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F.-K. LÜCKE
Zusammenfassung. Der Einsatz von Pökelstoffen bietet Vorteile bezüglich der sensori-
schen Eigenschaften und der mikrobiologischen Sicherheit und Stabilität der Fleischerzeug-
nisse. Nitrit und Nitrat werden jedoch chemisch-synthetisch hergestellt, sind aus toxikologi-
scher Sicht nicht unbedenklich und entsprechen somit nicht den Erwartungen des Käufers an
Erzeugnisse aus ökologisch erzeugtem Fleisch. Es wird gezeigt, dass der Einfluss des Nitrits
auf das Botulismus-Risiko nach Verzehr von Fleischerzeugnissen oft bei weitem überschätzt
wird, und dass die großzügigen Grenzwerte für den Restnitritgehalt, wie sie in Anhang III
Teil C der EU-Zusatzstoffrichtlinie 95/2 und der Zusatzstoff-Zulassungsverordnung von 1998
festgesetzt sind, aus hygienischer und technologischer Sicht nicht gerechtfertigt sind. Wenn
die Grenzwerte ausgeschöpft würden, nähmen deutsche Erwachsene, die durchschnittliche
Mengen an Pökelfleischerzeugnissen verzehren, zudem mehr als den ADI-Wert an Nitrit auf.
Wichtiger ist die Wirkung des Nitrits auf die sensorischen Eigenschaften von Fleischerzeug-
nissen, insbesondere der antioxidative Effekt des Nitrits. Dieser kann kaum durch Zusatz an-
derer Naturstoffe ersetzt werden. Ein völliger Verzicht auf Nitrit würde somit das Spektrum
der zur Verarbeitung geeigneten Rohstoffe und der daraus in gewohnter Qualität herstellba-
ren Produkte so einschränken, dass die Ausweitung des Markts für Öko-Fleisch deutlich be-
hindert wird. Daher sollte man Nitrit in Mengen, wie sie zur Erzielung der gewünschten sen-
sorischen Effekte erforderlich sind, weiterhin auch zur Verarbeitung von ökologisch
erzeugtem Fleisch zulassen.
Summary. The use of curing agents is beneficial to the sensory properties and to the micro-
biological safety and stability of meat products. However, nitrite and nitrate are synthetic
chemicals of toxicological concern. Therefore, their use is hardly compatible with the expec-
tations of consumers of organic food. This paper shows that the effect of nitrite on the risk of
botulism from meats is frequently overestimated. Accordingly, the generous limits for the use
of nitrite and nitrate specified in the EU Directive 95/2 are not justified from a hygienic or a
technological point of view. If cured meat products contained as much nitrite as specified as
the maximum levels, the average German adult would ingest about 140 % of the acceptable
daily intake. On the other hand, the beneficial effect of nitrite on the sensory properties of
meat products is often underestimated. In particular, the antioxidative effect of nitrite can
hardly be replaced by adding other agents compatible with the principles of organic food pro-
duction. Prohibiting the use of nitrite would therefore restrict the variety of raw materials and
processing conditions to such an extent that it would be very difficult to expand the market for
organic meats. Therefore, the use of nitrite at levels sufficient for curing colour and aroma
formation should be permitted for the processing of meat from organic production.
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Diese Wirkungen können durch keine an- • des Auftretens von Clostridium botuli-
dere Einzelsubstanz erreicht werden, we- num im Rohstoff und Endprodukt
der durch einen natürlichen Inhaltsstoff • des Überlebens und der Toxinbildung
von Lebensmitteln noch durch einen che- von C. botulinum im Verarbeitungs-
misch-synthetischen Stoff (CASSENS, prozess
1995). Somit unterscheiden sich die
• einer unzureichenden Kühlung des
meisten ohne Pökelstoffe hergestellten
Fleischerzeugnisse sensorisch merklich Produkts im Lager, im Vertrieb oder
von denjenigen Fleischerzeugnissen, mit Haushalt
denen die Verbraucher vertraut sind. Viele • des unzureichenden Erhitzens vor dem
Kunden könnten daher eher bereit sein, Verzehr (bei Bacon, Würstchen)
Öko-Fleischerzeugnisse zu kaufen, wenn • des Nicht-Erkennens von mit der
diese mit Pökelstoffen hergestellt wurden. Toxinbildung verbundenen sensori-
Dies gilt insbesondere für den typischen schen Abweichungen vor dem Ver-
„Öko-Neukunden“, der nicht bereit ist, bei zehr.
Öko-Produkten einen verminderten Ge-
nuss- oder Gebrauchswert in Kauf zu Auf der Basis derartiger Überlegungen hat
nehmen (HAMM, 1999; LÜCKE, 2001). HAUSCHILD (1982) darauf hingewiesen,
Diese Situation gibt Anlass, das Für und dass das Risiko, Botulinum-Toxin über
Wider des Einsatzes von Pökelstoffen (Nit- Bacon aufzunehmen, verschwindend nied-
rit und Nitrat) in der ökologischen Fleisch- rig ist, unabhängig vom Nitritzusatz.
verarbeitung im Lichte alter und neuer
wissenschaftlicher Daten abzuwägen und In den 80er Jahren hat der Autor dieses
die bereits publizierten Überlegungen Beitrags an der Bundesanstalt für Fleisch-
(LÜCKE, 1999) zu aktualisieren. forschung das Verhalten von Clostridium
botulinum in Fleischerzeugnissen deut-
Vorteil: Antimikrobielle Wirkungen des
Nitritzusatzes
schen Typs untersucht, die Ergebnisse
nach der Methode von HAUSCHILD aus-
Trotz der vielfältigen Wirkungen des Nitrits gewertet und unter Heranziehung bioche-
sind Nitrit und Nitrat in der Richtlinie mischer und epidemiologischer Daten in-
Nr. 95/2/EG (Anhang III, Teil C) nur als terpretiert. Die Ergebnisse lassen sich wie
Konservierungsstoffe zugelassen, also als folgt zusammenfassen (vgl. LÜCKE und
„Stoffe, die die Haltbarkeit von Lebens- ROBERTS, 1993):
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Wasseraktivität
0,964
0,966
0,968
0,970
0,972
0,974
0,976
0,978
0,980
0,982
0,984
0
-1
-2
-3
log P
-4
-5
-6
-7
-8
Abb. 1: Wahrscheinlichkeit der Bildung von Botulinum-Toxin in einer „Kesselkonserve“ (F0 = 0,34), die
vor der Erhitzung 1 Spore von C. botulinum enthielt und bei 21 °C 3 Monate gelagert wurde.
Pfeile vom Messpunkt nach unten: tatsächlicher Wert kleiner als Messpunkt. Daten von LÜCKE und
HECHELMANN, 1986, zitiert nach LÜCKE und ROBERTS, 1993
800
700
600
500
Fälle
400
300
200
100
0
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1963
1965
1967
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1995
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1999
Jahr
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Insgesamt ist die antimikrobielle Wirkung schinken durch Optimierung der Würzung
eines Nitritzusatzes weitgehend durch die erzielbar ist. Weiterhin wurde, auch aus
Verstärkung anderer „Hürden“ ersetzbar. Kreisen, die dem ökologischen Landbau
Allerdings kann sich eine intensivere Er- nahe stehen, Rotschimmelreis-Extrakt
hitzung negativ auf die sensorischen Ei- (AngKak) als „natürlicher“ färbender Nitrit-
genschaften auswirken, und niedrige ersatzstoff vorgeschlagen. LEISTNER
Rohwurstreifetemperaturen verlängern die (1994) hat über den Einsatz von AngKak
Reifezeit und erhöhen somit die Herstel- in ostasiatischen Ländern und über die
lungskosten. Vorteile dieses Erzeugnisses berichtet.
Rechtlich wird jedoch Rotschimmelreis-
Vielleicht ein Vorteil: Bakterizide Wirkung Extrakt als Farbstoff eingestuft, der, da
von Nitrit im Magen? nicht in der Zusatzstoff-Zulassungsverord-
nung (ZZulV) aufgeführt, nicht zugelassen
In jüngerer Zeit wurde berichtet, dass bei ist. Wesentlicher Grund hierfür ist die
den für den Magensaft typischen pH- mangelhafte Standardisierung von Ang-
Werten von 2-4 aus abgeschlucktem Nitrit Kak hinsichtlich seiner Inhaltsstoffe, zu
bakterizid wirksame Mengen von Stick- denen auch das Mykotoxin Citrinin gehö-
stoffoxid (NO) freigesetzt werden ren kann (WILD, 2000).
(DYKHUIZEN et al., 1996).
Vorteil: Antioxidative Wirkung des Nitrits
Vorteil: Pökelfarbe
Der Angriff des Luftsauerstoffs auf mehr-
Einige Fleischerzeugnisse lassen sich fach ungesättigte Fettsäuren führt zu Ran-
auch ohne Pökelstoffe mit einer anspre- zigkeit und unerwünschtem „Aufwärmge-
chenden roten Farbe herstellen. Dabei schmack“ des Fleisches. Auch Cholesterol
handelt es sich jedoch um lange gereifte kann durch Luftsauerstoff zu Derivaten
und entsprechend teure Rohschinken und oxidiert werden, von denen einige im Ver-
Rohwürste. WIRTH (1991) hat dargelegt, dacht stehen, sich zell- und gewebeschä-
was bei der Herstellung derartiger Pro- digend auszuwirken (vgl. ARNETH und
dukte zu beachten ist. Voraussetzung für MÜNCH, 2002). Nitrit verzögert diese oxi-
ein Gelingen ist ein minimaler Kontakt des dativen Prozesse im Fleisch, was außer-
Rohwurstbräts mit Luftsauerstoff sowie die dem wesentlich für die Ausbildung des
Auswahl von Fettgewebe mit minimalem Pökelaromas ist (GREVER und RUITER,
Anteil oxidationsanfälliger mehrfach unge- 2001). Es tut dies, indem es als NO an
sättigter Fettsäuren, deren Oxidationspro- Übergangsmetalle (insbesondere an das
dukte wiederum zu Veränderungen am Eisen im Myoglobin) bindet und dieses
Myoglobin führen können (vgl. ARENDT et daran hindert, pro-oxidativ zu wirken. Eine
al., 1997). stabilisierende Wirkung des Nitrits auf
mehrfach ungesättigte Fettsäuren wurde
Andere ohne Nitritzusatz hergestellte ebenfalls postuliert (FREYBLER et al.,
Fleischerzeugnisse, insbesondere Kochpö- 1993). Die antioxidative Wirkung des Nit-
kelwaren und gegarte Fleischerzeugnisse rits lässt sich durch andere Zusatzstoffe
mit stückigen Einlagen sind wegen der kaum ersetzen. Andererseits genügen be-
ungewohnten Farbe nur schwer zu reits geringe Zusatzmengen von Nitrit,
verkaufen. Es wurde vorgeschlagen, statt diese erwünschte Wirkung herbeizuführen.
Nitrit hitzestabiles Dinitrosyl-Ferrohae- Nach ARENDT et al. (1997) reicht ein mo-
mochrom einzusetzen (vgl. PEGG et al., lares Verhältnis zwischen Nitrit und Myo-
2000). Diese Substanz wird durch chemi- globin von 50 : 1 aus. Bei einem – für
sche Modifikation von Hämoglobin im La- Wurstbräte hoch angesetzten – Myoglo-
bor gewonnen und erfüllt daher nicht die bingehalt von 5 mg/g entspricht dies ei-
Kriterien der International Federation of nem Zusatz von etwa 10 mg NaNO2/kg.
Organic Agriculture Movements (IFOAM) Dabei muss das Nitrit jedoch optimal aus-
für eine Zulassung. SCHNÄCKEL et al. genutzt werden, was nur unter weitgehen-
(2003) haben gezeigt, dass eine anspre- dem Sauerstoffausschluss und Einsatz
chende Farbe von Rohwurst und Roh- von Ascorbat möglich ist. Realistischer ist
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daher, dass für das Erzielen der er- der Mundhöhle 2,5 bzw. 3,9 mg Nitrit. Die
wünschten sensorischen Effekte des Nit- Gesamtmenge an Nitrit, das täglich den
rits (einschließlich der Pökelfarbe) ein Zu- Magen erreicht, ergibt sich dementspre-
satz von etwa 40 mg NaNO2 /kg benötigt chend zu 4,2 bzw. 5,6 mg, wovon 16 bzw.
wird, also etwa die Hälfte der derzeit meist 12 % auf Pökelfleischerzeugnisse entfal-
zugesetzten Menge (WIRTH, 1991; len. Somit tragen diese merklich, wenn
KLETTNER und TROEGER, 2000). auch nicht in dem oft angenommenen
Ausmaß, zur Nitritbelastung des Magens
Nachteil: Toxikologische Bedenken bei.
Für Nitrit und Nitrat gibt es ADI-Werte in Die Belastung des durchschnittlichen Er-
Höhe von 0,06 bzw. 3,7 mg/Tag und kg wachsenen mit N-Nitrosodimethylamin
Körpergewicht. Aus den Analyse- und (NDMA) wurde auf 0,27 (Männer) bzw.
Verzehrsdaten aus der Zeit zwischen 1989 0,18 µg/Tag (Frauen) geschätzt (TRICKER
und 1996 lässt sich abschätzen, dass Er- et al., 1991). Nimmt man einen mittleren
wachsene in Deutschland über Pökel- Gehalt von 0,5 µg NDMA/kg Pökelfleisch-
fleischwaren im Mittel täglich 0,6 mg NO2- erzeugnis an (vgl. KÜHNE, 1995), tragen
und 2,1 mg NO3- aufnehmen. Somit tragen diese Lebensmittel mit etwa 10-15 % zur
Pökelfleischwaren bei durchschnittlichen Gesamtbelastung der Verbraucher mit
Erwachsenen mit etwa 14 % zur Aus- exogenem NDMA bei. Die Nitrosaminbil-
schöpfung des ADI-Werts von 0,06 mg dung ist begünstigt, wenn das Fleisch-
NO2-/kg Körpergewicht bei. Legt man für erzeugnis bzw. der Rohstoff viel nitrosier-
die tägliche Gesamtaufnahme von Nitrit bare Amine enthält, ohne Ascorbatzusatz
pro Kopf den 1983 – wahrscheinlich etwas verarbeitet und vor dem Verzehr gebraten
hoch – geschätzten Wert von 1,7 mg zu wird. Wahrscheinlich erheblich höher ist
Grunde (vgl. LÜCKE, 1999), wäre der ADI- die Belastung des Körpers durch endogen
Wert bei Erwachsenen zu etwa 40 % aus- gebildete Nitrosamine (vgl. KÜHNE, in die-
gefüllt, und etwa 35% der Gesamtauf- sem Heft).
nahme käme aus Pökelfleischwaren.
SALMINEN und PENTTILÄ (1999) haben Die toxikologische Bewertung von Nitrit
darauf hingewiesen, dass der ADI-Wert und Nitrat ist im Licht neuerer Erkenntnis-
bei Kindern unter 6 Jahren, die viel Würst- se zu hinterfragen (vgl. KÜHNE, in diesem
chen essen, oft überschritten wird. Wenn Heft). So konnten frühere Befunde, nach
die Grenzwerte der EU-Richtlinie 95/2 denen Nitrit als solches Krebs verur-
ausgeschöpft würden, nähmen deutsche sachen kann, in weiteren Tierversuchen
Erwachsene, die durchschnittliche Men- nicht bestätigt werden. Weiterhin hat man
gen an Pökelfleischerzeugnissen verzeh- erst im letzten Jahrzehnt die Bedeutung
ren, etwa das 1,4-fache des ADI-Werts an der endogenen Bildung von Stickstoffoxid
Nitrit auf. (NO) erkannt, das zur endogenen Nitro-
saminbildung beitragen könnte. Derzeit
Zu den täglich über Fleischerzeugnisse kann man mit epidemiologischen Daten ei-
aufgenommenen 0,6 mg Nitrit muss man nen Zusammenhang zwischen Verzehr
dasjenige Nitrit addieren, das in der von Pökelfleischerzeugnissen und Krebs-
Mundhöhle aus demjenigen Nitrat gebildet arten weder eindeutig belegen noch wi-
wurde, das letztendlich aus Fleisch- derlegen (BgVV, 2001). Ob zwischen der
erzeugnissen stammt. Bei einer täglichen Einschränkung des Gebrauchs von Pökel-
Aufnahme von 2,1 mg Nitrat über Fleisch- stoffen seit 1920 und der rückläufigen In-
erzeugnisse (siehe oben) und einer Kon- zidenz von Magenkrebs ein Zusammen-
versionsrate von 5 % (vgl. DIEHL, 1998) hang besteht, ist ebenfalls offen.
ergibt sich diese Menge zu 1,7 μMolen
oder 0,08 mg Nitrit. Literaturangaben zur Insgesamt sollte der Beitrag des Nitritzu-
mittleren täglichen Gesamtaufnahme pro satzes in der derzeitigen Höhe zur Bildung
Kopf in Deutschland schwanken zwischen Krebs erregender Nitrosamine im Produkt
68 mg (SCHULZ, 1998) und 104 mg NO3- oder im Körper nicht überbewertet werden.
(vgl. DIEHL, 1998). Daraus entstehen in Eine umfassende toxikologische Bewer-
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• Begrenzung des Zusatzes von Nitritpökelsalz (mit maximal 0,5 % Natriumnitrit) auf
- 2 % bei Rohwurst
- 1 % bei erhitzten Produkten
• Dabei Mitverwendung von Ascorbat zugelassen und empfohlen
• Nitratzusatz (max. 150 mg KNO3/kg) nur bei länger als 4 Wochen bei max. 18 °C gereifter
Rohwurst zulässig
• Weiterhin Verwendungsverbote von Pökelstoffen für „weiße Ware“ und zum Braten/Grillen
bestimmte Ware
• Verarbeitungstechnik ist auf geringeren oder fehlenden Pökelstoffzusatz abzustimmen
• Der Einsatz von Pökelstoffen ist klar kenntlich zu machen
Wichtig ist, die Verarbeitungstechnik auf tivität notwendig) und Rohwurst (Anpas-
den verminderten oder fehlenden Nitritzu- sung der Reifebedingungen notwendig).
satz abzustimmen. Hierauf sollten Be- Es ist zu begrüßen, dass die AGÖL-
triebe, Verbände, Kontrollstellen und Be- Richtlinien von Betrieben, die Rohwurst
hörden verstärkt achten. Wegen der mik- herstellen wollen, den Nachweis der adä-
robiologischen Problematik gilt dies be- quaten technischen Ausstattung und
sonders bei der Herstellung von Brüh- Sachkunde verlangen, denn Herstel-
wurstkonserven (intensivere Hitzebe- lungsfehler wirken sich bei Verzicht auf ei-
handlung oder Absenkung der Wasserak- nen Nitritzusatz besonders gravierend auf
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die Produktqualität aus, und kleine, direkt- über das technologisch notwendige Maß
vermarktende Betriebe verfügen oft nicht hinaus. Dies hat sogar der Wissenschaftli-
über ausreichende Kapazität an Reifean- che Lebensmittelausschuss der EU in sei-
lagen mit Klimasteuerung. nem Gutachten vom 22.09.1995 einge-
räumt, auf dessen Votum sich seinerzeit
Empfehlungen für den Öko-Landbau die EU-Kommission berief (vgl. BgVV,
2001). Die EU-Kommission selbst (2001)
Die vorgestellten Daten und die Erfahrun- hat berichtet, dass die ADI-Werte für Nitrit
gen seit 1999 bestätigen, dass die seiner- vielfach überschritten werden, wenn – was
zeit von der AGÖL beschlossene Rege- offenbar glücklicherweise nicht der Fall ist
lung ein akzeptabler Kompromiss zwi- – Fleischerzeugnisse in Höhe des Grenz-
schen gesundheitlichen und sensorischen wert der EU-Richtlinie 95/2 mit Nitrit be-
Anforderungen ist. Nach wie vor fehlt ein lastet wären – ein unhaltbarer Zustand!
Ersatzstoff für Nitrit, der mit den Erwartun- Unverständlich ist auch, warum man sei-
gen der „Öko-Kunden“ besser kompatibel nerzeit von der eleganten Methode, über
ist (vgl. THIEMIG et al., 2000). Nicht nur die Nitritpökelsalz mit fixiertem Nitritgehalt die
persönliche Gesundheit, sondern auch die Zugabemenge von Nitrit zu regeln, zu-
Essqualität und der Gebrauchswert sind gunsten schwer zu kontrollierender
„egoistische“ Argumente für die Auswahl Grenzwerte im Endprodukt abgegangen
der Lebensmittel, die die Kunden nachhal- ist. Auch dies muss überdacht werden.
tiger dazu bringen, einen höheren Preis zu Der Forderung des BgVV[BfR], „eine
zahlen, als die „altruistischen“ Argumente Änderung der (Zusatzstoff-) Richtlinie
Umweltschutz, Tierschutz und Sozialver- 95/2/EG vorzunehmen und dabei die Zu-
träglichkeit. Ein völliger Verzicht auf die satzmengen von Nitrit und Nitrat auf das
Nitritverwendung engt die Nutzungsmög- technologisch erforderliche Maß zu be-
lichkeiten für Teilstücke ein, die sich nicht grenzen“ (BgVV, 2001), ist daher nach-
zur Vermarktung als Ladenfleisch eignen, drücklich zuzustimmen. Außerdem ist die
und erhöht somit tendenziell die Produkti- ausschließliche Einstufung des Nitrits als
onskosten und die Preise von Ökofleisch, Konservierungsstoff nicht sachgerecht und
was wiederum die agrarpolitisch er- bedarf einer Revision.
wünschte Ausweitung des Marktanteils
von Öko-Produkten behindert. Es sollte Am 20. März 2003 hat der Europäische
daher auch rechtlich (also nach der ge- Gerichtshof (Aktenzeichen C-03/00; vgl.
planten Ergänzung der Liste erlaubter Zu- http://curia.eu.int/jurisp/cgi-bin/form,pl?lang=de) ei-
satzstoffe im Anhang der EU-Verordnung ner Klage Dänemarks stattgegeben und
2092/91 über den ökologischen Landbau) entschieden, dass ein Mitgliedsstaat eine
weiterhin zulässig sein, Pökelstoffe zur Gefahr für die öffentliche Gesundheit (in
Verarbeitung von Öko-Fleisch einzuset- diesem Fall durch Pökelstoffe) anders be-
zen, sofern dies ähnlich restriktiv erfolgt urteilen könne als die EU-Kommission.
wie nach den AGÖL-Richtlinien. Unge- Dänemark kann somit seine restriktiveren
achtet dessen können sich Öko-Betriebe Regelungen bezüglich der Pökelstoffe
mit leicht wiedererkennbaren Produkten beibehalten. Es ist zu begrüßen, dass
ohne Pökelstoffe profilieren. Sie müssen nunmehr die Pökelstoffregelungen in An-
aber bedenken, dass die Herstellung si- hang III Teil C der EU-Richtlinie 95/2 und
cherer und sensorisch akzeptabler unge- in Anlage 5 Teil C der Zusatzstoff-
pökelter Ware besonderes Können und Zulassungsverordnung kritisch geprüft
Sorgfalt erfordert. werden müssen.
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