzt
N πdas -Mesonen
System Σerreichen im Laborsystem
o die Geschwindigkeit −v immer noch der
. Also stellt die
Hälfte 
ein Ziel in einer ±
im System Σ mit den Entfernung
π -Mesonenvon L = T v =Beobachter
mitbewegte 0, 774 km .für die vom Laborsystem Σo
Von Σ aus
während Zeit τ  zurückgelegte
der betrachtet, System Σo ldie
besitzt dasEntfernung Geschwindigkeit
eine −v . Also
äußerst kleine Länge fest, stellt der
nämlich
im System Σ mit den π ± -Mesonen mitbewegte Beobachter für die vom Laborsystem Σo
l = | − v|der
während τ =
Zeit τ m
7, 794 .
zurückgelegte Entfernung l eine äußerst kleine Länge fest, nämlich
(824)

ll =
ist| − v| τ  der
gleich 794 m . -kontrahierten mittleren Weglänge l , also mit (821)
= 7,Lorentz (824)
l
l =
istγgleich
l = 0, der
006 98 · 1116,-kontrahierten
Lorentz 67 m = 7, 794 m .
mittleren Weglänge l , also mit (821) (825)

lHinsichtlich der 98
= γ l = 0, 006 · 1116, 67 durchgeführten
tatsächlich m = 7, 794 m . Experimente verweisen wir auf die Messungen
(825)
von R.P. Durbin[1] et al. an π + -Mesonen und von H.G. Burrows[1] et al. an K-Mesonen,
Hinsichtlich
vgl. auch Kap.der 34.
tatsächlich durchgeführten Experimente verweisen wir auf die Messungen
von R.P. Durbin[1] et al. an π + -Mesonen und von H.G. Burrows[1] et al. an K-Mesonen,
vgl. auch Kap. 34.
Aufgabe 15

Berechnen
Aufgabe 15 Sie die Wärmeenergie, die bei der Kernfusion von Deuterium und
Tritium zu Helium gemäß 2D + 3 T −→ 4He + n freigesetzt wird.
Berechnen Sie die Wärmeenergie, die bei der Kernfusion von Deuterium und
Kap. Tritium
17, 18 zu Helium gemäß 2D + 3 T −→ 4He + n freigesetzt wird.
Als Ruhmasse des Neutrons nehmen wir mn = 1, 6749286 · 10−27 kg . Für die Massen
Kap. 17, 18 benutzt man die atomare Masseneinheit u , die gleich dem zwölften Teil
von Atomen
Als Ruhmasse 12 1, 6749286 · 10−27 kg . Für die Massen
der Masse einesdes Neutrons
Atoms nehmen wir mn =
des Kohlenstoffisotops C ist. Wir rechnen hier mit dem Wert
−27man die atomare Masseneinheit u , die gleich dem zwölften Teil
u = 1, 6605402 · 10
von Atomen benutzt kg . Bezeichnen wir die relativen Atommassen mit mr und die
12
der Masse Werte
absoluten eines Atoms
für diedes Kohlenstoffisotops
Ruhmassen der Atome mitC ist.
mo Wir
= urechnen hiererhalten
mr , dann mit demwir
Wert
für
−27
u = 1, 6605402
Deuterium, · 10 Helium
Tritium, kg . Bezeichnen wir die
und das Neutron dierelativen
Werte Atommassen mit mr und die
absoluten Werte für die Ruhmassen ⎫ der Atome mit mo = u mr , dann erhalten wir für
−27
mr Tritium, m
Deuterium, o [10 und
Helium ⎪
kg]das
⎪ Neutron die Werte


2
D 2, 01408 3, 3444608 ⎪


mr mo [10−27 kg] ⎪ ⎬
3 ⎪

T 3, 01605 5, 0082723 ⎪ (826)
2
D 2, 01408 3, 3444608 ⎪ ⎪

4
He 4, 00260 6, 6464782 ⎪

3
T 3, 01605 5, 0082723 ⎪ ⎪
⎭ (826)
n 1, 008664891 1, 6749286 . ⎪ ⎪
4
He 4, 00260 6, 6464782 ⎪ ⎪



n die
Für 1, 008664891
Reaktion 1, 6749286 .
2
−→ 4He + n
D +die3 TReaktion
Für (827)
erhalten
2
D + T wir
3
−→aus
4 (826) für die Summe der Ruhmassen Mo bzw. M o vor bzw. nach der
He + n (827)
Reaktion die Werte
erhalten wir aus (826) für die Summe der Ruhmassen Mo bzw. M o vor bzw. nach der
Reaktion die Werte
37 Aufgaben und Lösungen 285


Mo = 8, 3527331 · 10−27 kg , Ruhmassen vor
(828)
M o = 8, 3214068 · 10−27kg . und nach der Reaktion
−27
Mo = 8, 3527331 · 10 kg , Ruhmassen vor
−27
(828)
Die
M o Differenz der ·Ruhmassen
= 8, 3214068 10 und nach
kg . bei der Kernreaktion (827) beträgt also der Reaktion
−27
∆M = Mo − der
Die oDifferenz M o Ruhmassen · 10der
= 0, 0313263bei kg .
Kernreaktion (827) beträgt also (829)

Die
∆MoRuhmasse
= Mo − M ∆M o =o 0, 0313263 10−27
ist bei ·der Reaktion
kg . umgewandelt worden in die einer Bewe- (829)
gungsenergie äquivalenten Masse, in die Masse der kinetischen Energie der Reaktions-
produkte,
Die Ruhmasse nämlich∆M des Heliumatoms
o ist und des umgewandelt
bei der Reaktion Neutrons. Diese Energie
worden kann
in die wiederum
einer Bewe-
in die Wärmeenergie
gungsenergie Q eines
äquivalenten Masse,umgebenden
in die Masse Mediums umgesetzt
der kinetischen und von
Energie der diesem als
Reaktions-
Wärmestrahlung,
produkte, nämlichd.h. des elektromagnetische
Heliumatoms und des Strahlung,
Neutrons.abgegeben werden. kann
Diese Energie Die Strahlung
wiederum
der Sonne
in die kommt durchQderartige
Wärmeenergie Prozesse zustande.
eines umgebenden Mediums umgesetzt und von diesem als
Gemäß der Energie-Masse- Äquivalenz
Wärmestrahlung, d.h. elektromagnetische (142) beträgt abgegeben
Strahlung, die bei einer einzigen
werden. atomaren
Die Strahlung
Reaktion
der Sonne(827)
kommt erzeugbare Wärmemenge
durch derartige Prozesse also
zustande.
Gemäß der Energie-Masse-Äquivalenz (142) beträgt die bei einer einzigen atomaren
Q = ∆Mo(827)
Reaktion 10−27 kg · 2, 99792458
0, 0313263 ·Wärmemenge
c2 = erzeugbare also
2
· 1016 m2 s−2
−12
= 2, 8154674355 · 10 J
−27 2 −2
−12 · 10
cal· 2, 99792458 · 10 m s
2 2 16
Q == 2,
∆M c = 0, 0313263
8153674355 · 10
o · 0, 239kg
−12
= 2,
= 8154674355 ·· 10
2, 8154674355 10−12 J· 6, 24150648 · 1012 MeV ,
−12
= 2, 8153674355 · 10 · 0, 239 cal
und=damit
2, 8154674355 · 10−12 · 6, 24150648 · 1012 MeV ,
Q
und 17, 57 MeV = 0, 673 · 10−12 cal .
≈ damit (830)

Q ≈ 6,
Für 57 MeV· 10
17,0221367 =23 673 · 10−12 cal
0, Reaktionen, d.h.
. aus der Fusion von einem Mol Deuterium und einem (830)
Mol Tritium zu einem Mol Helium, verbrennen gemäß (826) 2, 01408 g Deuterium und
3, 01605
Für 6, 0221367 ·1023
g Tritium zuReaktionen,
4, 00260 g Helium
d.h. ausund
der 1, 008664891
Fusion g Neutronen.
von einem Gemäßund
Mol Deuterium (829) er-
einem
−27
halten wir einen
Mol Tritium zu molaren
einem MolMassendefekt von ∆Mmolgemäß
Helium, verbrennen = 0, 0313263·10 · 6,g0221367·10
(826) 2, 01408 Deuterium23 und
kg ,
3, 01605 g Tritium zu 4, 00260 g Helium und 1, 008664891 g Neutronen. Gemäß (829) er-
∆M ≈ 0,
molwir
halten 019 molaren
einen g . Massendefekt von ∆Mmol = 0, 0313263·10Molarer
−27Massendefekt 23
· 6, 0221367·10 (831)
kg ,
Und
∆Mmolgemäß
≈ 0,(830)
019 g wird
. also bei der Fusion von nur 4 g HeliumMolarer
die gewaltige Wärmemenge
Massendefekt (831)
von
Und gemäß (830) −12wird also bei 23
der Fusion von nur 4 g Helium die gewaltige Wärmemenge
Q mol ≈ 0, 673 · 10
von · 6, 02 · 10 cal ≈ 4 · 108 kcal ,

freigesetzt,
Qmol ≈ 0, 673 · 10−12 · 6, 02 · 1023 cal ≈ 4 · 108 kcal ,
bzw.
−6
Q mol · c J = 19 · 10
mol = ∆Mbzw.
freigesetzt,
2
· 9 · 1016 J = 19 · 10−6 · 9 · 1016 · 239 · 10−6 kcal ,

also = ∆Mmol · c2 J = 19 · 10−6 · 9 · 1016 J = 19 · 10−6 · 9 · 1016 · 239 · 10−6 kcal ,


Qmolwieder
Q ≈ 4 · 108 kcal .
molwieder
also Molare Verbrennungswärme (832)

M.
Qmola. ≈
W.,
4 ·mit
108der
kcalFusionswärme
. von 1 g Helium könnteMolare
man eine Million Liter Wasser(832)
Verbrennungswärme von
0o C zum Kochen bringen.
M. a. W., mit der Fusionswärme von 1 g Helium könnte man eine Million Liter Wasser von
0o C zum Kochen bringen.
286 Anhang

Die Masse eines Protons mit mp = 1, 6726231 · 10−27 kg , was einer relativen Atommasse
von mr = 1, 0072764875 entspricht, ist nur wenig verschieden von der Masse des Neutrons.
Damit liest man aus (826) sofort ab, daß die Ruhmasse eines Heliumkerns kleiner ist als
die Summe aus den Ruhmassen seiner Bestandteile, zwei Protonen und zwei Neutronen.
Die Protonen oder Neutronen können den Kern nicht verlassen, da keine Energie dafür
zur Verfügung steht. Ein solcher Atomkern ist stabil.
Allgemein versteht man unter dem Massendefekt ∆W eines Atomkerns die Differenz
aus seiner Ruhmasse Mo und der Summe der Ruhmassen seiner Kernbausteine, der
Protonenmassen mp und der Neutronenmassen mn ,
 
∆W = Mo − mp − mn . Massendefekt eines Atomkerns (833)

Ist dieser Massendefekt negativ, dann ist der Kern stabil. Dies ist bei den leichten Atom-
kernen der Fall, besonders beim Helium. Bei den schweren Atomkernen wird ∆W > 0 ,
was zur Radioaktivität führt. Die Atomkerne zerfallen spontan in stabile Untersysteme.
Beim Uran 235 U beträgt der positive Massendefekt bereits über zwei Neutronenmassen.
Daher kann beim Uran, anders als beim Helium, durch Kernspaltung verfügbare Energie
freigesetzt werden. Die zahlenmäßige Berechnung der gewinnbaren Energie wird hier aber
durch die Vielzahl der ablaufenden Prozesse nicht ganz so übersichtlich wie bei der oben
beschriebenen Kernfusion.

Aufgabe 16

Zeigen Sie für den total unelastischen Stoß, daß bei einer ausschließlichen
Arbeit der inneren Kräfte dem System der stoßenden Teilchen auf Grund des
Impulssatzes insgesamt keine Energie entzogen wird. Führen Sie die Rechnun-
gen in der relativistischen Raum-Zeit durch.

Kap. 17, 18
Wir multiplizieren Gleichung (125), S. 77, skalar mit der Geschwindigkeit ua des Teilchens
und erhalten

d moa   n

ua · ua = Fba · ua + Fa · ua . (834)
dt 1 − u2a /c2 b=1

Ebenso wie in Gleichung (131) finden wir daraus

d moa c2  n

= Fba · ua + Fa · ua . (835)
dt 1 − u2a /c2
b=1

Auf der rechten Seite von (835) steht die Leistung der Kräfte Fba und Fa , d.h.
die an dem mit der Geschwindigkeit ua bewegten Teilchen sekundlich verrichtete Ar-
beit. Für den total unelastischen Stoß ist Fa = 0 . Wir summieren (835) über die Teilchen,

d  moa c2 n 
n n
 
= Fba · ua . (836)
dt a=1 1 − u2a /c2 a=1 b=1
37 Aufgaben und Lösungen 287

Der Stoßvorgang möge in dem kleinen Zeitintervall δt um t = 0 stattfinden. Wir


benutzen nun die Annahme des total unelastischen Stoßes. Vor dem Stoß haben wir zwei,
nach dem Stoß nur ein Teilchen mit der Ruhmasse M o . Wir versehen alle Größen nach
dem Stoß mit einem Querstrich, dann ist in Σo

u1 = −u2 := −u , mo1 = mo2 = mo ,
Σo : (837)
U = 0 , Mo .

Es sei ∆t > δt , dann liefert die Integration von (836) die von den inneren Kräften
während des Stoßvorganges verrichtete Arbeit ∆A gemäß

 
+∆t n  
+∆t
  d  moa c2
n n
∆A = Fba · ua dt = dt ,
dt a=1 1 − u2a /c2
−∆t a=1 b=1 −∆t

 +∆t

n
moa c2
∆A = ,
a=1 1 − u2a /c2 −∆t

also verschwindet unter Beachtung von (140) die insgesamt während des Stoßvorganges
von den inneren Kräften verrichtete Arbeit ∆A ,
2mo c2
∆A = M o c2 − =0 . (838)
1 − u2 /c2

Aufgabe 17

Zeigen Sie, wie man im Rahmen der klassischen Raum-Zeit, bei Gültigkeit der
Formeln (188) und (189) für den Doppler-Effekt bei bewegtem Sender bzw.
Empfänger die Bewegung eines Trägermediums der Wellen messen kann.
Kap. 24
Ein Sender S möge per Konstruktion eine Eigenfrequenz νS erzeugen. Ein Empfänger
E sei geeignet, Frequenzen zu messen, z.B. durch Anregung von Resonatoren. Dabei ist
vorausgesetzt, daß die Schwingungsdauern der die Signale gebenden bzw. empfangenden
Systeme nicht von deren Geschwindigkeiten abhängen (klassische Raum-Zeit). Das uns
unbekannte Ruhsystem des Trägermediums der Wellen bezeichnen wir mit Σo . Die
Wellen breiten sich dort mit einer Geschwindigkeit C aus. Wir betrachten ferner zwei
Systeme Σ und Σ , die in bezug auf Σo die Geschwindigkeiten v1 bzw. v2 besitzen
mögen. Wegen des unbekannten Bewegungszustandes von Σo kennen wir weder v1 noch
v2 , wohl aber die Relativgeschwindigkeit vR , die für die klassische Raum-Zeit wegen (49)
in jedem Inertialsystem gleich ist,
Relativgeschwindigkeit zwischen
vR = v2 − v1 . (839)
den Systemen Σ und Σ
288 Anhang

Σo Σ - v1 Σ - v2
6 6 6

C -
νS νE -x
0
CTS λ1
v 1 TS
S - v1 E - v2

Abb. 63: Der Sender S und rechts davon der Empfänger E ruhen in den Systemen Σ und
Σ mit den unbekannten Geschwindigkeiten v1 bzw. v2 in bezug auf Σo . Die Ausbreitungs-
geschwindigkeit der Wellen in Σo ist C . Wegen der Geschwindigkeit v1 entsteht in Σo für die
gesendeten Wellen eine Wellenlänge λ1 gemäß (840).

Σo Σ - v1 Σ - v2
6 6 6

C
νE  νS -x
0
λ2

E - v1 S - v2

Abb. 64: Nun befinden sich der Empfänger E und rechts davon der Sender S in den Ruhsystemen
Σ bzw. Σ mit den unbekannten Geschwindigkeiten v1 bzw. v2 in bezug auf Σo . Wegen der
Geschwindigkeit v2 entsteht in Σo für die gesendeten Wellen nun eine Wellenlänge λ2 gemäß
(842).

In den Systemen Σ und Σ werden wir wahlweise den Sender S und den Empfänger E
stationieren, Abb. 63 und Abb. 64.
1. Der Sender S möge sich links vom Empfänger E befinden und in Σ ruhen. Der
Empfänger soll in Σ ruhen, Abb. 63. Wir berechnen die Frequenz νE in Abhängigkeit
von der unbekannten Geschwindigkeit v1 , die von dem Empfänger bei dieser Konstellation
gemessen wird.
Der Sender erzeugt wegen seiner Geschwindigkeit v1 in Signalrichtung eine Welle in dem
relativ zu Σo ruhenden Medium mit einer Wellenlänge λ1 gemäß (187),
C − v1
λ1 = (C − v1 )TS = . (840)
νS
37 Aufgaben und Lösungen 289

Der Empfänger, der sich, wie in Abb. 63 skizziert, mit v2 in Richtung der Signalausbrei-
tung bewegt, überstreicht diese Wellenlänge mit der Geschwindigkeit C − v2 und mißt
infolgedessen eine Frequenz νE gemäß

C − v2 C − v2 C − vR − v1
νE = = νS = νS ,
λ1 C − v1 C − v1
also

 vR  Gemessene Frequenz νE
νE = νS 1 − . (841)
C − v1 gemäß der Anordnung in Abb. 63

Meßbar ist die Relativgeschwindigkeit vR zwischen Empfänger E und Sender S .


Unbekannt bleibt dagegen die Geschwindigkeit v1 des Empfängers E in bezug auf Σo .
2. Wir nehmen an, daß Sender und Empfänger sowohl mit identischen Sendeanlagen
als auch mit identischen Empfangsstationen ausgerüstet sind. Beide können dann per
’Knopfdruck’ ihre Funktionen austauschen. Danach befindet sich also der Sender S rechts
vom Empfänger E . Für die Relativgeschwindigkeit vR zwischen Sender und Empfänger
gilt nach wie vor vR = v2 − v1 , nur ist jetzt v1 die Geschwindigkeit des in Σ ruhenden
Empfängers E , und v2 die Geschwindigkeit des in Σ ruhenden Senders S , Abb. 64.
Nun erzeugt der Sender wegen seiner Geschwindigkeit v2 gegenüber Σo entgegengesetzt
zur Signalrichtung in dem Medium eine Welle mit der Wellenlänge λ2 , die wir aus (187)
erhalten, wenn wir dort v durch −v2 ersetzen,

C + v2
λ2 = (C + v2 )TS = . (842)
νS

Der Empfänger, der sich, wie in Abb. 64 skizziert, mit v1 in Richtung der Signalausbrei-
tung bewegt, überstreicht diese Wellenlänge mit der Geschwindigkeit C + v1 und mißt
infolgedessen eine Frequenz ν E gemäß

C + v1 C + v1 C + v1 + vR − vR
νE = = νS = νS ,
λ2 C + v2 C + v1 + vR
also

 vR  Gemessene Frequenz ν E
ν E = νS 1 − . (843)
C + v1 + vR gemäß der Anordnung in Abb. 64

Bei der von uns betrachteten Konstellation bedingt ein Funktionstausch von Sender
und Empfänger die beiden verschiedenen Frequenzen (841) und (843). Wir addieren
diese Frequenzen, setzen v1 = x und untersuchen die so entstehende Funktion f (x) auf
Extrema,
 1 1  2C + vR
f (x) := νE + ν E = 2νS − νS vR + = 2νS − νS vR 2 .
C −x C + x + vR C −x2 + CvR −xvR

Unter der Bedingung, daß weder v1 noch v2 die Geschwindigkeit C erreichen sollen, gilt
stets 2C + vR = 0 , und wir finden aus
290 Anhang

2x + vR
f  (x) = −νS vR (2C + vR ) =0
− + CvR − xvR )2
(C 2 x2
2x + vR
f  (x) = −νS vR (2C + vR ) 2 =0
die Lösung (C − x2 + CvR − xvR )2
vR
die −
x =Lösung . (844)
2
vR
x = −elementarer
Nach . Rechnung folgt aus (844)
2
Nach elementarer Rechnung 2
− aus
folgt
2(C x2 + C vR − x vR ) + 2 (2x + vR )2
f  (x) = −νS vR (2C + vR )
(C 2 − x2 + CvR − xvR )3
 2(C 2 − x2 + C vR − x vR ) + 2 (2x + vR )2
f (x) = −νS vR (2C + vR )
an der Stelle x = −vR /2 , daß (C 2 − x2 + CvR − xvR )3

an dervRStelle x =25−vνSRv/2


R , daß
f (− ) = − <0 . (845)
2 (2C + vR )3
5
vR 2 νS vR
f  (− ) = − <0 . (845)
Die Funktion
2 f(2C
(x) +hat 3
vR )also bei x = v1 = −vR /2 ein Maximum.
Wegen vR = v2 − v1 = v2 + vR /2 ist dann v2 = vR /2 .
Die Funktion f (x) hat
oben definierte also bei
Summe = v1 = −vR /2
derx gemessenen ein Maximum.
Frequenzen νE + ν E erreicht also einen
Wegen = v2 −wenn
größten vRWert, v1 = vbei2 + v /2 ist dann
gleichbleibender
R v2 = vR /2 .
Relativgeschwindigkeit vR zwischen den
Die
Systemen Σ und ΣSumme
oben definierte die Geschwindigkeit des SystemsνEΣ+ gegenüber
der gemessenenv2 Frequenzen ν E erreicht demalso einen
Medium
größten
gerade v2Wert,= vR /2wenn bei und
beträgt gleichbleibender Systems Σ dann v1 = −v
folglich die desRelativgeschwindigkeit vR R /2
zwischen
ist. den
Systemen Σ und Σ die ihrer
Unter Aufrechterhaltung Geschwindigkeit v2 des Systems
Relativgeschwindigkeit Σ gegenüber
vR müssen wir fürdem Medium
Sender und
gerade
Empfänger v2 =also
vR /2nurbeträgt
so lange undderen
folglich
Geschwindigkeiten Σ dannbis
die des Systems ändern, = −v
v1 wir R /2
ein ist.
Maximum für
Unter Aufrechterhaltung
die Frequenzsumme νE + νihrer Relativgeschwindigkeit
E feststellen. In der praktischen vR Ausführung
müssen wir könnte
für Sender und
man z.B.
Empfänger
die Bewegungen also nur
von so lange und
Sender deren Geschwindigkeiten
Empfänger in bezug aufändern,
einenbis wir ein definieren
Schlitten Maximumund für
die Frequenzsumme
dann die Geschwindigkeit ν E + νdes feststellen. In der praktischen Ausführung könnte
E Schlittens variieren. Auf diese Weise gelingt es, mit dem man z.B.
die Bewegungen
Doppler -Effekt beivonGültigkeit
Sender und derEmpfänger in bezug
Formeln (188) und auf einen
(189) denSchlitten definieren und
Bewegungszustand des
dann die Geschwindigkeit
Trägermediums des Schlittens
zu identifizieren, weil ebenvariieren.
der DopplerAuf-Effekt
diese Weise gelingt
hier von es, mit dem
der Absolutbewe-
-Effekt bei
gung gegenüber
Doppler Gültigkeit
diesem der Formeln
Trägermedium (188) und (189) den Bewegungszustand des
abhängt.
Trägermediums zu identifizieren, weil eben der Doppler-Effekt hier von der Absolutbewe-
gung gegenüber diesem Trägermedium abhängt.
Aufgabe 18

Berechnen
Aufgabe 18 Sie aus der Invarianz der Phase φ den transversalen Doppler-Effekt
für den Fall einer in Richtung der negativen y-Achse einfallenden Welle gemäß
Berechnen
der in Kap.Sie 26,aus
S. der Invarianz
112, der Phase
betrachteten φ den transversalen Doppler-Effekt
Situation.
für den Fall einer in Richtung der negativen y-Achse einfallenden Welle gemäß
Kap. der
24,in26,
Kap.30 26, S. 112, betrachteten Situation.
Unabhängig von den physikalischen Postulaten für die Raum-Zeit gilt die Un-
Kap. 24, 26, 30der in Σ und Σ beobachteten Phase (216),
veränderlichkeit o
Unabhängig
    von den physikalischen Postulaten für die Raum-Zeit gilt die Un-
φ = ω t −k ·x = ωt−k·x = φ . Phaseninvarianz (846)
veränderlichkeit der in Σ und Σo beobachteten Phase (216),

Wir
φ ω  t − k · xhier
= untersuchen = ωeine
t − ksenkrecht
· x = φ . einfallende Welle gemäß Phaseninvarianz (846)
k = (k1 , k2 , k3 ) = (0, −k, 0) . Senkrechter Einfall (847)
Wir untersuchen hier eine senkrecht einfallende Welle gemäß
k = (k1 , k2 , k3 ) = (0, −k, 0) . Senkrechter Einfall (847)
37 Aufgaben und Lösungen 291

Zusammen mit (846) ergibt das


ω  t − k1 x − k2 y  − k3 z  = ω t + ky . Phaseninvarianz (848)

Wie in in Kap. 26, S. 112, soll sich das System Σ in bezug auf Σo mit der Geschwindigkeit
−v bewegen.
Wir betrachten zunächst die klassische Raum-Zeit. Mit der speziellen Galilei-
Transformation

x = x + v t,
Spezielle Galilei-Transformation (849)
t = t

folgt dann aus (848)

ω  t − k1 (x + vt) − k2 y − k3 z = ω t + ky ,


also
(ω  − ω − k1 v) t − k1 x − (k2 + k) y − k3 z = 0 . (850)
Dies kann als Identität in x, y, z, t nur bei verschwindenden Koeffizienten erfüllt werden,
und wir erhalten

k = (k1 , k2 , k3 ) = (0, −k, 0) ,
(851)
ω = ω .

Die erste Gleichung bestätigt die uns aus Kap. 26 bekannte unveränderte Richtung der
Wellennormale, was keine fehlende Aberration bedeutet, vgl. Kap. 26.
Setzen wir ω  = 2πνS und ω = 2πνE , dann ist die zweite Gleichung die uns bekannte
Aussage aus Gleichung (191), S. 102, daß es in der klassischen Raum-Zeit keinen transver-
salen Doppler-Effekt gibt.
Betrachten wir nun die relativistische Raum-Zeit. Mit der speziellen Lorentz-
Transformation, wieder mit der Geschwindigkeit −v für Σ , also
x+vt ⎫
x = , ⎪

γ ⎬
Spezielle Lorentz-Transformation (852)
t + vx/c2 ⎪⎪
t = , ⎭
γ
folgt dann aus (848)

ω  (t + vx/c2 )/γ − k1 (x + vt)/γ − k2 y − k3 z = ω t + ky ,


also
    
ω /γ − k1 v/γ − ω t − k1 /γ − v ω /(c2 γ) x − (k2 + k) y − k3 z = 0 , (853)

was wiederum als Identität in x, y, z, t nur bei verschwindenden Koeffizienten erfüllt


werden kann. Das heißt jetzt aber

k = (k1 , k2 , k3 ) = (v ω  /c2 , −k, 0) ,
(854)
ω  = γ ω + k1 v .
292 Anhang

Setzen wir hier den Ausdruck für k1 in die Gleichung für ω  ein und beachten wieder
ω = 2πνE und ω  = 2πνS , dann folgt mit

ω = ω γ (855)

die Gleichung (199) für den transversalen Doppler-Effekt in der relativistischen


Raum-Zeit.
Und aus dem Verhältnis der Komponenten des Wellenvektors k folgt in diesem Fall
wieder der Aberrationswinkel, denn mit c k = ω wird
 
 k  v ω vω v
tan α =  x  = 2 = 2

= . (856)
ky c k c kγ cγ

s. dazu die Diskussion in Kap. 26 sowie Aufg. 30, S. 313.

Aufgabe 19

Berechnen Sie aus der Taylor-Reihe (297) für die Lorentz-Transformation die
Drehmatrix D1 und die spezielle Lorentz-Transformation L1 gemäß (291),
indem Sie allein α1 = 0 bzw. β1 = 0 annehmen.
Kap. 28
1. Für e−α1 a1 lautet die Reihe (297)

1 2 2 1 1
exp[−α1 a1 ] = 1 − α1 a1 + α1 a1 − α13 a13 + α14 a14 − + . . . , (857)
2 3! 4!

also, da man Potenzreihen beliebig umordnen kann,


1 1 ⎫
exp[−α1 a1 ] = 1 + α12 a12 + α14 a14 + . . . ⎪⎬
2 4!
(858)
1 ⎪

− α1 a1 − α13 a13 − . . . .
3!
Beachtet man gemäß (314) die diagonale Struktur und das wechselnde Vorzeichen der
geraden Potenzen a12n sowie die Beziehung a13 = −a1 für die ungeraden Potenzen
a12n+1 , dann lesen wir unter Verwendung der Matrix b12 aus (314) sowie der bekannten
Reihendarstellungen
1 2 1
cos α = 1 − α + α4 − . . . ,
2 4!
1 3 1
sin α = α − α + α5 − . . . ,
3! 5!
daraus sofort das gewünschte Ergebnis für die Darstellung von D1 gemäß (291) ab,

exp[−α1 a1 ] = b12 − cos α1 a12 − sin α1 a1 = D1 . (859)

Damit ist zugleich der in (294) eingeführte Parameter α1 als Winkel der räumlichen
Drehung bestätigt.
37 Aufgaben und Lösungen 293

2. Für e−β1 b1 lautet die Reihe (297)

1 2 2 1 1
exp[−β1 b1 ] = 1 − β1 b1 + β b − β13 b13 + β14 b14 − + . . . , (860)
2 1 1 3! 4!

also wieder nach Umordnung,


1 2 2 1 ⎫
exp[−β1 b1 ] =1+ β1 b1 + β14 b14 + . . . ⎪

2 4!
(861)
1 ⎪

− β1 b1 − β13 b13 − . . . .
3!
Wir beachten nun gemäß (314) die diagonale Struktur und das gleichbleibende Vorzeichen
der geraden Potenzen b12n sowie die Beziehung b13 = b1 für die ungeraden Potenzen
b12n+1 , und wir erinnern uns an die Reihendarstellungen
1 2 1
cosh α = 1 + α + α4 + . . . ,
2 4!
1 3 1
sinh α = α + α + α5 + . . . .
3! 5!
Für (861) können wir damit schreiben

exp[−β1 b1 ] = 1 − b12 + cosh β1 b1 − sinh β1 b12 . (862)

Hier schreiben wir wieder β1 = v1 /c und finden unter Verwendung von (282)
1 v/c
exp[−β1 b1 ] = 1 − b12 + b1 − b12 . (863)
1 − v /c
2 2 1 − v 2 /c2

Dies ist aber gemäß (291) gerade die Darstellung von L1 .

Aufgabe 20

Es sei L1,2 die Lorentz-Transformation (327), die aus Σo das Inertial-


system Σ mit den Koordinaten x̃ erzeugt. Zeigen Sie, daß die x̃ -
Koordinatenachsen von Σo aus nicht als orthogonal bewertet werden.

Kap. 22, 23, 28


Mit der Matrix L−1
1,2 aus (343) berechnen wir aus den Koordinaten x̃

eines Ereignisses

in Σ dessen Koordinaten x in Σo gemäß

⎛ ⎞ ⎛ 1 β1 β2 ⎞⎛  ⎞
x0 γ γ γ 0 x̃0
⎜ ⎟ ⎜ (1−γ)β12 ⎟ ⎜ 1 ⎟
⎟ ⎜ 0 ⎟ ⎜ x̃ ⎟
β1 (1−γ)β1 β2
⎜ x1 1 + β2γ
⎜ ⎟=⎜ γ β2γ ⎟ ⎜  ⎟ . (864)
⎝ x2 ⎠ ⎜
⎝ β2 (1−γ)β2 β1 (1−γ)β 2
1 + β2 γ 2
⎟ ⎜ x̃2
0 ⎠⎝


γ β2 γ 
x3 0 0 0 1 x̃3

Wir betrachten zunächst zwei Ereignisse O(0, 0, 0, 0) und E(ct̃ , ˜l , 0, 0) auf der x̃ -Achse
294 Anhang

von Σ . Den Koordinatenursprung O haben unsere Bezugssysteme gemeinsam. Indem


wir auf der rechten Seite von (864) für x̃ die Koordinaten E(ct̃ , ˜l , 0, 0) einsetzen,
ergeben sich die Koordinaten xE von E in Σo zu


 (1−γ)β 2
E ctE = ˜l βγ1 + cγt̃ , xE = ˜l (1 + β 2 γ 1 ) + ct̃ βγ1 , yE = ˜
l (1−γ)β
β2 γ
2 β1
+ ct̃ βγ2 , zE = 0 .

Die aus der Sicht von Σo gleichzeitige Lage der zu den Ereignissen O und E gehörenden
Punkte auf der x∗ -Achse erhalten wir durch die Bedingung tE = 0 , also
ct̃ = −˜l β1 .
Wir setzen dies in die Koordinaten xE = 0 und yE = 0 ein, beachten 1 − β 2 = γ 2 und
finden nach einfacher Rechnung
γβ12 +β22
xE = ˜l β2 , yE = l∗ (γ−1)β
β2
1 β2
.

Wir beobachten also von Σo aus, daß die x̃ -Achse des Systems Σ mit der x-Achse von
Σo einen Winkel δx bildet gemäß
yE (1 − γ)β1 β2
tan δx = =− <0 , (865)
xE γβ12 + β22
weil γ < 1 . Aus der Sicht von Σo verläuft die x̃ -Achse also unterhalb der x-Achse.
Wir betrachten nun ein Ereignis F (ct̃ , 0, ˜l , 0) auf der ỹ  -Achse von Σ . Dessen
Koordinaten in Σo bestimmen wir wieder aus (864) , indem wir nun auf der rechten Seite
von (864) für x̃ die Koordinaten F (ct̃ , 0, ˜l , 0) einsetzen,


 (1−γ)β 2
F ctF = ˜l βγ2 + cγt̃ , xF = ˜l (1−γ)β
β2 γ
1 β2
+ ct̃ βγ1 , yF = ˜l (1 + β 2 γ 2 ) + ct̃ βγ2 , zE = 0 .

Die aus der Sicht von Σo gleichzeitige Lage der zu den Ereignissen O und F gehörenden
Punkten auf der ỹ  -Achse erhalten wir durch die Bedingung tF = 0 , also
ct̃ = −˜l β2
und damit wie oben nach einfacher Rechnung
β12 +γβ22
xF = ˜l β1 β2β(γ−1)
2 , yF = ˜l β2 .

Wir beobachten daher von Σo aus, daß die ỹ  -Achse des Systems Σ mit der x-Achse
von Σo einen Winkel ηy bildet mit
yF β 2 +γβ 2
tan ηy = xF = − (1−γ)β
1 2
1 β2
.

Wegen xF < 0 , yF > 0 liegt der Winkel im zweiten Quadranten, so daß ηy > π/2 ist.
Aus der Sicht von Σo ist also der Winkel zwischen der x̃ - und der ỹ  -Achse größer als
π/2 . Diese Achsen sind für den Beobachter in Σo nicht mehr orthogonal, was wir zeigen
wollten.

Für den Winkel
 δy , den
 die ỹ -Achse mit der y-Achse bildet, können wir daher schreiben
tan δy = tan η− (π/2) = − cot ηy = −xF /yF , also
xF (1 − γ)β1 β2
tan δy = − = . (866)
yF β12 + γβ22
Wir bemerken, daß der Winkel δx in (865) mit dem Winkel α3 aus Gleichung (170) bzw.
(348) übereinstimmt.
37 Aufgaben und Lösungen 295

Aufgabe 21

Erklären Sie die sowohl von Σo als auch von Σ aus beobachtete Zeitdilatation
aus der geometrischen Darstellung der Lorentz-Transformation im Minkowski-
Raum analog zur Erklärung der Lorentz-Kontraktion in Abb. 45, S. 150.
Kap. 28
Wir behandeln diese Aufgabe anhand von Abb. 65.

Uo UoB
6ct Eichhyperbel p
U C p
 Uo p
 ct p
  p p
1 rA  p Lichtkegel
p p γ  p 1
 p rF
p p p rEp  p p p   p  
Eichhyperbel
1   p
  p
γ r
  p
C  p
x
  p *

 p 
 

  p r
   p1  p
  p
 
  p
  p
   p
p
 
ϕ   p
  p
 O p
 r -x
 
  vB
  1
p
   cγ
   p
p

  p
 p
Abb. 65: Spezielle Lorentz-Transformation und Zeitdilatation. Die Maßeinheit ’1’ ist auf den
ct- bzw. ct Achsen dick gezeichnet.

Der Schnittpunkt F (xF , ctF ) der c t -Achse gemäß (366) mit ihrer Eichhyperbel (368)
ist durch die Gleichungen
c
ctF = xF , und x2F − c2 t2F = 1
v
bestimmt. Daraus folgt
v 1
xF = , ctF = . (867)
cγ γ
Damit definieren wir die Punkte B und A auf den Achsen.
(Einen zweiten Schnittpunkt für negative c t -Werte lassen wir weg.)
Da für den Punkt F gemäß (867) das invariante Linienelement
s2 = c2 t2F − x2F = c2 tF − xF = 1
2 2

lautet, wird in Σ mit xF = 0 die Einheit auf der c t -Achse festgelegt zu c tF = 1 .
296 Anhang

Für die Beschreibung der Zeitdilatation müssen wir jeweils die Zeigerstellungen einer
bewegten Uhr mit den Zeigerstellungen zweier ruhender Uhren vergleichen, an denen jene
garade vorbeikommt. Wir erinnern, s. S. 152, bei der Maßeinheit ’1’ auf der ct-Achse
steht der Zeiger der Uhr auf (1/c) s ≈ (1/3) · 10−8 s (SI-Einheiten im Minkowski-Raum).
Die Uhren Uo und Uo ruhen bei x = 0 in Σo bzw. bei x = 0 in Σ , und ihre
Zeigerstellungen genügen am gemeinsamen Koordinatenursprung der Anfangsbedingung
t = 0 bzw. t = 0 .
Die Weltlinien der in Σo ruhenden Uhren sind in unserem Minkowski-Diagramm die
Parallelen zur c t-Achse. Der Zeigerstellung ’1’ der Uhr Uo ist durch die Eichhyper-
beln (368) der Punkt F zugeordnet, der in Σo die Koordinaten (867) besitzt. Die
Weltlinie der bei x = v/(c γ) in Σo ruhenden Uhr UoB schneidet daher die Weltlinie
der Uhr Uo am Punkt F , d.h., beide Uhren begegnen sich dort und können ihre Zeiger-
stellungen unmittelbar vergleichen. Die Zeigerstellung von UoB ist die Zeit-Koordinate
des Punktes F , d.h., der Zeiger von UoB steht auf 1/γ , während der von Uo auf ’1’ steht :

Die im System Σo mit der Geschwindigkeit v bewegte Uhr Uo geht, in Σo beobachtet,
gegenüber den in Σo ruhenden Uhren um den Faktor γ langsamer.

Die Weltlinien der in Σ ruhenden Uhren sind in unserem Minkowski-Diagramm die


Parallelen zur c t -Achse. Der Zeigerstellung ’1’ der Uhr Uo ist durch die Eichhyperbeln
(368) der Punkt E zugeordnet.
Wir bestimmen die Parallele zur x -Achse durch den Punkt F aus
(c t − c tF )/(x − xF ) = v/c ,

also

v
ct = x+γ . Parallele zur x -Achse durch F (868)
c

Diese Gerade schneidet die c t-Achse, also x = 0 in (868), im Punkt C bei c t = γ .


Die Parallele zur c t -Achse (368) durch den Punkt C ist die Weltlinie einer in Σ
synchronisierten Uhr U C , welche also zum Ereignis C mit Uo gleichzeitig auf der
Zeigerstellung t = 1 steht. Der Zeiger der in Σo ruhenden, also in bezug auf Σ mit der
Geschwindigkeit v bewegten Uhr Uo zeigt bei der Begegnung mit der Uhr U C aber die
Zeit t = γ . Am gemeinsamen Koordinatenursprung O hat Uo noch mit der Uhr Uo auf
derselben Anfangsstellung Null gestanden :

Die im System Σ mit der Geschwindigkeit v bewegte Uhr Uo geht, in Σ beobachtet,


gegenüber den in Σ ruhenden Uhren um den Faktor γ langsamer.

Aus der geometrischen Darstellung im Minkowski-Raum ist also auch die Zeitdilatation
für alle Inertialsysteme abzulesen.
37 Aufgaben und Lösungen 297

Aufgabe 22

Zeigen Sie für einen Körper, der sich mit der Geschwindigkeit u = dx/dt
entlang der x-Achse in Σo bewegt, daß seine Eigenzeit τE ,
τE tE tE
τE = dτ = 1 − u2 (t)/c2 dt = 1 − u2 (t )/c2 dt ,
0 0 0
ein relativistisch invarianter Parameter ist.

Kap. 13, 28
Wir betrachten die Weltlinie des Körpers vom Ereignis O bis zu einem beliebigen Ereignis
E . Dabei ist der Koordinatenursprung O als Start natürlich keine Einschränkung
der Allgemeinheit für den Nachweis der Invarianz. Das Inertialsystem Σ bewege sich
entlang der x-Achse von Σo mit der Geschwindigkeit v . Für jeden Punkt der Weltlinie
des Körpers gilt die spezielle Lorentz-Transformation (75) bzw. (284). Die Bewegung
des Körpers x = u(t) setzen wir in (75) ein und erhalten, indem wir die y- und die
z-Koordinaten gleich weglassen,

x(t) − v t ⎪
x = ⎪

1 − v2 /c2 ⎪

(869)
t − x(t) v/c2 ⎪ ⎪

t = . ⎪


1 − v /c
2 2

Zur Berechnung des Integrals


tE
1 − u2 (t )/c2 dt (870)
0

substituieren wir t = t (t) gemäß (869), also



dt 1 − u(t) v/c2 dt 1 − v 2 /c2
= ←→ = (871)
dt 1 − v 2 /c2 dt  1 − u(t) v/c2

und damit

 dx
 dx dt u(t) − v 1 − v 2 /c2 u(t) − v
u (t ) =  = 
= = , (872)
dt dt dt 1 − v /c 1 − u(t) v/c
2 2 2 1 − u(t) v/c2

wobei die zweite Gleichung in (872) nichts anderes ist als Einsteins Additionstheorem der
Geschwindigkeiten (76).
Nach der Substitution laufen die Grenzen in der neuen Variablen t von 0 bis tE . Wir
setzen (871) und (872) in (870) ein und erhalten
298 Anhang

tE 

tE 2
 1 (u(t) − v) 1 − u(t) v/c2
1− u2 (t )/c2 dt = 1− dt
c2 (1 − u(t) v/c2 )2 1 − v 2 /c2
0tE 

0tE 2
1 (u(t) − v) 1 − u(t) v/c2
1 − u2 (t )/c2 dt = tE 1 − c2 2
dt
(1 − u(t)2 v/c12 ) 1 − v22 /c2
0 = 0 (1 − u(t) v/c ) − 2 (u(t) − v) dt
2
c
0tE 
2 2
1 2
= tE (1 − u(t) v/c 2) 2− c2 2(u(t) 2− v) dt
uv u v u v uv 1
= 0 1−2 2 + 4 − 2 − 2 +2 2 dt
 c c c c c 1 − v 2 /c2
0tE
uv u2 v 2 u2 v2 uv 1
= tE 1 − 2 c2 + c4 − c2 − c2 + 2 c2 dt
1 1 − v2 /c2
= 0 (1 − v /c ) (1 − u (t)/c )
2 2 2 2 dt ,
1 − v 2 /c2
0tE
1
= (1 − v 2 /c2 ) (1 − u2 (t)/c2 ) dt ,
also 1 − v 2 /c2
0

τE tE tE
also 
τE = dτ = 1− u2 (t )/c2
dt = 1 − u2 (t)/c2 dt . (873)

0τE 0tE 0tE
τE = dτ = 1 − u2 (t )/c2 dt = 1 − u2 (t)/c2 dt . (873)
Für die Bewegung eines Körpers vom Koordinatenursprung mit einer beliebigen
0 0 0
Geschwindigkeit bis zu einem willkürlich herausgegriffenen Ereignis E seiner Weltlinie
erhalten
Für die wir also unabhängig
Bewegung vom Inertialsystem
eines Körpers ein und denselben Wert
vom Koordinatenursprung für diebeliebigen
mit einer Eigenzeit
τGeschwindigkeit
E , was wir zeigen wollten.
bis zu einem willkürlich herausgegriffenen Ereignis E seiner Weltlinie
erhalten wir also unabhängig vom Inertialsystem ein und denselben Wert für die Eigenzeit
τE , was wir zeigen wollten.
Aufgabe 23

Zeigen Sie anhand des total unelastischen Stoßes zweier Körper derselben Ruh-
Aufgabe 23
masse mo die Umwandlung der kinetischen Energie der Ausgangskörper in eine
äquivalente
Zeigen Ruhenergie
Sie anhand nachunelastischen
des total dem Stoß. Führen
StoßesSie die Rechnung
zweier mit HilfeRuh-
Körper derselben des
kovarianten Formalismus im Minkowski -Raum für das Schwerpunktsystem
masse mo die Umwandlung der kinetischen Energie der Ausgangskörper in eine der
beiden Körper
äquivalente durch. nach dem Stoß. Führen Sie die Rechnung mit Hilfe des
Ruhenergie
kovarianten Formalismus im Minkowski-Raum für das Schwerpunktsystem der
Kap. beiden
18, 29Körper durch.
Im inertialen Schwerpunktsystem legen wir die x-Achse in die Bewegungsrichtung der
beiden,18,
Kap. aufeinander
29 zueilenden Massen mo . Nach dem Stoß kennzeichnen wir die Größen
durch einen Querstrich. Total unelastisch
Im inertialen Schwerpunktsystem legen wirbedeutet, daß in
die x-Achse dabei
die ein einziger Körper der
Bewegungsrichtung der
Ruhmasse
beiden, M o entsteht.
aufeinander Für die
zueilenden dreidimensionalen
Massen mo . Nach demGeschwindigkeiten
Stoß kennzeichnenkönnen
wir diewir dann
Größen
schreiben,
durch einen Querstrich. Total unelastisch bedeutet, daß dabei ein einziger Körper der

Ruhmasse M o entsteht. Für die dreidimensionalen Geschwindigkeiten können wir dann
Vor dem Stoß : u1 = −u2 = (u, 0, 0) ,
schreiben, (874)
Nach dem Stoß : U = (U , 0, 0) .
Vor dem Stoß : u1 = −u2 = (u, 0, 0) ,
(874)
Nach dem Stoß : U = (U , 0, 0) .
37 Aufgaben und Lösungen 299

Wir wenden den Energie-Impuls-Satz (400) an, also


i
pi1 + pi2 = P . (875)

Mit den Ruhmassen mo und M o und der Vierergeschwindigkeit gemäß (375), wo wir den
Wurzelfaktor γ mit den entsprechenden Geschwindigkeiten u bzw. U indizieren, gilt dann
i
ui ui U
mo 1 + mo 2 = M o . (876)
γu γu γU

Setzen wir in (876) i = 1, 2, 3 , so bleibt wegen (874) nur die Gleichung

u −u U
mo + mo = Mo =0 , (877)
γu γu γU

also

U = 0 −→ γU = 1 . (878)

Setzen wir in (876) i = 0 , so folgt unter Beachtung von (375) mit (878)
c c
mo + mo = Mo , (879)
γu γu

also unser Ergebnis aus Kap. 22, Gleichung (140),

2mo
Mo = , (880)
γu

und damit auch die Umsetzung der kinetischen Energie der Körper vor dem Stoß in einen
Beitrag zur Ruhenergie gemäß Gleichung (141).

Aufgabe 24

Ein instabiles Teilchen der Ruhmasse Mo möge in zwei Teilchen mit den Ruh-
massen mo1 und mo2 zerfallen. Was können Sie über die Massen mo1 und
mo2 aussagen? Rechnen Sie im kovarianten Formalismus.

Kap. 29
Es handelt sich um einen unelastischen, relativistischen Stoßprozeß. Wir rechnen in dem
Inertialsystem, in welchem das zerfallende Teilchen ruht. Ferner können wir die x-Achse
in die Bewegungsrichtung der auseinanderfliegenden Teilchen legen. Damit erhalten wir
für die dreidimensionalen Geschwindigkeiten

Vor dem Stoß : U = (0, 0, 0) , ⎪


u1 = (u1 , 0, 0) , ⎪ (881)
Nach dem Stoß : ⎪

u2 = (u2 , 0, 0) .
300 Anhang

Wir wenden den Energie-Impuls-Satz (400) an, also

P i = pi1 + pi2 . (882)

Mit den Ruhmassen mo1 , mo2 und Mo und der Vierergeschwindigkeit gemäß (375),
wo wir den Wurzelfaktor γ mit den entsprechenden Geschwindigkeiten u1 bzw. u2
indizieren und wegen U = 0 gleich γU = 1 berücksichtigen, gilt dann
ui1 ui
mo + mo 2 = Mo U i . (883)
γu1 γu2

Setzen wir in (883) i = 1, 2, 3 , so bleibt wegen (881) mit U = 0 die Gleichung


u1 u2
mo + mo =0 . (884)
γu1 γu2

Setzen wir in (883) i = 0 , so folgt unter Beachtung von U = 0


mo mo
+ = Mo . (885)
γu1 γu2

Damit haben wir zwei Gleichungen (884) und (885) für vier Unbekannte mo1 , mo1 , u1 , u2 .
Unser Gleichungssystem ist unterbestimmt. Wir können nicht sagen, was für Massen nach
dem Stoß vorliegen. Wir können die Gleichungen nur noch etwas eleganter schreiben.
Mit
v/c := tanh ϕ
gilt nämlich, indem wir (282) beachten,

mo sinh ϕ1 + mo sinh ϕ2 = 0 ,
(886)
mo cosh ϕ1 + mo cosh ϕ2 = Mo .

Diese Gleichungen müssen also bei jedem Zerfall erfüllt sein. Ob aber ein Teilchen zerfällt
und in welche Bestandteile, darüber kann nur die Quantentheorie der Elementarteilchen-
physik Auskunft geben.

Aufgabe 25

Wir betrachten noch einmal die Aufg. 8, S. 273: Ein Körper L bewege sich
entlang der x-Achse, und es werde in Σo die Beschleunigung a = d2 xL /dt2
gemessen. Welche Beschleunigung a wird im System Σ festgestellt, das sich
in bezug auf Σo mit der Geschwindigkeit v in x-Richtung bewegt? Lösen Sie
diese Aufgabe im kovarianten Formalismus für den Vierervektor der Beschleu-
nigung ai .

Kap. 29
Wegen der vorausgesetzten eindimensionalen Bewegung des Körpers L entlang der
x-Achse im System Σo ,
37 Aufgaben und Lösungen 301

 
du
u = (u, 0, 0) , a = (a, 0, 0) = , 0, 0 , (887)
 dt 
du
u = (u, 0, 0) , a = (a, 0,i 0) = , 0, 0 , (887)
lautet der Vierervektor a der Beschleunigung
dt gemäß (379)
   
lautet
i
der
a u/c Vierervektor
a ai 2der Beschleunigung
a u u/c au/c a(1 − u2(379)
gemäß /c2 ) + au u/c2
a = , 2 + , 0, 0 = , , 0, 0 ,
 γu4 γu γu4 2   γu4 γ4
2 2u

i a u/c a a u u/c au/c a(1 − u /c ) + au u/c 2
a = 4
, 2 + , 0, 0 = , , 0, 0 ,
also gilt γfür
u den γuVektorγu4ai in Σ γu4 γu4
o
 
also
i giltau/c a Vektor ai in Σo
für den
a = , 4 , 0, . (888)
 γu4 γu 
au/c a
ai = , 4 , 0, . (888)
Im System γu4 Σ γugilt dann mit
 
     du
Im=System
u (u , 0, 0)Σ gilt
, adann = (amit , 0, 0) = , 0, 0 (889)
 dt 
du
u =den
für (uVierervektor
, 0, 0) , a =  
ai (a , 0, 0) = dt , 0, 0 (889)
    
u /c a
für den aVierervektor ai
ai = , , 0, 0 . (890)
 γu4 γu4 
 a u /c a
ai = , 4 , 0, 0 . (890)
Dabei ist γwegen4
u γEinstein
u
s Additionstheorem (76) sowie wegen der Formeln (127)
 u−v γu γv
Dabei
u = ist wegen γu = s Additionstheorem
,Einstein . (76) sowie wegen der Formeln (127) (891)
1 − u v/c2 1 − u v/c2
u−v γu γv
u = , γu = . (891)
− u v/c2
Nun 1transformieren sich 1 die − u v/c
Komponenten
2 von ai wie die Komponenten von xi
1
gemäß (284). Uns interessiert hier die Komponente a . Indem wir, um Verwechslungen
Nun
zu transformieren
vermeiden, den Faktor sichγ die Komponenten von ai noch
der Transformationsmatrix wie mit
die v Komponenten xi
von wir
indizieren, erhalten
1
gemäß (284). Uns interessiert hier die Komponente a . Indem wir, um Verwechslungen
v/c 0 den1Faktor
zu vermeiden, γ v/cder aTransformationsmatrix
u/c 1 1 − u v/c noch mit v indizieren, erhalten wir
a1 = − a + a1 = − 4
+ a=a .
γv γv γv γu γv γv γu4
 v/c 0 1 1 v/c a u/c 1 1 − u v/c
a1 = − a + a =− + a=a 4 1
.
Hier setzen γv wir auf γv der linken γu4 der γGleichung
γv Seite v γfür
v γua gemäß (890) ein sowie für γu
gemäß (891), 
Hier setzen wir auf der linken Seite der Gleichung für a1 gemäß (890) ein sowie für γu
gemäß 1 (891), 1 − u v/c
a 4 = a ,
γu γv γu4
1 1 − u v/c
a 4 = a ,
γ  1−γvuγv/c4 1 − u v/c γu4 γv4
a u = a u γ 4
 = a ,
γv γu4 u
γv γu4 (1 − 4u v/c) 4
1 − u v/c 1 − u v/c γ γ 4
a = a γu4 = a u v
,
also schließlichγv γu
4 γv γu4 (1 − u v/c)4

 γv3
aalso
= schließlich
a (892)
(1 − u3v/c)3
 γv
a =a (892)
(1 − u v/c)3 mit unserem Ergebnis (782).
in Übereinstimmung

in Übereinstimmung mit unserem Ergebnis (782).


302 Anhang

Aufgabe 26

Berechnen Sie den zentralen, elastischen Stoß zweier relativistischer Teilchen


mit den Ruhmassen mo1 und mo2 und vergleichen Sie das Ergebnis mit der
klassischen Näherung für Teilchengeschwindigkeiten u  c .

Kap. 29
Wir nehmen an, daß die beiden Teilchen auf der x-Achse des Bezugssystems Σo
aufeinander zulaufen. Unser Problem ist also eindimensional. Von dem Erhaltungssatz
(400) für Energie und Impuls unseres Systems aus den beiden Teilchen bleiben dann nur
noch die nullte und die erste Komponente übrig, die nicht identisch verschwinden. Für
die Gesamtenergie und den Gesamtimpuls schreiben wir E und P . Die Ruhmassen mo1
und mo2 bleiben beim elastischen Stoß ungeändert. Mit den Geschwindigkeiten u1 , u2
und u1 , u2 der Teilchen vor bzw. nach dem Stoß können wir dann für (400) schreiben,

E mo1 mo2 mo1 mo2 ⎫


= + = + , ⎪


c2 1 − u21 /c2 1 − u22 /c2 1 − u21 /c2 1 − u22 /c2 ⎪⎬
(893)


mo1 u1 mo2 u2 mo1 u1 mo1 u2 ⎪
P = + = + . ⎪

1 − u21 /c2 1 − u22 /c2 1 − u21 /c2 1 − u22 /c2

Aus den vorgegebenen Anfangsgeschwindigkeiten u1 und u2 wollen wir die


Endgeschwindigkeiten u1 und u2 der Teilchen berechnen. Zu Vergleichszwecken
skizzieren wir zunächst kurz den Grenzfall der klassischen Mechanik.
Für u  c lautet die erste nichtverschwindende, d.h. die klassische Näherung von (893)


1 1 1 1 ⎪
Ekl = mo1 u21 + mo2 u22 = mo1 u21 + mo2 u22 , ⎬
2 2 2 2 uc . (894)


Pkl = mo1 u1 + mo2 u2 = mo1 u1 + mo1 u2 .

Diese Gleichungen kann man leicht umschreiben in

mo1 (u1 − u1 ) = mo2 (u2 − u2 ) ,


uc .
mo1 (u1 + u1 )(u1 − u1 ) = mo2 (u2 + u2 )(u2 − u2 ) ,

Daraus finden wir entweder die triviale Lösung

a) u1 = u1 , u2 = u2 , u  c , (895)

d.h., die Teilchen laufen ohne Wechselwirkung aneinander vorbei.


37 Aufgaben und Lösungen 303

Oder, falls also u1 − u1 = 0 , folgt

b) u1 + u1 = u2 + u2 , u  c (896)

und damit nach leichter Rechnung für die Endgeschwindigkeiten u1 und u2



Pkl + mo2 (u2 − u1 ) ⎪
u1 = , ⎪

mo1 + m02 ⎬
uc . (897)
Pkl + mo1 (u1 − u2 ) ⎪

u2 = , ⎪

mo1 + mo2

Die strengen, relativistischen Gleichungen (893) erfordern nun auf Grund der Wurzel-
ausdrücke etwas mehr Rechenaufwand. Zur Vereinfachung von (893) führen wir folgende
Abkürzungen ein,

mo1 P ⎫
µ := , π := , ⎪

mo2 mo2 ⎪



u1 u2 u1 u2 (898)
β1 = , β2 = , β1 = , β2 = , ⎪

c c c c ⎪



β1 := tanh ϕ1 , β2 := tanh ϕ2 , β 1 := tanh ϕ1 , β 2 := tanh ϕ2 .


Wegen cosh ϕ = 1/ 1 − tanh2 ϕ und sinh ϕ = tanh ϕ/ 1 − tanh2 ϕ wird dann

1
cosh ϕ = , ⎪


1 − u2 /c2 ⎬
(899)
u/c ⎪
sinh ϕ = , ⎪


1 − u2 /c2

und wir verwenden folgende Eigenschaften der hyperbolischen Funktionen,



cosh2 x − sinh2 x = 1 , ⎪


sinh(x ± y) = sinh x cosh y ± cosh x sinh y , (900)



cosh(x ± y) = cosh x cosh y ± sinh x sinh y .

Nach Division durch mo2 erhalten wir aus (893)



π = µ sinh ϕ1 + sinh ϕ2 = µ sinh ϕ1 + sinh ϕ2 , ⎬
E (901)
= µ cosh ϕ1 + cosh ϕ2 = µ cosh ϕ1 + cosh ϕ2 . ⎭
mo2 c2

Mit der Näherung sinh x ≈ x , cosh x ≈ 1 + (1/2)x2 und tanh x ≈ x erhalten wir aus (901)
wieder die klassische Näherung (894).
304 Anhang

Wir quadrieren nun die beiden Gleichungen (901) und subtrahieren dann die erste von der
zweiten mit dem Ergebnis

µ2 cosh2 ϕ1 + cosh2 ϕ2 + 2µ cosh ϕ1 cosh ϕ2 − µ2 sinh2 ϕ1 − sinh2 ϕ2 − 2µ sinh ϕ1 sinh ϕ2


= µ2 cosh2 ϕ1 + cosh2 ϕ2 + 2µ cosh ϕ1 cosh ϕ2 − µ2 sinh2 ϕ1 − sinh2 ϕ2 − 2µ sinh ϕ1 sinh ϕ2 .

Mit (900) finden wir daraus nach leichter Rechnung


cosh(ϕ1 − ϕ2 ) = cosh(ϕ1 − ϕ2 ) . (902)

Wegen cosh(−x) = cosh x hat diese Gleichung zwei Lösungen,

a) ϕ1 − ϕ1 = ϕ2 − ϕ2 (903)

und
b) ϕ1 + ϕ1 = ϕ2 + ϕ2 . (904)

Die physikalische Bedeutung von a) gewinnen wir aus einer Näherungsbetrachtung.


Nimmt man in der ersten Gleichung von (901) sinh x ≈ x an und setzt gemäß (903)
ϕ1 = ϕ1 + ϕ2 − ϕ2 , so folgt nach kurzer Rechnung (1 + µ)ϕ2 = (1 + µ)ϕ2 . Wegen
(1 + µ) = 0 folgt ϕ2 = ϕ2 , so daß auch ϕ1 = ϕ1 und damit u1 = u1 und u2 = u2 . Die
Lösung (903) ist also mit dem klassischen Fall (895) identisch. Die Teilchen gehen ohne
Wechselwirkung aneinander vorbei.
Der Fall b) muß dann die relativistische Verallgemeinerung der klassischen Gleichung
(896) sein. Gemäß (904) setzen wir in der ersten Gleichung von (901) ϕ1 = ϕ2 − ϕ1 + ϕ2
und finden
π = µ sinh(ϕ2 − ϕ1 + ϕ2 ) + sinh ϕ2 ,
π = µ sinh(ϕ2 − ϕ1 ) cosh ϕ2 + cosh(ϕ2 − ϕ1 ) sinh ϕ2 + sinh ϕ2 ,
π − sinh ϕ2 [1 + cosh(ϕ2 − ϕ1 )] = µ sinh(ϕ2 − ϕ1 ) cosh ϕ2 .

Wir quadrieren die letzte Gleichung,

π 2 + sinh2 ϕ2 [1 + µ cosh(ϕ2 − ϕ1 )]2 − 2π sinh ϕ2 [1 + µ cosh(ϕ2 − ϕ1 )]


= µ2 sinh2 (ϕ2 − ϕ1 ) + µ2 sinh2 (ϕ2 − ϕ1 ) sinh2 ϕ2 ,
 
sinh2 ϕ2 [1 + µ cosh(ϕ2 − ϕ1 )]2 − µ2 sinh2 (ϕ2 − ϕ1 )
−2 sinh ϕ2 π [1 + µ cosh(ϕ2 − ϕ1 )] + π 2 − µ2 sinh2 (ϕ2 − ϕ1 ) = 0 ,

sinh2 ϕ2 [1 + µ2 + 2µ cosh(ϕ2 − ϕ1 )]
−2 sinh ϕ2 π [1 + µ cosh(ϕ2 − ϕ1 )] + π 2 − µ2 sinh2 (ϕ2 − ϕ1 ) = 0

und finden also eine quadratische Gleichung für sinh ϕ2 ,

2π[1+µ cosh(ϕ2 −ϕ1 )] µ2 sinh2 (ϕ2 −ϕ1 )−π 2


sinh2 ϕ2 − sinh ϕ2 − =0. (905)
1+µ2 +2µ cosh(ϕ2 −ϕ1 ) 1+µ2 +2µ cosh(ϕ2 −ϕ1 )
37 Aufgaben und Lösungen 305

Wir betrachten die Lösung mit dem negativen Vorzeichen der Wurzel


π [1 + µ cosh(ϕ2 − ϕ1 )] ⎪
sinh ϕ2 = ⎪

1 + µ2 + 2µ cosh(ϕ2 − ϕ1 ) ⎪

 (906)
π [1 + µ cosh(ϕ2 − ϕ1 )]
2
µ2 sinh2 (ϕ2 − ϕ1 ) − π 2 ⎪


− + .⎪

1 + µ2 + 2µ cosh(ϕ2 − ϕ1 ) 1 + µ2 + 2µ cosh(ϕ2 − ϕ1 )

Die zweite Lösung mit dem positiven Vorzeichen der Wurzel können wir aus folgendem
Grund weglassen:
Wir betrachten den klassischen Grenzfall kleiner Geschwindigkeiten, also kleine Argumente
bei den hyperbolischen Funktionen mit sinh x ≈ x und cosh x ≈ 1 .
Ferner nehmen wir o.B.d.A. ϕ2 − ϕ1 ≥ 0 an, so daß

(ϕ2 − ϕ1 )2 = ϕ2 − ϕ1 .

Bei einem positiven Vorzeichen vor der Wurzel erhalten wir dann

π π2 µ2 (ϕ2 − ϕ1 )2 − π 2
ϕ2 = + 2
+ ,
1+µ (1 + µ) (1 + µ)2

π µ(ϕ2 − ϕ1 ) µϕ1 + ϕ2 µ(ϕ2 − ϕ1 )


= + = +
1+µ 1+µ 1+µ 1+µ

= ϕ2 .

Die Teilchen gehen also ohne Wechselwirkung aneinander vorbei. Diese Lösung haben wir
aber bereits durch (903) erfaßt.
Die Lösung (906) vereinfacht sich wesentlich, wenn wir den Stoß der beiden Teilchen in
dem Inertialsystem betrachten, in welchem der Gesamtimpuls P verschwindet. Sei also
Σo das Schwerpunktsystem mit P = 0 und also auch π = 0 . O.B.d.A. nehmen wir
wieder ϕ2 − ϕ1 ≥ 0 an. Unter Beachtung von sinh(−x) = − sinh x erhalten wir dann für
(906) in Σo

µ sinh(ϕ1 − ϕ2 )
sinh ϕ2 = , für P = 0 . (907)
1 + µ2 + 2µ cosh(ϕ2 − ϕ1 )

Durch (904) ist dann auch ϕ1 bestimmt. Die Lösung für ϕ1 sieht aber symmetrischer
aus, wenn wir denselben Rechengang wiederholen, indem wir nun in der ersten Gleichung
von (901) gemäß (904) ϕ2 = ϕ1 − ϕ2 + ϕ1 einsetzen. Die quadratische Gleichung, die wir
jetzt für sinh ϕ1 erhalten, hat nun die Lösung

π [µ + cosh(ϕ2 −ϕ1 )] ⎪
sinh ϕ1 = ⎪

1 + µ2 + 2µ cosh(ϕ2 −ϕ1 ) ⎪

 (908)
π [µ + cosh(ϕ2 −ϕ1 )]
2
sinh2 (ϕ2 −ϕ1 )−π 2 ⎪


+ + .⎪

1 + µ2 + 2µ cosh(ϕ2 −ϕ1 ) 1 + µ2 + 2µ cosh(ϕ2 −ϕ1 )
306 Anhang

Hier müssen wir das positive Vorzeichen der Wurzel nehmen, da das negative Vorzeichen
Hier müssen wir das positive Vorzeichen der Wurzel nehmen, da das negative Vorzeichen
mit unserer Annahme ϕ2 − ϕ1 ≥ 0 nun auf die triviale Lösung ϕ = ϕ1 führt. Im
mit unserer Annahme ϕ2 − ϕ1 ≥ 0 nun auf die triviale Lösung ϕ11 = ϕ1 führt. Im
Schwerpunktsystem der stoßenden Teilchen erhalten wir aus (908) mit π = 0 nun
Schwerpunktsystem der stoßenden Teilchen erhalten wir aus (908) mit π = 0 nun
sinh(ϕ2 − ϕ1 )
sinh ϕ = sinh(ϕ2 − ϕ1 ) , für P = 0 . (909)
sinh ϕ11 = 1 + µ2 + 2µ cosh(ϕ2 − ϕ1 ) , für P = 0 . (909)
1 + µ2 + 2µ cosh(ϕ2 − ϕ1 )
Gilt für alle Teilchengeschwindigkeiten u/c  1 und setzen wir also sinh x ≈ x ,
Gilt für alle Teilchengeschwindigkeiten u/c  1 und setzen wir also sinh x ≈ x ,
cosh x ≈ 1 und tanh x ≈ x , dann gehen die relativistischen Lösungen (906) und (908)
cosh x ≈ 1 und tanh x ≈ x , dann gehen die relativistischen Lösungen (906) und (908)
in die klassische Lösung (897) über. Die strengen relativistischen Lösungen (906) - (909)
in die klassische Lösung (897) über. Die strengen relativistischen Lösungen (906) - (909)
korrigieren also die klassische Näherung (897) für kleine Teilchengeschwindigkeiten u  c .
korrigieren also die klassische Näherung (897) für kleine Teilchengeschwindigkeiten u  c .
Auffallend ist, daß die relativistischen Lösungen im Schwerpunktsystem (907) und (909)
Auffallend ist, daß die relativistischen Lösungen im Schwerpunktsystem (907) und (909)
mit P = 0 , einen ähnlichen algebraischen Aufbau zeigen wie die klassischen Lösungen
mit P = 0 , einen ähnlichen algebraischen Aufbau zeigen wie die klassischen Lösungen
(897) bei Pkl = 0 .
(897) bei Pkl = 0 .

Aufgabe 27
Aufgabe 27
Verifizieren Sie anhand einer Drehung um die z-Achse, daß die dreidimensio-
Verifizieren Sie anhand einer Drehung um die z-Achse, daß die dreidimensio-
nale Vektoreigenschaft der elektrischen Feldstärke E und der magnetischen In-
nale Vektoreigenschaft der elektrischen Feldstärke E und der magnetischen In-
duktion B durch das Transformationsverhalten des Tensors Fik im Minkowski-
duktion B durch das Transformationsverhalten des Tensors Fik im Minkowski-
Raum gewährleistet ist.
Raum gewährleistet ist.
Kap. 28, 30
Kap. 28, 30
Der Tensor Fik transformiert sich gemäß (474), also
Der Tensor Fik transformiert sich gemäß (474), also
∂xi ∂xk
Fi k = ∂xii ∂xkk Fik . (910)
Fi k = ∂xi ∂xk Fik . (910)
∂x ∂x
Die Transformationsmatrix für eine Drehung um die z-Achse können wir aus (291)
Die Transformationsmatrix
  für eine Drehung um die z-Achse können wir aus (291)
ablesen. Dort ist xi = D3iii xii mit dem Drehwinkel α3 um die z-Achse. Man kann damit
ablesen. Dort ist xi = D x mit dem Drehwinkel α um die z-Achse. Man kann damit
zur Berechnung von Fi k3 idie Summationen in (910)3unter Verwendung von Fik gemäß
zur Berechnung von Fi k die Summationen in (910) unter Verwendung von Fik gemäß
(473) gliedweise ausführen. Wir geben hier außerdem die Matrixschreibweise von (910)
(473) gliedweise ausführen. Wir geben hier außerdem die Matrixschreibweise von (910)
an, nämlich
an, nämlich
0  Ey  1
0 0 Ex
 
Ecy
Ez
 1
Ecx Ecz
B 0 C
B Ex c c c C
B −E  0 −Bz By C
F i k  B
= B− c
cx
0 −Bz By C
C
F i k  = B Ey C
B − Ecy Bz 0 −Bx C
@− c
B Bz 0 −Bx A
C
@ Ez A
− E  −By Bx 0
− ccz −By Bx 0
0 10 Ex Ey Ez 10 1
0 1 0 0 0 10 0 Ecx Ecy Ecz 10 1 0 0 0 1
B 1 0 0 0 C B E0x c c c CB 1 0 0 0 C
B 0 cos α3 sin α3 0 C B − Ecx 0 −Bz By CB 0 cos α3 sin α3 0 C
B
=B 0 cos α3 sin α3 0 C B− 0 −Bz By CB 0 cos α3 sin α3 0 C .
C
CB
c C
CB C
=B 0 − sin α3 cos α3 0 B − Ey Bz 0 −Bx B 0 − sin α3 cos α3 0 C.
@
B 0 − sin α3 cos α3 0 AB
C @ − Ecy Bz 0 −Bx AB
C @ 0 − sin α3 cos α3 0 A
C
@ A @ Ec A@ A
0 0 0 1 − z −By Bx 0 0 0 0 1
0 0 0 1 − Eccz −By Bx 0 0 0 0 1
37 Aufgaben und Lösungen 307

Die Ausmultiplikation dieser Matrizen ergibt, daß die so berechneten, gestrichenen Kompo-
Die Ausmultiplikation
nenten von E unddieser B Matrizen ergibt,
tatsächlich mitdaßder
die so berechneten, gestrichenen
dreidimensionalen Kompo-
Vektorrechnung
nenten von
übereinstimmen,E und B tatsächlich mit der dreidimensionalen Vektorrechnung
übereinstimmen,
⎛  ⎞ ⎛ ⎞⎛ ⎞ ⎫
⎛ Bx ⎞ ⎛ cos α3 sin α3 0 ⎞ ⎛ Bx ⎞ ⎪ ⎫



⎜ Bx ⎟ ⎜ cos α3 sin α3 0 ⎟ ⎜ Bx ⎟ ⎪ ⎪

⎝⎜ y ⎠
B ⎟ ⎝= ⎜− sin α cos α 0 ⎠
⎟⎝ ⎜ y ⎠
B ⎟ ⎪, ⎪

⎝ By ⎠ = ⎝− sin α3 cos α3 0 ⎠ ⎝ By ⎠ , ⎪ ⎪
3 3




Bz 0 0 1 Bz ⎪



Bz 0 0 1 Bz ⎪

⎛  ⎞ ⎛ ⎞⎛ ⎞ ⎪ (911)
⎛ Ex ⎞ ⎛ cos α3 sin α3 0 ⎞ ⎛ Ex ⎞ ⎪ ⎪

(911)


⎜ Ex ⎟ ⎜ cos α3 sin α3 0 ⎟ ⎜ Ex ⎟ ⎪ ⎪




⎝⎜ Ey ⎠⎟= ⎝ ⎜− sin α3 cos α3 0 ⎠ ⎟⎝⎜ Ey ⎠ ⎟ . ⎪ ⎪


⎝ Ey ⎠ = ⎝− sin α3 cos α3 0 ⎠ ⎝ Ey ⎠ . ⎪ ⎪



Ez 0 0 1 Ez ⎭
Ez 0 0 1 Ez

Aufgabe 28
Aufgabe 28
Leiten Sie aus den Maxwellschen Gleichungen das Coulombsche Gesetz her.
Leiten Sie aus den Maxwellschen Gleichungen das Coulombsche Gesetz her.
Kap. 30
Kap. 30
Es handelt sich um ein statisches Problem, so daß alle Zeitableitungen verschwinden,
Es handelt
∂/∂t = 0 . Am sich um ein statisches Problem,
Koordinatenursprung betrachtensowir
daß alle
eine Zeitableitungen
ruhende Punktladungverschwinden,
e1 die wir
∂/∂t = 0 . Am Koordinatenursprung betrachten
durch eine Ladungsdichte ρ1 gemäß (737) beschreiben, wir eine ruhende Punktladung e1 die wir
durch eine Ladungsdichte ρ1 gemäß (737) beschreiben,
Ruhende Punktladung
ρ1 (x, y, z) = e1 δ(x)δ(y)δ(z) . Ruhende Punktladung (912)
ρ1 (x, y, z) = e1 δ(x)δ(y)δ(z) . am Koordinatenursprung (912)
am Koordinatenursprung
Die Geschwindigkeit dieser Ladung ist also u = 0 . Für das Vakuum mit ε = εo , µ = µo
Die Geschwindigkeit
bleiben von den Maxwell dieser-Gleichungen
Ladung ist also u =bei
(444) 0. BFür
= das Vakuum
0 und H =mit0 εnur
= εnoch
o, µ = µo
zwei
bleiben von den Maxwell-Gleichungen (444) bei B = 0 und H = 0 nur noch zwei
Gleichungen übrig, nämlich
Gleichungen übrig, nämlich
rotE = 0 (913)
rotE = 0 (913)
und
und
1
divE = 1 e1 δ(x)δ(y)δ(z) . (914)
divE = εo e1 δ(x)δ(y)δ(z) . (914)
εo
Gleichung (913) erfüllen wir durch den Potentialansatz
Gleichung (913) erfüllen wir durch den Potentialansatz
E = −gradϕ . (915)
E = −gradϕ . (915)
In (914) eingesetzt, ergibt dies gemäß (676)
In (914) eingesetzt, ergibt dies gemäß (676)
1
 ϕ = − 1 e1 δ(x)δ(y)δ(z) . (916)
 ϕ = −εo e1 δ(x)δ(y)δ(z) . (916)
εo
Als Lösung dieser Gleichung finden wir mit (742) das Coulomb-Potential
Als Lösung dieser Gleichung finden wir mit (742) das Coulomb-Potential
1 e1
ϕ= 1 e1 . Coulomb-Potential (917)
ϕ = 4 π εo x2 + y 2 + z 2 . Coulomb-Potential (917)
4 π εo x + y + z
2 2 2
308 Anhang

Wir schreiben r = (x, y, z) und finden mit


Wir schreiben r = (x, y, z) und finden mit
 
x y z
 ∂ ∂ ∂1
∂ , ∂ , ∂ 1 = −
x3 , y3 , z3
∂x , ∂y , ∂z r = − r3 , r3 , r3
∂x ∂y ∂z r r r r

aus (915) das Coulomb-Feld der Punktladung e ,


aus (915) das Coulomb-Feld der Punktladung e11 ,
e1 r Coulomb-Feld
E = e1 r . Coulomb-Feld (918)
E = 4 π εo r33 . der Punktladung e (918)
4 π εo r der Punktladung e11
Die Kraft F auf eine am Ort r12 = (xo , yo , zo ) befindliche, zweite Punktladung e2 mit
Die Kraft F auf eine am Ort r12 = (x , y , z ) befindliche, zweite Punktladung e mit
der Dichte ρ (x, y, z) = e δ(x − x )δ(y −o y o)δ(zo − z ) erhalten wir durch Integration2 über
der Dichte ρ22(x, y, z) = e22δ(x − xoo)δ(y − yoo)δ(z − zoo) erhalten wir durch Integration über
die Lorentz-Kraftdichte (412) bei B = 0 , also
die Lorentz-Kraftdichte (412) bei B = 0 , also
 
 e1 e2    r
F= E ρ (x, y, z)dxdydz = e1 e2 r δ(x−xo )δ(y−yo )δ(z−zo )dxdydz
F= E ρ22(x, y, z)dxdydz = 4 π εo r3 δ(x−xo )δ(y−yo )δ(z−zo )dxdydz
4 π εo r3

und damit wegen der Eigenschaft (728) der δ-Funktion, weil wir über die Orte (x , y , z )
und damit wegen der Eigenschaft (728) der δ-Funktion, weil wir über die Orte (xoo, yoo, zoo)
integrieren,
integrieren,
e1 e2 r12
F = e1 e2 r123 .. Coulombsches Gesetz (919)
F = 4 π εo r312 Coulombsches Gesetz (919)
4 π εo r12

Das ist das Coulombsche Gesetz in SI-Einheiten.


Das ist das Coulombsche Gesetz in SI-Einheiten.
Messen wir die Ladungen in absoluten Einheiten, dann entfällt der Faktor 1/4πε , also
Messen wir die Ladungen
 3  in absoluten Einheiten, dann entfällt der Faktor 1/4πεoo , also
F = ẽ1 ẽ2 r12 / r123
 . Dadurch ist die Einheit der Ladung im absoluten Maßsystem
F = ẽ1 ẽ2 r12 / r12 . Dadurch ist die Einheit der Ladung im absoluten Maßsystem
definiert.
definiert.

Aufgabe 29
Aufgabe 29
Berechnen Sie das elektromagnetische Feld einer gleichförmig bewegten Punkt-
Berechnen Sie das elektromagnetische Feld einer gleichförmig bewegten Punkt-
ladung durch Lorentz-Transformation aus dem Coulomb-Feld der ruhenden
ladung durch Lorentz-Transformation aus dem Coulomb-Feld der ruhenden
Punktladung.
Punktladung.
Kap. 28, 30
Kap. 28, 30
Das Inertialsystem Σ möge von Σ aus gemessen, die Geschwindigkeit v = (v, 0, 0)
Das Inertialsystem Σ möge von Σ oo aus gemessen, die Geschwindigkeit v = (v, 0, 0)
in x-Richtung besitzen. Σ und Σ hängen also über die Lorentz-Transformation (75)
in x-Richtung besitzen. Σoo und Σ hängen also über die Lorentz-Transformation (75)
zusammen. Am Koordinatenursprung von Σ soll eine Punktladung e ruhen, also lautet
zusammen. Am Koordinatenursprung von Σ soll eine Punktladung e ruhen, also lautet
deren Ladungsdichte ρ = ρ (x , y  , z  ) , vgl.(737),
deren Ladungsdichte ρ = ρ (x , y , z  ) , vgl.(737),
Ruhende
ρ (x , y  , z  ) = e δ(x )δ(y  )δ(z  ) . Ruhende (920)
ρ (x , y  , z  ) = e δ(x )δ(y  )δ(z  ) . Punktladung in Σ (920)
Punktladung in Σ
Die Ladung e ist eine Invariante.
Die Ladung e ist eine Invariante.
Das von dieser Ladung erzeugte, in Σ beobachtete, elektromagnetische Feld ist ein reines
Das von dieser Ladung erzeugte, in Σ beobachtete, elektromagnetische Feld ist ein reines
Coulomb-Feld, vgl. (918),
Coulomb-Feld, vgl. (918),
37 Aufgaben und Lösungen 309


e r r = (x , y , z  ) , ⎪

E = , Coulomb-Feld einer
4 π εo r3 ⎫ (921)
    Punktladung in Σ
r . ⎪
e r ⎭

E
B = 0 , , r = = (x x, 2
y+ , z y)2, + z 2
Coulomb-Feld einer
4 π εo r3 (921)
⎪ Punktladung in Σ
B =von
Das 0 , der Ladung re =

x2 + in
erzeugte, y 2 Σ . ⎭
+oz 2gemessene, elektromagnetische Feld berechnen
wir aus dem Transformationsgesetz (474) des Feldstärketensors, das wir in der nach Fik
Σo gemessene, elektromagnetische Feld berechnen
Das von derForm
aufgelösten Ladung e erzeugte,
brauchen, da wirinFik kennen. Dazu brauchen wir nur v durch −v zu
wir aus dem Transformationsgesetz
ersetzen und in Gleichung (475) die gestrichenen (474) des Feldstärketensors, das wir in Komponenten
mit den ungestrichenen der nach Fik

aufgelösten
der FeldstärkenFormzubrauchen,
vertauschen.da wirFür Fik diekennen.
in Σo Dazu brauchen
gemessenen wir nur vEdurch
Feldstärken −v gilt
und B zu
ersetzen
daher, indemund in B = 0 setzen,
wirGleichung (475) die gestrichenen mit den ungestrichenen Komponenten
der Feldstärken zu vertauschen. Für die in Σo gemessenen Feldstärken E und B gilt
daher, indem wir B = 0 setzen, ⎛ ⎞
⎛ Ex Ey Ez
⎞ 0
Ex Ey Ez
0 c c c ⎜ c cγ cγ ⎟
⎜ E
⎛ ⎟ ⎛
⎞ ⎜ E   


⎜ − x E0x −B B ⎟ ⎜ − 0c x Ex
0
 βEE
− cγ yy β
EE
− cγz z ⎟
⎜ 0c Eyz Ezy ⎟ ⎜ ⎟
⎟=⎜ ⎟
c cγ cγ
⎜ E

c c c
⎟ ⎜ E . (922)
⎜ − y
B 0 −B ⎟ ⎜ Ey β Ey β Ey β Ez ⎟ ⎟

⎜ c− Ex
c 0 z −Bz B x ⎠
⎟ ⎜ − x
0 − 0 − 0 ⎟
⎜ E
y
⎟=⎜ ⎝ cγ c cγ cγ cγ ⎠ .
⎟ (922)
⎜− − Ecyz −B y B 0
0 −Bx ⎠ ⎜ − cγ
x ⎟ ⎜ Ey 
z β Eyz ⎟
⎝ c Bz cγ 0 0 ⎟
⎝ cγ cγ ⎠
− Ecz −By Bx 0 −
Ez β Ez
0 0
Die in Σo gemessenen Felder E und cγ Bcγbrauchen wir in Abhängigkeit von den dort
benutzten Koordinaten (x, y, z, t) . Mit der Lorentz-Transformation (75) erhalten wir
Die in Σo gemessenen  Felder E und B brauchen wir in Abhängigkeit von den dort

benutzten Koordinaten (x, y,−
(x z,vt)
t) .2 Mit der Lorentz 1 -Transformation (75) erhalten wir
r = x2 + y 2 + z 2 =  + y2 + z 2 = (x − vt)2 + γ 2 (y 2 + z 2 ) ,
γ2 γ
(x − vt)2 1
r = x2 + y 2 + z 2 = + y2 + z2 = (x − vt)2 + γ 2 (y 2 + z 2 ) ,
also γ 2 γ
1
r =
also (x − vt)2 + γ 2 (y 2 + z 2 ) . (923)
γ
1
r = (x − vt)2 + γ 2 (y 2 + z 2 ) . (923)
Mit (921)
γ - (923) finden wir für E und B ,
0 1
Mit 1 -0
0 (921) 1 x und B ,
Ex finden wir für E
(923) 0 1 0
0
1
Ex B C Bx
B  C r3 B C
B C 0 B
0 C
1 B C 0
B
0 C B
1 Ey C
1 e B

xy C B
0 C B
1 βE  C
1
B Exy C=B E
B γx
C
C= B C B Bxy C=B 0z
B− c γ
C
C ,
B C B C 4 π εo B rγr33 C , B C B C
@
B A @ 
C A B C @
B A @
C A
B C B Eyz C
e B @ A
C B C B βE 
 C
B Eyz C=B C B yz  C , B Byz C=B− yz C
B C B
B
C=
C 4 π εo B C B C B C ,
@ A @ γ A B γr3 C @ A B cγ
@ βE 
C
A
Ez @ z A y
Ez Bz
also γ γr3 cγ
0 x − vt 1
0
also 1 p
Ex B (x − vt) + γ 2 (y 2 + z 2 )
2
3 C
B C B
0 C
1
B
0 C
1 B x − vt C
B C e B p y C
B E
Exy C= γ2 B
B p(x − vt)2 + γ 2 (y2 + z 2 ) 33 C
C (924)
B C 4 π εo B (x − vt)2 + γ 2 (y 2 + z 2 ) C
@
B A
C B y C
B C e @ A
B E
Eyz C= γ2 B
B p z
p(x − vt)2 + γ 2 (y2 + z 2 ) 33
C
C (924)
B C 4 π εo B C
@ A B (x − vt) + γ 2 (y 2 + z 2 )
2
C
@ z A
Ez p 3
(x − vt)2 + γ 2 (y2 + z 2 )
310 Anhang

und
und 0 1
0 1 0 0 1
0 Bx 1 B 0 C
B Bx C B
B z C
C
B
B C
C B
B− p C
C 1
B
B C
C= e v B
B− p z C
C
B
B By C
C γ 22 B
B (x − vt) + γ 2 (y 2 + z 2 ) 3
2
3
C
C −→ B = 12 v × E . (925)
B
B By C
C = 4 πeεo cv2 γ B B − 2 + γ 2 (y 2 + z 2 ) C
C −→ B = c2 v × E . (925)
@
B A
C 4 π εo c2 B
B (x vt) C
C c
@ A @
B y A
C
Bz @ p y 3 A
Bz p(x − vt) + γ 2 (y 2 + z 2 ) 3
2
(x − vt) + γ (y + z )
2 2 2 2

Wir wollen dieses Ergebnis mit Hilfe der elektromagnetischen Potentiale A und ϕ
Wir wollen
bestätigen. dieses
Mit demErgebnis mit Hilfe
Potentialansatz der lautet
(457) elektromagnetischen Potentiale
die Potentialform A und
des Coulomb ϕ
-Feldes
bestätigen.
(921) Mit dem Potentialansatz (457) lautet die Potentialform des Coulomb-Feldes
(921)

A = 0 , ⎫


A =0 , ⎪
⎬ Coulomb-Potential einer
e 1 Coulomb-Potential einer (926)
ϕ = e ⎪
1 . ⎭ Punktladung in Σ (926)
ϕ = 4 π εo r . ⎪
⎭ Punktladung in Σ
4 π εo r

Gemäß (470) bilden die Potentiale einen Vierervektor Aii ,
Gemäß (470) bilden die Potentiale einen Vierervektor A ,
    
 ϕ  e  1  Viererpotential für
Aii = ϕ , Ax , Ay , Az = e 1 , 0 , 0 , 0 . Viererpotential für (927)
A = c , Ax , Ay , Az = 4 π εo c r  , 0 , 0 , 0 . Coulomb-Feld in Σ (927)
c 4 π εo c r Coulomb-Feld in Σ
Auf das Viererpotential Aii ,

ϕViererpotential
Auf das A ,
Aii =
ϕ , Ax , Ay , Az ,
A = c , Ax , Ay , Az ,
c
wenden wir die Lorentz-Transformation (75) bzw. (284) an,
wenden wir die Lorentz-Transformation (75) bzw. (284) an,
   
A0  + β A1  A1  + β A0 
A00= A0 + β A1 , A11 = A1 + β A0 ,
A = γ , A = γ ,
γ γ
und erhalten für das von Σo aus beobachtete elektromagnetische Feld zunächst
und erhalten für das von Σo aus beobachtete elektromagnetische Feld zunächst
 
i e  1 β 
Ai = e 1 , β , 0, 0 .
A = 4 π εo c γ r , c γ r , 0 , 0 .
4 π εo c γ r cγ r
Indem wir wieder (923) für r einsetzen, folgt
Indem wir wieder (923) für r einsetzen, folgt

e 1 1 v/c 
Ai = e 1
i
1 , v/c 0, 0 (928)
A = 4 π εo c (x − vt)2 + γ 2 (y 2 + z 2 ) , (x − vt)2 + γ 2 (y 2 + z 2 ) 0 , 0 (928)
4 π εo c (x − vt)2 + γ 2 (y 2 + z 2 ) (x − vt)2 + γ 2 (y 2 + z 2 )
und damit
und damit

e 1 1 ⎫
A= e 1 1 (β , 0 , 0) , ⎪

A = 4 π εo c (x − vt)2 + γ 2 (y 2 + z 2 ) (β , 0 , 0) , ⎪



4 π εo c (x − vt)2 + γ 2 (y 2 + z 2 ) ⎬ Viererpotential in Σo (929)
e 1 ⎪
⎪ Viererpotential in Σo (929)
ϕ= e 1 . ⎪


ϕ = 4 π εo (x − vt)2 + γ 2 (y 2 + z 2 ) . ⎪

4 π εo (x − vt) + γ (y + z )
2 2 2 2
37 Aufgaben und Lösungen 311

Man verifiziert nun, daß mit B = rot A und E = −grad ϕ − ∂A/∂t aus diesen Potentialen
Man verifiziert nun, daß mit B = rot A und E = −grad ϕ − ∂A/∂t aus diesen Potentialen
wieder die Felder E und B in Übereinstimmung mit (924) und (925) folgen.
wieder die Felder E und B in Übereinstimmung mit (924) und (925) folgen.
Wir überzeugen uns jetzt davon, daß die durch Lorentz-Transformation gefundenen
Wir überzeugen uns jetzt davon, daß die durch Lorentz-Transformation gefundenen
Felder (924) und (925) der gleichförmig bewegten Punktladung in Σo auch Lösung der
Felder (924) und (925) der gleichförmig bewegten Punktladung in Σo auch Lösung der
Maxwellschen Vakuum-Gleichungen sind, also der Gleichungen (444) für ε = εo und
Maxwellschen Vakuum-Gleichungen sind, also der Gleichungen (444) für ε = εo und
µ = µo .
µ = µo .
Die homogenen Maxwell-Gleichungen (444)a) sind durch den Potentialansatz identisch
Die homogenen Maxwell-Gleichungen (444)a) sind durch den Potentialansatz identisch
erfüllt. Ferner gilt die Lorenz-Eichung (459). Da diese Gleichung gemäß (488) als
erfüllt. Ferner gilt die Lorenz-Eichung (459). Da diese Gleichung gemäß (488) als
Vektorgleichung im Minkowski-Raum in allen Inertialsystemen gilt, wenn sie nur in einem
Vektorgleichung im Minkowski-Raum in allen Inertialsystemen gilt, wenn sie nur in einem
erfüllt ist, genügt es, wenn wir ihre Gültigkeit in Σ nachweisen, was wir mit (927) sofort
erfüllt ist, genügt es, wenn wir ihre Gültigkeit in Σ nachweisen, was wir mit (927) sofort
verifizieren,
verifizieren,

∂Aii 1 ∂ 1 Lorenz-Eichung für
∂Ai = 1 ∂  1 = 0 . Lorenz-Eichung für (930)
∂x i = c ∂t  r  = 0 . Coulomb-Potential in Σ (930)
∂x c ∂t r Coulomb-Potential in Σ
Die zweite Gruppe (444)b) der Maxwell-Gleichungen ist dann erfüllt, wenn wir bei
Die zweite Gruppe (444)b) der Maxwell-Gleichungen ist dann erfüllt, wenn wir bei
ε = εo , µ = µo die Gültigkeit von (462) nachweisen.
ε = εo , µ = µo die Gültigkeit von (462) nachweisen.
Der am Koordinatenursprung von Σ ruhenden Punktladung mit dem Geschwindigkeits-
Der am Koordinatenursprung
 von Σ ruhenden Punktladung mit  dem Geschwindigkeits-
vektor uii = (c, 0, 0, 0) entspricht nach (467) ein Vierervektor j ii der Stromdichte,
vektor
 u = (c, 0, 0, 0) entspricht nach (467) ein Vierervektor j der Stromdichte,
j ii = e δ(x) δ(y ) δ(z ) (c , 0 , 0 , 0) . (931)
j = e δ(x ) δ(y ) δ(z ) (c , 0 , 0 , 0) . (931)
In Σo befindet sich die Punktladung zur Zeit t am Ort (xo = v t, yo = 0, zo = 0) .
In Σo befindet sich die Punktladung zur Zeit t am Ort (xo = v t, yo = 0, zo = 0) .
Der entsprechende Vierervektor j i der Stromdichte folgt am einfachsten aus (930) durch
Der entsprechende Vierervektor j i der Stromdichte folgt am einfachsten aus (930) durch
Lorentz-Transformation. Mit (75) bzw. (284) finden wir zunächst
Lorentz-Transformation.  Mit (75) bzw. (284) finden wir zunächst
i    c v 
j i = e δ(x ) δ(y ) δ(z ) c , v , 0 , 0 .
j = e δ(x ) δ(y ) δ(z ) γ , γ , 0 , 0 .
γ γ
Hier setzen wir für (x, y, z ) gemäß (75) die neuen Variablen  (x, y, z, t) ein und
Hier setzen wir für (x , y , z ) gemäß (75) die neuen Variablen (x, y, z, t) ein und
berücksichtigen (734), δ(a x) = (1/a)δ(x) , also δ (x − vt)/γ  = γ δ(x − vt) . Für die
berücksichtigen (734), δ(a x) = (1/a)δ(x) , also δ (x − vt)/γ = γ δ(x − vt) . Für die
Stromdichte j ii in Σo erhalten wir dann
Stromdichte j in Σ o 
erhalten wir dann 
j ii = (c ρ , jx , jy , jz ) = c e δ(x − vt) δ(y) δ(z) , e v δ(x − vt) δ(y) δ(z) , 0 , 0  (932)
j = (c ρ , jx , jy , jz ) = c e δ(x − vt) δ(y) δ(z) , e v δ(x − vt) δ(y) δ(z) , 0 , 0 (932)
bzw.
bzw.  
j = ρ v = e δ(x − vt) δ(y) δ(z) v , 0 , 0  , Gleichförmig bewegte
j = ρ v = e δ(x − vt) δ(y) δ(z) v , 0 , 0 , Gleichförmig bewegte (933)
ρ = e δ(x − vt) δ(y) δ(z) . Punktladung in Σo (933)
ρ = e δ(x − vt) δ(y) δ(z) . Punktladung in Σo

Wir müssen nun zeigen, daß die Potentiale A und ϕ für ε = εo , µ = µo den Gleichungen
Wir müssen nun zeigen, daß die Potentiale A und ϕ für ε = εo , µ = µo den Gleichungen
(462) genügen. Wegen der Form der Gleichungen (929) und (933) genügt es, die Gleichung
(462) genügen. Wegen der Form der Gleichungen (929) und (933) genügt es, die Gleichung
ϕ = (e/εo ) δ(x − vt) δ(y) δ(z) nachzuweisen. Nun gilt wegen (929)
ϕ = (e/εo ) δ(x − vt) δ(y) δ(z) nachzuweisen. Nun gilt wegen (929)

1 ∂ 22 v22 ∂ 22 ⎫

1 ∂ ϕ= v ∂ ϕ , ⎪

c22 ∂t22 ϕ = c22 ∂x22 ϕ , ⎪

c ∂t c ∂x ⎪

  2 ⎪

1 ∂2 2  v2  ∂ 2
2 2
∂2 2
∂2 ⎬


12 ∂ 2 ϕ −  ϕ = − 1 − v2 ∂2 + ∂2 + ∂2 ϕ , ⎬ (934)
c 2 ∂t 2 ϕ −  ϕ = − 1 − c 2 ∂x 2 + ∂y 2 + ∂z 2 ϕ , ⎪ ⎪ (934)
c ∂t c ∂x ∂y ∂z ⎪

  ⎪

 ∂2 ∂2 ∂2  ⎪

 ϕ = − γ 22 ∂ 22 + ∂ 22 + ∂ 22 ϕ . ⎪


 ϕ = − γ + +
∂x 2 ∂y 2 ∂z 2 ϕ . ⎪

∂x ∂y ∂z
312 Anhang

Für die Funktion ϕ führen wir neue Variable ein,


Für die Funktion ϕ führen wir neue Variable ein,

u = x − vt , v = γ y , w = γ z , ⎫

u = x − vt , v = γ y , w = γ z , ⎪



∂ ∂ ∂ ∂ ∂ ∂ ⎪


∂ = ∂ , ∂ =γ ∂ , ∂ =γ ∂ , ⎪

∂x = ∂u , ∂y = γ ∂v , ∂z = γ ∂w , (935)
∂x ∂u ∂y ∂v ∂z ∂w ⎪
⎪ (935)
e 1 e 1 ⎪

ϕ= e = e √ ⎪
. ⎪

1 1 ⎪
ϕ = 4 π εo (x − vt)2 + γ 2 (y 2 + z 2 ) = 4 π εo √ u2 + v 2 + w2 . ⎪

4 π εo (x − vt)2 + γ 2 (y 2 + z 2 ) 4 π εo u2 + v 2 + w2

Es folgt
Es folgt
  ⎫
 2 ∂22 ∂22 ∂22  1 ⎫


γ2 ∂ 2 + ∂ 2 + ∂ 2 1 2 2 ⎪
γ ∂x ∂y
+ 2+ 2 ∂z (x − vt) + γ (y + z 2 )
2 ⎪


∂x2 ∂y ∂z (x − vt)2 + γ 2 (y 2 + z 2 ) ⎪

 2  (936)

⎪ (936)
2  ∂2 ∂22 ∂22  1 ⎪

=γ ∂ + ∂ + ∂ √ 1 . ⎭


= γ 2 ∂u22 + ∂v22 + ∂w22 √ u2 + v 2 + w2 . ⎭
∂u ∂v ∂w u2 + v 2 + w 2

Hier benutzen wir die Formel (742) und finden


Hier benutzen wir die Formel (742) und finden
 
 2 ∂22 ∂2 ∂2  1
γ2 ∂ 2 + ∂ 22 + ∂ 22 1 2 2 = −4 π γ 2 δ(u) δ(v) δ(w) . (937)
γ ∂x2 + ∂y2 + ∂z2 (x − vt) + γ (y + z 2 ) = −4 π γ 2 δ(u) δ(v) δ(w) .
2 (937)
∂x ∂y ∂z (x − vt)2 + γ 2 (y 2 + z 2 )

Jetzt gehen wir mit (935) zu den alten Variablen (x, y, z, t) über und finden schließlich
Jetzt
unter gehen wir mit
Beachtung von (935)
(734),zu denδ(γ
also alten
y) =Variablen
(1/γ) δ(y)(x, y, z,z)t)=über
, δ(γ (1/γ)und
δ(z)finden
, schließlich
unter Beachtung von (734), also δ(γ y) = (1/γ) δ(y) , δ(γ z) = (1/γ) δ(z) ,
  ⎫
 ∂2 ∂2 ∂2  1 ⎫

 ϕ = − γ22 ∂ 22 + ∂ 22 + ∂ 22 1 ⎪

 ϕ = − γ ∂x2 + ∂y2 + ∂z2 (x − vt)22 + γ22 (y22 + z22 ) ⎪ ⎪

∂x ∂y ∂z (x − vt) + γ (y + z ) ⎪ (938)
e ⎪


(938)
= e δ(x − vt) δ(y) δ(z) . ⎪
= εo δ(x − vt) δ(y) δ(z) . ⎭
εo

Für das Vektorpotential sind die Rechnungen vollkommen identisch, also gilt
Für das Vektorpotential sind die Rechnungen vollkommen identisch, also gilt
   ⎫
 1 ∂22  ∂22 ∂22 ∂22  ρ ⎫

ϕ = 1 ∂ − ∂ + ∂ + ∂ ϕ= ρ , ⎪

 ϕ = c22 ∂t22 − ∂x22 + ∂y22 + ∂z22 ε
ϕ= o , ⎪



c ∂t ∂x ∂y ∂z εo ⎬ (939)
   ⎪
⎪ (939)
 1 ∂2  ∂2 ∂2 ∂2  ⎪
 A = 12 ∂ 22 − ∂ 22 + ∂ 22 + ∂ 22 A = µo j . ⎪



 A = c2 ∂t2 − ∂x2 + ∂y2 + ∂z2 A = µo j . ⎭
c ∂t ∂x ∂y ∂z

Damit genügt das durch Lorentz-Transformation gefundene elektromagnetische Feld den


Damit genügt
Maxwell das durchwas
-Gleichungen, Lorentz -Transformation
wir zeigen wollten. gefundene elektromagnetische Feld den
Maxwell-Gleichungen, was wir zeigen wollten.
37 Aufgaben und Lösungen 313

Aufgabe 30
Erklären Sie die klassische Näherung der Aberration der Lichtwellen auf der
Grundlage ihrer elektromagnetischen Natur.
Kap. 25, 26, 30
Jetzt kommen wir noch einmal auf das in Kap. 26 betrachtete Paradoxon zur Aberration
zurück und gehen wie dort davon aus, daß sich das System Σ in Richtung der negativen
x-Achse von Σo mit einer Geschwindigkeit vom Betrag |v| bewegt.
Aus den Formeln (475) kann man unmittelbar ablesen, in welche Komponenten ein und
dasselbe elektromagnetische Feld zerlegt wird, wenn wir es einmal im System Σo als E
und B messen und zum anderen in Σ als E und B . Dabei fällt auf, daß der prinzipielle
Charakter dieser Zerlegung erhalten bleibt, wenn wir zur nichtrelativistischen Näherung
übergehen, also nur die in v/c linearen Terme berücksichtigen. In (475) ist dafür einfach
γ ≈ 1 zu setzen. Nehmen wir der Einfachheit halber eine linear polarisierte Welle an,
dann können wir die aus den Maxwellschen Gleichungen folgenden Welleneigenschaften,
die Transversalität (455) des Lichtes sowie die in (456) geforderte Beziehung |Eo | = c |Bo |
durch E = (c F, 0, 0) , B = (0, 0, F ) sowie k = (0, −|k|, 0) erfüllen. Vernachlässigen
wir die Terme zweiter und höherer Ordnung in v/c , setzen also γ ≈ 1 , dann folgt aus
(475) für die in Σ beobachteten Felder E und B , indem wir in (475) noch v durch
−v ersetzen, um die angenommene Bewegungsrichtung von Σ zu berücksichtigen,

E = ( c F , |v| F , 0 ) , ⎪

E = (c F , 0 , 0) , ⎪

−→ B = ( 0 , 0 , F ),
Σo : B = ( 0 , 0 , F ), Σ : (940)
γ≈0 |v| ⎪


k = ( 0 , −|k| , 0 ) , k = ( |k| , −|k| , 0 ) . ⎭
c

Um die letzte Gleichung zu erhalten, haben wir beachtet, daß sich der Vierervektor
(k 0 , k1 , k 2 , k 3 ) = ( ωc , kx , ky , kz ) , s. (490), ebenso nach der Lorentz-Transformation
(75) transformiert wie (x0 , x1 , x2 , x3 ) = (c t, x, y, z) , wobei wir wegen der negativen
Bewegungsrichtung von Σ wieder v = −|v| geschrieben haben.
Wählen wir die Polarisation der im System Σo in der negativen y-Richtung laufenden
Welle gemäß E = (0, 0, c F ) und B = (−F, 0, 0) , dann gilt anstelle von (940)

E = ( 0 , 0 , −c F ) , ⎪

E = (0 , 0 , −c F ) , ⎪

|v| ⎬
−→ B = (
Σo : B = (F , 0 , 0 ), Σ : F , F , 0 ), (941)
γ≈0 c ⎪

|v| ⎪
k = ( 0 , −|k| , 0 ), k = ( |k| , −|k| , 0 ). ⎪

c

Mit der Formel für die Drehung eines Vektors V = (Vx , Vy , Vz ) um die z-Achse,
Vx = Vx cos α + Vy sin α ,
Vz = Vz ,
Vy = − Vx sin α + Vy cos α ,
rechnet man nun sofort nach, daß der Vektor k um einen Winkel α gegen den Vektor k
gedreht ist sowie im ersten Fall (940) der Vektor E gegen den Vektor E und im zweiten
Fall (941) der Vektor B gegen den Vektor B , wobei tan α = v/c gilt mit v = −|v| .
314 Anhang

D.h. aber, die in Σ beobachteten Vektoren E und B sind nun orthogonal zu einer
Ausbreitungsrichtung k , die mit der ursprünglichen Richtung k den Winkel α bildet,
für den wir in der betrachteten, nichtrelativistischen Näherung wieder die Aberration
(207) erhalten,
v
tan α ≈ α ≈ .
c
Dieser Schluß ist umkehrbar. Sobald man die Eigenschaften (455) der Transversalität
elektromagnetischer Wellen kennt, kann man das Kippen des Fernrohres in Σ auch so
deuten: Vergleichen wir das elektromagnetische Feld ein und derselben Lichtwelle in den
beiden, zueinander bewegten Bezugssystemen Σo und Σ , dann gilt in Übereinstimmung
mit (940) und (941),56

E, E = E + v × B , Transformation

Σo : −→ Σ : v des elektromagnetischen Feldes (942)
B, B = B − ×E. Klassische Näherung
c2

(942) ist die nichtrelativistische Näherung von (475).


Man kann Gleichung (942) auch so lesen: Bei der Aberration ’sehen’ wir, daß ein und das-
selbe elektromagnetische Feld in verschiedenen Inertialsystemen verschiedene elektrische
und magnetische Komponenten besitzt. Dabei bewegen wir uns noch ganz im Rahmen
der klassischen Physik. Dieser Schluß wurde aber in der klassischen Elektrodynamik nicht
gezogen. Mit den Formeln (942) ist die Symmetrie für die Erklärung des experimentellen
Befundes zum Induktionsgesetz hergestellt. Es blieb Einstein vorbehalten, die Transfor-
mationseigenschaft des elektromagnetischen Feldes beim Wechsel des Bezugssystems mit
der Entdeckung der Speziellen Relativitätstheorie herauszufinden, vgl. S. 173 und S. 191.
Der klassische Zwischenschritt (942) wurde dabei übersprungen.

Aufgabe 31

Zeigen Sie anhand der Aufladung eines Plattenkondensators für die Ener-
giedichte des elektrischen Feldes die Gleichung υe = (1/2)D · E .

Kap. 30
Wir betrachten einen idealen Plattenkondensator. Zwischen zwei gleichen, parallelen
Flächen A1 und A2 vom Betrag A1 = A2 = A mit dem Abstand d befindet sich
homogene Materie der Dielektrizitätskonstante ε . Das elektrische Feld E und der
Verschiebungsvektor D mit den Beträgen D bzw. E sollen nur in dem durch die
Plattenanordnung definierten Volumen V = A d von Null verschieden sein und
dort orthogonal zu den Platten sowie zueinander parallel verlaufen. Mit n bezeichnen
wir den Normaleneinheitsvektor der Fläche A1 , der in das Dielektrikum weist. Es gilt also
56 Das asymmetrische Auftreten der Lichtgeschwindigkeit in (942) ist allein durch das SI-Maßsystem

bedingt. Daß wir uns trotz des Termes mit 1/c2 in der nichtrelativistischen Näherung befinden, verifiziert
man am besten anhand unserer Beispiele (940) und (941). Im absoluten Maßsystem sind die Gleichungen
(942) zu ersetzen durch Ẽ = Ẽ + vc × B̃ und B̃ = B̃ − vc × Ẽ .
37 Aufgaben und Lösungen 315


A1 = A n , A2 = −A n , ⎪

⎫ ⎪

D = D n , ⎬  ⎫
A1 = A n , A2 = −A n ,
zwischen D=0 , ⎪ (943)
sonst. ⎪

1 ⎫
E = D = E n , ⎭ den Platten, E=0 .  ⎪


D = εD n , ⎬ D=0 , (943)
zwischen
1 sonst. ⎪ ⎪

E =denDFlächen
Auf =En , A ⎭ und A befinden sich
den Platten, E = die ⎭
0 . Ladungen +e bzw. −e , die dort
ε 1 2 o o
homogen verteilt sind. Dadurch ist die Flächenladungsdichte ωo = eo /A definiert.
Wir betrachten
Auf den Flächeneinen
A1 und hinreichend
A2 befinden dünnen sichQuader K1 , der+e
die Ladungen die Fläche−eA
o bzw. parallel
o 1, die dort
einschließt.
homogen verteiltDannsind.
gilt die Gleichung
Dadurch (428),
ist die deren differentielleωFormulierung
Flächenladungsdichte (432) sich in
o = eo /A definiert.
den
Wir Maxwell
betrachten schen Gleichungen
einen hinreichend (444) wiederfindet,
dünnen Quader K1 , der die Fläche A1 parallel

einschließt. Dann gilt die Gleichung (428), deren differentielle Formulierung (432) sich in
den D · dA = schenρ Gleichungen
Maxwell dxdydz . (444) wiederfindet, (944)

∂K1

K1

D · dA = ρ dxdydz . (944)
Da voraussetzungsgemäß nur eine der Begrenzungsflächen ∂K1 von K1 im Innern des
∂K1 K1
Kondensators verläuft und nur dort das Feld D von Null verschieden ist, erhalten wir für
das Flächenintegral unter Beachtung
Da voraussetzungsgemäß nur eine der von (943)
Begrenzungsflächen ∂K1 von K1 im Innern des

Kondensators verläuft und nur dort das Feld D von Null verschieden ist, erhalten wir für
das DFlächenintegral
· dA = D · A1unter = D ABeachtung
. von (943) (945)

∂K1
D · dA = D · A1 = D A . (945)
Das Volumenintegral ist gleich der Summe der eingeschlossenen Ladungen,

∂K1

ρ dxdydz = eo = ist
Das Volumenintegral ωo A .
gleich der Summe der eingeschlossenen Ladungen, (946)

K1

ρ dxdydz = eo = ωo A . (946)
Aus (943) - (946) folgt
K1
ωo
D
Aus= (943)
ωn , - E(946)
= folgtn . (947)
ε
ωo
Eine
D = ωn auf ,der E Fläche
= nA . 2 befindliche kleine Ladung de erfährt im elektrischen Feld (947)
E
ε
die Kraft dF = E de . Wir legen die x-Achse in die entgegengesetzte Richtung von
n mitaufdem
Eine derAnfangspunkt bei A2 und
Fläche A2 befindliche schieben
kleine LadungdiedeLadung
erfährt de
im gegen die Kraft
elektrischen Feld des
E
elektrischen
die Kraft dF Feldes
= E aufdedie Fläche
. Wir A1 .die
legen Dabei müssen
x-Achse inwir
diedie Arbeit dW aufwenden
entgegengesetzte Richtung gemäß
von
n mit dem Anfangspunkt bei A2 und schieben die Ladung de gegen die Kraft des
d
elektrischen Feldes auf die Fläche A1 . Dabei müssen wir die Arbeit dW aufwenden gemäß
dW = de E · n dx = de E d . (948)

0
d

Die de E · de
dW =Ladung n dxverteilt
= de E dsich . gleichmäßig auf der Fläche A und erhöht(948) die
1
Flächenladungsdichte
0 um dω = de/F , so daß
Die Ladung de verteilt sich gleichmäßig auf der Fläche A1 und erhöht die
dW = E d F dω .
Flächenladungsdichte um dω = de/F , so daß (949)

Die
dW =gesamte
E d F dω
Arbeit
. W , die wir aufwenden müssen, um auf dem Kondensator (949) vom
ungeladenen Zustand die Flächenladungsdichte ωo zu erzeugen, erhalten wir daher unter
Beachtung vonArbeit
Die gesamte (947) durch Aufsummation,
W , die wir aufwenden müssen, um auf dem Kondensator vom
ungeladenen Zustand die Flächenladungsdichte ωo zu erzeugen, erhalten wir daher unter
Beachtung von (947) durch Aufsummation,
316 Anhang

ωo ωo
ω 1 ω2
W = E d F dω = F d dω = F d o . (950)
0ωo 0ωo ε 2 ε
2
ω 1 ω
W = E d F dω = F d dω = F d o . (950)
Mit dem Volumen V = F εd zwischen 2 den ε Platten des Kondensators und den Feldern E
0 0
und D gemäß (947) können wir dafür schreiben
Mit dem
1 Volumen V = F d zwischen den Platten des Kondensators und den Feldern E
und D · E(947)
W =D Vgemäß . können wir dafür schreiben (951)
2
1
Bereits
W = Vauf ·E .
D Maxwell geht die Vorstellung zurück, daß die aufgewendete Arbeit in(951)
der
2 des elektrischen Feldes gespeichert ist. Wegen der betrachteten Homogenität
Energie
Bereits
finden wir aufaus (951) fürgeht
Maxwell die die Vorstellung
elektrische zurück, daß
Energiedichte υe =die
W/Vaufgewendete
, Arbeit in der
Energie des elektrischen Feldes gespeichert ist. Wegen der betrachteten Homogenität
finden 1 Energiedichte des
υe = wir D · aus
E . (951) für die elektrische Energiedichte υe = W/V , (952)
2 elektrischen Feldes
1 Energiedichte des
υ
Ime = D · E .Maßsystem mit D̃ = ε̃o /4π D und Ẽ = 1/4πε̃o E gemäß (515) finden
absoluten (952)
2 elektrischen Feldes
wir für die elektrische Energiedichte υ̃e ,
Im absoluten
1 Maßsystem mit D̃ = ε̃o /4π D und Ẽ = 1/4π ε̃o E gemäß (515) finden
υ̃e =für die
wir · Ẽ .
D̃ elektrische Energiedichte υ̃e , (953)

1
υ̃e = D̃ · Ẽ . (953)

Aufgabe 32

Im System Σo gemessen, soll ein Körper in einem begrenzten Zeitintervall


Aufgabe 32
eine Lichtmenge vom Energiewert ∆E/2 in eine Richtung k und zugleich
Im
eineSystem Σo Lichtmenge
ebensolche gemessen, soll
vonein Körper Energiewert
demselben in einem begrenzten Zeitintervall
in die entgegengeset-
eine Lichtmenge
zte Richtung vom Energiewert
ausstrahlen. Das System Σ bewege
∆E/2 in einesich
Richtung k und von
in x-Richtung zugleich
Σo
eine ebensolche
mit der Lichtmenge
Geschwindigkeit v . von demselben
Berechnen Energiewert
Sie die in die
Energiewerte derentgegengeset-
abgestrahlten
zte Richtung ausstrahlen.
Lichtmengen vom System Das System Σ bewege sich in x-Richtung von Σo
Σ aus.
mit der Geschwindigkeit v . Berechnen Sie die Energiewerte der abgestrahlten
Kap. Lichtmengen
30 vom System Σ aus.
In der vorangehenden Aufg. 31 haben wir mit (952) die Energiedichte υe des elektrischen
Kap.
Feldes 30
im Medium berechnet. Mit dem entsprechenden Term für die Energiedichte υm
In
desder vorangehenden
magnetischen Aufg.
Feldes 31 haben wir mit (952) die Energiedichte υe des elektrischen
im Medium,
Feldes im Medium berechnet. Mit dem entsprechenden Term für die Energiedichte υm
des 1
magnetischen Energiedichte des
υm = H · B , Feldes im Medium, (954)
2 magnetischen Feldes
1 Energiedichte des
υ
lautet H ·die
m = also B ,Energiedichte υem des elektromagnetischen Feldes (954)
2 magnetischen Feldes

lautet 1 Energiedichte des


υem = also(Ddie
· EEnergiedichte
+ H · B) . υem des elektromagnetischen Feldes (955)
2 elektromagnetischen Feldes
1 Energiedichte des
υ em =
Wir (D · Edie
brauchen +H · B) .
Energiedichte υvem Vakuum.(955)
2 √ des elektromagnetischen Feldes imFeldes
elektromagnetischen Mit
D = εo E , H = (1/µo )B und c = 1 εo µo , s. (444), (447), wird
Wir brauchen die Energiedichte υvem √ des elektromagnetischen Feldes im Vakuum. Mit
D = εo E , H = (1/µo )B und c = 1 εo µo , s. (444), (447), wird
37 Aufgaben und Lösungen 317

1 1 
υvem = εo E · E + B·B
2 µo
1 1 
υvem = 1 εoE · E + B·B 
=2 εo µo E ·µEo + B · B
2 µo
1  
= εo µo E · E + B · B2
also mit 2Eµ2o für E · E und B für B · B ,

also mit E2 für E · E und  B2 für B · B , Energiedichte des


1 1 2 2
υvem = E + B . elektromagnetischen Feldes (956)
2 µo c 2 Energiedichte
1  1 2 2
 im Vakuum des
υvem = E + B . elektromagnetischen Feldes (956)
µo c2
Mit den 2Umrechnungsformeln (515) prüft man leicht im
nach, daß dieser Ausdruck für υvem
Vakuum
mit der im absoluten Maßsystem angegebenen Energiedichte υ̃ gemäß Gleichung (537)
Mit den Umrechnungsformeln
identisch ist. (515) prüft man leicht nach, daß dieser Ausdruck für υvem
mit der im absoluten Maßsystem angegebenen
Die Gleichung (956) ist der Ausgangspunkt Energiedichte
für die υ̃ Überlegungen.
Einsteinschen gemäß Gleichung (537)
identisch ist.
Für die Amplituden in einer ebenen Welle können wir gemäß (456) schreiben,
Die Gleichung (956) ist der Ausgangspunkt für die Einsteinschen Überlegungen.
Für
1 die Amplituden in einer ebenen Welle können wir gemäß (456) schreiben,
Amplitude einer
|Eo | = |Bo | = A . (957)
c ebenen Welle
1 Amplitude einer
|Eo | = |Bo | = A . (957)
c
Es ist ebenen Welle

Es ist
T
1 1 2π
cos2 (ωt)dt = , ω = . (958)
T T 2 T
1 0 1 2π
cos2 (ωt)dt = , ω = . (958)
T
Von0 den gemäß (448) 2 meßbaren T Feldstärken E = E cos(ω t) und B = B cos(ω t) bilden
o o
wir die Quadrate und sodann die zeitlichen Mittelwerte E2 und B2 über eine
Von den gemäß (448) meßbaren Feldstärken E = Eo cos(ω t) und B = Bo cos(ω t) bilden
Schwingungsperiode T . Mit (956), (957) und (958) erhalten wir daher für die Energie-
wir
dichtedieh Quadrate und
einer ebenen sodann
Welle, wenndiewir zeitlichen
damit den Mittelwerte E2 und
über eine Periode B2 über Wert
T gemittelten eine
Schwingungsperiode
meinen, T . Mit (956), (957) und (958) erhalten wir daher für die Energie-
dichte h einer ebenen Welle, wenn⎛wir damit den über eine Periode T gemittelten ⎞ Wert
meinen,   T T
1 1 2 1 ⎝ 1 2 1 1 ⎠,
h= E + B2 = ⎛ 2 Eo cos2 (ωt)dt + B2o cos2 (ωt)dt⎞
2 µo  c2  2 µo c T T T T
1 1 2 1 ⎝ 1 2 1 0 1 0
h= 2
E + B2 = 2
Eo cos2 (ωt)dt + B2o cos2 (ωt)dt⎠ ,
also 2 µ o c 2 µ o c T T
0 0

also   Bezugssystem Σo
1 1 2 1 2 1 2
h= E + B = A . Energiedichte der (959)
2 µo  2 c2 o
2 o
 2 µo Bezugssystem Σo
1 1 1 1 ebenen Welle, Periodenmittelwert
h= E2o + B2o = A2 . Energiedichte der (959)
µo 2 c2 eine
Wir 2betrachten 2
ebene Welle,2 µderen
o Wellenvektor
ebenen in der x-y-Ebene
Welle, liegt und mit der
Periodenmittelwert
x-Achse den Winkel α bildet, also wegen der Transversalität der Welle gemäß (455), S. 183,
Wir betrachten eine ebene Welle, deren Wellenvektor in der x-y-Ebene liegt und mit der
k = k (cos
x-Achse α ,Winkel
den sin α , 0)α ,bildet,
Eo =also
c A (− sin αder
wegen , cos α , 0) , Bo =der
Transversalität A (0 , 0 , 1)
Welle .
gemäß (455), S.(960)
183,
k = die
Für k (cos α , sin α , 0) ,h E
Energiedichte o =
der c A (−
Welle imsin α , cos α , 0) ,ΣoBerhalten
Bezugssystem o = A (0 ,wir
0 , 1) . den Ausdruck
damit (960)
(959), unabhängig vom Winkel α des Wellenvektors k .
Für die Energiedichte h der Welle im Bezugssystem Σo erhalten wir damit den Ausdruck
(959), unabhängig vom Winkel α des Wellenvektors k .
318 Anhang

Das Inertialsystem Σ bewege sich mit der Geschwindigkeit v in bezug auf die x-Achse
von Σo . Mit (960) lesen wir aus (475) die von Σ aus gemessenen Felder Eo und Bo ab,
   
1 1
Eo = c A − sin α , (cos α − β) , 0 , Bo = A 0 , 0 , (1 − β cos α) . (961)
γ γ

Nun verifiziert man, daß


2
1 2 γ 2 sin2 α + cos2 α − 2β cos α + β 2 (1 − β cos α)
sin2 α + (cos α − β) = = .
γ2 γ2 γ2

Daraus erhalten wir für die Energiedichte h dieser Welle in Σ

  Bezugssystem Σ
 1 1  1  1 (1 − β cos α)2
h = E2 + B2o = A2 . Energiedichte der (962)
2 µo 2 c2 o 2 2 µo γ2
ebenen Welle

Wir betrachten eine bestimmte Lichtmenge unserer ebenen Welle, die derart von einem
Volumen K eingeschlossen wird, daß kein Licht durch dessen Oberfläche gelangt. Dazu
muß sich das fest vorgegebene Volumen nur als Ganzes mit der ebenen Welle mitbewegen
und besitzt daher in jedem Inertialsystem die Lichtgeschwindigkeit c .
Zunächst nehmen wir den Fall, daß die ebene Welle in Richtung der positiven x-Achse
von Σo fortschreitet, so daß k = (k, 0, 0) . Das System Σ hat in x-Richtung von Σo
die Geschwindigkeit v . Wir wollen die Werte K und K  miteinander vergleichen, die
für das betrachtete Volumen in Σo bzw. in Σ gemessen werden. Hierbei handelt es
sich nicht um eine reine Lorentz-Kontraktion, da es für das betrachtete Volumen kein
Ruhsystem gibt. Das wollen wir uns in Aufg. 34, S. 323, klar machen, wo wir den Wert l
einer mit Lichtgeschwindigkeit fortschreitenden, auf der x-Achse in Σo fest vorgegebenen
Entfernung mit dem dafür in Σ gemessenen Wert l vergleichen.
Der Einfachheit halber nehmen wir an, daß das betrachtete Volumen K in Σo eine Kugel
vom Radius 1 ist, die sich mit der Lichtgeschwindigkeit c entlang der x-Achse bewegt.
Für diese Kugel gilt also,

(x − c t)2 + y 2 + z 2 = 1 , ⎬
Σo : 4 Kugel in Σo (963)
K= π . ⎭
3

Setzen wir in (963) die spezielle Lorentz-Transformation (75) ein, dann erhalten wir die
Gleichung für diejenige Fläche, die für das betrachtete Volumen in Σ gemessen wird,

 2
x + v t c t + x  β
− + y 2 + z  2 =1 ,
γ γ

Σ :
 2
(1 − β) (1 − β) 
x − ct + y 2 + z 2 = 1 .
γ γ

Dies ist aber nichts anderes als ein in Σ entlang der x -Achse mit Licht-
37 Aufgaben und Lösungen 319

geschwindigkeit fortschreitendes, achsenparalleles Ellipsoid mit den Halbachsen


a = γ/(1 − v/c), b = 1 , c = 1 , also
 2 ⎫
x − c t ⎪
+y 2
+z 2
=1 , ⎪



γ/(1 − β)
Σ : Ellipsoid in Σ (964)


4 γ ⎪

K = π . ⎭
3 1−β

Die Werte K und K  , die für das betrachtete Volumen in Σo bzw. Σ gemessen werden,
stehen daher im Verhältnis

γ
K = K . (965)
1−β

In welchem Verhältnis stehen aber die Werte K und K  für das, eine feste Lichtmenge
einschließende Volumen, wenn die ebene Lichtwelle unter einem Winkel α in bezug auf
die x-Achse von Σo fortschreitet, also k = k (cos α , sin α , 0) . Die Rechnungen dazu
führen wir in der nachfolgenden Aufg. 33 durch. Das Ergebnis lautet

γ Wellenvektor k = k (cos α , sin α , 0)


K = K . (966)
1 − β cos α System Σo

In demselben Verhältnis stehen gemäß (986) die in Aufg. 34, S. 323, betrachteten, mit
Lichtgeschwindigkeit fortschreitenden Entfernungen.
Die gesamte, von dem betrachteten Volumen eingeschlossene Lichtmenge hat also im
zeitlichen Mittelwert über eine Schwingungsperiode in Σo bzw. in Σ die Energiewerte
H = h K bzw. H  = h K  . Mit (959), (962), (963) und (964) folgt

2π 2 ⎪
H = hK = A , ⎪

3 µo ⎬
(967)
2 π 2 1 − β cos α ⎪⎪

H =h K  
= A , ⎪

3 µo γ
also

1 − β cos α Verhältnis der Energiewerte


H = H . (968)
γ einer Lichtmenge in Σ und Σo

Ein Körper möge nun im System Σo ruhen und dort die Energie Uo besitzen. In einem
begrenzten Zeitintervall soll der Körper
 eine Lichtmenge
 vom Energiewert ∆E/2 in die
Richtung des Wellenvektors k = k cos α , sin α , 0 und zugleich eine ebensolche Licht-
menge vom
 Energiewert ∆E/2 in die entgegengesetzte Richtung mit dem Wellenvektor
k− = k cos(α + π) , sin(α + π) , 0 abstrahlen. Mit einem Querstrich wollen wir Größen
nach dem Strahlungsvorgang kennzeichnen. Der Körper befindet sich nach der Abstrahlung
ebenfalls in Ruhe. Seine Energie bezeichnen wir dann also mit U o , und es gilt nach dem
Energiesatz
320 Anhang


∆E ∆E Energiesatz
Uo = U o + + . (969)
 2 2 in Σo
∆E ∆E Energiesatz
Uo = U o + + . (969)
2 2
Das System Σ bewegt sich in x-Richtung von Σo mit der Geschwindigkeit in Σo v . Von Σ
aus beobachtet, besitzt der Körper vor und nach der Abstrahlung die Energien Uv und

Das
U v . System Σ bewegtder
Die Energiewerte sich in x-Richtung
beiden von Lichtmengen
abgestrahlten Σo mit der Geschwindigkeit
sind nach Gleichung v . (968)
Von Σ 
zu
 
aus beobachtet,
berechnen, indembesitzt der H
wir dort Körper
durchvor
H und
undnach
∆E/2der durch
Abstrahlung die beiden
die in die Energien Uv und
Richtungen
   
U v . Die Energiewerte
abgestrahlten Energiender ∆E beiden abgestrahlten
+ /2 bzw. ∆E− Lichtmengen
/2 ersetzen. In Σsind nach
gilt Gleichung
dann (968) zu
für die Energien
berechnen,
vor und nachindem wir dort H der
der Abstrahlung durch H  und ∆E/2 durch die in die beiden Richtungen
Erhaltungssatz
 
abgestrahlten Energien ∆E+ /2 bzw. ∆E− /2 ersetzen. In Σ gilt dann für die Energien
vor und nach ∆E
der +Abstrahlung
∆E− der Erhaltungssatz
Uv = U v + +
 2 2
 
  ∆E+ ∆E−
Uv = U v +  +
 1− 2 β cos α2∆E 1 − β cos(α + π) ∆E
= Uv + +
 γ 2 γ 2
 1 − β cos α ∆E 1 − β cos(α + π) ∆E
= Uv +  +
 1 − βγcos α ∆E 2 γ α ∆E 2
1 + β cos
= Uv + + ,
 γ 2 γ 2
 1 − β cos α ∆E 1 + β cos α ∆E
= Uv + + ,
also γ 2 γ 2

also 
 1 ∆E ∆E Energiesatz
Uv = U v + + . (970)
γ  2 2 in Σ
  1 ∆E ∆E Energiesatz
Uv = U v + + . (970)
γ (970)
2 folgt
2 in Σ
Aus (969) und

  (969) und
Aus  (970)
 
folgt 1
Uv − Uo − U v − U o = − 1 ∆E . (971)
 γ
      1
Uv − Uo − U v − U o = − 1 ∆E . (971)
γ

Aufgabe 33

Von33einer ebenen Welle werde durch ein mitbewegtes Volumen eine feste
Aufgabe
Lichtmenge eingeschlossen. Im Bezugssystem Σo sei der Wellenvektor k =
Von
k (coseiner
α , sinebenen Welle
α , 0) , und daswerde durch
Volumen K ein mitbewegtes
werde Volumen
in Σo durch eine in eine feste
der Rich-
Lichtmenge
tung k mit eingeschlossen. Im Bezugssystem
Lichtgeschwindigkeit Σo Kugel
fortschreitende sei der Wellenvektor
vom Radius R = k =1
kbeschrieben.
(cos α , sin αDas
, 0)Bezugssystem Σ besitze
, und das Volumen K werde in Σo durch eine
die Geschwindigkeit v= in(v,
der0, Rich-
0) in
tung
bezug kaufmit . Welcher Wert K  wird
Σo Lichtgeschwindigkeit in Σ für das
fortschreitende Kugel
von vom Radius
der Welle R = 1
mitbewegte

beschrieben. Das Bezugssystem Σ besitze die Geschwindigkeit v = (v, 0, 0) in
Volumen festgestellt?
bezug auf Σo . Welcher Wert K  wird in Σ für das von der Welle mitbewegte
Kap. Volumen
13, 28 festgestellt?

Kap. 13, 28
37 Aufgaben und Lösungen 321

Die Gleichung der in Σo mit Lichtgeschwindigkeit fortschreitenden Kugel K lautet



(x − c t cos α)2 + (y − c t sin α)2 + z 2 = 1 , ⎬
Kugel vom Radius 1
Σo : 4 (972)
K= π . ⎭ in Σo
3
Setzen wir in (972) die spezielle Lorentz-Transformation (75) ein, dann folgt die Gleichung
für diejenige Fläche, die für das betrachtete Volumen im System Σ gemessen wird,
 2  2
x + v t c t + x v/c c t + x v/c
Σ : − cos α + y − sin α + z  2 = 1 .
γ γ γ

Wir betrachten diese Gleichung zu einem festen Zeitpunkt, der Einfachheit halber für
t = 0 , also mit β = v/c ,
 2  2
1 − β cos α β sin α β sin α
x + y  2 + x − 2x y  + z 2 = 1 .
γ γ γ

Nach einfacher Rechnung können wir dafür schreiben



A x 2 + y  2 − B x y  + z  2 = 1 ⎪





mit
Σ : (973)

1 + β − 2β cos α
2
β sin α ⎪⎪


A= 2
, B = 2 . ⎭
γ γ

Im Bezugssystem Σ gehen wir durch eine reine Drehung um die z  -Achse zu neuen
Koordinaten (x∗ , y ∗ , z ∗ ) über, um in den neuen Koordinaten den bilinearen Term zum
Verschwinden zu bringen,

x = x∗ cos ψ − y ∗ sin ψ , ⎪ ⎬
Σ : y  = x∗ sin ψ + y ∗ cos ψ , (974)


z  = z ∗ .

Mit (974) erhalten wir aus (973),


! " ⎫
A cos2 ψ + sin2 ψ − B sin ψ cos ψ x∗ 2 ⎪




! 2 2
" ∗ 2
Σ : + A sin ψ + cos ψ + B sin ψ cos ψ y (975)


! " ∗ ⎪

+ −A 2 sin ψ cos ψ + 2 sin ψ cos ψ − B(cos2 ψ − sin2 ψ) x∗ y ∗ + z  2 = 1 .

Wegen 2 sin ψ cos ψ = sin(2ψ) , cos2 ψ − sin2 ψ = cos(2ψ) verschwindet hier der bilineare
Term in x∗ y ∗ , wenn
B
tan(2ψ) = . (976)
1−A
322 Anhang

Aus (973) folgt

B γ sin α
= . (977)
1−A cos α − β

Mit
2 tan ψ 1−A cos α − β
tan(2ψ) = , C := = (978)
1 − tan2 ψ B γ sin α

erhalten wir eine quadratische Gleichung für tan ψ ,

tan2 ψ + 2C tan ψ − 1 = 0 , (979)

also

tan ψ = −C ± C2 + 1 . (980)

Daraus folgt mit (977) und (978)

β − cos α ± (1 − β cos α)
tan ψ = . (981)
γ sin α

Da wegen α −→ 0 auch ψ −→ 0 gehen muß, entfällt das negative Vorzeichen im Zähler,


und wir erhalten schließlich

(1 + β)(1 − cos α)
tan ψ = . (982)
γ sin α

Mit diesem Drehwinkel ψ verschwindet also der bilineare Term in (975), und wir müssen

nun noch die Koeffizienten von x∗ 2 und y  2 ausrechnen. Dazu benötigen wir die
Ausdrücke

tan2 ψ 1 tan ψ
sin2 ψ = , cos2 ψ = , sin ψ cos ψ = .
1 + tan2 ψ 1 + tan2 ψ 1 + tan2 ψ

Mit dem Ausdruck (982) für tan ψ liefert die geduldige Ausmultiplikation

(1 + β)(1 − cos α) ⎪
sin2 ψ = , ⎪

2(1 − β cos α) ⎪





γ 2 sin2 α
cos2 ψ = , (983)
2(1 + β)(1 − cos α)(1 − β cos α) ⎪⎪





sin ψ cos ψ =
γ sin α
. ⎪

2(1 − β cos α)

Mit (975) und (983) erhalten wir nach längerer, aber einfacher Rechnung, die man im
nachhinein auch einfach verifizieren kann,
37 Aufgaben und Lösungen 323

! " 1 − β cos α ⎫
A cos2 ψ + sin2 ψ − B sin ψ cos ψ = , ⎪


1+β ⎬
! " ⎫
1 − β cos α ⎪ (984)
! A cos22 ψ + sin22 ψ − B sin ψ cos ψ" = 1 − β cos α , ⎪ ⎪


A sin ψ + cos ψ + B sin ψ cos ψ = 1+β . ⎭
1−β (984)
! " 1 − β cos α ⎪ ⎪

Damit
2
A sin erhalten 2
ψ + cos wirψ +ausB sin ψ cosdie
(975) ψ Gleichung
= . ⎭ i∗
1 − βeines in den gesternten Koordinaten x des

Bezugssystems Σ achsenparallelen, dreiachsigen Ellipsoids mit den Halbachsen
Damit erhalten wir aus (975) die Gleichung eines in den gesternten Koordinaten xi∗ des
a = (1 + β)/(1 − β cos α) , b = (1 − β)/(1 − β cos α) , c = 1
Bezugssystems Σ achsenparallelen, dreiachsigen Ellipsoids mit den Halbachsen
und mit einem Volumen K  = (4/3)πabc ,
a = (1 + β)/(1 − β cos α) , b = (1 − β)/(1 − β cos α) , c = 1
und mit einem xVolumen
∗ 2 K  = (4/3)πabc , 2 ⎫
y ∗ ⎪
+ + z ∗ 2 = 1 , ⎪


(1 + β)/(1 − β cos α) (1 − β)/(1 − β cos α) Ellipsoid ⎫

Σ : x∗ 2 y ∗ 2  ⎪ (985)
+ + z ∗ 2
= 1 , in Σ ⎪

4 γ
π − β cos α) . (1 − β)/(1 − β cos α) ⎪


(1 +=β)/(1
K Ellipsoid ⎭
Σ : 3 1 − β cos α (985)
in Σ ⎪

 4 γ ⎪

K = π .
3 1 − βmit
In Übereinstimmung cos (966)
α lesen wir damit aus (972) und (985) ab,

γ
In Übereinstimmung
K = K .mit (966) lesen wir damit aus (972) und (985) ab, (986)
1 − β cos α
γ
K = K . (986)
1 − β cos α
Aufgabe 34

Durch
Aufgabe 34 die Punkte x1 und x2 sei auf der x-Achse in Σo eine Entfernung
l = x2 − x1 definiert. Beide Punkte sollen gemäß x1 = c t und x2 = l + c t
in
Durchpositiver Richtungx1mit
die Punkte Lichtgeschwindigkeit
und x2 sei auf der x-Achsefortschreiten,
in Σosoeine
daß Entfernung
die Entfer-
l = x2l −der
nung x1 beiden Punkte
definiert. zeitunabhängig
Beide Punkte sollen ist.gemäß
Welchex1 Entfernung
= c t und xwird
2 = für
l + die
ct
beiden Punkte
in positiver im Bezugssystem
Richtung Σ gemessen, fortschreiten,
mit Lichtgeschwindigkeit das sich in x-Richtung
so daß dievon Σo
Entfer-
mit
nungderl Geschwindigkeit
der beiden Punktev zeitunabhängig
bewegt? ist. Welche Entfernung wird für die
beiden Punkte im Bezugssystem Σ gemessen, das sich in x-Richtung von Σo
Kap. mit 13 der Geschwindigkeit v bewegt?
Wir betrachten in Σo zwei Ereignisse E1 und E2 gemäß
Kap. 13

Wir betrachtenx in=Σcot zwei Ereignisse
x2 = E 1 cund
t2 , E2 gemäß
1 1, l+
Σo : E1 : E2 : (987)
t1 , t2 .
x 1 = c t1 , x 2 = l + c t2 ,
Σo : E1 : E2 : (987)
Wählen wir E1t1 und , E2 gleichzeitig t2 . in Σo , dann ist die Differenz ihrer Ortskoordinaten
x2 (t1 ) − x1 (t1 ) gleich der in Σo gemessenen Entfernung l ,
Wählen wir E1 und E2 gleichzeitig in Σo , dann ist die Differenz ihrer Ortskoordinaten
Σo : l = x2 (t1 ) − x1 (t1 ) . (988)
x2 (t1 ) − x1 (t1 ) gleich der in Σo gemessenen Entfernung l ,
Für beliebige Zeiten t1 und t2 haben die beiden Ereignisse in Σ die Koordinaten
Σo : l = x2 (t1 ) − x1 (t1 ) . (988)
E1 (x1 , t1 ) und E2 (x2 , t2 ) , also mit der speziellen Lorentz-Transformation (75),
Für beliebige Zeiten t1 und t2 haben die beiden Ereignisse in Σ die Koordinaten
E1 (x1 , t1 ) und E2 (x2 , t2 ) , also mit der speziellen Lorentz-Transformation (75),
324 Anhang


x1 − vt1 ct1 − vt1 (c − v)t1 ⎪
x1 = = = , ⎪

γ γ γ ⎪



E1 : ⎪


tx1 1−−xvt1 v/c
2
ct t− −vt t v/c (c − (1
v)t− v/c)t ⎪


tx11 = 1 = 1 1 11
= 1 1
, ⎪

=
γγ
=
γ γ
= γ, ⎪


γ ⎪

Σ  : E1 : ⎪
⎪ (989)
t − x v/c 2
t − t v/c (1 − v/c)t ⎪


t1 = x2 − vt2
1 1
l=+ ct2 − vt2 = l + (c − v)t2 ,
1 1 1 ⎪



x2 = γ = γ = γ , ⎬


Σ  : E2 :
γ γ γ ⎪


⎪ (989)
tx2 2−−xvt 2
− 2
− − − 2 ⎪

 2 v/c
2 l + t ct
2 2 −lv/cvt 2
tl
2 v/c
+ (c − (1
v)t 2
v/c)t2 lv/c
.⎭⎪

tx22 =
= == = ⎪

γγ γ γ = γ
, γ


E2 : ⎪


t2 − x2 v/c 2
t2 − lv/c − t2 v/c
2
(1 − v/c)t2 − lv/c ⎪ 2


t2 = = = .⎪

Wählen wir die beiden γ Ereignisse E1 γ und E2 nun gleichzeitig γ in Σ , dann ist die
Differenz ihrer Ortskoordinaten gleich der in Σ gemessenen Entfernung l . Gleichzeitig
in Σ bedeutet nach (989),
Wählen wir die beiden Ereignisse E1 und E2 nun gleichzeitig in Σ , dann ist die
Differenz ihrer Ortskoordinaten gleich der in Σ gemessenen Entfernung l .⎫Gleichzeitig
(1 − v/c) t2 − lv/c2 (1 − v/c) t1 ⎪
in Σ bedeutet nach (989), ⎪
l v/c ⎬
= ,
  γ γ
t2 = t1 :
−→ t2 = t1 + . (990)
(11 − v t −lv 2

− v t c−v ⎪ ⎫


− v/c) t2 −
2 lv/c (1
= 1 − c t1 , ,
= v/c) 1 ⎪

 
c γ c2 γ l v/c ⎬
t2 = t1 :
−→ t2 = t1 + . (990)
v lv
v c−v ⎪ ⎪

1 −
Mit (989) und (990) t − = 1 −
 t ,
c erhalten c2 wir für l , c
2 1

   l + (c − v)t1 + l v/c (c − v)t1


lMit
=x − x1(990)
2 (t1 ) und
(989) (t1 ) =erhalten wir für l , − ,
γ γ
l + (c − v)t1 + l v/c (c − v)t1
l = x12+
(t1v/c
) − x1 (t1 ) = − ,

l = l γ γ (991)
γ
1 + v/c
l = wegen l
bzw. (991)
γ

1 + v/c (1 + v/c)(1 + v/c) 1 + v/c (1 + v/c)(1 − v/c) γ
bzw. wegen= = = =
γ (1 + v/c)(1 − v/c) 1 − v/c (1 − v/c)(1 − v/c) 1 − v/c

1 + v/c (1 + v/c)(1 + v/c) 1 + v/c (1 + v/c)(1 − v/c) γ
auch = = = =
γ (1 + v/c)(1 − v/c) 1 − v/c (1 − v/c)(1 − v/c) 1 − v/c
γ
l = l . (992)
auch1 − v/c
γ
l =
Dieser, l .Sicht der beiden Inertialsysteme Σ und Σo bestehende Längenunterschied
aus der (992)
1 − v/c
ist also verschieden von der Lorentz-Kontraktion (82) und hängt sogar vom Vorzeichen
der Geschwindigkeit v des Systems Σ in bezug auf Σo ab. Der Unterschied ist dadurch
Dieser, aus der
begründet, daß Sicht
es fürder
diebeiden Inertialsysteme Σ und
mit Lichtgeschwindigkeit Σo bestehende
laufende Länge keinLängenunterschied
Ruhsystem gibt.
ist also verschieden von der Lorentz-Kontraktion (82) und hängt sogar vom Vorzeichen
der Geschwindigkeit v des Systems Σ in bezug auf Σo ab. Der Unterschied ist dadurch
begründet, daß es für die mit Lichtgeschwindigkeit laufende Länge kein Ruhsystem gibt.
37 Aufgaben und Lösungen 325

Aufgabe 35

Berechnen Sie aus dem Zweiten Newtonschen Axiom mit Hilfe der Gleichung
(719) die Bewegungsgleichung für eine kontinuierliche Massenverteilung, d.h.
für ein mechanisches Kontinuum.

Kap. 29, 30
In einem materiellen Kontinuum sei u = u(x, y, z, t) die Geschwindigkeit der Massen zur
Zeit t an einem festen Punkt P (x, y, z) im Raum und o die Ruhmassendichte, welche
ebenso wie die Ruhladungsdichte ρe in Kap. 30.2.1, Gleichung (466), definiert ist, also
o = ∆mo /∆Vo , wobei ∆mo die in dem kleinen, mitbewegten Volumen ∆Vo gemessene
Ruhmasse ist. Für die Massendichte gilt dann wie in (466)
e ∆mo Bewegte Massendichte und
= , o = , γu = 1 − u2 /c2 . (993)
γu ∆Vo invariante Ruhmassendichte o

Gemäß
∆pm
gm = Impulsdichte (994)
∆V

sei eine materielle Impulsdichte in dem Kontinuum definiert. Hierbei ist ∆pm = U ∆M
durch die Gesamtmasse M im Volumen ∆V und dessen Schwerpunktsgeschwindigkeit
U bestimmt.
In einem Bezugssystem Σo betrachten wir ein materielles Volumen K , das von einem
wohl definierten Teil der Massen eingenommen werden soll. Durch deren Bewegung ändert
das Volumen K im Laufe der Zeit seine Lage und Gestalt, so daß K = K(t) . Insbesondere
ändert die Oberfläche ∂K von K durch die Geschwindigkeit u = (dx/dt, dy/dt, dz/dt)
der Massen an der Begrenzung von K ihre Form.
Wir berechnen die Änderung des Impulses pm = gm dxdydz im Volumen K .
Mit (719) gilt K(t)

  
dpm d ∂
= gm dxdyz = gm u · dA + gm dxdydz .
dt dt ∂t
K(t) ∂K(t) K(t)

Auf das erste Integral wenden wir den Gaußschen Satz (711) an und finden
 
dpm ∂
= Div2 (gm u) dxdydz + gm dxdydz ,
dt ∂t
K K(t)

also

dpm  ∂ 
= Div2 (gm u) + gm dxdydz . (995)
dt ∂t
K(t)

Der Differentialoperator Div2 bedeutet gemäß (663), daß die Kontraktion der Diver-
genzbildung über den Vektorindex von u auszuführen ist. Für die x-Komponente
aufgeschrieben, lautet also (995) z.B.
326 Anhang

  
dpx ∂ ∂ ∂ ∂
= (gx ux ) + (gx uy ) + (gx uz ) + gx dxdydz . (996)
dt   ∂x ∂y ∂z ∂t 
dpx K(t) ∂ ∂ ∂ ∂
= (gx ux ) + (gx uy ) + (gx uz ) + gx dxdydz . (996)
dt ∂x ∂y ∂z ∂t 
n
Entsprechend
K(t) der Zerlegung der Kräfte in (99) bzw. (125) gemäß Fba + Fa zerlegen
b=1
wir im Kontinuum die Kraft F , welche auf die Massen im Volumen 
n
K wirkt, in zwei
Entsprechend der Zerlegung dermKräfte in (99) bzw. (125) gemäß F + F zerlegen
Teile, eine Kraft Fk , die nur auf einer Kontaktwechselwirkung mitb=1 den baan dasa Volumen
wir im KontinuumMassen
K angrenzenden die Kraft Fm ,und
beruht welche
eineauf die Massen
äußere Kraft Fim. Volumen
Die KraftK Fwirkt, in zwei
k können wir
Teile,
daher eine Kraft Fk , die nur auf
als Oberflächenintegral übereiner
die Kontaktwechselwirkung
Begrenzung ∂K schreiben mit und
den die
an das Volumen
Kraft F als
K angrenzendenüber
Volumenintegral Masseneine beruht
äußere und eine äußere
Kraftdichte f , Kraft F . Die Kraft Fk können wir
daher 
als Oberflächenintegral
 über die Begrenzung ∂K schreiben und die Kraft F als
Volumenintegral über eine äußere Kraftdichte f ,
Fm = dFk + f dxdydz .
 
∂K(t) K(t)
Fm = dFk + f dxdydz .
Die Kräfte
∂K(t) dFk K(t)
sind statisch definiert. Wird das Kontinuum auf der Fläche dA
mechanisch aufgeschnitten, dann ist für den auf dem Oberflächenelement dA ruhenden
Die Kräfte dF
Beobachter σ · dAstatisch
dFkk= sind definiert.
diejenige Kraft, dieWird
an demdasOberflächenelement
Kontinuum auf der Fläche wer-
angebracht dA
mechanisch
den muß, damitaufgeschnitten, dann ist fürDadurch
es sich nicht fortbewegt. den auf ist
dem Spannungstensor σ dA
derOberflächenelement ruhenden
definiert, also
 dFk = σ· dA
Beobachter   diejenige Kraft, die an dem Oberflächenelement angebracht wer-
den muß, damit es sich nicht fortbewegt. Dadurch ist der Spannungstensor σ definiert, also
Fm = σ · dA + f dxdydz . (997)
 
∂K(t) K(t)
Fm = σ · dA + f dxdydz . (997)
Hier wenden
∂K(t) wir aufK(t)
das Oberflächenintegral den Gaußschen Satz an und erhalten

Hier wenden wir auf das Oberflächenintegral den Gaußschen Satz an und erhalten
Fm = Div2 σ + f dxdydz . (998)

K(t)  
Fm = Div2 σ + f dxdydz . (998)
Mit (995)
K(t) und (998) erhalten wir aus (125) für das zweite Axiom der Mechanik
dpm /dt = Fm im Fall des mechanischen Kontinuums
Mit
   (995) und (998) erhalten wir aus   (125) für das zweite Axiom der Mechanik
dpm /dt = Fm im Fall ∂des mechanischen
 
Kontinuums 
Div2 (gm u) + gm dxdydz = Div2 σ + f dxdydz .
 ∂t 
K(t)  ∂  K(t)  
Div2 (gm u) + gm dxdydz = Div2 σ + f dxdydz .
∂t
Diese
K(t) Gleichung kann für ein beliebig herausgegriffenes,
K(t) materielles Volumen K nur dann
gelten, wenn
Diese Gleichung∂ kann für ein beliebig herausgegriffenes, materielles Volumen K nur dann
Div2 (gm
gelten, u) +
wenn gm = Div2 σ + f . (999)
∂t

Div (gm u) +g ugmist= Div
Die 2 Größe m∂t eine2 σlokale,
+ f . materielle Impulsstromdichte, die mit dem Term(999)
Div2 (gm u) zur lokalen Impulsbilanz beiträgt. Der lokale, also in bezug auf ein ortsfestes
Die Größe gm u
Flächenelement ist eine
bezogene lokale, materielle
Spannungstensor Impulsstromdichte,
tm ist definiert gemäß die mit dem Term
Div2 (gm u) zur lokalen Impulsbilanz beiträgt. Der lokale, also in bezug auf ein ortsfestes
tm := gm u − σ bezogene
Flächenelement . Spannungstensor tm ist definiert gemäß (1000)

tm := gm u − σ . (1000)
37 Aufgaben und Lösungen 327

Damit schreiben wir das zweite Axiom für ein mechanisches Kontinuum unter der Wirkung
einer äußeren Kraftdichte f , z.B. der Lorentz-Kraftdichte, in der Form

∂ Materielles Kontinuum
gm + Div2 tm = f . (1001)
∂t Zweites Axiom der Mechanik

Wirken keine äußeren Kräfte f , dann lautet die Gleichgewichtbedingung eines materiellen
Kontinuums


gm + Div2 tm = 0 . Kräftefreies Kontinuum (1002)
∂t

Auf eine Besonderheit der relativistischen Mechanik der Kontinua wollen wir noch
aufmerksam machen. Sowohl in der relativistischen als auch der nichtrelativistischen
Punktmechanik ist der Impuls pm eines Körpers gleich dem Produkt aus seiner Masse
m und seiner Geschwindigkeit u , pm = m u . Eine entsprechende Beziehung zwischen
der Impulsdichte gm und der Massendichte eines mechanischen Kontinuums mit dem
Geschwindigkeitsfeld u , also gm = u gilt aber i. allg. nur noch als Näherung für
den nichtrelativistischen Geschwindigkeitsbereich. Im relativistischen Kontinuum erhält
die Impulsdichte einen Zusatzterm infolge der mechanischen Spannungen σ , so daß
die Impulsdichte gm i. allg. nicht mehr der Geschwindigkeit u parallel ist. Nur für
σ = 0 , also z.B. bei laminaren Strömungen, gilt auch im relativistischen Bereich wieder
gm = u .
Finden keine Umsetzungen der Ruhmassen statt, wie dies stets im klassischen Fall
kleiner Geschwindigkeiten und auch bei laminaren Strömungen im relativistischen Bereich
der Fall ist, dann gilt für die zeitliche Änderung der lokalen Massendichte und die
Impulsstromdichte gm = u ebenso eine Kontinuitätsgleichung wie für die elektrischen
Ladungen,

∂ Kontinuitätsgleichung bei
+ div ( u) = 0 . (1003)
∂t Erhaltung der Ruhmassen

Für σ = 0 und gm = u erhalten wir das zweite Axiom für ein Kontinuum (999) in der
Form


Div2 ( u u) + gm = f . (1004)
∂t

Für kleine Geschwindigkeiten erhalten wir unter Vernachlässigung des nichtlinearen Terms
aus (999) die Grundgleichung der Elastizitätstheorie

∂ u  c , u2 ≈ 0
gm = Div2 σ + f . (1005)
∂t Klassische Elastizitätstheorie
328 Anhang

Aufgabe 36

Läuft eine ebene Welle in Richtung der negativen y-Achse von Σo , also
(η , θ , ζ) = (−π/2, π, π/2) , so daß (cos η, cos θ, cos ζ) = (0, −1, 0) , dann wird
mit ν  = νE und ν = νS aus der letzten Gleichung in (497) die Formel
νE = νS / 1 − β 2 im Widerspruch mit der Formel (502) für den transversalen
Doppler-Effekt. Wo liegt der Fehler?

Kap. 25, 26, 30


Mit (cos η, cos θ, cos ζ) = (0, −1, 0) erhalten wir für die erste und die letzte Gleichung von
(497),

νβ ν
ν  cos η  = , ν = . (1006)
1 − β2 1 − β2

Diese Gleichungen sind nur zu erfüllen, wenn cos η  = β , also η  = π . Es handelt sich
also in Σ nicht um eine transversale Beobachtung. Die aus der Sicht von Σo transversal
emittierten Wellen sind nicht mehr transversal, wenn sie von Σ aus beobachtet werden,
wie bei der Aberration in Kap. 25.2 beschrieben.

Aufgabe 37

Σo sei das Ruhsystem eines Sternes. Wir wollen das Licht beobachten, das
der Stern in Richtung der negativen y-Achse emittiert. Unser Ruhsystem Σ ,
die Erde, bewege sich mit v = 29 783 m s−1 in Richtung der negativen x-Achse
von Σo . Um welchen Winkel α müssen wir das Fernrohr gegen die y  -Achse
neigen, damit wir den Stern sehen?

Kap. 25, 30
Zur Beobachtung eines Sternes müssen wir in Σ das Fernrohr in die Richtung −k
halten, wenn die emittierten Wellen den Wellenvektor k besitzen, s. Abb. 66.
Emission in die negative y-Richtung von Σo heißt η = −π/2 , also cos η = 0 .
Für die Richtung k der Wellen auf der Erde gilt nach (503) cos η  = β . Da die
Richtung von k ebenso im vierten Quadranten liegen muß wie die von k , müssen
wir η  gemäß η  = − arccos β bestimmen. Und für die Richtung des Fernrohres
gegen die x -Achse müssen wir π dazu addieren, also für die Richtung α gegen die
y  -Achse nur π/2 . Für den gesuchten Winkel α gilt daher α = −η  + π/2 , so daß
sin α = sin(−η  + π/2) = sin(−η  ) cos(π/2) + cos(−η  ) sin(π/2) = cos η  ,
v
sin α = cos η  = , (1007)
c
37 Aufgaben und Lösungen 329

Σo
6

?
Σ
k
6

 v

A AA
A
AA
-x A Ab - x
E A η
A
A
A
A
k A
U
A
Abb. 66: Schematische Darstellung zur Aberrationskonstanten. Im System Σo laufe eine
Lichtwelle entgegengerichtet parallel zur y-Achse. Das System Σ bewege sich achsenparallel
in Richtung der negativen x-Achse von Σo mit einer Geschwindigkeit vom Betrag v . Damit
die Lichtwellen zur Beobachtung gelangen, muß das in Σ ruhende Fernrohr um einen Winkel
α gekippt werden, der für die Bahngeschwindigkeit der Erde gegenüber der Sonne die Aberra-
tionskonstante heißt und in (1008) berechnet ist. Um den prinzipiellen Effekt deutlich zu machen,
haben wir mit einer Geschwindigkeit des Fernrohres von v = 0, 448 c in bezug auf Σo gerechnet,
was dem eingezeichneten Winkel α ≈ 26, 6◦ entspricht.

Mit der Geschwindigkeit v = 29 783 m s−1 der Erde gegen den Sternenhimmel und der
Lichtgeschwindigkeit c = 299 792 458 m s−1 erhalten wir β = v/c = 0, 000 099 345 ,
also sin α = cos η  = 0, 000 099 345 und damit α = 0, 000 099 345 bzw.
α = 0, 005 692 049◦ = 0, 341 522 953 = 20, 49 . Das Fernrohr muß also um 20, 49
Bogensekunden entgegen dem Uhrzeigersinn gegen die y  -Achse geneigt werden, damit
wir den Stern sehen. Dieser Winkel α heißt Aberrationskonstante,

α = 20, 49 . Aberrationskonstante (1008)


330 Anhang

Nachwort: Die Spezielle Relativitätstheorie im Verlag


B.G. Teubner in Leipzig

Die vom Leipziger Stadtrat Benedictus Gotthelf Teubner im Jahr 1811 gegründete
Firma hatte sich schon sehr früh das Ziel gesetzt, ”die Wissenschaft und die geistige Bil-
dung” kräftig zu fördern. Auch 100 Jahre danach galt diese Maxime beispielsweise bei
der Verbreitung der Auseinandersetzungen um die Ideen zum Relativitätsproblem. Diese
Thematik erfuhr durch den Teubner-Verlag eine besondere Aufmerksamkeit. Die nachfol-
genden Ausführungen geben einen Überblick über diese Verlagstätigkeit, ohne dabei jedoch
den Anspruch auf Vollständigkeit zu erheben.
- Die frühe Arbeit von A.H. Bucherer, ”Mathematische Einführung in die Elektronen-
theorie”, die sich eingehend mit der FitzGerald-Lorentzschen Kontraktionshypothese
beschäftigt, erscheint bei Teubner 1904.
- Unter dem Titel ”Wissenschaft und Hypothese”, Teubner 1906, werden mehrere Aufsätze
von H. Poincaré zum Relativitätsproblem in deutscher Sprache herausgegeben.
- ”La Mesure du Temps”, die Pionierarbeit von H. Poincaré zur Analyse des Zeitbegriffes
aus dem Jahr 1898, erscheint erstmals in der deutschen Übersetzung 1906 bei Teubner als
Kap. 2 des Buches ”Der Wert der Wissenschaft” (2.Aufl. 1910, 3.Aufl. 1921).
- Die große Lorentzsche Arbeit, ”The Theory of Electrons”, verlegt B.G. Teubner 1909.
- Die Baltimore Lectures von Lord Kelvin kommen in der deutschen Übersetzung als
”Vorlesungen über Molekulardynamik und die Theorie des Lichtes” 1909 im Teubner-Verlag
heraus.
- ”Sechs Vorträge aus der Reinen Mathematik und Mathematischen Physik”, Teubner 1910,
enthalten sechs Vorlesungen, die H. Poincaré 1909 in Göttingen gehalten hat.
- Der berühmte, auf der 80. Versammlung Deutscher Naturforscher und Ärzte 1908 in
Köln gehaltene Vortrag von H. Minkowski ”Raum und Zeit”, welcher die mathematischen
Hilfsmittel für eine Neuformulierung der gesamten Physik auf der Grundlage der Speziellen
Relativitätstheorie bereitstellte, erscheint bei Teubner 1909 in einer Einzeldarstellung.
- Nach dem frühen Tod von H. Minkowski im Jahr 1909 verlegt Teubner 1911 die Ausgabe
”Gesammelte Abhandlungen von H. Minkowski”, herausgegeben von D. Hilbert.
- Der 1910 von E. Cohn gehaltene Vortrag ”Physikalisches über Raum und Zeit” er-
scheint 1911 bei Teubner als Buch, das nach einer Besprechung in den Astronomischen
Nachrichten ”in anschaulicher Darstellung die physikalischen Erfahrungen darlegt, die zum
Verständnis des Verlaufes der Naturvorgänge in Raum und Zeit führen und in denen die
Relativitätstheorie wurzelt. Die mathematische Formulierung ist nur im Anhang berührt.”
- Mit H.A. Lorentz · A. Einstein · H. Minkowski, ”Das Relativitätsprinzip”, Teubner 1913,
erscheint ein Buch, das O. Blumenthal in seinem Vorwort als eine ”Sammlung von Urkun-
den zur Geschichte des Relativitätsprinzips” bezeichnet: zunächst die Lorentzsche Arbeit
”Der Interferenzversuch Michelsons” aus dem Jahr 1895 und die deutsche Übersetzung
seiner 1904 erschienenen Abhandlung ”Electromagnetic phenomena in a system moving
with any velocity smaller than that of light”, welche u.a. die später nach ihm benannte
Lorentz-Transformation enthält, dann Einsteins alles entscheidende Arbeit ”Zur Elektro-
dynamik bewegter Körper” aus dem Jahre 1905 sowie Einsteins im selben Jahr erschienene
Herleitung der Energie-Masse-Äquivalenz, seiner Arbeit ”Ist die Trägheit eines Körpers
von seinem Energieinhalt abhängig”, und schließlich Minkowskis zukunftweisender Vor-
trag ”Raum und Zeit”. In zahlreichen folgenden Auflagen werden in diesen Band auch die
Nachwort: Die Spezielle Relativitätstheorie im Verlag B.G. Teubner in Leipzig 331

Einsteinschen Ideen zur Allgemeinen Relativitätstheorie aufgenommen sowie ein Beitrag


von H. Weyl über ”Gravitation und Elektrizität”.
- Die Bedeutung der Minkowskischen Arbeit ”Raum und Zeit” mag vielleicht auch darin zu
erkennen sein, daß dieser Beitrag noch einmal in den 1984 in Leipzig erschienenen Bd. 1 der
Sammlung ”Teubner-Archiv zur Mathematik” (C.F. Gauß/B. Riemann/H. Minkowski,
”Gaußsche Flächentheorie, Riemannsche Räume und Minkowski-Welt”) aufgenommen
wird und hier nun in die Allgemeine Relativitätstheorie weist.
Es verdient an dieser Stelle erwähnt zu werden, daß A. Einstein seine umfassenden und
tiefen Einsichten in die Elektrodynamik, auf die er seine berühmten beiden Arbeiten von
1905 gründete, aus dem 1894 bei Teubner erschienenen Lehrbuch von A. Föppl ”Einführung
in die Maxwellsche Theorie” im Selbststudium gewonnen hatte, einem Buch, das in der
Fortführung zunächst durch M. Abraham, heute durch R. Becker und F. Sauter bereits
in der 21. Auflage erschienen ist und aus dem Generationen von Physikern nicht zuletzt
auch die Spezielle Relativitätstheorie gelernt haben.
Wir erwähnen ferner die bei Teubner erschienenen traditionellen Lehrbücher zur Physik, in
denen auch die Relativitätstheorie frühzeitig eine aufmerksame Behandlung erfahren hat:
F. Hund, ”Theoretische Physik”, und E. Grimsehl, ”Lehrbuch der Physik”.
In diesem Zusammenhang weisen wir auch auf das von G. Hertz herausgegebene
zweibändige Werk ”Lehrbuch der Kernphysik” hin, Teubner 1958/1960.
- Das unter Mitarbeit des Physikers E. Warburg bei Teubner herausgegebene große Werk
”Kultur der Gegenwart” enthält in der Ausgabe von 1915 eine glänzende Darstellung der
Speziellen Relativitätstheorie durch A. Einstein.
Unter dem Titel ”Das Relativitätsprinzip” bietet das Verlagshaus B.G. Teubner seinen
Lesern eine ganze Reihe von einführenden Werken in die Relativitätslehre an.
- 1914 erscheint ”Das Relativitätsprinzip” von A. Brill, eine sehr kurze und präzise mathe-
matische Darstellung, die auf der Minkowskischen Methode beruht und bis auf den heuti-
gen Tag als modern bezeichnet werden kann. Das Buch stößt auf eine große Resonanz und
erlebt bis 1920 vier Auflagen.
- Im gleichen Jahr kommen drei Vorlesungen von H.A. Lorentz unter dem Titel ”Das
Relativitätsprinzip” heraus und stellen eine physikalisch vertiefende Behandlung dieser
Thematik dar.
- Als einen gewissen Gegenpol dazu kann man ”Das Relativitätsprinzip” von W. Bloch
ansehen, Teubner 1920, das nach den Worten des Verfassers ”für jeden lesbar sein soll,
der mit den einfachsten Gedankengängen der analytischen Geometrie und der elementaren
Physik vertraut ist” und sich getreu dieser Aufgabe eingehend mit den begrifflichen Grund-
lagen auseinandersetzt.
- Ausgehend von der klassischen Mechanik entwickelt A. Angersbach 1920 in seinem
Büchlein ”Das Relativitätsprinzip” die Spezielle Relativitätstheorie mit ihren Konsequen-
zen ebenfalls in einer einfach verständlichen Form.
- Unter dem Titel ”Raum, Zeit und Relativitätstheorie”, Teubner 1920, erscheint eine
Reihe allgemeinverständlicher Vorträge von L. Schlesinger, in denen dem Leser auch unter
Zuhilfenahme geometrischer Konstruktionen die Aussagen der Relativitätstheorie begrei-
flich gemacht werden.
- Von W. Pauli erscheint 1921 im Teubner-Verlag in der ”Enzyklopädie der Mathemati-
schen Wissenschaften”, Bd.5, die berühmte Arbeit ”Relativitätstheorie”. Dieses Werk hat
bis heute den Ruf einer herausragenden Darstellung dieser Thematik.
- Ein rein philosophischer Text, ganz ohne Mathematik, wird im Rahmen der Sammlung
332 Anhang

”Wissenschaft und Hypothese” mit dem Buch ”Das Weltproblem vom Standpunkt des rela-
tivistischen Positivismus aus: Historisch-kritisch dargestellt. - 3., neu bearbeitete Auflage
unter besonderer Berücksichtigung der Relativitätstheorie” , Teubner 1921, von J. Petzold
vorgestellt.
- Unter dem Eindruck der zunehmend an Bedeutung gewinnenden Minkowskischen Raum-
Zeit publiziert L. Eckhart die Abhandlung ”Der vierdimensionale Raum”, Teubner 1929,
die den Leser in den Umgang mit der mehr als dreidimensionalen Geometrie einführt.
- In einer Übersetzung aus dem Holländischen erscheint bei Teubner im gleichen Jahr ”Die
vierte Dimension” von H. de Vries. Der Verfasser geht hier insbesondere auf die Behand-
lung der hyperbolischen Geometrien ein, die für den mit der Relativitätstheorie befaßten
Physiker oder Mathematiker von Interesse sind.
- 1968 verlegt B.G. Teubner in Leipzig eine umfangreiche zusammenfassende Darstellung
von E. Schmutzer, ”Relativistische Physik”, ein Lehrbuch, das sich an Physiker und
Mathematiker wendet.
- Mit dem Band ”Relativitätstheorie aktuell” ehrt E. Schmutzer 1979 den hundertsten
Geburtstag von A. Einstein. Dieses Buch erscheint 1995 bereits in der fünften Auflage.
- Eine begrifflich weniger abstrakte Sichtweise des Relativitätsproblems, die auch eine uner-
wartete Querverbindung zur Festkörperphysik herstellt, indem hier das ideale Gitter als
Modell eines physikalischen Vakuums interpretierbar wird, ist 1996 mit Bd.31 der 1984 in
Leipzig begründeten ”Teubner-Texte zur Physik” von H. Günther vorgestellt worden:
”Grenzgeschwindigkeiten und ihre Paradoxa - Gitter · Äther · Relativität”.
- Ein Beitrag besonderer Art zur Relativitätstheorie erscheint bei Teubner 1999 von D.-E.
Liebscher, ”Einsteins Relativitätstheorie und die Geometrien der Ebene”. Ausgehend von
der Mechanik der Stöße ist es das einzige Buch über die Struktur unserer Raum-Zeit, das
ausschließlich mit geometrischen Beweisen arbeitet und zwar mit Konstruktionen, wie sie
bereits der höhere Schulunterricht bereitstellt. Für die Spezielle Relativitätstheorie wird
damit der gleiche Grad an Widerspruchsfreiheit hergestellt, wie er uns von den Gesetzen
der Geometrie her vertraut ist.
- In dem vorliegenden Lehrbuch ”Spezielle Relativitätstheorie - Ein neuer Einstieg in
Einsteins Welt” wird - ergänzend zur Einsteinschen Axiomatik, die ausnahmslos allen
anderen Darstellungen der Speziellen Relativitätstheorie zugrunde liegt - eine axioma-
tische Neuformulierung des Relativitätsproblems vorgenommen, welche geeignet sein mag,
diesen bedeutenden Gegenstand einem breiteren Leserkreis begrifflich leichter zugänglich
zu machen. Dieses Buch ist die direkte Fortsetzung der in den beiden Auflagen 2002 und
2004 bei Teubner erschienenen ”Starthilfe Relativitätstheorie”.
Literatur
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Weitere Lehrbücher
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French, A.P.: Die spezielle Relativitätstheorie. Braunschweig: Vieweg-Verlag 1971.
Goenner, H.F.: Einführung in die spezielle und allgemeine Relativitätstheorie.
Heidelberg·Berlin·Oxford: Spektrum Akad. Verlag 1996.
Herlt, E./N. Salié: Spezielle Relativitätstheorie. Braunschweig: Vieweg-Verlag 1978.
Laue, M.v.: Die Relativitätstheorie. Braunschweig: Vieweg-Verlag 1961.
Møller, C.: Relativitätstheorie. Zürich: Wissenschaftsverlag Bibl. Inst. 1976.
Papapetrou, A.: Spezielle Relativitätstheorie. Berlin: Dt. Verlag d. Wiss. 1957.
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Register
Abel, N.H., -sche Gruppe 137. Brown, B.C. 223, 333. Brown, R.C.A. (s.
Aberration 106ff., 194-198, 291-292, 313-314.
-skonstante 329. Farley) 333.
Ableitung eines Tensorfeldes 248. Brosche, B. (s. Liebscher) 334.
kovariante - 147, 250. Bucherer, A.H. 330.
Richtungs- 256.
Burgers, I.M., -Vektor 225.
Additionstheoreme der Geschwindigkeiten 21-
Burrowes, H.G. 222, 284, 333.
22, 26, 41-42, 56-59, 63-64, 88, 212, 216-217,
223, 236.
Abraham, M. 331. Caldwell, D.O. (s. Burrowes) 333.
Albrecht, F. (s. Grieser, R. ) 333. cgs-Einheiten, -System (s. auch Maß-
d’Alembert, J.LeR. 125, 127, 164, 249. system) 67, 166, 169, 176, 202.
-sche Wellengleichung 125, 127, 164. Champeney, D.C. 221-222, 333.
-scher Wellenoperator 127, 249. Christoffel, E.B., -Symbole 250.
allgemeine Relativitätstheorie s. Gravitation. Cohn, E. 330.
Alvänger, T. 223, 333. Coulomb, D.A. de, -Feld, -Potential, -sches Ge-
Ampère, A.M., -sches Gesetz 165, 177. setz 191, 307-311.
Ampere (Maßeinheit) 165, 177. Coulomb (Maßeinheit) 166.
-sekunde 166. -Eichung 184.
Anfangsbedingung 21.
Angersbach, A. 331.
Diamagnetismus 178.
Arbeit 79-80, 160.
Dickopf, S. (s. Grieser, R. ) 333.
Äther (-wind) 50, 101, 218-220, 223, 237-238,
274. Dielektrizitätskonstante 176, 185, 314.
Atomuhr 52, 267. -des Vakuums (s. auch Feldkonstante) 174.
Avogadro, A., -Zahl 67. δ-Funktion 259ff.
Dirac, P.A.M. 153, 259.
Bailey, J. (s. Farley) 333. -Gleichung 153.
Becker, U. 87, 185, 331, 333. -sche δ-Funktion 259ff.
Beschleunigung 70, 76-77, 92, 145, 147, 157 Dispersion des Lichtes 182, 194, 223, 238.
162-163, 185, 265, 273 Div, div 248-250, 256.
Vierervektor der - 157, 300-301. Divergenz, s. Div.
Zentrifugal- 92. Doppler, C., -Effekt 51, 98ff., 194-197, 220-
Zentripetal- 145. 223, 287, 290-292.
Bezugssystem (s. auch Inertialsystem) 14-15, longitudinaler - - 197.
32, 36, 66. transversaler - - 102, 105, 197, 220ff., 290-
ausgezeichnetes - 14-15, 36, 44, 46, 100-101, 292.
113, 213, 223.
Drehung, Drehimpuls, Drehimpulstensor, Dreh-
beschleunigtes - 147, 185, 266.
impulsvektor, Drehmatrix (s. auch Eigen-
Bloch, W. 331.
drehimpuls, Pseudorotation) 129, 131, 132–
Blumenthal, O. 330.
133, 137-140, 142-145, 167, 188, 204,
Boost, -Transformation 138, 140, 142, 144-145. 292, 306. infinitesimale - 136.
Born, M. 334.
Durbin, R.P. 222, 284, 333.
breather, -Lösung 229-236.
Durchflutung, -sgesetz 176, 193.
Brechungsindex 87-88, 185.
Brill, A. 331.
Brillet, A. 220, 333. Eckhart, L. 332.
336 Register

Eichhyperbel 150-152, 295-296. Feld, elektrisches - (s. auch Coulomb-Feld),


Eichung, (s. auch Coulomb-, Lorenz-) 184, elektromagnetisches - (s. auch Verschie-
192, 203, 275, 311. Eigendrehimpuls 92, bungsvektor, Erregung, Induktion) 84, 115,
144-145, 153, 167, 204. 164-165, 188-189, 190-192, 306, 308-309,
Eigenperiode 29-30, 36, 51, 53, 208, 210. 312-317.
Eigenzeit 53, 127, 154-155, 157, 159, 297-298. -konstante, elektrische 174-176.
-konstante, magnetische 165-166, 174, 177.
Einstein, A. 14, 16, 22, 29-33, 35-36, 38-39, 44,
-stärketensor 189, 192-193, 309.
51, 54- 60, 63, 65, 79, 83,-89, 107, 125-127,
-theorie, -theoretisch 71, 228.
131, 137, 153-154, 158-159, 161-164, 173,
185-186, 188, 191, 198-199, 207-208, 212-216, Fernwirkungstheorie 42.
218-220, 223, 233, 236-238, 250, 268, 271-272, Ferromagnertismus 178.
276, 297, 301, 314, 317, 330-334. FitzGerald, G.F. 50, 220, 330, 333.
-s Additionstheorem der Geschwindigkeiten -Lorentz-Kontraktion 50, 330.
(s. auch Additionstheoreme) 56-59, 216, Fizeau, A.H.L. 87.
223. Fock, V. 30, 333.
-s Gleichzeitigkeit (s. auch Gleichzeitigkeit) Föppl, A. 331.
30, 32, 34, 44, 56, 59-60. Foucault, J.B.L. (-sches Pendel) 14.
-s Relativitätsprinzip (s. auch Relativitäts-
French, A.P. 334.
prinzip) 32ff.
-s universelle Konstanz der Lichtge- Frisch, D.H. (s. Burrowes) 333.
schwindigkeit (s. auch Lichtgeschwindigkeit) Fresnel, A.J., -scher Mitführungskoeffizient
30, 32, 34, 44, 51, 57. 87-88.
-sche Summenkonvention 240. Fusion 84, 284-286.
Elastizitätstheorie 227, 237, 327.
linearisierte - 227, 237. Gabrielse, G. 218, 333.
Elektrodynamik 32, 35, 87, 101, 164ff., 314. Galilei, G. 14, 40-43, 62-65-66, 68, 70-71, 74,
Elementarladung 186. 77, 88, 99, 101-102, 108, 112-115, 125, 131,
Energie 19-20, 79-80, 82-86, 113-115, 154, 158- 154, 164, 212, 265, 274-277, 279, 281, 291.
164, 171, 204-207, 220-221, 223, 237, 273, -Transformation 40-41-43, 63-65.
278, 282-286, 298-300, 302, 316-320. -sches Additionstheorem der Geschwindig-
-dichte 207, 316-317. keiten (s. auch Additionstheoreme) 41.
-Impuls-Vektor 161-163. -sches Relativitätsprinzip 43, 65.
-Impuls-Tensor 204-205, 207. -sches Trägheitsgesetz 66.
-Masse-Äquivalenz 79, 83-86, 154, 158, γ-Quanten 220-223.
161-163, 207, 283, 285, 330. Gauß, J.C.F. 166, 169, 171, 176, 256, 331.
-satz, -bilanz, -Impuls-Satz 79, 83, 85, -scher Satz 256.
160, 206, 299-300, 320. -sches Maßsystem 166, 169 .
-strom (- -dichte) 113-115, 207. Gauß (Maßeinheit) 169.
-transport, -übertragung 19-20, 113, 273. Gitter, -modell, Kristall-, Raum- 220-221,
kinetische - 80, 82-84, 86, 278, 285, 298. 224ff., 234-237, 332.
Ruh- 83-84, 282-283, 298-299. -konstante 226, 228, 237-238 .
Trägheit der - 79, 84, 330.
Gleichzeitigkeit 16-17, 24-27, 32, 34, 36-37, 39-
Ereignis 13, 18. 40, 44, 56, 59-60, 62-64, 113-114, 208, 213-
Erregung, magnetische -, Tensor der elektro- 215, 232, 235, 264.
magnetischen - 165, 174, 176-178, 198. absolute - 40, 56, 213-215.
Euler, L. 71, 132. Definition der - 24, 30, 32, 36, 44, 62, 113-
-sche Bewegungsgleichungen 71. 114, 232, 235.
-sche Winkel 132. Einsteins - (= Lorentzsche -) 32, 56.
konventionelle - 37, 42, 62, 96.
Farley, F.J.M. 223, 333. nichtkonventionelle - 37, 62-63, 213ff.
Register 337

Relativität der - 34, 59, 121. -sexperiment 186.


Goenner, H.F. 334. -sfluß 170-173.
Gordon, W., s. sine-Gordon-Gleichung. -sgesetz 171-173, 193, 314.
Grad, grad 247-248, 250. -sspannung 172, 191.
Gradient, s. Grad. Inertialsystem (s. auch Bezugssystem) 14, 30,
32, 34, 38, 65.
Gramm 67.
Interferometer 44, 46-47, 49, 265.
Gravitation, -sfeld, -stheorie 14, 23, 29, 42,
Isaak, G.R. (s. Champeney) 221, 333.
218, 238, 250, 265, 267, 331.
-skonstante 238. Isotropie, isotrop 17, 25, 30-31, 34, 46, 55, 65,
Green, G., -scher Satz 257.
263, 275.
- der Lichtgeschwindigkeit 34, 46, 275.
Griesch, M. (s. Farley) 333.
Ives, H.J. 220, 222-223, 334.
Grieser, M. (s. Grieser, R.) 333.
Grieser, R. 222, 333.
Jacobi, C.G. 240, 245, 247, 251, 255.
Grimsehl, E. 331. -Determinante 240.
Gruppe (s. auch Galilei-, Lorentz-) 32, 43, -Matrix 240.
59, 125, 134, 137-138, 153. Jostlein, H. (s. Farley) 333.
Günther, H. 31-32, 36, 55, 60, 63, 213, 224,
227, 232, 239, 273-275, 332-333. Kalinowsky, H. (s. Gabrielse) 333.
Kausalität, kausal 59, 148-150, 151, 272-273.
Habs, D. (s. Grieser, R. ) 333. Keating, R.E. (s. Hafele) 267, 333.
Hafele, J.C. 267, 333. Kelvin, s. Lord Kelvin.
Halbwertszeit 283. Kennedy, R.J. 220, 334.
Hall, J.L. (s. Brillet, Hils) 220, 333. Kernfusion 84, 284-286.
Haughan, M.P. 218, 333. Kernspaltung 84, 286.
Havens, W.W. jr. (s. Durbin) 333. Khan, A.M. (s. Champeney) 221, 333.
Helmholtz, H.v. 184, 233, 333. Kilogramm 67, 165, 202.
-scher Hauptsatz der Vektoranalysis 184. Kinke, kink-Lösung 228-233, 235-237.
Herlt, E. 334.
Kjellman, J. (s. Alvänger) 333.
Hertz, G. 331.
Klaft, I. (s. Grieser, R. ) 333.
Hertz, H., -scher Dipol 185.
Klein, R. (s. Grieser, R. ) 333.
Hilbert, D. 330.
Knobloch, P. (s. Grieser, R. ) 333.
Hill, D.H. (s. Burrowes) 333.
Kontraktion eines Tensors 243.
Hils, D. 220, 333.
Koordinaten 16, 18, 20.
Homogenität, Prinzip der -, homogen 17, -Transformation 20-21, 23-25, 30-31, 37-38,
25, 30-31, 36, 65, 263-264, 274. 212, 242, 263.
Hooke, R., -sches Gesetz 227. spezielle - - 23, 25, 56.
Huber, G. (s. Grieser, R.) 333. -ursprung 16, 20-21.
Hund, F. 331. kartesische - 16, 20, 23.
Orts- 16, 20.
Impuls 66 Zeit- 18, 20, 146.
-bilanz, -satz (s. auch Energie-Impuls- Kopernikus, N. (Copernicus) 14.
Satz) 68, 71, 73-75, 80, 82, 162, 204, 206, Kraft, -vektor (s. auch Lorentz -) 66-68, 76,
277, 280-282, 286, 299-300, 302. 79-80, 154, 158-162, 165, 169ff., 177, 191,
-dichte, 170, 207. 225-226.
-masse 76, 163. -dichte 71, 170, 189, 327.
Induktion, magnetische- 165, 169, 171-173, elektromotorische - 164.
188, 200. Kronecker, L., -Symbol 129, 240, 243-244.
338 Register

Kuerit, G. (s. Shankland) 334. -Gruppe 32, 125ff., 153.


Kühl, T. (s. Grieser, R. ) 333. -Invariante 158, 185, 191.
- kontrahiert, -Kontraktion 50-51, 54, 60,
Lagrange, J.L., -sche Bewegungsgleichung 71. 93, 96-97, 107, 110, 214, 220, 224, 284, 295,
318, 324.
Längenänderung, -kontraktion (s. auch -Kraft, - -dichte 66, 71, 165, 169ff., 190,
Lorentz-Kontraktion) 50, 55, 60, 150, 151, 204, 206, 327.
211, 218, 224, 276. -sche Gleichzeitigkeit (= Einsteinsche Gleich-
Laplace, P.S.M. de, -Operator 127, 185, 192, zeitigkeit), 212.
249, 257. -sche Synchronfunktion, -scher Synchron-
Laue, M. v. 334.
parameter, 56-57, 62, 268.
-Transformation 23, 43, 56, 58-59, 62, 64-
Leistung 79-80, 160, 190, 278, 286.
65, 68, 70, 74, 76, 112, 115, 132ff., 134, 136
Leone, F.C. (s. Shankland) 334.
188, 216-218, 270-271, 274, 292, 311.
Levi-Civita, T. 245, 248. lineare Näherung der - - 62-63, 70, 276-277.
-Symbol 245.
Lorenz, L.V., -Eichung 184, 192, 203, 311.
-Pseudotensor 248.
Lichtgeschwindigkeit 13, 18, 20, 30, 32, 34, 36,
Magnetismus 176-178.
44, 50-51, 57, 60-61, 63-64, 71, 83, 176, 185.
Masek, G.E. (s. Brown) 333.
- im Medium 185.
Messung der - 17, 63-64, 176, 181, 268. Masse (s. auch Energie-Masse-Äquivalenz) 42,
numerischer Wert der - 18, 57. 66ff., 79ff.
Über- 19-20, 272. -nanziehung (s. auch Gravitation) 14.
universelle Konstanz der - (s. auch Isotropie -ndefekt 285-286.
der -) 32, 34, 44, 51, 57, 218. -neinheit 67.
Lichtuhr 51-52. -nformel 75, 82, 154, 161.
Impuls- 76, 163.
Liebscher, D.-E. 63, 218, 273, 334.
Ruh- 76-77, 81-84, 106, 150, 158-160, 163,
linear, Linearität 24-25, 27, 30-31, 61-63, 65, 278-279, 281-282, 284-287, 298-300, 302,
88, 114, 128-129, 167, 263-264. 325, 327.
- polarisierte Welle 313. - -ndichte 325.
-e Kette 225, 238. Geschwindigkeitsabhängigkeit der - 68, 70,
-e Näherung 61ff., 70. 72ff., 79.
-e Koordinaten-Transformation 25, 30-31,
Maßeinheit 13, 66-67, 151-152, 154, 165-169,
65, 114, 263-264.
171, 174, 176-177, 202, 295-296.
-e Synchronisation 24-25, 27, 65, 263-264.
-er Raum 240, 244, 247. Massendefekt 285-286.
Linearisierung 62-63, 87, 237, 275-276. Masseneinheit 67.
Linienbreite, natürliche - 220-220. Massenformel 75, 82, 154, 161.
Linienelement 126-128, 131-132, 135, 146, Maßstabsparadoxon 93ff., 96-97, 213-214, 275.
148, 155, 241. Maßsystem 165-166.
Gaußsches absolutes -(cgs-System) 67, 166.
Linienspannung 227-228.
Modernes absolutes - 67, 166.
Loar, H.H. (s. Durbin) 333.
SI - 13, 67, 165-166.
Lord Kelvin, W. 330.
Maßzahl 13, 16, 18, 20, 65, 151-152, 202.
Lorentz, H.A. 23, 32, 35, 43, 48, 50-51, 54,
Maung, T. (s. Brown) 333.
56-59, 62-66, 68, 70-72, 74, 76-77, 84, 88, 92-
Maxwell, J.C. 46, 87-88, 101, 115, 164-166,
94, 96-97, 107, 110, 112-113, 115, 118, 125,
131, 154, 158, 161-162, 165, 169-170, 173, 178-180-181, 183-187, 192, 200, 202-207,
184-186, 188-192, 194-195, 204, 206, 212- 307, 311-313, 316, 331.
214, 216-220, 224, 232, 235-238, 242, 268, -Gleichungen 87-88, 164, 179, 183-187, 192,
270-277, 282, 284, 291-293, 295, 297, 318, 200, 202-204.
321, 323-324, 327, 330-331, 333-334. - - bewegter Medien 200.
Register 339

-sche Theorie 165ff. -scher Widerstand 172-173.


-scher Spannungstensor 207. Ohm (Maßeinheit) 167.
-scher Verschiebungsstrom 178, 181, 193. Otting, G 220, 223, 334.
-scher Verschiebungsvektor (s. auch Ver-
schiebung) 178. Paarerzeugung 218.
McCukey, S.W. (s. Shankland) 334.
Papapetrou, A. 71, 334.
Meer, S. v.d. (s. Farley) 333. Paramagnertismus 178.
Merz, P. (s. Grieser, R. ) 333. Pauli, W. 331, 334.
Meter 13 Petzold, J. 332.
Metrik, metrischer Tensor 127, 147-148, 241- Phase (s. auch Welle) 112-113-115, 181-182,
242, 249-250, 254. 194, 290-291.
innere - 254.
Phillips, D. (s. Gabrielse) 333.
Michelson, A.A. 31, 44-45, 49-50, 218, 265,
Picasso, E. (s. Farley) 333.
330.
Planck, M., -sche Konstante, -sche Länge,
-(Morley)-Experiment 44ff., 265.
-sche Masse, -sche Zeit 237-238.
-Interferometer (s. auch Interferometer) 44.
Poincaré, H. 16-17, 36, 330, 334.
Miller, D.C. 220, 238, 334.
Pseudo-orthogonalität, -rotation 131-132, 134-
Miller, E.S. (s. Brown) 333.
135, 138, 142, 146.
Minkowski, H. 35, 126-132, 146-150, 152-156,
-orthonormiert 242.
158-162, 164, 166, 179, 185-188, 190-191,
Pseudotensor 246, 248.
194-195, 198-201, 204, 242, 249, 295-296,
298, 306, 311, 330-332, 334. Pulsar 223.
-Raum 127, 131-132, 146-150, 152-153- Ptolemäus, C. 14.
156, 158, 160-162, 164, 166, 179, 185-188, Pythagoras, P. von Samos 129.
194-195, 199-200, 204, 242, 249, 295-296,
298, 306, 311. Quanten, -theorie 167, 177, 218-223, 238, 300.
-scher Kraftvektor 159-160. quarks 186.
SI-Einheiten im - - 152, 296. Quasimasse, Quasiteilchen 225, 227.
Meßprozeß 13. Quint, W. (s. Gabrielse) 333.
Mol 67, 285.
Møller, C. 334. Radioaktivität 286.
Monopole, magnetische - 171. Raum 13.
Morley, E.W. 44, 50, 218. absoluter - 101.
Mößbauer, R.L., -Effekt, -Experiment 220- Raum-Zeit 17-18.
222. -Diagramm 18.
klassische - 39ff.
Newton, I. 42, 66-69-72, 76-77, 79, 154, 158, relativistische - 44, 54ff.
170, 198, 225, 227, 325. Rawls, J.M. 223, 334.
-s absolute Zeit 42. reciprocity principle 36.
-sche Axiome 66-68, 70-71, 76, 158. Reichenbach, H. 32, 213, 215, 274-275, 334.
-sche Bewegungsgleichung, -sche Mechanik -Transformation 213, 215, 274-275.
66ff., 158ff. Relativgeschwindigkeit 19-20, 22, 41, 46, 57-
Newton (Maßeinheit) 67, 165-166, 202. 58, 104, 138, 287, 289-290.
Noether, E., -sches Theorem 204. Relativitätsprinzip 30-32, 35-36-38, 40, 50-51,
55-57, 59-60, 62, 65-66, 71, 78, 87, 90, 125,
Oerstedt, H.C., -sches Gesetz 165, 176, 178. 153-154, 159, 164, 179, 185-186, 199, 207-
Oerstedt (Maßeinheit) 176. 208, 211-213, 235, 237, 268-269, 330-331,
Ohm, G.S. 167, 172-173. 334.
-sches Gesetz 167. - der Newtonschen Mechanik 66, 71, 78.
340 Register

Einsteins - 30, 32, 35-36, 60, 65, 87, 153- sine-Gordon-Gleichung 227-231, 234, 236-237.
154, 159, 164, 179, 185-186, 199, 207 . Sommerfeld, A. 51, 184, 334.
elementares - 36-37, 40, 56-57, 59, 62, 65, Spannung (elektrische) 167-168, 171-173, 191.
90, 235, 268-269. Induktions- 173, 191.
Galileisches - 43, 65. Ring- 172.
metrisches - 55, 208, 211-212.
Resonanzabsorption 220. Spannungstensor des elektromagnetischen
Reziprozitätstheorem 36, 211, 233. Feldes 207.
Riemann, B. 260, 331. Spannung (mechanische) 226-227, 327.
-sches Integral 260. -stensor 326.
Rindler, W. 30, 334. Speicherring-Experimente 223.
Ritson, D.M. (s. Burrowes) 333. Spin (s. auch Eigendrehimpuls), Spinor, Spinor-
Rot, rot 248-249. feld, . . . 153, 167, 204.
Rotation, s. Drehung, Pseudorotation. Sternmaterie 103-105.
Rotation, s. Rot. Stieltjes, T.J., -Integral 260.
Rotverschiebung 51, 220. Stillvell, G.J. (s. Ives) 220, 222-223, 334.
Rückstoß, -energie, -impuls 220-220. Stokes, G.G., -scher Satz 256.
Ruderman, H. (s. Brown) 333. Stoß 71-74, 80-85, 154, 163, 220-220, 239, 277-
279, 286-287, 298-299, 302.
Ruhenergie (s. auch Energie) 83-84, 282-283,
elastischer - 72, 84, 163, 278-279, 302.
298-299.
unelastischer - 80-81, 84, 154, 278-279, 286-
Ruhlänge 27-28, 36, 93, 208-209, 212, 214, 287, 298-299.
263, 268.
strings, String-Theorie 228, 239.
Ruhmasse (s. auch Masse) 76-77, 81-84, 106,
Strom (elektrischer) 164, 191.
150, 158-160, 163, 278-279, 281-282, 284-
-dichte 167-169, 187.
287, 298-300, 302, 325, 327.
-stärke 165-166.
-ndichte 325.
Induktions- 172.
Ring- 173.
Salié, N. (s. Herlt) 334. Verschiebungs– 178, 181.
Sauter, F. (s. Becker) 331, 333. Summenkonvention, Einsteinsche - 240.
Schallgeschwindigkeit 98, 100, 103-104, 115, Synchronisation, (s. auch Lorentzsche -), syn-
227. chronisieren 16-18, 24-25, 27, 30-32, 34-38-
Schlesinger, L. 331. 39, 55-56, 60, 63-65, 114, 208, 212, 263-264,
Schluter, R.A. (s. Burrowes) 333. 268, 270.
Schmidt, E., -sches Orthonormierungsverfahren lineare - 25, 31, 65, 263-264.
247. nichtlineare - 264.
Synchronfunktion 24, 27, 209-210, 264.
Schmidt, M. (s. Grieser, R. ) 333.
lineare - 24, 27, 264.
Schmutzer, E. 332. Synchronparameter 24, 40, 42, 59, 62-63, 125,
Schwalm, D. (s. Grieser, R. ) 333. 268.
Sebastian, V. (s. Grieser, R. ) 333.
Seeger, A. 227, 334. Tachyonen 272-273.
sekundärrelativistische Effekte 218. Tannenbaum, M. (s. Farley) 333.
Sekunde 13. Taylor, B., -Entwicklung, -Reihe, -sche
Shankland, R.S. 220, 334. Näherung 49, 61, 80, 86, 134, 138, 140,
SI-System (s. auch Maßsystem) 165. 226, 292.
Signal, -geschwindigkeit, Licht- 17-19, 32, 34, Tensor, -rechnung 240ff., 242-243.
42, 98, 103, 105, 125-126, 148, 262-263, 273, Tesla, N. 169.
275-276, 287-289. Tesla (Maßeinheit) 169.
Register 341

Then, V. (s. Grieser, R. ) 333. Viererstrom, -dichte 187, 203.


Thirring, W. 32, 60, 213, 334. Vierervektoren 156-159, 161, 163, 186-187, 189-
Thomas, L.H., -Effekt, -Präzession 61, 89-90, 191, 194, 198, 200, 300-301, 310-311, 313.
92-93, 142, 144-145. Volt (Maßeinheit) 168, 171.
Thorndike, E.M. (s. Kennedy) 220, 334. Volta, A.G.A.A. 171.
Tolman, R.C., -Experiment, -sches Gedanken- Vries, H. de 332.
experiment 68, 70, 72ff., 154, 159, 279.
Trägheit (s. auch Energie, Galilei) 76, 84, 154, Wallin, J. (s. Alvänger) 333.
162, 225, 227, 283. Warburg, E. 331.
-sgesetz 66.
Wärme, -energie 83-84, 278, 282-285.
-ssysteme (s. auch Inertialsysteme) 14.
-menge 83, 285.
Transversalität, - elektromagnetischer Wellen -strahlung 285.
(s. auch Doppler-Effekt) 183, 313-314, 317. Fusions- 285.
Treder, H.-J. 273, 334. v. Weizsäcker, C.F. 224.

Überschieben 243. Welle 98.


-nfront 46-47, 57, 87-88, 112, 115.
-nlänge 13, 182.
Vakuum 207, 224, 234, 238.
-npaket 114-115.
-Elektrodynamik 202-203, 317.
-nzug 44, 109, 220.
-Lichtgeschwindigkeit (s. auch Lichtge-
ebene - 112, 181, 183, 194-197, 317-318.
schwindigkeit) 18, 181, 223.
Phase einer -n - 112, 181.
-Polarisation 218.
elektromagnetische - 181-182.
Vektor, -feld 146-147.
Schall- 100.
Verjüngung eines Tensors 243.
Weltlinie 150, 152, 155, 296-298.
Vernon, W. (s. Brown) 333.
Weyl, H. 30, 184, 331, 334.
Verschiebung, -svektor, elektrische -, dielek-
Will, C.M. (s. Haughan) 218, 333.
trische - 165, 174-176, 178, 314.
-sstrom 178, 181, 193.
Versetzung, -slinie 224-228, 235. Zeit 13ff.
Burgers-Vektor einer - 225.
-dilatation 51, 53-54, 60, 98, 103, 105, 116-
Trägheit einer - 225. 117, 119, 121-123, 218-220, 221-224, 233-
234, 237-238, 265-270, 295-296.
Vierergeschwindigkeit 156-158, 299-300.
-messung 13, 16, 18, 20, 65, 208.
Viererimpuls (s. auch Energie-Impuls-Vek- absolute - 42.
tor) 158, 161. Eigen- 53, 127, 154-155, 157, 159, 297-298.
Viererkraft 161, 190. Zentimeter 67.
Viererpotential 194, 310. Zwillingsparadoxon 116ff., 137, 213, 215, 267.
Teubner Lehrbücher: einfach clever

Berber/Kacher/Langer
Physik in Formeln 10., überarb. Aufl. 2005. 148 S. mit
und Tabellen 156 Abb., 47 Tab. u. einem ausklappbaren
Periodensystem der Elemente (4-farbig)
Br. EUR 16,90
ISBN 3-519-33200-0
Mechanik des Massenpunktes und der fes-
ten Körper - Mechanik der Fluide - Mecha-
nische Schwingungen und Wellen - Akustik
- Kalorik - Elektrik und Magnetik - Optik -
Quantenmechanik und Atombau - Tabellen -
Periodensystem der Elemente (PSE)
Das Grundlagenwissen Physik ist in dieser
Formelsammlung kompakt und übersicht-
lich zusammengefasst. Übungs- und Prü-
fungsaufgaben lassen sich hiermit leichter
lösen.
„Physik in Formeln und Tabellen ist eine
Formelsammlung, die es wirklich leicht
schafft, junge Physiker und Interessierte zu
begeistern.“ Junge Wissenschaft

Stand Juli 2006. B. G. Teubner Verlag


Änderungen vorbehalten. Abraham-Lincoln-Straße 46
Erhältlich im Buchhandel
oder beim Verlag. 65189 Wiesbaden
Fax 0611.7878-400
www.teubner.de
Teubner Lehrbücher: einfach clever

Dobrinski/Krakau/Vogel
Physik für Ingenieure 10., überarb. Aufl. 2003. 703 S. mit
550 Abb., 47 Tab. u. einem vierfarbigen
Periodensystem der Elemente. Geb.
EUR 39,90
ISBN 3-519-46501-9
Mechanik - Wärmelehre - Elektrizität und
Magnetismus - Strahlenoptik - Schwin-
gungs- und Wellenlehre - Atomphysik -
Festkörperphysik - Relativitätstheorie
Neben den klassischen Gebieten der Physik
werden auch moderne Themen, z.B. makro-
skopische Quanten-Effekte wie Laser, Quan-
ten-Hall-Effekt und Josephson-Effekte, die in
der Anwendung immer wichtiger werden,
ausführlich dargestellt. Zahlreiche Beispiele
stellen immer wieder den Bezug zur Praxis
heraus. Für eine optimale Unterstützung
des Selbststudiums enthält das Buch ca.
300 Aufgaben mit Lösungen.
„Dass dieses Werk nun seine 10. Auflage
dreiunddreißig Jahre nach der ersten erlebt,
zeugt von seiner Qualität und bewährten
Nützlichkeit. Es kann Studenten und als
Leitfaden für Dozenten einschlägiger
Serviceveranstaltungen bestens empfohlen
werden.“ Zentralblatt MATH, 17/2004

Stand Juli 2006. B. G. Teubner Verlag


Änderungen vorbehalten. Abraham-Lincoln-Straße 46
Erhältlich im Buchhandel
oder beim Verlag.
65189 Wiesbaden
Fax 0611.7878-400
www.teubner.de

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