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Informationen zur Depression für Patienten und Angehörige 1/3

Was ist eine Depression?


Depression bezeichnet einen Zustand mit Niedergestimmtheit, Niedergeschlagenheit, Verlust von Freude und Interessen,
Antriebslosigkeit, sozialem Rückzug und zahlreichen körperlichen Beschwerden. Depression beeinträchtigt das körperliche
und psychische Wohlbefinden, die berufliche Leistungsfähigkeit, die familiäre Situation sowie alle anderen Beziehungen
und das gesamte Lebensgefühl der Betroffenen und der Menschen, die ihnen nahe stehen. Depression ist eine allgemein
menschliche Erfahrung. Von einer depressiven Störung, also einer Erkrankung, spricht man erst, wenn der depressive Zu-
stand einen Zeitraum von mehr als zwei Wochen umfasst und eine Funktionsbeeinträchtigung entsteht.

Depression ist gut behandelbar


Depression hat zunächst einen günstigen Spontanverlauf. Wenn Depression zu Belastung und Einschränkung führt, ste-
hen ein großes Spektrum von psychologischen und medizinischen Behandlungsmethoden zur Verfügung. Ungefähr 80 %
der betroffenen Patienten können erfolgreich behandelt werden.

Woran erkennt man Depression?


Folgende Symptome sind typisch für Depression und müssen über einen Zeitraum von mindestens zwei Wochen vorhanden
sein:
! Niedergestimmtheit, anhaltende Traurigkeit, Verzweiflung oder »Gefühl der Gefühllosigkeit«
! Verlust von Interesse und Freude: Der Interessenverlust kann sich auf alle Lebensbereiche (Familie, Freundeskreis,
Beruf, aber auch Hobbys, Sport oder sexuelle Aktivitäten) erstrecken.
! verminderter Antrieb, erhöhte Ermüdbarkeit, Energielosigkeit, Erschöpfung: Jede Aktivität erscheint beschwerlich, die
Motivation zur Durchführung selbst einfacher Alltagsaktivitäten wie Essenszubereitung oder Körperpflege nimmt ab.
! verminderte Konzentration und Aufmerksamkeit
! negative Sicht auf sich selbst, vermindertes Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen
! Gefühle von Schuld und Wertlosigkeit
! negative Sicht auf die Zukunft (Pessimismus, Hoffnungslosigkeit)
! Grübeln
! häufige Gedanken an den Tod (Suizidgedanken / -handlungen)
! Schlafstörungen oder vermehrter Schlaf
! Appetit- oder Gewichtsveränderungen (Zu- oder Abnahme)
! Störung der sexuellen Funktionen
! Entscheidungsschwierigkeiten
! sozialer Rückzug und Inaktivität

Zusätzlich können Menschen mit Depression unter innerer Unruhe und Angstgefühlen leiden. Häufig sind körperliche
Beschwerden: Schmerzen, Übelkeit, Verstopfung, Schwindel, Kloßgefühl im Hals, bleiernes Schweregefühl in Armen und
Beinen. Manchmal werden nur die körperlichen Symptome wahrgenommen. Manchmal entwickeln Menschen mit De-
pression ein ausgeprägtes Misstrauen oder Gedanken, Schuld auf sich geladen zu haben, verarmt zu sein oder körperlich
schwer krank zu sein, ohne dass es hierfür Anhaltspunkte gibt.

© Faßbinder · Klein · Sipos · Schweiger: Therapie-Tools Depression. Beltz, 2015 / 61

Dieses Buch ist lizenziert für Eva Fraedrich

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Wie verläuft Depression?


Eine unbehandelte depressive Episode dauert typischerweise zwischen sechs und zwölf Monaten, unter Behandlung etwa
drei Monate. Zusätzlich ist der Ausprägungsgrad der Depression unter Behandlung geringer. Etwa 60 % der Menschen, die
einmal depressiv erkranken, erleiden mindestens eine weitere depressive Episode. Man nennt das rezidivierende depressi-
ve Störung. Etwa 10 % der betroffenen Menschen haben eine chronische Depression, definiert als eine Depressionsdauer
von mehr als 24 Monaten. Eine chronische Depression kann über mehrere Jahre andauern.

Welche anderen Erkrankungen treten häufig zusammen mit Depressionen auf?


Depressive Störungen treten häufig in Verbindung mit anderen psychischen Störungen wie Angststörung, Substanzmiss-
brauch, Essstörung, Zwangsstörung und Persönlichkeitsstörungen auf. Auch körperliche Erkrankungen wie Diabetes mel-
litus, Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder andere chronische Erkrankungen sind häufig.

Wie häufig ist Depression?


Einer von fünf Menschen in Deutschland leidet irgendwann im Laufe seines Lebens an einer schweren Depression
(Lebenszeitprävalenz 20 %). Depression kann in jedem Lebensalter auftreten. 50 % der betroffenen Menschen erkranken
erstmals vor dem 28. Lebensjahr. Frauen berichten im Vergleich zu Männern etwa doppelt so häufig von depressiven
Episoden.

Wodurch wird eine Depression ausgelöst?


Zum Verständnis der Ursachen von Depression wird häufig das biopsychosoziale Modell herangezogen. Risikofaktoren
und mögliche Mechanismen sind psychologische Faktoren (traumatische Ereignisse, Stressbelastung, eingeschränkte
kognitive, metakognitive oder interpersonelle Fertigkeiten), epigenetische und genetische sowie biologische Faktoren
(Fehlregulation von Neurotransmittern oder Hormonen, Einflüsse von Schlaf, Ernährung, toxischen Substanzen, Entzün-
dungsprozesse, funktionelle Veränderungen der Organisation des Gehirns).

Wie kann man Depressionen behandeln?


Die am häufigsten eingesetzten und von den Leitlinien empfohlenen Behandlungsmethoden sind Psychotherapie und
antidepressive Medikamente. Ihr Arzt informiert Sie auch gerne über seltener angewandte Therapiemethoden.

Was kann ich als Betroffener tun?


Das Wichtigste ist, sich professionelle Unterstützung durch einen Arzt oder Psychologen zu holen. Depression alleine
für sich zu bewältigen, ist keine gute Idee. Partner und Freunde sind wichtig, haben aber nicht die erforderliche kritische
Distanz, die für therapeutische Hilfe erforderlich ist. Sprechen Sie offen mit Ihrem Arzt oder Psychologen, damit er genau
versteht, was in Ihnen vorgeht. Lassen Sie sich nicht von Angst oder Scham zurückhalten. Sprechen Sie über alle Zweifel,
die Sie bezüglich der Therapie haben.
Werden Sie zum Experten in eigener Sache! Beraten Sie sich mit Ihrem Therapeuten über günstige Informationsquellen
und diskutieren Sie die erhaltenen Informationen mit ihm.
Werden Sie aktiv! Die Bewältigung einer depressiven Störung erfordert einen Lern- und Erfahrungsprozess, den Ihnen
niemand abnehmen kann. Beraten Sie sich mit Ihrem Therapeuten, welche Aktivitäten und Übungen für Sie günstig sind.

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Was können Partner, Angehörige oder Freunde tun?


Bleiben Sie bei Ihrer Rolle als Partner, Familienangehöriger oder Freund. Unterstützen Sie den Betroffenen emotional und
praktisch. Behalten Sie gemeinsame Aktivitäten bei. Behandeln Sie ihn nicht wie ein »rohes Ei«, ziehen Sie sich nicht aus
Angst zurück, verzichten Sie aber auch darauf, eine therapeutische Rolle einzunehmen oder den Betroffenen behüten zu
wollen.
Unterstützen Sie den Betroffenen dabei, einen geeigneten Arzt oder Psychologen oder ein geeignetes Krankenhaus zu
finden. Unterstützen Sie ihn, die Barrieren eines ersten Besuches dort zu überwinden. Ermutigen Sie ihn, aktiv an der
Therapie teilzunehmen.
Informieren Sie sich selbst über die Erkrankung Depression, sodass Sie ein aktiver Gesprächspartner sein können.
Holen Sie sich Hilfe für sich selbst, wenn Sie durch die Erkrankung Ihres Partners, Familienangehörigen oder Freundes in
eine Belastungssituation geraten. Gehen Sie, falls es der Patient wünscht, zu Paar- oder Familiengesprächen.
Erklären Sie betroffenen Kindern, dass es sich um eine behandelbare Erkrankung handelt und beantworten Sie alle Fragen
des Kindes.

© Faßbinder · Klein · Sipos · Schweiger: Therapie-Tools Depression. Beltz, 2015 / 63

Dieses Buch ist lizenziert für Eva Fraedrich

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