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THEMA 5
DAS VERB.
GRAMMATISCHE KATEGORIE DER ZEIT
Die Autoren der Grammatiken stellen die angegebene Frage folgender Weise
dar. Sie nennen die Zeitform (sie beginnen mit dem Präsens und enden mit dem
Futurum II), beschreiben auf ihre temporalen Bedeutungen, indem sie aber auf eine
Grundbedeutung (paradigmatische Bedeutung) und Nebenbedeutungen
(syntagmatische / kontextuelle Bedeutung) dieser Zeitform hinweisen. Sie
unterstreichen dabei: Die Zeitform realisiert ihre Grundbedeutung in einem
neutralen Kontext; die Nebenbedeutungen zeigen sich in einem günstigen
Kontext. Im Rahmen des neutralen Kontextes bestimmt die Zeitform allein die
temporale Bedeutung des Satzes. Unter dem günstigen Kontext versteht man solch
einen Kontext, in dessen Rahmen gewisse Formen (lexikalische, grammatische)
die Grundbedeutung der Zeitform neutralisieren oder modifizieren.
Im Deutschen sind 6 Zeitformen: das Präsens, das Präteritum, das Perfekt, das
Plusquamperfekt, das Futur I, das Futur II.
Die Zeitform des finiten Verbs signalisiert, ob das Ausgesagte im Moment des
Redeaktes gültig ist, also in der Gegenwart liegt, oder auf die Vergangenheit bzw.
auf die Zukunft bezogen wird. Vgl.:
Die direkten Beziehungen zwischen dem Redemoment und dem Moment der
Handlung zeugen von den absoluten (direkten) Zeiten. Solche Zeiten sind
Gegenwart, Vergangenheit und Zukunft, die entsprechend durch das Präsens, das
Präteritum und das Futur I repräsentiert werden.
In dem Fall, wenn sich zwei (oder mehr) Zeiten miteinander verhalten, so
werden diese Zeiten als relative bestimmt. Die relativen Zeiten sind
Gleichzeitigkeit, Vorzeitigkeit und Nachzeitigkeit. Vgl.:
Während ich das Frühstück zubereite, bringt mein Bruder das Zimmer in
Ordnung.
Vorzeitigkeit (in der Vergangenheit) Plusquamperfekt + Präteritum:
Nachdem wir gefrühstückt hatten, machten wir unser Zimmer in Ordnung.
Das Präsens
“Ich bin gestern früher wie gewöhnlich nach Hause gekommen. Die Frau
empfängt mich und sagt leise: ‘Sprich leiser! Das Kind schläft.’”
Man betrachtet auch das Präsens in den Sätzen, wo die Handlung einen
zeitlosen Charakter hat (in allgemeingültigen Äußerungen):
Die Biene gehört zu den Insekten.
Im Alltag gebraucht man die Sätze im Präsens zum Ausdruck eines Befehls:
„Martin! Du gehst jetzt ins Zimmer und sitzt dort, bis wir dich rufen!“
Das Präteritum
Das Präterit bezeichnet ein Geschehen als vor dem Redemoment ablaufend:
Die schöne Sita sagte gar nichts mehr, sie sagte nicht einmal „Danke",
sondern tat einen Satz und lief, so schnell ihr Wickelkleid es nur erlaubte,
zurück in das Mutterhaus.
(Th. Mann)
In der erlebten Rede drückt das Präteritum die Gegenwart oder die Zukunft
aus:
Zwei Tage blaugemacht. Was würde Schaper sagen. Was für Aus-
reden konnte man anbringen, überlegte Brenten. Mein Gott, war das
ein dumpfer, unerträglicher Druck im Schädel. Und die Glieder
schmerzten, als hatte er eine Riesenstrapaze hinter sich. (W Bredel)
Das Perfekt
“Siehst du, es hat in der Nacht geregnet. Der Boden ist naß.”
“Ich habe jetzt etwas Wundervolles gelesen, etwas Prachtvolles ...”,
sagte er.
(Th. Mann)
Der sprachliche Kontext bestimmt den Gebrauch des Perfekts zum Ausdruck
der absoluten Zukunft:
Bald hat er die Prüfung abgelegt.
Wage, und du hast gewonnen!
Warten Sie, bis an Sie die Reihe gekommen ist!
Bis zum nächsten Monat hat sie die Jahresarbeit abgeschlossen.
“... Warte nur! Wenn du zur Batterie zurückgehst, hast du alles vergessen.“
(D.Noll)
Das Plusquamperfekt
Es war jetzt klar, daß sie sich ganz und gar verirrt hatten. (B. Brecht)
Sie hatte bemerkt, daß er ihr aufpaßte. (B. Brecht)
Der Angriff bagann beim Tagesanbruch. Der Befehl war in der Nacht
eingetroffen.
Der Wolf bat den Fuchs, ihm etwas zum Essen zu finden. Der Wolf
hatte drei Tage nichts gegessen und war hungrig ...
Tage und Nächte waren vorbei, bis sie den Lager erreicht hatten.
Man mußte eine Woche warten, ehe der Brief angekommen war.
Das Futur I
Die Hauptbedeutung des Futurs I ist “absolute Zukunft”: (eigentliche /
absolute Zukunft): Er wird mich besuchen.
Eine der Funktionen des Futurs I ist der Ausdruck einer gegenwärtigen
Handlung, die vom Sprecher bezweifelt (vermutet) wird:
Das Futur II
Die Hauptbedeutung des Futurums II ist “Vorzeitigkeit in der Zukunft“:
Wenn die Kommission alle Zahlen geprüft haben wird,
werde ich Auskunft geben.
Im Alltag werden oft das Perfekt (in futurischer Bedeutung) und das Präsens
(in futurischer Bedeutung) betrachtet:
Wenn die Kommission alle Zahlen geprüft hat, gebe ich Auskunft.
In dieser Bedeutung ist das Futur II dem Perfekt in der Bedeutung der Zukunft
synomymisch:
Bis Donnerstag habe ich den Aufsatz abgegeben.
In einer Woche hat er alle Pläne zusammengestell.
Im Alltag wird das Futur II zum Ausdruck einer Handlung in der Vergan-
genheit gebraucht. Dabei wird die Handlung vom Sprecher bezweifelt (vermutet).
Diese Bedeutung des Futurums II heißt “hypothetisches Futur II”. Sie wird oft im
Rahmen des selbständigen Satzes betrachtet:
Er wird mit dem Zug gefahren sein. (= er ist wahrscheinlich mit dem
Zug gefahren) – Мабуть, він поїхав потягом.
Zusammenfassung
1. Die gegebene Darstellung des deutschen Tempus weicht zur Teil von den
üblichen Darstellung ab. Das logische – aus dem Latein entnommene – System
(Präsens — Gegenwart; Präteritum — Verganheit; Futurum — Zukunft)
entspricht nicht dem tatsächlichen Sprachgebrauch.
LITERATUR:
Dreyer H., Schmitt R. Lehr- und Übungsbuch der deutschen Grammatik. – Verlag für Deutsch. –
Ismaning / München, 1985.
Duden. Grammatik der deutschen Gegenwartssprache. 5., völlig neu bearbeitete und erweiterte Auflage.
Dudenverlag Mannheim/Leipzig/Wien/Zürich, 1995.
Mamalyga L.M., Skljar L.L. – Мамалига Л.М., Скляр Л.Л. Граматика німецької мови. – Київ:
Вища школа. – 1972.