Sie sind auf Seite 1von 602

Mehr über unsere Autorinnen, Autoren und Bücher:

www.piper.de

Aus dem amerikanischen Englisch von Heide Lutosch

Für Steve, der alles möglich macht,


sogar das Schreiben eines Buches

Die Originalausgabe erschien 2019 unter dem Titel GOOD


HABITS, BAD HABITS: The Science of Making Positive Changes
That Stick bei Farrar, Straus and Giroux, New York
© Wendy Wood, 2019
Für die deutsche Ausgabe:
© Piper Verlag GmbH, München 2022
Covergestaltung: Büro Jorge Schmidt, München nach einer Idee
von Farrar, Straus and Giroux, New York 2019
Covermotiv: Archiv Büro Jorge Schmidt
Mit 14 Schwarz-Weiß-Abbildungen
Konvertierung auf Grundlage eines CSS-Layouts von
digital publishing competence (München)
mit abavo vlow (Buchloe)

Sämtliche Inhalte dieses E-Books sind urheberrechtlich


geschützt. Der Käufer erwirbt lediglich eine Lizenz für den
persönlichen Gebrauch auf eigenen Endgeräten.
Urheberrechtsverstöße schaden den Autoren und ihren Werken.
Die Weiterverbreitung, Vervielfältigung oder öffentliche
Wiedergabe ist ausdrücklich untersagt und kann zivil- und/oder
strafrechtliche Folgen haben.

Inhalte fremder Webseiten, auf die in diesem Buch (etwa durch


Links) hingewiesen wird, macht sich der Verlag nicht zu eigen.
Eine Haftung dafür übernimmt der Verlag nicht.

Upper: upped by @surgicalremnants


Inhalt

Inhaltsübersicht
Cover & Impressum
Teil 1
Wie wir wirklich sind
1 Beharrlichkeit und Wandel
2 Verborgene Schätze
3 Gestatten: Ihr zweites Ich
4 Und was ist mit Wissen?
5 Und was ist mit Selbstkontrolle?
Teil 2
Die drei Grundlagen der Gewohnheitsbildung
6 Kontext
7 Wiederholung
8 Belohnung
9 Beständigkeit gewinnt
10 Alles unter Kontrolle
Teil 3
Sonderfälle, Chancen und die Welt um uns herum
11 Durchstarten und neu anfangen
12 Die Unverwüstlichkeit der Gewohnheit
13 Suchtkontexte
14 Mit Gewohnheit glücklich
15 Sie sind nicht allein
Nachwort
Wie Sie es vermeiden können, dauernd auf Ihr Handy zu
schauen
Anhang
Danksagung
Bildnachweise
Literaturverzeichnis
Anmerkungen

Buchnavigation
1. Inhaltsübersicht
2. Cover
3. Textanfang
4. Impressum
Teil 1

Wie wir wirklich sind


1 Beharrlichkeit und Wandel

Gewohnheit wird zur zweiten Natur.

Cicero

Von Zeit zu Zeit geht meine Cousine auf Facebook und


verkündet, dass sie ihr Leben ändern will. Bei ihr bedeutet das,
dass sie abnehmen möchte. Es beginnt immer auf die gleiche
Weise: Sie ist unzufrieden, sie wiegt mehr, als sie möchte, sie hat
Rückenschmerzen, und die zusätzlichen Pfunde machen es
schlimmer. Dann wählt sie eine Formulierung, die uns allen aus
der Seele spricht: Sie sagt, sie fühle sich festgefahren. Sie habe das
Gefühl, sich einfach nicht verändern zu können. Zu guter Letzt
bittet sie ihre Social-Media-Freunde um Hilfe.
Die Welt der sozialen Medien (zumindest ihr kleiner
Ausschnitt davon) reagiert mit breiter Ermutigung:
»Du packst das! Wenn es jemand hinbekommt, dann du.«
»Ich kann mir nicht vorstellen, dass du etwas nicht schaffst.«
»Du gehörst zu den stärksten Frauen, die ich kenne.«
»Diese blöde Gewichtssache kann dich doch nicht
unterkriegen.«
Ihre Freunde machen ihr Mut. In dem komplexen sozialen
Prozess, den meine Cousine initiiert hat, spielen sie beflissen ihre
Rolle: Indem meine Cousine ihre Vorsätze anderen Menschen
gegenüber ausspricht, werden sie für sie selbst greifbarer und
verbindlicher. Etwas weniger offensichtlich ist eine andere Folge
ihrer öffentlichen Ankündigung: Der Preis des Scheiterns geht in
die Höhe. Sie allein ist verantwortlich für den Erfolg. Wenn man
etwas öffentlich ankündigt, ist ein Misserfolg sehr viel peinlicher,
als wenn man im stillen Kämmerlein beschließt, ein paar Kilo
abzunehmen. Das gibt solchen Beiträgen den dramatischen
Touch. Meine Cousine sagt nicht bloß, dass sie ein bisschen Diät
halten will, sondern sie gelobt, es diesmal wirklich
durchzuziehen. Ihre Freundinnen und Freunde reagieren, als
stünde sie am Anfang einer Abenteuerreise: »Glaube
niemandem, der dir sagt, du schaffst es nicht.« Sie nimmt nicht
einfach nur sieben Kilo ab, sie fängt ein neues Leben an. Sie hat
einen klaren, festen Entschluss gefasst, und sie hat ihn öffentlich
gemacht.
Nun … wir alle wissen, wie es weitergeht.
Klassische Ökonomen haben einen besonderen Blick auf die
Klemme, in der meine Cousine steckt. Der Ausdruck Homo
oeconomicus, »Wirtschaftsmensch«, referiert auf unser angeblich
unwandelbares und rationales Eigeninteresse, das jede Art des
ökonomischen Verhaltens so vorhersehbar mache wie eine
Rechenaufgabe. Gute Exemplare des Homo oeconomicus werden
als Nutzenmaximierer gedacht – im Grunde erwartet man von
uns, dass wir uns bei der Verfolgung der für uns vorteilhaften
Ziele stets rational verhalten. Die Idee dieses hervorragenden
rationalen Menschen formte sich vor etwa zweihundert Jahren,
in den Arbeiten des politischen Theoretikers John Stuart Mill.
Doch sogar schon damals löste sein Konzept Spott und Kritik aus.
Tatsächlich waren es die frühen Kritiker von Mills
Überschätzung unserer kollektiven Rationalität, die den Begriff
Homo oeconomicus überhaupt erst prägten – nämlich, um sich
über seine Theorie lustig zu machen. Seitdem hat das Fachgebiet
der Ökonomie nach und nach ein realistischeres und
komplexeres Verständnis der menschlichen Natur entwickelt.
Am Ende mussten im Licht unserer hartnäckigen Irrationalität
auch noch die grundlegendsten ökonomischen Annahmen
korrigiert werden. Nicht einmal der Gott der modernen
Wirtschaftswissenschaften wurde verschont. Adam Smith mag
recht gehabt haben, als er sagte, dass wir alle »im Blick auf
unsere [eigenen] Interessen« handeln, doch diese Interessen
lassen sich mit spektakulärer – weil menschlicher –
Unterschiedlichkeit definieren.
Als ich den Eintrag meiner Cousine las, musste ich jedenfalls
sofort an den Homo oeconomicus denken. Wäre sie ein durch
und durch rationales Wesen, das sich durch eindeutige Zwecke
leiten ließe, dann könnte sie einfach still und leise ihren
Lebensstil ändern. Öffentliche Bekanntmachungen wären nicht
nötig.
Wie schwierig ist es, sich wirklich zu verändern?
Die meisten von uns, einschließlich meiner Cousine, kennen
die Antwort instinktiv: Es ist verdammt schwierig.
Das war ja gerade der Grund, warum sie sich in weiser
Voraussicht einen Weg überlegt hatte, ihre Vorsätze verbindlich
zu machen. Sie verpflichtete sich selbst auf ihre eigenen Pläne
und trieb damit die Kosten des Scheiterns in die Höhe. Sie
gestaltete ihre eigene soziale Umgebung so um, dass es für sie
schwieriger wurde, nicht abzunehmen. Dies sollte eigentlich
funktionieren. [1]

Und das tat es auch. Zwei Wochen nach ihrem ersten Post
brachte sie uns auf den neuesten Stand: ein knappes Kilo
weniger. »Das ist doch ein toller Anfang!«
Doch dann: Stille.
Einen Monat später schrieb sie, dass sie weiterhin dran sei,
aber bisher ohne großen Erfolg. »Noch kann ich euch nicht von
verlorenen Kilos berichten.« Und das war für eine ganze Weile
ihr letzter Eintrag zu dem Thema.
Als ich mich sechs Monate später mit ihr traf, hatte sie
weiterhin kein einziges zusätzliches Gramm abgenommen. Das
Einzige, was sich verändert hatte, war, dass es nun in ihrem
Leben einen weiteren Misserfolg gab, über den sie sich grämen
konnte. Unangenehmerweise auch noch einen Misserfolg in aller
Öffentlichkeit. Wie bei so vielen Menschen, die versuchen, ihr
Verhalten zu verändern, endete die Sache auch bei meiner
Cousine damit, dass die Veränderung einfach nicht stattfand.
Und das, obwohl sie es sich so sehr wünschte, obwohl sie wild
entschlossen war und von ihren Freunden unterstützt wurde.
Man denkt, das müsste reichen, aber es reicht nicht.
Der erste Schritt zur Lösung des Problems ist das
Eingeständnis, dass wir keine vollständig rationalen Wesen sind.
Die Gründe, die unser Handeln antreiben, können
undurchsichtig sein. Es ist überraschend, was uns am Leben
erhält. Erst vor einiger Zeit haben Wissenschaftler begonnen, die
facettenreiche Natur des menschlichen Bewusstseins zu
entwirren und die daraus entstehenden Tendenzen und
Prioritäten zu identifizieren. Dadurch, dass wir sie verstehen,
können wir diese Einflüsse zwar nicht vollständig zum
Schweigen bringen, aber wir können uns, während wir handeln,
Rechenschaft über sie ablegen. Unser eigenes Verhalten
entspringt aus einer geheimnisvollen, tief verborgenen und
verleugneten Quelle der Irrationalität.
Was bringt die Veränderungsversuche meiner Cousine zum
Scheitern? Woran liegt es, dass auch wir anderen auf diesem
Gebiet immer wieder Niederlagen einstecken müssen? Die
Antwort ist, dass wir nicht wirklich verstehen, was unser
Verhalten antreibt. Und das Problem geht sogar noch weiter. Wir
müssen aufhören, unser rationales Ich zu überschätzen. Wir
müssen verstehen lernen, dass wir auch aus Anteilen bestehen,
die tiefer liegen. Wir können uns diese Anteile als voll
ausgebildete, alternative Ichs vorstellen, die nur darauf warten,
anerkannt zu werden – und für uns zu arbeiten.
Die Wissenschaft enthüllt nun langsam, warum wir bisher
nicht in der Lage waren, unser Verhalten zu verändern. Was
aber noch besser ist: Sie zeigt uns, wie wir dieses neue Wissen
nutzen können, um in unserem Leben planvoll eine dauerhafte
Veränderung herbeizuführen.

Vielleicht haben Sie schon einmal versucht, mithilfe eines


Haushaltsplans Geld beiseitezulegen. Oder Sie haben sich
vorgenommen, über einen Onlinekurs eine neue Sprache zu
lernen. Möglicherweise bestand Ihr Ziel auch darin, öfter
auszugehen und neue Leute kennenzulernen. Anfangs waren Sie
fest entschlossen, voller Energie und Kampfgeist. Doch auf Dauer
konnten Sie Ihr Engagement nicht aufrechterhalten, und das
gewünschte Ergebnis trat niemals ein.
Es ist eine nur allzu allgemeine menschliche Erfahrung: Wir
wollen etwas verändern und fassen feste Vorsätze. Angeblich ist
das alles, was es braucht, jedenfalls wenn man der gängigen
Meinung glaubt, die bei diesem Thema ziemlich unzweideutig
ist – von »Sie wollte es eben einfach nicht genug« bis »Gibst du
wirklich dein Bestes?«. Mit dieser Ideologie werden schon kleine
Kinder bedrängt (»Greif nach den Sternen!«), und sie lässt uns
bis zum bitteren Ende nicht los – bis zu der Lebensphase, in der
viele von uns (schrecklicherweise) mit Krankheiten wie Krebs
konfrontiert sind, gegen die wir dann »ankämpfen« sollen.
Willenskraft ist alles, so lautet die Moral. Sich selbst zu
verändern wird damit zu einer Art Test für unser gesamtes
Menschsein – jedenfalls seines bewussten Bereichs. Der
berühmte Werbeslogan der Firma Nike mag ursprünglich ein
bisschen ironisch gemeint gewesen sein, aber der entschiedene
Ton der Botschaft – und unsere Empfänglichkeit dafür – hat ihn
zu dem säkularen Gebot gemacht, das er heute ist: Just Do It. Der
Subtext ist folgender: Wenn wir etwas nicht »einfach tun«, dann
war das offenbar unsere eigene Entscheidung.
Ich schätze, meine Cousine und ihre Freunde sehen das
letztlich genauso. Aus ihrer Sicht hat meine Cousine ganz klar
eine Entscheidung getroffen und ganz klar versucht, sie in die
Tat umzusetzen. Aber es ist ihr eben nicht gelungen.
Unglücklicherweise ist ein Misserfolg unter diesen Vorzeichen
besonders entmutigend. Der Vergleich mit erfolgreicheren
Menschen tut weh. Es ist schwer, uns bei Misserfolgen in Sachen
Selbstveränderung nicht mit Menschen zu messen, denen es gut
gelingt, ihre Vorsätze in die Tat umzusetzen: Profisportlerinnen,
die jeden Tag stundenlang trainieren; Musikern, die Monate
damit verbringen, für eine Aufführung zu proben; erfolgreichen
Schriftstellerinnen, die in schöner Regelmäßigkeit Seite um Seite
hervorbringen, bis ihr Buch fertig ist. Wir sehen diese
Überflieger und können ihren geheimnisvollen und
beneidenswerten Erfolg nur als Resultat von Willenskraft
interpretieren: Diese Leute scheinen zu denen zu gehören, die
eine Sache »einfach tun«. Aber warum können wir das nicht?
Warum wirkt unsere Lebensleistung im Vergleich zu ihrer so
kümmerlich?
Irgendwann fühlen wir uns nur noch mickrig.
Für jede Einzelne von uns ist der Schluss naheliegend, dass wir
es eben einfach nicht gebracht haben und dass wir, hätten wir es
uns nur fest genug vorgenommen, ebenso erfolgreich hätten sein
können. Aber wir hatten nun einmal nicht die Willenskraft. Es ist
uns eben nicht gelungen, es »einfach zu tun«.
Das Phänomen ist inzwischen landesweit zu beobachten.
Wenn man US-Amerikaner fragt, was ihrer Meinung nach für
Übergewichtige die größte Hürde beim Abnehmen darstelle,
dann wird Mangel an Willenskraft am häufigsten genannt. [2]

Drei Viertel von uns glauben, dass Übergewicht aus mangelnder


Kontrolle über das eigene Essverhalten resultiert.
Sogar übergewichtige Menschen selbst geben an, dass ihr
Mangel an Willenskraft das größte Hindernis für das Abnehmen
darstelle. 81 Prozent von ihnen sagten, dass fehlende
Selbstkontrolle ihr Verderben sei. [3] Beinahe alle Teilnehmer
hatten – wenig überraschend – schon einmal versucht, etwas zu
verändern. Sie hatten Diäten und Sport gemacht, doch
vergeblich. Einige von ihnen hatten schon zwanzig
Abnehmversuche hinter sich! Trotzdem glaubten sie noch
immer, einfach nicht genügend Willenskraft zu haben.
Drei Viertel ist die große Mehrheit. Etwa drei Viertel der
Amerikaner hat verstanden, dass sich die Erde um die Sonne
dreht. Anders gesagt, wir haben es hier mit einer allgemein
anerkannten Tatsache zu tun: Der Mangel an Willenskraft ist das
Problem.
Und dennoch wird man kaum behaupten können, dass die
Geschichte meiner Cousine ein Sonderfall ist. Ich wette, wir alle
können von ähnlichen Erlebnissen berichten. Jeder Einzelne von
uns ist schon einmal daran gescheitert, Willenskraft zu
demonstrieren. Trotzdem hören wir nicht auf, daran zu glauben.
Wir geben der Willenskraft astronomische Autorität, während
sie eher astrologische Ergebnisse liefert. Aber was fehlt, damit
echte, dauerhafte Veränderung möglich wird?

Es ist dieses Rätsel, das mich ursprünglich dazu gebracht hat,


mich mit dem Thema Verhaltensänderung zu beschäftigen:
Warum ist es so leicht, die anfängliche Entscheidung zur
Veränderung zu treffen und zunächst sogar einiges richtig zu
machen – und dann so schwierig, auf lange Sicht dranzubleiben?
Als Doktorandin und später als junge Hochschullehrerin sah ich
einige meiner motiviertesten und begabtesten Kolleginnen und
Kollegen mit diesem Dilemma kämpfen. Sie wollten etwas
erreichen und nahmen sich interessante Projekte vor, aber in
dem sehr unstrukturierten universitären Leben schafften sie es
nicht, kontinuierlich und produktiv zu arbeiten.
Am Anfang meiner Karriere wurde ein kluger Student Teil
meiner Arbeitsgruppe. Er neigte dazu, Dinge aufzuschieben. In
den Seminaren glänzte er; bei den selbst zu organisierenden
Forschungsprojekten schien er sich dagegen immer wieder zu
verzetteln. Ich versuchte, ihm zu helfen, indem ich regelmäßige
Arbeitszeiten definierte und sein Projekt in einzelne Etappen
unterteilte. Irgendwann war er mit einer strengen Deadline
seitens der Universitätsleitung konfrontiert. Damit er bei uns
weiterarbeiten konnte, musste er bis zu einem bestimmten
Termin das Exposé für seine Abschlussarbeit einreichen. Ich kam
am Tag der Deadline sehr früh ins Büro, weil ich hoffte, seine
Arbeit lesen zu können, und wurde von dem Bild eines
Grabsteins begrüßt, das er an meine Tür geklebt hatte. Ich
verstand. Er hatte die Deadline verpasst und seine Träume von
einer Unikarriere begraben.
Wenn Sie sich jemals in einer universitären Umgebung
aufgehalten haben, dann wissen Sie längst, dass Intelligenz und
Motivation sehr wenig Einfluss darauf haben, ob man es schafft,
gewisse Aufgaben regelmäßig zu erledigen. Aber was hat
Einfluss darauf?
Mir scheint, dass die Willenskraft-These von einem
grundlegenden Missverständnis herrührt – einem
Missverständnis, das in vielerlei Hinsicht rational ist. Denn wenn
meine Cousine sich endlich entschlossen hat abzunehmen oder
Sie sich schließlich zu dem festen Vorsatz durchringen, sich
beruflich zu verändern, fühlt sich das so an, als wäre das
Wichtigste schon geschafft. So laut und chaotisch, wie es in
unserer Welt zugeht, werden wir oft genug davon abgehalten,
schwierige Entscheidungen zu treffen. Die meisten von uns
vermeiden es sogar, wenn es nicht unbedingt notwendig ist. Und
wenn wir es doch einmal tun, fühlt es sich schon an wie ein Sieg.
Ich mache jetzt endlich eine Diät, ich suche mir eine neue
Arbeit … doch dann ist man plötzlich ausgebremst. Es geht dabei
nicht um Willenskraft. Wenn man meine Cousine ein paar
Wochen nach ihrem ersten Post gefragt hätte, ob sie noch immer
den Willen habe, ihr Ziel zu erreichen, hätte sie mit Sicherheit Ja
gesagt (wenn auch vielleicht etwas zögernder).

Nike-Werbung und die gängige Meinung hin oder her: Die


Wissenschaft zeigt, dass wir alles andere als ein einheitliches
Ganzes darstellen. Psychologisch gesprochen haben wir nicht
nur ein Bewusstsein. Unser Bewusstsein setzt sich vielmehr aus
vielen einzelnen, miteinander verbundenen Mechanismen
zusammen, die unser Verhalten regulieren. Einige dieser
Mechanismen sind dafür geeignet, Veränderungen anzustoßen –
wie die Fähigkeit, Entscheidungen zu treffen und die
Willenskraft. Diese Funktionen sind uns bekannt und vertraut,
weil wir sie bewusst erfahren. Vor einer Entscheidung setzen wir
uns bewusst mit den relevanten Informationen auseinander und
kommen zu einer Lösung. Wenn wir von unserer Willenskraft
Gebrauch machen, setzen wir aktiv unseren Kopf und unsere
Energie ein. Entscheidungsfähigkeit und Willenskraft speisen
sich aus dem, was wir exekutive Funktionen beziehungsweise
kognitive Kontrolle nennen: bewusste kognitive Prozesse, mit
denen wir Handlungen auswählen und steuern. Dadurch, dass
sie uns bewusst sind, bilden diese Prozesse unsere subjektive
Realität, ein Gefühl von Handlungsfähigkeit, das wir als »Ich«
erkennen. Und ähnlich wie den Einsatz von Körperkraft können
wir auch den Einsatz von Geisteskraft als ziemlich mühevoll
empfinden.
Unsere kognitive Kontrolle ist eine tolle Sache. Viele
Herausforderungen des Lebens kann man nur mit ihrer Hilfe
bewältigen. So beginnt der Entschluss, um ein höheres Gehalt zu
verhandeln, damit, dass man einen Termin bei seinem Chef
macht. Man fasst sein Anliegen vorsichtig in Worte und umreißt
die Argumente, die dafürsprechen. Oder man beschließt, sein
Leben etwas romantischer zu machen, indem man die attraktive
Person vom Sport fragt, ob sie Lust auf einen Kaffee hat. Nach
einigem Hin-und-her-Überlegen findet man einen passenden
Weg dafür. Bei diesen einmaligen Ereignissen funktioniert
Entschlusskraft gut. Wir treffen eine Entscheidung, festigen
unsere Entschlossenheit, sammeln unsere Kräfte und ziehen es
durch.
Andere Bereiche unseres Lebens sind dagegen vollkommen
resistent gegen kognitive Kontrolle. Jedes Mal zu denken, bevor
man handelt, würde das Leben auch ziemlich kompliziert
machen. Ich werde später noch einmal darauf zurückkommen,
aber können Sie sich vorstellen, vor jedem einzelnen Training
den ganzen Entscheidungsprozess, ob Sie zum Sport gehen, zu
durchlaufen? In diesem Fall würden Sie sich selbst dazu
verdammen, Tag für Tag von Neuem den Feuereifer des ersten
Mals aufzubringen. Sie würden Ihr Bewusstsein dazu zwingen,
den anstrengenden Prozess täglich zu wiederholen, indem Sie
sich selbst alle Gründe vergegenwärtigen, die dafürsprechen –
und weil unser Bewusstsein auf diese wundervolle, irrationale
Weise von Gegensätzen besessen ist, müssten Sie sich auch alle
Gründe vergegenwärtigen, die dafürsprechen, nicht zum Sport
zu gehen. Jedes Mal. Jeden Tag. So funktioniert
Entscheidungsfindung nun einmal. Sie müssten sich mental
sozusagen dauernd mit schweren Gewichten abquälen und
könnten kaum noch an etwas anderes denken.
Die Entdeckung, die wir in diesem Buch machen werden, ist,
dass es andere Bereiche unseres Bewusstseins gibt, Bereiche, die
sich besonders dafür eignen, Wiederholungsmuster zu
etablieren. Gemeint sind unsere Gewohnheiten. Automatisch zu
funktionieren liegt ihnen sehr viel mehr, als sich auf die laute
und kontroverse Debatte einzulassen, die typischerweise mit der
Entscheidungsfindung einhergeht. Was wir außerdem feststellen
werden, ist, dass diese automatisierten Anteile längst eine große
Rolle in unserem Leben spielen – sie dominieren die schlichten,
gewissenhaften Anteile unseres Ichs, die wir einer Aufgabe
widmen können. Und was wäre besser geeignet, um wichtige
und langfristige Ziele zu erreichen? Die Debatte links liegen
lassen und sich an die Arbeit machen. Genau dazu sind
Gewohnheiten da.
Die Wissenschaft und unsere eigene Erfahrung haben gezeigt,
dass wir von Natur aus Gewohnheiten ausbilden, sowohl
harmlose als auch schädliche. Ich wette zum Beispiel, dass bei
Ihnen die erste Viertelstunde nach dem Aufwachen immer
ungefähr auf die gleiche Weise abläuft. Das ist ganz natürlich.
Aber es ist auch leicht, daraus den falschen Schluss zu ziehen,
dass unser Bewusstsein diese Beharrlichkeit immer wieder aktiv
selbst herstellt. Der Gedanke liegt nahe, dass eine solche
Ausdauer das Resultat unserer wiederholten und bewussten
Anstrengung ist, Handlungen zu gestalten und Ziele zu erreichen.
Wenn unsere Verhaltensmuster tatsächlich darauf beruhen
würden, dass wir es eben »einfach tun« (wie viel zu viele
Menschen glauben), dann hieße das ja wohl, dass wir jeden
Morgen bewusst beschließen, uns genauso zu verhalten wie am
Tag zuvor. Oder?
Das mag sein, wenn wir es darauf anlegen. In Wirklichkeit
aber hat unser Bewusstsein zu vielen unserer Handlungen nur
wenig Kontakt – und das gilt vor allem für gewohnheitsmäßige
Handlungen. Am Werk ist dabei vielmehr ein riesiger, halb
verborgener, unbewusster Apparat, den wir zwar mithilfe von
Signalen und Kommandos aus unserem Bewusstsein steuern
können, der aber letztlich ein Eigenleben führt – ohne die
Einmischung der kognitiven Kontrolle. Diese Teile des Ichs
unterscheiden sich gewaltig von dem bewussten Ich, das wir
kennen, und sie können auf völlig andere Weise genutzt werden.
Das uns bekannte Ich ist auf Gehaltserhöhungen und
Liebesaffären konzentriert. Unsere unbewussten Anteile
dagegen bilden Gewohnheiten aus, die es uns ermöglichen,
unsere Handlungen aus der Vergangenheit ganz einfach in der
Gegenwart zu wiederholen. Mit der Ausbildung von
Gewohnheiten oder damit, aus Gewohnheit zu handeln, haben
wir aber wenig bewusste Erfahrung. Wir haben nicht die gleiche
Kontrolle über unsere Gewohnheiten wie über unsere bewussten
Entscheidungen. Gewohnheiten sind etwas Unterschwelliges,
Verstecktes. Das erklärt, warum unser alltägliches Sprechen über
sie von einer seltsamen Unterordnung geprägt ist: »Tja, so bin ich
es nun einmal gewohnt« – als ob unsere Gewohnheiten getrennt
von uns existierten oder gewissermaßen parallel zu unserem
erfahrbaren Ich operierten. Und es stimmt, Gewohnheiten sind
bis heute ein Mysterium, und ihr Verständnis wird seit vielen
Jahrzehnten von der falschen Vorstellung verhindert, dass das
Aufgeben schlechter und die Aneignung neuer, zuträglicher
Gewohnheiten einfach eine Sache von Vorsatz und Willenskraft
sei.
Bevor wir fortfahren, ist es wichtig, darauf hinzuweisen, dass
die gleichen Lernmechanismen, die für gute Gewohnheiten
zuständig sind, also für solche, die mit unseren Zielen
übereinstimmen, auch für schlechte Gewohnheiten
verantwortlich sind, also für solche, die unseren Zielen
widersprechen. Gut oder schlecht – Gewohnheiten haben den
gleichen Ursprung. Natürlich, sie haben ganz unterschiedliche
Folgen, aber davon sollte man sich nicht verwirren lassen. In
dieser Hinsicht sind regelmäßig Sport treiben und täglich
mehrere Zigaretten rauchen identisch. Es sind exakt die gleichen
Mechanismen am Werk.
Für unsere gesundheitlichen Ziele dagegen sind Sport treiben
und rauchen diametrale Gegensätze. Dieses Buch will zeigen, wie
wir mithilfe unserer bewussten Ziele unserem Gewohnheits-Ich
eine bestimmte Richtung geben können, sodass wir es sind, die
bestimmen und die Richtung vorgeben. Wenn wir verstehen, wie
Gewohnheiten funktionieren, können wir Verbindungspunkte
zwischen ihnen und unseren Zielen herstellen, sodass beide sich
auf erstaunlich vorteilhafte Weise aufeinander einstimmen. In
manchen Fällen tun sie dies bereits, wie wir sehen werden.

Während eines Aufbaustudiums durfte ich in einem der


führenden Verhaltensforschungslabore der Welt mitarbeiten.
Wir gaben Testpersonen bestimmte Informationen über ein
Thema und untersuchten, ob diese Informationen ihre Urteile
und Meinungen beeinflussten. Wir entwickelten überzeugende
Modelle dafür, wie Menschen sich entschließen, ihre
Einstellungen und Verhaltensweisen zu ändern. Unser
Schwerpunkt lag auf dem Anfangsstadium der Veränderung –
wie man Menschen so beeinflusst, dass sie ihren Blick auf die
Welt verändern. Wir untersuchten zum Beispiel, wie Appelle die
Unterstützung für Umweltpolitik vergrößern können. Das waren
wichtige, sinnvolle Projekte. Wie gesagt: Zahlreiche
Entscheidungen in unserem Leben sind hauptsächlich eine Sache
der kognitiven Kontrolle. Wenn es um den Anstoß von
Veränderungen geht, hat sie das Kommando.
Doch gibt es Vorsätze, die mehr erfordern als eine anfängliche
Entscheidung und den Willen, sie umzusetzen: als Eltern besser
zu werden zum Beispiel oder als Partner aufmerksamer, als
Arbeitnehmer produktiver, als Student fleißiger und als
Konsument umsichtiger. Solche Veränderungen geschehen nicht
auf einen Schlag. Sie entwickeln sich vielmehr im Laufe längerer
Zeitspannen – über Jahre – in Form von Handlungen, die
konstant aufrechterhalten werden müssen. Wenn wir unseren
CO2-Fußabdruck minimieren wollen, dann reicht es nicht aus,
heute mit dem Bus zur Arbeit zu fahren. Wir müssen es heute,
am nächsten Tag und auch in der Zukunft tun. Um wieder
zahlungsfähig zu werden und Schulden abzubezahlen, reicht es
nicht aus, auf den Kauf dieser neuen Schuhe oder jenes neuen
Handys zu verzichten. Wir müssen immer wieder davon Abstand
nehmen, etwas zu kaufen, zumindest so lange, bis wir wieder im
Plus sind. Um neue Beziehungen einzugehen, müssen wir
beharrlich bleiben, selbst wenn die erste Person vom Sport die
Einladung zum Kaffee ablehnt. Wir müssen uns mit vielen
Leuten treffen, die einem liegen könnten, und immer wieder auf
sie zugehen. Wir müssen uns irgendein dauerhaftes Prozedere
aneignen, mit dem man diese Dinge angeht.
Als ich mit meiner eigenen Forschung begann, wurde mir
schnell klar, dass es mit der Beharrlichkeit etwas Besonderes auf
sich hat. Anfangs hatte ich gar nicht vor, mich mit dem Thema
Gewohnheiten zu beschäftigen. Ich wollte vielmehr wissen, wie
Menschen es schaffen, beharrlich zu bleiben. Es war allgemein
anerkannt, dass Beharrlichkeit feste Prinzipien voraussetzt – fest
genug, um jemanden dazu zu bringen, sich zu verändern und
langfristig dabeizubleiben. Ich kam auf die Idee, diese These im
großen Stil zu überprüfen, indem ich alle Studien auswertete, die
untersucht hatten, was Leute sich vorgenommen hatten – sich
für einen Kurs anmelden, sich gegen Grippe impfen lassen, mehr
recyceln, Bus fahren –, und die dann abfragten, was diese Leute
am Ende tatsächlich getan hatten. Hatten sie es ernst gemeint mit
ihren Vorsätzen, hatten sie sich angemeldet oder impfen lassen,
waren sie unter die Recycler gegangen und zu Nutzern
öffentlicher Verkehrsmittel geworden? Das schien mir eine
einfache, naheliegende Frage zu sein, eine, auf die man eine
eindeutige Antwort bekommen würde.
Zusammen mit Judy Oullette, einer meiner Studentinnen,
wertete ich systematisch 64 Studien mit insgesamt mehr als 5000
Teilnehmerinnen und Teilnehmern aus. Was wir herausfanden,
war erstaunlich. Wenn nämlich die Testpersonen ausgesagt
hatten, dass sie vorhatten, sich bei einem Kurs anzumelden oder
sich gegen Grippe impfen zu lassen, dann hatten sie auch genau
das getan. Für solche einmaligen, auf bestimmte Gelegenheiten
bezogenen Verhaltensweisen waren die bewussten
Entscheidungen tonangebend, und Menschen mit festen
Prinzipien machten einfach, was sie sich vorgenommen hatten.
Je fester ihre Pläne, desto wahrscheinlicher war es, dass sie sie in
Handlung umsetzten. An anderer Stelle erlebten wir dagegen
eine Überraschung. Bei Handlungen, die oft wiederholt werden
mussten, wie Recycling oder Busfahren, spielten nämlich die
ursprünglichen Vorsätze keine große Rolle. Die Leute wollten
zwar ihren Abfall wiederverwerten oder mit dem Bus zur Arbeit
fahren, aber ihr Verhalten passte sich diesem Vorsatz nicht an.
Wenn sie es gewohnt waren, alles unsortiert zur Mülldeponie zu
bringen, fuhren sie damit fort, unabhängig von ihrem Recycling-
Vorsatz. Wenn sie normalerweise mit dem Auto zur Arbeit
fuhren, taten sie das weiterhin, trotz ihres Vorsatzes, die
öffentlichen Verkehrsmittel zu benutzen. Bei einigen
Verhaltensweisen hatten also die Prinzipien und Pläne der
Testpersonen wenig Einfluss darauf, wie sie tatsächlich
handelten.
Mit diesen Ergebnissen hatten wir nicht gerechnet. Wir hatten
erwartet, dass Menschen, die eine Entscheidung getroffen und
einen festen Vorsatz gefasst hatten, es dann auch »einfach
machten«. Als ich die Ergebnisse veröffentlichen wollte, bat mich
der Herausgeber der Zeitschrift, meine Untersuchung zu
wiederholen, doch das Ergebnis blieb gleich. Die Zeitschrift gab
deshalb eine komplett neue Studie in Auftrag, die meine
Ergebnisse verifizieren sollte. Wieder stellten wir fest, dass
Handlungen, die oft wiederholt werden mussten, irgendwie
anders waren. Die Testpersonen konnten sehr entschlossen ihre
Prinzipien und Pläne zu Protokoll geben – und trotzdem an ihrer
früheren Handlungsweise festhalten. Letztendlich wurde unsere
Untersuchung dann doch veröffentlicht und seitdem Hunderte
Male wiederholt. Selbstverständlich waren nicht alle
Wissenschaftler überzeugt. Einige argumentierten vehement
gegen unsere Ergebnisse und beharrten darauf, dass bewusste
Prinzipien und Vorsätze ausreichten, um bestimmte
Verhaltensweisen zu erklären. [4]

Diese frühe Forschung war zentral für die Entdeckung der


besonderen Natur der Beharrlichkeit. Mit »besonders« meine ich,
dass die Beharrlichkeit nicht an das gekoppelt war, was wir
erwartet hatten. Sie schien an überhaupt nichts gekoppelt zu
sein, das wir aus den allgemein anerkannten Modellen kannten,
und sie hielt sich auch nicht an die Dogmen der gängigen
Meinung. Beharrlichkeit schien irgendwie mehr zu sein, als wir
bisher angenommen hatten, und in gewisser Weise erschien sie
uns auch eigenartiger als zuvor. Es hatte sich herausgestellt, dass
wir sie nicht zu fassen bekamen, indem wir die Leute einfach
fragten, was sie sich ursprünglich vorgenommen hatten.
Beharrlichkeit schien mit festen Einstellungen und Plänen eher
wenig zu tun zu haben.
Meine Kritiker hatten insofern recht, als meine ursprüngliche
Untersuchung nicht zeigte, was denn die Menschen nun
eigentlich dazu brachte, beharrlich an etwas dranzubleiben. Wir
wussten nur, dass es etwas Besonderes damit auf sich hatte. Wie
man Beharrlichkeit in die Tat umsetzte, wussten wir nicht. Es hat
zwar Jahrzehnte gedauert, aber wir können nun endlich auf
diese Kritik reagieren. Wir wissen heute, dass es Gewohnheit ist,
die Beharrlichkeit hervorbringt. In diesem Buch erfahren Sie,
was wir über die bewusste Etablierung von Gewohnheiten
herausgefunden haben.

Der Mythos, dass eine Verhaltensänderung nicht mehr erfordert


als einen festen Vorsatz und die Willenskraft, ihn umzusetzen,
hat eine lange Geschichte. Schon deshalb kann es nützlich sein,
ihn kritisch zu überdenken. Denn wie genau würde der Einsatz
der kognitiven Kontrolle bei der Umsetzung langfristiger
Veränderungen eigentlich aussehen?
Wir wissen, dass Menschen, die entschlossen sind und sich
ihrem Ziel wirklich verschreiben, es schaffen können, ihr
Gewicht um sieben bis zehn Kilogramm zu reduzieren. In einem
geeigneten sechsmonatigen Programm sind das die Kilos, die
eine übergewichtige Person theoretisch abnehmen kann. [5] Das
wird gerne betont.
Doch wir wissen mehr über das Thema. Früher oder später
fallen nämlich die meisten Menschen, die an solchen
Programmen teilgenommen haben, zurück in ihre alten Ess- und
Bewegungsgewohnheiten. Fünf Jahre nachdem sie an einem
typischen Abnehmprogramm teilgenommen haben, wiegen nur
noch etwa 15 Prozent der Teilnehmerinnen und Teilnehmer
weiterhin fünf Kilo weniger. [6] Die große Mehrheit wiegt
genauso viel wie vorher oder sogar mehr. Das wird gerne
ignoriert.
Kommerzielle Unternehmen, die mit dem Wunsch
abzunehmen ihr Geld verdienen, kennen diese Zahlen. Mit David
Kirchhoff, [7] dem früheren Präsidenten und Geschäftsführer
von Weight Watchers, sprach ich über die dauerhaften Erfolge
von deren Mitgliedern. Er gab zu, dass die Leute, die sich
bemühen, etwas zu verändern, in den meisten Fällen nicht
durchhalten. »Wissen Sie, jeder, der lange genug bei Weight
Watchers ist, wird am Ende Erfolg haben – wenn er sich
tatsächlich an das Programm hält. Was wir gesehen haben, ist,
dass die meisten Menschen dies nicht tun. Das ist die andere
Seite von Weight Watchers.«
Wer ein Programm wie Weight Watchers durchhalten will,
muss ständig mit sich ringen. »Ich sehe es so«, sagte Kirchhoff,
»wenn man ein Gewichtsproblem hat, wird man immer ein
Gewichtsproblem haben. Wenn man dazu neigt, zu viel zu essen,
wenn man ein bestimmtes Verhältnis zum Essen hat, wenn Essen
ein Problem ist, weil der eigene Stoffwechsel auf eine bestimmte
Weise funktioniert, dann ist das eine chronische Krankheit, die
nicht weggeht. Für Fettleibigkeit gibt es keine Heilung. Das
bedeutet, dass man immer wieder straucheln wird. Man muss
dann zurück in die Spur kommen. Es ist einfach nicht so, dass
man bei Weight Watchers mitmacht, abnimmt, für immer so
bleibt und die Sache erledigt ist.«
Auf eine solche Weise durchs Leben zu gehen ist verdammt
schwierig. Kirchhoff sagte: »Ich konnte bei so vielen Weight-
Watchers-Treffen den Kampf und den Schmerz mit Händen
greifen. Es gab da Leute, die 45 Kilo abgenommen hatten. Und
dann nahmen sie das ganze Gewicht einfach wieder zu. Es war
spürbar, was das mit ihnen machte. Sie fühlten sich schrecklich,
wie Versager. Ihr Selbstvertrauen war bis ins Mark erschüttert.«
Das Abnehmen eignet sich als Beispiel nur deshalb so gut, weil
es leicht quantifiziert werden kann und sehr eingehend erforscht
wurde. Die gleichen Dynamiken spielen sich ab, wenn Sie
versuchen, zu sparen oder konzentrierter zu arbeiten oder Ihren
Kindern mehr Zeit zu widmen.
Das Problem ist, dass eine Theorie der Selbstveränderung, die
auf feste Vorsätze und Willenskraft setzt, die Wahrscheinlichkeit
von Rückschlägen dramatisch unterschätzt. Lassen Sie uns
einmal durchspielen, wie meine Cousine versucht, ohne neue
Gewohnheiten – also durch ihre bloße Entschlusskraft – beim
Abnehmen standhaft zu bleiben.
Sie wird ihren Entschluss in einer hochgradig ungeeigneten
Umgebung umsetzen müssen. Für ihre Kinder, die im
Teenageralter sind, kauft sie regelmäßig massenhaft Junkfood.
Das führt dazu, dass die Küche voller Cracker, Chips, Kekse,
Limonade und Eis ist. Überall steht Essen herum – auf den
Ablageflächen, in den Regalen, im Kühlschrank und in der
Gefriertruhe. Umgeben von ununterbrochen naschenden
Kindern ist sie es gewohnt, beim Fernsehen, beim Telefonieren
und beim Zusammensein mit der Familie zu essen. Sie geht gerne
einkaufen und plant dann immer Zeit für eine Pause im Fast-
Food-Restaurant ein. Ihre sämtlichen Tätigkeiten scheinen vom
Essen begleitet zu sein.
Es spielt hier keine Rolle, dass uns ein vernünftiges Verhältnis
zum Essen von Natur aus eigentlich nicht schwerfallen dürfte.
Die Vorstellung, dass Nahrung nicht knapp wäre, sondern in
ihrem Überfluss sogar ein Problem darstellen könnte, hätten
unsere Vorfahren zwar wahrscheinlich lustig gefunden, aber
eigentlich ist der Überfluss nicht das Problem. Denn auch nach
Aussage von David Kessler, dem ehemaligen Leiter der Food and
Drug Administration (FDA), der US-Lebensmittelüberwachungs-
und Arzneimittelbehörde, zielt die Nahrungsmittelindustrie
nicht nur darauf ab, ihre Konsumenten zu befriedigen. [8] Die
gesamte Industrie – die Züchter, die Erfinder neuer Lebensmittel,
die Tester, die Verpackungsbranche, das Marketing und der
Zwischen- und Einzelhandel – investiert in hyperstimulierende
Lebensmittel – Produkte, die die Macht haben, uns am Essen zu
halten. Genau in diesem Augenblick arbeiten irgendwo
Wissenschaftler intensiv daran, Methoden zu entwickeln, die
Menschen dazu bringen sollen, mehr zu essen, als sie von Natur
aus brauchen. Dies zu wissen ist sehr wichtig – nicht um ein
Gefühl von Machtlosigkeit zu erzeugen, sondern um trotz der
vielen Niederlagen ein Selbstwertgefühl zu bewahren. Unsere
heutige Welt stellt uns vor Probleme, die wir nur erfolgreich
bewältigen können, wenn wir in der Lage sind, sie vollkommen
realistisch einzuschätzen.
Was die Herausforderung für meine Cousine noch schwieriger
macht, ist, dass es an ihrem Wohnort nicht gerade viele
Gelegenheiten zum Sportmachen gibt. Der Vorort, in dem sie
lebt, wurde zum Durchfahren gebaut, nicht zum Spazierengehen.
In ihrer Einfahrt, nur ein paar Schritte entfernt von der
Eingangstür, hat sie drei Autos stehen. Ihr Haus ist sehr
gemütlich, aber für sperrige Sportgeräte zu klein.
Um in dieser Umgebung bei ihren guten Vorsätzen zu bleiben,
müsste meine Cousine der Verlockung, zu viel zu essen und sich
zu wenig zu bewegen, permanent widerstehen. Ihr Leben
bestünde in einer Aneinanderreihung von harten
Entscheidungen. Jeder Tag fühlte sich an wie der erste – und
täglich grüßt das Murmeltier. Immer wieder müsste sie sich
gegen die gleichen Annehmlichkeiten, den gleichen Komfort zur
Wehr setzen, sich ständig mit ihren unterschwelligen Schwächen
auseinandersetzen, sich selbst dauernd auf die Probe stellen.
Entschluss- und Willenskraft sind einfach nicht die richtigen
Werkzeuge, wenn es darum geht, für unsere neuen Ziele
dauerhaft Opfer zu bringen. Auf diese Weise ist es viel zu
anstrengend und würde uns kaum Zeit lassen, an irgendetwas
anderes zu denken! Davon abgesehen ist permanente
Selbstverleugnung etwas Schreckliches und auf Dauer ziemlich
kontraproduktiv.
Der Psychologe Daniel Wegner und seine Kolleginnen haben
sich ein Experiment ausgedacht, das die paradoxen Folgen der
Zügelung unserer Begierden demonstriert. Die Teilnehmerinnen
und Teilnehmer bekamen eine einfache Aufgabe – nicht an einen
weißen Bären zu denken. Wer denkt normalerweise schon an
weiße Bären? Die Teilnehmer saßen fünf Minuten lang allein in
einem Raum und läuteten jedes Mal eine Glocke, wenn es ihnen
nicht gelungen war, den unerwünschten Gedanken zu
unterdrücken. Im Durchschnitt klingelte die Glocke ungefähr
fünfmal, beinahe einmal pro Minute. [9] Man könnte sagen: Kein
Wunder, dass unsere Gedanken anfangen abzuschweifen, sogar
zu verbotenen Themen, wenn wir allein sind und uns
langweilen. Interessant ist allerdings, was passierte, als die
gleichen Teilnehmer später versuchen sollten, fünf Minuten lang
an einen weißen Bären zu denken. Teilnehmer, die zuvor die
Aufgabe erhalten hatten, diesen Gedanken zu unterdrücken,
betätigten beinahe achtmal die Glocke. Dagegen klingelten
Teilnehmer, die fünf Minuten lang an einen weißen Bären
denken sollten, ohne zuvor instruiert worden zu sein, diesen
Gedanken zu unterdrücken, weniger als fünfmal. Es war, als ob
der Versuch, einen Gedanken zu unterdrücken, ihn später mit
besonderer Stärke wiederauftauchen ließe. Nachdem die
Teilnehmer versucht hatten, nicht über weiße Bären
nachzudenken, tauchten genau diese weißen Bären in Gedanken
immer wieder auf. Als sie von ihren Erfahrungen berichten
sollten, erzählten die Testpersonen, die die Gedanken an weiße
Bären am Anfang des Experiments unterdrücken sollten, dass sie
unablässig an sie denken mussten.
Das ist das Paradoxe an der Begierde. Der Versuch, sie zu
unterdrücken, unterminiert unsere besten Vorsätze und macht
es schwieriger, unsere Ziele zu erreichen. Er macht unser
vernünftiges Verhalten zunichte, indem er es in Folter
verwandelt. Wegner sagt dazu: »Wir bleiben wach, wenn wir
befürchten, nicht einschlafen zu können, und wir verbringen
den Tag gedanklich im Kühlschrank, wenn wir eine Diät machen
wollen.« [10] Der angestrengte Versuch, sich zu kontrollieren, hat
eine »oppositionelle Qualität, die unsere Versuche der bewussten
Steuerung immer wieder unterwandert«.
Wenn unsere unerfüllten Begierden plötzlich eine riesige Rolle
zu spielen beginnen und unsere Motivation dann einen
Durchhänger erlebt, springt schließlich unser bewusstes,
denkendes Ich in die Bresche. Es ist so nett, mit Leichtigkeit
irgendeine Rechtfertigung dafür zu finden, dass wir aufgeben
mussten. Es ist ein Meister im Erfinden von Ausreden. Im
Nullkommanichts fällt uns ein guter Grund ein, die restliche
Pizza vom gestrigen Abend aufzuessen (schließlich hatten wir
kein Mittagessen) oder nicht zum Sport zu gehen (die Knie tun
weh). Mithilfe dieser Gabe können wir den Kampf gegen uns
selbst und unsere Umwelt beenden. Und stehen wieder genau da,
wo wir losgegangen sind.

Unser Leben könnte ganz anders aussehen, wenn wir die neuere
Forschung darüber, wie, wann und warum Gewohnheiten
funktionieren, für uns nutzen würden. Aber für etwas, das so
wesentlich zum Menschsein dazugehört, widersprechen unsere
Gewohnheiten auf seltsame Weise der Intuition. Wie wir sehen
werden, ist ihre Verborgenheit ein wesentliches Merkmal der
Gewohnheit. Ihre Unsichtbarkeit unterstützt sie ganz wesentlich
bei dem, was sie tut: beharrlich bleiben – trotz unserer
bewussten Vorsätze zur Veränderung.
Unser bewusstes, wissendes Ich – der Teil unserer selbst, den
wir live erleben, wenn wir Entscheidungen treffen, Gefühle
ausdrücken oder unseren Willen einsetzen – ist der Teil, dem wir
jeden Tag begegnen. Zwar haben wir Menschen die Fähigkeit zur
Selbstbeobachtung, aber die schwierige philosophische Frage, ob
und wie wir unseren eigenen Wahrnehmungs- und
Kognitionsapparat dafür einsetzen können, uns selbst zu
untersuchen, bleibt. Letztendlich können wir nur die
erkennbaren Bereiche unserer Erfahrung erkennen.
Gewohnheiten arbeiten so reibungslos, dass wir selten auch
nur an sie denken. Die Welt der Gewohnheiten ist so in sich
abgeschlossen, dass es sinnvoll ist, sie als eine Art zweites Ich zu
betrachten – eine Seite von uns, die im Schatten des denkenden
Bewusstseins steht, das wir so gut kennen. Wer verstehen will,
wie dieser Teil genau funktioniert, braucht das gesamte Arsenal
der Psychologie und Neurowissenschaften.
Gelegentlich aber ziehen unsere Gewohnheiten doch bewusste
Gedanken auf sich: Nachdem wir den Vorsatz gefasst haben,
mehr mit unseren Kollegen zu sprechen, anstatt ihnen
Nachrichten zu schicken, löschen wir lieber die wütende E-Mail,
die wir ganz automatisch angefangen haben. Wenn wir ans
Wassersparen denken, machen wir schnell die Dusche aus. Wir
ermahnen uns selbst, unsere Handys wegzulegen, wenn wir mit
unseren Kindern am Abendbrottisch sitzen. Wir setzen unsere
kognitive Kontrolle, unsere Top-down-Verarbeitung ein, indem
wir unerwünschte Gewohnheiten durch bessere Absichten in
Schach halten.
Auf diese Art und Weise leben viele von uns. Wir führen unser
bewusstes, entscheidungsfähiges Ich gegen unsere
automatisierten Handlungen ins Feld. Weil wir aber von
schlechten Angewohnheiten durchdrungen sind, befinden wir
uns permanent in einer Art innerem Krieg.
Aber es gibt eine andere Möglichkeit.
Wir können unerwünschte Gewohnheiten verändern, indem
wir gute Gewohnheiten ausbilden, die mit unseren Zielen
übereinstimmen. Wenn unsere automatischen Handlungen
erwünschte Handlungen sind, dann befinden sich unsere
Gewohnheiten und Ziele in einem Gleichgewicht. Wir müssen
uns nicht mehr auf unseren Willen verlassen. Das ist das
Versprechen dieses Buches: das Verständnis, wie wir im Auf und
Ab des alltäglichen Lebens gute Gewohnheiten ausbilden
können, Gewohnheiten, die auf wirkungsvolle Weise mit uns
zusammenarbeiten, anstatt sich gegen uns zu richten.
In Wirklichkeit haben viele Ihrer guten Eigenschaften schon
jetzt den Charakter von Gewohnheiten. Vielleicht schließen Sie
automatisch die Tür ab, wenn Sie Ihr Haus verlassen? Oder
machen den Blinker an, wenn Sie die Spur wechseln oder
wenden? Wahrscheinlich geben Sie Ihren Kindern einen
Abschiedskuss, wenn sie zur Schule aufbrechen? Sie glauben
vielleicht, dass Sie sich so verhalten, weil Sie es sich
vorgenommen haben. Viel wahrscheinlicher ist jedoch, dass
solche regelmäßig wiederholten Handlungen Gewohnheiten
sind. Gerade weil Gewohnheiten so effizient und unauffällig
funktionieren, haben wir das Gefühl, dass sie auf bewussten
Entscheidungen beruhen.
Wenn unsere Gewohnheiten und Ziele aufeinander
abgestimmt sind, arbeiten sie bei der Steuerung unserer
Handlungen problemlos zusammen. Meist merken wir das nicht
einmal. Wir handeln aus Gewohnheit, ohne dass wir es uns
vornehmen müssten.
Wie wir sehen werden, ist unser Gewohnheits-Ich in vielerlei
Hinsicht weniger beeindruckend als unser bewusstes, denkendes
Ich. Mit Sicherheit zieht es weniger Aufmerksamkeit auf sich.
Aber es arbeitet ausgesprochen effizient. Wir reagieren
gedankenlos auf Umweltreize, in einer Art Bottom-up-
Verarbeitung der Welt, wie wir sie vorfinden. Ins Büro gehen –
nachsehen, was anliegt. Eine leere Flasche in der Hand haben –
sie in den Müll werfen. Die Klingel hören – die Tür aufmachen.
Das ist der mühelose, gewohnheitsmäßige Weg, bei der
Verfolgung unserer Ziele beharrlich zu sein.
Welche Verhaltensweisen wollen Sie ändern? Vielleicht
möchten Sie regelmäßige Mahlzeiten mit der Familie einführen?
Eine offenere Kommunikationsweise mit Ihren Angestellten
pflegen? Geld für die Rente oder das Studium Ihrer Kinder
beiseitelegen? Öfter die kulturellen Angebote in Ihrer Umgebung
wahrnehmen? All diese Dinge können in den Teil Ihres Lebens
integriert werden, der sich aus gewohnheitsmäßigem Verhalten
speist. Sie können zu etwas werden, das Sie automatisch tun.
Denn anders als bewusste Entscheidungen können
Gewohnheiten auf eine ganz besondere Weise für Sie arbeiten.
2 Verborgene Schätze

Die Ketten der Gewohnheit sind zu schwach, um sie zu spüren, bis


sie zu stark sind, um sie zu sprengen.

Samuel Johnson

Aber was ist eigentlich Gewohnheit?


Mit genau dieser Frage habe ich mich in einem Großteil
meiner Forschungsarbeiten beschäftigt. Bevor wir lernen, wie
wir gute Gewohnheiten fördern und schlechte ablegen können,
müssen wir uns mit der Funktion auseinandersetzen, die sie in
unserem Leben haben.
Mein Interesse an Gewohnheiten wurde geweckt, nachdem ich
auf die besondere Natur der Beharrlichkeit gestoßen war.
Gewohnheiten sind sehr schwer zu beobachten, weil es zu ihrem
Wesen gehört, dass sie für ihren Träger unerkennbar sind. Wie
konnten wir erwarten, von unseren Testpersonen klare und
belastbare Auskünfte über etwas zu erhalten, dessen
Nützlichkeit gerade darauf beruht, dem Bewusstsein nicht
zugänglich zu sein?
Nach einer Reihe von Fehlstarts hörte ich von einem
Forschungsverfahren namens Experience Sampling Method
(ESM), bei dem die Testpersonen, während sie etwas tun, über
ihre jeweilige Tätigkeit berichten. Es handelte sich dabei um eine
wirklich neue Methode, an Informationen zu kommen. Weil in
diesem Ansatz der Schwerpunkt auf dem Protokollieren des
aktuellen Augenblicks liegt, hofften wir, dass er vielleicht auch
dazu geeignet wäre, die Erfahrung des gewohnheitsmäßigen
Handelns einzufangen, vorausgesetzt, dass so etwas überhaupt
existierte.
Wir begannen mit einer kleinen Gruppe von Studierenden der
Texas A&M University, [11] die wir mit Notizbüchern im
Hosentaschenformat und Kugelschreibern ausstatteten.
Zusätzlich bekamen sie eine Armbanduhr, die so eingestellt war,
dass sie einmal pro Stunde piepte. Wenn sie das Signal hörten,
sollten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer innehalten und
niederschreiben, was sie gerade taten und dachten. Eine
Studentin schrieb zum Beispiel: »Ich sehe gerade eine Spielshow
im Fernsehen und grüble dabei über die richtigen Antworten
nach.« Ein anderer Teilnehmer berichtete, in einem Seminar zu
sitzen und den Gedanken »Ich bin wirklich müde« zu haben. Auf
einer Skala sollten die Testpersonen dann zusätzlich einschätzen,
wie oft sie sich in der Vergangenheit in demselben Kontext – zur
gleichen Zeit und am selben Ort – auf genau diese Weise
verhalten hatten.
Mit der heutigen Technologie könnten wir natürlich einfach
die Handys der Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit den
entsprechenden Fragen programmieren. Aber damals stellten
uns die primitiven Uhrenalarme vor besondere
Herausforderungen, zum Beispiel die, was wir mit den Uhren
machen sollten, während die Testpersonen schliefen. Viele
vergruben ihre Uhren schließlich einfach tief in ihren
Wäschekommoden, um nicht von dem stündlichen Piepen
geweckt zu werden.
Nach zwei Tagen gaben die Studienteilnehmer ihre
Notizbücher bei uns ab. 35 Prozent der notierten
Verhaltensweisen waren beinahe täglich und am selben Ort
ausgeführt worden. Diese Handlungen beruhten auf Routine,
aber war es auch sinnvoll, sie »Gewohnheiten« zu nennen?
Konnten wir Essen, Sport und Computerarbeit als
gewohnheitsmäßig einstufen? Unsere Grundannahme war, dass
eine echte Gewohnheit automatisch ausgeführt wird, ohne
bewusste Steuerung. Das war der Grund, warum wir die
Testpersonen baten aufzuschreiben, was sie dachten, während
sie etwas taten. Die meisten der Gedanken, von denen die
Teilnehmerinnen und Teilnehmer berichteten, waren banal.
Jemand, der gerade die Handlung »Kochen« durchführte, dachte:
»Hab ich schon Pfeffer drin?« oder »Jetzt hab ich aber wirklich
Hunger.« Ihre Gedanken stimmten mit ihren Handlungen
überein. Die Testpersonen kontrollierten ihre Handlungen,
während sie sie ausführten, oder sie machten sich klar, warum
sie sie überhaupt ausführten. Wenn sie aber notierten, dass sie
beim Kochen etwas dachten wie »Oh, in einer halben Stunde geht
Seinfeld los«, dann gingen wir davon aus, dass die entsprechende
Handlung automatisch ausgeführt worden war – ohne bewusste
Steuerung.
Dieser kombinierte Ansatz – sowohl Routinehandlungen als
auch die sie begleitenden Gedanken festzuhalten – enthüllte, wie
die Testpersonen routinemäßig wiederholte Verhaltensweisen
angingen. Die Ergebnisse waren überraschend. Bei ganzen
60 Prozent solcher Handlungen dachten die Teilnehmerinnen
und Teilnehmer nicht darüber nach, was sie gerade taten. Sie
träumten, grübelten und machten Pläne. Ein Student dachte
während des Trainings zum Beispiel darüber nach, wohin er
gern in den Semesterferien reisen wollte. Es mag sein, dass
Fantasien von Sonnenschein und Mojitos am Pool die
Anstrengungen des Trainings linderten. Aber dadurch, dass er
überhaupt nicht an das Training selbst dachte, wurde zumindest
keine bewusste Verbindung sichtbar. Der genaue Ablauf der
Tätigkeiten nahm im Bewusstsein der Testperson keinerlei Platz
ein. Hier geht es also nicht um die freudsche Version des
Unbewussten als eines Verdrängten, sondern um die Art und
Weise, wie unser Kopf funktioniert, wenn wir uns dessen nicht
bewusst sind.
Ich möchte hier keinesfalls nahelegen, dass Menschen nie über
ihre Gewohnheiten nachdenken. Zwar verschwenden die
meisten von uns wohl wenig Gedanken aufs Zähneputzen, aber
manchmal tun wir es eben doch (z. B. vor einem wichtigen
Meeting oder wenn wir keine Zahnpasta mehr haben). Wie wir
feststellten, gibt es dafür, dass Menschen sich ihrer eigenen
Gewohnheiten bewusst werden, sogar einen besonders
interessanten Auslöser, nämlich das Zusammensein mit anderen
Menschen. Um den Scheinwerfer nach innen zu richten und das
zu kontrollieren, was wir normalerweise ungeprüft einfach tun
würden, reicht es aus, unter Menschen zu sein. Also, wenn Sie
das Gefühl haben, Ihr aus Gewohnheit handelndes Ich zu wenig
auf dem Schirm zu haben (und das gern ändern würden): Gehen
Sie unter Leute. Sie werden innerhalb kürzester Zeit ein klareres
Gefühl dafür bekommen.
Zurück zu unserer Studie: Wie wir erwartet hatten, waren die
häufigsten Gewohnheiten Duschen, Zähneputzen, Anziehen, Ins-
Bett-Gehen und Aufstehen. Bei diesen Tätigkeiten dachten die
Testpersonen am häufigsten über andere Dinge nach. Das konnte
den wissenschaftlichen Konsens aber noch nicht erschüttern.
Unsere weiteren Ergebnisse dann aber schon. Wir hatten fest
damit gerechnet, dass es in Bezug auf die Anzahl der
gewohnheitsmäßigen Verhaltensweisen Unterschiede geben
würde. Menschen, deren Alltag sich um Arbeiten, Essen,
Sozialkontakte und Sport drehte, würden wohl eher viele
Gewohnheiten haben. Andere, die weniger Struktur in ihrem
Leben hatten, so dachten wir, würden kaum Gewohnheiten
haben. Diese Erwartung beruhte übrigens nicht einfach auf den
persönlichen Erfahrungen der Mitglieder des Forschungsteams,
sondern gehört zu unseren kulturellen Grundüberzeugungen
und bildet den Hintergrund für viele klassische Erzählungen. Die
Spanne reicht von Jules Vernes Figur Phileas Fogg, dessen
durchgetakteter Tagesplan jeden seiner Schritte strukturiert, bis
zur Figur der Scarlett O’Hara von Margaret Mitchell, die in einer
Situation, in der sich Katastrophe auf Katastrophe häuft, von
ihrer Improvisationsgabe aufrecht gehalten wird. Entsprechend
erwarteten wir, es mit Foggs und O’Haras zu tun zu haben – und
mit einem Spektrum zwischen den Extremen.
Diese Erwartung traf nicht ein. Persönlichkeitsunterschiede
erklärten keineswegs das Ausmaß, in dem das Leben der
Teilnehmerinnen und Teilnehmer von Gewohnheit regiert war.
Individualität spielte überhaupt keine Rolle, ja, alle schienen sich
in demselben Maß auf Gewohnheiten zu stützen. Wir mussten
unsere Erwartungen ad acta legen.
Ein weiteres interessantes Ergebnis war, dass die Gewohnheit
so ziemlich überall regierte: 88 Prozent der täglichen
Körperhygiene wie Duschen und Anziehen wurden
gewohnheitsmäßig verrichtet. 55 Prozent der Aufgaben bei der
Arbeit beruhten auf Gewohnheit. Gewichtheben, Joggen,
Ballsport: etwa 44 Prozent dieser Tätigkeiten wurden
gewohnheitsmäßig betrieben. Ausruhen, Entspannen, Auf-dem-
Sofa-Sitzen: rund 48 Prozent waren Gewohnheit.
Sogar das Unterhaltungsprogramm konnte auf Autopilot
laufen: Wenn Testpersonen wiederholt in demselben Kontext vor
dem Fernseher saßen, war es wahrscheinlich, dass sie dabei an
etwas anderes dachten als an die jeweilige Sendung. Scheinbar
müssen wir einer Sache keine Aufmerksamkeit widmen, damit
wir sie unterhaltsam finden. Bei bekannten Fernsehsendungen
und bei Musik war jedenfalls nur sporadische Aufmerksamkeit
nötig. Das mag erst einmal selbstverständlich und vertraut
klingen, aber diese Beobachtung enthüllte mir eine Eigenschaft
der Gewohnheit, die bisher nirgends genauer untersucht wurde:
Gewohnheiten sind vollkommen unnachgiebig. Die meisten
Fernsehproduktionen sind das Ergebnis einer
hochprofessionellen Zusammenarbeit zwischen Autoren,
Schauspielern und Werbeträgern, die alle mit Verve ein einziges
Ziel verfolgen: unsere Aufmerksamkeit zu gewinnen und zu
halten. Modernes Fernsehen ist menschliche Kreativität und
Unterhaltungskunst auf ihrem allerneuesten Stand. Doch vor der
Kraft der Gewohnheit muss selbst diese Verlockung manchmal
klein beigeben, und unser Bewusstsein löst sich von ihr, um zum
Beispiel über das grauenhafte Meeting am kommenden Mittwoch
nachzudenken.
In einem zweiten Experiment baten wir die Testpersonen,
nicht nur eine Handlung und einen Gedanken aufzulisten,
sondern alles, was sie taten und dachten, wenn die Uhr piepte.
Sie konnten zum Beispiel berichten, dass sie telefonierten,
während sie am Computer arbeiteten und Musik hörten. Bei
diesen vollständigeren Berichten war der geschätzte Anteil der
Gewohnheit etwas niedriger: 43 Prozent der Handlungen
wurden aus Gewohnheit ausgeführt.
Unsere Untersuchung war die erste überhaupt, die sich mit
dem alltäglichen Erleben von Gewohnheiten befasste, und es war
uns überaus wichtig, dass unsere Ergebnisse stimmten. Wir
befürchteten, dass sich in den oben genannten Zahlen bestimmte
Besonderheiten unserer Testgruppe widerspiegelten, weil zum
Beispiel der Alltag von Studiernden durch die Stundenpläne sehr
stark durchstrukturiert ist. Deshalb beschlossen wir, das gleiche
Experiment mit Menschen sämtlicher Altersstufen zu machen.
Wir konnten dadurch feststellen, ob sie sich mehr oder weniger
ihr ganzes Leben lang von Gewohnheiten leiten ließen. Für diese
abschließende Studie wandten wir uns an ein örtliches
Fitnesscenter, um dort die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der
verschiedenen Kurse als Testpersonen für unsere Studie zu
gewinnen. [12] Aufgenommen wurden schließlich Menschen
zwischen 17 und 97 Jahren. Jeder von ihnen durchlief das gleiche
Prozedere: Notizbücher, stündlich piepende Armbanduhren und
zwei volle Berichtstage. Wir achteten auf
Persönlichkeitsunterschiede, aber auch diesmal beeinflusste die
Persönlichkeit die Gewohnheiten nicht.
Aus dieser zusätzlichen Studie gewannen wir noch einige
weitere Erkenntnisse: Menschen mit Vollzeitjobs führten ein
etwas strukturierteres Leben. Ein größerer Prozentsatz ihrer
Handlungen beruhte auf Gewohnheiten. Lange Arbeitszeiten
sorgten für häufiger wiederholte Handlungen in
wiederkehrenden Kontexten. Leute, die mit anderen
zusammenlebten, vor allem mit Kindern, hatten dagegen etwas
weniger Gewohnheiten. Der Einfluss anderer Menschen, so
schien es, hielt die Leute flexibel. Das ist auch logisch. Andere
Menschen in unserem Leben vergrößern automatisch das Chaos.
Sie werden krank oder werden befördert, fahren in Urlaub,
machen Unordnung und bringen ganz allgemein unsere
Routinen durcheinander. Als wir jedoch sämtliche Menschen mit
all diesen unterschiedlichen Lebensstilen in unsere Schätzung
einbezogen, lag der Gesamtprozentsatz von Handlungen, die von
Gewohnheit regiert wurden, immer noch bei etwas über
43 Prozent, was im Wesentlichen unserer vorherigen Studie mit
den Studierenden entsprach.
Medien, Blogs und populärwissenschaftliche Bücher
berichteten ausführlich über unsere Studie. Und sie alle
konzentrierten sich auf einen Aspekt, von dem wir nicht
erwartet hatten, dass er an unserer Arbeit der spannendste
wäre: unsere Schätzung bezüglich der schlichten Häufigkeit von
gewohnheitsmäßigen Handlungen im Alltag. Denn diese Zahl
war außergewöhnlich. Ganze 43 Prozent unserer Zeit werden auf
gewohnheitsmäßige Handlungen verwendet, das heißt, sie
werden ohne bewusstes Nachdenken ausgeführt. Wir hatten als
Erste wissenschaftlich eingeschätzt, wie häufig Menschen aus
Gewohnheit handeln. Es stellte sich heraus, dass diese Zahl
erheblich höher war, als in der Wissenschaft zu diesem
Zeitpunkt angenommen wurde.
Mich persönlich beschlich aber das nagende Gefühl, die
geweckten Erwartungen noch nicht erfüllt zu haben. Wir hatten
schließlich gehofft, den Vorhang des Bewusstseins
zurückzuziehen und die Mechanik hinter jenen Handlungen
aufzudecken, die häufig wiederholt werden. Aber wenn ich
ehrlich war, musste ich zugeben, dass wir mehr darüber
herausgefunden hatten, was Gewohnheiten nicht sind, als
darüber, was sie sind. Wir hatten die Rolle der Gewohnheiten im
Leben von Menschen abgesteckt und damit auf unserer
Landkarte der Selbsterkenntnis einen riesigen neuen Bereich
geschaffen – aber eben einen leeren Bereich. Wir wussten, dass
ein großer Teil des Lebens durch Gewohnheiten diktiert wird,
hatten aber noch immer keine Vorstellung davon, wie sich
Gewohnheiten überhaupt ausbilden.
Neue Erkenntnisse mussten erst einmal warten. Immerhin
stand am Ende dieses Forschungsprojekts ein wichtiger Hinweis
auf den nächsten Schritt: Wir hatten erkannt, dass man fast jede
Handlung zur Gewohnheit machen kann, solange man sie nur
jedes Mal auf die gleiche Weise ausführt. Wenn wir
umgangssprachlich von Gewohnheiten sprechen, dann beziehen
wir uns wahrscheinlich auf eine spezifische Kategorie von
Verhaltensweisen, die gemeinhin als Gewohnheiten gelten, wie
Zähneputzen, eine E-Mail schreiben oder an der Kasse unsere
Kreditkarte zücken. Doch die Kategorie der Gewohnheit umfasst
sehr viel mehr, als wir uns vorstellen können. In Wahrheit hat
sie überhaupt keine Grenzen.
Ich begann zu begreifen, dass Gewohnheit eher etwas war, das
das Wie einer Handlung betraf als das Was. Diese Erkenntnis
blieb nicht ohne Folgen.


Mit dem, was wir nicht über Gewohnheiten wissen, sind schon
Bücher gefüllt worden: Geschichtsbücher,
wirtschaftswissenschaftliche Texte, Gesundheitsratgeber,
Handbücher über die Ehe und viele der persönlichen
Tagebücher, die in unseren Schubladen liegen – alle voll mit den
historischen, wissenschaftlichen und persönlichen
Missverständnissen darüber, warum wir so beharrlich bei dem
bleiben, was wir tun. Internetblogs und Bestseller enthalten
scheinbar plausible, aber weitgehend unwissenschaftliche
Ratschläge darüber, wie man Erfolg versprechende
Arbeitsgewohnheiten, gesunde Essgewohnheiten, beglückende
Gewohnheiten in der Ehe, gute Gewohnheiten als Eltern und
kluge Gewohnheiten im Umgang mit Geld entwickeln kann. Nur
äußerst selten gehen sie auf die wichtigste Eigenschaft von
Gewohnheiten ein: dass sie außerhalb unserer bewussten
Wahrnehmung ablaufen.
Wir bemerken nur selten, dass wir aus Gewohnheit gehandelt
haben. Normalerweise sehen wir nur solche Gewohnheiten, die
wir nicht gutheißen – wir geben (mal wieder) zu viel Geld im
Einkaufszentrum aus, knabbern an den Nägeln, glotzen mitten in
der Nacht eine Folge unserer Lieblingsserie nach der anderen,
obwohl wir am nächsten Morgen früh aufstehen müssen. Was
wir ebenfalls wahrnehmen, sind die nervigen Gewohnheiten von
anderen, und wir wünschen uns, sie würden sich ihr Verhalten
bewusster vor Augen führen. Vielleicht kommt eine Kollegin
notorisch zu spät zu Sitzungen, nimmt ihre Mahlzeiten
geräuschvoll am Schreibtisch ein oder räumt in den
Gemeinschaftsbereichen ihren Kram nicht weg. Solche
unerwünschten Gewohnheiten bei uns selbst und anderen
bemerken wir, weil sie unseren aktuellen Zielen in die Quere
kommen. Dass Google für den Suchbegriff »bad habits« aktuell
291 Millionen Treffer ausspuckt, aber nur 265 Millionen für
»good habits«, zeigt vielleicht schon, wie viel größer die
Aufmerksamkeit für unerwünschte Gewohnheiten ist. Schlechte
Gewohnheiten werden bemerkt.
Doch die Gewohnheiten, die man registriert – vor allem die
unerwünschten –, sind nicht die wichtigsten in unserem Leben.
Jene Gewohnheiten dagegen, die in Wirklichkeit unser Verhalten
lenken, bleiben weitgehend unentdeckt. Erinnern Sie sich?
43 Prozent. Wenn ich Sie in diesem Augenblick bitten würde, all
Ihre Gewohnheiten aufzuzählen, würden sie auch nur
annähernd diesen Prozentsatz Ihrer täglichen Handlungen
erreichen? Keine Chance.
Das liegt übrigens nicht nur daran, dass wir es häufig nicht
schaffen, unsere verborgenen Gewohnheiten in den Blick zu
bekommen, sondern auch daran, dass unser bewusstes Ich in
vielen Fällen auf jene Gewohnheiten Anspruch erhebt, die wir
bemerken und für gut befinden. Wir gehen davon aus, dass wir
unseren Kindern jeden Abend vorlesen, weil wir sie lieb haben.
Dass wir im Supermarkt immer als Erstes die Sonderangebote
durchgehen, liegt unserer Meinung nach daran, dass wir Geld
sparen möchten. Wir glauben, dass wir uns aus
Sicherheitserwägungen jedes Mal anschnallen, wenn wir uns ins
Auto setzen.
Psychologen nennen dieses übertriebene Vertrauen in unsere
eigenen Gedanken, Gefühle und Absichten introspektive Illusion.
[13] Sie ist eine Art kognitive Verzerrung, die uns den Umfang, in
dem unsere Handlungen von inneren Zuständen abhängen,
überschätzen lässt. Wir stecken bis über beide Ohren in unseren
eigenen Empfindungen, Gefühlen und Gedanken. Diese alles
beherrschenden inneren Erfahrungen beeinträchtigen unsere
Fähigkeit, andere mögliche Einflüsse auf unser Verhalten zu
erkennen, vor allem unbewusste Einflüsse, wie zum Beispiel
unsere Gewohnheiten. Das Resultat ist, dass wir uns allzu sicher
sind, stets gezielt und absichtsvoll zu agieren. Dass das
Phänomen der Gewohnheit für uns ein so großes Geheimnis ist,
liegt mit großer Wahrscheinlichkeit auch daran. Wir befriedigen
unsere Neugier über uns selbst durch die Einbildung, dass wir
tun, was wir tun, weil wir es nun einmal tun wollen. Das ist
schmeichelhaft und gibt uns ein Gefühl von Handlungsfähigkeit –
aber es ist falsch.
Introspektive Illusion ist messbar. In einer Studie baten
Forscher ihre Testpersonen, durch ein Ladengeschäft zu
schlendern und dabei aus vier identischen Paar Nylonstrümpfen
das hochwertigste Paar herauszusuchen. [14] Angesichts der
Tatsache, dass die Strümpfe identisch waren, sollte die Aufgabe
eigentlich unlösbar sein. Trotzdem sahen sich die Konsumenten
die Paare genau an und verglichen sie miteinander. Am Ende
entschieden sich durchschnittlich viermal mehr Testpersonen
für die am weitesten rechts hängenden Strümpfe als für die am
weitesten links hängenden. Sie gaben viele verschiedene Gründe
für ihre Entscheidung an, aber niemand erwähnte die Position
der Strümpfe. Wenn sie direkt gefragt wurden, bestritten so gut
wie alle, dass der Ort, an dem die Waren positioniert waren, ihre
Entscheidung beeinflusst hatte. Nach Aussage der Forscher
waren viele der Dementis von »einem etwas besorgten Blick in
Richtung des Interviewers begleitet, als ob die Testperson das
Gefühl hätte, die Frage nicht richtig verstanden oder es mit
einem Verrückten zu tun zu haben«. [15] Die Wissenschaftler
vermuteten, dass die jeweilige Wahl darauf beruhte, dass
»Konsumenten die Angewohnheit haben, ›sich umzusehen‹, das
heißt, die Entscheidung für ein gleich zu Anfang entdecktes
Kleidungsstück auf der linken Seite zugunsten eines später
entdeckten Kleidungsstückes auf der rechten Seite zu
verschieben«. [16] Zwar zeigten die Testpersonen keinerlei
Bewusstsein von dieser Angewohnheit, aber sie handelten
danach. Indem sie das taten, standen sie ohne eine eindeutige
Erklärung für ihre Entscheidung da. Und für das bewusste Ich
ergibt es nun einmal Sinn, davon auszugehen, dass es seine
Auswahl auf der Grundlage von Kriterien wie Aussehen und
Materialbeschaffenheit des jeweiligen Artikels getroffen hat.
Gewohnheiten sind nicht die einzigen unbewussten Einflüsse,
die wir ignorieren, wenn wir unser Verhalten erklären. Wie sich
herausstellte, übersehen Studierende sogar ihren Wunsch, Geld
zu verdienen, wenn er nicht ganz vorn in ihrem Bewusstsein ist.
In einem Experiment sollten einige Studierende den Text eines
Kommilitonen lesen, in dem er über seine Pläne berichtete, zu
Geld zu kommen. In einem späteren Teil des Experiments
mussten sich die Testpersonen dann zwischen zwei Ratespielen
entscheiden, eins mit dem Titel »Amerikanische Politik«, das
andere mit dem Titel »Amerikanische Regierung«. In einer der
beiden Anleitungen waren Geldscheine abgebildet. Es stellte sich
heraus, dass die Studierenden, die zu Anfang den Text über das
Geldverdienen gelesen hatten, eher dazu tendierten, das Spiel
auszuwählen, in dem die Geldscheine abgebildet waren. Es
schien, als hätte die ursprüngliche Erinnerung an das Thema
Geld ihre spätere Entscheidung für eines der beiden Spiele
gelenkt. Rational war das nicht. Denn Geld konnte gar nicht
verdient werden, egal, welches Spiel man auswählte. Aber, das
zeigt schon die Weißer-Bär-Studie von Daniel Wegner, wir
können im Vorfeld so eingestimmt werden, dass wir uns auf fast
alles fixieren – und Geld ist sicherlich eine wesentlich
verführerischere Vorstellung als weiße Bären. Am
interessantesten war, dass es den Studierenden größtenteils
nicht bewusst war, was ihre Entscheidung beeinflusst hatte. Sie
gaben kein verstärktes Interesse an Geld zu Protokoll, nachdem
sie den Text ihres Kommilitonen gelesen hatten. Und als sie eine
Liste mit möglichen Gründen für ihre Entscheidung für eines der
beiden Spiele aufstellen sollten, bescheinigten sie dem Wunsch,
Geld zu verdienen, und den abgebildeten Geldscheinen die
geringste Wichtigkeit. Dagegen behaupteten sie, dass der
wichtigste Faktor ihr Interesse am Thema des jeweiligen Spiels
sei, Politik beziehungsweise Regierung. Auch hier spielte also das
bewusste Ich die unbewussten Einflüsse, die auf seine
Handlungen einwirkten, herunter. Unsere Annahmen darüber,
was Einfluss auf unsere Entscheidungen hat, schmeicheln vor
allem unserem bewussten Ich.
Dass wir unsere bewusste Erfahrung dermaßen überbewerten,
hat eine gewisse Logik. Viele unserer Gewohnheiten sind
sinnvoll, und es könnte schließlich sein, dass wir uns nach
gründlichem Nachdenken genauso verhalten würden.
Beispielsweise ist die Angewohnheit, vor einer Kaufentscheidung
die jeweiligen Artikel der Reihe nach zu vergleichen, durchaus
sinnvoll. Und wenn die Artikel von identischer Qualität sind, gibt
es keinen Grund, sie noch einmal von vorn zu begutachten. Es
ergibt einfach Sinn, den letzten Artikel zu nehmen, den wir uns
angesehen haben. Rationale Erklärungen für unsere Handlungen
zu erfinden, wo wir eigentlich nur unbewussten Gewohnheiten
folgen, ist dagegen illusionär.
Es gibt noch eine weitere Erklärung für die Überbewertung des
Anteils unserer bewussten und absichtsvollen Handlungen. Auf
diese Weise können wir unsere Entscheidungen nämlich
bejahen. Sie erscheinen uns sinnvoll. Wir stellen uns einfach vor,
dass der letzte Artikel, den wir uns angesehen haben, nun einmal
eine schönere Farbe, besseres Material oder eine höhere Qualität
hatte, und müssen deshalb unsere Entscheidung nicht
hinterfragen. Oder wir fixieren uns auf einen im Grunde
unwichtigen Unterschied (Politik versus Regierung) und sind aus
diesem Grund zufrieden mit unserer Wahl.
Aber das Ganze hat auch einen entscheidenden Nachteil. Wenn
unser lautes, geltungsbedürftiges Bewusstsein die ganze
Anerkennung für die Aktionen unseres bescheidenen
Gewohnheits-Ichs für sich beansprucht, werden wir niemals
lernen, wie wir diese verborgene Ressource nutzen können.
Unsere Gewohnheiten sind dann wie stille Partner, voller
Energie, aber ohne dass sie jemals aufgefordert würden, ihr
volles Potenzial zu entfalten. Die Einmischungen unseres
bewussten Ichs verhindern, dass wir Gewohnheiten zu unserem
eigenen Vorteil nutzen.

In einer der ersten Studien, die untersuchten, ob Wählen eine


Gewohnheit ist, arbeitete ich mit den Politikwissenschaftlern
John Aldrich und Jacob Montgomery zusammen, um acht
landesweite Wahlen zwischen 1958 und 1994 auszuwerten. [17]
Wir interessierten uns dabei nicht für die Angewohnheit, eine
bestimmte politische Partei oder einen entsprechenden
Kandidaten zu wählen, sondern konzentrierten uns auf den
schlichten Akt des Wählens selbst. Schon weil man nicht gerade
häufig seine Stimme abgibt, liegt es nicht besonders nahe, das
Wählen als eine Gewohnheit zu betrachten, aber dennoch
wohnen auch dieser Handlung gewohnheitsmäßige Tendenzen
inne.
In einer Demokratie ist es wichtig, wer seine Stimme abgibt. Es
kann im wahrsten Sinne des Wortes über die Gesundheit, den
Wohlstand und die Zufriedenheit der Bewohner eines Landes
entscheiden. Politikwissenschaftler haben ausgeklügelte Modelle
entwickelt, um zu erklären, warum manche Menschen zur Wahl
gehen und andere nicht. Diese Modelle stimmen weitgehend mit
unserem Bauchgefühl überein: Wähler gehen zur Wahl, wenn sie
hoch motiviert sind, vielleicht auch, weil sie einen ungünstigen
Wahlausgang befürchten, weil sie das Gefühl haben, dass es auf
ihre Stimme ankommt, weil sie sich mit einer bestimmten Partei
identifizieren oder von einer Partei direkt angesprochen worden
sind. Ohne solche Motive bleiben Wähler zu Hause.
Die Erhebungen über die von uns untersuchten Stimmabgaben
zeigten, ob die Bürgerinnen und Bürger bei einer bestimmten
Wahl überhaupt in die Wahllokale gegangen waren, sie fingen
ihre Meinung zu der jeweiligen Wahl ein und dokumentierten,
wie oft sie in der Vergangenheit wählen gegangen waren. Aber
unserer Erkenntnis nach gingen nur einige deshalb wählen, weil
sie sich für die Wahl interessierten. Genau jene Bürger, die schon
häufig gewählt hatten, wurden von den
politikwissenschaftlichen Modellen (und von unserem
Bauchgefühl) nicht gesondert registriert. Diese Leute gaben ihre
Stimme selbst in solchen Wahlen ab, für die sie sich eigentlich
nicht interessierten. Es sah so aus, als hätten sie eine Gewohnheit
ausgebildet, die dafür sorgte, dass sie automatisch weiterhin zur
Wahl gingen. Die schlichte Häufigkeit, mit der Menschen in der
Vergangenheit wählen gegangen waren, war damit ein erstes
Anzeichen dafür, ob sie aus Gewohnheit oder aufgrund einer
bewussten Entscheidung wählten. Je häufiger gewählt worden
war, desto ausgeprägter die Gewohnheit.
Das Wahlverhalten eignet sich schon deshalb gut für die
Erforschung von Gewohnheiten, weil Wahlen regelmäßig und in
organisierter Form stattfinden und es belastbare Daten über die
jeweiligen Handlungen gibt. Diese Zahlen sind valide und
aufschlussreich. Aber letztendlich ist die versteckte Weise, in der
Gewohnheit auf das Wählen Einfluss nimmt, der interessanteste
Punkt. Wählen ist in repräsentativen Demokratien eine der drei
Gelegenheiten, bei denen sämtliche Bürger gezählt werden. Die
beiden anderen – Volkszählungen und Steuererhebungen – sind
passive Formen, bei denen den Bürgern etwas (Informationen
bzw. Geld) weggenommen wird. Wählen ist etwas anderes. Man
ist als Individuum aufgerufen, seine Vorstellungen und
Präferenzen geltend zu machen. In einer Demokratie hat das
Wählen eine einigende Funktion. Für kurze Zeit ist man mit dem
Rest des Landes verbunden, eine Zeit, in der man zum Ausdruck
bringen darf, wie man sich das weitere Funktionieren des
Landes vorstellt. Ob wir überhaupt wählen und für wen wir
unsere Stimme abgeben, sollte also eigentlich das perfekte
Beispiel für motivated reasoning (motivgeleitetes Argumentieren)
sein, denn schließlich hängen unsere Entscheidungen von
unseren politischen Werten ab. Dementsprechend haben
Neurowissenschaftler festgestellt, dass das Nachdenken über
Politik neuronale Bereiche aktiviert, die für das Gefühlsleben
und die Entscheidungsfindung zuständig sind. [18]
Doch selbst in solchen Situationen kann die Gewohnheit den
Ton angeben. Es gibt nämlich schlicht überhaupt kein Szenario,
das der Gewohnheit nicht zugänglich wäre.
In unserer Studie über das Wahlverhalten erkannten wir noch
etwas anderes. Es mag auf den ersten Blick banal erscheinen,
aber die Schlussfolgerungen waren ziemlich weitreichend. Nach
einem Umzug war das gewohnheitsmäßige Wahlverhalten der
Leute unterbrochen. Es war, als würden sie durch den
Wohnortwechsel wieder bewusster über den Akt des Wählens
nachdenken. Nach einem Umzug verhielten sich die
regelmäßigen Wähler genau wie alle anderen und wählten nur,
wenn sie hoch motiviert waren. Das ist logisch, denn ein Umzug
macht den Akt des Wählens wieder aufwendiger. Wenn man
umzieht, muss man sich woanders registrieren lassen. Man muss
ein anderes Prozedere verstehen, das neue Wahllokal finden und
sich vielleicht ungewohnterweise mit seinem Führerschein
ausweisen. Man kann die Dinge nicht automatisch so tun, wie
man sie immer getan hat.
Bei unserem Verständnis von Gewohnheit kommt es stark auf
den Kontext an. Wenn der Kontext stabil bleibt – man lebt am
gleichen Wohnort, man fährt immer den gleichen Weg zur
Arbeit, man sitzt jeden Abend auf dem Sofa –, dann wiederholt
man vergangene Handlungen automatisch. Solche Bedingungen
sind fruchtbar für das Kultivieren und Bewahren von
Gewohnheiten.

Weil Gewohnheit unsichtbar ist, bleibt auch die immense Macht,


die sie über unser Verhalten hat, verborgen. Nicht nur immens,
sondern auch immens wichtig: Denn die Verhaltensweisen, die
von unserer Gewohnheit regiert werden, bestimmen nicht selten
über Leben und Tod. Bedenken Sie nur, wie hilfreich bestimmte
Gewohnheiten für Ihren wöchentlichen Großeinkauf im
Supermarkt sind. Sie haben dort wahrscheinlich schon viele
Hundert Male eingekauft. Gleiches Auto, gleiche Strecke, gleiches
Ziel, vielleicht sogar die gleiche Einkaufsliste. Dies sind genau die
Bedingungen, unter denen die Gewohnheit gern das Kommando
übernimmt. Auf unserer zehnminütigen Autofahrt kommt es uns
ganz leicht vor, eine fast 2000 Kilogramm schwere Maschine aus
Carbon, Stahl und Plastik zu steuern und dann in einem
durchaus komplizierten geometrischen Manöver in den letzten
freien Parkplatz einzuschlagen. Wir tun dies alles auf Autopilot,
mit Fähigkeiten, die wir zum Großteil durch ständige
Wiederholung erworben haben.
Aber manchmal geschieht auf dem vertrauten Terrain
zwischen Supermarkt und zu Hause das Unerwartete, eventuell
genau in dem Moment, in dem wir kurz unaufmerksam sind.
Vielleicht rollt der Ball eines kleinen Mädchens auf die Straße,
und es läuft hinterher. Oder ein älteres Paar braucht länger als
erwartet, um über den Zebrastreifen zu kommen. Oder ein
anderer Fahrer schätzt die Ampelphase falsch ein und rast bei
Rot über die Kreuzung.
Eine verspätete Reaktion auf eines dieser Ereignisse kann zu
einer Tragödie führen. Mehr als die Hälfte aller Autounfälle
ereignet sich innerhalb von acht Kilometern vom eigenen
Zuhause, auf einer kurzen Fahrt in der Umgebung – auf dem
Weg zum Supermarkt, zum Waschsalon oder zu einem der
zahllosen anderen Haltepunkte im eigenen Stadtteil. [19]

Natürlich haben wir auch deshalb am meisten Unfälle in der


Nähe von zu Hause, weil das nun einmal die Umgebung ist, in
der wir am meisten mit dem Auto unterwegs sind. Andererseits
sollten wir doch die unübersichtlichen Kurven und schwierigen
Kreuzungen im eigenen Stadtteil am besten kennen – hier müsste
es für uns doch eigentlich am sichersten sein. Aber in vertrauter
Umgebung übernimmt die Gewohnheit das Ruder. Unsere
Aufmerksamkeit lässt nach, und wir fangen an, über die
Ereignisse des Tages nachzugrübeln oder den morgigen Tag zu
planen. Meistens gelingt es uns, den Weg zum Supermarkt und
zurück zu bewältigen, ohne dass wir danach etwas anderes als
einen gefüllten Vorratsschrank zu verzeichnen hätten.
Gewohnheiten lassen das Anspruchsvolle und Schwierige leicht
und sicher erscheinen, aber in Wirklichkeit ist das Lenken eines
Autos wahrscheinlich mit Abstand das Riskanteste, was die
meisten von uns Tag für Tag tun. [20]

Auf US-amerikanischen Straßen gibt es jedes Jahr etwa 40 000


Todesopfer sowie 4,6 Millionen Verletzte. In Europa ist
Autofahren etwas sicherer, es gibt dort weniger Verkehrstote pro
Einwohner. [21] Die US-Zahlen sind in den letzten Jahren sogar
noch angestiegen, was zum Teil dem sogenannten abgelenkten
Fahren geschuldet ist. Wir alle haben schon am Steuer gesessen
und das vertraute »Ping« einer Textnachricht gehört. Ignorieren
wir es? Kurz zum Telefon zu greifen und zu lesen ist verlockend.
Vom Kopf her wissen wir, wie gefährlich das ist. Aber
Autofahren, vor allem in der Nähe von zu Hause, fühlt sich an,
als wäre es unsere zweite Natur. Deshalb greifen viele von uns
dann doch zum Handy, um die Nachricht zu lesen – und
vielleicht sogar zu beantworten. In einer Umfrage haben fünf
von zehn US-amerikanischen Autofahrern angegeben, dass sie
Textnachrichten am Steuer lesen, ein Drittel gab zu Protokoll,
sogar Nachrichten zu schreiben. [22] Und selbst wenn wir dem
Sog des Handys widerstehen, gibt es beim Autofahren noch viele
andere Dinge, die uns ablenken können, zum Beispiel wenn wir
einen Radiosender auswählen, ein Ziel im Navi eingeben, essen
oder trinken oder nach etwas auf dem Rücksitz greifen.
Solche Verhaltensweisen sind überaus dumm, aber sie werfen
auch ein Licht auf das außergewöhnliche Potenzial, das in
Gewohnheiten steckt. Gewohnheit nimmt eine der gefährlichsten
unserer alltäglichen Handlungen und fügt sie nahtlos in den
Hintergrund unseres Lebens ein. Wenn Autofahren zur
Gewohnheit wird, werden die zahlreichen Fähigkeiten, die man
braucht, um eine unglaublich komplexe Maschine zu lenken,
tatsächlich zum bloßen Hintergrund, vor dem wir an andere
Dinge denken oder zum Beispiel Textnachrichten schreiben
können. Gut oder schlecht, Gewohnheit kommt mit täglicher
Praxis, und das bewusste Entscheiden verliert an Einfluss.

Bis hierher haben wir die Gewohnheiten des Wählens und des
Autofahrens untersucht. Dies sind konkrete, fassbare
Handlungen, die wir sehen und verstehen können. Dass sie so oft
wiederholt werden können, bis sie zu bleibenden Gewohnheiten
werden, ist unmittelbar einsichtig. Aber was ist mit schwerer zu
fassenden, unklareren Tätigkeiten, wie zum Beispiel dem
künstlerischen Schaffen? Können auch sie von
gewohnheitsmäßiger Beharrlichkeit profitieren?
Eine hochinteressante Studie gewann 45 professionelle
Komikerinnen und Komiker, die alle auf dem großen
Comedyfestival »SketchFest« auftraten, als Testpersonen. [23] Sie
bekamen den Anfang einer Comedyszene ausgehändigt und
hatten vier Minuten Zeit, so viele Fortsetzungen zu erfinden wie
möglich. Ein Beispiel: »Vier Personen stehen hysterisch lachend
auf der Bühne. Zwei von ihnen klatschen ab, und sofort hören
alle auf zu lachen. Jemand sagt: ____________.«
Die Komikerinnen und Komiker produzierten innerhalb der
vier Minuten jeweils etwa sechs lustige Fortsetzungen (»Und so
kam es, dass die Pattex-Brüder an den Handflächen verbunden
sind«). Alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer sollten daraufhin
einschätzen, wie viele lustige Enden sie noch produzieren
könnten, wenn sie vier weitere Minuten zur Verfügung hätten.
Ihre bewussten Ichs rechneten mit weniger Ergebnissen, nämlich
im Durchschnitt mit fünf zusätzlichen Fortsetzungen.
Die Komiker bekamen dann noch einmal vier Minuten Zeit,
und am Ende war die Anzahl der Fortsetzungen 20 Prozent
höher, als sie geschätzt hatten. Offensichtlich hatten sie der
Beharrlichkeit nicht genug zugetraut. Sie waren es gewohnt, im
kreativen Bereich beharrlich zu sein, blieben bei der Sache und
brachten mehr Ideen hervor, als sie erwartet hatten. Ihre
Erwartungen und Wünsche selbst spielten dabei keine Rolle. Mit
großer, auf Gewohnheit basierender Beharrlichkeit produzierten
sie weiterhin erfolgreich Ideen, trotz ihrer deutlich
pessimistischeren Erwartungen.
Das gleiche Muster zeigte sich in anderen Studien mit
kreativen Aufgaben. Wie die Komiker unterschätzten auch die
Studierenden die Macht der Beharrlichkeit. Wenn sie einige
Minuten lang an einer Aufgabe gearbeitet hatten und dann
einschätzen sollten, wie produktiv sie wären, wenn sie ein paar
weitere Minuten Zeit bekommen würden, rechneten sie für die
zweite kurze Arbeitsphase mit weniger Ergebnissen. Nun war es
aber erstaunlicherweise so, dass die Studierenden, wenn sie dazu
aufgefordert wurden, die jeweilige Aufgabe weiterzubearbeiten,
nicht nur mehr Ergebnisse produzierten, als sie vorhergesagt
hatten, sondern auch kreativere. Dem Urteil von unabhängigen
Prüfern zufolge, die die Ergebnisse später lasen, waren die Ideen,
die am Ende dieser zweiten Arbeitsphase produziert wurden,
von höherer Qualität – also kreativer – als diejenigen, auf die die
Studierenden zu Anfang gekommen waren. Die Beharrlichkeit
nutzte sich also nicht ab, wenn sie zum Einsatz kam. Sie
produzierte einfach weiter Ergebnisse. Es ist klar, woher die
Fehleinschätzung der Komiker und Studiernden kommt:
Schließlich wissen wir alle, dass sich unsere kognitive Kontrolle
mit der Zeit sehr wohl erschöpft. Solange wir unser Verhalten
gedanklich kontrollieren und auf diese Weise Entscheidungen
treffen, werden wir irgendwann müde. Unsere Aufmerksamkeit
ebbt ab, und unsere Motivation schwindet. Aber der Teil unseres
Ichs, in dem die Beharrlichkeit wohnt, ist aus einem vollkommen
anderen Holz geschnitzt. Und genau das können wir für uns
nutzen.
Wir können also den Sog unserer tief sitzenden, solide
arbeitenden Gewohnheit mit unseren bewussten Absichten und
langfristigen Zielen in Übereinstimmung bringen und damit die
43 Prozent weitaus besser zum Einsatz bringen als bisher.
3 Gestatten: Ihr zweites Ich

Würden doch die jungen Leute einsehen, wie schnell es geschieht,


dass sie fast nur noch aus Gewohnheiten bestehen: Sie würden
ihrem Tun sehr viel mehr Aufmerksamkeit widmen, solange es
noch formbar ist. Denn der Faden, mit dem wir unser eigenes
Schicksal – im Guten wie im Schlechten – weben, lässt sich nie
wieder lösen.

William James

Das Graduiertenprogramm, an dem ich teilnahm, hatte eine


grundlegende Annahme formuliert: Man kann das Verhalten von
Menschen ändern, indem man ihre Einstellungen verändert.
Wenn man Menschen davon überzeugt hat, dass Umweltpolitik
wichtig ist, werden sie sich wahrscheinlich entsprechend
verhalten, indem sie Petitionen unterschreiben, wählen gehen
und für umweltpolitische Anliegen ihre Stimme erheben. Das
war zu dieser Zeit wissenschaftlicher Konsens, doch ich musste
feststellen, dass dieser Konsens nicht von allen geteilt wurde –
zumindest nicht von den Wissenschaftlerinnen und
Wissenschaftlern an meiner ersten Ausbildungsstation.
Viele meiner neuen Kollegen waren nämlich radikale
Behavioristen, und ich merkte bald, dass sie meinen Ansatz, den
sie fiktionales Erklären nannten, durchaus nicht teilten. Als sie
diesen Ausdruck zum ersten Mal für meine Forschung
verwendeten, wusste ich beim besten Willen nicht, was sie damit
meinten, davon abgesehen, dass mir natürlich klar war, dass
alles, was den Beigeschmack von »Fiktion« hat, für
Wissenschaftler etwas Schlechtes ist. Ihre Bemerkung war also
eindeutig nicht als Kompliment gemeint. Ich zog mich in mein
Büro zurück und nahm mir das Werk des berühmten
Behavioristen B. F. Skinner vor. So erfuhr ich, dass die
Vorstellung, dass unsere allgemeinen Einstellungen und
Prinzipien entsprechend dem Top-down-Modell auf unsere
besonderen Handlungen einwirken, für radikale Behavioristen
tatsächlich reine Fiktion ist. Die vermeintliche Tatsache, dass
unsere Empfindungen und Reaktionen von den Ideen unseres
Intellekts gelenkt werden, lehnten meine damaligen Kolleginnen
rundweg ab. Ihre Philosophie war eine völlig andere.
Der Behaviorismus erlebte in der Mitte des letzten
Jahrhunderts seine Blütezeit. Skinner setzte Tauben in speziell
konstruierte Kästen, um ihre Reaktion auf bestimmte Reize zu
beobachten und zu quantifizieren. Er ging davon aus, dass
Menschen (und Tauben) lernen, indem sie – mit dem Zweck, eine
Belohnung zu erhalten oder eine Bestrafung zu vermeiden – auf
Reize aus ihrer Umgebung reagieren. Diese Grundannahme
wurde unter Behavioristen schnell zur gängigen Meinung. Für
radikale Behavioristen wie Skinner glich die Vorstellung, dass
unsere Handlungen von unseren Einstellungen beeinflusst
werden, in etwa der Behauptung, wir würden von Gespenstern
oder anderen überirdischen Wesen gelenkt. Eine beliebte
Metapher für menschliches Handeln war unter den
Behavioristen die Telefonzentrale, in der eingehende sensorische
Signale mit ausgehenden Handlungen verkoppelt wurden.
Vertreter dieser Forschungsrichtung gingen davon aus, dass
Menschen über die Gewohnheiten, die sie sich lernend –
angetrieben von Belohnung und Strafe – angeeignet hatten, in
festgelegter Weise auf die Reize aus ihrer Umgebung reagierten.
Doch mit der gängigen Meinung ist es in der Wissenschaft so
eine Sache. Sobald sie sich etabliert hat, wird sie infrage gestellt.
Mit Anbruch der 1980er-Jahre hatte man sich vom
Behaviorismus entfernt und anerkannt, dass unser Bewusstsein
tatsächlich mithilfe der Top-down-Kontrolle arbeitet. Ein
Wissenschaftshistoriker würde wahrscheinlich anmerken, dass
dieser Paradigmenwechsel hin zur Aufwertung der
menschlichen Handlungsfähigkeit – unserem aktiven,
steuernden Intellekt – genau dann geschah, als die Kinder der
1960er-Jahre erwachsen geworden waren und ihre Überzeugung,
dass Menschen fähig seien, sozialen Wandel herbeizuführen, in
berufliche Kontexte einbringen konnten. Jedenfalls war Skinners
Stern längst im Sinken begriffen, als ich meine Laufbahn begann.
Doch es gab noch immer ein paar trotzige Außenposten, und zu
diesen zählten die Kollegen bei meiner ersten
Ausbildungsstation.
Ironischerweise war die anfängliche Kritik am Behaviorismus
in der Psychologie von einem Forscher vorgebracht worden, der
Ratten in Labyrinthen erforschte. [24] Edward Tolman,
Psychologe an der University of California, beobachtete, dass sich
Ratten in einem Labyrinth völlig ohne Belohnung auf die Suche
nach dem richtigen Weg machten, dabei allmählich eine
Vorstellung des Grundrisses bekamen und sich daraufhin
anscheinend eine Art kognitive Karte entwarfen. Wenn dann
später das Finden des richtigen Weges belohnt wurde, konnten
sie diesen schnell orten. Offenbar nutzten sie sehr flexibel ihr
zuvor erlangtes Wissen über die räumlichen Zusammenhänge.
Die Vorstellung, dass Ratten frühere Kenntnisse neu anwenden
und auf dieser (neuen) Grundlage flexibel handeln konnten,
stellte den Kern des Behaviorismus infrage. Selbst Ratten
schienen durchaus nicht ohnmächtig auf eine Folge von internen
und externen Reizen zu reagieren.
Die Psychologen brauchten nicht lange, um den Schluss zu
ziehen, dass, wenn Ratten Informationen flexibel anwenden
können, Menschen dies auch können müssten. [25] Diese Einsicht
trug schließlich zu etwas bei, das in den Fachkreisen der 1960er-
Jahre vollmundig als kognitive Wende (cognitive revolution)
bezeichnet wurde. Die Experimente der kognitiven Psychologie
begannen nachzuweisen, dass unser Gedächtnis in sich
strukturiert und motivationsgetrieben ist. Der Mensch reagiert
nicht einfach bottom-up auf das Zusammenkommen von Reiz,
Reaktion und Belohnung, sondern es ist auch jede Menge
Einmischung von oben im Spiel – nützliche Einmischung, die
unser »exekutiver Apparat« bestens beherrscht. So entdeckte
man, dass Menschen Begriffe schneller lernen, wenn sie sie in
Gruppen kategorisieren können. So etwas ist Top-down-
Kognition in Reinform. Zum Beispiel sind die Wörter »Stuhl«,
»Schreibtisch«, »Sofa« und »Tisch« besser zu lernen als Wörter,
die in keinem Zusammenhang stehen, wie »Schuh«, »Kirsche«,
»Wolf« und »Motor«. Für die Behavioristen noch schwieriger zu
verdauen war die Tatsache, dass auch Motivation eine Rolle
spielt. Wenn Menschen hungrig sind, sind sie für die Wörter
»Steak« und »Keks« aufnahmebereiter und behalten sie besser
im Gedächtnis als die Wörter »Papier« und »Raumschiff«.
Es hatte sich ein grundlegender Wandel im Fach Psychologie
ereignet. Jetzt wurde flexibles, kreatives Denken Gegenstand der
wissenschaftlichen Diskussion. Das ganze Fach verlagerte sich
von einer Untersuchung des Lernens und Verhaltens hin zu einer
Erforschung unserer bewussten mentalen Fähigkeiten.
Leider hatte auch die kognitive Wende ihre blinden Flecken. So
etwas wie Gewohnheiten zum Beispiel erachtete man schlicht als
zu simpel für den neuen Blickwinkel, der darauf ausgerichtet
war, die Höhen des menschlichen Denkens und Erfahrens zu
erfassen. Kognitive Psychologen machten sich über Lerntheorien
lustig, sie nannten sie das »automatenhafte Reiz-
Reaktionskonzept vom Menschen«. [26] Jedenfalls brachte die
neue wissenschaftliche Untersuchung menschlicher
Handlungsfähigkeit und Entscheidungsfindung die frühere
Forschung über menschliche Gewohnheiten gründlich zum
Schweigen. Die Vorstellung vom Menschen als eines von seiner
Umwelt getriebenen Automaten hatte sich dahingehend
gewandelt, dass man den Menschen nun als motiviertes und
intellektuelles Wesen betrachtete, das willentlich in seiner
Umwelt agiert.
Ich verließ meine erste Stelle dann bald und kam in eine
andere Abteilung mit moderneren Ansichten. Aber irgendetwas
von meiner ursprünglichen Begegnung mit dem Behaviorismus
war bei mir hängen geblieben. Die vorherrschende
Konzentration der Psychologie auf die Frage, wie Menschen
denken, ließ wenig Raum für die Untersuchung dessen, was die
Menschen tatsächlich tun. Hartnäckige Behavioristen hatten
dieses Argument sogar schon gleich zu Anfang vorgebracht,
indem sie sagten, Tolman habe seine Ratten »unter Gedanken
begraben«. Und tatsächlich war Kognition nicht alles, wenn man
sich in einem Labyrinth zurechtfinden wollte. Weil die
Psychologen es so eilig hatten, das Gedächtnis zu erforschen,
verloren sie Verhalten und Umwelt aus dem Blick. Meine
behavioristischen Kollegen hatten mich zumindest so weit
überzeugt, dass diese beiden Faktoren zu wichtig waren, um sie
zu vernachlässigen. Wer den Menschen verstehen wollte, musste
wohl eine Synthese zwischen den traditionell getrennten Lagern
anstreben. Wir mussten eine Methode finden, das ganze
Labyrinth in den Blick zu bekommen, nicht nur unsere eigene
Lieblingsecke.
Die Geschichte legt nahe, dass wir uns kurz vor einer solchen
Synthese befinden. Das Auf und Ab des wissenschaftlichen
Interesses an Gewohnheiten kommt in der unten stehenden
Grafik gut zum Ausdruck. Sie zeichnet nach, wie häufig die
Autoren von Monografien den Begriff »habit« (Gewohnheit)
benutzt haben, und zwar im Vergleich zu alternativen Begriffen,
die nahelegen, dass die menschliche Handlungsfähigkeit ein
Resultat von Top-down-Bewegungen sei, nämlich »goal« (Ziel)
und »evaluation« (Bewertung, Einschätzung). Google macht es
möglich, den Modeerscheinungen innerhalb ganzer Fachgebiete
auf die Spur zu kommen, indem die Suchmaschine nachverfolgt,
wie häufig ein bestimmtes Wort in den zahlreichen in ihre
Datenbank eingescannten Büchern auftaucht.
[1]

Das Schaubild beginnt im Jahr 1890, dem Jahr, in dem William


James sein bahnbrechendes Buch The Principles of Psychology
veröffentlichte, das zu den ersten gehörte, die sich
wissenschaftlich mit dem Thema beschäftigten. Das Buch
markierte einen Höhepunkt bezüglich der Wertschätzung der
Gewohnheit. Mit seinen Einsichten über unser zweites Ich
beziehungsweise die Seite in uns, die im Schatten des uns so gut
bekannten denkenden Intellekts steht, war James seiner Zeit weit
voraus. Was seine Hypothesen noch außergewöhnlicher macht,
ist die Art und Weise, in der sie zahlreichen nachfolgenden
Entwicklungen der experimentellen Psychologie den Weg
bereiteten. Er sagte bekanntlich: »Je mehr wir von den
Einzelheiten unseres täglichen Lebens dem mühelos arbeitenden
Automatismus anvertrauen, desto mehr sind unsere höheren
Geisteskräfte frei, ihrer eigenen Aufgabe nachzugehen.« [27] Ich
habe an dieser Aussage wenig auszusetzen, davon abgesehen,
dass wir heute ein etwas breiteres Verständnis davon haben, was
er – als Gentleman des 19. Jahrhunderts – »eigen« nennt.
Etwa zur Zeit der kognitiven Wende fiel also die Gewohnheit in
Ungnade, zumindest bei den wissenschaftlichen Autoren. Es ist
unschwer zu erkennen, dass die Autorinnen und Autoren ab der
Mitte des vergangenen Jahrhunderts das Wort immer seltener
verwendeten, während »goal« und »evaluation« zunehmend an
Beliebtheit gewannen. Die Psychologen beschrieben den
Menschen nun offenbar nicht mehr als ein Wesen, das aus
Gewohnheit handelt, sondern als eines, das über seine Ziele und
Zwecke nachdenkt. Die Jahre zwischen 1980 und 2000 waren
Tiefpunkte für den Begriff »habit«.
Die Wissenschaft von der Gewohnheit ist jedoch nie
vollständig ad acta gelegt worden, und der schnelle Anstieg im
Gebrauch des Wortes während der ersten zehn Jahre des 21.
Jahrhunderts zeigt, dass die Tendenz sich langsam umkehrt. Was
hat zu diesem Sinneswandel geführt?
Wie bei vielen anderen Themen in den vergangenen Jahren
war auch hier die Technologie ein Motor. Das Interesse am
Thema Gewohnheiten tauchte zum Teil auch deshalb wieder auf,
weil es enorme Entwicklungen in den bildgebenden Verfahren
zur Darstellung von Hirnfunktionen gegeben hat (funktionelle
Magnetresonanztomografie, fMRT), die bis dahin noch
unvorstellbare Beobachtungen der Hirnaktivität ermöglichten.
Die Visualisierung der Tätigkeit des Gehirns oder zumindest das
Aufzeichnen der Spur, die ein arbeitendes Gehirn hinterlässt,
eröffnet, wie man sich denken kann, ungeahnte Möglichkeiten.
Abgesehen von dem Blick in den Spiegel gibt es wohl kaum ein
besseres Beispiel für die menschliche Fähigkeit zur
Introspektion.
Die neuen Einsichten, die durch die innovative Technologie
ermöglicht wurden, waren für die Neurowissenschaften Ansporn
genug, die gesamte Leistungsfähigkeit unserer mentalen
Kapazitäten und unseres Gehirns unter die Lupe zu nehmen.
Nach und nach entdeckten sie, dass sich die Aktivitäten in den
verschiedenen Gehirnregionen veränderten, wenn Menschen
immer wieder die gleichen Dinge erledigten und dabei immer
automatischer reagierten. Technisch gesprochen bedeutet das,
dass Menschen, wenn sie etwas Neues lernen, Gehirnaktivität in
Bereichen zeigen, die mit Entscheidungsfindung und kognitiver
Kontrolle zu tun haben (in den präfrontalen Regionen und im
Hippocampus). Wenn eine Handlung regelmäßig wiederholt
wird, verstärkt sich die Hirnaktivität in anderen neuronalen
Bereichen (im Putamen in den Basalganglien), [28] als wären
durch die pure Wiederholung einer Handlung neue Bereiche des
Gehirns involviert. Man könnte meinen, es gebe unterschiedliche
Arten des Rückgriffs auf neuronale Systeme: eine, um eine
anfängliche Entscheidung zu treffen, und eine andere, um bei
dieser Entscheidung zu bleiben.
Das Thema der Gewohnheit erlebte eine Renaissance.
Ungefähr zur selben Zeit begann die Kognitionsforschung,
bestimmte Merkmale zu entdecken, die der Gewohnheit
ähnelten. Eine der berühmtesten Studien über Aufmerksamkeit
war im Grunde genauso strukturiert wie die
Gewohnheitslernaufgaben der Behavioristen: einen bestimmten
Hinweis auf einem Bildschirm sehen (Reiz) – einen »Ja«- oder
»Nein«-Knopf drücken (Reaktion) – dann einen Ton hören, der
signalisiert, ob die Antwort korrekt ist (Belohnung). Als die
Teilnehmerinnen und Teilnehmer dieses Prozedere am Anfang
der Studie einübten, mussten sie noch aktiv Entscheidungen
treffen, aber mit etwas Übung liefen die mentalen Prozesse
glatter ab. Die Teilnehmer hatten nicht mehr das Gefühl, den
Prozess aktiv kontrollieren zu müssen, sie brauchten sich nicht
besonders auf die Aufgabe zu konzentrieren und konnten
gleichzeitig andere Dinge tun. [29] Wie die Forscher erklärten,
handelten die Teilnehmer »entlang einer erlernten Abfolge von
Elementen im Langzeitgedächtnis«, [30] die von kontinuierlichen
Reizen angestoßen worden war. Mitten in der kognitiven Wende
tauchte also die Gewohnheit in neuer Gestalt unter dem alten
jamesschen Label der Automatizität wieder auf. Die neue Version
der Gewohnheit hinterließ einen kognitiven Fußabdruck im
Langzeitgedächtnis. Dass die Erkenntnisse über Gewohnheiten
auf den neuesten Stand gebracht wurden, war zunächst der
wissenschaftlichen Genauigkeit geschuldet sowie dem Bestreben,
die Fortschritte der Neurowissenschaften festzuhalten, wobei es
vor allem um ein Verständnis davon ging, welche Rolle auf
vielfache Weise verknüpfte Netzwerke beim Funktionieren
unseres Gehirns spielen. Unsere mentalen Fähigkeiten sind nicht
nur für neue, bewusst getroffene Entscheidungen zuständig,
sondern reagieren über den Weg der Gewohnheit immer wieder
auf diese Entscheidungen.
Fundamentale Einsichten ergaben sich zudem aus der
Forschung über Ratten, die sich in einem Labyrinth orientieren.
Natürlich sind Ratten keine Menschen, doch wie wir sehen
werden, lernen sie Gewohnheiten weitgehend auf die gleiche
Weise wie wir. Die ersten Experimente offenbarten eine
wesentliche Eigenschaft von Gewohnheiten: Nachdem die Ratten
gelernt hatten, in ihrem Käfig einen Hebel zu drücken, um an
Futter zu gelangen, waren sie auf die Belohnung fokussiert. Die
Forscher schlossen daraus, dass die Ratten zielorientiert
handelten, also irgendein Bild der Belohnung in ihrem Kopf
hatten, während sie den Hebel drückten. [31] Als die Belohnung
ausblieb, taten die Ratten das einzig Rationale und hörten auf,
den Hebel zu betätigen. Das änderte sich aber, sobald
Wiederholung ins Spiel kam. Nachdem sie das Drücken des
Hebels und das anschließende Futtern sehr lange geübt hatten,
begannen die Ratten, aus Gewohnheit zu handeln. Auch als es
keine Belohnung mehr gab, machten sie weiter: Wann immer
der Hebel in Sichtweite war, betätigten sie ihn. Die Forscher
schlossen daraus, dass das Verhalten der Ratten nun von
vertrauten Zeichen (Hebel und Ton) ausgelöst wurde und die
Belohnung nebensächlich geworden war. Selbstverständlich
hörten selbst gut trainierte Ratten irgendwann auf, den Hebel zu
drücken, wenn es keine Belohnung mehr gab. Aber das
Experiment enthüllte dennoch eine überraschende Eigenschaft
von Gewohnheiten: Sie sind Handlungsweisen, die für
Belohnung relativ unempfänglich sind.
Drei Forschungsstränge arbeiteten also daran mit, eine
allgemeine wissenschaftliche Überzeugung über den Haufen zu
werfen. Neurowissenschaftler, kognitive Psychologen und
Verhaltensforscher, die sich mit dem Lernen von Tieren
beschäftigten, waren sich darin einig, dass es so etwas wie
Gewohnheiten gab, wobei jede Richtung ganz unabhängig von
den anderen forschte und eine eigene, ganz besondere
Perspektive zu dem entstehenden Gesamtbild beisteuerte.
Besonders faszinierend an dieser Entwicklung war die daraus
entstehende Schlussfolgerung, dass etwas, das wir ein Mal tun,
eine Entscheidung ist, sich aber in etwas anderes verwandelt,
wenn wir es mehrmals auf die gleiche Weise tun – und zwar in
etwas dermaßen anderes, dass völlig andere Bereiche unseres
Gehirns involviert sind. Es entstand ein Modell, das vieles von
dem, was wir intuitiv über Gewohnheiten wissen,
zusammenbrachte. Belohnung ist wichtig, wenn wir etwas zum
ersten Mal tun. Um die Belohnung zu bekommen, nutzen wir
unsere kognitive Kontrolle und bilden Absichten. Selbst Ratten
scheinen zielorientiert zu handeln und in der Lage zu sein,
einfache Entscheidungen zu treffen. »Ich bin hungrig, also
drücke ich diesen Hebel und schaue mal, ob ich gefüttert werde.«
Aber das ist nur der erste Schritt. Danach handeln Menschen
aus Gewohnheit oder, wie William James sagt, »ohne sich
bewusst Ziele zu setzen oder ein Ergebnis zu antizipieren«. [32]

Unsere Handlungen zielen nicht mehr darauf ab, ein bestimmtes


Resultat zu erreichen; stattdessen werden sie automatisch von
einem bestimmten Handlungskontext ausgelöst. Bei Ratten ist
das ziemlich eindeutig. »Ich bin in der Ecke meines Käfigs, in der
ich jedes Mal den Hebel drücke, also drücke ich ihn auch
diesmal«, denkt sich die Ratte irgendwo tief drinnen in ihrem
Kopf. Bei Menschen funktioniert das im Grunde genauso. »Ich
stehe in der Küche vor dem Kühlschrank, also mache ich ihn
auf«, denken Sie sich irgendwo tief drinnen in Ihrem Kopf. Sie
beschließen in diesem Moment nicht mehr bewusst, dass Sie
etwas zu essen brauchen: Es ist eine Gewohnheit.

Nun war es endlich Zeit herauszufinden, was Gewohnheiten


eigentlich waren. Wir wussten, was sie nicht waren – eine
Handlung, die Aufmerksamkeit und Überlegung erfordert. Wir
wussten, dass die wiederholte Ausführung der gleichen Tätigkeit
dazu führte, dass sich die Gehirnaktivität neu ausrichtete. Wir
wussten ebenfalls, dass Gewohnheiten das Sagen hatten und
bereit waren, unsere Handlungen zu lenken, wenn sie von
vertrauten Kontexten ausgelöst wurden. Aber uns fehlte nach
wie vor ein klares Konzept davon, was genau in unseren Köpfen
passierte, wenn wir aus Gewohnheit handelten.
Mein Kollege David Neal und ich initiierten eine Studie über
Laufgewohnheiten. Weil ich selbst zu den frühmorgendlichen
Joggern gehörte, hatte ich ein gewisses persönliches Interesse an
dem Projekt. Meine Laufgewohnheit hatte sich eher aus Not
gebildet, denn ich wollte unbedingt zusammen mit meinen
Söhnen frühstücken, bevor sie zur Schule aufbrachen und ich
mich auf den Weg zu meiner Vollzeitstelle machte. Ich hatte
versucht, später am Tag zu trainieren, aber die nachmittäglichen
Arzttermine oder Verabredungen mit Freunden führten
regelmäßig dazu, dass das Joggen ausfiel. Der frühe Morgen war
die einzige Zeit, die ich für mich hatte. Am Anfang war es
schwierig – ich erinnere mich noch, wie sehr mir in den ersten
Wochen vor dem Piepen des Sechsuhrweckers graute. Aber ich
mochte es, mich körperlich fit zu fühlen, und das regelmäßige
morgendliche Laufen löste meine Gewichtsprobleme.
Was genau bedeutet es, eine Laufgewohnheit zu haben? Um
diese Frage zu beantworten, rekrutierten wir Studierende der
Duke University, von denen einige regelmäßig und immer auf
derselben Strecke laufen gingen, andere nur gelegentlich und
einige überhaupt nicht. [33] Bevor sich die Teilnehmerinnen und
Teilnehmer zu dem Experiment einfanden, hatten sie ein paar
Wörter aufgelistet, die für die Orte standen, an denen sie
normalerweise laufen gingen (wenn sie überhaupt joggten).
Einige notierten zum Beispiel das Wort »Wald« und bezogen sich
damit auf die Waldgebiete rings um den Campus. Andere
notierten »Laufbahn« und »Sporthalle«. Die Teilnehmerinnen
und Teilnehmer, die zu den Joggern gehörten, schrieben uns
außerdem ihre wichtigsten Ziele auf, die sie zum Laufen
motivierten, wie zum Beispiel »Entspannung«,
»Gewichtsreduktion« oder »Fitness«.
Wir wollten wissen, wie die Leute, die regelmäßig joggen
gingen, diese Informationen über das Laufen in ihrem
Gedächtnis ablegten. Dafür nutzten wir ein
Worterkennungsverfahren aus der kognitiven Psychologie, mit
dem wir testen konnten, wie stark die mentale Verbindung
zwischen der Handlung (Laufen) und dem Ort (z. B. Wald)
beziehungsweise dem Ziel (z. B. Gewichtsreduktion) war.
Bei dem Experiment erschien auf einem Computerbildschirm
ein bestimmtes Wort, und die Teilnehmerinnen und Teilnehmer
sollten eine Taste auf der Tastatur drücken, sobald sie es
erkannten. Ohne ihr Wissen leuchtete aber vor jedem dieser
Wörter ein anderes Wort auf dem Bildschirm auf, das so schnell
wieder verschwand, dass es nicht bewusst erkannt werden
konnte, aber dennoch einen kurzen Eindruck im Gehirn
hinterließ. Wenn nun zwei Wörter im Gedächtnis verbunden
sind, dann müsste das dazu führen, dass das Lesen des einen
Wortes, wie schnell auch immer, das andere Wort auf den Plan
ruft. Zum Beispiel sollte das anfängliche Lesen des Wortes
»Kaffee« es einfacher machen, das Wort »Tasse« zu erkennen.
»Kaffee + Tasse« ist eine starke und schnelle mentale
Verbindung. Dagegen würde das Lesen des Wortes »Kamm« das
Erkennen des Wortes »Tasse« nicht beschleunigen.
Als erstes Wort leuchtete kurz einer der Orte auf, an denen ein
Teilnehmer joggte, direkt danach wurde das Zielwort
eingeblendet, das manchmal »laufen« lautete, manchmal
»joggen«. Wir erfassten genau, wie lange die Teilnehmer
brauchten, um diese Zielwörter zu erkennen. Auf die gleiche
Weise setzten wir die übergeordneten Ziele ein, die die
Teilnehmer mit dem Laufen erreichen wollten. Wieder stoppten
wir die Zeit, die sie brauchten, um die Wörter »laufen«
beziehungsweise »joggen« zu erkennen.
Die Ergebnisse waren eindeutig: Regelmäßige Läuferinnen und
Läufer erkannten die Wörter »laufen« und »joggen« schneller als
andere Teilnehmer, was nahelegte, dass das Laufen in ihren
Köpfen präsenter war. Das überraschte uns nicht, denn
schließlich war es ja ein wiederkehrender Aspekt ihres Lebens.
Doch hier ging es um mehr als um allgemeine
Reaktionsgeschwindigkeit. Wenn nämlich zuerst ihre eigene
Laufumgebung wie »Laufbahn« oder »Wald« auf dem Bildschirm
aufleuchtete, waren die gewohnheitsmäßigen Läufer besonders
schnell darin, die Wörter »laufen« und »joggen« zu erkennen.
Durch einen Hinweis auf die Orte, an denen sie typischerweise
joggten, wurde bei ihnen in kürzester Zeit der Gedanke ans
Laufen ausgelöst. Den unregelmäßigen Läufern dagegen kam
durch den Ort des Laufens das Laufen selbst nicht in den Sinn.
Die Gelegenheitsläufer hatten, weil sie die Handlung nicht
regelmäßig im gleichen Kontext wiederholten, keine starke
mentale Verbindung zwischen einem Ort und einer Handlung
etabliert.
Interessanterweise wurde durch das anfängliche kurze
Einblenden der Wörter, die die Ziele der Gewohnheitsläufer
repräsentierten, das Erkennen der Wörter »laufen« und »joggen«
nicht beschleunigt. Sagen wir, Gewichtsreduktion oder
Entspannung waren das Ziel gewesen, das die regelmäßigen
Läufer motiviert hatte, mit dem Sport anzufangen. Aber diese
Ziele schienen bei eingefleischten Gewohnheitsläufern kein Teil
der mentalen Verbindung zu sein. Die Wörter
»Gewichtsreduktion« oder »Entspannung« brachten das Joggen
nicht in Erinnerung. Das passte mit William James’ Beobachtung
zusammen, dass bei Gewohnheiten die Gründe für unser
Handeln unwichtig werden. [34] Es passte außerdem zu den
Ergebnissen meiner ersten Studie, die gezeigt hatte, dass man,
wenn es um die Wiederholung von Handlungen geht, mithilfe
der Intentionen und Ziele von Menschen nicht voraussagen
kann, was sie tatsächlich tun.
Für die Gelegenheitsläufer in unserer Studie waren die Ziele
dagegen wichtig. Wenn eines ihrer zum Laufen motivierenden
Ziele kurz auf dem Bildschirm aufleuchtete, waren diese
Teilnehmer besonders schnell darin, die darauf folgenden
Wörter, die sich aufs Laufen bezogen, zu erkennen. Weil sie sich
selbst zum Laufen motivieren mussten, hatten sich wohl starke
mentale Verbindungen zwischen ihren Zielen und dem Sport
gebildet. Bei den Gelegenheitsläufern, die das Ziel Fitness
angegeben hatten, brachte die Einblendung des Wortes »Fitness«
sofort das Laufen ins Bewusstsein.
Scheinbar sind Ziele und Belohnungen unabdingbar, wenn
man anfangen möchte, etwas immer wieder zu tun. Wir
brauchen sie, um uns überhaupt dazu zu bringen, nützliche
Gewohnheiten auszubilden.
Die Schnelligkeit, mit der wiederholte Handlungen von
Kontexten ausgelöst werden, war unserer Schlussfolgerung nach
eine zentrale Eigenschaft von Gewohnheiten. Genau diese
Eigenschaft kann eine Läuferin dazu bringen, selbst dann zu
trainieren, wenn sie müde ist. Wenn sie aber erst einmal anfängt
zu überlegen, kann es sein, dass sie beschließt, heute nicht
joggen zu gehen oder eine kürzere Strecke zu laufen. Wann
immer man sich erst einmal die Zeit zum Nachdenken nimmt,
kann sich alles ändern.
Die Schnelligkeit des Denkens ist ein wichtiger Hinweis darauf,
auf welche Weise eine Gewohnheit das Kommando übernimmt.
Indem wir eine Handlung wiederholen, verändern wir ihre
mentale Repräsentation. Wir verwandeln eine ursprünglich auf
Motivation beruhende Aktion – also eine, die wir durchführen,
um ein bestimmtes Ziel wie physische Fitness zu erreichen – in
eine Gewohnheit, die aus starken mentalen Verbindungen
zwischen dem Kontext der Handlung und unserer Reaktion
besteht. Wenn wir an diesen Kontext denken, schießt uns sofort
die Handlung in den Kopf. Der Vorteil dieser mentalen
Schnelligkeit besteht darin, dass gewohnheitsmäßige
Handlungen sofort zur Verfügung stehen, während das viel
langsamere Bewusstsein noch immer überlegt, ob nicht auch
etwas ganz anderes getan werden könnte.
Die Ausbildung von Gewohnheiten funktioniert ähnlich wie
das mathematische Lernen. Die meisten von uns lernen, was 2 +
2 ist, indem sie 1 + 1 + 1 + 1 zusammenrechnen. Aber wenn wir
ein paarmal unsere Hausaufgaben gemacht haben, müssen wir
nicht mehr nachrechnen und entnehmen die Antwort direkt aus
unserem Gedächtnis. Das ist das Gefühl, dass 2 + 2 einfach
»aussieht« wie 4. Oder der Pfad am See einfach so »aussieht«,
dass es Zeit zum Joggen sei. Wenn wir unter dem Einfluss der
Gewohnheit handeln, dann beziehen wir unsere Antworten oft
aus zuvor gelösten Problemen.
Gewohnheitserinnerungen können ganz leicht aktiviert
werden. Indem sie die täglichen Probleme der
Entscheidungsfindung in einer Welt voller Möglichkeiten für uns
lösen, vereinfachen sie unser Leben erheblich. In der Psychologie
nennen wir das Chunking – die Bündelung einzelner
Informationsteile in ein sinnvolles Ganzes. Wenn man sich jeden
Freitagabend im selben Restaurant etwas zum Mitnehmen
bestellt, muss man sich nur einen Gesamtablauf merken, nicht
die vielen, voneinander getrennten Einzelschritte: ein Restaurant
aussuchen, die Telefonnummer herausfinden, Essen bestellen
und den Weg zum Restaurant finden. Genauso wird die
Gewohnheit, mit der Partnerin zu frühstücken, im Gedächtnis
eine Einheit bilden: Sie machen den Kaffee, Ihre Partnerin deckt
den Tisch, und während Sie essen und in Ihren Handys lesen,
macht jeder von Ihnen hier und da eine Bemerkung über den
anstehenden Tag.
In unserem Forschungsprojekt hatten wir also Gedächtnis,
Handlung, Kontext und Beharrlichkeit in einen Zusammenhang
gebracht. Dabei kristallisierte sich eine Arbeitsdefinition für den
Begriff Gewohnheit heraus: Gewohnheit ist die mentale
Verbindung zwischen einem kontextualen Auslöser und einer
Reaktion, die entsteht, wenn man die Handlung in genau dem
gleichen Kontext und mit dem Ziel der Belohnung stetig wiederholt.
(Wir werden später untersuchen, wie es gelingen kann, eine gut
ausgebildete Gewohnheit aufrechtzuerhalten, ohne dass dauernd
eine Belohnung winkt.) Diese Definition basiert auf bekannten
mentalen Prozessen, wie zum Beispiel dem Chunking oder dem
Belohnungslernen (auch dazu später mehr), und ergänzt das
Element der Wiederholung. Das ist die analytische und
wertneutrale Definition. Die Kurzversion könnte lauten:
Automatizität anstelle von bewusster Motivation – Automatizität,
die aus wiederholten Handlungen entsteht. Eine Gewohnheit
verwandelt die Welt um Sie herum – Ihren Kontext – in einen
Trigger, der Handlung auslöst.
Das leichte, fließende, automatische Gefühl beim Handeln aus
Gewohnheit ist nichts Zufälliges oder Nebensächliches.
Mühelosigkeit ist eine wesentliche Eigenschaft der Gewohnheit.
Die Situation, in der Sie sich befinden, löst im Gedächtnis eine
Reaktion aus, und die kognitive Kontrolle wird im wahrsten
Sinne des Wortes übergangen. Das Schöne ist, dass Sie dadurch
Dinge erledigen, ohne bewusst auch nur einen Finger
krummzumachen. Falls Sie schon einmal als Vorgesetzte
gearbeitet haben, kennen Sie (hoffentlich!) das Gefühl: Sie bitten
eine Mitarbeiterin, etwas Bestimmtes zu tun und werden von ihr
unterbrochen: »Schon erledigt!«
Legen Sie Ihre Finger auf eine Computertastatur, und Sie
können ohne Mühe tippen. Wenn Ihr Kind weint, greifen Sie
automatisch zum Taschentuch, um seine Tränen zu trocknen.
Manche Wissenschaftler gehen davon aus, dass Gewohnheit
und Automatizität das Gleiche sind, dabei ist die Gewohnheit
eigentlich nur eine Form von Automatizität. Automatizität gibt es
in sehr unterschiedlichen Varianten, wie ja auch das bewusste
Denken unterschiedliche Formen annehmen kann. So können
wir uns beispielsweise bewusst einen Eindruck von anderen
Menschen verschaffen, indem wir sorgfältig die Vor- und
Nachteile einer Freundschaft mit ihnen abwägen. Oder wir fällen
ein spontanes Urteil: Die Person ist uns sympathisch, weil sie
klug und umgänglich ist. Genauso gibt es auch unterschiedliche
Arten, automatisch auf Menschen zu reagieren: Wir weichen vor
einer übermäßig lauten Stimme zurück (Reflex) oder mögen
jemanden, weil er die gleiche gut riechende Seife benutzt wie ein
alter Freund von uns (Pawlow’sche Konditionierung). [35] Sogar
Ziele und Ideale können automatisch von unserer Umgebung
aktiviert werden. [36] Dies sind alles unterschiedliche Arten von
Automatizität, und jede funktioniert auf ihre Weise. Manchmal
vermischen sich diese anderen Typen der Automatizität auch mit
unseren Gewohnheiten (z. B. Pawlowsch-Instrumentelle
Transfereffekte). Weil sie aber das Fundament unserer
beharrlichen Verhaltensweisen bildet, ist die Automatizität der
Gewohnheit für uns besonders interessant.
Im Alltag lernen wir solche verschiedenen mentalen
Verbindungen ganz von selbst, während wir unser Leben leben,
spontan und nebenbei – einfach, indem wir eine bestimmte
Handlung im selben Kontext häufig wiederholen. Auch wenn Sie
sich dessen nicht bewusst sind: Ihr Gewohnheits-Ich ist fleißig
bei der Arbeit. Bezüglich seiner Lerninhalte ist es dabei nicht
besonders wählerisch. Geben Sie ihm einfach Wiederholung,
Belohnung und einen wiederkehrenden Kontext.
So mag es zum Beispiel sein, dass Ihnen Ihre Rolle als Helferin
beim samstagmorgendlichen Fußballtraining Ihrer Kinder das
gute Gefühl gibt, eine tolle Mutter zu sein und sich für das
Gemeinwohl zu engagieren. Aber wahrscheinlich sind Sie
einfach nach und nach in diese Rolle hineingerutscht, sodass sie
zu einer Gewohnheit geworden ist. Vielleicht sind Sie beim
Abholen irgendwann einmal zu früh da gewesen und haben es
genossen, mit den anderen Eltern zu plaudern. Die Trainerin
brauchte an diesem Tag beim Zusammensammeln der
Trainingsausrüstung Ihre Hilfe. Die ersten paar Male war das
Helfen eine bewusste Entscheidung. Die Trainerin war Ihnen
dankbar, und Sie spürten die Wertschätzung der anderen Eltern.
Nach einiger Zeit packten Sie einfach mit an, ohne dass Sie noch
viel darüber nachdachten. Nach ausreichender Wiederholung ist
es Ihnen einfach zur Gewohnheit geworden, sich beim
Fußballtraining nützlich zu machen und nebenbei Zeit mit
befreundeten Eltern zu verbringen. Irgendwann kommt Ihnen,
wenn Sie an ein mit Ausrüstung übersätes Fußballfeld denken,
automatisch in den Sinn, dass das Ganze eingesammelt und
verstaut werden muss. Und Sie tun es einfach.
Auch unerwünschte Gewohnheiten bilden sich natürlich auf
diese Weise aus. Vielleicht gehören Sie zu den Menschen, die
spätnachts noch vor dem Computer sitzen und zocken. So
langsam bekommen Sie Schlafstörungen. Ihr bewusstes Ich fühlt
sich schuldig, weil Sie es nicht schaffen, sich zu beherrschen und
früh ins Bett zu gehen. Vielleicht war Ihnen eines Abends
langweilig, oder Sie konnten nicht einschlafen, also fingen Sie an,
im Internet zu surfen und ein Computerspiel auszuprobieren.
Wenn man so etwas Abend für Abend tut, wird es einem früher
oder später zur Gewohnheit, sich an die Konsole zu setzen,
anstatt einfach ins Bett zu gehen. Immer wenn es spät wird,
fallen einem automatisch Computerspiele ein. Das Gewohnheits-
Ich hat eine problematische Gewohnheit ausgebildet – die
Zutaten waren ein bisschen Langeweile, ein einsatzfähiger
Computer und natürlich die Spiele mit ihren süchtig machenden
Belohnungssystemen.
Glücklicherweise basieren Gewohnheiten auf Belohnungen aus
der Vergangenheit. Im Alltag ist das ziemlich praktisch. Die
simple Logik von Gewohnheit lautet: Wenn ich weiter tue, was
ich getan habe, bekomme ich, was ich bekommen habe. Letztlich
sind Gewohnheiten eine Art mentale Abkürzung, die wir
nehmen, um noch einmal belohnt zu werden: einfach, indem wir
wiederholen, was wir in der Vergangenheit getan haben. Im
Gewohnheitsmodus kann eine Belohnung die Zeit überwinden
und weiterwirken. Das bedeutet, dass wir uns diese Belohnung
real gar nicht noch einmal beschaffen müssen und dass wir die
Art der Belohnung nicht anpassen müssen, wenn sich unsere
Werte und Interessen mit der Zeit verändern. Es reicht, dass man
in längst vergangener Zeit für eine Handlung belohnt wurde, die
schließlich zur Gewohnheit wurde.
In der Psychologie nennen wir die automatischen Drehbücher,
die sich in unserem Kopf bilden, wenn wir etwas immer wieder
auf die gleiche Weise tun, prozedurales Gedächtnis. Es ist ein so
wichtiger Aufbewahrungsort für Informationen, dass dort nur
jene Muster abgespeichert werden, die man am regelmäßigsten
wiederholt. Das prozedurale Gedächtnis arbeitet in gewisser
Weise unabhängig von anderen Gedächtnissystemen, und die
spezifischen Informationen, die ihm eingeschrieben sind, sind
dem Bewusstsein nicht zugänglich. Diese Art der kognitiven
Codierung ist eine Art mentales Äquivalent für jene Dateien auf
Ihrem Computer, die nur von einem Admin-Zugang aus geöffnet
werden können. Das reibungslose Funktionieren Ihres PCs hängt
davon ab, dass Sie nicht unbedarft in seinen Einstellungen
herumpfuschen, die deshalb hinter verschiedenen Schichten
verborgen sind. Das ist der Grund, warum wir so wenig über
unsere Gewohnheiten wissen. Die Informationen, die wir als
Gewohnheit abspeichern, sind bis zu einem gewissen Grad von
anderen neuronalen Bereichen getrennt.
Das prozedurale Codieren schützt Informationen davor,
verändert zu werden. Das ist der große Vorteil an der Art und
Weise, in der wir Gewohnheiten in unser Gedächtnis
einschreiben. Man vergisst nicht, wie man Fahrrad fährt –
unabhängig davon, wie perfekt man später Skateboardfahren
oder Surfen lernt. Noch viele Jahre, nachdem man es zum letzten
Mal getan hat, weiß man genau, wie es geht. Man findet das
Gleichgewicht und tritt in die Pedale, ohne darüber nachdenken
zu müssen. Und man kann während der Fahrt sogar mit anderen
plaudern oder die Landschaft genießen. Unsere Fahrradfahr-
Gewohnheit wurde nicht von neuen Gedanken und Erfahrungen
überschrieben.
Andere Gewohnheiten bleiben beinahe ebenso hartnäckig an
uns kleben. Eine Fremdsprache sprechen, ein Instrument spielen
oder sein Lieblingsgericht kochen – all dies verblasst nur
langsam, selbst wenn man es jahrelang nicht praktiziert hat. Das
prozedural Gelernte aus der Vergangenheit ist gut konserviert.
Andere Bereiche unseres Gedächtnisses sind dagegen sehr viel
anfälliger für Veränderungen. Das episodische Gedächtnis,
unsere Erinnerung an die besonderen Ereignisse unseres Lebens,
ist hier besonders gefährdet. Zeugenaussagen im Gerichtssaal
beruhen ausgerechnet auf diesem Gedächtnissystem. Es ist
notorisch unzuverlässig, auch wenn Zeugen sich noch so sehr
bemühen, das Ereignis so genau wie möglich im Gedächtnis
wachzurufen. Jedes Mal, wenn sie mit anderen darüber
sprechen, werden die ursprünglichen Erinnerungsspuren
gelöscht oder verändert. Das Ereignis vermischt sich mit
Geschichten und Erfahrungen, denen der Zeuge im Anschluss an
den Vorfall ausgesetzt war. Aus diesem Grund sind die
verlässlichsten Zeugen die, die andere Schilderungen noch gar
nicht zur Kenntnis genommen haben, besonders dann, wenn sie
sich bei ihrer ursprünglichen Aussage sehr sicher waren. [37]

Der neuronale Schaltkreis der Gewohnheit funktioniert völlig


anders. Er ist so eingerichtet, dass er wiederkehrende
Handlungen erfasst. Jedes Mal, wenn wir auf die gleiche Weise
etwas tun, vertieft sich die Erinnerungsspur. Im Laufe der Zeit
und Stück für Stück wird die Gewohnheit fest im prozeduralen
Gedächtnis abgespeichert. Auf diese Weise lernte mein jüngerer
Sohn beim Militär durch monatelanges Üben Koreanisch.
Vokabeln, die nur ein einziges Mal geübt werden, vergisst man
dagegen schnell.

Wer aus Gewohnheit handelt, hat noch einen weiteren Vorteil. Er


verschafft seinen bewussten mentalen Fähigkeiten die Freiheit,
sich ihren ureigensten Aufgaben – zum Beispiel der
Problemlösung – zu widmen. Die kognitive Kontrolle braucht
sich nun nicht mehr um die Organisation des Alltags zu
kümmern. Sobald wir das Kommando an die Gewohnheit
übergeben, ist unser Kopf frei für wichtigere Dinge.
Der ehemalige amerikanische Präsident Barack Obama und
Facebook-Gründer Mark Zuckerberg waren sich offenbar der
Vorteile bewusst, die daraus erwuchsen, Routineaufgaben an die
Gewohnheit zu delegieren. Beide trugen Tag für Tag im
Wesentlichen das gleiche Outfit (abgesehen von jenem
schicksalhaften Tag, an dem man im Westflügel des Weißen
Hauses Kaki trug). [38] Obama trug als Präsident standardmäßig
einen blauen oder grauen Anzug, während sich Zuckerberg stets
in grauen T-Shirts zeigt. Beide hatten herausgefunden, welche
Kleidung am besten zu ihrer Position passte, und blieben dabei.
In einem Interview, das Obama im Jahr 2012 der Zeitschrift
Vanity Fair gab, sagte er: »Ich versuche, Entscheidungen
einzusparen. Ich möchte nicht entscheiden müssen, was ich esse
oder anziehe, dazu muss ich einfach zu viele andere wichtige
Entscheidungen treffen.« Im Jahr 2014 sagte Zuckerberg etwas
Ähnliches: »Ich möchte mein Leben so übersichtlich gestalten,
dass ich möglichst nur noch darüber entscheiden muss, wie ich
am besten dem Gemeinwohl diene.« Seit Obama nicht mehr im
Amt ist, sieht man ihn öfter in leichten Freizeithosen und
karierten Sporthemden. Neue Rolle, neue
Kleidungsgewohnheiten. Vielleicht genießt er es sogar ein
bisschen, etwas bewusster zu entscheiden, wie er aussieht. Fest
steht, dass seine kognitive Kontrolle dieser Tage sehr viel
weniger Aufgaben zu bewältigen hat als zu seiner Zeit als
Präsident.
Beide Männer haben offenbar ein gutes Verständnis von dem
Doppelcharakter unserer mentalen Fähigkeiten. Sie nutzten die
Vorteile des Gewohnheitshandelns – und verschafften damit dem
bewussten Teil ihres Ichs ausreichend Freiheit, um auf die
wahren Herausforderungen des Lebens zu reagieren. Bei Obama
und Zuckerberg bestanden diese Herausforderungen darin, das
mächtigste Land beziehungsweise das größte soziale Netzwerk
der Welt zu leiten. Weil sie die angemessene Kleidung für ihren
jeweiligen Job gefunden hatten, mussten sie sich nicht damit
aufhalten, jeden Tag bewusst zu entscheiden, was sie anziehen
wollten.
Ihre Einsichten ähneln dem, was Alfred North Whitehead, der
bekannte Mathematiker und Philosoph des 19. und
20. Jahrhunderts, meinte, als er sich über die Vorteile der
mathematischen Notation (z. B. das Plus- oder das
Gleichheitszeichen) äußerte. In seiner Einführung in die
Mathematik von 1911 erklärte er: »Sie entlastet das Gehirn von
aller unnötigen Arbeit, macht es frei, sich auf fortgeschrittenere
Probleme zu konzentrieren und erhöht dadurch die geistige
Kraft (…) wesentlich.« [39] Mit den passenden Symbolen kann
etwas, das philosophisch derart komplex ist wie die »Plusheit«,
zu einem einfachen und bekannten Teil einer Gleichung werden
(»+«). Auf ähnliche Weise profitieren unsere mentalen
Fähigkeiten von unseren guten Gewohnheiten. Durch die
Einführung eines regelmäßigen Sportprogramms oder einer
sinnvollen Arbeitsroutine verschaffen wir uns gewissermaßen
Platz im Kopf für die wichtigen Entscheidungen. Gewohnheiten
sind für unser Verhalten eine Art Zeichensprache.


Es geht bei alldem nicht nur um Bequemlichkeit. Die einfachen
kognitiven Mechanismen der Gewohnheit können in
Katastrophen lebensrettend und beim Football spielentscheidend
sein.
In einer klassischen Studie mit 26 Feuerwehrhauptleuten
wurde untersucht, auf welche Weise sie schwierige
Brandsituationen angepackt hatten. [40] Sämtliche Hauptleute
waren äußerst routiniert, im Durchschnitt hatten sie 23 Jahre
Berufserfahrung. Sie erzählten von verschiedenen Vorfällen,
unter anderem von Feuern in Wohnhäusern, in Hotels, in
Geschäftsräumen und in einer Ölraffinerie. Es gibt sehr viele
verschiedene Möglichkeiten, ein Feuer zu bekämpfen, und die
Forscherinnen und Forscher wollten herausfinden, wie
Feuerwehrleute die Optionen gegeneinander abwägen und sich
für eine von ihnen entscheiden. Überlegten sie zum Beispiel,
bevor sie ein Gebäude von vorne betraten, ob es andere,
möglicherweise sicherere Zugänge geben könnte? Identifizierten
sie, bevor sie den Wasserstrahl auf ein bestimmtes Ziel richteten,
andere Ziele, bei denen das Löschen möglicherweise effektiver
war? Man hatte einen detaillierten Zeitstrahl ausgearbeitet, um
die Entscheidungspunkte während der Rettungs- und
Bergungsoperationen genau zu kennzeichnen.
Die Interviews zeigten, dass die Fälle, in denen die
Feuerwehrleute nachdachten, äußerst selten waren. Die Forscher
entdeckten nur wenige Punkte, an denen überhaupt
Entscheidungen getroffen wurden. Sie schrieben: »In nahezu
keinem Fall berichtete [einer der Feuerwehrhauptleute] davon,
eine Entscheidung im Sinne einer Abwägung zwischen zwei oder
mehr Optionen getroffen zu haben.« [41] Selbst wenn sie
gezwungen wurden, ihre Entscheidungen zu begründen,
verteidigten die Feuerwehrleute ihre jeweilige Aktion nicht
gegenüber alternativen Handlungsmöglichkeiten.
Stattdessen handelten diese erfahrenen Männer und Frauen
fast vollständig, ohne nachzudenken. Sie identifizierten eine
Reihe von Hinweisen beziehungsweise Eigenschaften der
Situation, denen sie bei früheren Feuern immer wieder begegnet
waren. Solche Standardhinweise waren zum Beispiel der Aufbau
des Gebäudes, die Farbe, die Menge und die Giftigkeit des
Rauchs, die Schnelligkeit, mit der sich die Gesamtsituation
veränderte, sowie die Windgeschwindigkeit und -richtung. Diese
Hinweise lösten, basierend auf früheren Erfahrungen,
unmittelbar eine Vorstellung aus, was getan werden musste, und
genau das taten die Feuerwehrleute dann einfach. Im
Forschungsbericht heißt es: »Man entschied sich für eine der
Optionen, ohne dass im Nachhinein jemals über eine bewusste
Abwägung, Auswertung oder Analyse berichtet wurde. In den
meisten Fällen lösten [die Hinweise] umgehend die Einsicht aus,
was getan werden musste, und genau das wurde getan.« [42]
Es sah so aus, als reagierten die Feuerwehrleute, indem sie
automatisch und kleinschrittig ihr Gedächtnis befragten. Genau
darauf schienen sie sich zu verlassen. In ihren Köpfen
verwandelten sich die dramatischen und belastenden
Situationen einfach in das Zusammenspiel von Hinweisen und
Reaktionen. Wenn es um Leben und Tod ging, gab die
Gewohnheit den Weg vor.
Feuerwehr und Football ähneln sich insofern, als sie beide
gefährliche Berufe sind, in denen körperlich starke und sehr
talentierte Menschen arbeiten. Davon abgesehen gibt es aber
wenige Gemeinsamkeiten. Zumindest dachte ich das, bis ich mit
Clay Helton, dem Head Coach des Footballteams der University of
Southern California, über seine Trainingsziele sprach. [43] Helton
sagte: »Das Ganze dreht sich eigentlich darum, Unsicherheiten
auszuschalten – Entscheidungen zu treffen. Unsicherheit führt zu
Zögern, und wer zögert, verliert. Oder wird sogar verletzt.«
Weiter sagte Helton: »Jedes Mal, wenn ein junger Mann bei
einem Spiel unsicher ist, wird ihn das langsamer machen, weil er
Zweifel hat. Man möchte, dass die Spieler sagen: ›Ich habe dieses
Szenario so oft durchgespielt, dass ich mein [bewusstes] Ich da
raushalte. Ich weiß genau, was zu tun ist, einfach aufgrund von
Erfahrung und Wiederholung.‹ Ich erzähle dazu immer die
Geschichte von Michael Phelps, dem Olympiaschwimmer. Sein
Trainer füllte ihm im letzten Teil des Trainings jedes Mal die
Schwimmbrille mit Wasser – nur zur Sicherheit. Wenn er
während eines Wettkampfes einmal nichts mehr sehen könnte,
würde er nicht in Panik oder Unsicherheit geraten. Er hat es
tausendmal geübt, bei jedem Training.
Wir denken uns im Training alle möglichen Widrigkeiten aus«,
erklärte der Coach weiter. »Ob es nun die Attacke eines Läufers
ist, ob man plötzlich von einer Tasche getroffen oder von einem
Arm niedergedrückt wird oder ob ein Defensivspieler versucht,
einen am Trikot festzuhalten. Wer sagen kann: ›Das kratzt mich
überhaupt nicht, mein Trainer hat das 172 Millionen Mal mit mir
geübt‹, der schaltet alles, was um ihn herum passiert, weg und
konzentriert sich auf das Wichtigste, nämlich darauf, zu
erkennen, wie die Abwehr organisiert ist und wohin der Ball
geht. Er kann sagen: ›Genau dafür habe ich trainiert.‹«
Die gedanklichen Prozesse der Feuerwehrleute und der Spieler
in Heltons Mannschaft ähneln sich erstaunlich. Beide Gruppen
konzentrieren sich auf das Wiedererkennen bestimmter
Hinweise und haben durch intensives Training die richtige
Reaktion gelernt. Auch inmitten von Panik und Rauch oder bei
der Attacke eines 130 Kilogramm schweren Defensivspielers
können sie die entsprechenden Hinweise entschlüsseln.
Schmächtig und unscheinbar, wie sie uns vorkommt, ist die
Gewohnheit in Wirklichkeit eine Quelle von Stärke und Kraft.
4 Und was ist mit Wissen?

Es ist nicht genug zu wissen, man muss auch anwenden; es ist


nicht genug zu wollen, man muss auch tun.

Johann Wolfgang von Goethe

Das Frühstück ist eine in Stein gemeißelte Institution. Kaum


jemand, der sich diesem Brauch nicht unterwirft. Es ist, wie
umfangreiche Studien beweisen, durchgängig die gesündeste
Mahlzeit des Tages. [44] Es enthält am meisten Kalzium und
Ballaststoffe. Zudem schwankt der Nährstoffgehalt unseres
Frühstücks so gut wie gar nicht. Was man am Dienstagmorgen
gefrühstückt hat, wird man wahrscheinlich auch am
Freitagmorgen essen.
Mittag- und Abendessen enthalten dagegen häufig mehr
ungesunde Nahrungsbestandteile wie Natrium und gesättigte
Fettsäuren. Es sind auch die Mahlzeiten, bei denen wir die
meisten Kalorien des Tages zu uns nehmen.
Für viele von uns ist das Frühstück eine feste Gewohnheit. Und
mithilfe der Werkzeuge, die wir uns im letzten Kapitel erarbeitet
haben, erkennen wir nun auch, warum das so ist: Wir nehmen
unser Frühstück fast immer im gleichen Kontext ein, zum
Beispiel in der Küche oder auf dem Weg zur Arbeit. Kontextreize,
die oft wiederholt werden, aktivieren immer wieder die gleichen
Gewohnheiten. Dazu kommt, dass der Morgen normalerweise
nicht die Zeit für bewusste Entscheidungen ist. Wir haben es
eilig, weshalb wir schnell ein paar Sachen aus dem
Küchenschrank holen, während wir die Kinder ermahnen, ihre
Hausaufgaben in den Ranzen zu packen. Wir handeln einfach:
schenken Saft ein, bestreichen Toastscheiben mit Butter. Oder
wir stürzen ohne Essen aus dem Haus und halten auf dem Weg
zur Arbeit beim Bäcker.
Das Frühstück ist der Inbegriff von Gewohnheit. Es beruht
komplett auf Kontext. Was aber geschieht, wenn wir ohne ein
echtes Verständnis von Gewohnheit versuchen, uns eine
bestimmte Form der Nahrungsaufnahme anzugewöhnen, zeigt
uns die Zahl Fünf.

Wie viele Portionen Obst oder Gemüse sollte man täglich essen?
Sie wissen es bestimmt: fünf. Die Zahl stammt aus einer der
bekanntesten staatlichen Gesundheitskampagnen, die jemals
lanciert wurden.
Der clevere Direktor des kalifornischen
Gesundheitsministeriums, Ken Kizer, hatte sie im Jahr 1988 im
Blick auf die heimischen Obst- und Gemüseplantagen initiiert.
Die kalifornischen Farmer, die etwa die Hälfte der in den USA
produzierten Obst-, Nuss- und Gemüsevorräte anbauten, waren
auf der Suche nach neuen Märkten, als sie im
Gesundheitsministerium einen eifrigen Vertreter ihrer
Interessen fanden. Zur gleichen Zeit häuften sich die
wissenschaftlichen Beweise, dass unser Lebensstil in vielerlei
Hinsicht das Krebsrisiko erhöhte. Nennen wir es eine glückliche
Ehe zwischen Wissenschaft und Kommerz.
Kizer zufolge zeigte sich »Mitte, Ende der 1970er-Jahre immer
deutlicher, dass unsere Ernährung bei der Vermeidung von
Krebs, Herzerkrankungen und anderen gesundheitlichen
Problemen eine wichtige Rolle spielte«. [45] Ein hochkarätiges
wissenschaftliches Gutachten stellte im Jahr 1981 fest, dass
Übergewicht und Tabakkonsum das Krebsrisiko deutlich
erhöhen. [46] Selbst damals war sich die Forschung einig:
Ausschlaggebend für das Risiko, an Krebs zu erkranken, waren
die allgemeine Ernährungsqualität und ob man rauchte.
Über das Essen von Obst und Gemüse gab es zu dieser Zeit
jedoch sehr unterschiedliche Meinungen und nur wenige
belastbare Zahlen. Aber Kizer ließ sich davon nicht abschrecken.
Er brachte das National Cancer Institute (NCI) dazu, eine
Kooperation mit der kalifornischen Agrarindustrie einzugehen,
die dann in die Gründung einer Stiftung mündete, der Produce
for Better Health Foundation. Gemeinsam entwarfen sie eine
Kampagne, die sich »5 A Day for Better Health« (»Fünf am Tag
für deine Gesundheit«) nannte. Wie schon oft in den
vorangegangenen Jahrzehnten wurde Kalifornien zum Vorreiter:
Die Idee verbreitete sich landes- und schließlich weltweit. Am
Ende wurde sie sogar von der Weltgesundheitsorganisation
(WHO) aufgegriffen.
In den Worten des NCI: Die Zahl Fünf war unmissverständlich,
einprägsam und umsetzbar. Sie blieb hängen. Außerdem hatten
die Initiatoren das Glück, dass die Zahl sogar ungefähr stimmte:
Eine zusammenfassende Auswertung verschiedener Studien
stellte im Jahr 2014 fest, dass sich die Sterblichkeit mit jeder
weiteren täglich konsumierten Portion Obst oder Gemüse
geringfügig verkleinerte – bis hin zu ungefähr fünf Portionen.
[47] Weiteres Obst und Gemüse zu sich zu nehmen senkte das
Krebsrisiko nicht weiter.
Der anfängliche Optimismus bezüglich der Kampagne war
groß. Journalisten wurden mit Informationen versorgt. Man
entwarf Werbefilme mit niedlichen Cartoons und eingängigen
Melodien. Supermärkte kennzeichneten Waren aus geprüfter
Produktion mit Aufklebern und Schildchen. Schulklassen gingen
gemeinsam in Supermärkte. Eine landesweite »Fünf am Tag«-
Woche sollte die Botschaft weiterverbreiten. Rezeptbüchlein
wurden verteilt. Und der Aufwand lohnte sich. Allen verfügbaren
Erhebungen zufolge wurde die Bildungskampagne ein
erstaunlicher Erfolg. Im August 1991, direkt vor Beginn der
Kampagne, hatten das NCI und die Obst- und Gemüsebauern eine
Telefonumfrage durchgeführt. Etwa 8 Prozent der
Amerikanerinnen und Amerikaner wussten, dass man pro Tag
mindestens fünf Portionen Obst oder Gemüse essen sollte. [48]
Im Jahr 1997 sahen die Ergebnisse vollkommen anders aus:
39 Prozent der Amerikaner kannten die »Fünf am Tag«-
Empfehlung. Auf eine solche Kampagne wäre jeder
Politikberater stolz.
Aber dieses Buch handelt nicht von Bildungskampagnen und
Marketingstrategien. Es ist ein Buch darüber, wie man sein
Leben verändert. Entsprechend ist die interessante Frage: Wie
handelten die Leute? Der Zweck der Kampagne bestand darin,
Menschen dazu zu bringen, mehr Obst und Gemüse zu essen.
Gelang das?
In der Anfangsphase der Kampagne, zwischen 1988 und 1994,
aßen etwa 11 Prozent der Amerikaner ihre täglichen fünf
Portionen Obst oder Gemüse. [49] Beinahe ein Jahrzehnt später …
waren es noch immer 11 Prozent. Ein Bewusstseinswandel hatte
tatsächlich stattgefunden – eine Verhaltensänderung jedoch
nicht.
Die US-Regierung reagierte darauf, indem sie die Ansprüche
höherschraubte. Vielleicht waren fünf Portionen Obst oder
Gemüse zu wenig? Heute lautet die empfohlene Zahl »so viel wie
möglich«. Entsprechend heißt die Kampagne seit 2007 »fruits &
veggies – more matters«, und inzwischen wurde der ganze
September zum »Obst und Gemüse – je mehr, desto besser«-
Monat deklariert.
[2]

Aber die Amerikaner haben – wenn man das so sagen darf –


noch immer nicht angebissen. Im Jahr 2013 aßen nur 13 Prozent
von ihnen die empfohlenen zwei Portionen Obst, 9 Prozent die
drei Portionen Gemüse am Tag. Andere Länder waren etwas
erfolgreicher, zum Beispiel Großbritannien, wo immerhin
29 Prozent der Einwohner fünf Portionen Obst und Gemüse am
Tag essen. [50] Das ist vor allem unter einem Aspekt erstaunlich:
Die Amerikaner haben große Angst vor Krebs – er ist die
Nummer eins unter den gefürchteten Krankheiten. [51] Und es
gibt tatsächlich starke Hinweise darauf, dass Obst und Gemüse
dazu beitragen können, Krebs zu verhindern. Auch ist vielen
Menschen inzwischen wirklich bewusst, wie gut es ist, viel Obst
und Gemüse zu essen. Alle wissen, wie gesund diese
Nahrungsmittel sind und dass sie vor der am meisten
gefürchteten Krankheit schützen. Alle wissen, was man tun
sollte – aber das Verhalten ändert sich nicht. Kommt Ihnen das
bekannt vor?
Warum können wir den täglichen Genuss von Obst und
Gemüse nicht zu einer ebenso unanfechtbaren Institution
machen wie … sagen wir das Frühstück?
Nun, wir können es! Wir müssen nur wissen, wie. Unsere
Nahrungszubereitung und Nahrungsaufnahme beruht zu
beinahe 50 Prozent auf Gewohnheit. Essen ist Gewohnheitssache.
Wie wir im letzten Kapitel gesehen haben, kann aber bloßes
Wissen einer etablierten Gewohnheit nichts anhaben – sie wird
von unserem prozeduralen Gedächtnis gewissermaßen vor
abstrakten Einsichten und Urteilen geschützt. Jene 43 Prozent
unseres Ichs werden weitermachen wie zuvor, egal, wie groß
unsere Angst oder unser Verantwortungsgefühl sind.
Es ist nicht schwer zu erklären, warum ganze 43 Prozent
unserer Essgewohnheiten sich automatisieren. Unsere
Nahrungsaufnahme enthält sämtliche Grundkomponenten, die
für die Ausbildung von Gewohnheiten notwendig sind: Sie findet
regelmäßig statt und häufig in den gleichen Kontexten, und sie
beruht (zumindest anfangs) auf Belohnung. Sie ist auf beinahe
archetypische Weise gewohnheitsfreundlich.
Der Beweis für den Gewohnheitscharakter des Essens findet
sich in einer akribischen Studie, [52] die für mehr als 1000
Teilnehmerinnen und Teilnehmer auswertete, was sie im Laufe
von vier Wochen zu jeder einzelnen Mahlzeit aßen. Am Ende
jedes Tages schrieben die Testpersonen auf, welche
Nahrungsmittel sie gegessen hatten, und schickten den
Wissenschaftlern ihre Berichte per Mail. Um sich ein Bild von
den Einzelheiten zu machen, analysierten die Forscher
daraufhin die Nährwerte jedes einzelnen Nahrungsmittels – Fett,
Kohlenhydrate, Ballaststoffe, Natrium, Kalzium und Kalorien.
Wie schon gesagt, das Frühstück war, sowohl was die
Nährstoffe als auch die Kontinuität anging, der Spitzenreiter. Das
Mittagessen variierte leicht, je nachdem, ob die Leute in der
Kantine, im Restaurant oder am Schreibtisch aßen. Beim
Abendessen waren die Unterschiede am größten. Und das
Wochenende verlief laut der Studie noch einmal völlig anders:
[53] Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer nahmen am Samstag
und Sonntag etwas mehr Kalorien zu sich, und die
kalorienreicheren Nahrungsmittel kamen (dem Brunch sei Dank)
um einiges früher auf den Tisch als unter der Woche.
Weil das Essen so offen für die Ausbildung von Gewohnheiten
ist, eignet es sich besonders gut, um Gewohnheitsentwicklung in
einem allgemeineren Sinne zu studieren. Es gibt vor allem eine
Studie, die eindrucksvoll zeigt, wie ein besonderer, sehr
konkreter Kontext als auslösender Reiz fungieren und uns still
und heimlich unserer Handlungsfähigkeit berauben kann.
Die Forscher versorgten ihre Testpersonen mit all dem Essen
und Trinken, das sie für 22 Tage brauchten. [54] In den ersten elf
Tagen bekam die eine Gruppe normal große Mahlzeiten,
während die andere Gruppe Portionen erhielt, die um 50 Prozent
größer waren. Alle Testpersonen wurden aufgefordert, so viel
oder so wenig zu essen, wie sie mochten. Im Anschluss an diese
Phase gab es eine zweiwöchige Pause, bevor das Experiment
fortgeführt wurde. In den abschließenden elf Tagen wurde
getauscht: Die Teilnehmer mit den normalen Portionen bekamen
nun die größeren Mahlzeiten und umgekehrt.
Die Teilnehmer mit den größeren Portionen aßen im Schnitt
täglich 423 Kalorien mehr als die Testpersonen, die normal große
Mahlzeiten erhielten. Man könnte nun denken, dass diejenigen,
die zuerst die normal großen Portionen bekommen hatten, den
Unterschied merken und das, was sie von ihrer Mahlzeit aßen,
reduzieren würden, wenn sich die Portionen vergrößerten. Aber
die Teilnehmerinnen und Teilnehmer taten genau das nicht. Sie
aßen weiterhin den gleichen Prozentsatz des Essens auf ihrem
Teller, den sie vorher gegessen hatten, unabhängig von der
Größe der Portionen, und das führte dazu, dass sie im Laufe der
elf Tage mit größeren Portionen 4636 Kalorien mehr zu sich
nahmen als in der Phase mit durchschnittlichen Portionen.
Im richtigen Leben verändert sich innerhalb weniger Wochen
die Portionsgröße unserer Mahlzeiten natürlich nicht so stark.
Sehr oft können wir uns selbst auftun, entweder weil wir
eigenhändig kochen oder weil wir genau bestellen dürfen, was
und wie viel wir möchten. Doch das Nachvollziehen unserer
Essgewohnheiten ist nicht das eigentlich Interessante an der
Studie: Wichtiger ist, dass durch die Vergrößerung der Portionen
eine Unterscheidung sichtbar wird; nämlich die zwischen
auslösenden Reizen, die automatisch triggern, dass wir essen –
zum Beispiel die relative Menge auf unserem Teller –, und
inneren Auslösern – wie dem Sättigungsgefühl –, von denen wir
eigentlich glauben, dass sie unser Handeln leiten. Durch diese
Unterscheidung zwischen den äußeren Reizen der Gewohnheit
und bewussten inneren Prozessen konnte die Studie zeigen, dass
unser Essverhalten eine Reaktion auf vorhandene Reize ist:
Solange Essen auf unserem Teller ist, machen wir weiter.
Faszinierend ist auch, wie häufig wir falschliegen, wenn wir
beurteilen sollen, wie viel wir essen. [55] In einer Studie zum
Essen in der Kantine bekamen die Kunden zum Beispiel an
etlichen Tagen die normale Portionsgröße Pasta und Käse (1800
Kalorien). [56] Sie aßen fast alles auf (im Durchschnitt 1700
Kalorien). An anderen Tagen vergrößerten die Köche auf Bitte
der Forscher die Portionen um 50 Prozent (auf 2600 Kalorien),
und die Kantinenbesucher aßen daraufhin 43 Prozent mehr
(2400 Kalorien). Wenn sie nach dem Essen interviewt wurden,
waren sämtliche Kunden der Ansicht, dass die Menge, die sie
gegessen hatten, in etwa mit der übereinstimmte, die sie immer
zu Mittag aßen. Sie gaben außerdem zu Protokoll, dass die
Portionen für sie genau die richtige Größe hatten. Was kaum der
Wahrheit entsprach – es sei denn, sie waren achtzehnjährige
Langstrecken-Radrennfahrer.
College-Studierende essen jede Menge Fast Food – manche von
ihnen zehnmal pro Woche. Im Durchschnitt bestehen mehr als
vier Mahlzeiten wöchentlich aus Fast Food, zumindest einer
Studie über Fast Food und Gewohnheiten zufolge, die ich
zusammen mit Mindy Ji durchgeführt habe. [57] Wir baten die
Studierenden einzuschätzen, ob sie die Absicht hatten, in der
kommenden Woche Fast Food zu essen. Die Antworten reichten
von einem halbherzigen »Ja« beziehungsweise »Nein« bis zu »auf
jeden Fall« beziehungsweise »definitiv nicht«. In der folgenden
Woche sollten sie jeden Abend auf unsere Webseite gehen und
kurz berichten, wie oft sie an dem jeweiligen Tag Fast Food zu
sich genommen hatten.
Die Studierenden, die eine stark ausgeprägte Gewohnheit zu
Protokoll gegeben hatten – sie aßen regelmäßig, zur gleichen
Tageszeit, im gleichen Restaurant Fast Food, es gehörte zu ihrem
normalen Tagesablauf –, machten genauso weiter wie zuvor,
auch wenn sie eigentlich nicht die Absicht gehabt hatten, in
dieser Woche in ein Fast-Food-Restaurant zu gehen. Ihre
Absichten stimmten nicht mit ihren Gewohnheiten überein.
Anders ausgedrückt: Wir merken oft gar nicht, was unsere
Gewohnheiten tun. Es ist, als operierten sie in einer
Parallelstruktur, knapp außerhalb unseres Bewusstseins. Die
Studierenden gingen immer wieder in die entsprechenden
Restaurants und aßen dort – sie handelten wie auf Autopilot.
Und was war mit den Studierenden, die keine Fast-Food-
Gewohnheiten hatten? Sie wurden tatsächlich von ihren
bewussten Absichten geleitet. Wenn sie angegeben hatten, dass
sie sich zurückhalten würden, dann taten sie das auch. Wenn sie
zu Protokoll gegeben hatten, dass sie im Laufe der nächsten
Woche die Absicht hatten, Fast Food zu essen, dann handelten sie
entsprechend. Diese Studierenden fassten bestimmte Pläne, und
weil sie keine Gewohnheiten hatten, die diese Pläne unterlaufen
konnten, setzten sie sie in die Tat um. Die Bereiche unseres
Lebens, die nicht von unserem Gewohnheits-Ich gekapert
wurden, sind dem Willen durchaus zugänglich – und sie sind
empfänglich für die Ausbildung neuer Gewohnheiten.
Die »Fünf am Tag für deine Gesundheit«-Kampagne war im
Blick auf Verhaltensänderungen ein Reinfall. Zwar erweiterte sie
unser Wissen über gesunde Ernährung, konnte aber die
43 Prozent unseres Essverhaltens, das gewohnheitsmäßig
abläuft, nicht erreichen. Nachdem sie sich von der Obst- und
Gemüsekampagne hatten aufklären lassen, gingen die
Amerikaner in den Supermarkt und kauften genau das, was sie
immer kauften – vielleicht sogar, indem sie ihrer Gewohnheit
folgten, den Obst- und Gemüsebereich weiträumig zu umfahren.
Sie aßen weiterhin Schokoriegel und Chips, und ihre
Entscheidungen wurden von dem Wissen, was solche
Essgewohnheiten mit ihrer Gesundheit machten, nicht
beeinflusst.
Am Ende war die ganze Kampagne ein Zeugnis der
frappierenden Lücke zwischen dem, was wir wissen, und dem,
was wir tun. Diese Lücke hat ihren Ursprung tief im
menschlichen Gehirn.

In einer hochmodernen Fabrik wird ein Auto zusammengesetzt.


Tausende von Einzelstücken und Materialien – Stahl, Aluminium,
Glasfaser, Leder – kommen in von Ingenieuren festgelegten
Formen, damit sie zusammen ein Ganzes ergeben. Dieses
Zusammensetzen ist die bloß physische Rekonstruktion des
Autos, das auf magische Weise vorher in den Köpfen der
Designer existiert hat. Es ist ein ausgeklügeltes, gut
funktionierendes Produkt.
Das menschliche Gehirn wurde nicht nach einem Plan
zusammengesetzt, und es ist weder ausgeklügelt, noch
funktioniert es besonders gut. Es ist eine wundervolle, verrückte
Collage aus Einzelteilen. Es hat sich nicht auf einmal entwickelt,
als separates Organ, sondern ist im Verlauf der Geschichte
unserer Spezies schubweise entstanden. Neue neuronale
Bereiche und mentale Funktionen entwickelten sich parallel zu
schon existierenden. Und indem sich neue Räume entwickelten,
veränderten und manchmal vielleicht auch wieder
verschwanden, wandelten sich die mentalen Fähigkeiten des
Menschen. Im Resultat haben sich in unserem Gehirn Milliarden
von Neuronen in unterschiedlichen, untereinander verbundenen
Bereichen zusammengeschlossen, die sich höchstwahrscheinlich
in sehr unterschiedlichen Phasen entwickelt haben.
Verschiedene neuronale Netzwerke sind auf unterschiedliche
Funktionen spezialisiert.
Hightechmethoden wie die funktionelle
Magnetresonanztomografie, der wir bereits in Kapitel 3 begegnet
sind, ermöglichen es, die Aktivierungsmuster im Gehirn durch
Veränderungen der Durchblutung nachzuverfolgen. So kann
man auch feststellen, welche neuronalen Bereiche beteiligt sind,
wenn wir eine Tätigkeit oft wiederholen – also eine Gewohnheit
entwickeln.
Es lohnt sich, einmal genau nachzuvollziehen, wie dieser
Prozess auf neuronaler Ebene aussieht. Veränderung beginnt mit
Selbsterkenntnis, und es gibt buchstäblich keinen besseren Weg
zur Selbsterkenntnis, als sich mit seiner eigenen Neurobiologie
vertraut zu machen.
Der Prozess, in dem sich eine Gewohnheit ausbildet, beginnt
häufig mit einer bewussten Entscheidung. Wir entwickeln die
Absicht, etwas Bestimmtes zu tun, um ein gewünschtes Ergebnis
zu erzielen. Wenn Sie zum ersten Mal ein neues Gericht kochen
oder eine App ausprobieren, die Sie sich neu installiert haben,
treffen Sie bestimmte Entscheidungen und überlegen, was zu tun
ist, damit Sie bekommen, was Sie möchten. Welche Zutaten
kommen laut Rezept als Nächstes ins Essen? Welche Funktion
nutze ich gerade? Wenn Sie die richtigen Zutaten nehmen,
werden Sie mit einem leckeren neuen Essen belohnt. Wenn Sie
die richtige Funktion auswählen, können Sie eine Nachricht
versenden oder ein Ereignis aufzeichnen. Sie lernen, was Sie tun
müssen, um die Belohnung zu bekommen, die Sie haben
möchten.

[3]

Belohnungslernen wie dieses wird mit einem neuronalen


Bereich in Zusammenhang gebracht, den man Basalganglien
nennt (siehe die Abbildung oben). Würde bei Ihnen, während Sie
diese Aufgaben bewältigen, eine funktionelle
Magnetresonanztomografie gemacht, zeigte Ihr Gehirn die
meiste Aktivität in einem neuronalen System, das unter dem
Namen assoziative Schleife bekannt ist. [58] Involviert in dieses
System ist ein Bereich der Basalganglien, der Nucleus caudatus,
sowie das Mittelhirn und der präfrontale Cortex, der mit
Selbstkontrolle, Planung und abstraktem Denken in Verbindung
steht. Die Kollegin von Ihnen, die auf eine fast schon irritierende
Weise ausdauernd und leistungsstark ist, nutzt hauptsächlich
diese neuronalen Areale der kognitiven Kontrolle. Sie scheint
nicht im Geringsten darauf angewiesen zu sein, sich ihr zweites
Ich zunutze zu machen. Wir normalen Leute sind dagegen eher
sporadische Nutzer dieser erlesenen Gehirnregion. Weshalb wir
uns auf andere Bereiche stützen müssen, um bei diesem hohen
Leistungsniveau zumindest ansatzweise mitzuhalten.
Wenn Ihnen das Rezept, das Sie zum Abendessen ausprobiert
haben, gefallen hat und Sie dieses Essen von nun an öfter kochen
oder wenn Sie die neue App in Zukunft täglich nutzen, verändert
sich Ihre Hirntätigkeit. Bei Handlungen, die wir routinemäßig
wiederholen, nimmt, wie Gehirnscans zeigen, die neuronale
Aktivität in der sensomotorischen Schleife unseres Gehirns zu. Sie
verbindet einen anderen Teil der Basalganglien, das Putamen,
mit dem sensomotorischen Cortex und Teilen des Mittelhirns, die
dann gemeinsam das sensomotorische Netzwerk bilden. [59] Ihre
Handlungen haben also Ihr Gehirn neu vernetzt. Von außen
betrachtet machen Sie genau das, was Sie getan haben, als Sie die
entsprechende Tätigkeit ursprünglich lernten. Doch Ihr Gehirn
arbeitet nun mithilfe anderer neuronaler Systeme.
Die Neuvernetzung vereinfacht die Wiederholung des in der
Vergangenheit Gelernten. Sie reagieren eher automatisch und
treffen nicht so viele bewusste Entscheidungen. Es ist nicht nötig
nachzusehen, wie viel Salz Sie nach dem Mehl hinzufügen
müssen, oder sich aktiv daran zu erinnern, eine bestimmte Taste
gedrückt zu halten. Sie machen sich keine Sorgen mehr, dass das
Rezept misslingen könnte oder ob Sie es schaffen, einen
Blogbeitrag einzustellen. Sie haben entsprechende
Gewohnheiten ausgebildet.
Für die Forschung ist es ein Glücksfall, dass alle Säugetiere
Gewohnheiten annehmen. Menschen, Hunde und Wale kommen
voran, indem sie die Unwägbarkeiten zwischen Handlung und
Belohnung kennenlernen. Auch unsere neuronalen Systeme sind
auf das Belohnungslernen ausgerichtet. Mit ausreichend Übung
kann jeder Mensch eine gewohnheitsmäßige Verbindung
zwischen einem Kontext und einer belohnten Handlung ziehen.
Versuche mit Ratten haben zu zahlreichen wichtigen
Erkenntnissen über menschliche Gewohnheitsbildung geführt.
Bei Ratten können die Forscher mit weitaus intrusiveren
Methoden arbeiten als bei Menschen. So kann man bei Ratten
beispielsweise eine bestimmte Gehirnregion deaktivieren, um
Effekte zu untersuchen, die wir Menschen niemals willentlich
herbeiführen könnten. Auch zahlreiche medizinische
Durchbrüche, die menschliches Leid reduzieren halfen, können
auf Experimente mit Ratten zurückgeführt werden. Wenn man
Ratten im Umkreis des dorsomedialen Striatums, einem Bereich
des Rattengehirns, der dem vorderen Nucleus caudatus beim
Menschen ähnelt, eine Verletzung zufügt, fällt es ihnen schwer
zu lernen, was sie tun müssen, um eine Belohnung zu
bekommen. [60] So sind Ratten mit einer solchen
Beeinträchtigung kaum in der Lage zu lernen, einen Hebel in
ihrem Käfig zu bedienen, um an die Belohnung zu kommen, oder
in einem Labyrinth die richtige Richtung einzuschlagen. Wenn
man andere Areale ihres Gehirns außer Kraft setzt, führt das zu
ganz anderen Effekten. Ratten, die im Bereich des dorsolateralen
Striatums, das dem menschlichen Putamen ähnelt, verletzt
wurden, haben Schwierigkeiten, aus Gewohnheit zu handeln.
Obwohl sie viel Erfahrung mit dem Labyrinth oder dem Hebel
haben, können Ratten, wenn man ihr Gehirn auf diese Weise
lädiert, ihre erlernten Gewohnheiten nicht mehr anwenden.
Aufgrund solcher Experimente können wir heute einen Atlas des
Gehirns und seiner allgemeinen Funktionen entwerfen – eines
Organs, das noch bis vor nicht allzu langer Zeit ein rätselhaftes
Hinterland ohne Weg und Steg gewesen ist.
Dennoch ist das menschliche Gehirn nicht das Gleiche wie ein
Rattengehirn. Unser Gehirn hat zusätzliche neuronale Bereiche
ausgebildet, die es uns ermöglichen zu sprechen, nachzudenken,
uns zu erinnern und zu planen. Aber einige der Methoden, mit
denen sich beide Arten Gewohnheiten aneignen, sind durchaus
vergleichbar.
Eine der frühen neurowissenschaftlichen Entdeckungen, die
dazu beitrugen, das Interesse des Fachs für Gewohnheiten neu
zu entfachen, stammt aus einer Studie aus den 1990er-Jahren, in
der das Gewohnheitslernen bei Menschen von bewusstem
Verstehen unterschieden wurde. Der Studie lag die gleiche Logik
zugrunde wie den Experimenten, bei denen Forscher die Gehirne
von Ratten an bestimmten Stellen lähmten. Nur dass hier die
Lernfähigkeit von Patienten untersucht wurde, die bestimmte
neurologische Defizite aufwiesen. [61] Von den Teilnehmerinnen
und Teilnehmern an der Studie litten zwanzig unter dem
Parkinsonsyndrom, bei dem die motorischen Kontrollsysteme in
den Basalganglien, vor allem dem Putamen, beeinträchtigt sind,
wodurch es für die Patienten schwierig ist, neue (auch nicht
motorische) Gewohnheiten auszubilden und alte zu aktivieren.
Zwölf Studienteilnehmer waren Patienten mit Gedächtnisverlust,
die unter einer Dysfunktion in einer anderen Gehirnregion (dem
Hippocampus) litten, was ihre Fähigkeit, sich an kürzlich
stattgefundene Ereignisse zu erinnern, beeinträchtigte.
Alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer spielten ein Spiel, für
das sie in die Rolle eines Wetteransagers schlüpften. Ihnen
wurden mehrmals Spielkarten vorgelegt, und sie sollten sich
einprägen, welche Muster darauf hinwiesen, dass es regnen
würde, und welche Sonnenschein vorhersagten. Die Parkinson-
Patientinnen konnten die Aufgabe und die Spielanleitung gut
erklären und wussten, was sie tun sollten. Aber egal, wie viel sie
auch übten: Sie waren nicht in der Lage, die Verbindung
zwischen bestimmten Reizen (Karten) und der belohnten
Reaktion (Vorhersage von Sonnenschein oder Regen) zu lernen.
Sie konnten keine Gewohnheit ausbilden.
Dagegen bildeten die Amnesie-Patienten sehr viel einfacher
Gewohnheiten aus, während sie das Spiel spielten. Nach fünfzig
Versuchen konnten sie auf Grundlage der Karten akkurate
Vorhersagen treffen. Als sie aber gefragt wurden, was sie gerade
taten, konnten sie sich weder an die Anleitung noch an die
Einzelheiten dessen, was sie gesehen hatten, erinnern. Es war,
als hätten sie nur wenige bewusste Erinnerungen an ihr eigenes
gewohnheitsmäßiges Tun, das dabei aber vollkommen
reibungslos funktionierte.
Dieses Experiment ermöglichte einen der ersten Einblicke in
die neuronale Mechanik der Gewohnheitsbildung. Es legte nahe,
dass bei Menschen das Gewohnheitslernen nicht von
bewussteren Lernsystemen ersetzt werden kann oder ihnen
untergeordnet ist, wie viele Forscher während der kognitiven
Wende angenommen hatten. Gewohnheiten sitzen in tiefen,
widerstandsfähigen neuronalen Schichten – Schichten, die für
das Leben von Säugetieren von zentraler Wichtigkeit sind. Was
uns von unseren tierischen Verwandten unterscheidet, ist, dass
wir zu komplexem, abstraktem Denken in der Lage sind. Dinge,
die uns normalerweise einfallen, wenn wir über uns selbst
nachdenken. Aber das, was uns von anderen Lebewesen
unterscheidet, muss nicht unbedingt das sein, was uns
wesentlich ausmacht. Experimente wie die skizzierten zeigen,
dass unsere wichtigsten mentalen Fähigkeiten genauso mit dem
Planen wie mit der Ausbildung von Gewohnheiten zu tun haben.
Es gab seither weitere Entdeckungen, die wir hier würdigen
müssen. Inzwischen haben funktionelle
Magnetresonanztomografien die genaue neuronale Signatur der
Gewohnheit im sensomotorischen Netzwerk, vor allem im
Putamen, aufgedeckt. Es ging dabei nicht mehr um
Wettervorhersage-Aufgaben, sondern vor allem um Tätigkeiten,
die aus einer ganzen Kette von Reaktionen bestanden. [62] Wenn
wir lernen, immer wieder nach einem bestimmten Muster eine
Tastatur zu bedienen, lernen wir, einen bestimmten,
auslösenden Reiz (z. B. das Signal, eine bestimmte Taste zu
drücken) mit einer Reaktion (z. B. dem Bewegen eines Fingers) zu
verbinden. Mit zunehmender Erfahrung bei solchen Handlungen
zeigen die neuronalen Systeme, die für das Gewohnheitshandeln
zuständig sind, eine erhöhte Aktivität im Putamen.
Neurowissenschaftliche Untersuchungen zum Thema
Gewohnheitsbildung stoßen auf die Schwierigkeit, dass die
zielorientierten und die gewohnheitsorientierten neuronalen
Systeme miteinander verbunden sind und oft
zusammenarbeiten. Für diese Erkenntnis müssen wir keinen
Blick ins Gehirn werfen. Nur sehr wenige beschreibbare
Bereiche unseres Lebens sind nur das eine oder nur das andere,
und die Überlappung der beiden Bereiche unseres Ichs ist dafür
verantwortlich, dass die Wissenschaft von der Gewohnheit damit
umgehen muss, dass ihre empirischen Ergebnisse oft mehrdeutig
sind. So ist das Autofahren zum Beispiel ein permanenter
Wechsel zwischen der Reaktion auf etwas Unerwartetes
(bewusstes Denken, wenn ein fremdes Auto zu dicht auffährt)
und Gewohnheit (von einem Kontext ausgelöste Reaktionen beim
Fahren auf einer vertrauten Strecke). Es gibt auch Tätigkeiten,
die beide Seiten gleichzeitig beanspruchen. In Bezug auf Ihren
Freundeskreis, der sich regelmäßig zum Sonntagsbrunch trifft,
verbindet der Gewohnheitsschaltkreis Ihres Gehirns den Tag und
die Uhrzeit (Kontext) automatisch mit dem Stopp beim Bagel-
Bäcker (Reaktion) und dem Tratschen über die Freunde, die
diesmal nicht dabei sein können (Belohnung). Aber auf dem Weg
zu diesem Treffen denken Sie vielleicht gleichzeitig bewusst
darüber nach, worüber Sie mit Ihren Freunden sprechen
möchten und wie diese auf das jeweilige Thema reagieren
werden. Viele unserer Handlungen basieren auf einer solchen
Kombination unterschiedlicher neuronaler Schaltkreise.
Mehrdeutigkeiten können jedoch durch einen sorgfältigen
Versuchsaufbau vermieden werden. In meinen frühen
Experimenten war die eindeutige Trennung zwischen
Gewohnheit und durchdachter Handlung das Hauptproblem.
Außerhalb des Labors konnte ich regelmäßig zeigen, dass
Menschen aus Gewohnheit handelten, indem sie ihr Verhalten
aus der Vergangenheit wiederholten, anstatt das zu tun, was sie
sich vorgenommen hatten. Doch unter Versuchsbedingungen im
Labor war etwas wie Gewohnheit nicht nachweisbar. In meinen
Experimenten mussten die Teilnehmer bestimmte Tätigkeiten
sehr häufig wiederholen, aber wenn sie später getestet wurden,
blieben sie bei diesen Tätigkeiten, indem sie sich bewusst dafür
entschieden, und nicht, indem sie sich auf Gewohnheit verließen.
Ich versuchte, die Aufgaben zu verändern, indem ich sie leichter
machte. Ich probierte es mit intensiverer Vorbereitung. Nichts
funktionierte.
Es war frustrierend. Doch schließlich wurde mir klar, wie
fließend der Übergang zwischen Gewohnheit und bewusster
Entscheidung ist – und wie ausschlaggebend der Kontext. Zwar
trainierte ich den Teilnehmerinnen und Teilnehmern gewisse
Gewohnheiten erfolgreich an, aber während der Testphase
dachten sie ganz genau darüber nach, was ich von ihnen
erwartete. Wenn Sie schon einmal an einer Laborstudie
teilgenommen haben, kennen Sie das Gefühl: Sie fragen sich, was
der Zweck des Experiments ist und was es über Sie als Person
aussagt. Im Labor wird jeder zu einem kleinen Wissenschaftler.
Genau das passierte bei meinen Tests: Die Teilnehmer dachten
aktiv darüber nach, was sie während des Experiments tun sollten
und setzten so per Bewusstsein ihre Gewohnheiten außer Kraft.
Als ich schließlich begriff, dass ich eine Testsituation brauchte,
die einen realistischeren, lebensnäheren Kontext bot, hatte ich
endlich Erfolg. Außerhalb des Labors ist unsere Motivation und
Fähigkeit zum genauen Nachdenken häufig herabgesetzt: von
der Arbeit, den sozialen Medien, von nervigen Mitmenschen und
von den Nachrichten, dem Verkehr, den Rechnungen und
unserer Familie, um nur einige Ablenkungen zu nennen. Aus
diesem Grund sorgte ich während der Tests von jetzt an für
simulierte Ablenkung, zum Beispiel durch Videos, die die
Aufmerksamkeit der Testpersonen für längere Zeit fesselten.
Außerdem stellte ich ihnen im Vorfeld kognitiv anspruchsvolle
Aufgaben, die ihre Energie absorbieren und ihnen etwas zum
Grübeln geben sollten. Als ihre bewusste Entscheidungsfähigkeit
in dieser Weise auf Trab gehalten wurde, fingen die
Teilnehmerinnen und Teilnehmer meiner Studie endlich an, aus
Gewohnheit zu handeln. Genau wie im täglichen Leben taten sie
einfach das, was ihnen als Erstes in den Sinn kam. Sie dachten
nicht mehr angestrengt darüber nach, was sie tun konnten, um
mich zu beeindrucken.
Als wir die Gewohnheit also im Labor endlich zu fassen
bekamen, wurden wir ehrgeiziger. Guy Itzchakov, Liad Uziel und
ich überzeugten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer einer
neuen Studie davon, dass Zucker schlecht für sie sei – was nicht
schwierig war. [63] Daraufhin gaben wir unseren frischen
»Zuckerhassern« die Wahl zwischen Limo, Saft und Wasser.
Wenn wir dann im Labor das richtige Leben imitierten (mithilfe
einer kognitiv anstrengenden Aufgabe), ignorierten die
Teilnehmer ihre neue gesunde Einstellung und tranken, was
immer sie gewohnt waren zu trinken: Wenn ihre Wahl
normalerweise auf Zuckerbrause fiel, dann entschieden sie sich
dafür. Wenn sie stets Wasser tranken, nahmen sie das. Mithilfe
einer einzigen Studie kamen wir also dem Rätsel auf die Spur,
das die Gesundheitskampagnen des National Cancer Institute
und der Centers for Disease Control an Prevention (CDC) vereitelt
hatte. Im täglichen Leben ist es einfach leichter, aus Gewohnheit
zu handeln, als Entscheidungen zu treffen, die auf guten
Vorsätzen beruhen. In unserem Laborexperiment gaben wir
einigen Testpersonen keine schwierigen Aufgaben, und
tatsächlich entschieden diese Teilnehmerinnen und Teilnehmer
sich bewusst für Getränke, die mit ihrer neuen zuckerkritischen
Haltung zusammenpassten. Unter solchen Bedingungen
tendierten die Testpersonen dazu, die Limonade abzulehnen.
Dies ist ein Schlüsselaspekt, an dem deutlich wird, warum
Gewohnheit für langfristige Verhaltensänderungen so wichtig ist.
Der Einsatz des Intellekts ist einfach unglaublich aufwendig.
Wir alle wissen aber auch, dass bewusste gedankliche
Steuerung ein überaus machtvolles Instrument ist – schließlich
ist sie verantwortlich für die großen Fortschritte unserer
Zivilisation, zum Beispiel für Toilettenspülungen und
Mikrochips. Warum kann sie nicht einfach das Kommando
übernehmen und auch unsere Gewohnheiten steuern? Die
Antwort lautet, dass der Einsatz unseres bewussten Intellekts
anstrengend ist, uns müde macht, stresst und überfordert. Und
die bewusste Steuerung unserer Handlungen hat einen
entscheidenden zusätzlichen Nachteil: Wir können nur auf
wenige Dinge gleichzeitig reagieren: Wenn wir eine Sache im
Griff haben, übersehen wir notwendigerweise eine andere, die
auch wichtig sein könnte. Gewohnheiten sind schon deshalb
weniger kräftezehrend, weil sie tief in der elementaren
Maschinerie unseres Gehirns verankert sind. Sie arbeiten fleißig
vor sich hin, egal, wie schlecht die Bedingungen sind.
Alfred North Whitehead erklärte die immanente Grenze der
kognitiven Kontrolle mit einer militärischen Analogie:
»Denkvorgänge sind wie Kavallerieattacken in der Schlacht – sie
sind zahlenmäßig genau begrenzt, verlangen frische Pferde und
dürfen nur in entscheidenden Augenblicken vorgetragen
werden.« [64] Psychologen nennen diesen sporadischen Einsatz
der kognitiven Kontrolle ein Default-interventionist-System. [65]

Der Gedanke dahinter ist, dass wir standardmäßig den größten


Teil unserer Zeit auf Autopilot funktionieren, solange es keinen
wirklich guten Grund gibt (default = Standardannahme bzw. ihre
Nichterfüllung), mit bewussten Gedanken zu intervenieren. Ein
solcher Grund wäre, sagen wir mal, das unmittelbar
bevorstehende Auftauchen des Feindes. Und dann? Unbedingt
die Kavallerie rufen! Aber verschwenden Sie deren Energien
bloß nicht, wenn es Ihnen nur darum geht, genügend Gemüse zu
essen.
Wir steuern unsere Handlungen mithilfe der kognitiven
Kontrolle, wenn sie relativ einfach sind und/oder wenn das
Ergebnis für uns hinreichend wichtig ist. Diese Kosten-Nutzen-
Analyse legt fest, ob es sich für uns lohnt, anders als automatisch
zu handeln. [66] Weil die kognitive Kontrolle viel Aufwand
bedeutet, setzen wir sie sparsam ein.


Benennen Sie die Tiere in der folgenden Bildreihe. Das ist leicht,
oder? Man blickt einfach auf die Tiere und sagt, wie sie heißen.
Bei so einfachen Bildern kann man sich kaum irren.
Wahrscheinlich sind Sie der Meinung, dass Sie zur Identifikation
der Tiere lediglich die Bilder anschauen müssen. Der
geschriebene Name steht nur zur Sicherheit da. Eine
Herausforderung ist das höchstens für Kinder.

[4]

Im nächsten Beispiel wird die Aufgabe schwieriger. Probieren Sie


es aus, wahrscheinlich sind Sie jetzt langsamer als beim ersten
Mal. Sie erkennen jetzt wahrscheinlich, dass Sie doch mehr getan
haben, als bloß die Bilder zu betrachten. Die gewohnheitsmäßige
Reaktion, die man durch lebenslange Erfahrung eingeübt hat,
besteht nämlich darin, die gelesenen Wörter zu interpretieren.
Diese Gewohnheit – von der Sie wahrscheinlich nicht einmal
wussten, dass sie existiert – kommt Ihnen nun bei der korrekten
Bezeichnung der Tiere ins Gehege. Sie haben eigentlich nur zwei
Möglichkeiten, auf die Aufgabenstellung zu reagieren, und die
falsche – die gewohnheitsmäßige – kommt Ihnen schneller in den
Sinn. Um die richtige Antwort zu geben, müssen Sie Ihren ersten
Impuls stoppen und nachdenken, bevor Sie sprechen.

[5]

Sie haben nun konkret erfahren, wie es sich anfühlt, aus


Gewohnheit zu handeln. Wenn Wort und Bild übereinstimmen
(wie bei der ersten Aufgabe), werden Gewohnheit und
Entscheidung so reibungslos kombiniert, dass man die
Gewohnheit nicht einmal wahrnimmt. Wenn die beiden sich
jedoch widersprechen (wie in der zweiten Aufgabe), muss man
die kognitive Kontrolle einsetzen, um das Gewohnheits-Ich in
seine Grenzen zu weisen.
Diese kleine Übung greift den Stroop-Effekt auf (ein klassisches
Experiment zu mentalen Verarbeitungskonflikten) und kann uns
als einfache Analogie für die komplizierteren Konflikte dienen,
die häufig zwischen unseren Gewohnheiten und unseren
jeweiligen Zielen herrschen. Ungefähr so, wie wir versuchen,
unser Verhalten zu ändern, führt Gewohnheit beim Stroop-Effekt
dazu, dass wir die falsche Antwort geben. Man ertappt sich
dabei, wie man ein Wesen mit Schnabel und Federn anstarrt und
siegessicher »Katze« sagt. Es ist fast ein bisschen unheimlich.
Denn das Zuordnen von Umrissen zu Tiernamen ist eindeutig
Kindergartenstoff. Es sei denn, es gibt einen simplen Konflikt
zwischen zwei Informationselementen: der Zeichnung und der
Beschriftung. Unser Versuch, trotz dieser Inkonsistenz zu
antworten, aktiviert Gehirnregionen, die an der Bereitstellung
und Ausübung der kognitiven Kontrolle beteiligt sind, vor allem
den dorsalen anterioren cingulären Cortex. [67] Dieser Teil des
Gehirns registriert den Konflikt (das Ding hat einen
Korkenzieherschwanz … aber da steht eindeutig »HUND«) sehr
schnell, ebenso wie die Kosten (den Aufwand) und den
möglichen Nutzen einer Konfliktlösung. So leicht, wie das
Beispiel ist, lohnt sich wahrscheinlich der kleine zusätzliche
Aufwand, die Beschriftung zu ignorieren. Voilà, Sie haben die
richtige Antwort!
Der unaufwendige Stroop-Test ist eine tolle Methode, um
etwas, das im richtigen Leben leider ein wenig gravierender ist,
zu identifizieren und bewusst zu erleben. Die wenigsten von uns
geraten in Situationen, in denen es um die schnelle
Identifizierung von Bauernhoftieren geht. Aber in unserem
realen Alltag erleben wir durchaus, wie erwünschte Reaktionen
nach und nach bröckeln: wenn der Nutzen weniger wird … wenn
es immer schwieriger wird, sich zu konzentrieren … wenn man
mit seinen Pflichten hinterherhinkt … wenn man plötzlich nur
noch zweimal statt dreimal pro Woche laufen geht … und die
Ziele, die man mit seiner permanenten Anstrengung verfolgt,
plötzlich gefährlich unattraktiv erscheinen. Halten Sie dann
umso mehr an Ihren Zielen fest? Indem Sie noch schneller
laufen? Indem Sie sich noch mehr anstrengen?
Oder machen Sie es sich von vornherein leicht, indem Sie auf
Gewohnheit bauen?
5 Und was ist mit
Selbstkontrolle?

Nicht das, was du nicht weißt, bringt dich in Schwierigkeiten,


sondern das, was du sicher zu wissen glaubst, obwohl es gar nicht
wahr ist.

(fälschlich) Mark Twain zugeschrieben

Eine der berühmtesten, am häufigsten zitierten und am


wenigsten verstandenen wissenschaftlichen Studien in der
Geschichte der Psychologie begann mit einem Test zur
Selbstkontrolle von Vierjährigen. Man gab jedem Vorschulkind
der Bing School an der Stanford University ein kleines
Marshmallow auf einem Teller. Die Kinder, die es schafften, sich
fünfzehn Minuten lang zu beherrschen, bevor sie ihn aßen,
sollten zwei Marshmallows bekommen. Mit dieser Information
ließen die Forscher jedes Kind allein in einem Raum zurück.
Kinder haben nicht viel zu tun, wenn sie mit einem
Marshmallow allein sind. Beinahe 75 Prozent gaben der
Versuchung nach und aßen das Marshmallow. Die Studie wurde
mit anderen Naschereien wiederholt, zum Beispiel mit
Salzstangen oder Tierkeksen, und die Ergebnisse blieben in etwa
gleich. [68] Durchschnittlich warteten die Kinder neun Minuten
lang, was bedeutet, dass die meisten von ihnen auf ihre
Belohnung verzichten mussten. [69] Das alles ist wenig
überraschend.
Interessant sind jedoch die 25 Prozent der Kinder, die es
schafften. Wie gelang es ihnen, sich zurückzuhalten? Diese
Kinder dachten sich beim Warten kleine Ablenkungsstrategien
aus. Sie sangen Lieder. Einige hampelten auf ihrem Stuhl herum,
wie nur Vierjährige es können. Andere erzählten auf Nachfrage,
dass sie sich vorgestellt hätten, das Marshmallow sei eine Wolke
oder ein Kissen oder etwas anderes, das man nicht essen könne.
Sogar kleine Kinder waren in der Lage zur Selbstkontrolle –
wenn sie die richtige Strategie einsetzten.
Die Studie erhielt zusätzliche Beachtung, weil die
Forscherinnen und Forscher sich entschieden hatten, das Leben
der Kinder durch die Pubertät hindurch bis ins
Erwachsenenleben zu begleiten. Dabei zeigte sich, dass die
Fähigkeit zur Selbstkontrolle eine folgenreiche Eigenschaft ist.
Diejenigen, die als Vierjährige fähig waren, der Versuchung
länger zu widerstehen, bekamen als Jugendliche in der Schule
bessere Zensuren und erreichten beim SAT-Test zur Überprüfung
der College-Eignung eine höhere Punktzahl. Außerdem waren
diese Kinder als Erwachsene schlanker und hatten einen
niedrigeren Body-Mass-Index (BMI). [70] Belohnungsaufschub,
wie es damals genannt wurde, schien eine grundlegende sozial-
kognitive Fähigkeit zu sein, die sich umgekehrt proportional zur
Impulsivität der jeweiligen Testperson verhielt und direkt mit
Gewissenhaftigkeit und kognitiver Kontrolle verknüpft war –
Kompetenzen, die einem das ganze Leben lang Vorteile brachten.
Über die Ergebnisse wurde ausführlich in den Medien
berichtet. Ehrgeizige Eltern ließen sich voller Sorge dazu
hinreißen, mit ihren eigenen Kindern den Marshmallow-Test
durchzuführen, um herauszufinden, wie erfolgreich sie eines
Tages sein würden. Es schien, als gäbe es nun eine todsichere
Methode, um festzustellen, ob ein Kind im Leben Erfolg haben
würde oder nicht.
Die Studie hatte einen solchen Kultstatus, dass sie sogar in der
Sesamstraße vorkam, einer der beliebtesten Fernsehsendungen
Amerikas. Selbstkontrolle beim Essen war zu einem sozialen
Thema geworden, weil das Übergewicht bei Kindern stark
zugenommen hatte. Krümelmonster, die gefräßige blaue
Handpuppe, die alles Mögliche vertilgte, vor allem aber
Schokoladenkekse, sollte üben, seine Impulse zu kontrollieren. In
der entsprechenden Folge spielt Krümel das »Wartespiel«, in
dem er entweder einen Keks sofort bekommt, oder, wenn er mit
dem Essen wartet, zur Belohnung einen zweiten Keks. Zuerst
lenkt er sich mit Singen ab. Sein Liedchen handelt sehr schnell
davon, wie gerne er den Keks essen würde. Dann stellt er sich
vor, dass der Keks nur ein Bild in einem Rahmen ist, aber es fällt
ihm schwer, das zu glauben. Er versucht, sich auf ein Spielzeug
zu konzentrieren, findet es aber schnell langweilig. Schließlich
stellt er sich vor, der Keks sei ein stinkender Fisch. Als die Qual
des Wartens schließlich vorbei ist, darf er endlich beide Kekse
essen.
Krümelmonsters Kämpfe offenbaren das Wesen der
Selbstkontrolle. Wir verstehen sie als Widerstand gegen die
Versuchung, als Unterdrückung von Impulsen, als verbissenen
Kampf gegen uns selbst. Krümelmonsters Ringen mit seiner Gier
war lustig anzusehen und sollte den Charakter stärken, aber es
wurde auch deutlich, dass dieses »Spiel« für Krümel selbst alles
andere als lustig war.
Die Kinder der Originalstudie kamen beim Warten in ähnliche
Nöte wie Krümelmonster. Im Internet findet man zahlreiche
Videos, die den Marshmallow-Test nachahmen. Eins davon zeigt,
wie ein niedliches Mädchen mit orangener Haarschleife sich
fürchterlich anstrengt, um der Versuchung zu widerstehen. Sie
nimmt das Marshmallow, schnuppert sehnsüchtig daran und legt
es wieder zurück. Kurze Zeit später wird die Versuchung so
überwältigend, dass sie ein winziges Stückchen davon
abknabbert – und dann noch eins. Sie verzieht das Gesicht, blickt
zur Seite und versucht, sich auf etwas anderes zu konzentrieren.
Am Ende ist von dem Marshmallow nichts mehr übrig, und sie
wird nicht mit einem zweiten Marshmallow belohnt.
Die meisten Medien und auch die Autoren der Sesamstraße
haben jedoch etwas ganz Entscheidendes übersehen. Denn
Selbstkontrolle hat noch eine ganz andere Seite – eine Seite, die
bei der Ausbildung neuer Gewohnheiten und beim Kampf gegen
die Verlockung überaus hilfreich sein kann.
Die Studie aus Stanford zeigt nämlich vor allem, wie wichtig
die Gegebenheiten sind. In dem ursprünglichen Experiment
hatten nämlich manche Kinder das Marshmallow beim Warten
direkt vor Augen, andere jedoch nicht. [71] Ansonsten war das
Szenario das Gleiche – wenn sie wollten, konnten alle Kinder das
Marshmallow sofort aufessen. Aber für einige war es einfach
nicht sichtbar. Wenn die Süßigkeit verdeckt war, schafften es die
Kinder, im Schnitt etwa zehn Minuten zu warten. Wenn sie die
begehrte Nascherei dagegen direkt im Blick hatten, betrug die
durchschnittliche Wartedauer nur sechs Minuten. Diese vier
Minuten Differenz offenbaren, wie begrenzt die Macht des Ichs
ist, wenn es um Selbstkontrolle geht. Vielleicht ist sie ja
überhaupt keine angeborene Fähigkeit, sondern spiegelt
lediglich die Situation wider, in der wir uns befinden.
Die Untersuchungsergebnisse bezüglich der Lebenswege
stützen die These von der Macht der Gegebenheiten. Wenn die
Süßigkeit verdeckt war, führte nämlich die Fähigkeit, abwarten
zu können, nicht unbedingt zu mehr Erfolg im Leben. Auf diese
Weise warten konnten viele. Nur wenn das Marshmallow direkt
zu sehen war, greifbar und verlockend, war das Warten ein
Anzeichen für dauerhaft hohe Leistungen im Leben.
Die Lehre aus alldem ist für die 75 Prozent von uns, die als
Kinder der Versuchung nicht widerstehen konnten und denen es
als Erwachsene ähnlich geht, sehr positiv: Wenn wir in der
richtigen Situation sind, können wir ähnlich erfolgreich sein wie
die, die über weitaus mehr Selbstkontrolle verfügen als wir
selbst. Auch wenn wir »es« nicht schon von klein auf haben: Wir
können unser Leben so organisieren, dass Erfolge möglich
werden.
Es gab aber noch eine andere Option, der Versuchung zu
widerstehen, und sie wurde von den Autorinnen und Autoren
der ursprünglichen Studie besonders betont. Gemeint ist die
bewusste Kontrolle. Bringen Sie sich doch einfach dazu, an etwas
anderes zu denken als an dieses verlockende Etwas – die teuren
Schuhe oder die elektronische Spielerei, die Sie so gern hätten!
Doch die kognitive Kontrolle ist, wie wir im vorherigen Kapitel
gelernt haben, kraftraubend und kurzlebig. An etwas Schönes zu
denken mag dafür taugen, einem Kind dabei zu helfen, in einem
Versuchsraum eine paar Minuten länger durchzuhalten, aber es
gibt keinerlei Hinweise darauf, dass so etwas im richtigen Leben
auf Dauer funktioniert.
Um der Selbstkontrolle im richtigen Leben auf die Spur zu
kommen, baten wir College-Studierende, uns von sämtlichen
Fällen zu berichten, in denen sie dachten: »Mist, das sollte ich
jetzt lieber nicht tun.« Meistens war das der Fall, wenn sie zu viel
schliefen oder zu lange aufblieben, zu viel aßen oder Aufgaben
vor sich herschoben und einfach faul waren. [72] Sie berichteten
im Durchschnitt von zwei bis drei solcher Gedanken am Tag, und
sie gaben darüber hinaus zu Protokoll, was sie – wenn
überhaupt – taten, um die Kontrolle zurückzugewinnen. Im Blick
darauf, was sie später über ihre Erfolge berichteten, war
Ablenkung jedenfalls eine der am wenigsten Erfolg
versprechenden Strategien. Und der klare Gewinner?
Selbstregulation. Die Studierenden unterdrückten ihre Begierden
am erfolgreichsten, wenn sie sich gar nicht mehr in
entsprechende Situationen begaben oder die Gelegenheiten, bei
denen sie die verlockende Sache tun konnten, einfach
abschafften. Sie verließen ihre Wohnung mit dem gemütlichen
Bett und arbeiteten stattdessen in der Bibliothek, oder sie warfen
das letzte Stück Schokoladenkuchen in den Müll, damit sie es am
nächsten Tag nicht essen konnten. Selbst bei Erwachsenen
beruhte Selbstkontrolle also im Wesentlichen darauf, das
Marshmallow abzudecken.
Die meisten Menschen würden nicht auf die Idee kommen,
dass Selbstkontrolle etwas mit der Situation zu tun hat, in der
man sich befindet. Grund dafür ist die protestantische Ethik, die
eine der Wurzeln der amerikanischen Kultur ist. Die Puritaner
waren der Ansicht, dass Genusssucht der Pfad zur ewigen
Verdammnis sei. Durch Selbstverleugnung und Entbehrung
ließen sie erkennen, dass sie zu den wenigen Auserwählten
zählten, denen ein Platz im Himmel sicher war. Es fällt uns heute
schwer, eine solche Einstellung ernst zu nehmen; die Puritaner
fanden es schließlich auch richtig, Frauen als Hexen auf dem
Scheiterhaufen zu verbrennen. Aber der Wert, den sie auf
Selbstkasteiung legten, wirkt bis heute nach.

Die Welt ist komplizierter als der Testraum eines Labors, und
ihre Verlockungen sind oft verführerischer als ein einzelnes
Marshmallow. Wir müssen uns genauer ansehen, was im
richtigen Leben als Selbstkontrolle durchgehen würde, damit wir
verstehen, was sie wirklich ist und wie sie erfolgreich eingesetzt
werden kann.
Lassen Sie uns mit einem Selbsteinschätzungstest beginnen.
June Tangney, Roy Baumeister und Angie Boon haben eine
Selbstauskunftsskala entwickelt, um die Selbstkontrolle von uns
allen zu erfassen. [73] Diese häufig eingesetzte Skala testet ihrer
Auskunft nach unsere »Fähigkeit, uns über innere Impulse
hinwegzusetzen oder sie zu verändern und unerwünschte
Verhaltenstendenzen zu unterbrechen und zu unterlassen«.
Die in dem Selbsttest gestellten Fragen lassen sich in zwei
Hauptgruppen unterteilen. Eine konzentriert sich auf
Selbstdisziplin (bzw. ihren Mangel): »Ich bin gut darin,
Versuchungen zu widerstehen« und »Wenn etwas schlecht für
mich ist, lehne ich es ab« beziehungsweise »Ich bin faul« und
»Ich platze immer gleich mit dem heraus, was mich gerade
bewegt«. Die andere Gruppe von Fragen handelt von der
Fähigkeit, wichtige praktische Ziele zu erreichen (auf welchem
Weg auch immer): »Ich ernähre mich gesund«, »Ich halte
Ordnung« und »Ich bin pünktlich«.
Tausende von wissenschaftlichen Untersuchungen haben mit
dieser Skala gearbeitet. Ähnlich wie der Marshmallow-Test
(jedenfalls der, in dem die jeweilige Verlockung sichtbar ist) zeigt
sie, dass Menschen mit einer guten Selbstkontrolle im Leben
erfolgreicher sind als andere.
An der Universität bekommen Studierende, die beim Thema
Selbstkontrolle gut abschneiden, bessere Noten. [74]
Was Partnerschaften angeht, fangen Menschen, die auf der
Skala höher abschneiden, mit geringerer Wahrscheinlichkeit
Streit an. [75] Selbst die perfekteste Partnerin kommt ab und an
zu spät zu einer Verabredung, vergisst ein Versprechen oder
missachtet die Bedürfnisse von anderen. Menschen, die auf der
Skala höher abschneiden, werden in solchen Situationen nicht
wütend, sondern können ihrem Gegenüber verzeihen.
Eltern mit einer besseren kognitiven Kontrolle lassen ihren
Kindern auf verlässlichere Art und Weise Unterstützung und
Fürsorge zukommen. Wenn Kinder verrücktspielen, was sie
manchmal unweigerlich tun – sie sind trotzig, pfeifen auf die
Ratschläge ihrer Eltern oder verhalten sich einfach mürrisch und
feindselig –, können Eltern auf sehr unterschiedliche Weise
reagieren. Wer als Vater oder Mutter eine bessere
Kontrollfähigkeit besitzt, ist besser in der Lage, flexibel zu
reagieren und dafür zu sorgen, dass die Situation nicht
eskalierte. [76] Sie können ihren Kindern dabei helfen, mit ihren
Gefühlen umzugehen und aus frustrierenden Situationen zu
lernen.
Menschen, die bei dem Test besser abschneiden, haben eine
höhere Kreditwürdigkeit und legen mehr Geld für die Rente
zurück, wie Untersuchungen aus Schweden zeigen. Sie
begleichen ihre Kreditkartenschulden und behalten ihre
Ausgaben im Auge. [77]

Wer auf der Skala weiter oben landet, ist außerdem auch
gesünder und schlanker. Bei einer Studie, die Menschen in der
Schweiz über vier Jahre begleitete, ernährten sich die
Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit besserer Selbstkontrolle
gesünder, aßen seltener mehr, als sie brauchten, und schafften es
besser, das empfohlene Gewicht zu halten. [78]

Auf der Skala der Selbstkontrolle gut abzuschneiden ist also


eindeutig von Vorteil. Eine ganze Bandbreite von Lebenszielen
kann auf diese Weise erreicht werden. Doch viel mehr sagt die
Skala auch nicht aus. Was die Menschen eigentlich genau tun,
um all diese wunderbaren Ergebnisse zu erzielen, lässt sich aus
dem Test so gut wie gar nicht ersehen. Oberflächlich betrachtet
scheinen die Punkte auf der Skala für die Fähigkeit eines
Menschen zu stehen, sich die Freuden des Lebens zu versagen
und seine Pflicht zu erfüllen. Genau das war auch die
Schlussfolgerung der meisten Wissenschaftler: Menschen, die gut
in Selbstkontrolle sind, strengen sich einfach furchtbar an, um
zugunsten langfristiger Belohnungen auf unmittelbare Freuden
zu verzichten. Da ist sie wieder – die protestantische
Arbeitsethik.
Die erste Andeutung, dass dies in Wirklichkeit vielleicht nicht
die Art und Weise ist, wie Selbstkontrolle funktioniert, findet sich
in einer Studie, die im Jahr 2012 in Würzburg durchgeführt
wurde. [79] Am Anfang des Experiments füllten die Testpersonen
die bekannte Selbstkontrollskala aus. Dann bekamen sie
elektronische Assistenten, die sie mit sich tragen sollten und die
siebenmal am Tag piepten. Genau wie in meiner eigenen Studie
aus Kapitel 2 wurden die Teilnehmerinnen und Teilnehmer
gebeten, jedes Mal zu reagieren, wenn sie das Piepen hörten. In
diesem Fall sollten sie berichten, ob sie in den letzten dreißig
Minuten irgendwelche Wünsche oder Bedürfnisse gehabt hatten.
In der Hälfte der Fälle, in denen sie angepiept wurden, gaben die
Testpersonen zu Protokoll, dass sie in der vergangenen halben
Stunde einen Wunsch oder ein Bedürfnis gehabt hatten. Am
häufigsten ging es dabei ums Essen, Schlafen und Trinken,
gefolgt von Mediennutzung, Ausruhen, Sozialkontakten und
Körperhygiene.
Die Teilnehmer gaben außerdem Auskunft darüber, ob ihr
jeweiliger Wunsch (wenn sie überhaupt einen hatten) einem
ihrer persönlichen Ziele widersprach. So würde beispielsweise
der Wunsch, zurück ins Bett zu gehen, wahrscheinlich dem Ziel
widersprechen, pünktlich zur Arbeit zu kommen. Der Wunsch,
Nachtisch zu essen, stünde mit dem Ziel abzunehmen in Konflikt.
Dabei stellte sich heraus, dass etwa die Hälfte der Wünsche mit
einem Ziel der Teilnehmerinnen und Teilnehmer in Konflikt
stand.
Zum Schluss berichteten die Testpersonen noch darüber, ob sie
versucht hatten, diesen Wünschen aktiv zu widerstehen. Hatten
sie das Gefühl gehabt, sich beherrschen zu müssen? Es zählten
auch Kompromisse: einen Teil, aber nicht den ganzen
Schokoriegel essen; sich vornehmen, mit einem bestimmten
Menschen diesmal nicht über Politik zu reden; beschließen, auf
eine Anschaffung zu verzichten – alles, bei dem man sagen
konnte: Ich habe dies anstelle von dem getan. Die Testpersonen
waren im Allgemeinen bei der Ausübung von Kontrolle ziemlich
erfolgreich: Wenn sie einen Wunsch hatten und sich dann
beherrschten, um zu verhindern, dass sie diesem Wunsch
nachgingen, hatten sie in 83 Prozent der Fälle damit Erfolg.
Dann taten die Forscher etwas Geniales. Sie glichen ihre
Ergebnisse mit den Ergebnissen des Fragebogens zur
Selbstkontrolle ab, den die Testpersonen vor dem eigentlichen
Experiment ausgefüllt hatten. Aus dem Bauch heraus, wie sah
wohl das Resultat aus? Würden wir nicht erwarten, dass die
Teilnehmerinnen und Teilnehmer, die auf der
Selbstkontrollskala gut abgeschnitten hatten, einen Großteil der
83 Prozent ausmachen würden, denen es gelang, sich bestimmte
Wünsche zu versagen? Schließlich ist Selbstkontrolle ja die
verbissene Anstrengung, sich Vergnügungen zu verkneifen, nicht
wahr? Und es ist nun einmal so, dass einige von uns schon in
jungen Jahren einfach stärker sind als andere …
Aber das war nicht das, was das Forscherteam herausfand.
Stattdessen berichteten die Testpersonen, die auf der
Selbstkontrollskala am besten abgeschnitten hatten, selten davon,
dass sie sich einen Wunsch versagt hatten. Punkt. Sie hatten
einfach von vornherein weniger unerwünschte Begierden. Sie
hatten schlicht kaum einen Wunsch, der mit ihren Zielen im
Konflikt stand. Es sah eher so aus, als wären sie in der Lage,
Versuchungen von vornherein zu verhindern. Sie lebten ihr
Leben so, dass die Marshmallows beinahe durchgängig verdeckt
waren.
Teilnehmerinnen und Teilnehmer, die sehr niedrige Werte bei
der Selbstkontrolle hatten, mussten am meisten kämpfen. Sie
erlebten viele unerwünschte Begierden, die mit ihren Zielen in
Konflikt standen. Und sie mussten sich extrem anstrengen, um
ihre Impulse unter Kontrolle zu bringen. Immer wieder mussten
sie von vorn gegen die Versuchung ankämpfen – in einem
permanenten, freudlosen Tauziehen mit ihren eigenen
unerwünschten Begierden. Natürlich müssen Menschen mit sehr
niedriger Selbstkontrolle, die sich am unteren Ende der Skala
befinden, ihrem Verlangen wahrscheinlich in den meisten Fällen
wohl oder übel nachgeben oder versuchen gar nicht erst, sich im
Zaum zu halten. In dieser Studie aber bemühten sich die
Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit schlechten
Selbstkontrollwerten jedoch zumindest, ihre Selbstkontrolle zu
aktivieren – auch wenn sie damit wenig Erfolg hatten.
Es scheint, dass für Menschen, die nur niedrige Werte auf der
Skala erreichen, die verbissene Selbstverleugnung nun einmal
das Mittel der Wahl ist. Sie bringen sich selbst immer wieder in
schwierige Situationen, die sofortiges Eingreifen erfordern. Aber
seine Impulse zu kontrollieren ist wie der sprichwörtliche
Tropfen auf dem heißen Stein. Es ist eine kurzzeitige Lösung, die
vielleicht für den Moment funktioniert. Aber diesen Menschen
gelingt es im Allgemeinen nicht, die langfristigen Ziele, die ihnen
wichtig sind, zu erreichen – gute Noten in der Schule, glückliche
Beziehungen, Unterstützung und Fürsorge für die eigenen
Kinder, hohe Kreditfähigkeit und angemessene Ersparnisse für
das Alter, außerdem eine gute Gesamtverfassung und ein
gesundes Körpergewicht.
Die Studie zeigt, dass Menschen, die bei der Selbstkontrolle
sehr gut abschneiden, gerade kein Leben voller
Selbstverleugnung und Verzicht führen. Aber auf irgendeine
Weise kriegen sie ihr Leben besser auf die Reihe. Was genau tun
sie also, um in ihrem Leben all diese wundervollen Erfolge zu
erzielen?

Ich halte an meiner Hypothese fest: Diese Menschen haben gute


Gewohnheiten.
Der Beweis findet sich in einer Studie, in der die
Teilnehmerinnen und Teilnehmer zunächst ihre Fähigkeit zur
Selbstkontrolle einschätzten und dann über eine ganze
Bandbreite von gesundheitlichen Verhaltensweisen berichteten:
Sport, gesunde Zwischenmahlzeiten, Schlafenszeiten. [80] Wie
man erwarten würde, machten die Leute, die auf der Skala höher
abschnitten, mehr Sport, aßen gesündere Zwischenmahlzeiten
und schliefen regelmäßiger. Die Menschen, die weiter unten
landeten, gingen nicht so oft ins Fitnessstudio, aßen eine Menge
ungesunder Snacks und hatten unregelmäßige
Schlafgewohnheiten. Dies entspricht den Standardergebnissen
zum Thema Selbstkontrolle.
Aufschlussreicher ist die Art und Weise, wie die eine Gruppe
von Testpersonen ihr gesundes Verhalten umsetzte. Alle waren
aufgefordert, sich das letzte Mal in Erinnerung zu rufen, bei dem
sie beispielsweise ins Fitnessstudio gegangen waren: Sie sollten
berichten, auf welche Weise sie das hinbekommen hatten.
Teilnehmerinnen und Teilnehmer, die hohe Werte bei der
Selbstkontrolle hatten, sagten, dass sie ganz automatisch zum
Sport gingen, ohne groß darüber nachzudenken. Sie trainierten
fast immer zur gleichen Zeit und am selben Ort. Es war einfach
Teil ihrer täglichen Routine geworden. Noch einmal: Menschen
mit hoher Selbstkontrolle hatten Erfolg, ohne sich besonders
anzustrengen. Sie bissen sich nicht auf die Zähne, um gesund zu
bleiben.
Wenn man jemanden fragt, der regelmäßig zehn Kilometer
joggt, bekommt man oft zu hören, dass die ersten eineinhalb
Kilometer ziemlich hart sein können. Und vielleicht, dass auch
die letzten eineinhalb Kilometer ziemlich hart sein können. Aber
sobald man in Schwung sei, denke man nicht mehr darüber
nach, ob es anstrengend sei und ob man lieber anhalten möchte.
Menschen mit einer festen Laufgewohnheit denken überhaupt
sehr wenig darüber nach, was sie gerade tun. Sie haben ein
Muster ausgebildet, und sie folgen diesem Muster. Sie treffen
keine Entscheidung. Wunderbarerweise folgt daraus etwas sehr
Gutes: Der schlimmste und anstrengendste Lauf ist immer der
allererste. Oder vielleicht der zweite. Aber die Überwindung
wird weniger (es ist sogar so, dass Sie etwas falsch machen, wenn
es auf Dauer anstrengend bleibt). Es wird sich eine Gewohnheit
etablieren, die Ihnen die Überwindung abnimmt.
Das Gleiche galt bei der Studie für gesunde Ess- und
Schlafgewohnheiten. [81] Menschen mit hohen Werten bei der
Selbstkontrolle nehmen sich vielleicht jeden Tag einen Apfel mit
zur Arbeit, um ihn als morgendliche Zwischenmahlzeit zu essen.
Oder sie essen abends nach dem Abendessen ein paar Mandeln.
Indem sie bestimmte Lebensmittel täglich zur gleichen Zeit und
am gleichen Ort aßen, machten die Testpersonen sich gesunde
Zwischenmahlzeiten zur Routine. Sie mussten nicht darüber
nachdenken, sie taten es einfach.
Auch um genügend Schlaf zu bekommen, bildeten sie nützliche
Gewohnheiten aus, nach denen sie sich richteten, ohne groß
damit zu kämpfen. Sie schalteten jeden Abend zur gleichen Zeit
sämtliche Bildschirme aus, um pünktlich ins Bett zu kommen,
und stellten sich den Wecker immer auf die gleiche Zeit am
Morgen. Sie berichteten, dass sie das automatisch taten, ohne
nachzudenken. Sie rangen nicht mit sich selbst, ob sie nur noch
diese eine Runde am Computer spielen oder weiter auf Twitter
lesen sollten. Für sie war Schlafen kein Selbstkontrollkampf.
Sogar Teenager wenden »Selbstkontrolle« auf diese Weise an.
Für die 109 Jugendlichen, die sich für ein fünftägiges
Meditations-Retreat angemeldet hatten, begann der Tag um 6:30
Uhr und endete um 22:30 Uhr. [82] Das Programm enthielt
ausgedehnte Phasen in Sitz- und Gehmeditation, außerdem
Achtsamkeitsübungen in kleinen Gruppen. Die Hälfte des Tages
wurde nicht gesprochen. Handys waren verboten.
Das Retreat war nur die Vorbereitung für das eigentliche
Experiment. Die Forscherinnen und Forscher wollten nämlich
herausfinden, ob die Jugendlichen weiterhin meditieren würden,
wenn das Retreat zu Ende war. Am Anfang hatten alle
Jugendlichen den »Selbstkontroll«-Test ausgefüllt. Am Ende des
Retreats markierten sie auf einem Fragebogen, ob sie vorhatten,
in den nächsten drei Monaten zu meditieren – sie konnten sich
vornehmen, täglich zu meditieren oder nur gelegentlich. Drei
Monate später – Sie können sich sicher denken, wie die
Ergebnisse aussahen: Schülerinnen und Schüler, die auf der
»Selbstkontroll«-Skala am besten abgeschnitten hatten, waren
diejenigen, die ihre Meditationsziele erreicht hatten. Sie blieben
bei ihren Plänen. Wenn sie vorhatten zu meditieren, dann taten
sie das auch. Wie schon so viele andere Studien gezeigt haben,
erreichen die Menschen mit hohen Werten bei »Selbstkontrolle«
in ihrem Leben viel Gutes.
Aber noch einmal: Die Skala spiegelte nicht »Selbstkontrolle«
im landläufigen Sinne wider. Denn die Jugendlichen, die ihre
Vorsätze erfüllten, hatten gar nicht aktiv versucht, ihre
Reaktionen auf bestimmte Verlockungen zu unterdrücken. Sie
gaben vielmehr zu Protokoll, dass Meditieren für sie einfach
etwas Automatisches geworden war. Sie taten es, ohne
nachzudenken. Sie hatten eine Meditationsgewohnheit
ausgebildet. Gute »Selbstkontrolleure« erreichten die
gewünschten Ergebnisse also nicht, indem sie kämpften, sondern
indem sie es sich leicht machten.

Studien zum Alltagsleben können uns eine Menge darüber


erzählen, wie Menschen ticken. Aber das Bild, das sich in diesem
Fall ergab, war chaotisch, und es war schwierig festzustellen, ob
wirklich nur Gewohnheit für die beschriebenen Erfolge
verantwortlich war. Also begann man, die Selbstkontrolle unter
Laborbedingungen zu untersuchen: Jeder Teilnehmer bekam die
gleiche Aufgabe, und alle wurden nach demselben Maßstab
beurteilt.
Eine Durchsicht von über 102 Studien zum Thema
Selbstkontrolle verglich die Ergebnisse von ganz
unterschiedlichen Aufgaben. [83] Einige davon drehten sich um
nützliche Verhaltensweisen, zum Beispiel das Erledigen von
Hausaufgaben, das Benutzen von Kondomen oder die
Entwöhnung vom Rauchen. Andere hatten mit schädlichen
Aktivitäten zu tun, etwa mit Naschen, Fremdgehen oder
ehelichen Streitereien. Wie zu erwarten, hielten sich die
Menschen mit mehr »Selbstkontrolle« eher an die nützlichen als
an die schädlichen Verhaltensweisen.
Über diesen Standardeffekt hinaus erwarteten die Autorinnen
und Autoren der Überblicksstudie, dass Menschen mit guter
»Selbstkontrolle« bei schwierigen Aufgaben, zu deren Lösung
man die exekutiven Funktionen brauchte, besonders gut
abschneiden würden. Genau so etwas war es ja schließlich, so
dachten wir bis vor Kurzem, das auf der Skala der
»Selbstkontrolle« gemessen wurde: bloße Willenskraft. Doch
selbst in solchen stärker kontrollierten Studien sprach die
Datenlage gegen diese These.
Es war vielmehr so, dass Menschen mit angeblich guter
»Selbstkontrolle« besser darin waren, bestimmte Aufgaben eher
aus Gewohnheit zu erledigen. Es gelang ihnen einfach,
bestimmte Verhaltensweisen zu automatisieren. Die
Forscherinnen und Forscher (zu denen interessanterweise Roy
Baumeister gehörte, einer der Erfinder der Selbstkontrollskala)
schlossen daraus, dass »Selbstkontrolle im Allgemeinen vielleicht
eher durch das Ausbilden beziehungsweise Brechen von
Gewohnheiten gekennzeichnet ist. Insofern könnte es sein, dass
Selbstkontrolle am besten durch die Etablierung und
Beibehaltung stabiler Verhaltensmuster funktioniert und nicht
so sehr durch einzelne Akte von Selbstverleugnung.« [84]

Unser verändertes Verständnis von Selbstkontrolle wird durch


solche Aussagen gestützt. Wer auf der Skala der »Selbstkontrolle«
gut abschneidet, scheint in Wahrheit nichts von alldem zu tun,
was der Selbsteinschätzungstest ursprünglich messen wollte.
Solche Menschen haben kaum unerwünschte Begierden; man
könnte fast meinen, sie hätten die Verlockungen ihrer Umwelt
neutralisiert. Darüber hinaus wissen sie, wie man Gewohnheiten
ausbildet, indem man immer die gleichen Dinge zur gleichen Zeit
und am gleichen Ort tut. Wir werden noch sehen, dass die bloße
Wiederholung von Verhaltensmustern noch nicht die beste
Methode ist, die Gewohnheitsbildung zu fördern. Genauso
wichtig ist, wie beständig ein Ereignis wiederkehrt. Unsere
Morgenroutine in der Dusche – Haare waschen, rasieren,
einseifen, abschrubben, abtrocknen – erweist sich als Muster für
das zuverlässige Erreichen von Lebenszielen. Würden wir
vielleicht etwas anderes lieber tun? Nicht einmal die Möglichkeit
kommt uns in den Sinn. Wir befolgen unsere Duschroutine, ohne
über Alternativen nachzudenken. Stressfrei und ohne jeglichen
Kampf mit uns selbst.
Es fällt schwer, den Gedanken aufzugeben, dass Menschen mit
guter »Selbstkontrolle« deshalb so viel erreichen, weil sie ihre
Willenskraft einsetzen und sich in Verzicht üben. Doch wenn
man erfolgreichen Menschen genau zuhört, erkennt man, dass es
bestimmte Gewohnheiten sind, die es ihnen ermöglichen, sehr
verlässlich und ohne Konflikte ihre Ziele zu erreichen.
Bill Gates, einer der finanziell erfolgreichsten Menschen der
Welt, gründete die Firma Microsoft und besitzt heute ein
Netzwerk aus Unternehmen, das ungefähr 100 Milliarden Dollar
wert ist. Er hat berichtet, dass er erst die richtigen Gewohnheiten
ausbilden musste, um seine schulischen und beruflichen Erfolge
zu erzielen. In Interviews gibt er zu, dass er zu den Menschen
gehörte, die ihre Pflichten ständig vor sich herschoben. [85] Als
Harvard-Student »ließ ich gern raushängen, dass ich rein gar
nichts für die Uni machte, nicht zu den Seminaren ging und mir
alles egal war. Die Leute fanden das witzig«, sagte er. »Das war
meine Rolle: der Typ, der bis zur letzten Minute wartet, bis er mit
dem Lernen anfängt.« Erst in der kurzen »Lesephase« direkt vor
den Examen begann Gates zu pauken. [86] Diese Angewohnheit
hatte bei ihm in der Schule funktioniert. Es wurde dadurch nur
noch deutlicher, wie brillant er war: Er tat höchstens so, als
würde er sich vorbereiten, und bekam wie durch Zauberhand
trotzdem hervorragende Noten.
Aber als er nach zwei Jahren die Uni abbrach, war Gates damit
konfrontiert, dass die Geschäftswelt sich von seiner Show nicht
beeindrucken ließ. »Niemand bewunderte mich dafür, dass ich
alles auf den letzten Drücker machte. Es war einfach eine
schlechte Angewohnheit, und ich brauchte mehrere Jahre, um sie
loszuwerden«, gestand er. [87] In der Geschäftswelt, so wurde
ihm klar, musste er mehr so werden wie jene Kommilitoninnen
und Kommilitonen aus dem College, »die stets bestens
vorbereitet waren und ihre Aufgaben rechtzeitig fertig hatten«.
Um die Gewohnheit zu beschreiben, die er schließlich für
geschäftliche Dinge etablierte, gebrauchte Bill Gates eine
Flugmetapher: »Piloten sagen gerne, dass eine gute Landung das
Ergebnis eines guten Anflugs ist.« [88] In ähnlicher Weise sei
»eine gute Sitzung das Ergebnis einer guten Vorbereitung«. Er
gewöhnte sich an, vor einem Meeting Dokumente und Zahlen per
E-Mail an die Teilnehmerinnen und Teilnehmer zu schicken,
sodass sie die wichtigsten Informationen schon hatten. Die
Sitzungen wurden produktiver, und Gates’ Mitarbeiter
profitierten insofern davon, als es dadurch unwahrscheinlicher
wurde, dass sie die volle Wucht seiner berüchtigten Ungeduld zu
spüren bekamen.
Selbstkontrolle fällt leicht, wenn man erst einmal verstanden
hat, dass es darum geht, sich selbst in die richtigen Situationen
zu bringen, um die richtigen Gewohnheiten auszubilden.

In meinem Labor taten wir mittlerweile etwas ganz anderes als


auszuwerten, wie hoch Menschen die Stärke ihrer eigenen
Gewohnheiten einschätzten. Wir verlegten uns auf die
Erschaffung neuer Gewohnheiten.
Pei-Ying Lin, John Monterosso und ich fragten uns, ob es
möglich wäre, Gewohnheiten zu etablieren, die die
Selbstkontrolle ersetzten – die also dafür sorgten, dass man sich
trotz diverser Verlockungen und plötzlicher Begierden
vernünftig verhielt.
Für Studierende, vor allem für die, die im südlichen
Kalifornien das College besuchen, ist Junkfood eine ständige
Verlockung. Und leider basiert das Selbstwertgefühl vieler
Frauen im College-Alter auf ihrer Körperform – sie glauben, zehn
Kilo zuzunehmen sei das Schlimmste, was ihnen im Leben
passieren könne. [89] Sämtliche Frauen, die wir für diese Studie
auswählten, wollten schlank sein und legten Wert auf ihre
Gesundheit. [90] Ihr Problem war, dass sie alle für ihr Leben gern
M&M’S aßen. Die Frage war folgende: Konnten diese Frauen
lernen, sich automatisch für Gemüse und gegen M&M’S zu
entscheiden?
In der Studie arbeiteten wir mit einem Computerspiel, bei dem
die Teilnehmerinnen versuchen mussten, echte Karotten zu
gewinnen (die sie dann essen durften), indem sie ihren Joystick
in Richtung eines Karottenbildes bewegten, das auf dem
Bildschirm zu sehen war. Sobald Karotten verfügbar waren,
wurde ihnen als auslösender Reiz immer dasselbe Bild gezeigt:
ein wirbelnder, auf dem Bildschirm violett dargestellter Strudel
(siehe die nachfolgende Abbildung). Die Testpersonen spielten
das Spiel zum ersten Mal, als sie hungrig waren und drei
Stunden lang nichts gegessen hatten. Mithilfe des Spiels wurde
eine sehr einfache, elementare Gewohnheit etabliert: den
Joystick in Richtung der Karotten zu bewegen, sobald das
wirbelnde, violette Bild erschien. Wenn die Teilnehmerinnen
den Joystick erfolgreich in Richtung Karotten (in diesem Fall
nach unten) bewegt hatten, gewannen sie jeweils etwa 18 Baby-
Karotten und durften sie aufessen.
Am nächsten Tag kamen die Testpersonen wieder hungrig ins
Labor. Sie spielten dasselbe Spiel und gewannen weitere
Karotten. An diesem Punkt hatten sie sich angewöhnt, den
Joystick in Richtung des Karottenbildes zu ziehen. Die
Teilnehmerinnen taten es sehr schnell, ohne nachzudenken.
Dann kam der besondere Dreh an der Sache. Wir veränderten
das Spiel. Unsere Teilnehmerinnen konnten nun entweder
M&M’S gewinnen (und essen) oder Karotten, je nachdem, in
welche Richtung sie den Joystick bewegten. Was würden sie tun?
Würden sie sich weiterhin für die gesunde Alternative
entscheiden, indem sie den Joystick nach unten bewegten, oder
würden sie der Versuchung nachgeben?
[6]

Die Teilnehmerinnen mit einer stark ausgebildeten Gewohnheit,


Karotten zu wählen, reagierten, bevor sie überhaupt die Chance
hatten, über Alternativen nachzudenken. Die Gewohnheit (den
Joystick nach unten zu bewegen, sobald das wirbelnde, violette
Bild auf dem Bildschirm erschien) hatte die Kontrolle
übernommen, und unsere Testpersonen hatten die nächste
Schwierigkeitsstufe bestanden. Selbst wenn sie M&M’s
bekommen konnten, entschieden sich 55 Prozent der
Teilnehmerinnen für Karotten. Ich muss Ihnen sicher nicht
erklären, dass das ein sehr viel höherer Wert ist als in der
»richtigen Welt«. Niemand nimmt Karotten, wenn er M&M’s
haben kann.
Die Gewohnheit hatte etwas Besonderes zustande gebracht,
und das mit großer Leichtigkeit. Der Sache nach hatte sie die
Selbstkontrolle ersetzt. Die Testpersonen aßen aus purer
Gewohnheit mehr Karotten als Süßigkeiten. Wir hatten das
Experiment so entworfen, dass es das richtige Leben imitieren
sollte – unsere Teilnehmerinnen mussten deshalb im Vorfeld des
Karottenspiels eine kognitiv schwierige Aufgabe lösen. Wenn
ihre exekutiven Funktionen aufgebraucht waren, fielen die
Teilnehmerinnen zurück auf ihre Gewohnheit.
Gewohnheiten stehen nicht immer bereit, um uns auf diese
Weise zu schützen. Wir veränderten das Spiel etwas stärker. Das
Karottenbild erschien nun, wie Sie in der folgenden Abbildung
sehen können, an einer anderen Stelle auf dem
Computerbildschirm, und das auslösende Bild in der Mitte zeigte
in dieser Variante etwas Braunes, Stachelförmiges. Um Karotten
auszuwählen, mussten die Testpersonen den Joystick nun in eine
andere Richtung bewegen, nämlich nach links. Diese kleine
Veränderung sollte logisch betrachtet keinen großen Unterschied
gemacht haben. Doch die einfache, gewohnheitsmäßige Reaktion
war dadurch blockiert. Die Teilnehmerinnen mussten nun erst
darüber nachdenken, was sie essen wollten und in welche
Richtung sie den Joystick bewegen mussten. In dieser Variante
des Spiels waren Karotten nicht mehr das favorisierte
Lebensmittel. In 63 Prozent der Fälle wurden M&M’S ausgewählt.
Selbst kleine Veränderungen im Reiz-Reaktionsmuster zwangen
die Testpersonen, bewusste Entscheidungen zu treffen und sich
auf ihre kognitive Kontrolle und ihre Willenskraft zu verlassen.

[7]

Unsere Studie stellte die gängige Meinung auf den Kopf. Wir
glauben gemeinhin, dass Gesundheit, Glück und Erfolg mithilfe
von Überlegung und Willenskraft zu erreichen sind. Eigentlich
müsste der Genuss verbotener Süßigkeiten (wie M&M’S und
Marshmallows) die Handlung sein, die kaum Nachdenken
erfordert. Doch wenn man die richtigen Gewohnheiten hat, ist
das Gegenteil der Fall. Gerade dann, wenn man aufhört zu
denken, dass man von seinen Plänen und Zielen abkommen
könnte.
Wenn Sie wissen, wie man Gewohnheiten etabliert, dann kann
vernünftiges Handeln gewissermaßen zu Ihrer
Standardentscheidung werden. Und Ihr besseres Ich, Ihre
Gewohnheit, hat immer dann das Sagen, wenn Sie nicht
nachdenken.

Die vorteilhaften Effekte, die wir im Allgemeinen der


»Selbstkontrolle« zuschreiben, sind anscheinend eher auf eine
Art situative Kontrolle zurückzuführen. [91] Die Studien und
Geschichten, die hier zitiert wurden, haben diesen Mechanismus
aufgezeigt, einen Mechanismus, der sämtlichen Aspekten der
Gewohnheitsbildung zugrunde liegt. Eine Gewohnheit etablierte
sich immer dann, wenn ein Kontextreiz so intensiv mit einer
belohnten Reaktion assoziiert wurde, dass diese Reaktion sich
automatisierte und mit unserem emsigen und stillen zweiten Ich
verschmolz.
Das ist alles. Reiz und Reaktion. Beachten Sie, dass in diesem
Mechanismus kein Platz für, nun ja, Sie ist. Sie selbst – Ihre Ziele,
Ihr Wille, Ihre Wünsche – spielen beim gewohnheitsmäßigen
Handeln keine Rolle. Ziele können Ihnen Orientierung bieten,
während Sie eine Gewohnheit ausbilden, aber sie sind nicht das,
was diese Gewohnheit zum Laufen bringt. Tatsächlich würde es
Ihrem Gewohnheits-Ich viel mehr nützen, wenn »Sie« einfach
den Weg frei machen würden.
Teil 2

Die drei Grundlagen der


Gewohnheitsbildung
6 Kontext

Gewohnheit ist ein Kompromiss zwischen dem Individuum und


seiner Umwelt.

Samuel Beckett

Wenn man mit einer Zeitmaschine in die 1950er-Jahre reisen


und sich direkt in der Firmenzentrale eines der damaligen US-
Großunternehmen – American Can, Republic Steel oder
International Paper – abliefern lassen könnte, wäre man
durchaus auf gewisse Dinge vorbereitet; schließlich haben wir
alle Mad Men gesehen. Es gibt dort nur wenige Frauen und keine
Computer. Man sieht keine leeren Starbucks-Becher (aber
wahrscheinlich jede Menge Kaffeetassen). Das physische
Durcheinander ist sehr viel größer, es gibt viel mehr Papier, aber
auch viel mehr Platz. Offene Kaffeeküchen sind noch nicht in
Mode. Aber was einen dann doch schockiert, obwohl man darauf
vorbereitet war und es vom Kopf her wusste, ist, wie unglaublich
viel geraucht wird, und zwar drinnen. Man raucht, wenn man
morgens ankommt, bei Besprechungen, während des
Mittagessens und auf dem Nachhauseweg. Auch die (wenigen)
Frauen rauchen – für sie scheint es ein Symbol für sexuelle
Gleichberechtigung zu sein (eine Errungenschaft, die auf
anderen, wichtigeren Gebieten verdächtig zu fehlen scheint). Die
Männer rauchen wie die Schlote. Es gilt wohl als schick oder
männlich oder beides, und natürlich sind alle hoffnungslos
nikotinabhängig. Man klettert wieder in seine Zeitmaschine und
reist zurück ins 21. Jahrhundert. Okay, wir mögen noch nicht alle
Probleme gelöst haben, aber die Raumluft ist definitiv besser.
In den industrialisierten Ländern waren die 1950er-Jahre die
Blütezeit der Zigarette. Beinahe die Hälfte der US-Bevölkerung
rauchte regelmäßig, [92] in Großbritannien waren es sogar
80 Prozent. Damals erzählten einem viele Ärzte, dass moderates
Rauchen völlig okay sei. Doch dann machte die medizinische
Forschung einige Entdeckungen, die wir heute nur allzu gut
kennen. Die ersten Hinweise darauf, dass es einen
Zusammenhang zwischen Rauchen und Krebs gibt, wurden von
zwei britischen Wissenschaftlern entdeckt, Richard Doll und
Richard Peto. Rauchen verringert die Lebenserwartung um bis
zu zehn Jahre. [93]

Im Jahr 1952 wurde in Reader’s Digest ein entsprechender


Artikel mit dem Titel »Krebs schachtelweise« veröffentlicht. Und
weil die 1950er-Jahre auch die Blütezeit des Reader’s Digest
waren, wurde dieser Artikel von vielen Millionen Amerikanern
gelesen. Die Warnung war Furcht einflößend, aber die
Raucherzahlen gingen nur leicht nach unten. Trotzdem
begannen die Tabakkonzerne, zum Gegenangriff überzugehen.
Aufkommenden Ängsten versuchten sie zu begegnen, indem sie
Filter in die Zigaretten einbauten und ihre Werbeetats erhöhten.
Die Leute rauchten weiter.
In den USA kam der Wendepunkt mit dem berühmt
gewordenen Bericht des Leiters der obersten
Gesundheitsbehörde. Die Zahlen zeigten mehr als deutlich:
Tabak war (und ist es leider bis heute) die wichtigste
vermeidbare Todesursache in den Vereinigten Staaten. Und
diesmal war irgendetwas anders – jedenfalls in gewisser Weise.
Die Leute waren endlich bereit, der Sache Glauben zu schenken.
Nach dem Bericht des Behördenleiters änderten sich die
Ansichten über das Rauchen sehr schnell. Fünf Jahre nach seiner
Veröffentlichung wussten 70 Prozent der Amerikaner, dass
Rauchen schlecht für die Gesundheit ist. [94] Im Jahr 1966
wurden Warnhinweise auf den Zigarettenschachteln eingeführt.
Aber genau wie bei der Obst- und Gemüsekampagne setzte sich
das Wissen nicht in Handlung um. Im Jahr 1964 waren
40 Prozent der Amerikaner Raucher. Und im Jahr 1973 waren
ebenfalls 40 Prozent der Amerikaner Raucher. [95]
Abhängigkeit spielt dabei eine wichtige Rolle. Das
Suchtpotenzial von Nikotin wird oft mit dem von Heroin oder
Kokain verglichen. Doch Sie wissen, wie diese Geschichte
ausgeht – ganz anders als man hätte erwarten können, besonders
wenn man sich an die enttäuschenden Auswirkungen der Obst-
und Gemüsekampagne erinnert und bedenkt, wie abhängig
Nikotin macht: Viele, viele Menschen hörten auf zu rauchen, und
viele andere fingen gar nicht erst damit an. Tatsächlich rauchen
heute nur noch etwa 15 Prozent der Amerikaner und 28 Prozent
der Europäer. [96] Riesige Gebiete der Vereinigten Staaten sind
praktisch tabakfrei. Als Nation senkten die USA die Raucherrate
in fünfzig Jahren um über 50 Prozent.
Der Erfolg ist nicht so groß, wie er sein könnte, besonders nicht
unter Menschen mit niedrigem Einkommen, was zum Teil daran
liegt, dass es in ärmeren Stadtteilen viele Tabakhändler gibt und
dass die Preise durch Rabattgutscheine und Sonderangebote
künstlich niedrig gehalten werden. [97] Aber sowohl für Laien
als auch für Sozialwissenschaftler ist diese Senkung der
Raucherzahlen noch immer ziemlich beeindruckend. Sie zeigt,
dass ganze Gesellschaften sich verändern können. Und sie zeigt,
wie man einen solchen Wandel herbeiführen kann.
Raucher darüber zu informieren, wie gefährlich das Rauchen
ist, hatte nur einen geringen Einfluss auf die Raucherraten. Sogar
nach dem bahnbrechenden Bericht des Leiters der
Gesundheitsbehörde aus dem Jahr 1964 über die Gefahren des
Rauchens stiegen die Tabakverkäufe in den USA bis ins Jahr 1980
stetig an. [98] Um Gewohnheiten in den Griff zu bekommen, ist
Wissen einfach kein gutes Mittel.
Auch Willenskraft hilft nicht viel – jedenfalls nicht, wenn sie
gegen Nikotin ankommen muss. Die US-amerikanische
Gesundheitsbehörde (CDC) berichtet, dass 68 Prozent der
Raucher angeben, dass sie gern komplett aufhören würden. [99]
Trotzdem sind individuelle Versuche größtenteils zum Scheitern
verurteilt. [100] Nur etwa einem von zehn Rauchern gelingt es,
endgültig mit dem Rauchen aufzuhören. [101] Die allermeisten
haben schon nach einer Woche den ersten Rückfall. Manche
brauchen dreißig oder mehr Versuche, um wirklich aufzuhören.
[102] Es so lange zu versuchen, bis man endlich Erfolg hat,
erfordert eine fast übermenschliche Selbstkontrolle. Um es ganz
klarzumachen: Statt den Rauchern ihre über dreißig Versuche
als ständiges grandioses Versagen anzulasten, muss man sie
vielmehr als Zeichen einer bemerkenswerten, tiefen
Beharrlichkeit lesen. Indem sie es immer wieder versuchen,
zeigen diese Menschen eine beeindruckende Willensstärke.
Was ich sagen möchte, dürfte Ihnen mittlerweile vertraut sein:
Die meisten von uns sind anders als diese unglaublich
beharrlichen Menschen. Was hat also zum Erfolg geführt – für
Leute wie uns? Wenn Wissen und Willenskraft nicht die Lösung
sind, was hat dann funktioniert? Wie schafften es so viele
normale Amerikaner, mit dem Rauchen aufzuhören?
Im Jahr 1970 saßen die Menschen auf der ganzen Welt wie
gebannt vor ihren Fernsehgeräten, um die Berichterstattung
über die Ereignisse der Apollo-13-Raumfahrtmission zu sehen,
die für ganze Generationen prägend wurden. Entsetzen,
Verblüffung, Erleichterung: etwas, das wir so nie wieder im
Fernsehen zu sehen bekommen sollten. Aber noch etwas anderes
würden zumindest die Amerikanerinnen und Amerikaner nie
wieder im Fernsehen sehen: die Werbung aus dem Dezember
dieses Jahres mit dem Slogan »You’ve come a long way, baby«
(Du hast es weit gebracht, Baby). Zu der Hintergrundmusik einer
Gilbert-und-Sullivan-Operette erklärten Antisuffragetten in
Kleidern des 19. Jahrhunderts, wie sehr sie sowohl das Rauchen
als auch das Wahlrecht für Frauen ablehnten, womit der
Werbespot natürlich nahelegen wollte, dass das Rauchen
genauso zur Emanzipation der Frau gehöre wie das Wahlrecht.
Der Spot warb für Zigaretten der Marke Virginia Slims, und es
war das allerletzte Mal, dass im US-Fernsehen
Zigarettenwerbung lief. Präsident Nixon sei Dank, der damals
seine Unterschrift unter den Public Health Cigarette Smoking
Act [103] setzte.
Auch andere sichtbare Zeichen des Nikotinkonsums
verschwanden aus dem Bild der Öffentlichkeit. Erinnern Sie sich
an Zigarettenautomaten? Das Rauchen an Stränden? In Zügen?
In Büros?
Die Rauchergesetzgebung führte dazu, dass sich die
unmittelbare Umgebung rauchender Amerikaner massiv
veränderte. Es war tatsächlich so, dass durch diese Gesetze die
Orte, an denen man rauchen konnte, kleiner und schwerer
erreichbar wurden. Nun mussten Raucher erst mit dem
Fahrstuhl nach unten fahren, um sich draußen vor der Tür eine
Zigarette anzuzünden. Sobald sich aber die Umgebung
veränderte, veränderte sich auch die Gewohnheit. Man kann das
empirisch sehr genau untersuchen. Die Tatsache, dass jeder US-
Bundesstaat ein anderes Antirauchergesetz hat, bedeutet, dass
wir eine ganze Bandbreite von Variablen haben, die wir
miteinander vergleichen und einander gegenüberstellen können.
Es ist eine Art natürliches Experiment, durch das man
funktionierende Maßnahmen genau identifizieren kann.
So ist zum Beispiel in 28 Bundesstaaten und vielen Städten und
Gemeinden das Rauchen am Arbeitsplatz, in Restaurants und
Bars verboten, was bedeutet, dass etwa 60 Prozent der US-
Amerikaner außerhalb der eigenen vier Wände und des eigenen
Autos an den allermeisten Orten selbst dann nicht rauchen
dürfen, wenn sie es wollen. [104]

Die Verbote scheinen wirkungsvoll zu sein. [105] Von den zehn


Bundesstaaten mit den niedrigsten Raucherraten haben neun
Gesetze gegen das Rauchen am Arbeitsplatz, in Restaurants und
Bars. [106] Dagegen haben die drei Bundesstaaten mit den
höchsten Raucherraten (Kentucky, West Virginia und
Mississippi) solche Gesetze nicht. In diesen Staaten raucht
beinahe jeder dritte Einwohner.
Verbote können keine Wünsche ändern. Aber sie sorgen dafür,
dass Rauchgewohnheiten und Gesetze unmittelbar in Konflikt
kommen – und das Gesetz trägt fast immer den Sieg davon. Eine
Studie mit 65 britischen Raucherinnen und Rauchern, die in
Kneipen rekrutiert worden waren, zeigt anschaulich, wie diese
Zusammenstöße zwischen Gesetz und Gewohnheit aussehen.
[107] Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer wussten, dass sie,
nachdem das Rauchen verboten worden war, eine Strafe
bezahlen mussten, wenn sie es trotzdem taten. Aber der
vertraute Reiz, der den Griff zur Zigarette auslöste – nämlich in
den Pub zu gehen und etwas zu trinken –, blieb weiterhin
bestehen. Beinahe die Hälfte der Studienteilnehmerinnen und -
teilnehmer fing versehentlich an, im Pub zu rauchen. Für sie war
das Rauchen ein Automatismus: »Kneipe – Kippe«.
Ihre Kommentare offenbarten einen Konflikt: »Einmal zündete
ich mir eine an, aber dann fiel es mir ein, und ich ging nach
draußen.« – »Ja, mir ist das letzte Woche passiert. Ich meine, ich
hab das jahrelang so gemacht, der Mensch ist nun mal ein
Gewohnheitsstier.« – »Mir eine Zigarette in den Mund gesteckt
und mich rechtzeitig erinnert. Das ist mir mehrmals passiert.«
Diese Situationen hatten nicht so viel mit dem Nikotin zu tun,
wie man meinen könnte. Wir wissen das daher, dass es keinen
Unterschied machte, ob die Teilnehmerinnen und Teilnehmer
stark rauchten oder nur gelegentlich. Starke Raucher schnitten
hier nicht schlechter ab als Gelegenheitsraucher. Die Übeltäterin
war die Gewohnheit, sie ganz allein. Am Anfang der Studie,
bevor das Verbot in Kraft trat, wurden die Kneipenbesucher
gefragt, ob sie automatisch handelten, ohne darüber
nachzudenken, wenn sie sich eine Zigarette anzündeten. Diese
Menschen galten in der Studie als Gewohnheitsraucher. Nach
dem Verbot passierte es genau diesen Menschen immer wieder,
dass sie sich unabsichtlich eine Zigarette anzündeten. Ihre
Gewohnheit war gegenüber dem neuen Gesetz taub.
Ein Gesetz wie das Tabakverbot unterbricht den
automatischen Reiz-Reaktionsmechanismus einer Gewohnheit.
Menschen, die dem auslösenden Reiz, im Büro oder in einem
Restaurant zu rauchen, ausgesetzt waren, hatten nun einen
gesetzlichen Grund, ihre automatische Reaktion zu zügeln. Sie
waren ausreichend motiviert, um sich über die Handlung des
Rauchens, die von ihrer Umgebung getriggert wurde,
hinwegzusetzen.
Der Konflikt zwischen der Gewohnheit (hier zu rauchen) und
der bewussten Erkenntnis (dass es neuerdings verboten ist) sollte
über die Zeit kleiner werden. Während sich die Leute an das
Verbot halten, verknüpfen sie ihre Gewohnheit mit neuen Orten,
an denen sie nun wiederholt rauchen. Auf diese Weise wird die
Gewohnheit, in der Kneipe zu rauchen, auf
gesundheitsfördernde Weise umständlicher. Raucher müssen ihr
Gespräch unterbrechen, ihr Getränk hinstellen, aufstehen, nach
draußen gehen und mitten im scheußlichen britischen Wetter
einige Minuten vor der Tür verbringen.
Ein weiteres Abschreckungsmittel gegen das Rauchen sind
Zigarettensteuern. Im Durchschnitt besteht etwa die Hälfte der
Kosten einer Schachtel Zigaretten in den USA aus
bundesstaatlichen, staatlichen und lokalen Steuern. [108] Die
Einwohnerinnen und Einwohner von Bundesstaaten mit
höheren Zigarettensteuern rauchen weniger. Im Jahr 2018 war
die Steuer in Missouri am niedrigsten, sie bestand aus einem
Aufschlag von nur 17 Cent; [109] – 22 Prozent der Einwohner von
Missouri rauchen. [110] In New York waren die Steuern am
höchsten, sie betrugen 4,35 Dollar pro Schachtel. Nur 14 Prozent
der Einwohnerinnen und Einwohner von New York sind
Raucher.
Pro 10 Prozent, die die Steuern auf eine Packung Zigaretten
steigen, fällt der Anteil der Raucherinnen und Raucher in der
erwachsenen Bevölkerung um durchschnittlich 4 Prozent. [111]

Mit Magie hat das nichts zu tun: Je teurer die Zigaretten werden,
desto weniger können wir sie uns leisten.
Welche Auswirkungen die Umgebung auf das Rauchen hat,
wird besonders deutlich, wenn man die zusätzlichen Gesetze
betrachtet, die verabschiedet wurden. Wir haben schon gesehen,
dass die Tabakindustrie ab 1970 im Fernsehen keine Werbung
mehr schalten durfte. Aber das war noch längst nicht alles.
Läden dürfen in fast allen Bundesstaaten ebenfalls keine
Zigarettenwerbung mehr machen oder die Packungen so
auslegen, dass die Kunden sie sich selbst nehmen können. Die
Käufer müssen einen Angestellten bitten, ihnen eine der
Packungen zu geben, die hinter dem Schalter aufgestellt sind.
Wir haben alle schon in einer Warteschlange gestanden und
mit angehört, wie jemand ungeschickt versuchte, der
Verkäuferin zu erklären, was er haben will: »Eine Schachtel
Camel Blues … Nein, die nicht, die 99er … Nein, nicht die, gleich
über denen – die 99er Lights.« Bei jedem Zigarettenkauf so
agieren zu müssen wird zu einem weiteren Hindernis.
Aber reichen solche Veränderungen tatsächlich aus, um den
Konsum von etwas, das so süchtig macht wie Zigaretten,
drastisch zu senken? Von Nikotin wird man so schnell abhängig,
kann es wirklich sein, dass ein paar Unbequemlichkeiten
dagegen ankommen?
In einer Studie mit 475 Rauchern in Washington, D. C., die
gerade aktiv versuchten aufzuhören, wurde untersucht, welchen
Einfluss bestimmte Umweltreize, die mit Tabak zu tun hatten,
auf ihren Vorsatz hatten. [112] In dem Monat, in dem die Studie
lief, berichteten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer jeden
Abend, wie groß an diesem Tag ihr Verlangen nach einer
Zigarette gewesen war. Wie zu erwarten, wurden viele von ihnen
rückfällig und begannen an einem der Tage, an denen ihr
Verlangen besonders groß war, wieder mit dem Rauchen. Diese
Art von sehnsüchtiger Gier kann unser Bewusstsein komplett
ausfüllen und unsere Entscheidungen vollständig bestimmen.
Aber das war nicht das Neue an dieser Studie. Die angehenden
Nichtraucher waren damit einverstanden, dass ihr jeweiliger
Standort über ihre Mobiltelefone nachverfolgt wurde. Die
Umgebung von D. C. ist mit einer Geocodierung versehen, sodass
die Forscher sagen konnten, wann die Teilnehmerinnen und
Teilnehmer sich in der Nähe von Läden befanden, in denen
Tabak verkauft wurde. Die Studienteilnehmer besuchten diese
Läden aus ganz unterschiedlichen Gründen, unter anderem, um
zu tanken, Lebensmittel einzukaufen oder eben sich eine
Schachtel Zigaretten zu holen.
Wenn Sie so ticken wie die allermeisten Menschen, dann
stellen Sie sich einen Rückfall etwa so vor: Nach einem langen
Kampf greifen Sie irgendwann doch zur Zigarette. Das Verlangen
ist immer stärker geworden … bis Sie den Kampf schließlich
verloren haben. Die Forscher hatten erwartet, dass so ein
Rückfall immer dann auftreten würde, wenn das Verlangen mit
einer Kaufmöglichkeit zusammenträfe. Man muss nur die beiden
Seiten vertauschen, und schon hat man die Rückfallvorstellung
meiner Cousine, die so gerne mehr Sport treiben würde: Ihr
Wille zum Joggen wird kleiner und kleiner und verliert
schließlich den Kampf gegen ihren Wunsch, sich einfach nur
auszuruhen. Diese Vorstellungen klingen überzeugend, aber sie
beschreiben unser Festhalten an Gewohnheitshandlungen nicht
adäquat. Eigentlich beschreiben sie nur, wie wir auf temporäre
Versuchungen reagieren.
Was das Rauchen betrifft, funktionierte der Rückfall in
Wirklichkeit wie folgt: Die Probanden betraten einen Laden,
wobei sie nach eigener Aussage keinerlei Sehnsucht nach einer
Zigarette verspürten. Das bedeutet, dass sie als Antwort auf die
Frage »Wie dringend möchten Sie in diesem Augenblick
rauchen?« die Null beziehungsweise »überhaupt nicht«
angekreuzt hatten. Wenn in dem Laden jedoch Zigaretten
verkauft wurden, waren die angehenden Nichtraucher
bestimmten, ihnen sehr vertrauten Kaufanreizen ausgesetzt.
Vielleicht waren sie Zeuge, wie jemand anders eine Schachtel
kaufte. Vielleicht entdeckten sie ihre Lieblingsmarke an ihrem
normalen Platz hinter dem Tresen. Allein diese Reize führten zum
Rückfall, und die Probanden verließen den Laden mit einer
Schachtel Zigaretten in der Hand. Und fingen wieder an zu
rauchen.
Die Konsequenzen für die Nichtrauchergesetzgebung sind klar:
Wir brauchen Gesetze, die Kaufanreize an der Kasse
eindämmen. Keine Zigarettenautomaten mehr, an denen man
sich beim Betreten eines Restaurants eine Schachtel ziehen kann.
Keine Werbung, bei der auf Bildschirmen Zigaretten gezeigt
werden. Keine Bars, in denen die anderen Leute rauchen. Trotz
des enormen Suchtpotenzials von Nikotin spielen bei der Frage,
ob wir rauchen oder nicht, die Auslösereize in unserer täglichen
Umgebung eine enorme Rolle. Der Kontext erleichtert oder
erschwert das Rauchen auf eine Weise, die unser bewusstes Ich
nicht versteht. Wenn man die Rauchumgebung stört, stört man
das Rauchen. Wenn wir uns gegen die Verheerungen des
Tabakmissbrauchs zur Wehr setzen wollen, sollten wir es
vermeiden, sein stärkstes Bollwerk, die Sucht, frontal anzugehen;
viel besser ist es, an der Flanke anzugreifen und der
Abhängigkeit den Weg abzuschneiden.
Die Eindämmung des Rauchens war ein erstaunlicher Erfolg.
Wir können viel daraus lernen.

Der berühmte frühe Psychologe Kurt Lewin glaubte, dass unser


Verhalten von bestimmten Kräften beeinflusst wird, ähnlich wie
die Objekte der physischen Welt der Schwerkraft und anderen
grundlegenden Kräften unterworfen sind. [113]

Ein Teil des Drucks, dem wir ausgesetzt sind, kommt aus
unserem eigenen Innern, in Gestalt unserer Ziele, Gefühle und
Einstellungen. Das ist der Teil unserer Welt, unserer
Lebensräume, der uns als Individuen widerspiegelt. Wenn Sie
zum Beispiel anfangen wollen, mehr zu schlafen, dann ist dieser
Wunsch eine Kraft, die Sie dazu antreibt, früh ins Bett zu gehen
und alle Bildschirme aus dem Schlafzimmer zu verbannen.
Wenn Sie eines Abends beschließen, dass Sie heute bis spät in die
Nacht arbeiten müssen, dann ist das im Blick auf Ihren
Nachtschlaf eine Gegenkraft: etwas, das Sie wachhält.
Nach Lewin produzieren nun auch die Kontexte, in denen wir
uns befinden (und die er »Umgebungen« nannte), Kräfte, die auf
unser Verhalten einwirken.
Kontext meint alles in der Sie umgebenden Welt – abgesehen
von Ihnen selbst. Es schließt den Ort ein, an dem Sie sich
befinden, die Menschen, mit denen Sie zusammen sind, die
jeweilige Tageszeit und die Handlung, die Sie schon ausgeführt
haben. Sogar Ihr Mobiltelefon ist ein Kontext, der sowohl einen
physischen als auch einen virtuellen Raum außerhalb Ihrer
selbst repräsentiert. Dies sind die äußeren Kräfte, die unsere
Handlungen antreiben oder ihnen widerstreben. Nach Lewins
berühmter Gleichung ist Verhalten (B für behavior) also eine
Funktion der Person und des Kontextes/der Umgebung (E für
environment). Formal würde man das so notieren: B = f (P,E).
Widerstrebende Kräfte sind eine Art Reibung, die Handeln
erschwert oder ganz verhindert. In unserem materiellen Leben
spielt Reibung eine große Rolle – wenn wir beim Autofahren auf
die Bremse treten, ein Streichholz anzünden oder die Straße
entlanglaufen, verlassen wir uns auf Reibung. Sie kommt auch
im ökonomischen Denken vor. Wirtschaftswissenschaftler
beklagen die durch Zeit, Aufwand und Kosten entstehenden
Reibungsverluste zwischen Produzenten und Konsumenten,
durch die sich Transaktionen verlangsamen und Ineffizienz
entsteht.
Lewin nutzte diese Kraftfeld-Prinzipien, um zu erklären, wann
wir unser Verhalten verändern. In seiner Terminologie sind
Nichtrauchergesetze widerstrebende Kräfte, die die Reibung für
das Rauchen vergrößern. Aber andere Aspekte unseres Kontexts
können das Rauchen auch antreiben, indem sie die Reibung
reduzieren. Sie sehen vielleicht, wie andere sich eine Zigarette
anstecken, was Sie daran erinnert, dass Sie schon eine Weile lang
nicht mehr geraucht haben. Ob eine äußere Kraft eine
widerstrebende oder antreibende Wirkung hat, also für Reibung
sorgt oder sie beseitigt, hängt davon ab, um welches Verhalten
und welche Kräfte es geht.
Wir können uns unser Leben als eigenständiges Kraftfeld
vorstellen. Ja, von einigen dieser Kräfte sind wir selbst die Quelle,
aber der Kontext um uns herum entfaltet ebenfalls eine große
Macht beim Antreiben oder Hemmen von Handlungen. Im Alltag
nutzen wir bewusst die Vorteile von Reibungsreduzierern. Wir
wissen, dass es leichter ist, Geld zu sparen, wenn wir einen
Dauerauftrag von unserem Konto auf ein Sparkonto einrichten.
Obwohl es am Anfang wehtut, bemerken wir irgendwann nicht
mehr, dass wir weniger Gehalt in der Tasche haben. Indem wir
eine antreibende Kraft automatisieren, legen wir von jedem
Gehalt, das uns ausgezahlt wird, einen Teil zurück.
Die werbenden Appelle gehören zu den am deutlichsten
sichtbaren Kräften in unserem alltäglichen Kontext. Eine
klassische antreibende Kraft, die erdacht wurde, um die Reibung
beim Kauf zu reduzieren, ist die Frage: »Möchten Sie Pommes
dazu?« Diese einfache Nachfrage, die beim Kauf von Fast Food
immer am Ende einer Bestellung kommt, führt dazu, dass wir
mehr Frittiertes essen. Denn es kommt vor, dass wir uns dabei
ertappen, wie wir Ja sagen, ohne dass wir das eigentlich
vorgehabt hatten.
Antreibende Kräfte sind auch für das exzessive Glotzen von
Netflix- oder Hulu-Serien verantwortlich, denn die nächste Folge
beginnt, ohne dass man auch nur einen einzigen Muskel
bewegen oder eine bewusste Entscheidung treffen müsste. Der
Medienkontext treibt uns einfach weiter zur nächsten Folge.
Einzelhändler schaffen immer neue Kräfte, die uns zum
Kaufen antreiben, indem sie Schnittstellen zwischen digitalen
und physischen Verkaufsräumen schaffen. Als Käufer kann man
einen Artikel, den man online gesehen hat, sofort kaufen und ihn
dann im nahe gelegenen Laden abholen. Die antreibenden Kräfte
verbinden die Bequemlichkeiten des Onlineshoppings mit seinen
sofortigen Kaufmöglichkeiten mit der vorteilhaften Möglichkeit,
die Transportkosten einzusparen. Die Ladenbesitzer profitieren
dabei sowohl von Ihrem unmittelbaren Onlinekaufimpuls als
auch davon, dass Sie möglicherweise weitere Artikel kaufen,
wenn Sie zum Abholen in den Laden kommen. Inzwischen gibt
es für das Aussuchen und Kaufen über die unterschiedlichsten
Kanäle sogar einen Namen: kanalübergreifendes Geschäftsmodell
oder Omnichannel Retail.
Mitfahrunternehmen wie Uber oder Lyft basieren auf dem
Prinzip der niedrigen Reibung. Wie Professor M. Keith Chen, der
ehemalige Leiter der Wirtschaftsforschungsabteilung bei Uber,
mir erklärte, [114] sollte »es ein Produkt werden, bei dem man
nur einen einzigen Knopf drücken muss. Wenn man die App
öffnet, weiß das GPS Ihres Smartphones sofort, wo Sie sich
befinden … Sie müssen noch nicht einmal selbst darüber
nachdenken. Sagen Sie einfach per Knopfdruck: ›Ich brauche
eine Mitfahrgelegenheit.‹ Das Auto kommt, Sie steigen ein, Sie
sagen dem Fahrer, wohin Sie müssen, Sie steigen aus, ohne mit
Bargeld hantieren zu müssen. Das war die ursprüngliche App.
Man sah nie irgendeinen Preis.«
Weiter sagte er: »Alle nannten das ›reibungslos‹, das war ein
sehr beliebter Begriff im Silicon Valley. Es soll wie Zauberei
aussehen. Und für die frühen Nutzer war es Zauberei. Ich kann
einen Knopf auf meinem Telefon bedienen, und plötzlich hält
neben mir jemand und bringt mich, wohin ich will? Das ist
unglaublich.«
Aber die temporären Preisaufschläge veränderten alles. »Aus
der Perspektive der Fahrgäste war das psychologisch falsch«,
sagte Chen. »Es wirkte wie eine Strafe. Es machte das
reibungslose Muster kaputt. ›O Mann, da erscheint dann plötzlich
ein roter, blinkender Pfeil, und ich muss mich plötzlich fragen:
›1,6-mal der normale Preis? Was passiert hier?‹« Uber änderte
also seine Preispolitik. »Heute sehen die Fahrgäste nur den
Gesamtpreis. Der lächerlich hohe Aufschlag wird nicht mehr
angezeigt. Nun heißt es bloß: ›Hey, Sie wollen von A nach B
kommen, das macht dann 11,64 Dollar.‹«
Lewins Entdeckungen über Kontexte als Kraftfelder haben
mehr Einfluss, als er jemals erwartet hätte. Er hatte antreibende
und widerstrebende Einflüsse erkannt, die wir zu unserem
Vorteil nutzen können.
Es gibt wohl kaum einen Kontexteinfluss, den wir besser in
unser Leben einbauen können als simple räumliche Nähe. Nähe
bestimmt über die äußeren Kräfte, denen wir ausgesetzt sind,
wir lassen uns auf das, was in unserer Nähe ist, besser ein und
neigen dazu, das, was weiter weg ist, zu ignorieren.
Kontrollierte Laborexperimente unterstreichen die Wichtigkeit
der räumlichen Nähe für das, was wir essen. Stellen Sie sich vor,
Sie kommen in eine Laborküche, um an einem Geschmackstest
teilzunehmen. Der Interviewer begleitet Sie nach drinnen und
verlässt dann den Raum, indem er sagt: »Ich komme gleich mit
ein paar Fragebögen wieder. Ach so, das Essen ist für Sie, falls Sie
etwas mögen.« Es gibt zwei Schüsseln, eine ist voll mit
gebuttertem Popcorn. In der anderen sind geschnittene Äpfel. Sie
werden für sechs Minuten allein gelassen.
An einem Tag steht die Schüssel mit Popcorn in Reichweite auf
dem Tisch, etwa dreißig Zentimeter von Ihnen entfernt, während
die Apfelscheiben auf einer Anrichte stehen – gut sichtbar, aber
um etwas davon zu essen, müssten Sie aufstehen. An einem
anderen Tag, an dem Sie wegen der Studie im Labor sind, stehen
die Äpfel auf dem Tisch und das Popcorn auf der Anrichte.
Was tun Sie also? Sie dürfen alles essen, und es erscheint
logisch, dass Sie von dem, was Sie wirklich wollen (vermutlich
Popcorn), mehr essen, egal, wo die entsprechende Schüssel steht.
Aber hier haben wir wieder so einen Fall, in dem unser
Bauchgefühl einfach nicht stimmt. [115] Wie viel mehr Popcorn
würden Sie essen, wenn Sie nicht aufstehen müssten, um es sich
zu nehmen? Laut Studie: sehr viel mehr. Die Teilnehmerinnen
und Teilnehmer aßen etwa 50 Kalorien, wenn die Äpfel in
Reichweite standen, aber etwa dreimal so viel, wenn die Schüssel
mit Popcorn auf dem Tisch stand. In dieser Studie war die
Reibung etwas ganz Einfaches – räumliche Entfernung. Den
kalorienreichen Snack auch nur ein bisschen außer Reichweite
zu stellen erzeugte beträchtliche Reibung. Die Teilnehmerinnen
und Teilnehmer konnten das Popcorn noch immer sehen und
riechen, aber die Entfernung war ausreichend, um sie vom Essen
abzuhalten.
Genau diese Reibung konnte ich bei einer Fachkonferenz zum
Thema Gewohnheit, die ich jedes Jahr im Sommer veranstalte, in
der Praxis beobachten. In einem Jahr nahmen besonders viele
Europäer teil. Ich bat um zusätzliches Obst, weil ich beobachtet
hatte, dass es in Europa viel lieber gegessen wird als in Amerika.
Der Caterer brachte daraufhin mehr Früchte, stellte sie aber in
einer Kiste an den Rand des Tisches, und die Leute mussten sich
strecken, um sich ein Stück Obst zu nehmen. Als mir das klar
wurde, stellte ich das Obst so hin, dass man leicht herankommen
konnte. Es war sofort weg, einschließlich der überreifen
Bananen.
Dieselbe Art von Reibung durch Entfernung ist sehr
einflussreich, wenn wir uns in einer Cafeteria oder an einem
Büfett etwas zu essen kaufen. In Studien, bei denen man den
Platz, an dem die einzelnen Lebensmittel stehen, variierte,
bevorzugten die Probanden die sichtbareren und besser
erreichbaren Speisen. [116] Indem sie den Nachtisch ganz ans
Ende stellen (anstatt an den Anfang) und dafür sorgen, dass die
gesunden Lebensmittel besser zu sehen sind, können
Restaurants also durchaus beeinflussen, was die Leute essen.
Lebensmittelläden arbeiten längst mit dieser Form des
äußeren Drucks, der uns bei jedem Einkauf fest im Griff hat.
Nicht umsonst heißt es: Aus den Augen, aus dem Sinn. Wenn wir
uns bücken oder strecken müssen, ist es viel
unwahrscheinlicher, dass wir uns überhaupt für die Ware
interessieren. Wir alle haben uns an Lebensmittelgeschäfte
gewöhnt, in denen am Ende jedes Ganges Werbung platziert ist
und Grundnahrungsmittel wie Fleisch und Milch sich im
hinteren Teil des Ladens befinden, damit man erst durch
sämtliche Gänge laufen muss (und dabei die Waren anschaut, die
auf Augenhöhe platziert sind). Den gleichen Effekt haben die
verlockenden Süßigkeiten und Zeitschriften, denen man beim
Warten an der Kasse ausgesetzt ist. Können Sie sich einen
Supermarkt vorstellen, in dem Milch und Fleisch gleich am
Anfang stehen, die billigsten Waren einen Platz auf Augenhöhe
bekommen und der im Kassenbereich Äpfel anbietet? Der
Hauptzweck eines solchen Ladens wäre jedenfalls nicht der
Profit (der erreicht wird, indem man Sie und Ihre schlechtesten
Impulse ausnutzt), sondern Ihre Gesundheit und Ihr
Wohlbefinden (indem man sich an Ihren guten Vorsätzen
orientiert).
Es gäbe gute Gründe für einen solchen Laden. Stadtbewohner
essen tendenziell mehr Obst und Gemüse, je näher sie an einem
Supermarkt wohnen. [117] Das gilt besonders für
Lebensmittelgeschäfte, die Obst und Gemüse mehr Regalplatz
einräumen. [118] Auch Wochenmärkte von örtlichen Bauern sind
dafür ein gutes Beispiel. [119] Im Sommer 2010 baute das
Zentrum für nachhaltige Lebensmittel in Austin, Texas,
temporäre Marktstände in ärmeren Stadtvierteln auf, in denen
man normalerweise nicht so leicht Zugang zu frischem Obst und
Gemüse hatte. Die Forscher versuchten nicht, die Einwohner
über Gesundheitsthemen aufzuklären oder auch nur Werbung
für die Stände zu machen. Sie beobachteten einfach nur die
Auswirkungen der größeren räumlichen Nähe.
Einige Wochen bevor die Studie begann, hatten die Forscher
alle Gegenden genauer unter die Lupe genommen, die innerhalb
von knapp einem Kilometer vom Ort der geplanten Marktstände
lagen. Nur etwa 5 Prozent der Einwohner gaben zu Protokoll,
schon einmal auf einem Wochenmarkt eingekauft zu haben. Im
Durchschnitt aßen diese Leute ungefähr 3,5 Portionen Obst und
Gemüse am Tag. Die Stände wurden dann neben Schulen und
Stadtteilzentren aufgestellt, an denen auch Lebensmittelkarten
verteilt wurden (mit denen man unter anderem auf den
Wochenmärkten einkaufen konnte).
Zwei Monate später hatte beinahe ein Viertel der Einwohner,
die anfangs kontaktiert worden waren, an einem dieser Stände
eingekauft. Viel wichtiger aber war, dass sich der tatsächliche
Obstverzehr verdoppelt hatte und die Einwohner auch etwas
mehr grünen Salat aßen, genau wie Gemüse und Tomaten (für
frische Salsa, schließlich waren wir in Texas). Im Schnitt
steigerten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer an der Umfrage
ihren Konsum von frischem Obst und Gemüse um etwa
10 Prozent, auf über vier Portionen. Die Läden in unserer
unmittelbaren Nachbarschaft könnten offenbar viel für die
Gesundheitsvorsorge tun.
Kann etwas so Simples wie räumliche Nähe die Leute auch
dazu bringen, mehr Sport zu treiben? Zwischen Februar und
März 2017 sah sich eine Firma, die auf Datenanalyse spezialisiert
ist, diese Frage genauer an, indem sie die Handydaten von 7,5
Millionen Geräten auswertete (ja, unsere Telefone werden
ständig auf diese und andere Weise angezapft, auch wenn uns
das erst langsam ins Bewusstsein dringt). Bei Menschen, die ein
Mobiltelefon besaßen, wurde geschaut, wie weit sie es zu dem
Fitnessstudio hatten, bei dem sie angemeldet waren. [120] Leute,
die eine mittlere Entfernung von sechs Kilometern zur Halle
zurücklegen mussten, gingen fünfmal im Monat oder öfter zum
Sport. Diejenigen, die acht Kilometer zurücklegen mussten,
gingen nur einmal im Monat. Diese scheinbar kleine Differenz –
zwei Kilometer – trennte die, die eine feste Sportgewohnheit
hatten, von denen, die nur selten ins Fitnessstudio gingen.
Unserer bewussten Überlegung erscheint eine so kurze Distanz
als ausschlaggebende Grenze unlogisch. Aber die zwei Kilometer
hatten nun einmal einen ganz entscheidenden Einfluss darauf,
ob Menschen sich angewöhnt hatten, regelmäßig Sport zu
treiben.
Räumliche Entfernung könnte sogar Auswirkungen darauf
haben, mit wem Sie Freundschaft schließen. Eine klassische
Studie von 1950 wertete die Freundschaften aus, die sich unter
260 verheirateten Veteranen in einem Studentenheim des
Massachusetts Institute of Technology (MIT) entwickelt hatten.
[121] Am Anfang des Semesters wurden den Teilnehmerinnen
und Teilnehmern per Zufallsprinzip ihre Apartments in den
kleinen, zweistöckigen Häuserblocks zugewiesen. Die Forscher
maßen die Entfernung zwischen den Wohnungstüren. Dann
verfolgten sie, wer sich mit wem anfreundete.
Mit wem sich die Studierenden bekannt machten und mit wem
sie Freundschaften schlossen, hing dabei nicht im Geringsten
vom Zufall ab. Es gab eine sehr viel höhere Wahrscheinlichkeit,
dass sie sich mit den Nachbarn anfreundeten, mit denen sie Tür
an Tür oder auf einem gemeinsamen Korridor wohnten, als mit
Nachbarn aus einem anderen Stockwerk. Die Bewohner von
Wohnungen, die durch die geringe Entfernung von nur fünfzig
Metern voneinander entfernt lebten, wurden dagegen niemals
Freunde. Das Ganze ging so weit, dass die Leute, die in einem
Apartment lebten, das am Ende eines Korridors lag, weniger
beliebt waren, weil sie weniger Leute trafen, die an ihrer
Wohnung vorbeiliefen. Die einzigen Studierenden, die sich mit
Leuten von anderen Fluren anfreundeten, waren die, die in der
Nähe der Treppenhäuser wohnten.
Wenn man darüber nachdenkt, kann man aus dieser Studie
schließen, wie wir äußere Kräfte zu unserem sozialen Vorteil
nutzen können. Wenn Sie gerade dabei sind, in eine andere Stadt
zu ziehen, und neue Leute treffen wollen, dann können Sie sich
dabei sowohl von antreibenden als auch von widerstrebenden
Kräften helfen lassen. Eine Wohnung, die nahe an einem
gemeinschaftlich genutzten Eingang liegt, wird Sie auf natürliche
Weise mit anderen in Kontakt bringen. In einem neuen Job kann
die Wahl eines zentral gelegenen Schreibtisches (vielleicht sogar
in der Nähe der Kaffeeküche) Reibung reduzieren, wenn es um
das Kennenlernen von Kolleginnen und Kollegen geht. Falls Sie
Kinder haben, reduzieren diese auf ganz natürliche Weise
Reibung, indem sie Sie über ihre Schulaktivitäten mit dem
Stadtviertel in Kontakt bringen. Sie können sich diese Kräfte wie
eine Art »Strömung« vorstellen, die Sie zu den erwünschten
Erfahrungen hin- und von den unerwünschten wegtreibt. [122]

Die Menschen in unseren Kontexten wirken als soziale Kräfte.


Was sie tun oder lassen, beeinflusst unser eigenes Verhalten. Wir
essen mehr, wenn wir viel mit Menschen zusammen sind, die
viel essen, unabhängig davon, ob sie in diesem Augenblick
präsent sind oder ob wir von ihrem Essverhalten nur gehört
haben. [123] Aber wir sind uns ihres Einflusses nicht immer
bewusst. Selbst wenn sie sehr offensichtlich von den
Entscheidungen anderer beeinflusst wurden, berichten die
Teilnehmerinnen und Teilnehmer von Studien typischerweise,
dass der Hunger oder der Geschmack des jeweiligen Essens sie
angetrieben habe – und nicht das Verhalten der anderen. [124]

Die Reibung, für die andere Menschen sorgen können, ist auch
bei dem schon fast fanatischen Bekenntnis zur körperlichen
Fitness Thema, das unter den Kadetten von Militärakademien
üblich ist. Etwa 35 000 Kadetten der U. S. Air Force Academy
wurden zufällig ausgelost, um in Gruppen zusammenzuleben,
wodurch sie eine natürliche Versuchsanordnung bildeten, in der
sie sich nicht ausgesucht hatten, mit wem sie ein Zimmer teilten.
[125] Faulere Kadetten konnten also nicht beschließen, mit
gleichgesinnten zusammenzuleben. Wegen der Zufälligkeit, mit
der sie zusammengewürfelt worden waren, waren in einigen
Einheiten Kadetten, die in der Highschool höhere Fitnesswerte
erreicht hatten, und in anderen welche, die dort schlechter
abgeschnitten hatten – obwohl insgesamt natürlich alle ziemlich
fit waren.
Die Studierenden verbrachten den Großteil ihrer Zeit im
Kontakt mit den dreißig anderen Kadetten ihrer Einheit. Sie
lebten in nebeneinanderliegenden Schlafräumen, aßen
zusammen, lernten zusammen. Und im Laufe der ersten beiden
Jahre war es tatsächlich so, dass die Studierenden mit
niedrigeren Fitnesswerten, sobald sie in die Academy
aufgenommen worden waren, die Fitness der anderen Mitglieder
ihrer Einheit beeinträchtigten. Das heißt, es war
wahrscheinlicher, dass Kadetten durch den halbjährlichen
Fitnesstest fielen, wenn sie in einer Einheit waren, in der die
durchschnittlichen Fitnesswerte aus der Highschool niedrig
waren.
Wahrscheinlich ahmten die Kadetten sich gegenseitig in ihren
Work-out-Programmen nach. Als Gruppe trainierten sie
entweder hart oder relativ entspannt. Es ist davon auszugehen,
dass hier externe Kräfte am Werk waren und nicht Konkurrenz,
eine bestimmte Form der Anführerschaft oder andere
Gruppendynamiken, denn der Einfluss von anderen ging meist
nur in eine Richtung: Weniger fitte Kameraden zogen die
Testergebnisse der gesamten Einheit nach unten, während die
fitteren Kadetten die Testergebnisse ihrer Gruppe nicht im
selben Ausmaß erhöhten. Mit der Möglichkeit, sich weniger
sportlichen Kameraden bei sitzenden Tätigkeiten anzuschließen,
indem vielleicht ein Film angeschaut oder Videospiele gespielt
wurden, kamen soziale Kräfte zum Tragen. Ihre extrem
sportlichen Freunde auf einen 16-Kilometer-Lauf zu begleiten
war für Kadetten, die selbst nicht so fit waren, einfach sehr viel
schwieriger.

Lewin wusste um die Wichtigkeit sowohl der Person als auch des
Kontextes, in dem sie lebt. Aber wenn es darum geht, unser
eigenes Verhalten zu verstehen, sind wir nicht immer so
einsichtsvoll. Wir neigen dazu zu unterschätzen, wie sehr unsere
Handlungen von den Kontexten um uns herum beeinflusst
werden. Stattdessen haben wir oft ausschließlich
Aufmerksamkeit für den Prozess unserer inneren
Entscheidungsfindung. Wie wir in Kapitel 2 gesehen haben,
nennt man das weitverbreitete Gefühl, alles selbst in der Hand
zu haben, introspektive Illusion.
Was genau taten Sie, als Sie zum letzten Mal versucht haben,
Ihr Verhalten zu verändern? Wahrscheinlich dachten Sie
darüber nach, was Sie falsch machten und warum Sie es ändern
wollten. Sie konzentrierten sich auf Ihren Wunsch, auf der Arbeit
erfolgreich zu sein, eine glückliche Ehe zu führen oder finanziell
auf sicheren Füßen zu stehen. Sie verhielten sich so, als wären
Ihre Wünsche am Ruder.
Der Glaube an den freien Willen hat viele Vorteile. Er gibt uns
das Vertrauen, dass wir die Herausforderungen des Lebens
meistern können. Aber er verführt uns auch dazu, den
machtvollen Einfluss der von uns bewohnten physischen und
sozialen Welt zu übersehen. Unsere starken inneren Vorsätze
machen uns blind für die Reibung, die von unserer alltäglichen
äußeren Umgebung ausgeht – wir sehen nicht, dass unsere
Umgebung manche Handlungen erleichtert und andere
erschwert. Der Glaube, dass unser willentliches Ich am Ruder
sitzt, kann dabei zum Selbstbetrug werden: Wir vergessen
beinahe, dass wir einen Körper haben und dass dieser Körper in
einem Raum existiert, der von unseren alltäglichen Kontexten
durchdrungen und beeinflusst ist. Man könnte glatt übersehen,
dass das eigene Ich aus so viel mehr besteht als aus Klugheit.
Um zu erkennen, wie die introspektive Illusion arbeitet, führen
Sie sich am besten ein Experiment vor Augen, das an einer
kanadischen Universität mit 289 Studierenden aus dualen
Studiengängen gemacht wurde. [126] Alle gaben den starken
Vorsatz zu Protokoll, im Laufe des Semesters Geld zu sparen. Das
durchschnittliche Sparziel betrug mehr als 5000 Dollar, etwa ein
Drittel des Gesamteinkommens.
Kurz bevor das Studium begann, wurde den Studierenden
angeboten, an einem Programm teilzunehmen, das das Sparen
erleichtern sollte, indem Einnahmen und Ausgaben genau
festgehalten wurden. Nachdem sie eine Einführung in das
Programm erhalten hatten, sollten die Teilnehmerinnen und
Teilnehmer einschätzen, ob es ihnen dabei helfen könnte, ihr
Sparziel zu erreichen. Die einhellige Antwort war Nein, das
könnte es nicht. Dabei hatte eigentlich niemand Zweifel an der
Nützlichkeit des Programms. Die Studierenden gaben vielmehr
an, dass es anderen sicher helfen würde, aber ihnen selbst nun
einmal nicht.
Trotz ihrer Zweifel wurden einige der Studierenden von den
Forscherinnen und Forschern für das Geldsparprogramm
angemeldet. Am Ende des Semesters hatten 68 Prozent von
denen, die an dem Programm teilnahmen, ihre Sparziele
erreicht. Von denen, die nicht an dem Programm teilgenommen
und es allein versucht hatten, erreichten nur 57 Prozent ihr Ziel.
Diese Differenz mag nicht besonders groß erscheinen, aber für
diejenigen, die ihr Studium allein finanzieren müssen, kann es
der Unterschied ums Ganze sein. Indem die betreffenden
Studierenden aus der Studie den Einfluss ihrer ursprünglichen
Vorsätze überschätzten, ließen sie die Gelegenheit, die Hilfe eines
solchen Programms anzunehmen, jedoch verstreichen.
Das Unterschätzen des Einflusses unserer Umwelt betrifft
manchmal noch Wichtigeres als innovative Programme zum
Geldsparen. Selbst wenn nämlich solche äußeren Kräfte sehr
stark und gut zu erkennen sind, können wir der introspektiven
Illusion zum Opfer fallen, wie eine Studie mit Studierenden aus
Stanford zeigt, die zufällig nach Paaren zusammengewürfelt
wurden, um ein Wissensspiel zu spielen. [127] Einer der beiden
wurde zufällig ausgewählt, der »Frager« zu sein: Er durfte
seinem Partner schwierige Fragen aus einem Wissensgebiet
stellen, mit dem er oder sie sich sehr gut auskannte, das
Gegenüber aber nicht, zum Beispiel: »Wofür stehen die Initialen
W. H. im Namen [des Dichters] W. H. Auden?« oder »Wie heißt
der längste Gletscher der Welt?« Das Gegenüber, das zufällig für
die Rolle des »Kandidaten« ausgesucht worden war, versuchte,
die Frage zu beantworten. Im Durchschnitt schafften es nur vier
von zehn dieser Studierenden, die schwierigen Fragen richtig zu
beantworten.
Die Spielregeln bevorzugten eindeutig diejenigen, die die
Fragen stellten, und ließen sie klug aussehen. Weil sie versuchen
mussten, Fragen zu beantworten, die sich um das Spezialwissen
des Fragers drehten, waren umgekehrt die Kandidaten
offensichtlich schwer im Nachteil. Dennoch beeinflusste die
ungleiche Rollenverteilung die Selbsteinschätzung der
Mitspielenden.
Am Ende der Studie, als die Teilnehmerinnen und Teilnehmer
ihre eigene Allgemeinbildung und die ihres Spielpartners
einschätzen sollten, glaubten die Frager nämlich, dass sie
insgesamt besser informiert seien als ihr jeweiliges Gegenüber.
Überraschenderweise waren aber besonders die Kandidaten
Opfer der introspektiven Illusion. Sie hatten versucht, die Fragen
richtig zu beantworten, und waren daran gescheitert. Ihre
bewusste Erfahrung sah so aus, dass sie sich, nun ja, dumm
fühlten. Ihre Einschätzung bezog sich auf diese inneren Gefühle,
und sie gaben der Tatsache, dass die Spielregeln ihre jeweiligen
Partner klar bevorzugten und sie selbst benachteiligten, viel zu
wenig Gewicht. Weil sie wussten, dass die Fragen auf dem
persönlichen Weltwissen des Fragers beruhten, hätten sich die
Kandidaten eigentlich ganz leicht selbst entlasten können. Aber
sie taten es nicht. Sie erkannten die sichtbar wirkenden äußeren
Kräfte einer hochgradig ungerechten Situation nicht an und
fühlten sich stattdessen unzulänglich.
Wir neigen selbst dann dazu, den Einfluss der uns
umgebenden Kontexte zu übersehen, wenn wir uns in unserem
Verhalten und unserer Selbsteinschätzung auf sie beziehen. Es ist
also kein Wunder, dass wir, sobald wir versuchen, uns zu
ändern, auf unsere Willenskraft und unsere Motivation
zurückgreifen. Wir merken nicht, wie sehr unsere Handlungen
von unserer Umgebung angetrieben werden und wie groß der
Druck ist, den die Außenwelt auf uns ausübt. Aber unsere
Gewohnheiten merken es durchaus.
Anstatt sich selbst zu geißeln, wenn Sie daran scheitern, mit
purer Willenskraft gesünder, reicher oder klüger zu werden,
sollten Sie lieber Ihre Küche umräumen. Besorgen Sie sich eine
Obstschüssel. Stellen Sie sie gut sichtbar hin. Laufen Sie den
etwas längeren Weg zum Büro, um nicht an dem Laden mit den
Riesenfrappuccinos vorbeizukommen. Gehen Sie Ihrem
Kollegen, der immer Brownies mitbringt, aus dem Weg.
Vergeben Sie sich als Erstes selbst, und fangen Sie dann an, Ihr
Leben zu vereinfachen, indem Sie sich die Kontexte ansehen, in
denen Sie leben. Bei der Bildung von Gewohnheiten geht es nicht
darum, wie groß Ihre Willenskraft theoretisch ist; es geht nicht
um die Herausforderung. Und auch nicht um den Stolz, sich
gegen alle Widerstände eine gute Gewohnheit erkämpft zu
haben. Beseitigen Sie die Reibung, bringen Sie die passenden
antreibenden Kräfte zum Einsatz, und lassen Sie die guten
Gewohnheiten einfach in Ihr Leben einrollen.
7 Wiederholung

Ein Baseballschlag ist wie ein perfekt eingespieltes Instrument.


Wiederholung ist alles, Wiederholung, Wiederholung. Ach, und
dann noch ein bisschen Wiederholung.

Reggie Jackson

Sie haben Ihre Kontexte neu geordnet. Sie haben die


widerstrebenden und antreibenden Kräfte identifiziert, genau
wie die Fallstricke der introspektiven Illusion. Sie haben Ihr
Leben endgültig in ein Bilanzbuch verwandelt … Wann also
geschieht nun das Wunder? Wann zahlt sich das Ganze aus?
Wann tritt Ihr zweites Ich auf den Plan, um das Kommando zu
übernehmen?
Es sind ein paar weitere Zutaten nötig. Um ihre Wirkung zu
verstehen, sollten wir uns einige der typischen
Herausforderungen des Lebens genauer ansehen, die Sie dazu
gebracht haben könnten, dieses Buch zu lesen.


Vielleicht müssen Sie dringend anfangen zu sparen. Ansonsten
ist Ihre Zahlungsfähigkeit ernsthaft in Gefahr. Gestern kam
schon die zweite Mahnung von der Kreditkartenfirma. Sie
dachten eigentlich, Sie hätten den geforderten Mindestbetrag
bezahlt, doch nein, das haben Sie offenbar nicht. Ihnen fällt auf,
dass Sie beim Abbezahlen Ihrer Schulden Rückschritte machen.
Es werden nicht weniger, sondern mehr. Und dann ist da noch
die Arztrechnung vom letzten Jahr, als Sie sich das Handgelenk
gebrochen hatten, die Sie fast komplett bezahlt haben …
jedenfalls so ziemlich. Das Krankenhaus hat schon mehrmals
gedroht, Ihren Fall einem Inkassounternehmen zu übergeben.
Und was ist eigentlich aus Ihrem guten Vorsatz fürs neue Jahr
geworden, in die betriebliche Altersvorsorge Ihrer Firma
einzuzahlen? Bisher haben Sie damit noch nicht angefangen.
Wenn Sie es wirklich tun, heißt das, dass ein weiterer Betrag von
Ihrem Gehalt abgezogen wird und Sie mit noch weniger
auskommen müssen als sowieso schon. Das Geld scheint Ihnen
einfach durch die Finger zu fließen: ein 5-Dollar-Kaffee hier, ein
Mittagessen für 12 Dollar da. Und wenn Sie mit Ihren Freunden
ausgehen, kann das schon einmal 80 Dollar kosten.
Es ist also Zeit, dass Sie Verantwortung für Ihre eigenen
Finanzen übernehmen und überlegen, wie Sie Geld für Notfälle
wie Arztrechnungen oder neue Reifen beiseitelegen könnten. Sie
wollen jetzt endlich diese Kreditkartenschulden loswerden und
anfangen, für die Rente zu sparen.
Anfangs fühlt es sich aufregend an. Sie sind stolz auf Ihren
neuen Verantwortungssinn. Sie bringen sich einen
Kaffeebehälter von zu Hause mit, um von nun an den
Firmenkaffee zu trinken. Schon mal 5 Dollar jeden Morgen
gespart!
Sie könnten sich auch Brote schmieren und sie im Essensraum
der Firma essen. Aber Sie beschließen schnell, dass Sandwiches
mit Erdnussbutter auf Dauer ziemlich deprimierend sind. Und
Sie vermissen es, mit Ihrer gewohnten Essensgruppe in der
Mittagspause nach draußen zu gehen.
Auf dem Nachhauseweg halten Sie beim Supermarkt und
versuchen, Ihre Mahlzeiten zu planen. Schinken und Schweizer
Käse sind schon mal eine Verbesserung, aber dann vergessen Sie,
Senf zu kaufen. Am nächsten Tag gibt es dann also schlechten
Kaffee und trockenes Sandwich.
Als das Wochenende kommt, entdecken Sie einen Film in
einem kostenlosen Freiluftkino. Aber niemand möchte Sie
begleiten, weil alle den Film längst gesehen haben. Müssen Sie
sich angesichts Ihres neuen Budgets nun auch noch einen neuen
Freundeskreis suchen? Sie fühlen sich wie ausgestoßen.
Wann übernimmt die Gewohnheit, damit das Ganze nicht
mehr so wehtut? Wo endet die Hölle der Entsagung und
Selbstverleugnung, wann kommt das Sparen automatisch?
Wann geschieht das Wunder?


Oder vielleicht besteht Ihre Herausforderung darin, dass Sie
etwas am Familienabendessen ändern müssen. Ihre Kinder
werden größer, und Sie bekommen weniger von ihrem Leben
mit. Sie werden einen Plan machen, der es Ihnen allen
ermöglicht, regelmäßig zusammen zu essen. Sie gleichen die
Kalender ab. Finden ein paar Abende, an denen alle zu Hause
sein können und an denen Sie Informationen austauschen und
sich gegenseitig von Ihrem Tag erzählen können.
Sie beschließen, dass es keine Ablenkung geben darf, wenn
Gespräche möglich sein sollen. Alle Handys werden ausgestellt.
Kein Fernseher, der im Hintergrund läuft. Kein Essen zwischen
Tür und Angel.
Beim ersten Mal ist es harte Arbeit. Als das Essen fertig ist,
müssen Sie jeden einzeln zum Tisch treiben. Niemand findet es
gut, dass die Handys ausgestellt sind. Ihr Partner unterstützt
Ihren Plan eher halbherzig, und von Ihren Kindern werden Sie
lediglich wütend angestarrt.
Dieses erste Abendessen macht das Familienleben tatsächlich
erst einmal weniger erfreulich. Sie haben ein oder zwei schlecht
gelaunte Kinder und einen etwas ratlosen Ehepartner am Tisch
sitzen. Das einzig wirkliche Gespräch dreht sich um das Thema
»Andere Eltern zwingen ihre Kinder nicht zu so was!«. Okay, Sie
hatten ja gar nicht erwartet, dass Sie alle sich sofort in Familie
Ingalls aus Unsere kleine Farm verwandeln, aber das hat wirklich
keinen Spaß gemacht.
Trotzdem bleiben Sie dran, motiviert von Untersuchungen
über die vielen Vorteile des gemeinsamen Essens. Kinder, die
beim Essen regelmäßig mit ihren Eltern kommunizieren, lassen
sich seltener auf gesundheitsgefährdende Verhaltensweisen ein,
sind besser in der Schule, und bei ihnen besteht eine geringere
Wahrscheinlichkeit, dass sie übergewichtig werden. [128]
Natürlich können Sie nicht sicher sein, dass Sie das alles durch
institutionalisierte Familienmahlzeiten erreichen, aber die
Untersuchungen beflügeln Sie irgendwie.
Sie beharren auf Abendessen Nummer 2. Wieder erzählen die
Kinder keinen Ton, was Sie ziemlich stresst. Sie bringen ein paar
Themen ein, von denen Sie eigentlich dachten, dass die anderen
sie interessant fänden. (Sie haben dafür heute Morgen extra
Radio gehört.) Trotz Ihrer brillanten Konversationsversuche:
keine Reaktion.
Abendessen Nummer 3 war schwer zu planen, weil erst einmal
ein Abend gefunden werden musste, an dem alle Zeit hatten.
Sämtliche Beilagen gleichzeitig fertig zu bekommen hat diesmal
auch ziemlich Stress gemacht. Sobald alle endlich sitzen, sehen
Sie in lauter bockige, wütende Gesichter. Die Sache wird langsam
wirklich anstrengend.
Sie müssen Ihre ganze Entschlossenheit aufbringen, die noch
übrig ist, damit Abendessen Nummer 4 überhaupt stattfindet.
Inzwischen haben die Kinder einen Weg gefunden, während des
Essens so zu kommunizieren, dass die Eltern ausgeschlossen
sind. Sie müssen sich immer und immer wieder daran erinnern,
warum Sie das Ganze überhaupt machen.
Die Umsetzung Ihres wundervollen Plans scheint nicht
einfacher zu werden. Okay, manchmal beteiligt sich eins der
Kinder inzwischen kurz am Gespräch, aber danach wird aus
Protest wieder geschwiegen. Niemand hilft Ihnen.
Wann geschieht endlich das Wunder?

Wann schlafen Sie ein?


Ich meine nicht, wann Sie ins Bett gehen oder wann Sie gerne
ins Bett gehen würden. Ich meine, wann genau gleiten Sie in den
Schlaf? Haben Sie das als Kind einmal ausprobiert? Sind ins Bett
gegangen, langsam weggedöst und haben sich dann gefragt:
»Schlafe ich schon?« Natürlich waren Sie jedes Mal sofort wieder
hellwach.
Tatsächlich ist es unmöglich, diese Frage zu beantworten. Erst
geht man ins Bett, dann wird man langsam schläfrig … Und dann
scheint wieder die Sonne, und es ist Zeit aufzustehen.
Gewohnheit – unser ganz spezielles »Wunder« – funktioniert
auf die gleiche Weise. Sie führen ein Familienabendessen ein
oder beginnen, jede Woche Geld zu sparen, und Sie hören nicht
damit auf … bis nicht mehr Sie es sind, die handeln. Ihr zweites
Ich ist am Ruder, und Sie merken plötzlich, dass zehn Jahre
vergangen sind, und hören, wie Ihr Ältester seiner Verlobten
erzählt, dass gemeinsame Mahlzeiten in Ihrer Familie Tradition
waren. Wie schön!
Das Wunder bahnt sich in aller Stille an, und wenn es
geschieht, werden Sie es gar nicht bemerken. Sie müssen darauf
vertrauen, dass es so kommt, denn genau das ist der übliche
Weg: Handlungen, die oft wiederholt und belohnt werden,
verändern die Art und Weise, in der Informationen in unserem
Gehirn abgespeichert werden. Davor ist es viel Arbeit. Bevor wir
eine Gewohnheit in unseren neuronalen Netzwerken und in
unserem Gedächtnissystem ablegen können, müssen wir
willentlich beschließen, die neue Handlung wieder und wieder
auszuführen, auch wenn das ein ziemlicher Kampf ist. An
irgendeinem Punkt wird die Handlung zur zweiten Natur, und
wir können uns zurücklehnen und auf Autopilot weiterfahren.
Aber wie oft müssen wir eine Handlung wiederholen, bevor sie
sich automatisiert? Vielleicht haben Sie einmal gehört, dass man
etwas 21 Tage lang tun muss, damit es zur Gewohnheit wird. Das
würde bedeuten, dass Sie die Mitglieder Ihrer Familie nur drei
Wochen zwingen müssten, gemeinsam zu essen, bevor sie
miteinander ins Gespräch kämen. Nur 21 Morgen, an denen Sie
sich ein Tagesbudget festsetzen müssten, bevor Ihnen das Sparen
in Fleisch und Blut übergegangen wäre.
Aber ehrlich gesagt ist das ein Mythos. Die Zahl scheint aus
einem Buch zu stammen, dem 1960 erschienenen Bestseller
Erfolg kommt nicht von ungefähr [129] des Selbsthilfegurus
Maxwell Maltz, der dort Vermutungen darüber anstellt, wie
lange es dauert, bis Menschen sich an bestimmte Veränderungen
der eigenen Person (z. B. durch plastische Chirurgie) gewöhnt
haben. Es ist eine These, die sich hartnäckig hält, aber wenig
Wahres an sich hat.
Wissenschaftliche Forschung kann dagegen wertvollere
Einblicke liefern. Pippa Lally, die bei mir Postdoc war, hat
untersucht, wie oft Handlungen wiederholt werden müssen, bis
sie sich automatisch anfühlen. Sie zahlte 69 Studierenden an der
University of London jeweils umgerechnet etwa 35 Euro, damit
sie an einer dreimonatigen Studie teilnahmen. [130] Alle
benannten eine gesundheitsfördernde Verhaltensweise, die sie
momentan nicht für sich beanspruchen konnten, aber sich gern
zur Regel machen würden. Dann wählten sie einen regelmäßig
wiederkehrenden Punkt in ihrem Tagesablauf, mit dem sie die
neue Verhaltensweise verknüpfen konnten. Ein Student
beschloss, jeden Tag zum Mittagessen ein Stück Obst zu essen.
Jemand anders nahm sich vor, jeden Abend vor dem Essen 15
Minuten zu joggen. Wieder eine andere Person wollte versuchen,
zum Mittagessen jedes Mal eine Flasche Wasser zu trinken.
Jeden Abend loggten sich die Teilnehmerinnen und
Teilnehmer auf der Website der Studie ein und berichteten, ob
sie sich wie geplant verhalten hatten. Sie gaben zudem Auskunft
darüber, wie automatisch sich das jeweilige Verhalten für sie
anfühlte – also in welchem Ausmaß sie es »automatisch« taten
oder »ohne nachzudenken« beziehungsweise indem sie »erst mal
damit anfingen und es erst später bemerkten«.
Zu Beginn der Studie vergaben die Studierenden nur sehr
wenige, nämlich im Schnitt 3 Punkte auf der
Automatisierungsskala (die von 0 bis 42 reichte). Sie lernten eine
neue Verhaltensweise, und es fühlte sich ganz und gar nicht
automatisch an. Aber wie zu erwarten, geschahen die
Handlungen, je öfter sie wiederholt wurden, immer
automatischer. Das war besonders stark in den ersten Wochen
der Fall. Wenn die Teilnehmerinnen und Teilnehmer eine
Handlung erst zum dritten Mal ausführten, vergaben sie oft
einen ganzen Punkt mehr auf der Skala; wenn sie sie zum
vierzigsten Mal wiederholten, vielleicht nur noch einen halben
Punkt. Wenn die Handlung am schwierigsten ist, nämlich ganz
am Anfang, lernt Ihr Gewohnheitsgedächtnis am meisten.
Eine Nebenbemerkung: Ironischerweise schafften es viele der
Studierenden nicht, das Programm lange genug durchzuhalten,
damit daraus Informationen über die Bildung von Gewohnheiten
zu entnehmen waren. Das zeigt, wie hart es ist, auch nur eine
ganz einfache neue Verhaltensweise täglich zu wiederholen. 14
der 96 Teilnehmerinnen und Teilnehmer stiegen komplett aus.
Die verbleibenden 82 loggten sich im Durchschnitt nur etwa an
der Hälfte der Tage ein. Eine neue Handlung ist schwer
beizubehalten, wenn die antreibenden Kräfte ausschließlich aus
inneren Motivationen bestehen, nämlich es a) tun zu wollen, b)
zu wissen, dass es gut für einen ist, und c) die
Aufwandsentschädigung im Blick zu haben. Die Studierenden
sorgten aber auch nicht für äußere Kräfte, die sie antrieben und
ihnen dabei halfen, die jeweilige Handlung beizubehalten,
Kräfte, die zum Beispiel eine abendliche Joggingrunde förderten
(indem man den Hund mitnimmt, der ohnehin nach draußen
muss, oder die Post einsammelt) oder das häufigere Essen von
Obst erleichterten (indem man in einen Mittagsimbiss geht, bei
dem zum Nachtisch standardmäßig Obst angeboten wird).
Für diejenigen von uns, die gerade versuchen, eine neue
Gewohnheit auszubilden, ist es ermutigend, dass die Probanden
der Studie durchaus ab und zu ein oder zwei Tage auslassen
konnten, ohne dass alles, was sie sich vorgenommen hatten, zum
Scheitern verurteilt war. An dem Tag, an dem sie wieder
anfingen, war der Automatismus beinahe genauso stark
ausgeprägt, wie er an den übersprungenen Tagen gewesen wäre.
Gelegentliche Aussetzer konnten also der sich gerade bildenden
Gewohnheit nichts anhaben.
Dieser Punkt ist wichtig. Sie können ruhig ein oder zwei Tage
aussetzen, ohne danach wieder bei null anfangen zu müssen. Ein
Versäumnis ist also keine Lizenz zum Schummeln oder dafür, die
Sache endgültig schleifen zu lassen. Ihre gerade entstehende
Gewohnheit ist nicht so zart, dass sie auf Perfektion angewiesen
wäre. Nötig sind vielmehr Beharrlichkeit und Wiederholung
sowie die Tricks zur Gestaltung der Kontexte aus dem vorigen
Kapitel. Wenn Sie gelegentlich einen Tag verpassen oder aus dem
Tritt kommen, ist das kein Grund zur Verzweiflung. Nutzen Sie
Ihren Fehltritt vielmehr, um die entsprechenden Kontexte zu
straffen und zu stärken und sichtbarer zu machen. Ihre
Gewohnheit wird sich weiter verfestigen.
In der Studie zur Gewohnheitsbildung war für
unterschiedliche Verhaltensweisen eine unterschiedliche Anzahl
von Wiederholungen notwendig, damit sie sich automatisierten.
Bei gesundem Essverhalten mussten die Teilnehmerinnen und
Teilnehmer die Handlung etwa 66 Tage lang wiederholen, bis sie
sie in den meisten Fällen ausführten, ohne darüber
nachzudenken. Viel Wasser zu trinken brauchte etwas weniger
Wiederholung, etwa 59 Tage. Dagegen musste man 91 Tage
hintereinander Sport treiben, damit diese Handlung wirklich zur
Gewohnheit wurde.
Es ist logisch, dass einige Handlungen länger brauchen, um
sich zu automatisieren, als andere. Wenn man Klavierunterricht
nimmt, ist einem ja auch klar, dass es länger dauert, ein Chopin-
Konzert einzuüben als »Schlaf, Kindchen, schlaf«. Wir lernen
einfache Verhaltensweisen schneller als komplexere. Und
Handlungen, die zahlreiche Komponenten haben (zur Sporthalle
fahren, ganz bestimmte Übungen durchführen) sind vielleicht als
Gewohnheiten besonders schwer zu etablieren.
Wie automatisch sich eine Handlung anfühlt, ist aber nur ein
Aspekt unserer Frage. Im Schnitt mussten die Teilnehmerinnen
und Teilnehmer ein einfaches gesundheitsförderndes Verhalten
66 Tage wiederholen, bis es sich für sie automatisch anfühlte.
Etablieren Sie eine neue Verhaltensweise, wiederholen Sie sie
zwei Monate und eine Woche lang: Zumindest wird sich danach
das Gefühl, dass das Ganze automatisch passiert, signifikant
verstärkt haben.
Es gibt andere Methoden, um zu überprüfen, wie lange es
dauert, eine feste Gewohnheit auszubilden. Statt zu untersuchen,
wie sich eine Handlung anfühlt, können wir analysieren, welche
kognitiven Prozesse eine Handlung steuern. Wann fällt die
Entscheidungsfindung weg, wann hören wir auf, vorsätzlich zu
handeln? Die Antwort findet sich in einer Studie mit 2228
kanadischen Blutspendern. [131] In Quebec ist das Blutspenden
besonders gut organisiert. Die Spender bekommen einen Anruf
von der gemeinnützigen Organisation Héma-Québec, wenn es
vor Ort eine Blutspendeaktion gibt, und sie fahren dann einfach
zu ihrer gewohnten Blutspendestelle. Quebec schafft also durch
die Vergabe konkreter Spendentermine und durch das aktive
Motivieren der Leute antreibende Kräfte, damit Menschen, die
schon einmal Blut gespendet haben, immer wieder an
Blutspendenaktionen teilnehmen.
Die Leute, die für die Studie ausgewählt wurden, kamen aus
einer Gruppe, die in der Woche zwischen dem 21. und 26. April
2003 zu einer Spendenaktion gekommen war. Jeder von ihnen
hatte also zumindest einmal in seinem Leben Blut gespendet,
vierzehnmal im Schnitt, wobei einige nur einmal, andere bis zu
97-mal gespendet hatten. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer
gaben am Anfang der Studie zu Protokoll, wie oft sie in den
kommenden sechs Monaten Blut spenden wollten, und die
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler beobachteten dann,
was sie im folgenden halben Jahr tatsächlich taten.
Wie zu erwarten, handelten die Spender, die gerade erst mit
dem Blutspenden angefangen hatten, aufgrund einer bewussten
Willensentscheidung, das heißt: Wenn sie sich fest
vorgenommen hatten, Blut zu spenden, gingen sie zu den
entsprechenden Terminen, und wenn sie von vornherein
weniger Entschlossenheit zum Ausdruck gebracht hatten, taten
sie das nicht. Dies galt für diejenigen Teilnehmerinnen und
Teilnehmer, die in der Vergangenheit weniger als zwanzigmal
gespendet hatten. Wer aber öfter als zwanzigmal gespendet
hatte, handelte weniger intentional, in der Tat reduzierte jede
zusätzliche Spende, die in der Vergangenheit abgegeben worden
war, den Einfluss, den der bewusste Wille auf das Blutspenden
hatte. Bei der Gruppe, die vierzigmal oder öfter Blut gespendet
hatte, hatten bewusste Vorsätze so gut wie keinen Einfluss mehr:
Solche Menschen behielten das Blutspenden einfach bei – ganz
unabhängig davon, was sie sich vorgenommen hatten.
Wieder konnte keine klare Grenze zwischen Gewohnheit und
Nichtgewohnheit gezogen werde. Vielmehr entwickelten sich die
entsprechenden Gewohnheiten schrittweise und übernahmen
nach und nach das Ruder, während die bewusste Entscheidung
immer weiter in den Hintergrund rückte. Je öfter die
Teilnehmerinnen und Teilnehmer in der Vergangenheit Blut
gespendet hatten, desto wahrscheinlicher war es, dass sie einfach
zu einer Blutspendeaktion gingen, ohne sich davor zu fragen, ob
sie das wirklich wollten.
Für diejenigen unter uns, die gerade eine neue Gewohnheit
ausbilden möchten, hören sich vierzig Wiederholungen etwas
ermutigender an als 66. Dass die Schätzungen so unterschiedlich
ausfallen, liegt daran, dass sehr unterschiedliche Handlungen in
sehr unterschiedlichen Settings untersucht wurden und dass
auch die Art und Weise, in der die Bildung einer Gewohnheit
gemessen wurde, stark variierte. Es gibt hier keine »richtige«
Zahl. Beachten Sie aber, dass die niedrigere Schätzung aus der
Untersuchung eines Blutspendeverhaltens kommt, bei dem stark
antreibende Kräfte es leicht machten, die Handlung als Routine
zu wiederholen. Daraus folgt immerhin auch, dass man durch
den Einsatz von antreibenden Kräften, die einen dazu bringen,
eine Handlung immer auf die gleiche Weise zu wiederholen, die
»magische Zahl« etwas drücken kann. Wer stärkere, grellere
Anreize schafft, wird wahrscheinlich erleben, dass seine
Gewohnheit sich schneller verfestigt.
Etwas immer wieder zu tun ist jedoch gar nicht so einfach. Wie
Professor Chen, der ehemalige Wirtschaftsforschungsleiter von
Uber mir sagte, hält »der durchschnittliche Fahrer (…) nicht
länger als zehn Fahrten durch. Es ist schwer, die Fahrer dazu zu
bringen dabeizubleiben. Das war immer der wichtigste
Kostenfaktor [bei Uber]. Es gibt einfach viel weniger Menschen,
die gewillt sind, in ihrem eigenen Auto Mitfahrgelegenheiten
anzubieten, als Menschen, die irgendwohin gefahren werden
wollen. Es kostet viel Geld, einen Fahrer anzuwerben. Man muss
seinen Background überprüfen. Dafür sorgen, dass ein
Mechaniker sein Auto durchcheckt. Solche Sachen. Ich investiere
also 1000 Dollar in einen neuen Fahrer, und er macht dann nur
acht Fahrten. Wenn das so läuft, habe ich am Ende einen Haufen
Geld verloren.« [132]

Viele Uber-Fahrer machen sich offenbar keinen Begriff von


den widerstrebenden Kräften, wenn sie den Job annehmen. »Die
Frage ist«, sagte Chen, »wo genau liegen die Barrieren? Ganz am
Anfang ist es wirklich nicht leicht. Vom sozialen Standpunkt aus
betrachtet ist die Situation zu Beginn unangenehm. Sie haben
plötzlich einen fremden Menschen hinten im Auto sitzen und
müssen erst mal herausfinden, wie Sie dieses Irgendwo-
Einsammeln und -Abliefern geregelt kriegen.«
Uber veränderte also den Kontext, indem die Firma äußere
Kräfte einsetzte, die dafür sorgten, dass die Fahrer
weiterarbeiteten. »Ein Ansatz besteht darin, für eine
kontinuierlichere Auslastung zu sorgen«, sagte Chen in unserem
Gespräch. »Vielleicht haben Sie es schon bemerkt, aber noch
bevor Ihr Uber-Fahrer Sie irgendwo absetzt, wird er schon für
die nächste Fahrt eingeteilt. Das ist wie bei Netflix. Automatisch
eben. Uber führt zahlreiche Analysen durch, um dafür zu sorgen,
dass mehrere Fahrten aneinander anschließen. Das ist aus
mehreren Gründen gut. Zum einen eliminiert es die Flauten,
sodass die Fahrer mehr Geld verdienen. Und zum anderen geht
es um den Automatismus: ›Ich bin gerade dabei, jemanden
abzusetzen, und – super! – gleich im Anschluss sammele ich den
Nächsten ein.‹ Plötzlich sind zwei Stunden rum, und der Fahrer
muss aktiv sagen: ›Bitte mal kurz keine Fahrten weiterleiten, ich
brauche eine Toilettenpause.‹« Und Chen ergänzte: »Wir treiben
viel Aufwand, damit unser Fahrerportal so funktioniert, dass
keine Flauten entstehen. Denn nur wenn die Fahrer Geld
verdienen, verdienen auch wir Geld. Sie sollen gar keine Zeit
haben, sich zu überlegen, ob sie zu Lyft wechseln oder für heute
Schluss machen wollen.«
Im Fall von Uber scheint es so gewesen zu sein, dass die
externen Kräfte dafür sorgten, dass die magische Zahl sich auf
zehn Wiederholungen reduzierte. Das ist nun wirklich
wesentlich weniger als 66 und soll hier nur zeigen, was möglich
ist, wenn kluge Köpfe es sich zur Aufgabe machen, technische
Methoden zur Gewohnheitsbildung zu entwickeln. Aber mal
ehrlich: Sind Sie in Bezug auf Ihr eigenes Leben nicht die
weltweit führende Expertin? Sie selbst wissen am besten, wie Sie
sich Anreize für das Familienabendessen oder zum Sparen
schaffen können. Ihre magische Zahl wird wahrscheinlich mit
jedem Stück Kontext, das Sie sich selbst schaffen, kleiner werden.
Ein Monat mit zunehmend weniger unangenehmen
Abendessen lohnt sich, wenn man dadurch eine dauerhafte und
bereichernde Familientradition schaffen kann. Genau wie ein
Monat, in dem Sie sich jedes Mal ein bisschen weniger
benachteiligt fühlen, wenn Sie sich entscheiden, Ihr Geld nicht
für etwas zum Fenster hinauszuwerfen, das Sie gar nicht
brauchen.

Wer gute neue Gewohnheiten ausbilden möchte, muss aber noch


auf etwas anderes gefasst sein. In unserem Leben gibt es nur
sehr wenige leere Stellen, die nicht schon von kleinen oder sich
gerade bildenden Gewohnheiten besetzt sind. Spätestens, wenn
wir erwachsen sind, ist ein Großteil unseres Tages –
beziehungsweise die Art, wie wir ihn ausfüllen – das Resultat
einer sich knapp unter der Oberfläche unseres Bewusstseins
abspielenden Zankerei einander widersprechender
Gewohnheiten.
Anfangs träumen Sie von den wundervollen Gesprächen, die
Sie mit Ihrer Familie beim Abendessen führen werden, von der
dauerhaften Nähe, die Sie dadurch unter jenen Menschen
schaffen, die Ihnen am allerwichtigsten sind. Oder Sie werden
stolz, wenn Sie sich das wachsende Plus auf Ihrem Konto
vorstellen, oder Sie malen sich aus, wie zufrieden es macht, seine
Kreditkartenschulden jeden Monat vollständig begleichen zu
können. Aber dann kommt Ihnen die Wirklichkeit ins Gehege,
und nach und nach ändern sich diese Gefühle. Wenn Sie Abend
für Abend den missmutigen Blicken Ihrer Kinder ausgesetzt sind
oder es dauerhaft ertragen müssen, nicht in Ihren Lieblingsläden
einkaufen zu können, fangen Ihre Vorsätze zu bröckeln an. Die
positiven Folgen Ihrer kühnen Entscheidungen lösen nicht mehr
ganz so viel Enthusiasmus bei Ihnen aus. Ihr erster Gedanke ist
nicht mehr »Ich muss dringend etwas ändern«, sondern »Das
kann es ja wohl nicht wert sein«.
Während Sie nämlich darum kämpfen, neue Verhaltensweisen
zu etablieren, müssen Sie gleichzeitig alte abwehren. Die alte
Gewohnheit – die, die Sie verändern wollten – ist nämlich
durchaus nicht in dem Augenblick verschwunden, in dem Sie
beschließen, zum Wohl Ihrer Familie oder Ihrer Finanzen etwas
zu verändern. Sobald Ihre Willenskraft nachlässt, kommen die
alten Gewohnheiten zurück an die Oberfläche, und Sie
schliddern zurück zum Ausgangspunkt.
Das ist der Moment, in dem Wiederholung mehr wird als ein
pflichtschuldig beschriebenes Element der Gewohnheitsbildung:
nämlich ein ausgesprochen praktisches Werkzeug. Nach einiger
Zeit wird der Konflikt zwischen alter und neuer Gewohnheit
durch eine klare Entscheidung für die neue Verhaltensweise
gelöst. Das ist, wie Kapitel 3 gezeigt hat, auf die
Verarbeitungsgeschwindigkeit in unserem Gehirn
zurückzuführen.
Gewohnheiten kommen einem sehr schnell in den Sinn. Man
muss den entsprechenden Kontext nur wittern, und die Reaktion
wird automatisch getriggert. Eine Entscheidung zu treffen dauert
dagegen etwas länger, erfordert mehr kognitive Kontrolle und
Anstrengung. Besonders schwierig wird sie, wenn ambivalente
Gefühle im Spiel sind, zum Beispiel wenn Sie sich nicht sicher
sind, ob Sie Ihre Familie mit Gewalt an den Essenstisch treiben
oder einfach wieder ein schlichtes Abendbrot hinstellen sollten.
Was Gewohnheiten so überlegen macht, ist die Schnelligkeit,
mit der sie auf den Plan treten. Wer aus Gewohnheit handelt, hat
weniger Konflikte mit Wünschen, die möglicherweise in eine
ganz andere Richtung weisen. [133] Bevor wir auch nur die
Chance haben zu überlegen, ob es das ist, was wir wirklich tun
wollen, sehen wir uns schon zur Tat schreiten. Die Schnelligkeit
von Gewohnheiten ist ein Segen, wenn sie dem entsprechen, was
wir wirklich tun wollen, aber ein Fluch, wenn sie unerwünscht
sind, und wir versuchen, sie im Zaum zu halten.
Wiederholung sollte also nicht als etwas gedacht werden, mit
dem man Gewohnheiten herbeizaubern kann, sondern eher als
eine Möglichkeit, eine schnelle mentale Reaktion zu etablieren.
Wenn Sie etwas zum zweiten Mal tun, braucht es weniger Zeit
und mentalen Aufwand, als wenn Sie es zum ersten Mal tun. Das
dritte Mal geht schneller als das zweite Mal. Und so weiter.
Wiederholung schafft günstige mentale Voraussetzungen dafür,
dass eine Gewohnheit das Ruder übernimmt. Beim zehnten Mal
(oder beim 66. Mal) denken Sie so gut wie gar nicht mehr
darüber nach, und Simsalabim: Eine neue Gewohnheit wurde
geschaffen.
Um die Auswirkungen von mentaler Schnelligkeit zu
demonstrieren, wurden in einer Studie niederländische
Studierende zunächst gefragt, ob es aus ihrer Sicht realistisch sei,
sechs verschiedene Ziele im Umland per Fahrrad zu erreichen.
[134] Alle sagten Ja – die Holländer sind große Radfahrer –, aber
einige antworteten schneller als andere. Vier Wochen später
wurden die Studierenden gefragt, wie oft sie zu diesen sechs
Orten tatsächlich mit dem Fahrrad gefahren waren. Die
Studierenden, die am schnellsten auf die Frage zu Beginn der
Studie geantwortet hatten, waren diejenigen, die die
entsprechenden Ziele am häufigsten per Rad angesteuert hatten.
Noch aufschlussreicher war, dass die Studierenden, denen das
Radfahren sehr schnell in den Sinn gekommen war, auch
tatsächlich Fahrrad fuhren, und zwar unabhängig davon, ob sie
zu Beginn der Studie angegeben hatten, mit dem Fahrrad,
öffentlichen Verkehrsmitteln oder dem Auto zu fahren.
Holländische Studierende, denen das Fahrradfahren sofort in
den Kopf kam, stiegen einfach aufs Rad, ohne erst groß ihren
Willen zu befragen. Natürlich hätte jeder von ihnen beschließen
können, heute das Fahrrad stehen zu lassen und stattdessen die
Tram zu nehmen. Aber das Leben ist kompliziert genug, und
meistens ist es leichter, einfach das zu tun, was einem als Erstes
in den Sinn kommt.
Nicht dass die schnell zugänglichen Verhaltensweisen immer
die wünschenswertesten wären. Manchmal müssen wir die
Kontext-Reaktionsmaschine langsamer stellen, um
unerwünschte Gewohnheiten zu unterdrücken. Eines Abends
wollte mich zum Beispiel eine Nachbarin zum Elternabend
unserer Grundschule begleiten. Sie wohnte direkt neben der
Schule, und ich beobachtete ziemlich amüsiert, wie sie ihr Haus
verließ, ins Auto stieg und zum Schulparkplatz fuhr – wobei ihre
Haustür näher an der Schule lag als der Parkplatz. Die
Gewohnheit, sofort ins Auto zu steigen, wenn sie das Haus
verließ, hatte sich bei ihr so tief eingegraben, dass sie überhaupt
nicht mehr über andere Möglichkeiten nachdachte, egal, wohin
sie musste.
Geschwindigkeit ist hier nicht der einzige wirksame Faktor. Sie
geht Hand in Hand mit einer anderen Folge von Wiederholung:
normierter Entscheidungsfindung. Wir hören auf, alternative
Handlungen in Betracht zu ziehen, was meistens sehr effizient
und funktional ist. Aber manchmal geben wir auch dann der
normierten Entscheidung den Vorrang, wenn es besser wäre,
andere Möglichkeiten in Betracht zu ziehen.
In einer weiteren Studie mit Niederländern und ihren
Fahrrädern gaben Schülerinnen und Schüler zu Protokoll, wie
oft sie das Rad nutzten, um zur Schule zu kommen oder andere
Ziele innerhalb der Stadt zu erreichen. [135] Einige dieser
Schülerinnen und Schüler fuhren regelmäßig Fahrrad, andere
saßen nur gelegentlich auf dem Sattel. Die Probandinnen und
Probanden mussten daraufhin erklären, mit welchem
Verkehrsmittel sie von zu Hause aus zu einem imaginären Laden
in der Stadt fahren wollten, wobei sie unter verschiedenen
Möglichkeiten auswählen konnten: zu Fuß gehen, Fahrrad
fahren, den Bus, die Tram oder den Zug nehmen. Bevor sie sich
entscheiden mussten, hatten sie die Möglichkeit, dreißig
verschiedene kurze Informationsdateien anzuklicken, um sich
über ihren Zielort zu informieren. Da sie noch nie an diesem Ort
gewesen waren, erschien es sinnvoll, so viele Informationen wie
möglich zu sammeln: wie lange es dauern würde, dorthin zu
gelangen, wie anstrengend die Strecke war, wie das Wetter
werden sollte und ob Verspätungen angekündigt waren.
Die Schülerinnen und Schüler jedoch, die regelmäßig Rad
fuhren, brauchten nicht viele Informationen, um eine
Entscheidung zu treffen. Sie konzentrierten sich hauptsächlich
auf Informationen, die das Radfahren betrafen. Bevor sie sich
entschieden, zogen sie andere Optionen gar nicht ernsthaft in
Betracht. Insgesamt sahen sie sich nur etwa 14 der kleinen
Informationseinheiten an. Zum Schluss beschlossen 82 Prozent
von ihnen, mit dem Fahrrad zu fahren – wie sie es im richtigen
Leben meistens auch taten. Diejenigen, die weniger häufig Rad
fuhren, dachten länger nach. Sie klickten 19 der kleinen
Informationseinheiten an, bevor sie sich für ein Verkehrsmittel
entschieden. Zuvor hatten sie sich gleichmäßig auf alle Optionen
konzentriert und die Vor- und Nachteile jedes Verkehrsmittels
abgewogen. Nur 50 Prozent dieser Schülerinnen und Schüler
entschieden sich für das Fahrrad.
Wiederholung führte hier also zu einer Art Tunnelblick, der
inhaltlich durch das definiert war, was die Schülerinnen und
Schüler in der Vergangenheit getan hatten. Die echten Radfahrer
brauchten keine Zeit, um andere Möglichkeiten zu bedenken.
Sobald ihnen ihre erste Wahl in den Kopf kam, mussten sie nicht
mehr grübeln. Dieser Unterschied ist bemerkenswert, weil er
sich selbst dann zeigte, wenn die Forscherinnen und Forscher die
Teilnehmerinnen und Teilnehmer angewiesen hatten, sämtliche
Optionen zu durchdenken und alle Alternativen gedanklich
durchzuspielen. Selbst unter diesen Umständen vereinfachten
die Gewohnheiten die Entscheidungsfindung um etwa fünf
Informationseinheiten. Das ist eine Einsparung von beinahe
25 Prozent.
Von dieser Art von Tunnelblick profitieren Managerinnen und
Manager aller möglichen Organisationen und Betriebe. In einer
Studie wurden studierte Betriebswirte mit etwa sechs Jahren
Managementerfahrung gebeten, sich vorzustellen, dass sie in
einer Computerfirma arbeiteten, die kurz davorstand, einen
neuen Laptop auf den Markt zu bringen. [136] Sie bekamen einen
ersten Prototypen zur Begutachtung und wurden dann
aufgefordert, ihn mit drei anderen (die tatsächlich alle die
gleiche Qualität hatten wie der erste) zu vergleichen. 50 Prozent
der Teilnehmerinnen und Teilnehmer wählten den
ursprünglichen Laptop als den besten aus und vermuteten
gleichzeitig, dass die Geschäftsführung der Firma das gleiche
Votum abgeben würde. Weil alle Laptops in Wirklichkeit gleich
gut waren, hätte die erste Option nur in 25 Prozent der Fälle
bevorzugt werden dürfen – das wäre die sachlich richtige
Einschätzung gewesen. Um zu verstehen, warum die angehenden
Managerinnen und Manager so unausgewogene Entscheidungen
trafen, klassifizierten die Forscher ihre Gedanken. Es stellte sich
heraus, dass das Urteil der Jungmanagerinnen und Jungmanager
umso voreingenommener zugunsten des ursprünglichen Laptops
ausfiel, je mehr sie die anderen vernachlässigten und nur über
ihn nachdachten. Und sie hielten sich nicht einfach nur an das,
was ihnen am bequemsten erschien. Sie rechneten damit, dass
die Geschäftsführung ihre Einschätzung teilen würde – ein
sicheres Zeichen für jemanden mit Tunnelblick.
Wie Sie sich bestimmt erinnern, hat ein in Kapitel 2
beschriebenes Experiment gezeigt, dass die meisten Menschen
sich in einem Laden für das letzte in einer Reihe von
(identischen) Produkten entscheiden und diesem die beste
Qualität zusprechen. Warum also entschieden sich die Manager
für die erste Option? Das liegt daran, dass die kognitive Kontrolle,
die man zur Entscheidungsfindung braucht, Zeit und Energie
beansprucht und dass Manager im Allgemeinen eine ganze
Menge Entscheidungen zu treffen haben. Im richtigen Leben
haben sie oft keine Zeit, über Alternativen nachzudenken. In
sehr vielen unterschiedlichen Kontexten müssen sie aus sehr
vielen unterschiedlichen Optionen auswählen. Es ist also kein
Wunder, dass das Treffen von schnellen, entschlossenen
Entscheidungen einen wesentlichen Teil ihrer Führungstätigkeit
ausmacht. Wie bei einer Gewohnheit, die uns stets als Erstes in
den Sinn kommt, erspart ihnen die Wahl der ersten Option die
Mühe, andere Möglichkeiten in Betracht zu ziehen.
Bei Ihnen zu Hause kann ein passend eingerichteter Kontext
dafür sorgen, dass Ihre erste Option die beste ist. Das kann so
einfach aussehen, dass Sie die Fernbedienung verstecken und
den Roman, den Sie endlich zu Ende lesen möchten, gut sichtbar
ins Wohnzimmer legen. Sogar mein Sohn, der ein hoch
motivierter Radrennfahrer ist, empfindet es als hilfreich, gewisse
Anreize für sein Abendtraining zu schaffen. Gleich morgens stellt
er seinen Heimtrainer ins Wohnzimmer, damit das Erste, was er
sieht, wenn er abends von der Arbeit nach Hause kommt, dieser
Heimtrainer ist. Auf diese Weise ist die erste Option, mit der er
konfrontiert ist, diejenige, die zu seinen Zielen passt. Mit einem
bewusst eingerichteten Kontext können wir also unsere Tendenz
zum normierten Denken zu unserem Vorteil nutzen. Wir sind
jederzeit in der Lage, die erste Wahl zur besten Wahl zu machen.

Wiederholung wirkt sich noch in einer anderen Weise auf


unsere Zwecke aus: Eine Handlung, die oft wiederholt wird,
kommt uns einfacher vor. Eine klassische Studie aus dem Jahr
2015 beobachtete drei Monate lang 94 Mitglieder eines neu
eröffneten britischen Fitnessclubs, um herauszufinden, auf
welche Weise Menschen an ihren Trainingsplänen festhalten.
[137] Die Mitglieder hatten gutes Geld bezahlt, um in dem Club
trainieren zu dürfen, und zumindest am Anfang waren sie alle
fest entschlossen, diese Möglichkeit auch regelmäßig zu nutzen.
Sie wissen schon, was dann passierte: Die Umsetzung der
Vorsätze funktionierte erschreckend schlecht. (Das ganze
Geschäftsmodell von Fitnessclubs basiert auf dieser Tatsache!) In
der Studie wurde dieser Trend aber von immerhin 29 Prozent
der Teilnehmerinnen und Teilnehmer unterlaufen. Während der
gesamten drei Monate nutzten diese neuen Mitglieder das Studio
regelmäßig jede Woche.
Wer waren diese beharrlichen Menschen, die es irgendwie
schafften dranzubleiben? Es waren nicht die mit dem stärksten
Willen (der über ihre ursprünglich geäußerte Entschlossenheit
gemessen wurde), denn anfangs waren die anderen 71 Prozent
genauso motiviert. Und auch nicht die, die die positivste
Einstellung zum Training hatten – die anderen 71 Prozent hatten
anfangs genauso viel Lust zum Sportmachen. Die 29 Prozent
stachen auf eine andere Weise hervor.
Die Leute aus dem Drittel, das durchhielt, hatten am Anfang
der Studie zu Protokoll gegeben, dass sie ihr Trainingsprogramm
gut beherrschten und es ihnen leichtfiel, regelmäßig Sport zu
treiben. Warum schätzten sich diese Menschen im Bereich
wahrgenommene Verhaltenskontrolle (wie Psychologen es
nennen) selbst so hoch ein? Die Studie gibt darüber keine
Auskunft. Wir wissen jedoch, dass innere Kräfte nicht dafür
verantwortlich gewesen sein können, denn wie gesagt waren die
Lust aufs Training und der feste Vorsatz, regelmäßig in den
Fitnessclub zu fahren, nicht der Grund für ihre Beharrlichkeit.
Stattdessen vermute ich, dass ihre Ausdauer etwas mit
situationaler Kontrolle zu tun hatte; zum Beispiel indem sie sich
in ihrem Tagesplan Platz freischaufelten, um die Fahrt zum
Fitnessclub zu erleichtern. Vielleicht hatten sich die Beharrlichen
am Montag und Mittwoch die Mittagspause für das Training frei
gehalten oder gleich morgens so geplant, dass sie direkt nach der
Arbeit zum Sport gehen konnten. Handlungen kommen uns
einfacher vor, wenn wir uns mithilfe äußerer Kräfte auf diese
Weise selbst Rückenwind geben.
Das Resultat war, dass die 29 Prozent sich in einem
wesentlichen Punkt anders verhielten als die anderen: Sie gingen
mindestens fünf Wochen lang regelmäßig zum Sport. Ganz
offensichtlich entstand bei ihnen langsam eine
Trainingsgewohnheit. Als das geschehen war, gingen sie einfach
weiter zum Sport, ganz unabhängig davon, wie stark ihre
Vorsätze ursprünglich gewesen waren. Es ist das vertraute
Muster, das wir inzwischen besser verstehen: Wenn wir eine
Handlung regelmäßig wiederholen, müssen wir irgendwann
nicht mehr auf unsere Vorsätze zurückgreifen und können
einfach weitermachen. (Wobei die Einschätzung, dass es nur fünf
Wochen dauert, eine Gewohnheit auszubilden, ziemlich
optimistisch ist!)
Besonders interessant waren übrigens die Folgewirkungen des
regelmäßigen Fitnessstudiobesuchs. Zum Abschluss der Studie
mussten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer einen Fragebogen
ausfüllen: Die 29 Prozent gaben darin zu Protokoll, dass sie sich
in Bezug auf ihr Sportprogramm noch kompetenter und
autonomer fühlten als am Anfang. Ihr Selbstvertrauen in Bezug
auf ihre Fähigkeit, regelmäßig Sport zu treiben, war gewachsen.
Das Ganze fiel ihnen jetzt noch leichter.
Für diejenigen Mitglieder des Fitnessclubs, die es nicht
schafften, ihren Vorsatz umzusetzen, verstärkte sich dagegen das
Gefühl, gegen Widerstände anzukämpfen. Und es schien
schlimmer und schlimmer zu werden. Im Schlussinterview
beurteilten die erfolglosen 71 Prozent das regelmäßige
Sporttreiben als noch schwieriger, als sie es am Anfang der
Studie getan hatten. Die Widerstände hatten sich verstärkt.
Noch überraschender war, dass die Teilnehmerinnen und
Teilnehmer, denen es gelungen war, während der
zwölfwöchigen Laufzeit der Studie eine Trainingsgewohnheit
auszubilden, am Ende zu Protokoll gaben, dass sie gerne mehr
Sport treiben würden. Sie waren in der Lage gewesen, den
Fitnessclub einige Wochen lang zu ihrer ersten Wahl zu machen,
und die einfache Regelmäßigkeit hatte ihren Wunsch, Sport zu
treiben, sogar noch verstärkt.
Vielleicht kommt Ihnen die skizzierte Studie über den
Fitnessclub etwas zu simpel oder gar zirkulär vor: Leute, die
regelmäßig zum Sport gehen … gehen irgendwann regelmäßig
zum Sport. Wenn Sie die Studie aber im Lichte dessen
interpretieren, was wir bisher erörtert haben, werden Sie
erkennen, was der Punkt ist: Gewohnheiten bilden sich durch
Wiederholung. Verhalten erzeugt Verhalten. Es gibt keine
weitere, kompliziertere, seltenere oder speziellere Zutat. Das
sollte ziemlich befreiend sein. Das sollte Sie optimistisch
stimmen. Wenn Sie einfach immer weitermachen, wird es Ihnen
nach und nach immer leichterfallen. Machen Sie es sich leicht.
Eine B-Note gibt es nicht.

Um die Macht der Wiederholung nicht überzubewerten, möchte


ich zum Schluss einen Vorbehalt anbringen. Die meisten von uns
üben sich in dieser Art der Wiederholung, weil sie bessere
Menschen werden möchten – eine aufmerksamere Partnerin, ein
zugewandterer Vater oder insgesamt gesünder, produktiver und
finanziell solventer. Wiederholung kann diese Dinge
automatisieren und uns helfen, sie besser hinzubekommen und
mehr zu genießen.
Aber unter uns gibt es auch einige, die auf Ruhm und Erfolg
aus sind und die Macht der Wiederholung in diesem Sinne zu
nutzen versuchen. Diese Tendenz hat eine lange Geschichte.
Aristoteles soll (wie der Historiker Will Durant den
altgriechischen Text paraphrasiert) gesagt haben: »Wir sind, was
wir wiederholt tun. Vortrefflichkeit ist daher keine Tätigkeit,
sondern eine Gewohnheit.« [138] Es ist mit Sicherheit richtig, dass
wohlüberlegte Übung und die ständige Wiederholung einer
Handlung unsere Leistungen in so unterschiedlichen Bereichen
wie Musik, Schreiben und Sport tatsächlich verbessern können.
Durch Wiederholung wird so viel wie möglich von einer
Kompetenz in Gewohnheit verwandelt, sodass in unserem
Bewusstsein Platz für Wichtigeres ist: für die Interpretation einer
winzigen Nuance in einer Partitur, für das Erfinden einer
originellen Geschichte oder für die athletische Anmut, mit der
eine Sportart ausgeführt wird. Dennoch ist die
Kurzzusammenfassung von Aristoteles nicht ganz richtig (und
vielleicht auch nicht das, was er eigentlich meinte).
Vortrefflichkeit und Wiederholung sind nicht dasselbe. Wir
wissen das aus Erfahrung. Wir alle sehen immer wieder
Menschen, die das, was sie tun, zwar engagiert tun, aber eben
nicht besonders gut. Vielleicht geht es ihnen um die
Aufmerksamkeit. Oder sie sitzen einem Selbstbetrug auf, den wir
anderen auch noch höflich unterstützen. Aber Vortrefflichkeit?
Nein.
Wir alle wissen, dass Wiederholung für Erfolg notwendig ist –
ob aber auch hinreichend, ist zweifelhaft. Die
Populärwissenschaft hat sich hier weit aus dem Fenster gelehnt:
Malcolm Gladwells 10 000-Stunden-Regel gibt uns sogar eine
präzise Zahl vor. Genau so viel Übung, behauptet er, könne die
meisten von uns zum Erfolg führen. [139]

Stephen Curry, einer der besten Basketballspieler der NBA und


einer der erfolgreichsten Werfer, ist auf den ersten Blick die
Inkarnation dieser Behauptung. [140] Klein und dürr, wie er noch
in der Highschool war, fehlten ihm insgesamt die physischen
Voraussetzungen und vor allem die Kraft im Oberkörper, die für
gute Würfe notwendig ist. In einem Interview erzählte er einmal,
dass »kein einziger Trainer eines der führenden Colleges mit
exzellentem Sportprogramm (…) mich anwerben und mir ein
Stipendium geben« wollte. [141] Aber Curry blieb beharrlich und
wurde für seine außergewöhnlichen Trainingsgewohnheiten
genauso bekannt wie für seine basketballerischen Fähigkeiten.
[142] Vielleicht ist er ein lebender Beweis für die 10 000-Stunden-
Regel. Oder er ist der eine aus einer Million Menschen, dessen
angeborene Begabung nur darauf wartete, durch Disziplin zum
Leben erweckt zu werden. Nichts gegen Ihre eigene unerkannte
Größe, aber die wissenschaftliche Forschung spricht für die
zweite Interpretation (vor allem angesichts der Tatsache, dass
Currys Vater ein preisgekrönter Profispieler war).
Eine systematische Überblicksstudie von 88 Untersuchungen
wollte herausfinden, wie eng bewusstes Üben mit Erfolg
verknüpft war: im musikalischen Bereich, beim Gaming, in
verschiedenen Sportarten, im Bildungssystem und in beruflichen
Zusammenhängen. [143] Zwar wurden die Leute besser, wenn sie
übten, aber dennoch hingen über 75 Prozent ihres Erfolgs an
Faktoren wie angeborenem Talent, Glück und guten Lehrerinnen
und Lehrern. Im Bildungssystem und in beruflichen
Zusammenhängen war der Einfluss von Übung sogar noch
kleiner. Wie man erwarten würde, profitieren
Gewohnheitshandlungen, die leicht zu standardisieren sind (wie
z. B. das Korrekturlesen), mehr von bewusster Übung als weniger
gut zu standardisierende Aktivitäten (wie kreatives Schreiben).
Die Hoffnung, dass jeder von uns durch simple Wiederholung
zum Star werden kann, ist jedenfalls vollkommen überzogen.
Dennoch enthält das gründliche Kennenlernen von
Gewohnheit ein Versprechen, nämlich dass ein Teil der Energie,
die in Ihrem bisherigen Leben dadurch gebunden war, dass Sie
bestimmte Aufgaben unnötigerweise bewusst und willentlich
angegangen sind, freigesetzt wird. Denn Sie können einen
Großteil Ihrer Alltagsaufgaben an Ihr Gewohnheits-Ich
delegieren.
Was Sie dann mit all der freien Zeit und Energie machen … das
ist Ihre Sache. Vielleicht sehen Sie sich die Aufzeichnung eines
Steph-Curry-Spiels an und üben Würfe. Vielleicht sind Sie ja auch
der eine aus einer Million. Wenn Sie ein
gewohnheitsfreundlicheres Leben führen, haben Sie zumindest
die Zeit, es herauszufinden.
8 Belohnung

Ich habe in meinem ganzen Leben nie richtig gearbeitet. Es war


alles Spaß.

Thomas Edison

Ein nicht wegzudiskutierender Unterschied zwischen Ihnen und


einem Computer ist, dass Ihre Geduld früher zu Ende ist. Und
meine übrigens auch. Er hat es niemals satt, die gleiche Sache
ständig zu wiederholen. Die unendliche Geduld des Computers
wird nur durch die Stromversorgung begrenzt. Für eine
Maschine ist Wiederholung im Grunde dasselbe wie Nichtstun.
Für Sie ist das anders. Sie bekommen es satt, immer das
Gleiche zu tun. Sie sind neugierig. Sie wünschen sich
Abwechslung und Anregung. Sie brauchen mehr im Leben als
Zwangsläufigkeit.
Dieses »Mehr« ist das letzte von drei Elementen, die bei der
Etablierung von Gewohnheiten eine Rolle spielen. Kontext ebnet
den Weg, und Wiederholung bringt den Motor auf Touren, aber
wenn Sie in diesem Prozess keine noch so kleine Belohnung für
Ihre anfängliche Anstrengung erhalten, wird es nie dazu
kommen, dass eine Gewohnheit von selbst funktioniert.
Belohnungen sind nichts Kompliziertes. Sie sind uns seit
unseren ersten Lebenstagen vertraut: Wir tun etwas, das wir aus
uns selbst heraus, spontan, nicht tun würden, weil wir im
Gegenzug etwas dafür haben wollen. Wenn dieses Etwas sich gut
genug anfühlt, war es die ursprüngliche Anstrengung wert. Doch
selbst dieses Element der Gewohnheitsbildung ist nicht so simpel,
wie es scheint, sondern hat einen ziemlich komplexen
Hintergrund.

Wenn Belohnungen für die Ausbildung von Gewohnheiten


fruchtbar gemacht werden sollen, dann müssen sie größer und
besser ausfallen als normalerweise. Das erfordert in den meisten
Fällen Voraussicht und Kreativität. Vielleicht müssen Sie sogar
ein wenig nachdenken. Auch wenn es nicht besonders
romantisch klingt: Wenn Sie sich für sich und Ihren Partner
dauerhaft einen liebevolleren Umgang wünschen, müssen Sie
eine überraschende, authentische Demonstration von Zuneigung
einplanen, die über das übliche Küsschen auf die Wange, wenn
Sie abends von der Arbeit nach Hause kommen, hinausgeht. Der
Nutzen dieser unerwarteten Belohnung liegt darin, dass sie, nun
ja … unerwartet ist. Dass er die Belohnung als so groß empfindet,
zeigt Ihrem Partner implizit, wie niedrig seine Erwartungen
inzwischen sind. Er fühlt sich eingeladen, ein neues Ausmaß an
Wärme und Unterstützung von Ihnen zu erwarten, wenn er beim
Abendessen gesprächig ist und von seinem Tag erzählt oder über
Ihre Witze lacht – oder ein anderes Verhalten zeigt, das Sie in
Ihrer Beziehung zur Gewohnheit machen möchten. Sein
positives Gefühl ist der denkbar beste Ausgangspunkt für die
Ausbildung einer neuen Gewohnheit.
Und so funktioniert es: Die zusätzliche Zuneigungsbekundung
kommt für Ihren Partner unerwartet, seine Antizipation Ihrer
typischen Handlungsweise war in gewisser Weise ein Fehler
(genannt Belohnungserwartungsfehler). Unerwartete
Belohnungen regen die Ausschüttung von Dopamin im Gehirn
an. Dopamin ist ein Neurotransmitter: ein chemischer Botenstoff,
der die Weitergabe von Informationen von einer Nervenzelle zur
anderen erleichtert. Wenn das Dopamin von einer Nervenzelle
an eine Synapse (die Verbindung zwischen zwei Neuronen)
weitergegeben wird, wird es von den Rezeptoren der
empfangenden Nervenzelle aufgenommen. Diese Übertragung
erfolgt über festgelegte Kanäle oder Leitbahnen in unserem
Gehirn. In die Gewohnheitsbildung sind unterschiedliche
Dopaminleitbahnen involviert, vor allem die sensomotorische
Leitbahn, in der das von Neuronen im Mittelhirn freigesetzte
Dopamin von Rezeptoren im Putamen aufgenommen wird, das
mit sensorischen und motorischen Bereichen (dem
somatosensorischen und dem Motorcortex sowie dem Pallidum)
in Verbindung steht. [144] Je größer die unerwartete Belohnung
ist, desto mehr Dopamin wird (neben anderen chemischen
Stoffen) ausgeschüttet und desto effizienter werden die Synapsen
in dieser Leitbahn beim Senden und Empfangen von Signalen.
[145]

Das Gehirn Ihres Partners registriert die unerwartete


Belohnung Ihrer Zuneigungsbekundung mit der Freisetzung von
Dopamin. Während seine Neuronen, Synapsen und Leitbahnen
zusammenwirken, um zu erfassen, was gerade passiert ist, und
um darauf zu reagieren, formiert sich in seinem Gehirn die
neuronale Basis für die Etablierung einer Gewohnheit. Das
Dopamin ist wie ein Lehrsignal, das jenen neuronalen Bereichen,
die in die Handlungsentscheidung eingebunden sind, beibringt,
dem offenen Erzählen oder dem Lachen über Ihre Witze immer
dann den Vorzug zu geben, wenn die sensorischen Bereiche
seines Gehirns auf genau diese Kontextelemente (Sie beide am
Abendbrottisch) treffen. Das Dopaminsignal seiner Neuronen
stempelt ihm die Einzelheiten des belohnten Ereignisses
gewissermaßen ins Gedächtnis. [146] Das Gehirn Ihres Partners
hat sich nun tatsächlich ein wenig verändert. Es ist bereit, in
Zukunft mehr Zuneigung von Ihnen zu empfangen, zu würdigen
und zu verarbeiten. Man könnte sagen, dass Sie dem Gehirn
Ihres Partners geholfen haben, hoffnungsvoller, optimistischer
und vorbereiteter für die Liebe zu sein.
Ihr Partner lernt, dass er, wenn er beim Abendessen von sich
und seinen Gefühlen erzählt und lacht, wenn Sie versuchen,
lustig zu sein, von Ihnen eine Art von Zuneigung bekommt, die er
sonst nicht bekommen würde. Unabhängig davon, ob Ihr Partner
der Typ ist, der gern von sich erzählt, und auch davon, ob Ihre
Witze wirklich lustig sind: Die Belohnung wird Ihren Partner
immer wieder zu genau diesem Verhalten animieren. Das Zeigen
echter Zuneigung von Ihrer Seite wird, wenn Sie es oft genug
wiederholen, für ihn eine Verbindung schaffen zwischen dem
gemeinsamen Abendessen und intimen Selbstauskünften oder
zwischen Ihren Witzen und seinem Gelächter. Diese Art,
Beziehungen zu stärken, ist wichtig. Wechselseitige
Gewohnheitsbildung entwickelt sich dann, wenn zwei Menschen
füreinander einen großen Teil des Lebenskontextes bilden. Es
mag sich entmenschlichend anhören, darüber in diesen Worten
zu sprechen, aber das muss nicht so sein. Ihr zweites Ich
interagiert die ganze Zeit mit dem zweiten Ich Ihres Partners,
genau wie Ihre Pläne und Ihr Wille mit denen Ihres Partners
verstrickt und verwoben sind. Sie haben die Macht, dafür zu
sorgen, dass all diese Teile all die anderen Teile befähigen und
unterstützen.
Unerwartete Belohnungen funktionieren in allen Bereichen
unseres Lebens, sogar im Supermarkt. Wenn Sie für Ihre Milch
Treuepunkte bekommen, wird das Ihre Kaufgewohnheiten nicht
ändern. Aber ein Einkauf mit einem zusätzlichen, unerwarteten
Tagessonderangebot aktiviert Dopamin und könnte, wenn sich
das Ganze wiederholt, dazu führen, dass Sie sich angewöhnen,
diese spezielle Marke zu kaufen. Die Ausbildung einer
Gewohnheit beeinflusst auch die Dopaminausschüttung in
anderen Bereichen des Gehirns. Während sich diese bestimmte
Kaufgewohnheit entwickelt, können andere Bereiche, die für das
Treffen von Entscheidungen zuständig sind, ihre Aktivität
zurückfahren, besonders der präfrontale Cortex (und hier im
Speziellen der orbitofrontale Cortex). Wenn Wiederholung im
Spiel ist, greift man irgendwann ganz automatisch, ohne auf den
aktuellen Preis zu achten, nach dieser Milch. Sie treffen schon
gar keine Entscheidung mehr.
Dopamin hilft uns auch, aus unseren Fehlern zu lernen. Wenn
wir uns auf eine Weise verhalten, die nicht zu der Belohnung
führt, die wir erwartet haben, fahren die dopaminergen
Neuronen ihre Aktivität zurück und signalisieren uns dadurch,
diese Handlung in Zukunft lieber zu unterlassen. [147] Wenn wir
spät nach Hause kommen und der liebevolle Kuss des
Ehepartners ausfällt oder das Sonderangebot ausläuft und wir
wieder den vollen Preis bezahlen müssen, reagiert unser Gehirn
darauf.
Das ist die Kehrseite von zwischenmenschlichen Belohnungen.
Liebesentzug und verletzendes Verhalten dem Partner
gegenüber sind Merkmale von emotional missbräuchlichen
Beziehungen. [148] Wenn Partner oder Partnerinnen keine echte
Zuneigung für ihr Gegenüber empfinden oder sie nur strategisch
einsetzen, um den anderen zu manipulieren, dann ist das
Missbrauch. Genau wie bestimmte Abhängigkeiten, über die wir
in Kapitel 13 sprechen werden, können solche missbräuchlichen
Beziehungen unglückliche, manchmal auch tragische
Deformationen unserer normalen Reaktionen auf Zuneigung und
Belohnung sein.
Dopamin wird manchmal auch als chemischer Glücksstoff
bezeichnet, weil es in unseren Belohnungserfahrungen eine
Rolle spielt. Aber welche spezifische Information mithilfe von
Dopaminausschüttung übermittelt wird, hängt vom Timing und
den in den jeweiligen Übermittlungsvorgang involvierten
Neuronen und Rezeptoren ab. Dopamineffekte machen sich
innerhalb von Sekunden bemerkbar, wobei in den frühen
Reaktionsstadien zunächst Auffälligkeit (salience) signalisiert
wird, also die Tatsache, dass da etwas ist, worauf wir unsere
Aufmerksamkeit richten sollten. [149] Etwas Neues oder in einem
physischen Sinne Auffälliges kann die dopaminergen Neuronen
in etwa auf die gleiche Weise aktivieren, wie der unerwartete
Duft von schweren, süßen Zimtschnecken beim Flughafenbäcker
Ihre Aufmerksamkeit auf Trab bringt. Im Laufe dieses Prozesses
werden durch das Dopamin jene Belohnungen ausgelöst, mit
deren Hilfe sich Gewohnheiten bilden und die uns die Energie
und Kraft geben, genau solche Handlungen umzusetzen, die für
uns positive Konsequenzen haben und mit unseren Zielen
übereinstimmen.
Für unsere Zwecke können wir daraus etwas Wichtiges
ableiten: Dopamin sorgt dafür, dass sich das Gewohnheitslernen
innerhalb eines gewissen Zeitrahmens abspielt. Wenn wir
belohnt werden, schießt es als Reaktion auf die Auffälligkeit und
den Wert dessen, was wir gerade bekommen haben, sofort in
unser Gehirn ein. Wissenschaftler sind zwar gerade erst dabei zu
verstehen, wie neuronales Timing funktioniert, aber bei
Dopamin scheint es so zu sein, dass es das Gewohnheitslernen
weniger als eine Minute lang unterstützt. [150] Unvorhersehbare
Belohnungen in der Zukunft, wie eine Prämienzahlung des
Arbeitgebers oder ein Pokal, den man am Ende der Saison
bekommt, wird die neuronalen Verbindungen nicht auf die
gleiche Weise verändern. Wenn sich im Gedächtnis
Gewohnheitsverbindungen (als Antwort auf den Kontext)
ausbilden sollen, dann muss die Belohnung unmittelbar auf die
Handlung folgen.
Wegen dieses engen Zeitrahmens sind genau solche
Belohnungen der Gewohnheitsbildung zuträglich, die einem
bestimmten Verhalten immanent sind oder sogar einen der Teile
der eigentlichen Handlung ausmachen. Das könnte zum Beispiel
die Freude sein, die Sie erleben, wenn Sie Ihren Kindern eine
spannende Geschichte vorlesen und dabei merken, wie sehr die
Kleinen das genießen. Oder Sie verspüren das warme Gefühl der
Großherzigkeit, während Sie eine gute Tat tun, zum Beispiel als
Freiwilliger in einer Tafel helfen. Sie sind keine Ratte. Wenn Sie
sich ehrenamtlich engagieren, müssen Sie danach nicht losgehen
und sich eine große Tafel Schokolade kaufen, damit sich eine
solche Gewohnheit bildet. Lassen Sie einfach die innere Wärme,
die einer solchen Handlung immanent ist, die Belohnung sein.
Machen Sie sich Ihre angeborene Menschlichkeit zunutze.
Die »Fun Theory«, eine Initiative von Volkswagen, zeigt
immanente (auch: intrinsische) Belohnungen in Aktion. Bei
einem dieser Projekte wurde die normale Treppe einer U-Bahn in
Stockholm durch Stufen ersetzt, die Klaviertöne machten, wenn
man sie hinaufging. [151] Die Fahrgäste nutzten diese Treppe in
Scharen, was wenig überraschend ist. Bei einer anderen Aktion
wurden Mülleimer in einem öffentlichen Park so präpariert, dass
sie das pfeifende und hallende Geräusch von etwas machten, das
einen tiefen Schacht hinunterfällt, was die Passanten dazu
bewegte, weiteren Müll zum Hineinwerfen zu sammeln, damit
sie das Geräusch noch einmal hören konnten. [152]

Um die Vorteile intrinsischer Belohnung abzuschätzen,


wurden in einer Studie die Trainingsgewohnheiten von
Studierenden untersucht. [153] Wie zu erwarten, trainierten die,
die gerne Sport trieben – für die Sport etwas Schönes war, das
ihnen ein gutes Gefühl gab –, öfter als andere. Sie waren stärker
an das Training gewöhnt, ihren Angaben zufolge taten sie es
einfach automatisch: Bevor sie sich auf den Weg zum Sportplatz
oder ins Fitnessstudio machten, mussten sie nicht groß
nachdenken. Am interessantesten ist, dass diejenigen
Studierenden, die angegeben hatten, dass sie Sport trieben, um
ihr schlechtes Gewissen zu beruhigen oder es anderen Menschen
recht zu machen, es nicht schafften, eine belastbare Gewohnheit
auszubilden – obwohl sie genauso oft zum Training gingen wie
die anderen. Wie wir im letzten Kapitel gesehen haben, ist
Wiederholung notwendig, damit sich Gewohnheiten ausbilden
können. Aber Wiederholung allein reicht nicht. Studierende, die
das Belohnungsgefühl, das zusammen mit der Wiederholung zur
Automatizität eines bestimmten Verhaltens beiträgt, nicht
erlebten, mussten sich immer wieder bewusst dazu zwingen, auf
den Sportplatz oder ins Fitnessstudio zu gehen, ohne dass jemals
eine hilfreiche Gewohnheit das Ruder übernahm. Eigentlich
wäre aber nur eine winzige Veränderung nötig, damit solche
Menschen mehr von ihrem Sport haben: Sie sollten weiterhin
genau das tun, was sie tun – aber das schlechte Gewissen und die
Verpflichtungsgefühle gegenüber anderen weglassen. Indem sie
sich auf das konzentrieren, was sie sich vorgenommen haben,
geben sie dem Phänomen der intrinsischen Belohnung Raum: Es
darf entstehen und gefühlt werden.
Laborstudien unter Versuchsbedingungen zeigen, dass
Belohnung diese Macht tatsächlich hat. In einer schon in Kapitel
5 erwähnten Studie spielten College-Studentinnen ein
Computerspiel, bei dem sie immer wieder Karotten auswählen
und essen durften. [154] Sämtliche Teilnehmerinnen hatten
zuvor angegeben, dass sie gern Karotten aßen. Einige von ihnen
hatten den starken Wunsch geäußert, gesund zu leben und dünn
zu sein, was eine zusätzliche Belohnung darstellte. Diese
Studentinnen gewöhnten sich besonders nachhaltig an, sich für
die Karotten zu entscheiden – und ihre Gewohnheit hielt selbst
dann stand, als sie am Schluss des Experiments die Möglichkeit
bekamen, sich stattdessen für M&M’S zu entscheiden. Je
vielfältiger und größer die von den Teilnehmerinnen erwähnten
Belohnungen für das Auswählen von Karotten waren, desto
nachhaltiger verwandelte sich die oft wiederholte bewusste
Entscheidung in eine Gewohnheit, die auch angesichts einer
schokoladigen Versuchung beibehalten werden konnte.
Belohnungen können auch extrinsisch sein, was bedeutet, dass
sie einem bestimmten Verhalten nicht immanent sind. Auch
extrinsische Belohnungen können ziemlich prompt eintreten.
Wenn Sie ein Familienabendessen organisieren, um Ihrer
Partnerin eine Freude zu machen, dann sind ihre
wertschätzenden Kommentare beim Hinsetzen eine recht
unverzügliche extrinsische Belohnung. Auch eine tolle
Umgebung kann als extrinsische Belohnung wirken. Manche
Fitnessstudios haben deshalb edle Lobbys, die uns, während wir
trainieren, das Gefühl geben sollen, dass wir Mitglieder eines
exklusiven Clubs sind. Andere verkaufen schicke Sportkleidung.
Dies sind unmittelbare extrinsische Belohnungen dafür, dass
man zum Training gegangen ist. Sie spielen mit unserem
Distinktions- und Überlegenheitsbedürfnis. Wer mag es nicht,
sich als etwas Besonderes zu fühlen?
Eine bestimmte Tätigkeit mit Geld zu bezahlen ist natürlich die
klassische extrinsische Belohnung schlechthin. Diese Art der
Belohnung strukturiert Karrieren, Lebensentwürfe und ganze
Gesellschaften. Sie ist plump, aber effektiv. Manchmal wird das
Geld sofort ausgehändigt, nachdem man etwas getan hat, oder
der Gedanke an die Bezahlung ist während der Arbeit präsent.
Viel üblicher ist es jedoch, dass man das Geld erst nach einer
Verzögerung bekommt, oft hat man sein Gehalt erst nach zwei
Wochen oder einem Monat auf dem Konto. Die für
Geldzahlungen so typische Lücke zwischen Handlung und
Belohnung hat aber zur Folge, dass das Dopamin seine Arbeit
nicht tun kann.
Es gibt noch einen weiteren guten Grund, die Nützlichkeit von
extrinsischen Belohnungen insgesamt infrage zu stellen. Denn
diese Art der Belohnung verdrängt beziehungsweise
unterminiert jeden anderen Grund, aus dem heraus wir
vielleicht handeln. Wenn wir für eine Aufgabe bezahlt werden,
kann es sich so anfühlen, als würden wir sie andernfalls nicht
tun. Und wenn die Bezahlung dann aufhört, kann es sein, dass
auch wir aufhören.
In der Praxis überschneiden sich intrinsische und extrinsische
Belohnungen häufig. Vielleicht bleiben Sie abends lange im Büro,
weil Sie für ein bestimmtes Projekt Ihr Bestes geben wollen
(intrinsisch), aber auch, weil Sie die ganze Zeit daran denken
müssen, wie anerkennend Ihr Chef am nächsten Tag reagieren
wird (extrinsisch).
Die Verzögerung zwischen Handlung und Belohnung kann
vielleicht auch den begrenzten Erfolg von Maßnahmen erklären,
die Menschen dafür bezahlen, dass sie gesünder leben. Manche
Gesundheitsprogramme bieten Geld an, wenn man aufhört zu
rauchen, abnimmt oder meditiert. In Übereinstimmung mit
ökonomischen Gesetzen werden wir all das tun, wenn wir nur
gut genug dafür bezahlt werden, zumindest am Anfang. [155]
Lassen Sie uns ein sechsmonatiges
Gewichtsreduzierungsprogramm mit 27 Frauen und vier
Männern genauer betrachten. [156] Das durchschnittliche
Ausgangsgewicht betrug 95 Kilogramm. Die Teilnehmerinnen
und Teilnehmer wurden einmal im Monat gewogen. Wenn sie
knapp zwei Kilo leichter waren als im Monat zuvor, bekamen sie
100 Dollar. Das Geld wurde ihnen automatisch auf ihr Bankkonto
überwiesen. Dieser riesige Ansporn führte aber keineswegs zu
besonders herausragenden Ergebnissen. Am Ende der sechs
Monate hatten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer im
Durchschnitt insgesamt nur etwa zweieinhalb Kilo abgenommen.
Die Zahlungen hatten durchaus einen gewissen Effekt. Die
Gruppe, die bezahlt wurde, schnitt besser ab als die der 32
Probandinnen und Probanden in einer Kontrollgruppe, die kein
Geld für das Abnehmen bekamen. Die Mitglieder der
Kontrollgruppe unterzogen sich der gleichen monatlichen
Wiegeprozedur und erfuhren dann, ob sie ihr persönliches
Diätziel für diesen Monat erreicht hatten. Im Laufe der sechs
Monate nahmen diese Teilnehmerinnen und Teilnehmer nur
etwa ein halbes Kilo ab.
Drei Monate nach dem Ende der Studie wurden alle noch
einmal gewogen. Die Mitglieder der bezahlten Gruppe hatten
einiges von dem Gewicht, das sie ursprünglich abgenommen
hatten, inzwischen wieder zugenommen. Sie wogen nur etwa ein
Kilo weniger als zu Beginn der Studie, hatten also insgesamt etwa
genauso viel Gewicht verloren wie die unbezahlten
Teilnehmerinnen und Teilnehmer.
Was war passiert? Es handelte sich hier um eine hochgradig
ehrgeizige Studie, exemplarisch in vieler Hinsicht. So viele
Menschen über volle neun Monate bei ihren Gewichtsmessungen
zu begleiten war eine Mammutaufgabe. Aber das Programm
schaffte es nicht, den Menschen ein gesundes Essverhalten
anzugewöhnen. Wenn Sie nun daran denken, was wir bisher
über Gewohnheitsbildung gelernt haben, müsste es Ihnen
leichtfallen, die Knackpunkte zu benennen: Wiederholung und
Belohnung (vielleicht auch Kontext, aber das ist weniger
deutlich).
Wahrscheinlich fand so etwas wie Wiederholung in diesem
Programm so gut wie gar nicht statt. Ich schätze, die
Teilnehmerinnen und Teilnehmer starteten in jeden neuen
Monat, ohne viel übers Abnehmen nachzudenken. Wenn die
Wiegetermine näher rückten, begannen sie, Diät zu halten.
Vielleicht fasteten sie am Tag vor dem Wiegen sogar komplett.
Schließlich sind 100 Dollar viel Geld. Diese punktuellen Extreme
waren das Gegenteil eines oft wiederholten neuen Essverhaltens.
Für unser Bewusstsein scheint solche Wiederholung überflüssig
zu sein. Es sollte doch wohl keinen Unterschied machen, ob wir
hier und da hungern und dafür hier und da unsere Diät
vernachlässigen. Wir gehen davon aus, dass wir einfach nur
Kalorien einsparen müssen. Doch wenn wir Gewohnheiten
ausbilden wollen, müssen wir bestimmte Handlungen oft genug
wiederholen, damit sie sich automatisieren.
Auch die Belohnung war nicht optimal. Sie wurde am Ende des
Monats überwiesen und war nicht eng genug an eine bestimmte
Verhaltensweise geknüpft. Vielleicht dachten die
Teilnehmerinnen und Teilnehmer manchmal an das Geld, wenn
sie versuchten, Diät zu halten. Aber ansonsten konnte diese
Belohnung keine feste mentale Verbindung zwischen Kontext
und Reaktion etablieren. Das Ergebnis war, dass sich keine
neuen Gewohnheiten bilden und neue Verhaltensweisen sich
nicht festsetzen konnten. [157] Aus Sicht unseres Bewusstseins
(und vieler Ökonomen) müssten große Belohnungen aber
eigentlich funktionieren. Es scheint erst einmal hochgradig
motivierend zu sein, für einen monatlichen Gewichtsverlust 100
Dollar zu kassieren oder sich für die Einhaltung einer
beruflichen Deadline Konzertkarten zu gönnen. Aber bei der
Gewohnheitsbildung hilft es nicht im Geringsten, weil die
Belohnung nicht eng genug mit dem jeweiligen Verhalten
verknüpft ist. Einzelne große Belohnungen sind nicht dafür
geeignet, eine Gewohnheit zu etablieren.
Viele Firmen in den USA bieten Gesundheitsprogramme für
ihre Angestellten an, aber bei dem Versuch, ihnen eine
bewusstere Ernährung an- oder das Rauchen abzugewöhnen,
machen sie häufig genau diese Fehler. [158] So gibt es zum
Beispiel Belohnungen in Form von reduzierten
Versicherungsbeiträgen oder unregelmäßigen Sonderzahlungen.
Nur wenige dieser Programme bringen den Menschen bei,
bestimmte Handlungen immer und immer wieder zu
wiederholen. Gewohnheitsbildung findet hier so gut wie gar
nicht statt.
Vielleicht fragen Sie sich jetzt nach dem Nutzen von negativen
Belohnungen oder sogenannten Erfolgsvereinbarungen. Man
stimmt in diesem Fall einer unangenehmen Folge (einer
Geldzahlung) zu, die man verhindern kann, indem man etwas
Bestimmtes tut (Abnehmen). Eine Variante davon ist die
»Fluchkasse« in vielen Familien. Wer flucht, wird bestraft, indem
er zum Beispiel einen Dollar in die Kasse einzahlen muss. Das ist,
zusammen mit dem unvermeidlichen Spott der Familie,
angeblich genug, um die Dopaminreaktion des Übeltäters zu
drosseln und das Fluchen zumindest einzuschränken. In diesem
Beispiel ist das unerwünschte Verhalten zumindest an sofortige
Konsequenzen gebunden (jedenfalls wenn die anderen
Familienmitglieder in Hörweite sind).
Viel öfter jedoch sind Erfolgsvereinbarungen so formuliert,
dass sie sich für die langfristige Beibehaltung einer Veränderung
nicht gut eignen. Vielleicht wettet jemand mit seinem Bruder,
dass er das Anwaltsexamen seines Bundesstaates beim ersten
Versuch besteht. Wenn er durchfällt, muss er dem Bruder Geld
zahlen. Er hofft, sich auf diesem Weg eine neue Lernroutine
anzugewöhnen. Oder sagen wir, Sie beschließen, dass Sie mehr
ins Fitnessstudio müssen. Wenn Sie nicht mindestens dreimal im
Monat gehen, dürfen Sie sich die Jacke, die Sie so gern hätten,
nicht kaufen. Kurzfristig gesehen mag so etwas eine wirksame
Motivation sein. Aber neue Gewohnheiten lassen sich mit
solchen Belohnungen nicht ausbilden. Sie sind zu weit entfernt
von dem Verhalten, das man verändern möchte, davon
abgesehen, dass sie auch nicht unbedingt an Wiederholungen
gekoppelt sind.
Angesichts der Art und Weise, in der Dopamin wirkt, um
Gewohnheitsverbindungen im Gedächtnis zu schaffen, ist also
eine sofortige Belohnung für zahlreiche Wiederholungen
unabdingbar.

Das Thema Dopamin handelt aber nicht nur von Unmittelbarkeit.


Wie schon gesagt, ist die Ausschüttung von Dopamin auch eine
Reaktion auf die Unsicherheit in Form von
Belohnungserwartungsfehlern, was uns hilft, aus dieser
Erfahrung zu lernen. Das bedeutet, dass wir vor allem mithilfe
von ungewöhnlichen oder unerwarteten Belohnungen lernen –
Belohnungen, die größer oder anders sind, als wir es gewohnt
sind. Das ist vielleicht bisher das Überraschendste.
Haben Sie schon einmal als Führungskraft gearbeitet? Falls ja,
haben Sie sicher schon einmal gehört, dass es sehr wichtig ist, die
eigenen Erwartungen bezüglich der zu leistenden Arbeit genau
zu definieren und auch die jeweilige Belohnung verbindlich
anzukündigen. Der Nutzen für Arbeitszusammenhänge ist klar:
Belohnungen (oder Entlohnungen) sollten transparent,
verlässlich und dauerhaft sein. Überraschungen sind out. Das
Gebot der Stunde heißt Berechenbarkeit. So holen Sie am
meisten aus Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern heraus –
und aus sich selbst. Wahrscheinlich wissen Sie haargenau, wie
viel Sie jeden Monat verdienen.
Bei der Arbeit sorgt dieses Verfahren für Vertrauen und
reduziert Unsicherheit und Stress. Aber es ist keine gute
Methode, in wirksamer Weise neue Gewohnheiten auszubilden.
Gewohnheiten basieren auf Überraschung. Ja wirklich – die
langweiligsten und monotonsten unserer Verhaltensweisen
erfordern es tatsächlich, dass wir kurz unterbrochen werden
und ein bisschen aus dem Tritt kommen. Und all das hat mit der
dritten und letzten Eigenschaft der Gewohnheitsbildung zu tun:
Ungewisse Belohnungen sind am wirksamsten.
Ungewisse Belohnungen locken uns ins Kasino. Beinahe
70 Prozent aller Einnahmen aus dem Spielgeschäft kommen
heute aus elektronischen Glücksspielautomaten oder dem
Videopoker. [159] Die Maschinen werden so programmiert, dass
sie häufiger knappe Verluste als glückliche Gewinne
produzieren, wodurch bei den Spielerinnen und Spielern das
Gefühl geschaffen wird, »beinahe gewonnen« zu haben. Einem
Gewinn so nah zu sein fühlt sich an wie ein Verdienst, wodurch
gewisse Dopamin-Belohnungspfade aktiviert werden, die
wiederum solche Gewohnheiten stärken, die uns im Spiel halten
(siehe auch Kapitel 13 zum Thema Sucht).
Warum ist das so? Eine auf die Evolution zurückgreifende
Erklärung lautet, dass alle Tiere schon deshalb für ungewisse
Belohnungen empfänglich sind, weil in der Wildnis angesichts
von Knappheit die Hartnäckigkeit bei der Nahrungssuche für
unser Überleben notwendig ist: Wenn wir in der Frühphase der
Menschheit an Nahrung, Wasser und
Fortpflanzungsmöglichkeiten gelangen wollten, mussten wir
trotz wiederholter Rückschläge hartnäckig bleiben. [160]
Dopamin könnte so betrachtet die Motivation sein, es trotz des
sehr unregelmäßigen Erfolgs immer weiter zu versuchen.
Wir alle sind Spielbälle der ungewissen Belohnung. Das wird
noch deutlicher, wenn wir den Kontext der Arbeitswelt
verlassen. Wann haben Sie zum letzten Mal Ihr Smartphone in
die Hand genommen, um nachzusehen, ob Sie eine Nachricht
bekommen haben? Amerikaner jedenfalls checken ihr Handy
acht Milliarden Mal am Tag, was einem Durchschnitt von 46-mal
pro Person entspricht. [161]

Die Benutzung von Smartphones beruht in einem sehr hohen


Maß auf Gewohnheit. Ein Auslöser für den Griff nach dem Handy
ist die Tageszeit. Für viele Menschen ist es das Erste, was sie
morgens tun, noch bevor sie das Bett verlassen: aufwachen –
Handy checken. Und es ist das Letzte, was viele von uns abends
tun: ins Bett gehen – Handy checken. Während des Tages
checken viele Leute ihr Handy, wenn Langeweile aufkommt:
gelangweilt sein – Handy checken. Die Belohnung für diese
dauernden Handyaktivitäten? Hin und wieder sind eine E-Mail,
eine Textnachricht, ein Post oder Tweet interessant für uns. Aber
das meiste ist uninteressante Zeitverschwendung. Der kleine
Goldklumpen nützlicher Information oder reizvoller
Kommunikation, diese eine gelegentliche Belohnung, bringt uns
dazu, regelmäßig unser Handy zu checken.
In Tierversuchen konnte die Macht ungewisser Belohnungen
sehr klar nachgewiesen werden. In einer Studie mussten Mäuse
einen Hebel drücken, um an Trockenfutter zu gelangen. Diese
Belohnung gab es nach unterschiedlichen Zeitabständen.
Manchmal kam das Futter nach neun Sekunden, und manchmal
musste die Maus dreißig Sekunden warten. [162] Diese
Unregelmäßigkeit ist vielen natürlichen Belohnungen sehr
ähnlich. Eine pollensammelnde Biene muss warten, bevor sie
eine bestimmte Blüte noch einmal anfliegt, damit in der
Zwischenzeit neuer Pollen produziert werden kann. Manchmal
muss man lange warten, manchmal kurz.
Wenn Belohnungen auf diese Weise in zufälligen Abständen
verteilt wurden, führte das dazu, dass die Mäuse den Hebel
häufiger drückten, um überhaupt an Futter zu gelangen. Weil sie
nicht wissen konnten, wann sie tatsächlich eine Belohnung
bekommen würden, drückten sie den Hebel ständig. Sie
gewöhnten sich sehr nachhaltig an, den Hebel zu drücken, und
fuhren selbst dann damit fort, als die Belohnungen komplett
eingestellt wurden. Am Arbeitsplatz oder im Fitnessclub wird so
etwas Produktivität genannt.
Unserem bewussten Verstand erscheinen größere und
sicherere Belohnungen – also die, von denen wir wissen, dass sie
kommen – sehr motivierend. Aber Gewohnheiten gedeihen nun
einmal bei Unsicherheit. Stellen Sie sich vor, dass Sie an einer
Auktion teilnehmen, in der Schokomünzen die Belohnung sind.
Sie können entweder auf ein Los bieten, das fünf Münzen
enthält, oder auf ein Überraschungslos, das entweder drei oder
fünf Münzen enthält – wie viele es tatsächlich sind, erfahren Sie
erst, wenn Ihr Gebot angenommen wurde. Logischerweise ist das
Los mit den fünf Münzen mehr wert.
Aber in der Realität war es das nicht. Forscher der University
of Chicago spielten genau diese Auktion nach und fanden heraus,
dass das Durchschnittsgebot für die garantierten Fünf-Münzen-
Lose 1,25 Dollar betrug. Das Durchschnittsgebot für das
Überraschungslos betrug 1,89 Dollar. [163] Als sie danach gefragt
wurden, sagten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer, dass
ihnen die Überraschungsauktion spannender vorkomme.
Natürlich erhöhe sich dadurch der tatsächliche Wert der
Belohnung nicht. Das Spiel mache einfach nur mehr Spaß. Die
Teilnehmerinnen und Teilnehmer bezahlten mehr, um zu
spielen, und gaben zu Protokoll, dass sie noch einmal an der
Auktion teilnehmen würden. (Das Geheimnis war jedoch, dass
diese Dinge im Eifer des Gefechts passierten. Wenn die
Probanden ihr Gebot im Voraus planen konnten, bevorzugten sie
die sichere Belohnung.)
»Gamification« basiert auf solchen Einsichten über Belohnung.
Videospiele, die mit unvorhersehbaren Belohnungen arbeiten,
ziehen ein starkes Gewohnheitsverhalten nach sich. Im Jahr 2018
erwirtschaftete die Videospielindustrie mehr als 130 Milliarden
Dollar. [164] Auch Lernspiele profitieren von dieser
Ungewissheit: Als Studierende mithilfe eines Spiels versuchten,
Begriffe zu lernen, konnten sie mit einer richtigen Antwort
entweder eine festgelegte Zahl von Punkten gewinnen oder so
viele Punkte, wie ein Würfel zeigte. [165] Wenn die Belohnung
durch den Würfel bestimmt wurde (und dadurch ungewiss war),
verbrachten die Studierenden insgesamt mehr Zeit mit dem
Beantworten der Fragen und gaben sich größere Mühe, genau zu
sein. Gamification wird auch in allen möglichen beruflichen
Ausbildungszusammenhängen genutzt. Um Kampfpiloten,
Automechanikern und laparoskopischen Chirurgen bestimmte
Fertigkeiten beizubringen, bieten Spiele viele unterschiedliche
Belohnungsarten, zum Beispiel Abzeichen oder Punktesysteme.
Aber nur sehr wenige Lernspiele arbeiten mit ungewissen
Belohnungen, was vielleicht der Grund dafür ist, dass sie häufig
nicht effektiver sind als normale Lehrmethoden. [166]

Kurz gesagt übt Ungewissheit eine Anziehungskraft auf die


Belohnungssysteme in unserem Gehirn aus, die uns vielleicht
nicht rational vorkommt, uns aber dennoch dazu bringt, mit
dem, was wir tun, weiterzumachen.

Belohnungen sind außerdem ein hervorragendes Maß dafür, wie


stark eine Gewohnheit geworden ist. Im letzten Kapitel haben
wir gesehen, wie Gewohnheiten in uns hineinkriechen und sich
festsetzen können, ohne dass sie uns auch nur bewusst werden.
Das bedeutet aber nicht, dass wir ihre Stärke nicht messen
könnten.
Für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ist die
Unempfindlichkeit gegenüber Belohnung das beste Mittel, um
eine Gewohnheit zu identifizieren. [167] Die einzige Möglichkeit,
mit Gewissheit zu erkennen, ob eine Handlung
gewohnheitsmäßig abläuft, besteht darin auszuprobieren, was
geschieht, wenn sie die Belohnung verändert. Machen wir sogar
dann weiter, wenn wir die Belohnung weniger gut finden oder
sie nicht mehr im gleichen Ausmaß verfügbar ist, handelt es sich
um eine Gewohnheit.
Wie in Kapitel 3 schon erwähnt wurde, ist dieses Phänomen
zum ersten Mal bei der Forschung mit Laborratten entdeckt
worden. In einer dieser Studien wurden Ratten beispielsweise
darauf trainiert, einen Hebel, der ihnen Zugang zu Trockenfutter
verschaffte, entweder 100-mal oder 500-mal zu drücken. [168]
Nach diesem anfänglichen Lernprozess bekamen die Ratten ein
wenig Futter und erhielten dann eine Spritze, die sie krank
machte. Die Ratten entwickelten dadurch sehr schnell eine
Aversion gegen das Futter. Was ursprünglich eine Belohnung
gewesen war, erschien ihnen nun als Gift – das ist die gleiche
Aversion, die Sie und ich nach einer Lebensmittelvergiftung
gegen die entsprechenden Nahrungsmittel entwickeln.
Nach dieser Erfahrung taten die Ratten, die man darauf
trainiert hatte, den Hebel 100-mal zu drücken, das einzig
Logische: Sie hörten auf, den Hebel zu drücken, und vermieden
es dadurch, das Futter zu bekommen, das sie offenbar krank
gemacht hatte. Ratten dagegen, denen man antrainiert hatte, den
Hebel 500-mal zu drücken, hatten dies oft genug getan, um eine
Gewohnheit auszubilden, und sie fuhren sogar, nachdem sie das
Futter mit dem Krankheitsgefühl in Zusammenhang gebracht
hatten, damit fort, den Hebel zu drücken. Man konnte
beobachten, wie diese Tiere das Futter, das sie bekamen,
angeekelt wieder ausspuckten. Es hatte eindeutig den Charakter
einer Belohnung verloren.
Gewohnheit führte jedoch nicht dazu, dass diese Ratten auf
ewig den Hebel drückten. Vielmehr wurden die Gewohnheiten
der Ratten durch Erfahrung modifiziert. Nach ein paar Minuten,
in denen sie den Hebel gedrückt hatten, ohne dafür eine echte
Belohnung zu bekommen, schienen die Ratten zu begreifen, dass
diese Tätigkeit ihnen nicht mehr das brachte, was sie wollten,
und sie hörten damit auf.
Diese Art von Studien enthüllen eine sehr grundlegende
Eigenschaft von Gewohnheit: Die jeweilige Handlung wird
unabhängig davon, ob sie in diesem Moment erwünscht ist, in
Gang gesetzt. Es ist, als wäre der Geist der früheren Belohnung
noch lebendig. Die praktizierte Handlung (den Hebel drücken)
drängte sich ins Bewusstsein, und die Ratten führten sie aus,
ohne zu überlegen. Daran wird deutlich, wie die Auswirkungen
einer Belohnung anhalten und in die Zukunft verlängert werden
können. Belohnungen sind auf diese Weise extrem effizient: Sie
beeinflussen unsere Gewohnheiten, noch lange nachdem wir sie
zum letzten Mal bekommen haben. Eine gut ausgewählte
Belohnung ist wie eine wirklich solide und dauerhafte
Investition.
Mein Kollege David Neal und ich beschlossen, genau diesen
Aspekt von Belohnung genauer zu untersuchen, indem wir ein
Experiment entwarfen, in dem ein allseits beliebter und
überteuerter Kinosnack eine Rolle spielte. [169] Wir gingen zum
örtlichen Campuskino und gaben den Zuschauerinnen und
Zuschauern Popcorn zu essen. Abgestandenes Popcorn ist nicht
besonders lecker, aber es macht niemanden krank. Wir stellten
also welches her, indem wir riesige Mengen Popcorn-Mais
aufpoppen und eine Woche lang in unserem Labor stehen ließen.
Das Kino erlaubte uns, ein paar Trailer zu zeigen, bevor der
eigentliche Film losging. Den Teilnehmerinnen und Teilnehmern
erzählten wir, dass wir mit der Studie herausfinden wollten,
welche filmischen Vorlieben sie hätten. Alle bekamen eine Tüte
Popcorn und eine Flasche Wasser, angeblich als
Aufwandsentschädigung. Die Hälfte der Teilnehmerinnen und
Teilnehmer bekam altes Popcorn, die andere Hälfte frisches.
Nachdem sie die Trailer gesehen hatten, gaben die
Teilnehmerinnen und Teilnehmer die Tüten mit dem restlichen
Popcorn zurück, sodass wir messen konnten, wie viel sie
gegessen hatten. Die Filmbesucher hatten vorher zu Protokoll
gegeben, wie oft sie normalerweise im Kino Popcorn aßen –
unser Maßstab für die Stärke ihrer Gewohnheit.
Teilnehmerinnen und Teilnehmer, die nicht von einer
Popcorn-Gewohnheit im Kino berichtet hatten, verhielten sich
rational und aßen sehr viel mehr frisches als abgestandenes
Popcorn. Sie vertilgten im Durchschnitt 70 Prozent des Popcorns
aus den frischen Tüten und 40 Prozent aus den abgestandenen.
Nicht zu vergessen, dies war ein Campus, und die Tatsache, dass
es umsonst war, kann vielleicht erklären, warum das
abgestandene Popcorn überhaupt angerührt wurde. Dagegen
aßen die Filmbesucher mit einer Popcorn-Gewohnheit die
gleiche Menge, nämlich mehr als 60 Prozent ihrer Tüte, egal ob
das Popcorn frisch war oder nicht.
Im Nachhinein sagten uns sämtliche Teilnehmerinnen und
Teilnehmer, dass sie das abgestandene Popcorn ekelhaft fanden.
Aber das konnte die Menschen, die eine Gewohnheit ausgebildet
hatten, nicht davon abhalten, es zu essen. Wenn sie im Kino
waren, aßen sie Popcorn – wie immer. Sie waren dabei komplett
unempfänglich für das, was man ihr aktuelles Vergnügen
nennen könnte. Eigentlich würden wir erwarten, dass sie aktiv
beurteilten, was sie da zu sich nahmen, und bewusst
entschieden, ob sie es weiteressen mochten. Aber die
auslösenden Reize waren zu stark: gedämpftes Licht, flimmernde
Trailer, Popcorntüte in der Hand. Sie handelten
erwartungsgemäß.
In einer zweiten Studie nahmen wir kleine Anpassungen vor,
die das gewohnheitsmäßige Essen etwas reibungsvoller machten:
Wir versahen die Tüten mit Pappgriffen. Die Hälfte der
Kinobesucher wurde gebeten, die Griffe mit ihrer dominanten
(normalerweise der rechten) Hand zu halten und zum Essen die
andere zu benutzen. Probieren Sie es einmal aus – es ist ein
bisschen, als wenn jemand, der normalerweise Messer und Gabel
benutzt, anfängt, mit Stäbchen zu essen. Der Rest der
Teilnehmerinnen und Teilnehmer wurde um das Gegenteil
gebeten: Haltet die Tüte mit eurer nicht dominanten Hand und
benutzt die dominante zum Essen. Im Großen und Ganzen aßen
die Mitglieder dieser Gruppe also genau so, wie sie es sonst auch
taten.
Diejenigen, die mit ihrer nicht dominanten Hand aßen,
konnten es nicht mehr so machen wie immer. Sie mussten das
Popcorn bewusst greifen und vorsichtig zum Mund führen. Mit
dieser eingebauten Reibung aßen diejenigen, die eine starke
Popcorn-Gewohnheit hatten, nur 30 Prozent aus den
abgestandenen Tüten und 40 Prozent aus den frischen – eine
signifikante Abnahme gegenüber der Studie, bei der sie normal
gegessen hatten. Eine so kleine Störung in ihre Essgewohnheit
einzubauen reichte aus, damit sie nun darüber nachdachten, was
sie taten. Plötzlich handelten sie entsprechend ihrer
tatsächlichen Erfahrung in diesem Moment – ihrem aufrichtigen
Ekel vor dem abgestandenen Popcorn – und nicht entsprechend
der Gewohnheit, mit der sie in der Vergangenheit Popcorn
gegessen hatten.
Die Medien lieben es, über diese Art von Forschung zu
berichten, und auch unsere Studie stand für fünfzehn Minuten
im Rampenlicht. Aber unsere Ergebnisse wurden falsch
interpretiert. Gesundheitsmagazine behaupteten, dass unsere
Studie mit den Popcorn-Tütengriffen zeige, dass man abnehmen
könne, wenn man mit der nicht dominanten Hand esse. Aus
ihrer Sicht war das eine Methode, weniger zu essen. Als sie mich
kontaktierten, um ein Interview mit mir zu führen, versuchte
ich, darauf hinzuweisen, dass diese Methode nach hinten
losgehen könnte: Mit der nicht dominanten Hand zu essen
scheint uns ja dazu zu bringen, dass wir mehr auf den
Geschmack dessen achten, was wir essen. Die Teilnehmerinnen
und Teilnehmer unserer Studie mochten noch nicht einmal das
frische Popcorn besonders gern und fanden das abgestandene
ziemlich eklig. Insofern ist es nachvollziehbar, dass sie weniger
aßen, als sie darauf achteten, was sie taten, sogar dann, wenn das
Popcorn frisch war. Aber was ist, wenn wir das Essen wirklich
mögen? Wenn wir uns entsprechend unserer momentanen
Erfahrung verhalten, essen wir vielleicht sogar mehr, als wir es
normalerweise tun würden. Mit der nicht dominanten Hand zu
essen ist keine Diätmethode. Es ist ein Weg, eine Gewohnheit
automatischen Essens zu stören – das jeweilige Nahrungsmittel
bewusster wahrzunehmen.
Die Abnutzung des Belohnungseffekts erklärt, warum unsere
neu entdeckte Sparsamkeit noch anhält, nachdem unsere
Kreditkartenschulden längst bezahlt sind und der Stolz über das
gesparte Geld nur noch eine ferne Erinnerung ist. Unser
Verhalten läuft nun auf Autopilot. Sogar sehr reiche Menschen
können hartnäckig an ihrer gewohnten Sparsamkeit festhalten.
Warren Buffett, Leiter und Geschäftsführer von Berkshire
Hathaway und einer der reichsten Menschen der Welt, lebt noch
heute in dem Haus, das er im Jahr 1958 für 31 500 Dollar gekauft
hat. Charlie Ergen, Gründer und Leiter der Firma Dish Network,
nimmt sich noch immer jeden Tag eine Lunchtüte mit einem
selbst bestrichenen Sandwich und einem isotonischen Getränk
mit zur Arbeit. Von Hilary Swank, Lady Gaga und Kristen Bell –
alle Promis mit sehr hohen Einkommen – hört man, dass sie
Rabattmarken ausschneiden, bevor sie einkaufen gehen. Aber
auch schlechte Angewohnheiten bleiben. Die Gewohnheit, die
sich ausbildete, während man die lohnenden Staffeln von Game
of Thrones gesehen hat, bleibt selbst dann bestehen, wenn es den
Sendern nicht mehr gelingt, ähnlich packende Serien zu
produzieren. Unser Gewohnheits-Ich merkt das noch nicht
einmal. Es hält uns abends vor dem Bildschirm, obwohl wir auch
ein gutes Buch lesen oder Musik hören könnten.

Wenn man erst einmal verstanden hat, welche Rolle Belohnung


bei der Ausbildung von Gewohnheiten spielt, wird es leicht. Sich
die Hände mit Seife zu waschen ist eine der billigsten und
wirksamsten Gesundheitsmaßnahmen in Entwicklungsländern.
Wie schaffen wir Belohnungen, die für Kinder so interessant
sind, dass sie sich regelmäßig die Hände waschen?
Erfinderische Forscher brachten durchsichtige Seifenstücke in
Kinderhandgröße in eine verarmte Gemeinde in der Provinz
Western Cape in Südafrika. [170] Für einige Kinder enthielt die
Seife eine Belohnung – sie hatte leuchtende Farben, und man
konnte ein kleines Spielzeug (eine Kugel oder einen Plastikfisch)
ganz deutlich in der Mitte erkennen. Die anderen bekamen das
gleiche Spielzeug, aber getrennt von der Seife. Am Anfang der
Studie wuschen sich die Kinder vor dem Essen oder nach dem
Toilettengang nur selten die Hände. Nachdem sie über zwei
Monate alle zwei Wochen ein neues Seifenstück bekommen
hatten, wuschen sich die Kinder mit der Spaßseife sehr viel öfter
die Hände als die mit der normalen Seife. Das Händewaschen
enthielt eine unmittelbare Belohnung, indem es die Kinder dem
Spielzeug in der Mitte jedes Mal ein Stückchen näher brachte.
Und wie ist es mit Belohnungen für das Händewaschen bei
Erwachsenen? Bei der Händewaschstation »Mrembo«, die für
den Gebrauch im ländlichen Kenia konzipiert wurde, gibt es
über dem kleinen Waschbecken einen Spiegel. [171] Wenn so ein
Waschbecken sich außerhalb einer Latrine befindet, belohnt es
seinen Benutzer schon beim Händewaschen mit einem Blick in
das eigene Gesicht. Und in der Tat: Was kann eine schönere
Belohnung sein als das eigene Spiegelbild?
Gewohnheiten bilden sich im Augenblick, aus einem Gefühl
von Freude. Die Regel ist ganz einfach – alles, was wir
vergnüglich finden, funktioniert. Kurz gesagt: Wir etablieren
eine Gewohnheit, wenn unsere Handlungen uns wiederholt
mehr Vergnügen bereiten, als unsere neuronalen Systeme
erwartet hätten.
9 Beständigkeit gewinnt

Stabilität bedeutet nicht Unbeweglichkeit.

Klemens von Metternich

Unser Gewohnheits-Ich hat andere Gelüste als wir. Wenn wir


versuchen wollen, unser ganzes Ich in Richtung der von uns
erwünschten Verhaltensweisen zu steuern, ist das Wissen um
diesen Unterschied unabdingbar. Wir haben gesehen, dass
Gewohnheiten mithilfe von ungewissen Belohnungen gedeihen.
Von dieser Ausnahme abgesehen sind Gewohnheiten aber auf
Abwechslung nicht besonders erpicht. Um ehrlich zu sein, sie
hassen sie. Abwechslung schwächt Gewohnheiten: Die Fähigkeit
der Gewohnheit, Verhalten zu lenken, wird durch Abwechslung
untergraben. Das liegt darin, dass Abwechslung der Feind
stabiler Kontexte ist, die ihrerseits, wie wir in Kapitel 6 gesehen
haben, für die Ausbildung von Gewohnheiten notwendig sind.
Wenn Sie Ihr Leben nicht so einrichten, dass es konstant und
verlässlich die Reize liefert, die die neue, von Ihnen erwünschte
Gewohnheit zuverlässig auslösen, dann wird diese Gewohnheit
nicht Fuß fassen können. Nur wenn Sie Ihr Leben so beständig
wie möglich gestalten, wird die Gewohnheit gedeihen.
Andernfalls müssen Sie damit rechnen, dass sie sich nur langsam
entwickelt, wie eine Pflanze, die viel zu wenig Licht bekommt.
Sie und ich haben beide eine Küche, und wahrscheinlich
kochen Sie, genau wie ich, dort morgens als Erstes einen Kaffee.
Aber die Auslösereize für Kaffee in Ihrer Küche sind andere als
in meiner. Wenn Sie der Filterkaffeetyp sind, dann sehen Sie
Filter, gemahlenen Kaffee, Wasser, eine Glaskanne und eine
Kaffeemaschine. Ich trinke dagegen Espresso und sehe deshalb
einen Siebträger, Espressomehl, einen Tamper, Wasser, eine
Espressomaschine und einen Milchaufschäumer. Vielleicht
haben Sie eine Kücheninsel, an der Sie sitzen, während Sie
darauf warten, dass Ihr Kaffee durchläuft – ein weiterer
Auslösereiz. Ich muss stehen, während ich den Espresso mache
und die Milch aufschäume. All dies sind wiederkehrende
Komponenten eines Kontextes, der es uns beiden erleichtert,
Kaffee zu kochen. Mit ausreichender Wiederholung werden
diese Reize irgendwann ein integraler Bestandteil unserer
Morgengewohnheit.
Natürlich kann es passieren, dass Ihre Kinder gestern Abend
ihre Holzeisenbahn auf dem Küchenfußboden haben stehen
lassen, sodass Sie darüber stolpern, während Sie versuchen, nach
der Kanne zu greifen. Oder Sie haben vergessen, neue Filter
mitzunehmen, als Sie das letzte Mal im Supermarkt waren. Diese
kleinen Verschiebungen verändern die Auslösereize. Plötzlich
müssen Sie darüber nachdenken, was Sie gerade tun. Sollen Sie
die Holzeisenbahn wegräumen oder einfach drübersteigen?
Einen Behelfsfilter aus Küchenpapier basteln? Brauchen Sie jetzt
überhaupt einen Kaffee, oder reicht es, wenn Sie sich auf dem
Weg ins Büro einen kaufen?
Sobald sich an den gewohnten Kontextreizen etwas ändert,
kommen Sie ins Nachdenken. Sie können nicht einfach aus
Gewohnheit handeln. Sie müssen sogar entscheiden, wie wichtig
Ihnen der Kaffee gerade überhaupt ist. Wenn es zu kompliziert
wird, könnten Sie durchaus beschließen, ihn auf später zu
verschieben.
Nun ist es aber so, dass Sie nach Ihrem Morgenkaffee immer
eine kleine Runde joggen gehen. Wenn Sie keinen Kaffee hatten,
gehen Sie nicht joggen. Aber wenn Sie joggen gehen, benutzen
Sie immer eine Handy-App, die die Kilometer zählt: Wenn die
App piept, wissen Sie, dass Sie genug gelaufen sind. Das Handy ist
Teil Ihres Jogging-Kontextes, und das Piepen ist der Reiz, der
Ihnen signalisiert, dass Sie aufhören können. Ein Reiz im beinahe
vollständig wörtlichen Sinne. Er führt dazu, dass Sie Ihre
Joggingrunde nahezu automatisch absolvieren.
Heute Nacht aber wurde das Betriebssystem Ihres
Mobiltelefons bei einem Update auf den neuesten Stand
gebracht. Das schöne Piepen ist weg. Natürlich ist das nur eine
kleine Veränderung, aber genau dadurch sind Sie plötzlich
gezwungen, Entscheidungen zu treffen. Lohnt es sich, ins
Internet zu gehen, um herauszufinden, wie Sie die App auf den
neuesten Stand bringen? Vielleicht ist es besser, heute Morgen
die Entfernung einfach abzuschätzen? Die Abwesenheit des
regelmäßigen Auslösereizes wird für Ihre morgendliche
Joggingrunde künftig zu einer Schwierigkeit.
Es kann auch sein, dass zum Kontext Ihrer morgendlichen
Laufrunde eine Joggingpartnerin gehört. Sie joggen zu ihrem
üblichen Treffpunkt, wo sie dann zu Ihnen stößt. Diese Freundin
ist ein menschlicher Auslösereiz, der dafür sorgt, dass Sie
schneller laufen (was Sie ihr nicht unbedingt stecken müssen).
Ein weiterer Trigger für Ihre Joggingrunde ist die Tageszeit.
Wenn Sie beim Kaffee trödeln, verpassen Sie Ihre Laufpartnerin
und kommen nicht rechtzeitig nach Hause, um vor der Arbeit
noch zu duschen. All das sind zusätzliche Auslösereize, die auch
Ihre anderen Tätigkeiten stützen: den Kaffee austrinken, Ihre
Kinder zum frühen Schulbus begleiten, sich die Laufschuhe
zubinden. Sie gehen nicht eher laufen, bis Sie all diese Dinge
gemacht haben.
Orte, technische Geräte, Menschen, Tageszeiten und andere
Tätigkeiten: Das alles können stabile Reize sein, die so stark an
das Lauftraining gebunden sind, dass sie zu einer morgendlichen
Gewohnheit werden. Wenn nur einer dieser Reize verändert
wird, kann das – jedenfalls für den Moment – Ihre Gewohnheit
zum Wanken bringen und dazu führen, dass Sie anfangen
nachzudenken. Wenn ein Reiz auf Dauer verändert wird, kann
das die jeweilige Gewohnheit vollständig auslöschen.
In diesem Kapitel soll es darum gehen, wie wichtig es ist, den
gewohnheitsfördernden Kontext so stabil wie möglich zu halten.
Wenn Sie Ihr Leben felsenfest einrichten, sodass es
gleichbleibend und regelmäßig abläuft, dann können
entsprechende Reize zum Brennstoff werden, der dafür sorgt,
dass Ihre neue Gewohnheit abhebt wie eine Rakete. Und Ihr
Gehirn kann nun jene Abkürzung zwischen Kontext und
Reaktion nutzen, die das Erreichen von Zielen automatisiert.

Für die Etablierung von Trainingsgewohnheiten ist der


kontextuelle Auslösereiz »Tageszeit« ein machtvolles
Instrument. [172] In einem Zeitraum von zwölf Wochen
entwickelten einige neue Mitglieder eines Fitnessstudios, die an
einer Studie teilnahmen, ein bestimmtes zeitliches Muster, nach
dem sie regelmäßig trainierten. Einer von ihnen gab zu
Protokoll, dass er »jeden Morgen um sieben Uhr« trainierte, eine
andere Person absolvierte ihr Sportprogramm »täglich nach dem
Abendessen«. Andere gaben an, dass sie nicht so regelmäßig
trainierten, sondern einfach immer dann, wenn sie Zeit hatten.
Am Ende der zwölf Wochen sagten diejenigen, die immer zur
gleichen Tageszeit trainierten, dass sie zum Sport gingen, ohne
groß darüber nachzudenken oder sich selbst daran erinnern zu
müssen. Für diese Leute hatte sich das Training automatisiert.
Diejenigen, die zu unregelmäßigen Zeiten Sport trieben, hatten
nicht so viel Glück. Bei ihnen schien es so, als müssten sie sich
auf jenes alte Modell verlassen, das wir so gern loswerden
würden: Sie trainierten nur dann, wenn sie es wollten oder wenn
sie sich bewusst dazu zwangen.
Zeit spielt auch dann eine Rolle, wenn wir regelmäßig
Medikamente einnehmen müssen. Pillen zur
Blutdruckregulierung oder zur Verhütung nicht zu vergessen ist
besonders schwierig, weil es hier keine Krankheitssymptome
gibt, die einen daran erinnern könnten: keinen hilfreichen
Schmerz, der die Gewohnheit als Auslösereiz triggert. In beiden
Fällen kann es aber zu einer ziemlichen Katastrophe führen,
wenn man die tägliche Dosis vergisst. Noch einmal: Der Schlüssel
bei dieser Art von Gewohnheitsbildung ist Zeit. Eine besonders
überzeugende Studie zu diesem Thema untersuchte die Vorteile
von zeitlichen Auslösereizen für die Einnahme von
Bluthochdruckmitteln. Die Forscherinnen und Forscher
versahen die Pillendosen mit speziellen Deckeln, die elektronisch
festhielten, wie oft und wann die Patientinnen und Patienten
ihre Medikamente einnahmen. [173] Im Großen und Ganzen war
die Bereitschaft, sich an die Anweisungen des Arztes zu halten,
groß – etwa 76 Prozent nahmen die Pillen zur vorgeschriebenen
Zeit. Dennoch waren diejenigen Patienten, die zuvor gesagt
hatten, dass sie es sich angewöhnt hatten, die Pillen zu einer
bestimmten Tageszeit zu nehmen, dabei besonders konsequent:
Sie dachten öfter an ihre Medikamente und nahmen sie vor
allem immer innerhalb einer Zeitspanne von zwei Stunden um
den vorgeschriebenen Zeitpunkt herum ein. Eine ähnliche Studie
mit oralen Verhütungsmitteln enthüllte eine geringere
Bereitschaft, sich an die Einnahmeempfehlungen zu halten:
Beinahe die Hälfte der Teilnehmerinnen gab zu, dass es ihnen im
Monat mindestens einmal passierte, dass sie die Pille vergaßen.
[174] Aber auch hier spielten zeitliche Auslösereize eine Rolle.
Unter denen, die die Einnahme zweimal oder öfter im Monat
vergaßen, hatten nur 44 Prozent eine feste Tageszeit, zu der sie
die Pille einnahmen, wohingegen 90 Prozent der
Teilnehmerinnen, die nie ihre Pille vergaßen, mit zeitlichen
Auslösereizen arbeiteten. Es war unwichtig, zu welcher Tageszeit
die Frauen ihre Pille nahmen – am Morgen, am Nachmittag,
abends oder nachts –, nur dass sie es immer zur gleichen Zeit
taten, war wichtig.
Unserem Bewusstsein kommen stabile Auslösereize nicht
sonderlich bedeutsam vor. Ob man Medikamente zu
unterschiedlichen Tageszeiten einnimmt, sollte doch eigentlich
keine große Rolle spielen, wenn man nur ausreichend motiviert
ist (und was könnte motivierender sein als die Gesundheit des
eigenen Herzens?). Und tatsächlich erwarteten die Forscher mit
den originellen Deckeln auf den Blutdruckmedikamenten, dass
die Befolgung der Regeln bei Patienten, die von der Wirksamkeit
der Medikamente überzeugt waren, am größten sein müsste.
Denn schließlich waren das ja die Leute, die am motiviertesten
waren. Doch die Studie zeigte, dass die Überzeugungen der
Patienten keinerlei Auswirkung darauf hatte, wie regelmäßig sie
ihre Medikamente einnahmen. [175] Es waren vielmehr stabile
zeitliche Auslösereize, die dafür sorgten, dass sich die
Patientinnen und Patienten an den Behandlungsplan hielten.
Diese Studien sind gute Beispiele dafür, dass »Kontext« nicht
nur »physische Umgebung« meint. Der Ort ist wichtig, aber
Kontext kann auch Dinge meinen, die man nicht anfassen kann:
die Tageszeit zum Beispiel oder einen bestimmten
Gemütszustand. Die wichtigsten Ihrer Kontexte aber sind andere
Menschen (und auch Sie können für andere Menschen einen
Kontext darstellen).
Die Leute um Sie herum können stabile Auslösereize sein, vor
allem wenn Sie mit ihnen eine enge Beziehung pflegen. Für Ihren
Partner sind Sie ein stabiler Auslösereiz, der bestimmte
Reaktionen aktiviert. Umgekehrt ist auch Ihr Partner ein Reiz,
der auf Ihrer Seite Reaktionen auslöst. Vielleicht schickt er Ihnen
eine Textnachricht mit einer Liste von Lebensmitteln und ist auf
diese Weise für Sie der Auslöser, am Supermarkt zu halten und
fürs Abendessen einzukaufen. Oder Sie fahren auf dem Rückweg
von der Arbeit noch bei der Tankstelle vorbei, damit Ihre
Partnerin gleich noch die Kinder von der Schule abholen kann,
was wiederum für Sie der Auslöser ist, das Abendessen
vorzubereiten. Natürlich empfinden wir unsere Beziehungen
nicht als Reiz-Reaktionsmuster. Das wäre furchtbar
unromantisch. Am Anfang einer Beziehung denken wir viel
darüber nach, welche Gefühle die andere Person für uns hat und
was sie von uns erwartet. Bei einer Person, in die wir frisch
verliebt sind, würden wir nicht darauf kommen, dass sie uns
eine Einkaufsliste per Textnachricht schickt, und wenn sie es
doch täte, würde das unweigerlich dazu führen, dass wir
ausführlich und angestrengt darüber nachdenken, was das über
diese Person und über unsere Beziehung zu ihr aussagt. Aber
sobald sich zwei Partner besser kennen, stellen sich zwischen
ihnen Verhaltensinterdependenzen ein, sodass sich die
Handlungen zweier Menschen ganz selbstverständlich
miteinander verflechten. [176] Die wechselseitige Verbindung
wird immer stärker. Wir beginnen, uns bei wichtigen Dingen
und auf viele unterschiedliche Weisen immer öfter auf sie zu
verlassen. Jeder von uns löst Reaktionen im anderen aus, und
jeder reagiert auch umgekehrt auf die Auslösereize des anderen.
Mit der Zeit können diese automatisierten
Interaktionssequenzen so gut eingeübt und aufeinander
abgestimmt sein, dass sie relativ automatisch und außerhalb
unseres Bewusstseins ablaufen. Die automatisierte Weise, in der
ein Partner in seinem Gegenüber spezifische Aktionen auslöst,
erklärt eines der großen Rätsel von Beziehungen: Wie kann es
sein, dass sich Menschen in erfolgreichen Partnerschaften
einerseits sehr nah sind und andererseits so wenig bewusste
Erfahrungen mit ihrer Intimität und Nähe machen? Eine
Antwort lautet, dass man sich der gewohnheitsmäßigen
ineinander verflochtenen Interaktionssequenzen, die einen mit
dem Partner verbinden, nicht unbedingt bewusst sein muss. [177]
Sie laufen automatisch ab, wobei jeder der beiden Partner die
Handlungen des anderen aus Gewohnheit erleichtert und
verbessert. Erfolgreiche Paare interagieren also in relativ
gedankenloser Weise – ohne genau zu reflektieren, was sie tun
und warum sie es tun. Wir erwarten einfach von unseren
Partnerinnen oder Partnern, dass sie immer die bereichernden,
wundervollen Menschen bleiben, in die wir uns einst verliebt
haben. Das hat zur Folge, dass unsere Dopaminreaktion
weitgehend leerläuft. Denn wie Sie sich vielleicht erinnern,
reagieren wir nach der Logik der Belohnungserwartungsfehler
viel stärker auf Belohnungen, die wir nicht erwartet haben.
Das mag sich erst einmal seltsam anhören – die Vorstellung,
dass erfolgreiche Paare sich durch eine gewisse
Gedankenlosigkeit auszeichnen –, aber versuchen Sie einmal, an
die am intensivsten aufeinander bezogenen Paare zu denken, die
Sie sich vorstellen können. Diejenigen, die einander nicht von
der Seite weichen, die sich dauernd tief in die Augen blicken, die
von der kleinsten Regung des anderen überrascht und begeistert
sind. Wonach hört sich das an? Teenager. Romeo und Julia. Erste
Liebe. Sonnig und hoffnungsfroh (und, wie wir hoffen, nicht zum
Scheitern verurteilt).
Tatsächlich haben die Erwartungen an unsere bereichernden,
wundervollen Partner eine ironische Auswirkung: Erfolgreiche
Paare empfinden aktiv nicht viel Leidenschaft füreinander. [178]
Es ist, als schenkten sie einander weiterhin die gleichen Blumen
und die gleiche Aufmerksamkeit, aber keiner von beiden
bemerkt es mehr. In echten Beziehungen ist es wahrscheinlich
eher so, dass die Interdependenz sich darin ausdrückt, dass einer
der Partner den Papierkram erledigt, während der andere für
den Abwasch zuständig ist. Aber der Punkt ist derselbe.
Beziehungen können sich so automatisieren, dass Gefühle und
Intimität in dem Sinne latent werden, dass die Partner zwar eng
verbunden sind, aber diese Leidenschaft füreinander nicht mehr
bewusst wahrnehmen.
Tatsächlich kann es sein, dass Paare, die sich in einer stabilen
Beziehung befinden, im Alltag nicht mehr Intimität erleben als
Paare, die nur noch nebeneinanderher leben oder deren
Beziehung vollkommen leer ist, in der also die Partner kaum noch
einen echten Kontakt zueinander haben oder einen
nennenswerten Einfluss aufeinander nehmen können. [179] Für
diejenigen aber, die eine gute Beziehung führen, greifen Reize
und Reaktionen so reibungslos ineinander, dass bei
gemeinsamen Entscheidungen die Beziehung selbst nur sehr
selten ins Bewusstsein rückt. Im besten Falle ist dieses
konfliktlose Reiz-Reaktionsmuster die Grundlage für Sicherheit
und Vertrauen. Ein möglicher, aber nicht unvermeidlicher
Nachteil, den wir in Kapitel 11 diskutieren werden, ist
Langeweile und die Gefahr, dass wir unser Gegenüber als
selbstverständlich voraussetzen. Abwechslung mag der Feind
unseres Gewohnheits-Ichs sein, aber sie ist nun einmal die
Würze des Lebens. Denken Sie immer daran: Auf Gewohnheit
allein kann man sein Leben nicht bauen. Wir sollten
Gewohnheiten so betrachten, dass sie uns im besten Falle dabei
helfen können, Ressourcen freizusetzen und uns mit unserer
Achtsamkeit und Aufmerksamkeit den wirklich wichtigen
Dingen zuzuwenden.

Unser Gehirn sieht oft den Wald vor lauter Bäumen nicht. Wir
werden immer wieder von neuen Auslösereizen in Beschlag
genommen und können am Ende die großen Zusammenhänge,
die Welt als Ganzes, nicht mehr richtig erkennen. Einen Großteil
unseres Lebens verbringen wir in einer Art surrealer Landschaft
aus riesigen Auslösereizen, die die Proportionen der
darunterliegenden Realität zum Verschwimmen bringen.
Das folgende fantastische Gemälde von René Magritte
illustriert das Phänomen der Gewohnheitsreize (Les valeurs
personnelles / Die persönlichen Werte, 1952). Denn der Einfluss
der Reize, die unsere Gewohnheiten aktivieren, ist gigantisch. Ein
Morgen in Ihrem Schlafzimmer? Der Rasierpinsel, die Seife, das
Glas und der Kamm sind von immenser Bedeutung. Im Vergleich
dazu schrumpft das Bett. Heute wäre vielleicht noch Ihr Telefon
auf dem Nachttisch zu sehen, dessen Alarm laut piept. Zeit zum
Aufwachen. Ihr Bewusstsein registriert nichts anderes (jedenfalls
nicht bis zum ersten Kaffee).
[8]

Wir alle sind uns bestimmter Dinge bewusst, die unsere


Aufmerksamkeit in Beschlag nehmen. Wenn wir hungrig sind,
bemerken wir, dass wir auf dem Baumarktparkplatz
sehnsuchtsvoll zum Hotdog-Stand hinüberstarren. Wenn wir
Durst haben, ist es schwierig, anderen dabei zuzusehen, wie sie
ein kaltes Getränk genießen. Weil sie auf Belohnungen basieren,
nehmen Gewohnheitsreize in ganz ähnlicher Weise unsere
Aufmerksamkeit in Beschlag. Wie wir in Kapitel 8 erfahren
haben, reagieren unsere neuronalen Systeme, wenn wir belohnt
werden, mit Dopaminsignalen, und zwar insbesondere dann,
wenn die Belohnung unerwartet ist. Dieser neurochemische
Vorgang unterstützt den Aufbau mentaler Verbindungen
zwischen Kontexten und Reaktionen, wodurch sich im
Gedächtnis Gewohnheiten bilden. Aber das ist nicht alles.
Dopamin kann auch unsere Aufmerksamkeit lenken. Es sorgt
dafür, dass wir genau auf die Reize reagieren, die uns in der
Vergangenheit Belohnungen beschert haben. Die neuronalen
Systeme, die durch solche Reize aktiviert werden, senden
umgehend Signale, um unsere Reaktionen zu beeinflussen, und
aus diesem Grund bemerken wir die Gewohnheitsreize schon,
bevor wir uns bewusst entscheiden können, worauf wir unsere
Konzentration richten wollen. [180] Gewohnheitsreize können
unsere Aufmerksamkeit einfach schneller erregen als andere
Aspekte unseres Alltagskontextes.
In einem sehr klug konzipierten Labortest konnten die
aufmerksamkeitserregenden Effekte jener Reize, die uns in der
Vergangenheit Belohnungen eingebracht haben, nachgewiesen
werden. [181] Die Reize bestanden in diesem Fall aus Kreisen auf
einem Computerbildschirm. Die Aufgabe war einfach: Finden Sie
unter all den anderen farbigen Kreisen einen roten oder grünen
Kreis, und drücken Sie dann eine bestimmte Taste auf der
Tastatur, um festzulegen, ob die Linie innerhalb des Kreises
horizontal oder vertikal verläuft. Einige der Teilnehmerinnen
und Teilnehmer wurden bei dem grünen Kreis mit einer großen
Belohnung (10 Cent) bedacht, während für den roten Kreis nur
eine kleine Belohnung gezahlt wurde (2 Cent). Für eine andere
Gruppe von Teilnehmerinnen und Teilnehmern war es genau
umgekehrt.
Studierende mussten dieses Spiel im Rahmen der Studie sehr
oft spielen, genau genommen 240-mal – häufig genug, um die
Gewohnheit zu entwickeln, beim Anblick eines roten oder
grünen Kreises eine bestimmte Taste auf einer Computertastatur
zu drücken und sich auf diese Weise ein paar Dollar zu
verdienen. Acht Tage später kamen die Studierenden zurück ins
Labor, um eine andere Aufgabe zu bearbeiten. Diesmal waren
die Farben der jeweiligen Formen irrelevant. Die Aufgabe
bestand darin, auf dem Computerbildschirm die eine Form zu
finden, die sich von den anderen unterschied, also zum Beispiel
ein Dreieck unter Kreisen. Eigentlich eine sehr einfache
Aufgabe – aber nicht für alle.
Auf Studierende, die in der ursprünglichen Studie für das
Entdecken grüner Kreise die größere der beiden Belohnungen
bekommen hatten, wirkten die grünen Kreise nun ablenkend.
Sobald ein grüner Kreis auf dem Bildschirm auftauchte, fiel es
ihnen schwer, die Form zu entdecken, die nicht zu den anderen
passte. Der grüne Kreis nahm ihre Aufmerksamkeit mit Macht in
Beschlag und verlangsamte ihr Reaktionsvermögen erheblich.
Scheinbar war er es, den sie als Erstes sahen, und nicht die Form,
die sie eigentlich suchten. Genau das Gleiche passierte, wenn in
dem Experiment Rot und nicht Grün die höher belohnte Farbe
gewesen war. Wenn ein roter Kreis auf dem Bildschirm erschien,
konnten die Studierenden die Form, die nicht zu den anderen
passte, plötzlich viel langsamer identifizieren. Der rote Kreis zog
einen Großteil ihrer Aufmerksamkeit auf sich.
Rein logisch betrachtet hätte das nicht passieren dürfen, denn
bei der zweiten Aufgabe gab es keine Belohnung, und die erste
Studie, die mit den Belohnungen, lag schon acht Tage zurück.
Aber so widerstandsfähig sind Reize.
Das Ganze funktioniert auch außerhalb von
Laborbedingungen. Wenn Sie in Ihr Büro kommen und eine
langjährige und wichtige oder potenzielle neue Kundin an Ihrem
Tisch sitzen sehen, wird Ihre Aufmerksamkeit automatisch in
ihre Richtung gelenkt. Bevor Sie auch nur wahrnehmen, wer
sonst noch im Büro ist, haben Sie sie schon begrüßt. Das passiert
automatisch. Wir nehmen die Welt nicht objektiv wahr.
Vielversprechende Hinweise oder Vorteile können einen
übergroßen Einfluss ausüben, genau wie Gefahren.
Computergenerierte Einblendungen in das Sichtfeld von
Piloten oder anderen Fahrzeugführern, die meist auf einen
durchsichtigen Augenschutz projiziert werden, nennt man beim
Militär, vor allem bei der Luftwaffe, Head-up-Displays, kurz
HUDs. Der Pilot hat dadurch zum Beispiel die wichtigsten
Statistikdaten vor Augen, ohne dass er nach unten auf seine
Instrumente schauen muss. Diese Technologie hat sich längst auf
die Autoindustrie ausgeweitet. Bei vielen neueren Modellen wird
die Fahrgeschwindigkeit direkt auf die Windschutzscheibe
projiziert, damit man die Blickrichtung beibehalten kann und
nicht nach unten auf das Armaturenbrett schauen muss.
Unser Gehirn macht etwas Ähnliches für uns, nur unsichtbar.
Wie Sie das HUD Ihres neuen Wagens programmieren können,
können Sie durch die Ausbildung von Gewohnheiten Ihr Gehirn
so trainieren, dass es genau auf die Reize reagiert, die Sie
ausgewählt haben: Diese Reize befinden sich dann
gewissermaßen auf Dauer prominent in Ihrem Blickfeld.
Das menschliche Bewusstsein reagiert auch leicht auf
allgemeinere Situationen, in denen signalisiert wird, welche
spezifischen Reize und Reaktionen belohnt werden. In einer
weiteren Studie wurden die Studierenden nur dann für das
Identifizieren der grünen Kreise belohnt, wenn diese vor dem
Hintergrund eines Schwarz-Weiß-Bildes von einem Wald
auftauchten. [182] Wenn der Hintergrund das Bild einer Stadt
war, wurde das Erkennen der roten Kreise belohnt. Bei einem
späteren Test, bei dem die Teilnehmerinnen und Teilnehmer
darüber informiert wurden, dass weder die roten noch die
grünen Kreise belohnt werden würden, wirkten die grünen
Kreise nur dann ablenkend, wenn der Hintergrund ein Wald
war. Entsprechend stellten die roten Kreise nur dann eine
Ablenkung dar, wenn das Hintergrundbild eine Stadt darstellte.
Der Reiz, ob rot oder grün, nahm die Aufmerksamkeit also nur in
einem Setting in Beschlag, in dem es in der Vergangenheit mit
Belohnung assoziiert worden war. In dem anderen Setting wurde
die Farbe nicht belohnt und konnte zu einem späteren Zeitpunkt
dementsprechend die Aufmerksamkeit auch nicht fesseln. Die
Starrheit der gewohnheitsmäßigen Reaktion wird, wie es scheint,
durch ihre Genauigkeit aufgewogen. Sie lenkt uns sehr
anpassungsfähig in Richtung jener spezifischen Reize, die in
einem bestimmten Setting unsere Chance auf eine Belohnung
maximieren. Wenn also Magrittes Gemälde einen Rasierpinsel,
Seife, ein Glas und einen Kamm in einer Küche oder einem
Wohnzimmer zeigen würde, spielten diese Gegenstände keine so
große Rolle. Sie sind nun einmal morgens im Schlafzimmer
lohnend. In einem von Gewohnheiten geprägten Zerrbild
unserer Welt verbinden sich Reize und Kontexte paarweise.
Klar, die Studie mit den Kreisen drehte sich um eine abstrakte
Computeraufgabe. Und die hat kaum etwas mit unseren
Alltagsvorsätzen zu tun, zum Beispiel dem, aus
Sparsamkeitsgründen nicht mehr die Verkaufssender im
Fernsehen einzuschalten, oder dem, um effektiver arbeiten zu
können, nicht mehr dauernd den eigenen Twitteraccount zu
öffnen. Aber das ist ja gerade das Schöne an stark kontrollierten
Laborstudien. Wir erkennen die Auswirkungen einer ganz
einfachen Geschichte von Belohnungen, getrennt von anderen
Dingen. Wir lernen daraus, dass unsere Aufmerksamkeit selbst
von abstrakten und sinnlosen Kontexten und Reizen gefesselt
wird, wenn sie in der Vergangenheit nur belohnt worden sind.
Wir bemerken diese Reize schneller und reagieren auf sie, bevor
wir auch nur darüber nachdenken können, etwas anderes zu
tun.
Ein ganzer Strauß von Kontextreizen in unserer Umgebung hat
den gleichen Effekt wie ein wichtiger Kunde, der bei uns im Büro
auftaucht. Wenn wir wiederholt für den Gebrauch bestimmter
Objekte in unserer Umgebung belohnt worden sind, nehmen sie
automatisch unsere Aufmerksamkeit in Beschlag. Sobald wir uns
angewöhnt haben, sparsamer zu sein, wird unsere
Aufmerksamkeit automatisch auf die Sonderangebotsschilder im
Bekleidungsgeschäft oder die typischen Preisschilder im
Supermarkt gelenkt. Dagegen ignorieren wir die Werbeanzeigen,
die aufpoppen, wenn wir im Internet unterwegs sind. Wir fühlen
uns zu den Reizen hingezogen, die in der Vergangenheit Stolz
und Erfolgsgefühle ausgelöst haben – ähnlich den Reizen, die uns
früher zum Kauf animierten. Mit dem Gefangennehmen unserer
Aufmerksamkeit sorgen Reize dafür, dass wir in diesem Sinne
lohnende Aktivitäten wiederholen.
Aber natürlich sind wir keine Spielbälle der Reize, die in
unseren Kontexten vorhanden sind. Sobald wir verstanden
haben, wie groß die Macht stabiler Reize ist, können wir durch
die bewusste Kontrolle unserer Kontexte diese Macht einsetzen,
um erwünschte Gewohnheiten leichter auszubilden. Wer
bestimmte Gewohnheiten ausbilden möchte, muss anscheinend
stabile Reize schaffen, die die erwünschte Handlung fördern.


Die Vorteile von Beständigkeit und Stabilität kann man an den
Leistungen von Menschen beobachten, die in einer bestimmten
Sache außergewöhnlich gut sind. Haben Sie sich jemals gefragt,
wie Musikerinnen und Musiker es schaffen, lange Musikstücke
aus dem Gedächtnis zu spielen, sodass sie sie fehlerlos im
Konzert aufführen können? Möglich wird dies durch effektives
Auswendiglernen und jahrelanges engagiertes Üben. Aber diese
Menschen starren beim Üben durchaus nicht nur aufs
Notenblatt. Versierte Musiker basteln sich beim Üben stabile
Reize in ihre Partituren. Dieser Vorgang ähnelt dem, bei dem
man lernt, sich in einer fremden Stadt zurechtzufinden: Man
zeichnet sich ganz persönliche mentale Karten, indem man
besonders auf Straßenschilder und bestimmte Gebäude achtet.
Ich konnte mit Tania Lisboa, einer professionellen Cellistin, die
außerdem Research Fellow am Royal College of Music in London
ist, länger darüber sprechen, wie sie Musikstücke einstudiert.
[183] Sie antwortete: »Vor allem junge Studierende üben [ein
Stück] vom Anfang bis zum Ende, vom Anfang bis zum Ende,
vom Anfang bis zum Ende. Ziemlich mechanisch. Wenn sie sich
verspielen, können sie nicht einfach mittendrin wieder
anfangen. Sie sind nicht in der Lage, die Abfolge von
Einzelhandlungen zu unterbrechen. Deshalb müssen sie zum
Anfang zurück und von vorne beginnen.« Anfängerinnen und
Anfänger machen es also anscheinend so, dass sie eine Partitur
in ihrem Kopf zusammensetzen und dann einfach das ganze
Stück spielen. Abgesehen vom Anfang und vom Ende gibt es
keine Reize. Das ist ungefähr so, als wenn man Sie nach der
vierten Ziffer Ihrer Telefonnummer fragte. Um sie nennen zu
können, müssten Sie die ganze Zahlensequenz von vorne
aufsagen.
Unser Gedächtnis kann uns täuschen, und wir Menschen sind
nur allzu labil und ablenkbar (davon abgesehen, dass das
Publikum in klassischen Konzerten extrem viel hustet). Aber
professionelle Musikerinnen und Musiker bleiben nicht stecken,
wenn sie kurz rauskommen oder eine Gedächtnislücke haben.
Sie setzen sich innerhalb der Partitur stabile Reize. »Auch geübte
Musiker üben ein Stück vom Anfang bis zum Ende«, sagte mir
Lisboa, »aber sie arbeiten gleichzeitig abschnittsweise. Denn
auch Teilstücke haben einen Anfang und ein Ende – man übt also
vom Beginn einer Phrase bis zum Ende dieser Phrase.« Dabei
sind ganz unterschiedliche Reize denkbar: Sie können etwas mit
dem Ausdruck zu tun haben, denn es gibt traurige und fröhliche
Passagen, oder sie beziehen sich auf Tempowechsel oder
verschiedene Bogenstriche oder Fingertechniken. »Indem man
abschnittsweise übt, strukturiert man das Stück und schafft
dadurch Stützpunkte für die Erinnerung. Während des Spielens
befindet man sich auf Autopilot, aber man hat diese
Anhaltspunkte. Solche Punkte«, sagte Lisboa, »bringen einen
zurück ins Spiel, zurück zu den einzelnen Handlungen, die man
braucht, um ein Musikstück aufzuführen und die musikalische
Idee zu vermitteln.«
Professionelle Musiker und Musikerinnen haben also
anscheinend gelernt, kleinere Abschnitte aus Kontexten und
Reaktionen zusammenzusetzen. Es wirkt sich nicht auf ihr Spiel
aus, wenn andere Musiker einen Fehler machen oder das
Publikum nicht aufhört zu husten. Sogar in der Musik sind also
Kontextreize nützlich. Durch sie kann das Spielen der Phrase, die
im Laufe des Stücks als Nächstes kommt, automatisch getriggert
werden.

Es gibt eine weitere Technik zur konsequenten Beibehaltung von


Kontexten, die von großer Bedeutung ist. Sie schöpft aus der
Idee, dass Reaktionen selbst zu Reizen werden können … für
weitere Reaktionen. Es ist ein bisschen wie das von Musikern
praktizierte Unterteilen von Musikstücken: Beinahe jeder hat es
schon einmal getan, wenn auch meist unbewusst.
Brandschutzorganisationen werben schon seit Jahren dafür,
dass die Leute, wenn sie ihre Uhren auf Sommer- oder Winterzeit
umstellen, auch gleich die Batterien ihrer Feuermelder
auswechseln. [184] Die Idee dahinter ist, ein schon existierendes
Verhalten als auslösenden Reiz zur Brandprävention zu nutzen.
Das Wechseln der Batterien kann sozusagen vom Umstellen der
Uhren huckepack genommen werden. Das existierende
Verhalten ist ein stabiler Kontext – man muss es zweimal im Jahr
machen. Mit ein bisschen Übung lässt sich alles durch Reize
verbinden: Uhren umstellen – Batterien auswechseln. Einige
Feuerwehren verschenken im März und November Batterien,
um diese Brandschutzmaßnahme an die Maßnahmen zur
Zeitumstellung zu koppeln.
Wenn Sie eine bestimmte Tätigkeit mit verschiedenen
Komponenten jedes Mal in der gleichen Weise wiederholen,
verbinden sich die einzelnen Handlungen zu einer Einheit. Die
Gesamtsequenz wird als ein Objekt in Ihrem Gehirn
abgespeichert.
Als Beweis dafür, dass diese Art von Kopplung funktioniert,
denken Sie am besten an Zahnseide. Viele von uns putzen sich
regelmäßig die Zähne, schaffen es aber nicht, Zahnseide zu
benutzen. [185] Um herauszufinden, ob diese Art von Kopplung
das Benutzen von Zahnseide fördert, gaben Forscherinnen und
Forscher fünfzig britischen Teilnehmerinnen und Teilnehmern,
die durchschnittlich nur etwa 1,5-mal im Monat Zahnseide
benutzten, Informationen, die sie ermutigen sollten, es
regelmäßiger zu tun. [186]

Die Hälfte der Teilnehmer wurde gebeten, die Zahnseide zu


benutzen, bevor sie sich abends die Zähne putzten, die andere
Hälfte sollte sie benutzen, nachdem sie sich die Zähne geputzt
hatte. Beachten Sie, dass nur die Hälfte der Teilnehmerinnen und
Teilnehmer wirklich mit der Technik der Kopplung arbeiteten:
Sie nutzten eine bestehende automatisierte Reaktion
(Zähneputzen) als Reiz für eine neue Verhaltensweise (Zahnseide
benutzen). Die andere Hälfte, die erst Zahnseide benutzte und
dann Zähne putzte, musste sich selbst daran erinnern: »Ach ja,
erst muss ich Zahnseide benutzen, bevor ich mir die Zähne
putze.« Kein automatisierter Reiz.
Vier Wochen lang berichteten die Teilnehmerinnen und
Teilnehmer jeden Tag mittels einer Textnachricht, ob sie am
Abend zuvor Zahnseide benutzt hatten oder nicht. Am Ende
dieses Monats hatten alle im Durchschnitt 24-mal Zahnseide
benutzt. Besonders interessant aber ist, wie das Ganze acht
Monate später aussah. Diejenigen, die mit der Kopplung
gearbeitet und die Zahnseide nach dem Zähneputzen benutzt
hatten, taten es immerhin noch elfmal im Monat. Für sie wurde
die neue Verhaltensweise durch die existierende Gewohnheit
aufrechterhalten. Die Gruppe aber, die man ursprünglich darum
gebeten hatte, vor dem Zähneputzen Zahnseide zu benutzen, tat
es am Ende nur noch einmal die Woche (also etwas über viermal
im Monat).
Als Geschäftsstrategie wird diese Art der Kopplung manchmal
auch Huckepack-Marketing genannt. Zwei verschiedene Firmen
tun sich zusammen, sodass das Produkt der Trägerfirma zum
Reiz dafür wird, das Produkt der Firma zu benutzen, die
huckepack getragen wird. Huckepack-Marketing erklärt zum
Beispiel, warum PayPal so schnell beliebt werden konnte, denn
diese Zahlungsmethode war schon sehr früh in eBay integriert.
Leute, die auf eBay einkaufen, gewöhnten sich daran, PayPal zu
sehen und zu benutzen. Mit ausreichender Anwendungsdauer
entwickelten viele Käufer zusammen mit ihrer eBay-Gewohnheit
eine PayPal-Gewohnheit – und dann eine PayPal-Gewohnheit, die
weit über die Einkäufe auf eBay hinausging.
Diese Strategie kann außerdem erklären, warum so viele
soziale Medienplattformen so rasant wachsen konnten.
Instagram wurde anfangs von Facebook ausgeschlossen, aber
irgendwann doch integriert, sodass Facebook zu einem stabilen
Reiz wurde, der die Nutzung von Instagram-Features triggerte.
Auf ähnliche Weise verband sich YouTube mit Myspace, bevor es
irgendwann seinen Platz als größte Video-Posting-Website
einnahm.
Viele neue Firmen treten mit genau dieser Huckepack-Strategie
in die Geschäftswelt ein. Und wenn Sie mit Ihrer neuen
Geschäftsidee zunächst als freie Mitarbeiterin bei einer
etablierten Firma anheuern, tun Sie das Gleiche. Die Idee ist, auf
dem Erfolg Ihres Auftraggebers huckepack zu reiten, um einige
der Abläufe, die für Ihr eigenes Unternehmen wichtig sind, zu
automatisieren. So können Sie zum Beispiel das Marketing dieser
Firma und ihren Zugang zu Kunden nutzen und gleichzeitig Ihre
eigenen Kompetenzen ausbauen, das, was Sie schon können,
perfektionieren und Ihren Geschäftssinn schärfen. Wenn Sie
dann irgendwann bereit sind, die Freiberuflichkeit hinter sich zu
lassen, können Sie in Ihre eigene Firma hineinwachsen (wobei
Sie natürlich Konflikte mit den Interessen der alten Firma
vermeiden müssen).
Ein neues Verhalten an existierende Reize zu koppeln ist ein
guter Trick (oder Lifehack) zur Ausbildung einer neuen
Gewohnheit. Die neue Verhaltensweise kann auf diese Weise
schnell automatisiert werden, denn schließlich ist eine andere
automatische Verhaltensweise schon vorhanden. Sie müssen nur
noch einen oder zwei zusätzliche Schritte machen.
Die Technik des Koppelns ist am erfolgreichsten, wenn die
neue Verhaltensweise mit einer existierenden Gewohnheit
kompatibel ist. [187] Medikamente zur Nacht nehmen? Es ist
nicht schwer, daran zu denken, wenn Sie sie auf den Nachttisch
legen und die Einnahme an Ihren letzten Blick auf das Handy
kurz vor dem Lichtausmachen koppeln. Wenn Sie immer um
zehn Uhr morgens kurz das Büro verlassen, um sich bei
Starbucks einen Kaffee zu holen, können Sie genau diese
Gewohnheit zum Anlass nehmen, mindestens eine E-Mail zu
beantworten, die Sie schon länger vor sich herschieben. Die
beiden Reize werden sich verbinden, und sehr schnell wird die
Quälerei, eine schwierige E-Mail zu beantworten, sich mit der
Belohnung des Kaffees verkoppeln – und siehe da, Sie haben eine
brandneue, gut integrierte Gewohnheit.
Die Firma Procter & Gamble wollte herausfinden, wie diese
Methode des Koppelns bei neuen Produkten genau funktioniert,
und heuerte hierfür mein Labor an. Wir wurden dazu mit einem
neuen Textilspray der Firma versorgt, das Studierende einen
Monat lang benutzen sollten. [188] Mit nur einem Sprühstoß
konnte man damit Gerüche aus seiner Kleidung entfernen. Aber
die Studierenden mussten auch daran denken, es zu benutzen,
und um das zu erleichtern, wurden einige von ihnen
angewiesen, das Textilspray mit ihrer jeweiligen
Wäschewaschgewohnheit zu koppeln. Sie nahmen sich zum
Beispiel Folgendes vor: »Wenn ich meine Jeans vom Boden
aufhebe, sprühe ich sie ein, bevor ich sie anziehe.« Oder: »Statt
mein Shirt in die Wäschetonne zu werfen, um es später zu
waschen, werde ich es einsprühen und aufhängen.«
Am Ende jeder Woche berichteten uns die Studierenden, wie
oft sie das neue Produkt benutzt hatten. Insgesamt mochten sie
das Spray und benutzten es ziemlich häufig. Aber die Methode
des Koppelns brachte sie dazu, es noch mehr zu benutzen – das
galt besonders für die Studierenden, die eher selten an ihre
Wäsche dachten und insofern prädestiniert waren, auch das
Spray zu vergessen. Mit der Methode des Koppelns dachten sie
im fraglichen Monat immerhin dreizehnmal daran, das Spray zu
benutzen. Ohne diese Methode benutzen sie es 15 Prozent
seltener. [189]

Eine verwandte Strategie, ein neues Verhalten auf schon


existierenden Reizen aufzubauen, besteht darin, eine
Verhaltensweise gegen eine andere auszutauschen. Die
Gewohnheitsreize, die automatisch eine alte Reaktion
hervorgerufen haben, können dafür eingespannt werden, eine
neue, ähnliche Reaktion zu aktivieren. Die Methode des
Austauschens erklärt zum Beispiel die sofortige Beliebtheit von
Sojamilch. Ohne groß darüber nachdenken zu müssen, begannen
laktoseintolerante Konsumenten, sie als Ersatz für Kuhmilch zu
benutzen. Tofu hatte in den US-Märkten einen holprigeren Start.
Es ließ sich nicht einfach in die normale amerikanische Küche
integrieren, weil man es nicht so zubereiten kann wie tierisches
Eiweiß oder Käse. Irgendwann wurde Tofu dann zu Eiscreme
verarbeitet und gewann dadurch als Milchersatz eine gewisse
Popularität.
Um die Methode des Austauschens direkt zu untersuchen,
baten Jen Labrecque und ich Konsumenten, zwei Produkte zu
nennen, die sie kürzlich erworben hatten – eines, das sie
tatsächlich benutzten, und ein anderes, das sie nicht benutzten.
[190] Die für uns interessante Frage war, ob die Produkte ein
anderes Produkt ersetzten. So lässt sich zum Beispiel ein E-
Reader gegen Bücher aus Papier austauschen. Ein Bodenwischer
kann Besen und Feudel ersetzen. Dagegen ist für den
angehenden Sportler ein neues Sportgerät nicht der Ersatz für
irgendetwas, das er zuvor schon besessen hat. Wie erwartet
wurden neue Produkte mit größerer Wahrscheinlichkeit benutzt,
wenn sie ein existierendes Produkt komplett ersetzten. Sie
wurden nahtlos in eine existierende Gewohnheit integriert.
Die Methode des Austauschens ist ein Grund dafür, dass der
während der letzten Jahre in den USA zurückgehende Konsum
von zuckerhaltigen Limonaden mit dem zunehmenden Konsum
von in Flaschen abgefülltem Trinkwasser einherging. [191]
Wasser wird in individuellen Portionsgrößen in Drogerien und
Supermärkten verkauft – es steht genau neben den Softdrinks –,
wodurch es noch einfacher ist, das eine gegen das andere
auszutauschen. Die Konsumenten können ihre Gewohnheit, kurz
beim Laden zu halten und sich etwas zu trinken zu kaufen, auf
diese Weise ganz leicht in eine gesunde Verhaltensweise
verwandeln.
Die Methode des Austauschens hat aber in den letzten Jahren
auch zu einigen Reinfällen geführt. Wenn Sie noch nicht alt
genug sind, um sich an Carob zu erinnern, haben Sie nichts
verpasst. Das Produkt (aus der Frucht des Johannisbrotbaumes)
sollte Schokolade ersetzen, was es definitiv nicht tat. Das
Scheitern von Carob (und einiger Klassiker der Elternweisheit,
wie der Vorstellung, wir könnten unseren Kindern Karotten statt
Maischips in ihre Frühstücksdosen tun, ohne dass sie es
bemerkten) zeigt wieder einmal, wie all diese Techniken zur
Ausbildung von Gewohnheiten organisiert werden müssen.
Wenn wir Verhaltensweisen austauschen wollen, müssen wir die
Prinzipien der Belohnung aus Kapitel 8 im Kopf behalten. Sobald
nämlich die neue Option als etwas wahrgenommen wird, das
eindeutig schlechter ist, verringern die dopaminergen Neuronen
ihre Aktivität und signalisieren uns, diese Handlung in der
Zukunft zu unterlassen. Wer versuchen möchte, einen neuen
Reiz für eine bestimmte Reaktion zu schaffen, muss die größeren
Kontexte beachten. All diese Prinzipien werden dafür sorgen,
dass die Beständigkeit Einzug hält, die für die Schaffung
gewohnheitsbildender Reize so notwendig ist.
10 Alles unter Kontrolle

Wenn wir erst einmal in die richtige Richtung blicken, müssen wir
nur noch weiterlaufen.

Joseph Goldstein

Mise en place ist Französisch für »bereitgelegt«. Es ist eine in


professionellen Küchen übliche Methode. Der Küchenchef fängt
erst an zu kochen, wenn in einem ganz wörtlichen Sinne alles an
seinem Platz ist: die Arbeitsgeräte bereitliegen, die Zutaten
abgewogen und geschnitten sind und alles in der Reihenfolge des
Rezepts angeordnet ist. Mise en place reduziert Reibung. Die
Kräfte, die der Zubereitung eines Rezepts im Weg stehen, werden
beseitigt, die Kräfte, die das Kochen automatisch in Gang
bringen, gefördert.
Dieses Konzept ist von verführerischer Einfachheit. Aber
angehende Köche haben häufig noch keinen Sinn dafür, was
Reibung bedeutet. Stattdessen hätten sich die Erstsemester,
denen ich am Culinary Institute of America im Napa Valley in
St. Helena begegnete, am liebsten sofort auf das Rezept gestürzt
und einfach angefangen, ein großartiges Essen zu kochen. Ich
sprach mit Robert Jörin, dem stellvertretenden Dekan und
Dozenten für Bäckerei und Konditorei darüber, wie neue
Studierende vorgehen. »Sie gucken nach: ›Okay, Mehl, Zucker,
das sind wahrscheinlich die ersten Zutaten des Rezepts.‹ Also
gehen sie los und holen sich Zucker und Mehl. Dann fangen sie
an zu rühren. Und dann merken sie: ›Oh, ich sollte nur die Hälfte
des Zuckers einrühren.‹ Und dann müssen sie wieder von vorn
anfangen.« Das sei eine Verschwendung von Zeit und Zutaten:
»Sie lesen sich das Rezept nicht weit genug durch und gehen es
deshalb falsch an.«
Dagegen sagt Jörin als professioneller Koch von sich selbst:
»Mein erster Gedanke ist immer Mise en place: ›Was brauche ich
für dieses Rezept?‹« Er bereitet die Küche so vor, dass die
Zubereitung des Gerichts vereinfacht wird. »Sobald ich weiß,
dass ich alle Zutaten und Gerätschaften habe, die ich brauche,
um ein neues Dessert zuzubereiten, mache ich mir Gedanken, in
welcher Reihenfolge ich vorgehe. Ich lege alles in der
Reihenfolge bereit, in der ich es logischerweise benutzen werde.
Wenn ich dann zu arbeiten anfange, kann ich nichts vergessen.
Alles liegt so vor mir, dass ich nicht darüber nachdenken muss.
Zuerst die Kruste für den Boden, dann die Füllung und
obendrauf der Guss.« Wenn die auslösenden Reize am
Arbeitsplatz in passender Reihenfolge bereitliegen, »können Sie
sich auf die Methode konzentrieren, mit der dieses Dessert
zubereitet wird, anstatt sich zu fragen, ob in dieser oder jener
Schüssel die richtigen Zutaten sind«.
[9]

Die Studierenden lernen diesen reibungsreduzierenden Ansatz


vom ersten Tag an. Jennifer Purcell, die am Culinary Institute für
die Lehre zuständig ist, erklärte mir: »Wir lernen das tatsächlich
mental auswendig. Außerdem wiederholen wir die einzelnen
Arbeitsgänge auch in einem physischen Sinne. Alle Zutaten
stehen in sehr kurzer Reichweite, ganz nah beieinander. Man
möchte keine überflüssige Bewegung machen. Man sollte in der
Lage sein, schnell, bequem und mit so wenigen Arbeitsschritten
und mit so wenig Anstrengung wie möglich zu arbeiten. Als Koch
möchte man in eine Art Flow kommen: Die Bewegungen sollen
sich natürlich und gut anfühlen und beinahe gedankenlos
ausgeführt werden können.«
Professionelle Küchen werden nach einem System der
Automatizität eingerichtet. Sie müssen kontinuierlich Mahlzeiten
von gleichbleibender Qualität produzieren, um ein ganzes
Restaurant voller Gäste glücklich zu machen. Um das zu
bewältigen, arbeiten die Küchenchefs mit äußeren Kräften,
indem sie in ihren Küchen stabile Kontexte schaffen, die
automatisch die richtigen Reaktionen auslösen.
Aber auch außerhalb von Profiküchen kann dieses Prinzip
starke Kräfte entfalten.
So erzählte Jörin, dass er auch als Dozent mit dem Prinzip der
Mise en place arbeite: »Immer wenn ich nach Hause komme,
mache ich mir einen Plan für die gesamte Unterrichtszeit am
nächsten Tag oder am Montag. Alles, was ich für den
Montagmorgen brauche, liegt griffbereit auf meinem Tisch. So
lebe ich. Ich möchte genau wissen, was ich morgen um zehn Uhr
tue. Ich will nicht um neun Uhr eine Textnachricht schreiben
müssen, dass diese oder jene Person so schnell wie möglich da
und da sein muss. Um etwas effizient geregelt zu bekommen,
braucht man einen Zeitplan, und man muss die
unterschiedlichen Arbeitsschritte rechtzeitig in eine
systematische Reihenfolge bringen.«
Jörin erzählte mir, dass dies auch das Prinzip gewesen war,
nach dem er seine eigene Bäckerei organisiert hatte, bevor er
anfing, als Dozent zu arbeiten. »Man kann einen Betrieb nicht
vernünftig führen, wenn nichts vorbereitet ist. Bis
Montagmorgen zu warten, bevor man anfängt, ist nicht möglich.
[In diesem Business] sind die Leute häufig auf dem Sprung, sie
tendieren dazu, oft die Arbeitsstelle zu wechseln. Mir ist es
lieber, alles so zu organisieren, dass es nicht so wichtig ist, wer
hier am Montagmorgen aufschlägt, Hauptsache, meine Gäste
bekommen ihr Essen. Ich kann auf diese Weise alles so
vorbereiten, dass wir es hinbekommen. Das geht einem in
Fleisch und Blut über, wenn man in dieser Branche arbeitet.
Wenn man es mit 500 hungrigen Menschen zu tun hat, muss man
ihnen zu essen geben, denn ein Nein als Antwort akzeptieren sie
nicht.«
Sich Reibung zunutze machen ist eine ganz neue Art, über
Verhaltensänderungen nachzudenken. Das Versprechen besteht
darin, dass man durch die Veränderung von Kontexten, die
Reibung erzeugen, lernen kann, lohnende Handlungen
automatisch zu wiederholen. Doch zunächst müssen wir diese
Kontexte identifizieren. Sie sind nicht immer leicht zu erkennen.
Wenn sich das für Sie nach viel Arbeit für Ihre kognitive
Kontrolle und Ihr Bewusstsein anhört, haben Sie vollkommen
recht. Um eine Küche gut vorzubereiten, brauchen Sie jene
Bereiche Ihres Ichs, die vorausschauen, planen, Muster
erkennen, Fehler antizipieren, mit Schwächen umgehen und
Notlösungen erfinden. Am Anfang ist die Ausbildung von
dauerhaften Gewohnheiten stark auf Ihre Rationalität und Ihr
bewusstes Ich angewiesen. Ihr Gewohnheits-Ich baut dann auf
dieser Ausgangsposition auf und macht die Notwendigkeit für
dauernde Aufmerksamkeit nach und nach überflüssig. Die
immense Vorweginvestition zahlt sich aus, indem sie dauerhaft
und ohne Ihr Zutun Erträge ausschüttet.

Manchmal kann Information wie Reibung wirken. Aber wie wir


an der Gesundheitskampagne für das Essen von Obst und
Gemüse »Fünf am Tag« gesehen haben, sind die beiden nicht
identisch. Tun und Wissen sind nicht das Gleiche.
So ist zum Beispiel eine gängige Empfehlung zum Sparen, dass
man den Gebrauch von Kreditkarten vermeiden soll. Schließlich
ist der Kredit erfunden worden, um die Reibung beim
Geldausgeben so zu reduzieren, dass Kunden selbst dann noch
etwas kaufen können, wenn sie pleite sind. Deshalb rät man
Menschen, die sparen wollen, grundsätzlich lieber in bar zu
bezahlen.
Aber was ist mit EC-Karten? In gewisser Weise sind sie der
Barzahlung ähnlich, denn egal, ob Sie bar oder mit Karte
bezahlen, die Menge des verfügbaren Geldes wird nach einem
Einkauf sofort weniger, und Sie haben auf der Stelle weniger
Geld zum Ausgeben. Insofern sind die beiden Zahlarten sich im
Wesentlichen sehr ähnlich. Allerdings unterscheiden sie sich
darin, wie leicht oder schwer sie es jemandem machen,
tatsächlich einen Kauf zu tätigen – also hinsichtlich der Reibung,
die sie erzeugen. So hat sich in einer Studie gezeigt, dass bei
Studierenden die Grenze dessen, was sie für Kaffee oder Bier
auszugeben bereit sind, etwa 30 Prozent niedriger liegt, wenn sie
statt mit EC-Karte in bar bezahlen. [192] Wenn sie zur Bezahlung
tatsächlich Scheine über den Tresen reichen mussten, schien
ihnen das jeweilige Getränk weniger wert zu sein, weshalb sie
dann nicht bereit waren, genauso viel dafür zu bezahlen.
Wie kommt es eigentlich, dass Bargeld Reibung produziert?
Zum einen haben wir, nachdem wir etwas gekauft haben,
einfach weniger davon in der Hand. Bei einer Plastikkarte gibt es
diesen Effekt nicht. Man kann sie immer wieder benutzen, ohne
dass sich ihr Aussehen verändert. Wenn wir mit Bargeld
bezahlen, müssen wir außerdem entscheiden, ob wir große oder
kleine Scheine benutzen, und vielleicht ist es nötig, nach
Kleingeld zu kramen. All das produziert beim Einkauf Reibung.
Der Rat, mit Bargeld zu bezahlen, funktioniert also tatsächlich.
Wenn wir das Geld physisch aushändigen müssen, ist der Betrag,
den wir zu zahlen bereit sind, kleiner. Nur Bargeld
dabeizuhaben wird zur treibenden Kraft beim Geldsparen.
Andere Ratschläge sind weniger sinnvoll, weil sie die Art und
Weise, wie wir etwas tun, nicht verändern. So müsste uns das
Auflisten von Kalorien auf Speisekarten eigentlich dazu
ermutigen, weniger Kalorien zu uns zu nehmen. Ob das
tatsächlich stimmt, lässt sich gut an New York City überprüfen,
weil es hier seit dem Jahr 2008 für Fast-Food-Ketten Pflicht ist,
auf ihren Speisekarten die Kalorien aufzuführen. Eine
Untersuchung mit mehr als 7000 Kunden von Fast-Food-
Restaurants in der Stadt zeigte, dass die Kalorienangaben, als sie
neu eingeführt wurden, von 51 Prozent der Kunden bemerkt
wurden. [193] Im Jahr 2014 war diese Zahl auf 37 Prozent
gesunken.
Unabhängig davon, was die Kunden bemerkten, hatte die
Auszeichnung jedoch überhaupt keinen Effekt auf ihr Verhalten.
Wenn man über sechs Jahre die Käufe vergleicht, die in
Restaurants mit und ohne Auszeichnung der Kalorien getätigt
wurden, wird sichtbar, dass die Kunden in diesem Zeitraum in
allen Restaurants ihren Kalorienverbrauch pro Mahlzeit erhöht
haben. Die Kalorienauszeichnung sorgte auch nicht dafür, dass
sie öfter zu Hause aßen.
Bei gelegentlichen größeren Anschaffungen können
Informationen sehr wohl einen Einfluss haben. Der
Energiesparaufkleber auf Ihrem Kühlschrank oder Ihrer
Waschmaschine? Er enthält alle möglichen hilfreichen
Informationen darüber, wie man Strom und Wasser spart. Bei
größeren Anschaffungen entscheiden wir uns tatsächlich
bewusst für oder gegen ein bestimmtes Modell. Doch selbst in
diesem Bereich wirken sich Informationen nicht ganz so stark
aus, wie wir es gern hätten. Konsumenten müssen die abstrakten
Informationen über den voraussichtlichen Energieverbrauch
und zukünftige Einsparungen bei, sagen wir, einem Kühlschrank
aufwiegen gegen unmittelbar attraktive Eigenschaften wie das
Preisschild, die Farbe oder ein integriertes Eisfach. Dennoch
können Informationen über den Energie- und Wasserverbrauch
in gewissem Maße dazu beitragen, dass sparsamere Produkte
gekauft werden. [194]

Unabhängig von ihrem Einfluss auf Konsumenten sind


Kalorienauszeichnungen auf Nahrungsmitteln und Aufkleber
zum Energieverbrauch auf Geräten im Blick auf den
Gesamtmarkt alles andere als überflüssig. Wenn auch die
Konsumenten häufig wenig Interesse daran haben: Die
Produzenten haben es durchaus, denn diese Art von
Informationen herauszugeben gilt als verantwortliches
Unternehmertum. Kalorientabellen weisen indirekt darauf hin,
wie wichtig gesunde Ernährung ist. Energietabellen zeigen die
Effizienz und Umweltfreundlichkeit von Geräten. Nach der
Einführung der Kalorienauszeichnungen haben einige
Restaurantketten ihre Portionsgrößen geändert, sodass wir zum
Beispiel bei Starbucks nun kleinere Gebäckstücke in der Auslage
sehen. [195] Als die Energieaufkleber üblich wurden, begannen
die Gerätehersteller tatsächlich, sparsamere Produkte zu
entwickeln. [196]
Man könnte so etwas eine »Trickle-down-Gewohnheit«
nennen. Die Firmen veränderten ihre Gewohnheiten, und indem
sie das taten, veränderten sie unmerklich auch unsere Kontexte.
Das Resultat ist, dass auch Sie und ich unsere Kaufgewohnheiten
in der Zwischenzeit geändert haben.


Mise en place funktioniert gut für Köche, aber kann diese
Methode auch Ihnen und mir helfen, die Reibung zu
kontrollieren, die unser eigenes Verhalten beeinflusst? Die
Forscherin Angela Duckworth und ihre Kolleginnen und
Kollegen baten an der University of Pennsylvania eine Gruppe
von Studierenden im Grundstudium, ihre Lernziele für die Uni
aufzulisten, zum Beispiel: »Jeden Abend eine Stunde Französisch
üben« oder »Alle Hausaufgaben immer schon einen Tag vorher
fertig haben«. [197] Einige dieser Studierenden wurden
angewiesen, ihren Arbeitsplatz eine Woche lang so umzurüsten,
dass die Möglichkeiten zur Ablenkung möglichst gering waren,
damit das jeweilige Ziel besser erreicht werden konnte. Diese
Studierenden veränderten die externen Kräfte, die in ihren
Kontexten wirkten, indem sie sich Erinnerungen oder Wecker
stellten und indem sie Online-Apps installierten, die ablenkende
Seiten wie Facebook blockierten, oder indem sie sich einen
Arbeitsplatz in der Bibliothek reservierten. So wurden
antreibende Kräfte in Gang gesetzt und widerstrebende Kräfte
beseitigt. Eine zweite Gruppe von Studierenden sollte sich
einfach auf ihre Willenskraft und ihre Fähigkeit, Versuchungen
zu widerstehen, verlassen. Und das ist genau die Art und Weise,
in der die meisten von uns erst einmal versuchen würden, eine
Sache anzupacken.
Am Ende der Woche vergaben die Studierenden Punkte auf
einer Skala von 1 (extrem schlecht) bis 5 (extrem gut), um zu
kennzeichnen, wie erfolgreich sie beim Erreichen ihrer Uni-Ziele
gewesen waren. Durchschnittlich waren alle Studierenden
ziemlich erfolgreich, aber die, die ihre situativen Kontexte
bewusst kontrollierten, schnitten einen halben Punkt besser ab
als die, die versuchten, sich einfach per Selbstkontrolle
durchzubeißen.
Situative Selbstkontrolle [198] wirkt erst einmal wie ein
indirekter Ansatz: Anstatt das anzupassen, worauf es wirklich
ankommt, nämlich unser eigenes Verhalten, verändern wir
unsere Umgebung. Genau wie den angehenden Köchen (und
meiner Cousine auf Facebook) liegt es uns intuitiv viel näher, die
Situation direkt anzugehen und an einer neuen Lösung zu
arbeiten, und die Studierenden in der oben erwähnten Studie
hatten eine ähnliche Tendenz. [199] Als man Schülerinnen und
Schüler einer Highschool fragte, wie sie in letzter Zeit ein
Problem, das die Selbstkontrolle betraf (meistens
zwischenmenschliche Konflikte oder schulische
Herausforderungen), gelöst hatten, ging es in den meisten
Antworten in irgendeiner Weise um Selbstveränderung:
38 Prozent sagten, dass sie versucht hatten, ihre Denkweise zu
verändern, indem sie sich zum Beispiel die Vor- und Nachteile
von Hausaufgaben bewusst machten und sich dadurch zu
motivieren versuchten. 24 Prozent sagten, dass sie sich
angestrengt hatten, ihre Handlungen zu verändern, zum Beispiel
indem sie per Selbstkontrolle versuchten, es einem Mitschüler,
über den sie sich geärgert hatten, nicht heimzuzahlen. Nur
16 Prozent sagten, dass sie sich bemüht hatten, etwas an einer
gegebenen Situation zu verändern, und nur 12 Prozent hatten
ihrer eigenen Aussage nach versucht, eine vollkommen neue
Situation zu schaffen.
Vielleicht wünschen Sie sich eine glücklichere Beziehung zu
Ihrem Ehe- oder Lebenspartner? Wenn Sie sich auf Motivation
und Selbstkontrolle verlassen, werden Sie vielleicht Ihren Impuls
unterdrücken, einen kritischen Kommentar abzugeben, wenn
Ihr Gegenüber etwas tut, was Sie irritiert, und stattdessen
versuchen, Wärme und Wertschätzung auszudrücken. Oder Sie
möchten aufhören, im Büro die Arbeit vor sich herzuschieben?
Wenn Sie sich auf den gleichen Ansatz verlassen, werden Sie
vielleicht den Impuls zügeln, Ihre sozialen Medien zu checken
oder mit Ihrer überaus gesprächigen Kollegin zu schwatzen. Wir
setzen uns klare Ziele und versuchen dann mit viel Aufwand,
unsere Handlungen zu kontrollieren, um diese Ziele zu
erreichen.
Aber Verhaltensänderungen durch Selbstkontrolle sind nicht
so erfolgreich wie Verhaltensänderungen durch die bewusste
Anpassung von Kontexten, wie Studierende an der University of
Pennsylvania feststellten. Selbst wenn es genauso erfolgreich
wäre (was es nicht ist), macht das Kontrollieren der eigenen
Handlungen einfach keinen Spaß. Es bedeutet, dass wir ständig
unsere eigenen Wünsche bekämpfen müssen. Es bedeutet, dass
wir unendlich wachsam sein und uns immer wieder zerknirscht
davon abhalten müssen, das zu tun, was uns in den Kopf kommt.
Wir müssen zu einer Art Branddecke auf unserem eigenen
Genuss werden.
Die Studierenden, die bei der Studie mitmachten und ihre
Arbeitsplätze veränderten, waren nicht in diesem unglücklichen
Zustand des Kriegs mit sich selbst. Nachdem sie ihre physische
und soziale Umgebung so eingerichtet hatten, dass die
Versuchung, sich abzulenken, beseitigt war, empfanden die
Studierenden ihrer eigenen Aussage nach keine nennenswerten
unerwünschten Gelüste. Zwischen den Möglichkeiten, mit
Freunden einen Film zu schauen oder für einen Test zu lernen,
waren sie schon deshalb nicht hin- und hergerissen, weil sie sich
selbst einen Bibliothekstag verordnet hatten, wo eine solche
Versuchung gar nicht existierte. Sie mussten sich nicht bewusst
dazu zwingen, das Richtige zu tun. Stattdessen taten sie das, was
in ihrer Umgebung am einfachsten war – lernen. Sie mussten
sich weder selbst beherrschen noch ihre Bedürfnisse verleugnen.
Sie brauchten sich nicht in eine Branddecke zu verwandeln, weil
es kein Feuer gab, das gelöscht werden musste.
Ich habe zwölf Jahre lang einen Honda Civic Hybrid gefahren,
der zu den ersten dieser Fahrzeuge gehörte. Ich war richtig stolz
auf meinen Wagen und wollte ihn unter keinen Umständen
loswerden. Aber mein Mann überzeugte mich irgendwann, dass
ich ein sichereres Auto brauchte. Mein neues Auto piept
warnend, wann immer ich einem Hindernis zu nahe komme. Der
Kollisionsentdeckungsmechanismus ist eine Art Reibung.
Zuerst hat mich das Piepen genervt. Ich beschwerte mich viel
über dieses Auto, vor allem bei meinem Mann. Aber irgendwann
gewöhnte ich mich daran, und jetzt höre ich es nicht einmal
mehr. Beim letzten Mal, als ich mir ein Mietauto nahm, fehlte das
Warnsystem, was mir aber nicht auffiel, bis ich beim
Rückwärtsausparken gegen eine Steinmauer fuhr. Weil die
warnenden Reize, an die ich mich so gewöhnt hatte, nicht da
waren, hatte ich plötzlich eine ziemliche Delle in der Stoßstange.
Das irritierende Piepen sorgte für nützliche Reibung, die mir, als
sie fehlte, eine ziemlich hohe Reparaturrechnung bescherte.
Wenn sie sich einmal etabliert haben, wirken die jeweiligen
Kräfte in unserer Umgebung weiterhin als Reize, die uns dazu
bringen, unsere Ziele zu erreichen. Wir können sie ignorieren
oder sie als selbstverständlich betrachten, auf jeden Fall
automatisieren sie unser Verhalten auch dann noch, wenn wir
sie längst vergessen haben. Trotzdem wird die wichtige Rolle, die
solche Kräfte für unser Verhalten spielen, von vielen Menschen
geleugnet. Sie bleiben lieber im Schützengraben und kämpfen
um ihre Motivation und Selbstkontrolle.

In Kapitel 5 haben wir uns mit Menschen beschäftigt, die sich


selbst einen hohen Grad an »Selbstkontrolle« bescheinigen.
Diesen Menschen gelingt es besonders gut, ein gesundes,
wohlhabendes und glückliches Leben zu führen, das unter vielen
verschiedenen Aspekten von Erfolg gekrönt ist. Wir fanden
jedoch heraus, dass diese Individuen zu ihren eindrucksvollen
Erfolgen nicht auf die Weise kommen, die wir erwartet hätten:
durch den aktiven Einsatz ihrer Willenskraft. Ihr Erfolg ist nicht
irgendeiner übermenschlichen Kraft geschuldet, Bedürfnissen zu
widerstehen und unerwünschte Handlungen zu verhindern.
Denn wie wir gesehen haben, benutzen Menschen, die auf den
Skalen zur »Selbstkontrolle« hohe Punktzahlen erreichen, ihre
Kontrollfähigkeit überhaupt nicht. Es handelt sich hier schlicht
und ergreifend um eine unzutreffende Bezeichnung. Stattdessen
bilden sie Gewohnheiten aus, die ihr Verhalten automatisieren.
Gewohnheit macht es ihnen leicht, ihre Ziele zu erreichen.
Die Geschichte, wie Menschen mit großer »Selbstkontrolle« zu
Erfolg kommen, hat eine wichtige Fortsetzung. Ihr Erfolg hängt
mit Kontexten zusammen. Anscheinend sind die Talente von
Menschen mit großer »Selbstkontrolle« nicht darauf beschränkt,
dass sie wissen, wie man sich nützliche Gewohnheiten aneignet.
Diese Menschen scheinen darüber hinaus ein Verständnis dafür
zu haben, wie sie sich selbst in Kontexten platzieren können, in
denen genau die Kräfte wirken, mit deren Hilfe sie ihre Ziele
erreichen.
In einer Onlineuntersuchung stimmten Menschen, die auf
einer »Selbstkontroll«-Skala sehr gut abgeschnitten hatten, auch
Aussagen wie der folgenden zu: »Ich suche mir meine Freunde
danach aus, ob sie mich auf Spur halten und mir dabei helfen,
meine langfristigen Ziele zu erreichen.« Oder: »Wenn ich arbeite
oder lerne, suche ich mir bewusst Orte aus, an denen es keine
Ablenkung gibt.« Und: »Ich vermeide Situationen, in denen ich
verlockt sein könnte, unmoralisch zu handeln.« [200] Diese
Menschen hatten begriffen, dass Kontextreize die Macht haben,
Handlungen zu erschweren oder leichter zu machen. Ihnen war
klar, dass sie durch die Kontrolle ihrer Umgebung auch ihre
eigenen Handlungen kontrollieren konnten. Wenn man das
verstanden hat, wird es tatsächlich sehr viel einfacher, nützliche
Gewohnheiten auszubilden. Studierende, die beim Thema
»Selbstkontrolle« schlecht abschnitten, stimmten diesen
Aussagen dagegen nicht so entschieden zu. Sie versuchten nicht,
ihr Leben zu vereinfachen, indem sie die richtigen externen
Kräfte etablierten – Kräfte, die erwünschte Verhaltensweisen
antrieben und unerwünschte mit zusätzlicher Reibung versahen.
Menschen mit einer großen »Selbstkontrolle« zeichnen sich
nicht nur dadurch aus, dass sie das Richtige sagen. Sie tun es
auch. So konnten sich Studierende in einer Studie bis zu 25
Dollar verdienen, wenn sie sehr schnell eine Reihe von
Buchstabenrätseln lösten. [201] Sie hatten die Option, entweder
in einem Aufenthaltsraum der Universität, in dem der Lärmpegel
sehr hoch war, sofort anzufangen oder fünf Minuten zu warten,
bis ein ruhiger Raum frei wurde. Studierende, die auf der Skala
zur »Selbstkontrolle« höher abgeschnitten hatten, entschieden
sich in den meisten Fällen dafür, den lauten Aufenthaltsraum zu
meiden. Sie wollten, selbst wenn sie das etwas Zeit kostete, auf
einen ruhigeren Ort warten, an dem sie sich vernünftig
konzentrieren konnten. Das Gleiche konnte man bei
Studierenden beobachten, die einen Onlineintelligenztest
absolvierten. [202] Sie hatten die Wahl zwischen einer schlichten
Version und einer Version, die mit allerlei Schnörkeln verziert
war. Wieder war es so, dass die, die beim Thema
»Selbstkontrolle« besser abschnitten, sich mit höherer
Wahrscheinlichkeit für die schlichten IQ-Tests entschieden. Mit
der langweiligen Version konnten sie sich besser konzentrieren
und somit ihr Bestes geben. Sie trafen schon im Vorfeld die
richtige Entscheidung, um möglichst leistungsfähig zu sein: Die
ablenkenden Fragebögen konnten sie nur ausbremsen.
Wenn Sie sich aufmachen, um neue Gewohnheiten zu
entwickeln, werden Sie etwas entdecken, das Sie zuvor schon
intuitiv wussten: Es wirken sowohl hilfreiche als auch
hinderliche Kräfte auf unser Wunsch-Ich ein. Menschen mit viel
»Selbstkontrolle« wissen das und handeln entsprechend. So
wurden Studierenden in einer Studie zwei unterschiedliche
Lernpartner angeboten, mit denen sie eine bestimmte Aufgabe
lösen sollten (in Wirklichkeit waren es Leute aus dem
Forschungsteam). [203] »Alex« war angeblich noch
unentschieden, in welchem Fach er seinen Master machen
wollte, verbrachte seine Freizeit mit Videospielen und Partys und
schlief während der Wintersemesterferien meistens aus.
»Taylor« war Medizinstudent im Grundstudium mit einem
Teilzeitjob, er arbeitete ehrenamtlich in einem Tierheim und
verbrachte die Wintersemesterferien mit Lernen. Beide wirkten
gleichermaßen sympathisch. Aber die Teilnehmerinnen und
Teilnehmer, die zuvor beim Thema »Selbstkontrolle« sehr gut
abgeschnitten hatten, wählten in den meisten Fällen den
tatkräftigen Taylor als Arbeitspartner, wohingegen sich
diejenigen mit niedrigen Testergebnissen bei der
»Selbstkontrolle« etwa zur Hälfte für den Lebemann Alex und
zur anderen Hälfte für den leistungsorientierten Taylor
entschieden.
Wie groß der Einfluss unserer Umgebung auf unser Verhalten
sein kann, ist nicht jedem bewusst. Aber ähnlich wie die
Studierenden von der University of Pennsylvania kann jeder und
jede von uns anfangen, von dieser Einsicht zu profitieren und
sich nach und nach den geübten Blick eines Menschen mit
starker »Selbstkontrolle« anzueignen.

In einer Untersuchung mit den Gästen eines chinesischen All-


you-can-eat-Büfetts saßen 42 Prozent der übergewichtigen Gäste
mit dem Gesicht zum Büfett, das Essen voll im Blick. [204]
Dagegen hatten sich nur 27 Prozent der Normalgewichtigen mit
dem Blick zum Büfett gesetzt, der Rest von ihnen saß mit dem
Rücken oder der Seite zu den angerichteten Speisen. Die
schlankeren Gäste hatten noch andere Strategien, nicht auf die
Reize des Büfetts zu reagieren: 38 Prozent von ihnen saßen in
abgeteilten Einheiten mit Sitzbänken. Wenn sie für einen
Nachschlag zum Büfett gehen wollten, mussten sie zuerst ihre
Begleiterinnen und Begleiter bitten, ihnen Platz zu machen. Nur
etwa die Hälfte der übergewichtigen Kunden (16 Prozent) hatte
sich auf diese Weise platziert. Die meisten von ihnen hatten sich
für Stühle entschieden, die es einfacher machen, sich Essen
nachzuholen. Schlankere Menschen neigten außerdem öfter
dazu, sich Servietten auf den Schoß zu legen (50 Prozent),
während dies nur 24 Prozent der Übergewichtigen taten. Eine
Serviette ist ein ziemlich kleines Hindernis, wenn man aufstehen
und noch einmal zum Büfett gehen möchte. Aber wie wir
gesehen haben, können selbst kleine Anpassungen der
Umgebung einen Unterschied machen. Der erstaunlichste
Unterschied bestand aber darin, dass 71 Prozent der
normalgewichtigen Menschen sich zunächst das ganze Büfett
ansahen, um zu eruieren, was alles darauf war, bevor sie
anfingen, sich zu bedienen. Dieses Verhalten führte dazu, dass
sie sich nur das aussuchten, was sie mochten, anstatt sich einmal
durch das ganze Büfett zu futtern. Nur ein Drittel der
Übergewichtigen handelte auf diese Weise. Die meisten
begannen sofort, sich etwas zu nehmen, ohne vorher in
Erfahrung zu bringen, was es alles gab. Sie waren bei Weitem
nicht so selektiv.
Antreibende Kräfte zu kontrollieren und widerstrebende
Kräfte zu etablieren ist also scheinbar auch am All-you-can-eat-
Büfett möglich. Obwohl die normalgewichtigen Restaurantgäste
die Reize nicht wirklich beseitigen konnten, waren sie zumindest
in der Lage, sich ihnen bis zu einem gewissen Grad zu entziehen.
Indem sie das taten, mussten sie keine Entscheidungen treffen,
sondern konnten genau so essen, wie sie es wahrscheinlich auch
taten, wenn sie sich in einer normalen Umgebung befanden.
Die andere Möglichkeit besteht darin, einfach die ganze
Wissenschaft und alle gelebte Erfahrung über
Gewohnheitsbildung über Bord zu werfen und weiterhin fest
daran zu glauben, dass unser Schicksal allein von unserer
Willenskraft abhängt. Man könnte den Einfluss, den unsere
Umgebung auf unsere Psyche ausübt, leugnen und weiter daran
glauben, dass jeder Mensch in einem Vakuum agiert und der
einzige nennenswerte Druck aus einem selbst kommt, aus den
eigenen Entscheidungen und dem eigenen Willen. Und wenn
man dann ins Straucheln kommt und hinter seinen Vorsätzen
zurückbleibt, kann man sich so richtig schrecklich fühlen. Wenn
man aber Erfolg hätte, könnte man sich den Leuten gegenüber,
die mehr zu kämpfen haben, unfassbar überlegen fühlen. Hört
sich das gut an? Und viel wichtiger: Klingt es vertraut?
Zum Glück gibt es einen viel besseren Weg.

Gewohnheiten verbessern das Leben. Dabei geht es nicht nur um


Leistungsfähigkeit. Man hört häufig, dass Menschen sich darüber
beklagen, dass sie viel zu viel nachdenken. Das passiert uns allen
manchmal. Aber es kann zu Angstzuständen führen und ein
echtes Problem werden, wenn man etwas schaffen möchte. Als
eine Art Allheilmittel gegen die Gefahr des »Zu-viel-
Nachdenkens« ist in den letzten Jahren die »Achtsamkeit«
wiederentdeckt worden. Die Idee ist, in einen Zustand
aufmerksamer Bewusstheit zu kommen, anstatt sich in seinem
Kopf zu verlieren. Wer achtsam ist, ist auf das Hier und Jetzt
fokussiert, anstatt sich über vergangene Fehler zu grämen oder
vor zukünftigen Problemen zu fürchten.
Gewohnheiten sind vielleicht der natürlichste und effektivste
Weg, auf dem wir diesen von Bewertungen freien Geisteszustand
erlangen können. Ein von Gewohnheiten geprägter Geist ist in
einem guten Sinne gedankenlos. Gewohnheitsbildung ist eine
Geisteshaltung, die die Probleme an ihren wahren Platz rückt. Sie
delegiert. Sie steht auf der Kreuzung und weist den Weg. Sie ist
nicht besessen davon, den Augenblick des Einschlafens
festzuhalten, wie Sie es vielleicht einmal als Kind versucht
haben; stattdessen reagiert Gewohnheit einfach auf die üblichen
Schlafreize in Ihrer Umgebung, weshalb Sie wie immer langsam
einschlafen können.
Wenn Ihr Ziel darin besteht, nicht so viel mit Ihrem Partner zu
streiten, dann möchten Sie vielleicht eine Gewohnheit etablieren,
die Ihnen hilft, ruhig und aufmerksam zuzuhören, statt auf Ihr
Gegenüber loszugehen. Es wird Ihnen leichterfallen, sich das
Zuhören anzugewöhnen, wenn Sie nicht bewusst über jede
Meinungsverschiedenheit nachdenken und nicht versuchen
herauszufinden, was wessen Schuld war und wer um Verzeihung
bitten müsste. Zu viel Nachdenken macht es schwieriger,
optimistisch zu bleiben. Und, viel wichtiger, es kann auch dazu
führen, dass eine Gewohnheit daran gehindert wird, sich
überhaupt erst auszubilden.
Eine Studie mit einem Videospiel für Kinder, in dem es um die
Zubereitung von Sushi ging, zeigte, wie vorteilhaft es sein kann,
nicht zu viel nachzudenken. [205] Das Spiel bestand aus 16
Schritten – Wasser, Salz, Zucker hinzufügen, umrühren, den Reis
ausbreiten, Lachs darauflegen und so weiter. Während die
Spielerinnen und Spieler übten, sagte ihnen eine virtuelle
Spielfigur, was sie jeweils tun mussten. Jen Labrecque, Kristen
Lee und ich warnten einige der Spielerinnen und Spieler, dass sie
am Ende der Studie das Sushi allein zubereiten mussten. Sie
sollten also bewusst vorausplanen und sich die verschiedenen
Schritte einprägen. Andere bekamen diese Warnung nicht, übten
unbekümmert weiter und spielten das Spiel insgesamt zehnmal.
[10]

Teilnehmerinnen und Teilnehmer, die gesagt bekommen hatten,


dass sie die Schritte auswendig lernen mussten, entwickelten
seltener eine Gewohnheit aus als diejenigen, die das Spiel einfach
wiederholten, ohne allzu viel darüber nachzudenken. Dieses
Phänomen ist uns aus einem Test über die Stärke von
automatischen kognitiven Assoziationen vertraut. Die
Teilnehmerinnen und Teilnehmer wählten im Anschluss an
einen vorhergehenden Schritt (Essig, dann Zucker), so schnell sie
konnten, den nächsten Schritt im Rezept. Diejenigen, die den
Ablauf auswendig gelernt hatten, reagierten langsam. Sie
dachten offensichtlich noch immer über das Rezept nach, selbst
nachdem sie das Spiel zehnmal durchgespielt hatten. Diejenigen,
die einfach, ohne nachzudenken, geübt hatten, waren signifikant
schneller, was nahelegt, dass sie ihre Entscheidungen
automatisch trafen. Bei ihnen war das Auflegen von Lachs der
Auslösereiz dafür, das Messer zur Hand zu nehmen und mit dem
Schneiden zu beginnen.
Ein weiterer Beweis, dass zu viel Nachdenken die
Gewohnheitsbildung eher verhindert, zeigte sich, als alle Spieler
gebeten wurden, das Rezept abzuändern und eine neue Zutat –
entweder scharfe Chilisoße oder Sojasoße – hinzuzufügen. Sie
mussten ihr Verhalten lediglich anpassen. In diesem Teil des
Spiels waren alle auf sich gestellt, denn die fiktive Figur sagte
ihnen nicht, was sie tun sollten. Bei insgesamt drei Versuchen
vergaßen die Spielerinnen und Spieler die neue Zutat in beinahe
20 Prozent der Fälle. Aber nicht alle strauchelten auf die gleiche
Weise.
Die Spielerinnen und Spieler, die ursprünglich angewiesen
worden waren, das Rezept auswendig zu lernen, waren nun
erfolgreicher darin, das Rezept abzuändern. Ohne starke
automatisierte kognitive Assoziationen mussten sie tatsächlich
nur ihr Verhalten ändern. Weil sie versuchten, alles im Kopf zu
behalten, ohne Kontextreize zu nutzen, die die nächsten Schritte
triggerten, hatten sie keine haltbare Gewohnheit ausgebildet. Oft
ist man versucht, so zu handeln, wie diese Teilnehmerinnen und
Teilnehmer, wenn man sein Verhalten ändern will: Man möchte
jeden einzelnen Schritt planen und ausbuchstabieren. Als würde
man versuchen, Tangotanzen zu lernen, indem man über jeden
einzelnen Tanzschritte nachdenkt. Doch so funktioniert es nicht.
Dagegen war bei Spielerinnen und Spielern, die während der
Übungszeit das Spiel einfach immer wieder gespielt hatten, die
Wahrscheinlichkeit größer, sich zu vertun und die neue Zutat zu
vergessen. Der nächste Schritt im Rezept kam ihnen einfach in
den Kopf (Zucker zufügen!), und sie handelten, bevor sie denken
konnten: »Mist, eigentlich wollte ich doch Chilisoße hinzufügen!«
Sie wurden eindeutig von ihrer Gewohnheit getrieben.
Die Forschung zu diesem Thema steckt noch in den
Kinderschuhen und muss erst noch herausfinden, auf welche
Weise übermäßiges Nachdenken die Gewohnheitsbildung
behindert. Klar ist aber schon jetzt, dass es sogar Ratten
leichterfällt, eine Gewohnheit auszubilden, wenn sie einem
bestimmten Verhalten nicht zu viel Aufmerksamkeit schenken
und nicht darüber nachdenken müssen, ob es das richtige
Verhalten ist, um eine Belohnung zu bekommen. [206]

Die Implikationen für die Gewohnheitsbildung sind klar:


Gewohnheiten können sich am besten ausbilden, wenn wir eine
Handlung immer wieder ohne Planung und ohne Nachdenken
ausführen können. [207] Unter solchen Umständen sind wir in
der Lage, Kontrolle an den Kontext abzugeben und unsere
Handlungen von bestimmten Reizen automatisch triggern zu
lassen. Sobald Sie in Ihre Lebenskontexte die richtigen
antreibenden und widerstrebenden Kräfte eingebaut haben,
ernähren Sie sich gesund, ohne darüber nachzudenken, oder Sie
bekommen Ihre Arbeit rechtzeitig fertig, oder Sie verhalten sich
in Ihrer Familie wieder aufmerksamer und liebevoller.
Umgekehrt ist natürlich intensives Nachdenken dann von
Vorteil, wenn Sie flexibel bleiben und gerade keine Gewohnheit
ausbilden möchten. Sie können die gleiche Sache immer wieder
tun, aber Ihre Gedanken bewahren Sie davor, eine Gewohnheit
auszubilden.

Erinnern Sie sich an das Ziel, die ganze Familie zum Abendessen
zusammenzubringen – zum Reden, zum Austausch, um Nähe
herzustellen? Heute ist das Ihre gewohnte Realität. Sie
etablierten die vier Grundsteine der Gewohnheit, indem Sie
1. einen stabilen Kontext schufen (einen Abend die Woche,
pünktlich um 18:30 Uhr);
2. Reibung reduzierten (mit Ihnen als der treibenden Kraft,
die die widerstrebenden Kräfte beseitigte, indem Sie
zunächst selbst kochten und auch den anschließenden
Abwasch übernahmen);
3. Belohnungen bereithielten (indem Sie an diesen Abenden
die Lieblingsessen der einzelnen Familienmitglieder
kochten und Ihren Kindern erlaubten, Freunde einzuladen,
wenn sie Lust hatten);
4. das gemeinsame Essen wiederholten, bis es sich
automatisiert hatte (und das selbst dann, als Ihre gesamte
Familie drauf und dran war, ein für alle Mal gegen Ihre
kluge Idee zu rebellieren).

Dieselben Prinzipien kann man anwenden, um den sorgsamen


Umgang mit Geld zu einer praktizierten Gewohnheit zu machen.
Um Ihre Ausgaben zu reduzieren, haben Sie
1. einen stabilen Kontext geschaffen (eine gute und günstige
Supermarktmarke gefunden, zum Abendessen etwas mehr
gekocht, um sich die Reste für die Mittagspause am
nächsten Tag einzupacken);
2. die Reibung vergrößert (indem Sie nur in bar bezahlten);
3. das Ganze belohnt (indem Sie zu Videoabenden mit
Freunden eingeladen haben, die Independent-Filme
genauso lieben wie Sie; und mit dem Stolz, den Sie spürten,
als Sie endlich Ihre Kreditkartenschulden bezahlt hatten);
4. das alles wiederholt, bis es sich automatisierte.
Dann gingen Sie einen Schritt weiter. Sie meldeten sich für die
betriebliche Altersvorsorge Ihrer Firma an und begannen, Ihre
Lieblingskaffeesorte mit zur Arbeit zu nehmen – Sie taten all die
Dinge, die anfangs eine bewusste Entscheidung erfordern und
sich dann immer mehr automatisieren und in den Hintergrund
treten. Und Sie sparten dadurch so zuverlässig Geld, als bekämen
Sie regelmäßig die Erträge einer festen Zinsrate.
Teil 3

Sonderfälle, Chancen und die Welt um uns


herum
11 Durchstarten und neu
anfangen

Wenn man in einem notorisch leckenden Boot sitzt, ist es


wahrscheinlich sinnvoller, seine Energie in den Wechsel des
Fahrzeugs zu stecken, als die Löcher zu flicken.

Warren Buffett

Im scheußlichen Spätwinter von 2014 stand für ganze zwei Tage


das Londoner U-Bahn-System still. Nachdem die Gewerkschaft
zum Streik aufgerufen hatte, blieben 171 der insgesamt 270
Stationen geschlossen. Welche Stationen geöffnet waren und
welche nicht, folgte keinem bestimmten System und war nicht
vorhersehbar, denn ein Teil der Angestellten kam trotz des
Streiks zur Arbeit. Doch obwohl die Stationen nicht
flächendeckend geschlossen wurden, waren die Auswirkungen
verheerend. In einem Verkehrssystem kann schon die
Schließung einer einzigen Haltestelle die gewohnten Abläufe
komplett durcheinanderbringen.
Je nachdem, welche politische Überzeugung man vertritt, war
der Streik ungeheuer erfolgreich oder Ausdruck eines
jämmerlichen Versagens. Für Wissenschaftler, die sich mit
Gewohnheit beschäftigen, war er aber vor allem ein großartiges
natürliches Experiment zum Thema Gewohnheitsveränderung.
[208] Berufspendler sind überall auf der Welt beliebte
Testpersonen für Experimente, die in der wirklichen Welt
durchgeführt werden – sie wollen nämlich alle das Gleiche: auf
schnellstem Wege zur Arbeit und zurück nach Hause kommen.
Das gilt besonders für Pendler, die unterirdische Verkehrsmittel
benutzen, die typischerweise dreckiger, lauter und überfüllter
sind als andere. Die Londoner U-Bahn ist da keine Ausnahme.
Schlimmer noch: Wer nicht von Kindheit an auf die Londoner U-
Bahn angewiesen war, kann sich bei der Nutzung dieses
Verkehrssystems schon deshalb nicht auf seine Intuition
verlassen, weil die Karten nicht maßstabsgetreu sind. Sie zeigen
statt der absoluten Entfernungen nur die ungefähre Relation der
einzelnen Haltestellen zueinander. Die Reisezeit ist aber auch
deshalb schlecht einzuschätzen, weil die Bahnen mit
unterschiedlicher Geschwindigkeit fahren. London ist eine alte
Stadt, die sich in der Fläche enorm ausgebreitet hat und der die
quadratische Logik einer Stadt wie New York City vollkommen
abgeht.
Und natürlich regnet es. Der erste Morgen des Streiks machte
da keine Ausnahme, und viele Pendler, die auf den Streik
eingestellt waren und sich eigentlich mit dem Fahrrad oder zu
Fuß auf den Weg zur Arbeit machen wollten, waren wegen des
schlechten Wetters letztlich doch gezwungen, mit der U-Bahn zu
fahren. Sie mussten deshalb irgendwie herausfinden, wie sie zur
Arbeit kommen konnten, und einen Weg ausknobeln, der die
geschlossenen Stationen umging. In einem hochgradig
ritualisierten Teil ihres Tagesablaufs war plötzlich alles anders.
Was vor langer Zeit in die Domäne der Gewohnheit verwiesen
worden war, war nun zwangsweise wieder zum Inhalt einer
bewussten Handlungsentscheidung geworden.
Die meisten Pendlerinnen und Pendler benutzten aufladbare
Zeitfahrkarten mit einem Rabatt für Vielfahrer, die »Oyster
Cards« heißen. Mithilfe der Daten auf dieser Karte konnten die
Forscherinnen und Forscher nachverfolgen, wie sich 18 000
regelmäßige Berufspendler vor, während und nach dem Streik
verhalten hatten. Die Störungen waren jedenfalls gigantisch. Am
Tag des Streiks konnten nur etwa 60 Prozent dieser Pendler an
ihrer gewohnten U-Bahn-Station einsteigen, während es sogar
nur ungefähr 50 Prozent der Leute möglich war, an der üblichen
Station auszusteigen. Der Rest musste improvisieren.
Überraschenderweise verlängerten sich in dieser Situation die
Fahrzeiten nicht dramatisch. Im Durchschnitt verbrachten die
Leute nur etwa 6 Prozent mehr Zeit in der U-Bahn als sonst.
Einige kamen sogar schneller zur Arbeit – insbesondere
diejenigen Pendlerinnen und Pendler, die normalerweise
langsame Linien benutzten und in den auf der Karte verzerrt
dargestellten Gegenden unterwegs waren.
Natürlich hätten die Pendler auch ohne einen Streik
alternative Routen ausprobieren können. Nur ihre
Gewohnheiten hielten sie davon ab, es mit einer neuen Linie zu
probieren oder an anderen Stationen ein- oder auszusteigen.
Aber in der Hektik des Alltags nehmen wir uns meist nicht die
Zeit zum Experimentieren. Wir finden irgendetwas, das
einigermaßen funktioniert, und bleiben dabei. Um der
Bequemlichkeit willen richten wir uns ein.
Die Schließung der U-Bahn machte diese »funktionierende« Art
und Weise, die Dinge anzugehen, für kurze Zeit unmöglich. Man
nennt dieses Phänomen Gewohnheitsunterbrechung (habit
discontinuity) – ein von dem Wissenschaftler Bas Verplanken
geprägter Terminus, der beschreiben soll, wie unsere
Gewohnheiten durch Kontextveränderungen gestört werden:
[209] Wenn die Auslösereize verschwinden, können wir nicht
mehr automatisch reagieren. Wir müssen bewusste
Entscheidungen treffen, wir öffnen uns für Veränderungen – und
können mit etwas Glück sogar eine Verbesserung bewirken.
In diesem Kapitel möchte ich zeigen, wie solche
Unterbrechungen unserer Gewohnheiten für die Entwicklung
eines erfolgreichen Gewohnheits-Ichs paradoxerweise ein
Glücksfall sein können. Sie können unsere »zureichenden«
Gewohnheiten stören und uns auf neuere, schnellere und
erfolgreichere Methoden bringen, mit denen wir die Dinge in
Zukunft effektiver anpacken können.


Um derartige Unterbrechungen und Erneuerungen selbst zu
erleben, sind wir nicht auf Gewerkschaften angewiesen. Große
Lebensereignisse – ein neuer Job, ein Umzug, eine Hochzeit, die
Geburt von Kindern – haben den gleichen Effekt, und zwar jedes
Mal aufs Neue. Sie berauben uns unserer Gewohnheitsreize und
machen der Vorhersagbarkeit des Lebens ein Ende. In Kapitel 10
haben wir gesehen, dass Kontextveränderungen ein guter
Anfang sind, wenn man versuchen möchte, im eigenen Leben
etwas zu verändern. Wenn uns die vertrauten Auslösereize nicht
mehr die Richtung vorgeben, sind wir plötzlich zum Nachdenken
gezwungen und müssen völlig neue Entscheidungen treffen. In
der Praxis ist es aber sehr schwierig, ganz bestimmte Reize
bewusst aus unserem Alltag zu entfernen, was der Grund dafür
ist, warum äußere Unterbrechungen so wertvoll sind. Sie rütteln
alles durcheinander, und einen Moment lang wirbeln sämtliche
Verhaltensweisen – diejenigen, die auf Gewohnheit beruhen,
aber auch die anderen – durch die Luft und warten darauf, dass
Sie ihnen zeigen, an welchen Platz sie gehören.
Es stimmt natürlich: Große Lebenseinschnitte sind
anstrengend und sorgen für erhebliche Unsicherheit. Aber sie
bieten auch die Chance, sich selbst neu zu erfinden und sein
Leben neu zu sortieren. Wir haben plötzlich die Freiheit, neue
Verhaltensweisen einzuüben, ohne dass uns fest verankerte
Reize und eingeschliffene Reaktionen den Weg verbauen. Eine
Unterbrechung zwingt uns zum Denken. Frische Entscheidungen
sorgen für neue Verhaltensweisen – von denen einige vielleicht
viel besser funktionieren als die alten.
Unser Leben ist voll mit Gewohnheiten. Manche sind uns
bewusst, andere nicht; einige haben ihre Nützlichkeit längst
verloren, arbeiten aber weiter, oft außerhalb unseres Sichtfeldes
und unseres Bewusstseins. Größere Einschnitte im Leben
beinhalten die Chance, das Gewohnheits-Ich zu entrümpeln und
dadurch Platz für neue, bessere Gewohnheiten zu schaffen.
Vielleicht sind Sie jeden Freitagabend mit Freunden von der
Arbeit ausgegangen, um gemeinsam etwas zu essen und zu
trinken. Am Anfang hat es Spaß gemacht, Sie haben sich jedes
Mal auf diesen Abend gefreut. Aber in letzter Zeit ist Ihnen
aufgefallen, dass die Gespräche immer um die gleichen Themen
kreisen. Sie können die Geschichten, die Ihre Kollegin über ihren
Sohn erzählt, nicht mehr hören, geschweige denn das übliche
Gemecker über die letzten Neuerungen im Büro. Das Ganze geht
so weit, dass Sie jede Woche das gleiche Essen bestellen, weil Sie
die Speisekarte längst einmal durchprobiert haben. Was als
schöner Wochenendauftakt begann, fühlt sich nun an wie eine
lästige Pflicht.
Oder vielleicht lieben Sie es, dabei zuzusehen, wie die Sonne
über dem See vor Ihrem Haus untergeht. Sie finden, dass das
eine wunderschöne Art ist, den Tag zu beenden. Also machen Sie
es sich zur Gewohnheit, jeden Abend auf der Terrasse zu sitzen,
um den Sonnenuntergang zu genießen. Aber mit der Zeit wird
das ganze Schauspiel etwas weniger aufregend, und Ihre
Gewohnheit bekommt etwas Gezwungenes. Ihr Partner oder Ihre
Partnerin setzt sich schon lange nicht mehr dazu, und Sie haben
sich dabei ertappt, dass Sie die ganze Zeit darüber nachdenken,
was Sie jetzt alles tun könnten. Die Sonne untergehen zu sehen
fühlt sich plötzlich wie eine Pflicht an. Auch gute Gewohnheiten
können zum Trott werden.
Einem heute wenig bekannten französischen Philosophen aus
dem 19. Jahrhundert, Félix Ravaisson, ist es gelungen, für dieses
Phänomen einen anschaulichen Begriff zu finden. Er nannte es
das doppelte Gesetz der Gewohnheit. [210] Im Großen und Ganzen
ist damit Folgendes gemeint: Wiederholung stärkt unsere
Tendenz, etwas zu tun, aber sie schwächt auch unser Gefühl für
diese Handlung. Mit anderen Worten, wir gewöhnen uns. Es ist
ein komplexer und trügerischer Prozess, der uns die Kraft
rauben und das Gefühl der Sinnhaftigkeit nehmen kann.
Manches tun wir auch dann noch, wenn es seine Bedeutung für
uns längst verloren hat. Zwar können wir diese Dynamik für uns
nutzen, wenn wir neue Gewohnheiten ausbilden möchten, weil
sie durch die Wiederholung ihre Mühseligkeit verlieren. Aber
diese Medaille hat zwei Seiten.
So ist Gewöhnung (Habituation) einer der Gründe, warum wir
so schnell das Interesse an den materiellen Dingen verlieren, die
wir uns gekauft haben (obwohl wir uns sicher waren, dass uns
diese oder jene Sache endlich glücklich machen würde).
Natürlich fanden Sie es toll, auf Ihrem neuen Sofa zu sitzen,
nachdem es geliefert worden war, und es dem nächsten Besuch
zu zeigen fühlte sich gut an. Aber danach? Wahrscheinlich
bemerken Sie das schöne Sofa kaum noch. Es hat sich einfach
nahtlos in Ihre abendlichen Gewohnheiten eingefügt. Es gehört
im wörtlichen Sinne zum Mobiliar Ihres Lebens. Sie lassen sich
draufplumpsen, um fernzusehen oder im Internet zu surfen.
Gewöhnung tritt auch in zwischenmenschlichen Beziehungen
auf. Bestimmte Leute auf der Arbeit grüßen Sie regelmäßig, Sie
holen Ihre Kinder von der Schule ab und fragen sie, wie ihr Tag
war, und vielleicht melden Sie sich regelmäßig per Telefon oder
Textnachricht bei bestimmten Verwandten. Sie schaffen dadurch
soziale Wechselwirkungen: Andere Menschen werden zum
Auslösereiz für Ihre Handlungen, und umgekehrt lösen auch Sie
bei anderen Menschen Reaktionen aus. »Wie war dein
Wochenende?« – »Schön, und deins?« Oder: »Wie war es in der
Schule?« – »Ganz okay, Mama.« Mit der Zeit denken Sie über
solche Interaktionen immer weniger nach. Sie tun einfach das,
was Sie immer tun.
Auch langjährige Ehen sind von solchen stabilen
zwischenmenschlichen Interaktionen geprägt. Indem die
Ehepartner immer wieder die gleichen Dinge miteinander
erleben, denken sie immer weniger über ihr Verhalten nach. Sie
stehen zusammen auf, essen gemeinsam und unterstützen sich
gegenseitig, ohne sich noch viele Gedanken darüber zu machen.
Sie müssen sich nicht fragen, wie ihr Ehepartner wohl reagiert.
Sie wissen es einfach aus Erfahrung. Und während Ravaissons
doppeltes Gesetz sich geltend macht, lassen die Gefühle langsam
nach. [211] Es ist sehr wahrscheinlich, dass die Ehepartner
irgendwann feststellen, dass die Leidenschaft, die sie am Anfang
ihrer Beziehung füreinander gefühlt haben, verschwunden ist.
Weil die Handlungen sich stärker automatisieren, muss das Paar
weniger nachdenken, und die Gefühle flauen ab.
Was in Bezug auf Ihr neues Sofa zwar schade, aber
hinnehmbar ist, kann in einer Ehe zu einem unhaltbaren
Zustand werden. Es ist nicht okay, sich einfach nur an die
Gegenwart des Partners zu gewöhnen.
In glücklichen Ehen können Unterbrechungen die romantische
Intimität, die sich mit der Zeit immer besser versteckt hat,
manchmal wieder herbeizaubern. Eine kurze räumliche
Trennung ist eine solche temporäre Unterbrechung. Vielleicht
müssen Sie auf eine Dienstreise oder Ihre Eltern besuchen. Auch
kleine Konflikte oder Streits können eine Art Unterbrechung
darstellen, jedenfalls solange sie nicht unlösbar sind. [212] Solche
Veränderungen beflügeln die Ehepartner, über Gefühle zu
sprechen und das eigene Verhalten zu verändern. Sie denken
über den geliebten Menschen und die Beziehung zu ihm neu
nach. Das führt umgekehrt dazu, dass beide Partner anfangen,
über die Grundlagen ihrer Beziehung nachzudenken – darüber,
was ursprünglich überhaupt dazu geführt hat, dass sie sich
aufeinander eingelassen haben. Wie wahrscheinlich für die
meisten von uns war es Liebe. Dazu kommt, dass viele Paare,
wenn sie sich nach einer Trennung wiedersehen oder sich nach
einem Konflikt versöhnen, einander ihre Zuneigung besonders
deutlich zeigen – eine Zuneigung, die auch deshalb so stark
empfunden wird, weil sie sich so selten zeigt. Wenn man sich in
einer glücklichen Partnerschaft befindet, kann man aus dieser
Erkenntnis lernen. Wir können durch neue Unternehmungen
kleine Unterbrechungen schaffen (ein Segelkurs, eine Bridge-
Runde, ein Lesekreis?), die uns inspirieren, in der Partnerschaft
Neues auszuprobieren, über unsere Gefühle zu sprechen und das
Gefühl romantischer Intimität zu vertiefen. Auch ein Streit kann
diese Dynamik auslösen, aber warum nicht die schlechten
Gefühle überspringen und stattdessen gleich zusammen einen
Kochkurs besuchen?
In unglücklichen Partnerschaften haben kleine Störungen
dagegen häufig nicht diese positiven Effekte. Partner, die es
schwer miteinander haben, verstricken sich in destruktiven
Teufelskreisen, die selbst dann eine Eigendynamik gewinnen,
wenn beide Partner es gern anders machen würden. Vielleicht
können sie die schädlichen Muster sogar erkennen, aber sie
wissen nicht, wie sie sie verändern sollen. Auch an solche
Gefühle kann man sich gewöhnen, und es ist möglich, dass
Menschen, die in unglücklichen Partnerschaften leben, die
scheinbar giftigen Interaktionen noch nicht einmal als besonders
anstrengend oder traurig erleben. Vielleicht haben Sie schon
einmal Paare erlebt, die ganz offensichtlich wütend und gehässig
aufeinander reagieren, aber diese Gefühle selbst kaum noch zu
spüren scheinen. Sie haben sich mit der Zeit einfach daran
gewöhnt. Eine kleine Störung wie eine räumliche Trennung, ein
kurzer Konflikt, ein neues Erlebnis können solche Paare in sehr
unterschiedliche Richtungen treiben. Entweder sie fühlen sich
plötzlich frei, ihre problematischen Beziehungsmuster
anzugehen, oder sie trennen sich für immer.
Unterbrechungen der Gewohnheit bringen uns aus dem Trott,
indem sie die darunterliegenden Schichten aufdecken und uns
zeigen, warum wir tun, was wir tun, und warum wir gehen,
wohin wir gehen. Das Leben wird intensiver, wenn wir nicht
mehr auf Autopilot gestellt sind. Aber es wird auch weniger
vorhersehbar: Unser bewusstes Ich sitzt am Ruder, wir denken
nach, wägen verschiedene Optionen ab und versuchen
herauszubekommen, wie wir am besten an unser jeweiliges Ziel
gelangen. Aber Unterbrechungen zerstören auch alte Muster und
bringen, indem sie uns zum Nachdenken zwingen, unsere
Gewohnheiten wieder mit unseren Zielen und Plänen in
Übereinstimmung.

In der Wirtschaftswissenschaft gibt es ein Prinzip namens


schöpferische Zerstörung. Es bezieht sich auf die
unvermeidlichen Spannungen und Brüche, die in einer
Marktwirtschaft vorkommen. Sie können ziemlich schmerzhaft
sein, vor allem für die, die direkt davon betroffen sind.
Aktienkurse brechen ein. Arbeitsplätze gehen verloren. Ganze
Industrien verschwinden. Wer jedoch das Privileg hat, solche
Unruhen aus der Ferne zu beobachten, kann erkennen, dass
mitten im Chaos der Samen des Neuen zu finden ist. Innovation
kann erst einmal wie Scheitern aussehen – fragen Sie die Leute
im Silicon Valley, es ist dort zu einer Art Mantra geworden.
Ihr Gewohnheits-Ich ist ein Schmelztiegel für diese Art von
Zerstörung. Wenn Sie genau verstanden haben, wie, können Sie
das Ausmaß der Zerstörung und der Schöpfung mitbestimmen.
Wenn Sie sich erst einmal angewöhnt haben, mit dem Auto zur
Arbeit zu fahren, geschieht es im Großen und Ganzen
automatisch. Sie setzen sich einfach in Ihren Wagen und folgen
der Route, die Sie immer nehmen. Es kostet Anstrengung, es
anders zu machen. Wenn Sie den Bus nehmen wollen, müssen
Sie zum Beispiel die Fahrpläne studieren, herausfinden, wie viel
eine Fahrkarte kostet, ob es Tickets für Pendler gibt und wie früh
Sie aufstehen müssen. All diese Entscheidungen müssen Sie nicht
treffen, wenn Sie den Gewohnheitsreizen folgen, die Sie dazu
animieren, weiter mit dem Auto zu fahren.
Kommen wir zu einer der größten Unterbrechungen, die es
gibt: einem Umzug. Eine Studie verglich die Pendelgewohnheiten
von 69 Angestellten einer kleinen englischen Universität, von
denen alle im vorigen Jahr umgezogen waren, mit denen der 364
alteingesessenen Angestellten. [213] Die Forscherinnen und
Forscher begannen zunächst, das Umweltbewusstsein sämtlicher
Teilnehmerinnen und Teilnehmer abzufragen. Das Ergebnis war,
dass es in der Gruppe zu dem Thema sehr unterschiedliche
Einstellungen gab – einige waren sehr umweltbewusst, andere
scherten sich überhaupt nicht um das Problem. Man konnte mit
dem Nahverkehrssystem der Stadt bequem zur Arbeit bei der
Universität gelangen, unter anderem gab es gute
Busverbindungen, aber auch Rad- und Fußwege. Niemand hätte
mit dem Auto fahren müssen. Trotzdem fuhren 60 Prozent der
langjährigen Einwohner mit dem Auto zum Campus. Überzeugte
Umweltschützer fuhren ebenso mit dem Auto wie die, denen das
Thema egal war.
Bei denjenigen, die erst vor Kurzem umgezogen waren, war
das anders – auf eine gute Weise. Von allen, die zu Protokoll
gegeben hatten, dass sie sich große Sorgen um die Umwelt
machten, fuhren nur 37 Prozent mit dem Auto zum Campus, und
insgesamt gab es bei den Neuankömmlingen eine größere
Wahrscheinlichkeit, dass sie den Bus nahmen, Fahrrad fuhren
oder liefen. Wenn es keine Gewohnheit gab, der sie folgen
konnten, waren sie gezwungen, frische Entscheidungen zu
treffen, und ihre ökologischen Werte trugen den Sieg davon. Von
den kürzlich zugezogenen Studienteilnehmern, die ausgesagt
hatten, dass sie sich nicht um die Umwelt sorgten, fuhren
73 Prozent mit dem Auto. Wenn es keine Gewohnheiten gab,
waren auch sie ihren Werten treu. Sie probierten keine
umweltfreundlicheren Verkehrsmittel aus.
In neuen Kontexten entscheiden wir uns für Verhaltensweisen,
die mit unseren aktuellen Zielen übereinstimmen. Wir können in
solchen Fällen nicht einfach das wiederholen, was wir in der
Vergangenheit getan haben, und müssen uns mehr Gedanken
darüber machen, wie wir unsere Handlungen mit der Person, die
wir im Augenblick sind, in Übereinstimmung bringen. Aus einem
anderen Blickwinkel könnte man sagen, dass der Einschnitt, den
ein Umzug mit sich bringt, dazu führt, dass Menschen mehr als
zuvor nach ihren Überzeugungen handeln. Unterbrechungen
können dazu führen, dass wir zu authentischeren und
stimmigeren Versionen unserer selbst werden.
Zwar leuchten uns die Vorteile von Unterbrechungen ein, aber
die meisten von uns freuen sich eher weniger, wenn sie plötzlich
damit konfrontiert sind. Und die wenigsten Menschen führen
solche Unterbrechungen aktiv herbei. Im besten Falle stehen sie
einem Einschnitt in ihr Alltagsleben ambivalent gegenüber.
Angesichts der Tatsache, dass eine Unterbrechung ein äußerst
zweischneidiges Schwert ist, ist das auch nachvollziehbar.
Natürlich gibt sie uns die Freiheit, einen schnelleren Weg zur
Arbeit zu finden oder die Liebe, die wir für unseren Partner oder
unsere Partnerin empfinden, mit neuem Leben zu füllen oder
endlich unseren Werten entsprechend zu handeln – aber wenn
sich unser Alltag verändert, ist das auch anstrengend.
Kontextveränderungen können uns in einen Zustand der
Hilflosigkeit und Verwirrung stürzen, wir wissen plötzlich nicht
mehr, wie wir handeln sollen. In jedem Fall ist es aber sinnvoll,
das Phänomen genau zu verstehen – auch weil Einzelhändler
und Warenproduzenten sich seiner Wichtigkeit längst bewusst
sind.

Für die meisten von uns ist der wöchentliche Großeinkauf eine
Effizienzübung. Als man 275 Kunden mit elektronischen Geräten
ausstattete, die ihren Weg durch den Supermarkt
nachverfolgten, stellte sich heraus, dass sie im Schnitt nur
37 Prozent der gesamten Ladenfläche abliefen. [214] Die meisten
Käufer hielten sich in genau den Gängen auf, in denen sie etwas
kaufen wollten, und sparten sich den Rest. Einkaufen ist eine
lästige Pflicht, und wir wollen den Laden auf dem einfachsten
und schnellsten Weg wieder verlassen.
Unterbrechungen dieser Routine treten immer dann auf, wenn
Läden ihre Waren umsortieren. Was geschieht, wenn Obst und
Gemüse die Plätze tauschen, wenn Backwaren dort zu finden
sind, wo normalerweise das Müsli steht, und Fleisch und Salat
die Regale wechseln, ist wissenschaftlich genau evaluiert
worden. [215] In einem solchen Fall müssen die Käuferinnen und
Käufer innehalten und darüber nachdenken, was sie einkaufen
wollten und wo es zu finden sein könnte. Wenn sich die
Anordnung der Waren verändert, kommen die Kunden mit
Produkten in Kontakt, die sie normalerweise nicht sehen oder
kaufen. Sie können ihren eingeschliffenen Mustern nicht mehr
folgen. In der entsprechenden Studie wurde geschätzt, dass sich
auf diese Weise die ungeplanten Ausgaben pro Kunde um
7 Prozent erhöhen könnten. Trotz der ohnehin schon sehr
ausgeklügelten Produktpräsentation von Supermärkten kann
also Gewohnheitsunterbrechung den Umsatz erhöhen. Aber
Veränderungen können die Kunden auch irritieren, vor allem
die über Fünzigjährigen, die mit größerer Wahrscheinlichkeit die
Geduld verlieren, wenn sie das, was sie kaufen wollen, nicht
finden. [216] Einzelhändler, die den Kunden auf diese Weise
mehr Geld aus dem Portemonnaie ziehen wollen, lassen sich also
auf ein Vabanquespiel ein.
Der Einkauf kann auch durch Veränderungen des
Verpackungsdesigns gestört werden. Eine radikal neue
Verpackung erschwert es erheblich, ein Produkt als das
wiederzuerkennen, das wir regelmäßig gekauft haben. Im Jahr
2009 veränderte zum Beispiel die Firma Tropicana auf ihrem
Orangensaft das Bild von der Orange mit dem Strohhalm. In dem
neuen Design sah man einfach ein Glas mit Orangensaft und die
sehr auffällige Aufschrift »100 % Orangen, pur und natürlich«.
Die Konsumenten brachten daraufhin ihre Missbilligung
überraschend lautstark zum Ausdruck. Ganz offensichtlich
fingen sie an nachzudenken: »Was soll eigentlich ›pur und
natürlich‹ bedeuten?«, »Schmeckt das noch genauso wie mein
guter alter O-Saft?«, »Vielleicht probiere ich mal eine neue Marke
aus?« Der Umsatzverlust für Tropicana wurde auf etwa 30
Millionen Dollar geschätzt [217] – nur weil die Firma beschlossen
hatte, eine vermeintlich positive Eigenschaft gut sichtbar auf ihr
Produkt zu schreiben.
Obwohl sich Unterbrechungen am Markt sehr viel häufiger
negativ als positiv auswirken, kennt jeder den Sog von neuen
Produkten, die angeblich der letzte Schrei sind. Wir leben
schließlich in der Ära des iPhones, und die Nachrichten
berichten regelmäßig von der dramatisch inszenierten
Neueinführung eines bahnbrechend neuen technischen
Endgeräts. Bei Neueinführungen von Produkten ist das in
Wirklichkeit aber alles andere als die Regel, denn neue Produkte
sind oft sehr schwierig zu etablieren. Dass es Apple jedes Mal,
wenn die Firma ein neues Gerät herausbringt, gelingt, für lange
Warteschlangen begeisterter Kunden zu sorgen, ist ein
erstaunlicher Erfolg – und widerspricht der Art und Weise, in der
die meisten von uns einer neuen Ware am Markt begegnen.
Wenn wir für die Benutzung neuer Produkte unser Verhalten
ändern müssen, stellen auch sie Unterbrechungen dar. Im Jahr
2001 war der Personal Transporter von Segway ein genuin neues
Produkt, das von erfahrenen Investoren wie Jeff Bezos von
Amazon beworben wurde. [218] Steve Jobs sagte voraus, dass die
Städte der Zukunft ganz anders geplant werden würden, damit
sie für ihre flächendeckende Verwendung geeignet wären. Im
Jahr 2004 hatte man jedoch erst 10 000 Stück verkauft – das
Schicksal des Segway als kleines Nischenprodukt war besiegelt.
Vergleichen Sie das mit der unmittelbaren Beliebtheit des E-
Scooters! Im Gegensatz zum Segway stellte er aber auch lediglich
eine neue Produktstufe dar, die bekannten Tretroller für Kinder
waren einfach in eine motorisierte Version für Erwachsene
verwandelt worden. Der Wert des E-Scooter-Verleihers Bird stieg
sprunghaft an: von 300 Millionen Dollar im März 2018 auf
1 Milliarde Dollar im Mai desselben Jahres und auf 2 Milliarden
Dollar bis Ende Juni. [219] Andere Beförderungsunternehmen
wie Uber und Lyft führten ihre eigenen E-Tretroller ein.
Angesichts der Tatsache, dass E-Scooter ganze fünfzehn Jahre
später auf dem Markt erschienen, könnte man meinen, dass der
unterschiedliche Erfolg der Produkte etwas mit Timing zu tun
hatte. Aber die Forschung zeigt, dass sich Konsumenten mit dem
Kauf von Produkten, die wirklich neu sind, nun einmal sehr viel
schwerer tun: Wenn man sie fragt, behaupten sie zwar, dass sie
ein solches Produkt kaufen würden, aber die Wahrscheinlichkeit
ist in Wirklichkeit gering. [220] Wir wissen einfach nicht, was uns
dieses neue Produkt nützt, und diese Unsicherheit führt dazu,
dass wir den Kauf immer wieder überdenken. Das macht unser
Verhalten schwer vorhersagbar.

Gewohnheitsunterbrechungen haben auch ihre Schattenseite: Sie


können, wie Forscher herausfanden, etablierte bürgerschaftliche
Verhaltensmuster untergraben. In Uruguays Hauptstadt
Montevideo bekommen die Einwohnerinnen und Einwohner
etwa drei bis sechs Steuerbescheide pro Jahr: für
Grundeigentum, Fahrzeuge, Menschen, Abwasser. Man bezahlt
diese Steuern persönlich, an einem der Steuerkioske, die in allen
Stadtteilen stehen. Das System ist alles andere als effizient: Etwa
sechs Zahlungen war der durchschnittliche Steuerzahler im Jahr
2014 im Rückstand, und nur etwa 70 Prozent der städtischen
Steuerbescheide wurden pünktlich beglichen.
Im Jahr 2004 wagte die Stadtverwaltung von Montevideo etwas
Neues, um mehr Bürgerinnen und Bürger dazu zu bewegen, sich
an die Steuergesetze zu halten. Bestimmte Lose der
uruguayischen Nationallotterie sollten den Gewinnern, die ihre
Steuern im Vorjahr pünktlich bezahlt hatten, eine
Steuerbefreiung für das laufende Jahr bescheren. Dies waren
ideale Ausgangsbedingungen für ein natürliches Experiment:
Man konnte 3174 Steuerzahler, die zwischen 2004 und 2014 den
Preis gewonnen hatten, mit den Konten von 3189 ähnlichen
Bürgerinnen und Bürgern vergleichen, die ihre Steuern ganz
normal zahlen mussten. [221]

Wer ein steuerfreies Jahr gewonnen hatte, hätte sich eigentlich


so freuen müssen, dass er aus Dankbarkeit oder
staatsbürgerlicher Verantwortung in Zukunft seine Steuern
rechtzeitig bezahlte. Aber so richtig funktionierte das nicht.
Vielmehr gab es bei den Gewinnern der Lotterie, die ein Jahr
lang von ihrer Steuerlast befreit waren, eine geringere
Wahrscheinlichkeit, dass sie ihre Steuern in den folgenden
Jahren zahlten! Offenbar führte die Unterbrechung der
Zahlungen bei diesen Bürgerinnen und Bürgern dazu, dass sie
zum ersten Mal anfingen, über ihre Steuerbescheide
nachzudenken – und darüber, wie sie die Zahlungen vermeiden
konnten. Nachdem sie ein Jahr davon befreit worden waren,
empfanden sie es als schwierig, wieder mit dem Steuerzahlen
anzufangen. Sie mussten sich erst wieder erinnern, wo man das
Geld einzahlte, wie viel man zu zahlen hatte und wann die
Zahlungen fällig waren. Die Auswirkungen waren nicht
besonders dramatisch: Der Lotteriegewinn führte bei den
nachfolgenden Steuerzahlungen zu einem Rückgang von
4 Prozent. Jedoch betraf dies ausgerechnet jene Bürgerinnen und
Bürger, die für einen Großteil der städtischen Einnahmen
verantwortlich waren – jene Steuerzahler, die tatsächlich
pünktlich bezahlten. Dass sich die einjährige Steuerbefreiung
nicht auf diejenigen Lotteriegewinner auswirkte, die ihre
Steuerzahlungen über eine Bank abwickelten, zeigte, dass der
Schlüssel zu diesem Phänomen tatsächlich die
Verhaltensunterbrechung war. Ihre Zahlungen waren vor dem
Lotteriegewinn automatisch überwiesen worden, und nachdem
das steuerfreie Jahr vorbei war, setzten die Zahlungen
automatisch wieder ein. In die gleiche Richtung weist die
Tatsache, dass bei der Kfz-Steuer als einziger Steuer, die auch
von den Gewinnern weiterbezahlt werden musste, eine
Verminderung der Zahlungsdisziplin nicht nachweisbar war.
Scheinbar ist es also so, dass Bürgerinnen und Bürger im
Umgang mit der Regierungsbürokratie gewisse Gewohnheiten
entwickeln, deren Auswirkungen nicht zu unterschätzen sind.
»Wenn die Gesetzgeber den Aspekt der Gewohnheit nicht
mitdenken«, warnten die Forscherinnen und Forscher, »kann
das zum Gegenteil dessen führen, was man eigentlich bewirken
wollte.« [222]
Nachdem die Stadtverwaltung die Ergebnisse der Studie zur
Kenntnis genommen hatte, änderte sie ihre Strategie, indem sie
statt Steuerferien Preisnachlässe für pünktliche Zahlungen
versprach. Glücklicherweise verflüchtigten sich die
Auswirkungen der Unterbrechung bei den ehemaligen
Lotteriegewinnern mit der Zeit. Etwa zwei Jahre nach ihrem
Gewinn begannen die verantwortungsvollen Steuerzahler,
wieder regelmäßig zu zahlen.
Die Probleme, die Gewohnheitsunterbrechungen für das
Verantwortungsgefühl der Bürgerinnen und Bürger eines
Gemeinwesens mit sich bringen, werden für uns beim Thema
Wahlen vielleicht etwas greifbarer. Schlechtes Wetter erschwert
den Gang zur Wahlurne. Die Leute blicken aus dem Fenster und
beschließen, zu Hause zu bleiben. In den USA sind vor allem
ländliche und ärmere Distrikte davon betroffen. In nicht
städtischen Gegenden müssen die Wählerinnen und Wähler
weiter fahren, und die weniger wohlhabenden Bürgerinnen und
Bürger haben nicht unbedingt Zugang zu Verkehrsmitteln, in
denen sie trocken bleiben.
Man kann bei US-Präsidentschaftswahlen die Wahlbeteiligung
in Bezirken, in denen es regnete, mit der Wahlbeteiligung in
Bezirken vergleichen, in denen die Sonne schien. Durch nur
einen Millimeter Niederschlag wurde die Wahlbeteiligung schon
geringfügig verändert, nämlich um 0,05 Prozent, wie aus einer
Untersuchung der Wahlen zwischen 1952 und 2012 hervorgeht.
[223] Und die Unterbrechung in einem Jahr hatte Auswirkungen
auf das Wahlverhalten der Folgejahre. Wenn die Leute während
einer Präsidentschaftswahl wegen schlechten Wetters zu Hause
geblieben waren, sank die Wahrscheinlichkeit, dass sie bei der
nächsten Wahl zu den Urnen gingen.
Das liegt an der doppelten Natur der
Gewohnheitsunterbrechung. Die Störung von Reizen in unseren
Alltagskontexten kann nützlich sein, indem sie uns die
Möglichkeit gibt, uns authentischer zu verhalten. Aber
Unterbrechung kann auch schädlich sein, indem sie sich
verheerend auf unser Verantwortungsgefühl als Bürger
auswirkt, Steuerzahler in Steuervermeider verwandelt und die
Zahl der Nichtwähler ansteigen lässt. Wenn einschneidende
Lebensereignisse die grundlegenden Reize beseitigen, die für
automatische Handlungen in unserem Alltag zuständig sind,
kann das ebenfalls Vor- und Nachteile haben. Diese
zweischneidigen Effekte enthüllen eine grundlegende Tatsache
über Gewohnheiten – sie sind weder gut noch schlecht. Genau
wie Gewohnheiten das ganze Spektrum von nützlich bis
schädlich abdecken, tun es auch die Unterbrechungen der
Gewohnheiten, natürlich mit umgekehrten Vorzeichen. Bei
Unterbrechungen geht es jedoch nicht nur um unser
Gewohnheits-Ich. Auch die kognitive Kontrolle und die Teile
unseres Ichs, die für bewusstere Handlungen zuständig sind,
spielen dabei eine Rolle.


Einschneidende Lebensveränderungen haben die Tendenz, sich
anzuschleichen. Aber je nachdem, wie wir auf die Veränderung
reagieren, sind wir ihr nicht vollständig ausgeliefert. Wenn wir
einmal verstanden haben, wie Unterbrechungen funktionieren,
können wir ihre Dynamik gezielt nutzen, indem wir die von uns
geschätzten, nützlichen Gewohnheiten bewahren und die
unerwünschten verändern.
Diese Art von Bewahrung kann verschiedene Formen
annehmen, wie eine Studie mit Studierenden der Texas A&M
University nahelegt, die von anderen Universitäten dorthin
gewechselt waren. [224] Leona Tam, Melissa Witt und ich
kontaktierten diese Studierenden, einen Monat bevor und einen
Monat nachdem sie umgezogen waren, um zu evaluieren, welche
Auswirkungen der Umzug auf ihre Alltagsgewohnheiten gehabt
hatte, unter anderem auf ihr Sport- und Fernsehverhalten. Einige
Studierende hatten, als wir sie vor ihrem Umzug kontaktierten,
auf diesen Gebieten starke Gewohnheiten ausgebildet. Zwei
Monate später gaben die meisten dieser Studierenden zu
Protokoll, dass sie durch die Unterbrechung des Umzugs nicht
mehr regelmäßig Sport trieben oder fernsahen. Aber nicht alle
gaben ihre Gewohnheiten auf. Bei einigen Studierenden waren
die spezifischen Kontexte, in denen sie Sport trieben oder
fernsahen, auch nach dem Umzug die gleichen geblieben. Was
die Sportgewohnheiten anging, konnten sie zum Beispiel
weiterhin ein bestimmtes Fitnesscenter besuchen oder auf ihrem
gewohnten Sportplatz laufen gehen. Ihre Fernsehgewohnheiten
behielten sie bei, wenn sie zum Beispiel weiterhin ein Gerät in
ihrem Schlafzimmer stehen hatten. Wenn die Auslösereize auf
diese Weise stabil blieben, wurden die Gewohnheiten
beibehalten. Obwohl wir nicht sagen konnten, ob die
Studierenden die neuen Kontexte bewusst so gestaltet hatten,
dass alles beim Alten blieb, oder ob sie eher zufällig in ähnliche
Umgebungen gestolpert waren, war das Ergebnis deutlich: Wo
die Reize stabil blieben, wurden Gewohnheiten beibehalten.
Nicht alle Gewohnheiten sind es wert, bewahrt zu werden. Am
Sport wollen die meisten von uns festhalten, aber Fernsehen ist
für Studierende eher weniger nützlich. Das Endergebnis war für
beides das gleiche: Veränderungen in den Kontexten, die diese
Verhaltensweise betrafen, störte ihre Gewohnheiten, während
Stabilität der Kontexte diese Gewohnheiten bewahrte, und zwar
unabhängig davon, dass die eine Gewohnheit gesund und die
andere reine Zeitverschwendung war. Diese Erkenntnis sollte
Ihnen inzwischen vertraut sein – der Gewohnheitsmechanismus
unterscheidet nicht zwischen Handlungen, die für uns nützlich,
und solchen, die für uns schädlich sind.
An unseren Umzugsstudierenden zeigte sich noch ein weiterer
Weg, Gewohnheiten zu bewahren – ein Weg, der unserem
bewussten Ich sehr vertraut ist: Sie führten ihre Intentionen
gezielt aus. Auch ohne die vertrauten Reize aus dem alten College
konnten die Studierenden beschließen, weiter Sport zu treiben
oder fernzusehen. In den neuen Kontexten griff ein Teil der
Studierenden auf den bewussten Willen zurück. Sie wollten sich
in ihrem neuen Zuhause eine neue Gewohnheit zu eigen machen
und mussten sich dafür wieder anstrengen.
Indem wir Reize besser verstehen lernen, können wir gute
Gewohnheiten sogar dann beibehalten, wenn unser Leben
gerade richtig durcheinandergeschüttelt wird. Aber manchmal
suchen wir ja auch die Veränderung. Wir können uns selbst
unterbrechen, indem wir unsere Lebenskontexte verändern. Und
das tun wir! Jedes Jahr ziehen etwa 11 Prozent der
Amerikanerinnen und Amerikaner um, [225] was bedeutet, dass
die meisten von uns nur etwa elf Jahre an ein und demselben Ort
leben. [226] Unsere Arbeitsstelle wechseln wir sogar noch öfter:
im Durchschnitt alle vier Jahre. [227] Jede solcher
einschneidenden Veränderungen ist eine Möglichkeit, schlechte
Angewohnheiten über Bord zu werfen und andere, die dringend
etwas Licht und Luft brauchen, wieder aufzufrischen. Wenn wir
uns eine Veränderung wünschen, sind Unterbrechungen überaus
willkommen. Vielleicht wollen wir mit dem Rauchen aufhören,
unsere Arbeitsstelle kündigen und uns beruflich umorientieren
oder aus einer missbräuchlichen Beziehung ausbrechen. In
solchen Fällen ist es möglich, sich eine Störung zunutze zu
machen. Eine Begleiterscheinung unserer neuen Fähigkeit, gute
Gewohnheiten auch in schwierigen Zeiten beizubehalten und zu
bewahren, ist, dass wir diese Zeiten auch dazu nutzen können,
mit alten, unerwünschten Gewohnheiten aufzuräumen.
Können Sie sich daran erinnern, als Sie Ihr Leben das letzte
Mal radikal verändert haben? Wie haben Sie das hinbekommen?
War es pure Entschlossenheit, oder ist Ihnen ein Kontextwechsel
zu Hilfe gekommen?
Oder gab es vielleicht auch einmal eine Zeit in Ihrem Leben, in
der Sie es nicht geschafft haben, eine dringend notwendige
Veränderung herbeizuführen? Haben Sie den Mut verloren und
fanden es zu schwierig und kompliziert, all die Dinge zu
verändern, die verändert werden mussten?
Genau diese Fragen haben Forscherinnen und Forscher 119
Erwachsenen von der Harvard Extension School gestellt. [228]

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer beschrieben viele


unterschiedliche Veränderungen, darunter solche, die ihr
Arbeitsleben oder ihre Ausbildung betrafen, aber auch
hinsichtlich ihrer Beziehungen oder ihres gesundheitlichen
Verhaltens.
Immer wenn von gelungenen Lebensveränderungen erzählt
wurde, erwähnte ein Drittel der Leute, dass sich auch die
Kontexte verändert hätten: 36 Prozent der Erfolgsgeschichten
hatten damit zu tun, dass man seine Sachen zusammengepackt
und an einen anderen Ort gezogen war, selbst wenn es sich dabei
nur um einen Umzug für wenige Monate handelte. Eine Person,
die das Timing erklärte, das bei ihrem erfolgreichen Versuch, das
Rauchen aufzugeben, eine Rolle gespielt hatte, sagte: »Ich hatte
das Gefühl, dass es mir leichterfallen würde, mit dem Rauchen
aufzuhören, wenn ich mich in einer neuen Umgebung befände,
in der ich nicht den üblichen Reizen und Zusammenhängen
ausgesetzt war.« Eine andere Person zog um, weil sie »das
Jurastudium hasste. Ich war den Großteil des ersten Semesters
krank – das hing, wie ich heute glaube, alles mit Stress
zusammen. Ich war deprimiert. Unter den Jurastudenten fand
ich nur wenige Freunde – die Atmosphäre war zu kalt und
konkurrenzgetrieben für echte Freundschaften.« Zusätzliche
13 Prozent gaben zu Protokoll, dass sie statt durch einen Umzug
auf andere Weise ihre Lebenskontexte verändert hatten, indem
sie sich zum Beispiel einen neuen Freundeskreis oder einen
neuen Job gesucht hatten.
Die Geschichten über gescheiterte Veränderungen hörten sich
vollkommen anders an. Nur 13 Prozent erwähnten einen
Umzug – von Veränderungen der unmittelbaren Umgebung war
überhaupt nicht die Rede. Vor allem zählten die
Teilnehmerinnen und Teilnehmer Gründe auf, warum sie ihre
aktuelle Situation nicht verändern konnten. Jemand sagte zum
Beispiel: »Meine Stelle zu kündigen kommt mir, wenn ich mir die
wirtschaftliche Lage in unserem Bundesstaat ansehe, doch
ziemlich riskant vor, schließlich muss ich meine Miete und die
Rechnungen bezahlen.« Einer anderen Person zufolge »war es
leichter, mich auf meinen alten Job zu verlassen, als die Absagen
bei der Jobsuche und die Unsicherheiten und die Schwierigkeiten
bei der Entscheidung für eine neue Branche hinzunehmen«.
Geschichten von gescheiterter Veränderung handeln häufig
davon, dass Menschen sich in ihrer aktuellen Umgebung
gefangen fühlen. Ganze 64 Prozent der Leute, die damit
gescheitert waren, ihr Leben zu verändern, erzählten von
äußeren Umständen, die eine Veränderung unmöglich machten.
Diese persönlichen Geschichten von gelungenen und
gescheiterten Veränderungen eröffnen uns interessante
Einblicke in die Macht des Kontextes. Menschen, die es schafften,
ihr Verhalten zu verändern, nutzten die
Gewohnheitsunterbrechungen, die sich anboten. Sie veränderten
ihre Kontexte, indem sie den Sommer an einem anderen Ort
verbrachten, ihre Arbeitsstelle kündigten oder umzogen. Durch
die Beseitigung bestimmter Gewohnheitsreize gaben sie sich
selbst die Freiheit, die man braucht, um neue Entscheidungen zu
treffen.
Dennoch beruhen persönliche Berichte wie diese auf den
Erinnerungen der Leute, und Erinnerungen werden schnell zu
persönlichen Mythen. Wir alle neigen dazu, unsere
Lebensgeschichte nach narrativen Mustern zu ordnen, die
stimmiger klingen, als sie in der Realität gewesen sind. Für einen
Forscher sind objektive Daten verlässlicher. Glücklicherweise
gibt es einen Bereich, in dem das möglich ist – einen Bereich, in
dem uns die harten Fakten über die Vor- und Nachteile von
Kontextveränderungen in Zahlen vorliegen.
Im professionellen Baseball liebt man Statistiken, weshalb sich
dieser Sport besonders als Versuchsfeld zur Messung der
Auswirkungen von Gewohnheitsunterbrechungen anbietet. Im
Baseball sind diese Unterbrechungen auf ein ganz normales
Ereignis zurückzuführen – den Transfer von Spielern. Wer das
Team wechselt, ist damit konfrontiert, dass eine ganze
Bandbreite von Gewohnheitsreizen plötzlich nicht mehr wirkt,
darunter Mitspieler, bestimmte Spielfelder, Trainer, Besitzer,
Fans und nicht zuletzt die eigene Wohnumgebung.
Um zu untersuchen, ob ein Transfer auch die Leistungen eines
Spielers verändert, analysierten Wissenschaftler die Daten von
422 professionellen Baseballspielern zwischen 2004 und 2015,
die Saison für Saison schlechter geworden waren, bevor sie das
Team gewechselt hatten. [229] Sie alle waren Spitzenathleten, die
eine Veränderung brauchten. Vor und nach jedem Wechsel
werteten die Forscherinnen und Forscher den Batting Average
(Schlagdurchschnitt) des jeweiligen Spielers aus, genau wie sein
Fähigkeit, die Base zu erreichen, und schließlich verglichen sie
auch noch seine gesamte Offense-Leistung mit der der anderen
Teammitglieder. Spieler mit sinkenden Leistungen, die das Team
gewechselt hatten, verbesserten sich in allen drei Bereichen
signifikant. So erhöhten sich die Batting Averages im Laufe von
zwei Jahren von einem Tiefpunkt von 242 auf 257. (Als
Hintergrundinformation: Mike Trout, mit einem Gehalt von 34
Millionen Dollar einer der bestbezahlten Baseballspieler der
USA, hat einen Schlagdurchschnitt von 312, also 31,2 Prozent
erfolgreiche Treffer.) Dagegen zeigte eine Vergleichsgruppe von
922 Spielern mit ähnlich sinkenden Leistungen, die in ihren
Teams geblieben waren, signifikant kleinere Verbesserungen.
Einige Spieler hatten sich aus freien Stücken für den Wechsel
entschieden. Sie waren freie Akteure und beschlossen, woanders
hinzugehen. Bei anderen war der Weggang einem
Spielertransfer geschuldet. Aber die Unterbrechung der
Gewohnheit funktionierte unabhängig davon, was der Grund für
den Wechsel gewesen war. Auf die neuen Reize folgte ein
ungeheurer Leistungsanstieg.
Auch hier funktionierte die Störung symmetrisch, das heißt, sie
wirkte sich sowohl auf gute als auch auf schlechte Gewohnheiten
aus. In einem zweiten Teil der Studie untersuchten die
Forscherinnen und Forscher professionelle Baseballspieler, die
Saison für Saison stabile oder verbesserte Leistungen zeigten. Bei
diesen Männern hatte es keine guten Auswirkungen, wenn sie
das Team wechselten. Es führte sogar zu einem Sinken des
Batting Average und der Zahlen zur Messungen der Offense-
Leistung. [230] Innerhalb von zwei Jahren sanken die Zahlen von
276 auf 263. Dieser Niedergang war viel größer als der, den eine
Vergleichsgruppe mit 1103 Spielern erlebte, die in ihren
jeweiligen Teams geblieben waren. Auch hier machte es keinen
Unterschied, ob die Spieler aus freien Stücken gehandelt oder
einem Transfer zugestimmt hatten. Gute Leistungen wurden
durch Kontextveränderungen unterbrochen, die Spieler wurden
schlechter. In der Realität war das Gras in den neuen Teams für
diese Männer also nicht grüner. Für schon sehr erfolgreiche
Spieler war ein Ortswechsel schädlich.
Wenn sich professionelle Baseballspieler, die extrem
leistungsbereite und ehrgeizige Menschen sind, aus den engen
Grenzen ihrer unproduktiven Kontexte lösten, verbesserte das
ihre gewohnheitsbasierten Schwächen radikal. Es ist logisch,
dass sie von einer neuen Teamumgebung profitieren können.
Aber gleichzeitig ist es auch möglich, dass Unterbrechungen den
gewohnheitsbasierten Erfolg zerstören. Sogar bei professionellen
Athleten. Sportler, die immer besser wurden und dann das Team
wechselten, erlebten Misserfolge.
Die Lektion aus alldem ist, dass die Unterbrechung von
Gewohnheiten sehr viel Kraft entwickeln kann. Sie verändert das
Verhältnis von Gewohnheit und Entscheidung in unserem Leben.
Unterbrechung führt dazu, dass man nachdenkt. Unser Leben
kann dadurch interessanter werden, und unsere Handlungen
stimmen mehr mit unseren Werten und Interessen überein. Aber
es ist genauso gut möglich, dass nützliche Gewohnheiten auf
diese Weise gefährdet werden. Eine Gewohnheit zu
unterbrechen ist natürlich nur der erste Schritt, um eine
Veränderung herbeizuführen. Man macht reinen Tisch und lässt
alte Gewohnheiten hinter sich. Wie wir diese Chance tatsächlich
nutzen, stellt sich erst im nächsten Schritt heraus. Indem Sie
Unterbrechung verstehen, werden Sie in der Lage sein,
1) Ihre guten Gewohnheiten zu bewahren, sodass sie die
Veränderung überdauern, und
2) Unterbrechungen so zu nutzen, dass eine schlechte
Gewohnheit an ihrem wundesten Punkt getroffen wird.
Die Unterbrechungen, die in diesem Kapitel vorkommen, sind
uns meist nicht sehr willkommen. Der Verlust eines
Arbeitsplatzes oder ein Umzug kann für unsere psychische
Stabilität eine enorme Herausforderung darstellen. Indem wir
diese Art von Veränderungen aus der Perspektive der
Gewohnheit angehen, können wir erkennen, dass sie trotz allem
ideale Chancen sind, uns selbst neu zu erfinden und im wahrsten
Sinne des Wortes der Mensch zu werden, der wir sein möchten.
Inmitten von Umbrüchen sind wir anpassungsfähiger, und unser
Gewohnheits-Ich erweist sich als lenkbarer. Die Zerstörung des
Status quo ist real – daraus etwas Neues zu erschaffen liegt ganz
bei Ihnen.
Eine Sache jedoch sorgt dafür, dass die positiven
Auswirkungen von Unterbrechungen letztendlich doch ein wenig
überwiegen. Hatten Sie bei sich zu Hause schon mal ein paar
Tage oder Stunden lang einen Internetausfall? Oder waren Sie im
alten Strandhaus eines Freundes zu Besuch, um gleich nach Ihrer
Ankunft festzustellen, dass der Router von 1997 war und etwa
die Signalstärke eines Toasters hatte? Wenn Sie die offensichtlich
falschen Verhaltensweisen (»Das Internet ist ausgefallen? Dann
mache ich mir erst mal ein Martini!«) vermeiden, dann können
Sie vielleicht erkennen, dass der kostbare Moment, in dem man
durch eine Störung gezwungen ist, sein Verhalten zu verändern,
der Anfang für etwas Neues sein kann. Manchmal werden die
improvisierten Lösungen, auf die man in solchen Situationen
kommt, zu etwas, woran man in Zukunft festhalten will.
Vielleicht greifen Sie ja zu der zerfledderten Ausgabe von Moby
Dick, die jemand viele Sommer zuvor neben dem Sofa liegen
gelassen hat. Sie fangen an zu lesen. Nach wenigen Seiten ist der
Ärger verschwunden. Mit leichten Schuldgefühlen wird Ihnen
klar, dass Sie zum ersten Mal seit Jahren einen Klassiker
aufgeschlagen haben. Sie sind gerade dabei, eine neue
Lesegewohnheit zu etablieren – natürlich hätten Sie das längst
tun können, aber Sie brauchten diese Störung, die Ihnen dabei
half, endlich wieder zu spüren, wie gern Sie gute Romane lesen.
12 Die Unverwüstlichkeit der
Gewohnheit

Für Kiefer und Zypresse ist der Sturm eine gute Gelegenheit zu
zeigen, wie stark sie sind.

Ho Chi Minh

Das Leben ist anstrengend. Irgendwie läuft es nie nach Plan. Es


entwickelt sich einfach selten so, wie wir es erwartet haben.
Unsere Wünsche stoßen auf taube Ohren – und wenn sie sich
doch erfüllen, ist es Zufall. Der Strom der Zeit, nach dem die
Ereignisse ablaufen, hat kein festes Bett.
Aber immerhin haben wir heutzutage Diagnosetools, mit
denen wir diesen Eindruck quantifizieren können, und das
durchgängige Ergebnis ist, dass das Leben anscheinend wirklich
anstrengend ist. In einer kürzlich durchgeführten Umfrage
sagten 25 Prozent der Amerikaner, dass sie unter extremem
Stress leiden. [231] Ein Großteil der Befragten gab zu Protokoll,
zumindest mehr Stress zu haben, als der Gesundheit guttut. Die
Ursachen sind nicht überraschend. Im Jahr 2017 gaben mehr als
60 Prozent der Amerikanerinnen und Amerikaner zu Protokoll,
dass sie sich von der Frage nach der Zukunft Amerikas, von
Geldproblemen und beruflichen Schwierigkeiten gestresst
fühlten. (In Japan gibt es für extremen beruflichen Stress, der
zum Tod führt, sogar ein eigenes Wort: karoshi.) Öfter als in den
vergangenen Jahren berichteten die Befragten von
Stresssymptomen, darunter Wut, Angst und Erschöpfung.
Letztere ist mehr ein bloßes Gefühl: Unsere Körper reagieren auf
Stress mit einer Flut von Hormonen, zum Beispiel Adrenalin und
Cortisol, die ihrerseits Auswirkungen auf unsere Gedanken,
Gefühle und Handlungen haben. Stress schwächt unser
kognitives Ich beziehungsweise die anspruchsvolleren
kognitiven Prozesse, die gefragt sind, wenn wir planen,
vorausdenken und flexibel handeln, um unsere Ziele zu
erreichen. [232] Unsere Entscheidungsfähigkeit leidet.
In den vergangenen Jahren haben viele Menschen begriffen,
wie groß die Auswirkungen von Stress auf die Gesundheit sind.
Dass Stress schaden kann, ist also Konsens, wie man ihn
verhindert, leider nicht. Natürlich kann man zu einem Retreat
fahren oder sich bestimmte Einstellungen zu eigen machen, aber
beides funktioniert nur unter bestimmten Bedingungen und nur
für bestimmte Menschen. Um es klar und deutlich zu sagen: Viele
Menschen haben einfach nicht das Geld, sich für einen
Meditationsworkshop im Grünen in einem spirituellen Zentrum
in Neuengland anzumelden.
Wäre es nicht hilfreich, wenn jeder von uns die Werkzeuge bei
sich trüge, um sich einen Rückzugsort vor dem Stress zu
schaffen, eine Zuflucht, der die Turbulenzen des Alltags nichts
anhaben können? Wäre das nicht ein perfekter Ort für jene
Verhaltensweisen, die Sie gern an guten wie an schlechten Tagen
beibehalten würden – jene Verhaltensweisen, die Ihnen helfen,
Ihre langfristigen Ziele zu erreichen?
Im Grunde haben Sie diesen Werkzeugkasten schon.
Gewohnheiten sind diese sicheren Häfen in stressigen Zeiten. Sie
sind nicht so anfällig für Stress wie unser bewussteres Ich. Im
Gegenteil: Bei Stress blühen sie sogar auf. Wenn das Hirn müde
ist von den Turbulenzen des Lebens, gedeihen Gewohnheiten
besonders gut. [233] Dass Gewohnheiten so gut geeignet sind, mit
den hohen Ansprüchen umzugehen, die wir im Alltag an uns
stellen, liegt an einer ganz bestimmten Eigenschaft. Dass die
Ausbildung von Gewohnheiten für unsere Vorfahren hochgradig
sinnvoll war, ist jedenfalls unmittelbar einsichtig (Bär sehen –
Speer schleudern).
Ähnlich wie Gewohnheitsunterbrechungen die Reize stören, die
unser Gewohnheitsverhalten auslösen (Kapitel 11), so stört Stress
unser bewusstes Ich. Durch Stress verschiebt sich das Verhältnis
von Gewohnheit und bewusstem Denken. Die Bedingungen,
unter denen die beiden Systeme funktionieren, unterscheiden
sich. Unter Stress kommt das bewusste Denken in
Schwierigkeiten, doch die Gewohnheit bleibt auf Linie. Für
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ist das ein weiteres
Anzeichen dafür, dass Denken und Gewohnheit auf ganz
unterschiedlichen Schienen laufen. Und für alle anderen
Menschen hat das Back-up-System der Gewohnheit immense
praktische Vorteile. Mit einer Gewohnheit steht man nie ohne
Reaktion da, selbst wenn Stress, Ablenkung oder mentale
Müdigkeit unser Bewusstsein beinahe zum Stillstand bringen.
Um das Zusammentreffen von Stress und Gewohnheit genauer
zu untersuchen, wurden für eine Studie Studierende gebeten,
ihre Hände drei Minuten oder länger bis zum Handgelenk in
Eiswasser zu tauchen. [234] Wie man sich vorstellen kann,
entstand dadurch körperlicher Stress, der noch durch sozialen
Stress ergänzt wurde, indem die Studienteilnehmer in dieser
frostigen und unbehaglichen Lage auf Video aufgenommen und
von Menschen, die sie nicht kannten, betrachtet wurden. Die
Kontrollgruppe setzte man keiner der beiden Stressarten aus: Die
Mitglieder dieser Gruppe durften ihre Hände in lauwarmes
Wasser tauchen.
In der nächsten Phase des Experiments ging es darum, durch
das Drücken der richtigen Tasten bestimmte Formen auf einem
Computerbildschirm auszuwählen. Das richtige Verhalten wurde
belohnt: Wenn eine Person die korrekte Form auswählte, bekam
sie einen Schluck Orangensaft oder Kakao durch einen
Strohhalm, der sich in der Nähe ihres Mundes befand. Etwas
ungewöhnlich, aber genau die Art von unmittelbarer Belohnung,
durch die sich Gewohnheiten am besten etablieren lassen. Wenn
sie die falsche Form ausgewählt hatten, bekamen die
Studierenden einen weniger leckeren Schluck zu trinken,
entweder laschen Pfefferminztee oder überhaupt nichts. Diese
einfache Aufgabe wurde von beiden Gruppen ohne Probleme
gelöst. Der vorangegangene Stress stand dem Gewohnheitslernen
nicht im Weg.
Nachdem sich die Studierenden fünfzigmal für eine Form
entschieden hatten, wurde die Belohnung gestrichen. Es war nun
nicht mehr wichtig, für welche Form man sich entschied.
Studierende, die vorher nicht unter Stress gesetzt worden waren,
kamen nach etwa fünf Versuchen dahinter. Zwar hatten sie
anfangs so weitergemacht, wie sie es gewohnt waren, aber nach
nur wenigen unbelohnten Runden passten sie ihr Verhalten an.
Sie probierten andere Formen aus, in der Hoffnung, dass die
Belohnungen wieder anfangen würden. Das war ihre
Vorbereitung für die nächste Phase des Experiments. Sie
reagierten nicht mehr aus Gewohnheit, sondern fingen an, die
neue Situation zu erkunden. Sie probierten gezielt verschiedene
Formen durch, um die zu finden, die mit einer Leckerei belohnt
wurde. Kurz gesagt: Sie passten sich an die neuen Bedingungen
an und versuchten herauszufinden, wie sie die Belohnungen
wieder in Gang bringen konnten. Dagegen behielten die
gestressten Teilnehmerinnen und Teilnehmer ihre alte
Gewohnheit einfach bei. Ihr Bewusstsein war noch mit dem
physischen Schmerz und dem Angriff auf ihr Gesamtsystem
beschäftigt. Sie waren nicht in der Lage, flexibel über
Alternativen nachzudenken.
In der wirklichen Welt hat Stress ähnliche Auswirkungen. In
einer Studie mit Führungskräften, die 174 schwierige
Entscheidungen über Neuerwerbungen, groß angelegte
Produkteinführungen oder Umstrukturierungen treffen mussten,
gingen Führungskräfte, die (wie man aus Gesprächen mit ihren
Ehepartnern oder aus Firmenberichten wusste) ängstlicher
waren und stärker unter Druck standen als andere, mit
geringerer Wahrscheinlichkeit strategische Risiken ein. [235] Im
Businessjargon sagt man, dass ängstliche Führungskräfte die
Tendenz haben, lediglich die Stärken auszuschöpfen (exploit), die
die Firma ursprünglich erfolgreich gemacht haben, anstatt sich
über Innovationen und Wachstum Gedanken zu machen
(explore). [236] Diese Exploit-over-explore-Einstellung führt
höchstwahrscheinlich dazu, dass die Firma auf lange Sicht nicht
mit innovativen Produkten aufwarten kann, wodurch die Gefahr
einer Insolvenz steigt.
Stress hat diese Folgen, weil er sich auf die aktuell aktiven
Teile des Gehirns auswirkt. Unter Stress bewegt sich die
neuronale Aktivität aus jenen Regionen weg, die für
Entscheidungsfindung und die Verfolgung von Zielen
(orbitofrontaler Cortex, medialer präfrontaler Cortex,
Hippocampus) zuständig sind. [237] Dafür steigt die Aktivität der
neuronalen Regelkreise im Striatum, die an
Gewohnheitsreaktionen beteiligt sind und mit dem
Belohnungssystem zusammenhängen. Auf diese Weise werden
wir in eine Art Autopilot-Modus versetzt. Die Systeme, die an der
Entscheidungsfindung beteiligt sind, beschränken sich auf
Handlungen, die in der Vergangenheit funktioniert haben. Mit
dem Stressor (Stressfaktor) versucht unser Gehirn umzugehen,
indem es ihn ausschaltet oder sich von ihm entfernt. Wir sind in
solchen Situationen darauf konzentriert, uns vor dem Stressor zu
schützen, und achten deshalb weniger darauf, was um uns
herum vorgeht.
Unglücklicherweise ist es nun so, dass Stressoren in der
modernen Welt häufig aus Situationen bestehen, die schnelles
Denken und komplexe Gedankengänge erfordern. Wenn zum
Beispiel ein Familienmitglied im Krankenhaus liegt, muss man
unter Umständen schnell eine Entscheidung treffen. Oder
vielleicht haben Sie vor Kurzem Ihren Job verloren und müssen,
um die auflaufenden Rechnungen bezahlen zu können,
umgehend einen neuen finden. Vielleicht resultiert Ihr Stress
auch aus der Unzufriedenheit Ihres Partners oder einer
zerbrochenen Beziehung. Alles Umstände, die hohe Ansprüche
an Ihr Entscheidungsvermögen stellen. Die Bedrohung nimmt
Ihre ganze Aufmerksamkeit in Beschlag, Sie können sich auf
nichts anderes konzentrieren und spielen sie zwanghaft immer
wieder gedanklich durch oder versuchen, sie zu verdrängen. Sie
können kaum noch andere Gedanken fassen.
Dabei sind Sie den Studierenden aus dem Experiment nicht
unähnlich: Ihre Hände liegen gewissermaßen in Eiswasser. [238]

Und Sie müssen einen Weg finden, mit einem stressigen Erlebnis
umzugehen. Gewohnheiten können da ungeheuer hilfreich sein.
Nachdem die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der skizzierten
Studie ohne Belohnung Formen ausgewählt hatten, wurden sie in
einer nächsten Phase des Experiments wieder belohnt, wenn sie
die richtige Form auswählten. Die Studierenden, die keinem
Stress ausgesetzt worden waren, verinnerlichten diese erneute
Veränderung schnell und schalteten um: Sie hörten auf, nach
neuen, eventuell belohnten Formen zu suchen (explore) und
gingen wieder dazu über, die Gewohnheit zu nutzen (exploit), die
sie zu einem früheren Zeitpunkt eingeübt hatten. Nach einer
Phase des Experimentierens half ihnen ihre
Anpassungsfähigkeit, wieder zur richtigen Strategie
zurückzufinden. Dagegen hatten die Studierenden, die Stress
ausgesetzt worden waren, die ganze Zeit an der ersten Strategie
festgehalten. Sie fuhren einfach mit dem gewohnten Verhalten
fort und bekamen nun wieder eine Belohnung dafür.
Es mag sein, dass wir die Vorstellungskraft und Initiative der
nicht gestressten Studierenden bewundern. Natürlich möchten
wir alle so geistesgegenwärtig sein, uns immer wieder an unsere
Umgebung anzupassen und neue Strategien auszuprobieren.
Aber unser Leben ist nun einmal nicht stressfrei, und aus der
Perspektive der Gewohnheit liefert die andere Gruppe die
wichtigere Erkenntnis. Trotz aller Störungen, trotz Stress, trotz
unzuverlässiger Belohnungen behielten deren Mitglieder ihre
einmal etablierte Gewohnheit bei. Die Gewohnheit ließ sie nicht
im Stich, als ihr Gehirn von Schmerz und Scham geflutet war.
Ihre Gewohnheit erwies sich als hartnäckig. Sie ging mit ihnen
durch dick und dünn.
Stellen Sie sich nun Ihre ganz persönliche Eiswasser-Situation
vor: Ihre gesundheitlichen Ängste, einen beruflichen Rückschlag,
Beziehungsstress. Anstatt in einem Labor bestimmte Formen auf
einem Computerbildschirm ausfindig machen zu müssen, haben
Sie gute Gewohnheiten ausgebildet, die Ihnen helfen, Ihr Leben
zusammenzuhalten, während Sie mit einer hochkomplexen
Stresssituation umgehen. Es ist genau die Art von harter Arbeit,
die Ihr zweites Ich im Hintergrund übernehmen kann. Und wie
wir in diesem Kapitel gesehen haben, ist es möglich, dass diese
Arbeit selbst dann getan wird, wenn die bewussteren Bereiche
unseres Gehirns unter Stress stehen. Das ist eine sehr gute
Botschaft. Im Blick auf die nächste schwierige Phase in Ihrem
Leben sollte Sie das optimistisch stimmen. Sie können sich
darauf verlassen, dass Ihre Gewohnheiten und die Anteile Ihres
Ichs, die von Ihnen auf bestimmte langfristige Ziele
programmiert wurden, am Ball bleiben werden. Ihre nützlichen
Gewohnheiten ackern stoisch weiter und kümmern sich nicht
um die täglichen Dramen. In dieser Konstellation wird
Gewohnheit mehr als das robuste Hintergrundsystem, das dafür
sorgt, dass wir trotz der vielen Probleme, die auf uns einprasseln,
handlungsfähig bleiben. Sie ist genau das, wofür beide Teile
unseres Ichs sich entschieden haben.


Vor ein paar Jahren hatte ich eine professionelle Radsportlerin
als Nachbarin. Sie war unglaublich schnell. An den Tagen, an
denen sie ausruhte und ihren Puls niedrig halten musste, fuhren
wir manchmal gemeinsam. Wenn ich dabei war, nahm sie eins
ihrer Tourenräder, kein Rennrad.
Zu Beginn unserer Fahrradtouren ließen wir es locker
angehen, es machte Spaß. Wir erzählten einander das Neueste
aus unseren Familien. Das dauerte etwa eine Stunde. Sobald wir
uns auf den Heimweg machten, steigerte sie plötzlich ihr Tempo.
Schon bald war sie so weit vor mir, dass es nicht mehr möglich
war, sich zu unterhalten. Sie war wieder im Rennmodus. Als ich
sie fragte, wie das kam, erklärte sie mir, dass sie beim ersten Teil
unserer Fahrradtour bewusst versuchte, langsam zu fahren.
Schließlich war der Pausentag ein wichtiger Teil ihres Trainings.
Aber im Laufe unserer Radtour wurde diese bewusste
Anstrengung, bei meinem Tempo zu bleiben, einfach zu viel für
sie. Ihre Beine wurden automatisch schneller. Mental war sie
einfach zu müde, um sich meinem Tempo anzupassen. Die Ironie
daran war, dass die körperliche Anstrengung sich durch ihr
Verhalten vergrößerte, aber dadurch, dass sie es gewohnt war,
fiel ihr das Schnellfahren leichter.
Bei Müdigkeit und Stress ist es sehr wahrscheinlich, in
schlechte Gewohnheiten zurückzufallen. Wir haben das alle
schon bei uns selbst erlebt. Wenn wir zu spät zu einer
Verabredung sind, drücken wir immer wieder auf den
Fahrstuhlknopf, als ob das irgendetwas helfen würde. Wenn wir
uns beeilen müssen, um unser Ziel zu erreichen, drücken wir an
der Ampel immer wieder den Knopf, damit sie endlich grün wird
und wir über die Straße können. Wenn wir frustriert in einem
Stau stecken, hupen wir wie verrückt, obwohl wir genau wissen,
dass die anderen genauso feststecken wie wir. Unter Druck
handeln wir aus Gewohnheit, unabhängig davon, ob dieses
Verhalten nützlich oder schädlich ist oder einfach überhaupt
keine Auswirkungen hat. Der Gewohnheitsmechanismus
unterscheidet nicht zwischen Reaktionen, die in der aktuellen
Situation hilfreich sind, und solchen, die es nicht sind.
In einem Experiment, das untersuchen wollte, wie Stress und
Müdigkeit gute und schlechte Gewohnheiten ausnutzen,
berichteten Studierende von der Business School an der
University of California, Los Angeles von ihren Morgenritualen.
[239] Sieben Wochen lang gaben sie zu Protokoll, was sie zum
Frühstück aßen und welche Teile der Zeitung sie lasen, bevor sie
sich auf den Weg zum Unterricht machten. Von diesen Wochen
waren zwei besonders anstrengend, weil die Studierenden hier
diverse Prüfungen ablegen mussten.
Die Prüfungswochen sorgten dafür, dass die Studierenden sich
verstärkt auf ihre Gewohnheiten verließen. Studierende, die die
starke Gewohnheit hatten, besonders gesunde Nahrungsmittel
zum Frühstück zu essen, zum Beispiel Brei oder Müsli oder
gesunde Riegel, behielten diese Gewohnheit während der
Prüfungen mit größerer Wahrscheinlichkeit bei. Bei denjenigen,
die sich angewöhnt hatten, etwas Ungesundes zum Frühstück zu
essen, zum Beispiel süße Teilchen, Pancakes oder French Toast,
und dazu Kaffee mit Zucker tranken, war es genauso. Das Gleiche
galt für die Zeitungslesegewohnheiten. Studierende, die die
Gewohnheit hatten, die anspruchsvolleren Teile der Zeitung zu
lesen, etwa den Außenpolitikteil, lasen während der
Prüfungswoche sogar mit größerer Wahrscheinlichkeit genau
diesen gewohnten Teil der Zeitung. Und diejenigen, die sich
angewöhnt hatten, die unterhaltsameren, einfacheren Teile der
Zeitung zu lesen, wie zum Beispiel die Ratgeberkolumne, blieben
ebenfalls bei ihrer Gewohnheit. Bei Studierenden ohne starke
Frühstücks- oder Zeitungsgewohnheiten war während der
Prüfungswochen ein solcher Gewohnheitsschub nicht zu
beobachten.
Der Zuwachs beim Lesen überrascht. Während der
Prüfungswochen lernten die Studierenden höchstwahrscheinlich
mehr als sonst und hatten eigentlich weniger Zeit, Zeitung zu
lesen. Dennoch war die Wahrscheinlichkeit größer, dass die
Studierenden lasen, was sie normalerweise lasen. Wenn man
daran denkt, wie Stress unsere Gewohnheiten beeinflusst, ist das
andererseits auch logisch. Während der Prüfungswochen waren
die Studierenden weniger in der Lage, bewusste Entscheidungen
darüber zu treffen, was sie lasen. Bei Studierenden, die
normalerweise die Wirtschaftsnachrichten lasen, gab es zum
Beispiel eine geringere Wahrscheinlichkeit, dass sie sich daran
erinnerten, eine bestimmte Geschichte aus dem Lokalteil lesen
zu wollen, die sie interessierte. Das Ergebnis war, dass sie
seltener von ihrer normalen Lektüre abwichen. Sie wachten auf
und lasen den Wirtschaftsteil, so wie sie es immer taten, und
grübelten nebenbei wahrscheinlich schon über das Lernen und
über die drohenden Prüfungen nach.
Ein direkterer Beweis für die Stärkung von Gewohnheiten
unter Stress findet sich in einer Studie, in der Studierende der
Duke University vier erwünschte Verhaltensweisen
identifizieren sollten, die sie sich gern zu eigen machen würden,
um ein wichtiges Ziel zu erreichen. Außerdem sollten sie vier
unerwünschte Verhaltensweisen nennen, die sie gern vermeiden
würden. [240] Sich zum Beispiel sofort nach dem Abendessen an
die Hausaufgaben zu setzen war ein erwünschtes Verhalten, um
gute Zensuren zu bekommen, wohingegen das Spielen von
Videospielen eine unerwünschte Verhaltensweise war. Die
Studierenden gaben außerdem zu Protokoll, wie stark die
jeweiligen Verhaltensweisen bei ihnen ausgeprägt waren, indem
sie aufschrieben, wie oft sie sie in der Vergangenheit am selben
Ort ausgeführt hatten. Die Studie dauerte vier Tage. Am Ende
jedes Tages berichteten die Studierenden, ob sie die aufgelisteten
Handlungen ausgeführt hatten (ja/nein).
An zwei Tagen der Studie wurden zusätzlich die kognitiven
Ressourcen der Studierenden angezapft. Man wies sie an, ihre
nicht dominante Hand zu nutzen, um einfache Handlungen
auszuführen, wie zum Beispiel ihr Mobiltelefon für einen Anruf
zu benutzen, eine Computermaus zu bedienen oder Türen zu
öffnen. Dies war mental anstrengend, weil die Studierenden den
Impuls unterdrücken mussten, ihre dominante Hand zu
benutzen, und sich stattdessen daran erinnern mussten, dass sie
die andere Hand nehmen sollten. Um sicherzustellen, dass sie
den Anweisungen folgten, hatten die Teilnehmerinnen und
Teilnehmer einen Vertrag unterschrieben und für sich selbst
kleine Erinnerungsstützen geschaffen.
An den zwei Tagen, an denen die Studierenden ihre nicht
dominante Hand benutzten, zeigten sie öfter
gewohnheitsmäßiges Handeln – sowohl erwünschte Handlungen,
die auf ein Ziel gerichtet waren, als auch unerwünschte, die
dieses Ziel unterliefen – als an den anderen beiden Tagen der
Studie. Die Studierenden, die von dem durchgängigen Bemühen,
ihre nicht dominante Hand zu benutzen, müde waren, wurden
zwar von ihren schlechten Angewohnheiten geplagt, profitierten
aber gleichzeitig auch von ihren guten Gewohnheiten. Mentale
Müdigkeit, genau wie Stress, gibt dem Gewohnheitshandeln
einen Schub, wodurch die begrenzte Kapazität unserer
bewussten Gedanken genauso deutlich wird wie die
Unverwüstlichkeit unserer Gewohnheiten.

Unverwüstlichkeit der Gewohnheit klingt erst mal gut, aber in


gewisser Weise handelt es sich dabei auch um ein neues Wort
für eine alte, etwas unglückliche Tendenz, die die meisten von
uns kennen und die sich in letzter Zeit durch die Zunahme stets
verfügbarer Ablenkungsmöglichkeiten verschärft hat. Ein
einziges »Ping« von Ihrem Handy, und Sie lassen sich von einer
Textnachricht in völlig andere Gefilde entführen.
Ablenkung, bezogen auf Gewohnheiten, führt zu einem
unerwünschten Auftauchen des Gewohnheits-Ichs. Niemand ist
davor gefeit (weil fast niemand so viel Kraft hat, seine oder ihre
Gewohnheiten komplett zu kontrollieren). Für die meisten von
uns ist Ablenkung ein niedrigschwelliger Reizauslöser. Es gibt
jedoch auch Menschen, für die das Leben ein permanenter
Zustand der Zerstreutheit ist, in dem bewusste Entscheidungen
gegen Ablenkungen oft keine Chance haben. Es gibt sogar eine
Skala, um solche Tendenzen zu messen. [241] Falls Sie wissen
wollen, wie geistesabwesend Sie sind, gehen Sie einfach auf
www.ocf.berkeley.edu/~jfkihlstrom/ConsciousnessWeb/Meditation/CFQ.htm
Haben Sie einen Großteil der Fragen mit »sehr oft«
(beziehungsweise »very often«, denn der Test ist auf Englisch)
beantwortet, gehören Sie höchstwahrscheinlich zu den
Menschen, die, während sie etwas tun, permanent an etwas
anderes denken.
Häufig sind Ablenkungen aber nur lästig. Wir steigen ins Auto,
weil wir vorhaben, zum Supermarkt zu fahren, und mit dem
»Ping« einer Textnachricht ist unsere Aufmerksamkeit
umgelenkt – wir fahren automatisch Richtung Autobahn, auf
unseren Weg zur Arbeit. Oder wir gehen ins Nebenzimmer, um
irgendetwas zu holen, als plötzlich ein Lied im Radio kommt, das
wir mögen – und greifen gedankenlos zur falschen Sache.
Menschen, die gebeten wurden, solche kleinen Fehlleistungen
aufzuschreiben, berichteten, dass sie etwa einmal am Tag
auftraten. [242] Wer schon beim Thema Zerstreutheit eine hohe
Punktzahl bekommen hatte, war solchen Fehlleistungen sehr viel
öfter ausgeliefert.
Heutzutage gibt es aber auch Situationen, in denen Ablenkung
zu einer ernsten Sache wird. Wenn Sie beim Arzt oder im
Krankenhaus einen Termin haben, ist es sehr wahrscheinlich,
dass Ihr Arzt oder Ihre Ärztin mit einem Auge auf Sie blickt und
mit dem anderen auf den Computer. Die meisten Kliniken
verlangen inzwischen elektronische Patientenberichte. Die sind
sehr nützlich, weil darin Ihre Krankengeschichte lückenlos
dokumentiert ist, aber das Ausfüllen der Formulare beansprucht
die Aufmerksamkeit Ihrer Ärztin genau in dem Moment, in dem
Sie sie am meisten brauchen.
Abgelenkte Arztbehandlungen gehen weit über das Ausfüllen
von Patientenakten hinaus. In einem angesehenen
Lehrkrankenhaus wurde bei Ärzten und Studierenden in der
Facharztausbildung untersucht, wie sie ihr Smartphone während
der Visite benutzten. [243] 19 Prozent der angestellten Ärzte und
12 Prozent der Ärzte, die sich in Ausbildung befanden, glaubten,
dass sie aufgrund von Ablenkungen durch das Handy wichtige
Informationen über Patienten nicht mitbekommen hätten.
Unter solchen Umständen kann das Behandlungszimmer zum
Risikogebiet werden. In einer Studie mit medizinisch-technische
Assistenten gab die Hälfte der Teilnehmerinnen und Teilnehmer
zu, dass sie im Laufe von Herzoperationen, bei denen sie dafür
zuständig waren, die Herz-Lungen-Maschine zu überwachen, auf
ihrem Handy telefonierten. [244] Eine ähnliche Prozentzahl
berichtete von Textnachrichten. Und das, obwohl 78 Prozent sich
bewusst waren, wie gefährlich die Handynutzung in solchen
Situationen war.
Andererseits landen einige von uns überhaupt erst im
Krankenhaus, weil sie selbst abgelenkt waren. Zwischen 2004
und 2010 verdreifachten sich die Krankenhausaufenthalte von
Fußgängern, die mit der Handynutzung zusammenhingen. [245]

In den Aufnahmeakten kann man traurige Geschichten


nachlesen: »28-Jähriger lief beim Telefonieren gegen einen
Pfosten und schlug sich die Stirn auf«; »14-Jähriger fiel beim
Telefonieren auf der Straße etwa zwei Meter tief von einer
Brücke in einen Graben mit Geröll und Wasser, kam auf der
Brust/Schulter auf, Prellung der Thoraxwand«; »23-Jähriger lief
beim Telefonieren mitten auf der Straße, wurde von Auto erfasst,
Hüftprellung«.
Die Ablenkung unseres bewussten Ichs durch
Informationstechnologie sorgt dafür, dass wir nur noch aus
Gewohnheit handeln. Oft ist diese Gewohnheit etwas so Simples
und Mechanisches wie weiter vorwärtslaufen. Wenn die Straße
frei und eben ist, funktioniert das bestens. Aber wenn sich der
Untergrund ändert und Konzentration nötig wäre, entsteht viel
Raum für ernste Unfälle oder zumindest peinliche Situationen.
Eine Studie von 1984 analysierte Briefe von 67 Menschen, die
behaupteten, dass sie fälschlicherweise des Ladendiebstahls
beschuldigt worden waren. [246] Viele argumentierten, dass sie
die Waren aus Versehen in ihre Hosentasche oder Einkaufstüte
gesteckt hatten, ohne dass sie die Absicht gehabt hatten, sie zu
stehlen. Mehr als die Hälfte schob den Vorfall auf Ablenkung.
Smartphones gab es damals natürlich noch nicht, aber einige der
vermeintlichen Ladendiebe behaupteten, dass sie im fraglichen
Zeitraum gerade ihr Kind aus den Augen verloren hatten. Eine
andere Person hatte gerade versehentlich einen Werbeaufsteller
umgestoßen. Wieder eine andere gab zu Protokoll, dass sie in
dem Laden gerade ihren Ex-Mann mit einer anderen Frau
gesehen hatte. Solche Vorfälle können tatsächlich dazu führen,
dass Menschen auf Gewohnheitsreize reagieren, ohne
nachzudenken, sodass sie ihre schon bezahlten Einkäufe oder
das Wechselgeld vergessen, ohne Geld oder Kreditkarte das Haus
verlassen, aus Versehen zum falschen Einkaufswagen greifen,
ein ähnlich aussehendes Produkt aus dem Regal nehmen, das sie
gar nicht kaufen wollen, und vielleicht eben auch einkaufen,
ohne zu bezahlen. Im Zentrum solcher Verhaltensweisen steht
Ablenkung, und der Kern der Ablenkung ist wiederum die
Unverwüstlichkeit der Gewohnheit. [247]
Wenn Ablenkung auf feste Gewohnheiten trifft, gibt es meist
kein Problem. Schließlich kommen wir normalerweise mit
unseren korrekt bezahlten Einkäufen nach Hause. Aber die
Gewohnheit kann nur das, was sie immer getan hat. Neue,
ähnlich aussehende Verpackungen werden zu Auslösereizen, ein
Produkt zu kaufen, das man gar nicht haben will. Erst zu Hause
merken wir dann, dass es das falsche ist (»Die Hundeleckerli
sahen aus wie unsere Spülmaschinentabs!«). Manchmal
verpassen wir auch ein Sonderangebot, weil wir automatisch
unsere Standardprodukte in den Wagen legen, ohne zu
erkennen, dass diese Woche andere, vielleicht sogar bessere
Produkte im Angebot sind.
In der virtuellen Welt kann Ablenkung zu wesentlich mehr
Ärger führen. Wir haben alle schon einmal eine Phishing-Mail
bekommen. Diese Nachrichten wirken zwar erst einmal seriös,
wollen aber illegal an vertrauliche Informationen kommen oder
in dem Moment, in dem wir einen unverfänglich wirkenden Link
anklicken, Schadsoftware auf unserem Computer installieren.

Betreff: Bitte verifizieren Sie Ihren Account


Guten Tag,
wegen eines technischen Problems mit Ihrem Universitäts-E-
Mail-Account bitten wir Sie kurz um Aufmerksamkeit. Bitte
klicken Sie auf den unten stehenden Link, um Ihren Account
zurückzusetzen, und folgen Sie innerhalb der nächsten zwei
Tage den entsprechenden Anweisungen.
http://mxni.nm/90SJOjk
Besten Dank.
Studierenden eines Jahrgangs der University at Buffalo wurden
im Rahmen einer Studie individuelle Phishing-Mails geschickt,
die der obigen Nachricht ähnelten. [248] Ganze 83 Prozent der
Studierenden klickten auf den Link. Bei Studierenden mit
stärkeren E-Mail-Gewohnheiten, die zu Protokoll gegeben hatten,
dass sie ihre E-Mail-Programme sehr häufig und in
automatisierter Weise benutzten, gab es eine größere
Wahrscheinlichkeit, dass sie den Link anklickten. Sie waren
besonders anfällig dafür, wenn sie der E-Mail ihrer eigenen
Aussage nach wenig Aufmerksamkeit geschenkt und die
Entscheidung bezüglich ihrer Reaktion sehr schnell getroffen
hatten. Wenn unsere bewusste Entscheidungsfindung abgelenkt
ist, können unsere E-Mail-Gewohnheiten von anderen
ausgenutzt werden.
Auch unsere Gewohnheiten in Bezug auf die sozialen Medien
machen uns angreifbar. Einem Jahrgang von Studierenden
schickte man Phishing-Nachrichten auf ihren Facebook-Account.
[249] Zunächst bekamen die Testpersonen eine
Freundschaftsanfrage. Zwei Wochen später kam dann eine
Anfrage von demselben Account, die unter dem Vorwand einer
Praktikumsmöglichkeit um persönliche Informationen bat: »Falls
du Interesse an einem Praktikumsplatz hast, schicke uns
innerhalb der nächsten drei Tage die Nummer deines
Studierendenausweises, deinen E-Mail-Usernamen und dein
Geburtsdatum.« Bei gewohnheitsmäßigen Facebook-Nutzern,
also Menschen, die die Seite oft nutzten und dies häufig jeden
Tag zur selben Zeit taten, gab es die größte Wahrscheinlichkeit,
dass sie auf beide Anfragen eingingen, und sie schickten
schließlich ihre persönlichen Daten an eine ihnen völlig
unbekannte Person. Genau die gleichen Studierenden hatten zu
Protokoll gegeben, sich um die Privatsphäre bei Facebook Sorgen
zu machen. Aber selbst das hielt sie nicht davon ab, persönliche
Informationen preiszugeben.
Im Alltag verlassen wir uns auf Gewohnheiten, weil sie uns als
Erstes in den Kopf kommen, besonders in Situationen, in denen
unser bewusstes Ich anderweitig beschäftigt ist oder in
irgendeiner Weise behindert wird. Es stellt sich heraus, dass
unsere Fähigkeit zur bewussten Entscheidungsfindung alles
andere als robust ist. Unter Stress verschlechtert sie sich, sie lässt
nach, wenn wir mental ermüdet sind, und ist durch die
Ablenkungen der sozialen Medien oder unsere eigene
Zerstreutheit leicht vom Weg abzubringen.
Unser Bewusstsein ist einfach nicht immer für jede Aufgabe
bereit.

Das Älterwerden bringt Nachteile mit sich. Genau wie die


physische Kraft lässt auch die mentale Kraft mit vorrückendem
Alter nach. In unserem Gehirn werden die Anzeichen dieser
Entwicklung bis zur Unerbittlichkeit sichtbar, sogar in einem
Schwund der physischen Gehirnmasse. Unsere Fähigkeit, uns
flexibel zurechtzufinden, ist beeinträchtigt.
Eine Studie verglich jüngere (im Durchschnitt 22-jährige) mit
älteren (im Durchschnitt 69-jährigen) Teilnehmerinnen und
Teilnehmern bezüglich ihrer Fähigkeit, sich in einer virtuellen
Umgebung zu orientieren. [250] Alle bekamen die Anweisung,
nach dem kürzesten Weg zu suchen. Die Teilnehmerinnen und
Teilnehmer übten die Route, bis sie ihr bequem folgen konnten.
Dann zeigten sich Abkürzungsmöglichkeiten. Jüngere
Teilnehmer nahmen diese Abkürzungen in 90 Prozent der Fälle,
in denen sie zur Verfügung standen, ältere nur in 20 Prozent der
Fälle. Ältere Teilnehmerinnen und Teilnehmer, so schien es,
waren in ihrem Denken weniger flexibel. Sie hatten nicht mehr
die Fähigkeit, in kurzer Zeit zu erkennen, dass eine Abkürzung
sie schneller zu ihrem Ziel bringen würde, und sie schreckten
davor zurück, spontane Entscheidungen zu treffen.
Der Rückgang der Scharfsinnigkeit ist Teil des natürlichen
Alterungsprozesses. Manchmal führt das zu regelrechter
Verwirrung, manchmal können wir nur noch langsam reagieren.
Gewohnheiten sind deshalb für ältere Menschen eine
willkommene Option. Sie ersparen es ihnen, darüber
nachzudenken, wie sie bestimmte Dinge angehen müssen, und
erlauben es ihnen, so automatisiert zu handeln, wie sie es immer
getan haben. Wo sind die Latschen? Unter dem Bett. Und die
Schlüssel? Am Schlüsselbrett bei der Tür. Die Brille? Im
Brillenetui auf dem kleinen Tisch, wie schon seit fünfzehn
Jahren. Für ältere Gehirne sind Gewohnheitsmuster eine
Möglichkeit, leistungsfähig zu bleiben, obwohl das Gedächtnis
und die Fähigkeit zur Entscheidungsfindung schwächer werden.
Die Unverwüstlichkeit der Gewohnheit zeigt eine ihrer
wichtigsten allgemeinen Eigenschaften: Eine Gewohnheit ist
nicht immer die effektivste Wahl, besonders dann nicht, wenn
die gegebene Situation komplex ist und kritisches Denken
erfordert. Aber Gewohnheiten stellen langfristige Lösungen dar,
und wir verlassen uns darauf, dass ihre langfristigen
Auswirkungen uns helfen, Ziele zu erreichen, die wir nicht
anders hätten angehen können. Gewohnheiten sind das, was wir
tun, um etwas zu erreichen – weil es auf andere Weise nicht zu
machen ist. In der Gegenwart jedoch, und zu jedem gegebenen
Augenblick, kann eine Gewohnheit unsere Leistungen auch
beeinträchtigen.
Was wir aus diesem Kapitel lernen können, ist, dass wir nicht
verzweifeln müssen, wenn das Leben uns schlaucht und es uns
nicht zu gelingen scheint, wirklich gute Entscheidungen zu
treffen. Wir können darauf vertrauen, dass bestimmte Teile von
uns nicht aufhören, an unseren langfristigen Problemen zu
arbeiten und nach langfristigen Lösungen zu suchen. Aber das
Wissen um die Unverwüstlichkeit von Gewohnheiten eröffnet
uns auch einen neuen Blick auf das Thema Ablenkung.
Ablenkungen sind keine Prüfung für unsere kognitiven
Fähigkeiten. Sie sind auch kein Beweis dafür, wie flatterhaft wir
alle sind. Eine Ablenkung ist einfach die Gelegenheit für eine
hartnäckige Gewohnheit, an die Oberfläche zu kommen. Häufig
sind solche Gewohnheiten etwas, das wir lieber in Schach halten
würden – wenn es uns nur möglich wäre, rechtzeitig den Kopf
einzuschalten.
Gewohnheiten sind weder verformbar noch selbst kreativ,
aber sie bringen uns schließlich zum Ziel. Wenn unsere Fähigkeit
zur Entscheidungsfindung durch Stress, Müdigkeit, Ablenkung
oder mangelndes Vermögen beeinträchtigt ist, dann neigt sich
die Waage in Richtung Gewohnheit. Und das ist nur ein weiterer
Grund, gute Gewohnheiten auszubilden – damit die
gewohnheitsmäßige Wahl auch die richtige Wahl ist.
13 Suchtkontexte

Mit dem Rauchen aufzuhören ist kinderleicht. Ich habe es schon


hundert Mal geschafft.

Mark Twain nachgesagt

Der Definition nach sind schlechte Gewohnheiten etwas, das wir


tun, aber eigentlich lieber nicht täten. Dabei gibt es jedoch große
Unterschiede: Nägelkauen ist zwar lästig und peinlich, Rauchen
aber wesentlich schlechter für die Gesundheit. Und
Drogenmissbrauch ist sozusagen eine schlechte Angewohnheit,
die völlig außer Kontrolle geraten ist. Eine Sucht bedroht nicht
nur die Gesundheit der betroffenen Menschen selbst, sondern
auch derjenigen, die ihnen nahestehen. Langfristig gesehen wirkt
sich das negativ auf ganze Gesellschaften aus. Es ist also
nachvollziehbar, dass sich die Suchtforschung auf diese
ernsteren Formen von fehlangepassten Verhaltensmustern
konzentriert.
Das US-amerikanische National Institute on Drug Abuse
definiert Sucht als eine Hirnleistungsstörung, die mit einer
Fixierung auf Drogen und ihrem zwanghaften Konsum
einhergeht. [251] Mithilfe der wissenschaftlichen und
technischen Fortschritte der vergangenen Jahrzehnte konnte
gezeigt werden, dass der Konsum von abhängig machenden
Drogen grundlegende neuronale Strukturen verändert, wodurch
auch insgesamt die Art und Weise betroffen ist, in der unser
Gehirn arbeitet.
Die am häufigsten konsumierten abhängig machenden
Substanzen sind in dieser Hinsicht von teuflischer Effektivität.
Ihr Einfluss reicht bis an die Quelle unserer mentalen
Funktionstüchtigkeit. Psychostimulanzien kapern die neuronale
Dopaminübertragung direkt, wohingegen die Belohnungseffekte
anderer Drogen auch noch weitere Neuroadaptionen (z. B.
Transmitter und Rezeptorsysteme) einbeziehen können. [252]

Alle abhängig machenden Drogen haben aber gemeinsam, dass


sie unser Gehirn so erschüttern, dass dadurch ganze Wellen von
neuronalen Veränderungen ausgelöst werden: Unsere
Aufmerksamkeit wird in Richtung der Droge gelenkt, und
anfangs entstehen Gefühle von Freude, die uns motivieren, sie
immer wieder zu nehmen. [253] Die Gier nach der abhängig
machenden Substanz wächst, und wir benötigen für den gleichen
Effekt immer höhere Dosen. Unser Urteilsvermögen und unsere
Fähigkeit, Entscheidungen zu treffen, werden beeinträchtigt.
Selbst wenn wir die Droge und ihre langfristigen Auswirkungen
auf unser Leben vielleicht gar nicht mögen, finden wir es immer
schwieriger, ihr zu widerstehen. [254] Drogenmissbrauch ähnelt
also insofern einer schlechten Angewohnheit, dass wir die
Hochgefühle, die wir durch das Einnehmen der jeweiligen
Substanz bekommen, nicht bewusst wollen oder mögen müssen.
[255] Wir wollen aufhören und ertappen uns dabei, dass wir
immer weitermachen.
Sucht und Gewohnheit unterscheiden sich aber vor allem
hinsichtlich des Engagements, das sie von unserem bewussten
Ich einfordern. Wie wir gesehen haben, ist eine echte
Gewohnheit vor allem dadurch gekennzeichnet, dass wir immer
weniger mentalen Aufwand treiben müssen, um eine bestimmte
Verhaltensweise beizubehalten. Gewohnheiten nisten sich so ein,
dass wir sie mehr oder weniger komplett aus den Augen
verlieren können. Eine Sucht dagegen nistet sich ein und
übernimmt unser Leben. Die wache Zeit, in der wir ihr hörig
sind, wird immer länger. Immer mehr von unseren exekutiven,
handelnden Ich-Funktionen widmen sich ihrem Gedeihen. Diese
bewussten Verhaltensweisen können sehr raffiniert sein, aber
auf lange Sicht sind ihre Auswirkungen zerstörerisch. Es gibt
ganze Onlineforen, die sich der Sammlung und dem Austausch
von Informationen für hartnäckige Raucher widmen, die mit
dem Flugzeug reisen müssen: Welche Terminals
Raucherbereiche haben, welche Flughäfen vor und welche nach
der Sicherheitsschleuse Raucherecken haben etc. Eine ganze
Community dreht sich darum, welche Entscheidungen die besten
sind – für das Gedeihen der Sucht.
Dennoch können uns vielleicht jene Eigenschaften der Sucht,
die denen der Gewohnheit ähnlich sind, zu bestimmten
Einsichten über die Ursachen von Suchtverhalten und über
mögliche Präventivmaßnahmen verhelfen. Aktuelle
Abhängigkeitskonzepte sollen dadurch weder ersetzt noch
widerlegt werden. Das Ganze ist definitiv ein komplexes und
facettenreiches Thema, das auf Anregungen aus den
verschiedensten Richtungen angewiesen ist. Ohne Zweifel
werden bei einer Sucht die Lernsysteme des Gehirns gekapert.
Das ist eine neuronale Angelegenheit, und dennoch hängt eine
Sucht immer auch eng mit der sozialen Umgebung zusammen.
Darüber hinaus ist sie mit Persönlichkeitsmerkmalen wie
Impulsivität verknüpft. Die Anfälligkeit für Suchtverhalten ist
zum Teil sogar erblich. All das ist nichts Neues. Was bisher nicht
gut genug untersucht wurde, ist der Gewohnheitsaspekt.
Sehr viele von uns sind in ihrem Leben direkt mit
Drogenmissbrauch konfrontiert. Im Jahr 2016 waren fast
12 Prozent der US-amerikanischen Erwachsenen Komatrinker,
11 Prozent hatten im vergangenen Monat illegale Drogen
konsumiert und mehr als 1 Prozent war von Schmerzmitteln
abhängig, hauptsächlich von verschreibungspflichtigen
Opioiden. In Europa ist Alkoholmissbrauch sogar noch
problematischer, über ein Fünftel der Erwachsenen widmet sich
mindestens einmal die Woche dem Komatrinken. [256] Das sind
Millionen von Menschen.
Dazu kommt, dass Sucht aus epidemiologischer Sicht etwas
völlig anderes ist als – sagen wir – eine Grippe, weil sie häufig
nicht nur ein akutes und kurzfristiges Problem darstellt. Das
National Institute on Drug Abuse vergleicht Abhängigkeit
deshalb eher mit chronischen Krankheiten wie Asthma, Diabetes
und Bluthochdruck. Wenn sie behandelt werden, können diese
Erkrankungen für eine Weile gelindert werden, aber Rückfälle
sind die Regel.
Dennoch ist Sucht auch insofern anders, als viele
Drogenabhängige gar nicht geheilt werden möchten. Nur etwa
11 Prozent der drogenabhängigen Menschen unterzogen sich
bald einer Behandlung. [257] Von den übrigen hatten nur etwa
5 Prozent das Gefühl, eine Therapie zu benötigen. Die häufigste
Erklärung dafür, warum man keine Hilfe suchte, lautete, dass
man noch nicht bereit sei, mit dem Konsum aufzuhören. In einer
Therapie hätten die drogenabhängigen Menschen ihr heftiges
Verlangen nach der Droge gegen die harte und schmerzhafte
Arbeit der Abstinenz eintauschen müssen.
Bei denjenigen, die sich in einer Entzugsklinik behandeln
lassen, sind Rückfälle häufig. Selbst bei sehr guten
Behandlungskonzepten, die sowohl mit einer psychosozialen
Therapie als auch mit Medikamenten arbeiten, nehmen 40 bis
60 Prozent der Patientinnen und Patienten ihr Suchtverhalten
später wieder auf. [258] Selbst die Zwölf-Schritte-Programme, die
viele Fürsprecher haben, scheinen keine besseren Ergebnisse zu
erzielen als die Standardbehandlungen. [259] Es gibt aber
Menschen, denen sie zumindest für einige Zeit helfen.
Es ist offensichtlich, dass unser bisheriger Ansatz zur
Behandlung von Drogenabhängigkeit nicht so erfolgreich
gewesen ist, wie man es sich wünschen würde. [260] Vielleicht
gibt es andere Ansätze für die Suchtbehandlung?

Der Vietnamkrieg stellte unter anderem ein ziemlich


schreckliches natürliches Experiment zum Thema
Drogenmissbrauch dar. Junge Männer konnten schon mit
achtzehn Jahren eingezogen werden, sie konnten in den Krieg
ziehen, bevor es ihnen in den Vereinigten Staaten erlaubt war,
Alkohol zu trinken. Als sie nach Vietnam gingen, hatten sehr
viele dieser jungen Soldaten also noch keinerlei Berührung mit
Rauschmitteln gehabt. In der Begrifflichkeit von Kapitel 10 war
ihre Stationierung in Vietnam darüber hinaus eine
einschneidende Gewohnheitsunterbrechung. Ein Aspekt dieser
Unterbrechung war, dass sie plötzlich Zugang zu einem
großzügigen Vorrat an Heroin und anderen Drogen hatten. Vor
allem Heroin war so billig und rein, dass die Soldaten es mit
Tabak mischten und rauchten, um high zu werden. Das war eine
weitverbreitete Praxis.
1971, als der Krieg schon mehrere Jahre andauerte, reisten
zwei Kongressabgeordnete auf einer Beratermission nach
Vietnam und berichteten bei ihrer Rückkehr, dass etwa
15 Prozent der Soldaten drogenabhängig seien. Eine Titelstory
der New York Times aus dem Mai 1971 mit der Überschrift
»Grassierende Heroinabhängigkeit unter GIs in Vietnam« stellte
fest, dass »Abertausende von Soldaten als tickende Zeitbomben
[in die USA] zurückkehren werden«. [261] Die bevorzugte
Behandlungsmethode der Armee war Bestrafung, auch
unehrenhafte Entlassungen und Arrest waren erlaubt.
Das Ausmaß des Drogenmissbrauchs war schockierend, und
der sensationelle Artikel wurde weithin gelesen. Schon zuvor
hatte der Widerstand gegen den Krieg angefangen, sich zu
formieren, und die Öffentlichkeit wurde immer wütender auf
das Militär und seine Anführer. Viele Menschen gingen auf die
Straße. Die Enttäuschung über den Verlauf des Krieges
vermischte sich mit allgemeinen Zweifeln über seinen Zweck
und entwickelte sich in einigen Bereichen der Gesellschaft zu
einem grundsätzlichen Antimilitarismus. Darüber hinaus
verschlimmerten die Meldungen über die weitverbreitete
Drogenabhängigkeit das Stigma, mit dem zurückkehrende
Soldaten ohnehin konfrontiert waren. Die Aussichten auf Massen
von Junkie-Soldaten, die den Entzugskliniken die Türen
einrannten und nie wieder einen festen Job annehmen könnten,
verunsicherten die Öffentlichkeit. Man befürchtete einen Anstieg
der Kriminalität und eine Überlastung der
Wohlfahrtseinrichtungen. Die Animositäten gegenüber
Drogensucht waren krude und angstgetrieben.
Als Reaktion auf die Drogenkrise schuf Präsident Nixon im
Jahr 1971 das Special Action Office for Drug Abuse Prevention.
Skeptiker betrachteten dies als Versuch, die Schuld an dem
gescheiterten Krieg auf die drogenabhängigen Soldaten
abzuwälzen. Andere sahen darin die progressive Anerkennung
der Wirksamkeit von Rehabilitationsmaßnahmen; wieder andere
einen Versuch, die öffentliche Aufmerksamkeit von Nixons
Unfähigkeit, einen ehrenvollen Frieden zu schaffen, abzulenken.
[262] Trotz all dieser Einwände schritt Nixon zur Tat.
Er ernannte Jerome Jaffe zum ersten nationalen
Drogenbeauftragten, der, um das Ausmaß des Problems
abzuschätzen, umgehend Urintests für alle Soldaten einführte,
die nach Hause zurückkehren sollten. Bevor die Soldaten nach
Hause durften, mussten ihre Tests in Ordnung sein. Wenn sie
positiv getestet wurden, schickte man sie für ein bis zwei
Wochen in den Entzug, testete sie dann erneut und erlaubte
ihnen schließlich die Heimreise.
Jaffe beschloss außerdem nachzuverfolgen, was geschah,
nachdem die Soldaten zurückgekehrt waren. Das
Forschungsprojekt sollte Lee N. Robins leiten, die sich bereits als
eine der ersten weiblichen Professorinnen für Psychiatrie an der
renommierten medizinischen Fakultät der Washington
University in St. Louis einen Namen gemacht hatte.
Robins befragte 470 Wehrpflichtige, die im September 1971 in
die Vereinigten Staaten zurückgekehrt waren. [263] Mehr als
85 Prozent von ihnen berichteten, dass ihnen, während sie in
Vietnam gewesen waren, Heroin angeboten worden war.
45 Prozent hatten mit Drogen experimentiert. 20 Prozent gaben
zu Protokoll, dass sie sich in ihrer Zeit in Vietnam zu Drogen
hingezogen oder von ihnen abhängig gefühlt hätten. Etwa
11 Prozent von ihnen wurden positiv getestet, als sie das Land
verlassen sollten. Trotz der vielen Warnungen und der
unvermeidlichen Konsequenz eines ein- bis zweiwöchigen
Aufschubs der Heimreise, der der Entgiftung und einem
abermaligen Drogentest geschuldet war, nahmen diese Soldaten
also bis zum Schluss Drogen.
Ein Vietnam-Veteran erzählte mir: »Ich nahm regelmäßig
Marihuana. Einige der Jungs waren auf Heroin. Die große
Mehrheit nahm Drogen. Es war sehr einfach.« [264] Und weiter:
»Sobald man dort war, musste man in den Kampf. Man bekam
einen Auftrag und setzte alles daran, ihn zu überleben und die
Leute heil nach Hause zu bringen. Ich war auf einem
Patrouillenboot stationiert, und eine unserer wichtigsten
Aufgaben bestand darin, bestimmte Truppenteile in bestimmte
Gebiete, also zum Beispiel zu Gebirgsflüssen, zu bringen – sie
abzusetzen und sie wieder rauszuholen. Wenn ich sie im Stich
gelassen hätte … Ich musste also alles tun, um sie heil da
rauszubringen. Wir nahmen Drogen, um wacher und
leistungsfähiger zu sein. Das Marihuana war für danach – zum
Runterkommen.«
Um die Behandlung von drogenabhängigen Soldaten zu
evaluieren, interviewte Robins eine weitere Gruppe von 469
Männern, die bei ihrer Rückkehr in die USA positiv auf Opioide
getestet worden waren. [265] Sechs bis acht Monate nachdem sie
nach Hause zurückgekehrt waren, wurden sie persönlich befragt
und mussten eine Urinprobe abgeben. Robins Weitblick und
diese Follow-up-Untersuchung wurden der Grund dafür, dass
ihre Studie Geschichte schrieb. Es ist eine Geschichte, die
manchmal übersehen wird, vor allem angesichts des heute
populären Konzepts von Abhängigkeit als einer Krankheit. Die
Umrisse dieser Geschichte werden uns angesichts des Themas
dieses Buches bekannt vorkommen.
Nur bei ungefähr 5 Prozent der Soldaten, die in Vietnam von
Heroin oder Opium abhängig gewesen waren – wie der positive
Urintest bei ihrer Abfahrt gezeigt hatte –, setzte sich im ersten
Jahr zu Hause die Drogensucht fort. [266] Es war nicht so, dass
man nicht an Stoff gekommen wäre, und etwa die Hälfte der
offiziell abhängigen Soldaten probierte Heroin oder Opium in
den Vereinigten Staaten noch einmal aus. [267] Aber im
Gegensatz zu den pessimistischen Vorhersagen behielt die große
Mehrheit der schwer Drogenabhängigen nach ihrer Rückkehr
das Suchtverhalten nicht bei. Es war nicht die Behandlung, die
diese erstaunliche Heilung erklären konnte. Nur etwa 6 Prozent
der Soldaten, die vor der Abfahrt positiv getestet worden waren,
wurden überhaupt behandelt. [268]
Diese Ergebnisse brachten die vorherigen Annahmen
sämtlicher Akteure durcheinander und wurden kontrovers
diskutiert; man kritisierte Robins aus den verschiedensten
Richtungen. Die Soldaten und ihre Familien fühlten sich durch
die konkreten Beweise für ein Drogenproblem in der Truppe
verletzt. Rehabilitationsexperten bezweifelten, dass die Sucht
sich so schnell und ohne professionelle Hilfe in Luft auflösen
konnte. Politiker beider Parteien behaupteten, die Ergebnisse
seien politisch motiviert. Das Verteidigungsministerium hob
voller Erleichterung jene Ergebnisse hervor, die betonten, dass
nicht eine ganze Generation junger Männer dazu verurteilt war,
ihr Leben an Heroin zu verschwenden. Ein skeptischer New York
Times-Reporter prüfte die Studie zwei Monate lang auf Herz und
Nieren und ließ die Geschichte dann fallen, weil sich kein
Exklusivbericht daraus machen ließ.
Der Drogenbeauftragte Jaffe sagte: »Jeder dachte, dass sie
[Robins] irgendwie die Unwahrheit [über die Ergebnisse] sagte
oder sie irgendeinen Fehler gemacht hatte oder dass sie politisch
beeinflusst war. Sie verbrachte Monate, wenn nicht Jahre damit,
die Korrektheit ihrer Studie zu verteidigen.« [269] Sogar Robins
selbst schien überrascht zu sein, als sie anmerkte: »Unsere
Ergebnisse unterscheiden sich in mehrerer Hinsicht von dem,
was wir erwartet hatten.« Sie mochte es nicht, dass ihre
Integrität angezweifelt wurde: »Es ist nicht einfach, Ergebnisse
zu präsentieren, die sich so stark von den klinischen
Erfahrungen mit abhängigen Menschen unterscheiden.« [270] In
einem resümierenden Artikel, den sie fast zwanzig Jahre später
schrieb, blieb sie bei ihrer Schlussfolgerung: »Abhängigkeiten
nach der Rückkehr waren selten und kurz.« [271] Aber es wurde
deutlich, dass sie es immer noch für nötig hielt, die Studie – »Ich
habe noch immer keinen wichtigen Fehler in unserer
Untersuchung gefunden« [272] – und sich selbst zu verteidigen:
»Es gibt nichts, das ich bereuen müsste.« [273]

Heute sind ihre Ergebnisse nicht mehr strittig. Aber in der


modernen Welt, in der Abhängigkeit hauptsächlich als
Funktionsstörung des Gehirns betrachtet wird, werden sie
sowohl in der Forschung als auch in der Therapie oft übersehen.
Die Frage bleibt jedoch: Wie kam es eigentlich dazu? Warum
erwiesen sich sämtliche Erwartungen darüber, wie schwierig die
Rehabilitation der Veteranen werden würde, als derart falsch?
Nun, ich denke, es gibt hier eine unerzählte Geschichte, und sie
handelt von Kontexten.
Der Drogenkonsum der meisten Soldaten nahm in der
kriegerischen Umgebung von Vietnam seinen Anfang. Während
die jungen Männer dort waren, lag es nahe, Heroin und andere
Drogen zu konsumieren. Aber als die Soldaten wieder zu Hause
waren, änderten sich die Kontexte. Der ungeheure Stress des
Krieges fiel von ihnen ab. Ein Kriegsveteran beschrieb das mir
gegenüber so: »Man kam von einem schlimmen Ort zurück an
einen guten Ort. Ich brauchte es nicht mehr, weil ich die
Vergangenheit hinter mir lassen konnte.« Zu Hause gab es, wenn
überhaupt, nur wenige andere Soldaten, die Heroin oder Opium
nahmen. Sogar die Art und Weise des Heroinkonsums war in den
USA anders. Die Substanz war hier nicht so rein wie in Vietnam,
und häufig musste man sie spritzen. Aufgrund dieser
Änderungen führte selbst die erneute Berührung mit Drogen
nicht zu einer erneuten Abhängigkeit. Zu Hause überwanden die
meisten Soldaten ihre Drogensucht. Die Veteranen waren zurück
in ihrem eigenen Leben und verfolgten die typischen Ziele von
22-Jährigen: Studium, Arbeit, Liebesbeziehungen.
Es gibt jedoch einen wichtigen Vorbehalt. So etwas wie Sucht
ist real. Für 5 Prozent der Soldaten, die weiterhin Heroin
konsumierten, wurde die Abhängigkeit auf tragische Weise
lebensbestimmend. Doch letztendlich zeigte das Gesamtresultat,
wie groß der Einfluss von Kontexten ist, wenn es um die
Behandlung von Drogenmissbrauch geht, der als eine der
schlimmsten Formen der Abhängigkeit gilt.
Vielleicht sagen Sie jetzt, na ja, was sollen die Erfahrungen
dieser Soldaten uns über Rehabilitationsmaßnahmen sagen?
Was Menschen während eines Krieges durchmachen, hat mit
unserem normalen Leben wenig zu tun. Aber genau das ist der
Punkt. Der Kontext des Vietnamkriegs trieb viele Soldaten in den
Drogenkonsum. Als sie erst einmal regelmäßig Drogen nahmen,
hätten sie eigentlich der Macht der Droge vollständig verfallen
müssen. Stattdessen wurde die Rückkehr in eine völlig andere
Umgebung für 95 Prozent der Drogenkonsumenten zu einem
Störfaktor. Weil ihre veränderte Umgebung eine signifikante
Unterbrechung des Drogenkonsums darstellte und weil es
gleichzeitig treibende Kräfte gab, die alternative Handlungen in
Gang brachten, hörten die meisten Soldaten mit dem
Drogenkonsum auf.
Aus der Perspektive der Gewohnheit stellte die Heimkehr der
Soldaten eine signifikante Veränderung des Kontextes dar: eine
neue Umgebung mit widerstrebenden Kräften, die den
Heroinkonsum ausbremsten. Die neuen, durch die Heimkehr
geförderten Verhaltensweisen zogen bedeutende Belohnungen
nach sich (z. B. ein regelmäßiges Gehalt), und die ehemaligen
Soldaten fingen an, neue Gewohnheiten zu entwickeln. Für sie
war der Drogenmissbrauch Geschichte – eine schlechte
Angewohnheit, die sie mithilfe einer Unterbrechung hinter sich
gelassen hatten.

Etwa zur gleichen Zeit, in der jene Pionierstudie über den


Vietnamkrieg durchgeführt wurde, kam man mithilfe von
Tierversuchen zu weiteren Erkenntnissen über das Thema. Aus
nachvollziehbaren ethischen Gründen werden viele
Untersuchungen über Drogenkonsum an Ratten und nicht an
Menschen durchgeführt. Zahlreiche dieser wissenschaftlichen
Arbeiten basierten auf dem Krankheitsmodell von Abhängigkeit
und zielten darauf ab zu erklären, wie der Drogenkonsum die
neuronalen Prozesse und Strukturen im Gehirn der
Versuchsratten veränderte. Einige wenige Studien jedoch
konzentrierten sich auf den Einfluss der Kontexte auf den
Drogenkonsum und die Heilung dieser Tiere.
In den unter dem Namen »Rat Park« bekannt gewordenen
Experimenten gab man Nagetieren, die in zwei verschiedenen
Umgebungen aufgewachsen waren, Opioide. Der eine Teil wurde
allein in Käfigen gehalten, der andere lebte in einer Art Kolonie-
Setting, das aus einer großen, offenen Kiste mit verschiedenen
kleinen Kisten bestand, in denen sich die Ratten verstecken und
Nester bauen konnten. [274] Während des Experiments waren
beide Arten von Käfig mit zwei Trinkwasserspendern
ausgestattet: Der eine enthielt eine Wasser-Zucker-Mischung, der
andere eine Morphin-Zucker-Mischung.
Wo die Ratten lebten, hatte einen starken Einfluss auf ihren
Konsum. Diejenigen, die isoliert lebten, konsumierten mehr von
dem Morphin. Für eine soziale Spezies wie Ratten war das
Alleinleben anstrengend. Das lag auch daran, dass es weniger zu
tun gab und sich weniger Alternativen zum Drogenkonsum
anboten. Die Tiere dagegen, die in dem Kolonie-Setting lebten,
konsumierten weniger von dem Morphin. Ein
Betäubungsmittelrausch passt schlecht zu einem typischen
Rattenleben, in dem es hauptsächlich um Nestbau, Fortpflanzung
und das Kämpfen mit anderen Ratten geht. Im »Rat Park«
machten solche Aktivitäten dem Drogenkonsum Konkurrenz. Der
anfängliche Konsum ist die eine Sache (Ratten sind nun einmal
neugierige Kreaturen), aber auf den weiteren Konsum – den man
durchaus mit Abhängigkeit vergleichen konnte – hatte der
Kontext einen immensen Einfluss. Zwar kann man sich als
Leserin, die sich mit wissenschaftlichen Studien auskennt, die
Frage stellen, wie ein Experiment mit so vielen Faktoren – unter
anderem Stress und Konkurrenzaktivitäten – sinnvoll
interpretiert werden kann, aber die Ausgangssituation dieser
Studie hat zumindest im übertragenen Sinne Ähnlichkeiten mit
der Situation der Soldaten, die aus Vietnam nach Hause kamen.
Die eigentliche Frage ist: Was geschieht, wenn Ratten eine
Abhängigkeit entwickeln? Sind Kontexte in diesem
Zusammenhang wichtig? Um diese Frage zu beantworten, ist in
wissenschaftlichen Experimenten untersucht worden, ob Ratten,
wenn es in sozialen Kontexten treibende Kräfte gibt, die mit dem
Rausch in Konflikt stehen, freiwillig auf den Konsum verzichten.
In einer dieser Studien brachte man Ratten, die isoliert
aufgewachsen waren, bei, einen Hebel zu drücken, über den
fünfzehn Tage lang jeweils mehrere Stunden täglich Kokain
ausgegeben wurde. [275] Am Ende des Trainings hatten die
isolierten Ratten die Aufgabe gut gelernt und konsumierten jede
Menge Drogen. Für die nächsten drei Wochen gab es dann kein
Kokain. Die Ratten befanden sich in einer Art Entgiftung. Einige
dieser Ratten verbrachten diese Zeit in isolierten Käfigen wie
denen, in denen sie aufgewachsen waren. Andere Tiere brachte
man in eine parkähnliche Kolonie mit weiteren Ratten, wo sie
interagieren und machen konnten, was sie wollten. Danach
wurden sie alle wieder in die Einzelkäfige mit den Hebeln
gebracht. Diesmal gab es jedoch kein Kokain, wenn sie den Hebel
drückten. Wie häufig würden sie den Hebel nun drücken?
Ratten, die zwischenzeitlich in der Kolonie gelebt hatten,
drückten ihn nur halb so oft wie Ratten, die isoliert gelebt hatten.
Anfangs waren alle Tiere isoliert und abhängig gewesen, aber bei
denen, die in die Kolonie umgezogen waren, beobachtete man
später weniger Versuche, an die Droge zu kommen (was
vermutlich damit zusammenhing, dass die Gier danach kleiner
geworden war).
Die beschriebene Macht der Kontexte legt nahe, dass
Drogenmissbrauch zum Teil als Anpassung an die Bedingungen
der Umgebung betrachtet werden muss. Das bedeutet aber auch,
dass man Abhängigkeit nicht einfach auf einen unser Gehirn
vereinnahmenden Drogenkonsum in der Vergangenheit
zurückführen kann. Vielmehr ist Drogensucht, wie der führende
Wissenschaftler hinter dem »Rat Park«-Experiment, Bruce
Alexander, darlegte, ein Versuch, mit aktuellen Bedingungen
umzugehen – Bedingungen, die kaum widerstrebende Kräfte
gegenüber dem Konsum aufweisen und so gut wie keine
alternativen Aktivitäten zu bieten haben. [276] Die Auswirkungen
dieser Sichtweise sind enorm. Die Dysfunktion wird nicht im
Menschen verortet, sondern in seiner Lebensumgebung. Dieser
Ansatz behandelt Abhängigkeit als eine Anpassungsleistung, die
zufälligerweise mit schwerwiegenden Gesundheitsproblemen,
Schwierigkeiten für nahestehende Menschen und sozialer
Stigmatisierung einhergeht.
Warum ein drogenabhängiger Mensch, der hauptsächlich auf
der Straße lebt, seine Angewohnheit nicht so einfach hinter sich
lassen kann wie ein heimkehrender Vietnamsoldat (oder wie die
Ratten in ihrem Park), ist unmittelbar einleuchtend. Die
Rückkehr der Soldaten stellte einen zeitlichen und räumlichen
Bruch dar – einen Bruch zwischen der Umgebung, in der die
Gewohnheit sich ursprünglich entwickelt hatte, und der
Umgebung, in der der (frühere) Konsument für den Rest seines
Lebens leben würde.
Etwas Ähnliches geschieht, wenn ein drogenabhängiger
Mensch sich in eine der üblichen Entzugskliniken begibt: Auf
einmal ist er weit weg von zu Hause und dadurch nicht länger
einer Umgebung ausgesetzt, die den Drogenkonsum toleriert und
ermutigt hat. Als Patient unterzieht man sich einer Entgiftung,
wird psychologisch und medizinisch betreut und in
unterschiedliche Aktivitäten eingebunden. Diese Bedingungen
machen den Drogenkonsum sehr viel schwieriger, als er draußen
in der Welt gewesen ist. In der Klinik ist das Aufhören deshalb
nicht besonders schwierig. Sobald aber die Behandlung endet,
kehrt man in eine Umgebung zurück, in der man es gewöhnt
war, Drogen zu konsumieren. Es ist also keine Überraschung,
dass 1) die meisten drogenabhängigen Menschen in einer radikal
neuen Umgebung in der Lage sind, sich von ihrer Gewohnheit zu
verabschieden, und dass 2) 40 bis 60 Prozent dieser Menschen
einen Rückfall erleben, sobald sie in ihre alte Umgebung
zurückkehren. [277]
Nehmen wir zum Beispiel die Erfahrungen von 32 Australiern,
die wegen Alkohol- und Opioidabhängigkeit behandelt worden
waren. [278] In den drei Jahren, die der Behandlung folgten,
wurden sie jeweils einmal im Jahr interviewt. Die meisten von
ihnen glaubten von sich, dass sie eine durchschnittliche bis
starke Willenskraft hatten, und zwar unabhängig davon, ob es
ihnen gelang, abstinent zu bleiben.
Drei Jahre später hatten nur 5 der 32 Teilnehmerinnen und
Teilnehmer es geschafft, sich komplett von Drogen fernzuhalten.
Doch die Handvoll, deren Genesung sich als stabil erwiesen
hatte, stach noch in einer anderen Weise hervor. Diese Menschen
hatten ihre Lebensumgebung radikal verändert. Einige von
ihnen waren aus den staatlichen Sozialwohnungen ausgezogen,
in denen sie früher gelebt hatten, andere hatten einen Umzug in
eine neue Stadt gewagt oder Jobs angenommen, bei denen
niemand etwas von ihrer Drogenvergangenheit wusste. Eine
Person war mit ihrer Lebenspartnerin zusammengezogen, die
selbst keine Drogen nahm. Die einzige Person, die nicht
fortgezogen war, hatte den Freundeskreis gewechselt und eine
Vollzeitstelle angenommen, die den Drogenkonsum erschwerte.
Die anderen 27 Teilnehmerinnen und Teilnehmer – diejenigen,
die nicht für volle drei Jahre abstinent geblieben waren – hatten
ihre Umgebung nicht auf diese Weise verändert. Viele von ihnen
gaben ihrer Lebenssituation die Schuld an dem Rückfall: Sie legte
es einfach nahe, weiterhin Alkohol und Drogen zu konsumieren.
Diese Menschen trafen sich weiter mit Freunden, die Drogen
nahmen. Sie hatten nach wie vor Kontakt zu Leuten, die
abhängig machende Substanzen verkauften. Die Forscherinnen
und Forscher fassten zusammen: »Der wichtigste Unterschied
zwischen denen, die wirklich gesund geworden sind, und
denjenigen, denen das nicht gelungen ist, liegt nicht in ihren
jeweiligen Fähigkeiten oder Kenntnissen. Der Punkt war
vielmehr, ob sie es geschafft hatten, die finanziellen und sozialen
Hürden zu überwinden, die einem Umzug in eine nicht
pathogene Umgebung im Wege standen.« [279]

In diesem Modell des Drogenmissbrauchs ist Reibung ein


wesentlicher Faktor. Wenn wir die begehrte Substanz weniger
verfügbar machen und den Menschen aus Kontexten
herauslösen, die voller Auslösereize für den Konsum sind, dann
wird er weniger Drogen nehmen. Natürlich ist Drogenkonsum
eine komplexe Angelegenheit, und sich ausschließlich auf
externe Kräfte zu verlassen wäre eine unzulässige
Vereinfachung. Dennoch ist diese Sichtweise nicht nur einfach,
sondern auch human. Die Dysfunktion wird nicht im Kopf des
Drogenkonsumenten verortet, innerhalb irgendeines tiefen
Kerns seines Ichs. Sondern die Gefahr, der er sich aussetzt, liegt
auf der gleichen Skala wie all die anderen kleinen Gefahren,
denen auch wir uns täglich aussetzen: Gefahren, die die Welt in
Hülle und Fülle bereithält.

Das im Moment üblichere Modell des Drogenkonsums erklärt


Abhängigkeit zu einer chronischen Störung des Gehirns, die sich
durch ein zwanghaftes Interesse an Drogen und ihrem Konsum
auszeichnet. Ich möchte die Unterschiede zwischen dem
Krankheitsmodell und dem Kontextmodell keinesfalls
überbewerten. In der Realität sind es zwei Seiten derselben
Medaille. Unser Gehirn reagiert auf Belohnungen, die unsere
Lebenskontexte bereithalten, und die Belohnung durch Drogen
ist besonders wirkungsvoll. Umgekehrt heißt das, dass die Art
und Weise, wie wir Belohnungen erleben und verarbeiten, von
unseren neuronalen Systemen abhängt. Auf diese Weise machen
sich Kontexte noch tief in unserem Gehirn geltend. Und genau
hier braut sich nun einmal die Alchemie der Abhängigkeit
zusammen.
Wirklich auseinander gehen die beiden Ansätze jedoch bei der
Frage, wie man Drogenabhängigkeit behandelt. Der
Krankheitsansatz setzt bei den kognitiven, affektiven und
neuronalen Begierden an, die von Drogenmissbrauch ausgelöst
werden. Der Drogenkonsum wird als medizinisches Problem
betrachtet. Eine der Lösungsstrategien dieses Modells besteht
deshalb auch darin, bei der Droge selbst anzusetzen. Ein Verbot
ist die üblichste Form dieses Ansatzes. Nach der Prämisse, dass
die Droge der Hauptgrund für die Abhängigkeit ist, versucht die
Polizei, den stetigen Zufluss von illegalen Substanzen zu
unterbrechen oder ganz zu stoppen. Dementsprechend arbeitet
man in der Therapie mit Entgiftungsmedikamenten, indem man
zum Beispiel gegen die Entzugserscheinungen bei einer
Opioidabhängigkeit Lofexidin verschreibt. [280]
Die Erfolgsraten dieses Ansatzes sind nicht besonders
beeindruckend; wie schon gesagt wurde, schätzt sogar das
National Institute on Drug Abuse, dass 40 bis 60 Prozent der
behandelten Menschen rückfällig werden.
Warum können wir nicht auf 5 Prozent kommen? Das war die
Rückfallrate der zurückkehrenden Vietnamsoldaten. Zwar
handelte es sich hier natürlich nicht um ein kontrolliertes
Experiment, aber warum sollten wir uns dieses Beispiel nicht
dennoch als Erfolgsmaßstab (und als realistische Möglichkeit)
vor Augen halten?
Wie würde die Drogentherapie aussehen, wenn wir die
Implikationen von Vietnam und des »Rat Park«-Experiments
ernst nehmen würden? Eine Behandlung nach diesem
alternativen Modell würde auf dem Eingeständnis beruhen, dass
Drogenmissbrauch vor allem in verarmten Gegenden auftritt, wo
es kaum antreibende Kräfte gibt, die zu einem alternativen
Verhalten motivieren, und stattdessen viele Auslösereize des
Drogenkonsums bieten. Eine solche Behandlung würde zugeben,
dass Menschen mit niedrigem Einkommen und geringer Bildung
in den Vereinigten Staaten das größte Risiko haben, von Kokain
und Opioiden abhängig zu werden. Sie würde sich darauf
konzentrieren, die Kontexte des Drogenmissbrauchs zu
verändern beziehungsweise zu beseitigen.
Diese Idee hat bereits Fürsprecher. Ein Artikel in einer
führenden Fachzeitschrift zum Thema Drogenmissbrauch
argumentierte, dass aktuelle Behandlungsweisen überwiegend
erfolglos seien, weil sie »sich zu sehr darauf konzentrieren, den
Drogenkonsum einzuschränken, anstatt die Klienten mit
Belohnungen in Berührung zu bringen, die die Abstinenz
reizvoller machen«. [281] Um Menschen dazu zu bringen, über
eine Behandlung nachzudenken, brauchten sie »genügend
Anreize in ihrer Umgebung, die die Anstrengung, auf lange Sicht
abstinent zu bleiben, lohnend erscheinen lassen«. [282]

Es gibt dieses Argument schon seit Jahrzehnten. Das Problem


ist, dass dieser Ansatz bisher nicht genügend Beachtung
gefunden hat. Eine klassische Behandlungsmethode aus den
1970er-Jahren empfahl die Veränderung der Umstände auf
genau diese Weise. Der sogenannte Community Reinforcement
Approach (Gemeindeorientierte Suchttherapie) war so
konzipiert, dass er vor allem darauf abzielte, die Abstinenz
lohnender als den Drogenkonsum zu machen. [283] Dieser
Behandlungsansatz nahm die Menschen nicht aus ihrer
vertrauten Umgebung heraus, sondern setzte auf genau die
Anreize und Belohnungen, die dort, wo sie lebten, zur Verfügung
standen. Das ursprüngliche Behandlungskonzept war extrem
intensiv und bestand aus verschiedenen Bausteinen:
therapeutischen Angeboten, Berufsberatung, Paarberatung und
Hilfe beim Aufbau neuer sozialer Netzwerke.
Die meisten Versuche, mit diesem Ansatz zu arbeiten, griffen
nur einige dieser Komponenten auf, und die Langzeiteffekte
wurden nur selten evaluiert. Zudem brauchen wir dringend
Informationen darüber, was Abstinenz lohnend macht. Wir
wissen wenig über die Anreize, die Menschen nüchtern halten.
Kurzfristig reagiert jeder auf Geld, aber es hat sich gezeigt, dass
Abstinenz schwer beizubehalten ist, wenn die Zahlungen
aufhören. [284]

Ähnlich wie bei der Ausbildung unserer ganz persönlichen


Gewohnheiten scheinen soziale Belohnungen besonders wichtig
zu sein. Eine Studie veränderte die sozialen Netzwerke von
alkoholabhängigen Menschen: Sie wurden aufgefordert, sich
Freunde zu suchen, die keinen Alkohol tranken und ihre Freizeit
mit Aktivitäten verbrachten, in denen das gemeinsame Trinken
keine Rolle spielte. [285] Die Treffen der Anonymen Alkoholiker
zu besuchen wurde als ein Weg vorgeschlagen, solche Menschen
kennenzulernen. Die Forscherinnen und Forscher sorgten dafür,
dass in dieser Gruppe die anderen Aspekte der Anonymen
Alkoholiker eher im Hintergrund blieben. Allein durch die
Veränderungen im Bereich der Sozialkontakte tranken die
Teilnehmerinnen und Teilnehmer selbst zwei Jahre später noch
weniger als vorher. 40 Prozent berichteten nach zwei Jahren,
dass sie überhaupt nicht mehr tranken, verglichen mit etwa
30 Prozent in einer normalen Behandlungsgruppe.
Berufliche Belohnungen sind ebenfalls wichtig.
»Therapeutische« Arbeitsplätze bieten arbeitslosen,
drogenabhängigen Menschen eine bezahlte Ausbildungsstelle.
Diese innovative Behandlungsmethode wurde im Jahr 2014 sogar
vom Office of National Drug Control Policy, der höchsten
Antidrogenstelle des Weißen Hauses, empfohlen. Wer beruflich
eine Chance bekommen will, braucht vor allem grundlegende
Computerkenntnisse – neben den regelmäßigen Urintests, denen
sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer unterziehen müssen,
um weiterarbeiten und den Maximallohn beziehen zu dürfen.
Eine Auswertung von acht solcher Projekte zeigte signifikante
Rückgänge, was die Abhängigkeit von Opioiden, Alkohol und
Kokain während der Teilnahme anging. [286] In einer Studie mit
kokainabhängigen Sozialhilfeempfängern waren 80 Prozent der
Tests während der achtzehnmonatigen beruflichen
Fortbildungszeit negativ. [287] Als das Programm jedoch endete
und die Belohnungen aufhörten, waren die Teilnehmerinnen
und Teilnehmer zurück in ihren alten Lebenskontexten und
nahmen häufig ihr altes Verhaltensmuster wieder auf. Vielleicht
hatten die Programme einfach nicht lang genug gedauert, um
den Teilnehmerinnen und Teilnehmern die Fähigkeiten
einzuimpfen, die es ihnen ermöglichten, durch eine neue
Arbeitsstelle, neue Freundeskreise und neue Chancen
Unterbrechungen in ihr altes Leben einzubauen.
Behandlungsmodelle, die bei den Kontexten des
Drogenmissbrauchs ansetzen, indem sie Abstinenz auf neue
Weise belohnen, könnten auf den ersten Blick wie eine äußerst
kostspielige Alternative zum vorherrschenden Krankheitsmodell
aussehen. Jedoch kann die Implementierung einer solchen
innovativen Strategie sehr unterschiedlich aussehen, unter
anderem in Form eines staatlichen Lohnzuschusses für
Arbeitnehmer, die eine Sucht überwunden haben, einer
Kooperation mit beteiligten Arbeitgebern oder der Förderung
von therapeutischen Einrichtungen, die auf nachhaltige
Arbeitsplätze setzen. [288] Die Durchführbarkeit von groß
angelegten und regelmäßigen Urintests hat sich schon bei den
Angestellten der Verkehrsbehörden als durchaus praktikabel
erwiesen.

Vielleicht ist ein Nachsatz über die Rolle von


Gewohnheitsbildung bei Abhängigkeiten hilfreich. Fast immer
wird in diesem Zusammenhang die Gewohnheit als ein Aspekt
der Fehlregulierung neuronaler Kreisläufe erwähnt, vor allem
jener Kreisläufe, die mit der Neigung zu abhängig machenden
Substanzen zusammenhängen. [289] Dabei können
Gewohnheiten auch eine glücklichere Rolle spielen. Unter den
richtigen Bedingungen können Gewohnheiten sogar zur
Überwindung der Sucht beitragen.
John Monterosso und ich interviewten achtzehn Menschen, die
an einem Zwölf-Schritte-Programm teilnahmen und denen es
schon zwei Jahre lang gelungen war, trocken zu bleiben. [290] Sie
wurden gebeten, Verhaltensweisen aufzählen, von denen sie
glaubten, dass sie ihre Abstinenz förderten. Der Aussage der
Betroffenen zufolge waren die wichtigsten Verhaltensweisen: zu
den Treffen gehen, Dankbarkeit zum Ausdruck bringen,
schonungslos ehrlich sein, sich beschäftigt halten, beten, seine
Rolle als »Sponsor« (eine Art Mentor für neue Mitglieder)
ausfüllen und anderen Betroffenen helfen. Die Teilnehmerinnen
und Teilnehmer gaben zu Protokoll, dass diese Verhaltensweisen
der Schlüssel zu ihrer Genesung gewesen seien. In einem
anderen Teil des Interviews vergaben sie Punkte für das Ausmaß
von Gewohnheit der jeweiligen Verhaltensweise, indem sie
Aussagen darüber trafen, ob sie sie automatisch und ohne viel
darüber nachzudenken, ausführten oder erst zur Tat schritten,
nachdem sie andere Möglichkeiten durchdacht hatten. Das
interessanteste Ergebnis dieser Befragung ist, dass die
eingeschätzte Wichtigkeit und der automatische Ablauf der
Verhaltensweise in einem engen Verhältnis zu stehen scheinen.
Je wichtiger eine bestimmte Verhaltensweise für die Genesung
schien, desto stärker war sie als Gewohnheit in den Alltag
integriert. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer an der Studie
schienen ihren eigenen Hang zu gewohnheitsmäßigen
Reaktionen gut zu durchschauen. Umgekehrt hatten sie
Verhaltensweisen, die die Genesung förderten, so lange eingeübt,
bis sie sich automatisierten. Sie hatten ihre schlechten
Gewohnheiten durch gute ersetzt. Ein paar der neuronalen
Mechanismen, die gewohnheitsmäßigen Drogenkonsum fördern,
waren von ihnen so verändert worden, dass sie nun ihr
Wohlbefinden und ihre Abstinenz stützten.
In der Suchttherapie brauchen wir dringend neue Konzepte.
Die üblichen Behandlungsweisen bringen viel Leid, viel
verschwendete Lebenszeit und enorme Kosten, aber nur
begrenzte Erfolge mit sich. Vielleicht ist es an der Zeit, die
spezifischen Verhaltensweisen und Kontexte, die die Sucht und
die Überwindung der Sucht auszeichnen, genauer in den Blick zu
nehmen.
14 Mit Gewohnheit glücklich

So wird man durch Bauen ein Baumeister und durch Zitherspielen


ein Zitherspieler. Ebenso werden wir aber auch durch gerechtes
Handeln gerecht, durch Beobachtung der Mäßigkeit mäßig, durch
Werke des Starkmuts starkmütig.

Aristoteles (übersetzt von Eugen Rolfes)

Wenn Sie ein Kleinkind dazu bringen wollen, Gemüse zu essen,


was tun Sie? Wir gehen davon aus, dass Kinder von Natur aus
eine große Vorliebe für milde, süße und fetthaltige
Nahrungsmittel haben, zum Beispiel für Milch, Kekse, Pizza,
Burger und Hotdogs. Vielleicht kommen Sie deshalb auf die Idee,
das Gemüse ein bisschen zu süßen, bevor Sie es Ihren Kindern
auftischen, zum Beispiel in Form von glasierten Karotten. Oder
vielleicht haben Sie das Bedürfnis, etwas Fett hinzuzufügen,
indem Sie ein bisschen Butter unter den Kartoffelbrei ziehen.
Wahrscheinlich, so denken Sie, finden die Kleinen das Gemüse so
einfach leckerer.
Dabei gibt es eine viel unkompliziertere Methode, Kinder zum
gesunden Essen zu bewegen: Sie müssen es nur einfach immer
wieder versuchen.
Eine Forschergruppe aus Großbritannien untersuchte die
Essgewohnheiten von Kleinkindern in einer Kindertagesstätte.
Alle zwei bis drei Tage bekamen sie Nahrungsmittel, die Kinder
normalerweise ablehnen, nämlich kleine Zwischenmahlzeiten
aus pürierten Karotten oder Artischocken. [291] Man kann sich
vorstellen, dass die Artischocken anfangs nicht besonders beliebt
waren. Die meisten Kinder hatten vorher weder welche gesehen
noch probiert. Das galt übrigens auch für die Erzieherinnen und
Erzieher, die man gebeten hatte, weder abwertende
Bemerkungen über das Essen zu machen noch das Gesicht
angeekelt zu verziehen. Kinder durchschauen so etwas sofort.
Die anfänglichen Versuche waren nicht allzu erfolgreich.
Anfangs aßen die Kinder nur etwas mehr als 30 Gramm, also
kaum einen Löffel voll. Im Laufe der nächsten zwei Monate
bekam jedes Kind insgesamt etwa fünfzehnmal Artischocken
angeboten. Und bei jedem Mal verschwand ein bisschen mehr
von seinem Teller. Die größten Zuwächse gab es während der
ersten fünf Versuche, danach flachten sie etwas ab. Am Ende der
Studie nahm jedes Kind im Durchschnitt etwa 140 Gramm
Artischocken zu sich. Das ist nicht gerade wenig, wenn man
selbst gerade einmal 20 Kilogramm wiegt.
Vielleicht aßen die Kinder ja sogar noch mehr Gemüse, wenn
man es kindgerechter zubereitete? Um das zu testen, gaben die
Forscherinnen und Forscher einigen Kindern leicht gesüßtes
Artischockenpüree. Bei anderen fügten sie Fett hinzu, um dem
Gemüse die weiche Konsistenz zu geben, die Kinder so mögen.
Doch diese Veränderungen führten nicht dazu, dass die Kinder
mehr Artischocken aßen. Das taten sie nur dann, wenn sie ihnen
öfter angeboten wurden, und nicht, wenn sie gesüßt waren. Das
galt natürlich nicht für jedes Kind. 16 der 27 Kinder waren
konsequente Verweigerer: Sie gewöhnten sich überhaupt nicht
daran, Gemüse zu essen. Allein der Anblick und der Geruch
stellten für sie eine Hürde dar. Aber bei den übrigen Kindern
führte das regelmäßige Essen von Artischocken dazu, dass sie
mehr Artischocken aßen. Wir wissen nicht mit Sicherheit, wie sie
ihre Vorlieben beschrieben hätten – vielleicht hätten sie zu
Protokoll gegeben, dass sie am Ende des Experiments genauso
skeptisch gegenüber Artischocken waren wie am Anfang. Aber es
ging ja ohnehin nicht darum, ob man behauptete, Gemüse zu
mögen, sondern darum, ob man es tatsächlich aß.
Global betrachtet sind die Ergebnisse des Artischocken-
Experiments alles andere als überraschend. Kinder essen alles
Mögliche, wenn man es ihnen anbietet. In Japan besteht das
Frühstück aus Reis und fermentierter Sojabohnenpaste. In China
essen die Kinder jook, ein Reisporridge mit getrockneten
Fleischstreifen, Eiern oder eingelegtem Tofu. In Lateinamerika
trinken schon sehr kleine Kinder Milchkaffee. In Mexiko stippen
sie ihre Tortilla in eine Schüssel mit scharfem Dip oder
Enchilada-Soße. Wenn sie auf ihrem Speisezettel stehen, essen
Kinder also auch saure, vergorene und scharfe Lebensmittel.
Wir Erwachsenen sind genauso beeinflussbar, auch wenn wir
es normalerweise nicht bemerken. Klar, was wir gern tun, tun
wir immer wieder. Aber dieses Phänomen gilt auch umgekehrt:
Wir beginnen, das, was wir immer wieder tun, zu mögen. Das ist
wie eine unsichtbare Feedbackschleife in unserem Kopf. Wie Sie
sich denken können, hat diese Schleife etwas mit
Gewohnheitsbildung zu tun. Aber vor allem auch damit, wie
glücklich wir sind.

Im Jahr 1910 beobachtete der Psychologe Edward Titchener, dass


bekannte Objekte allein dadurch, dass wir sie schon einmal
gesehen haben, einen »Hauch von Wärme, (…) ein Gefühl von
Eigentum, von Vertrautheit, von Heimatlichkeit, von
Behaglichkeit« [292] in uns auslösen. Wir mögen Dinge einfach
deshalb, so seine Behauptung, weil wir uns an sie gewöhnt
haben. In einem Artikel aus dem Jahr 1968 nannte der
Sozialpsychologe Robert Zajonc dieses Phänomen den Mere-
Exposure-Effekt (Effekt des bloßen Kontakts). [293]
Dass wir etwas nur mögen, weil wir ihm ausgesetzt sind, hat
mehrere Gründe. [294] Einer davon ist Vertrautheit. In einem
Alltagssinne meint dieses Wort einfach, dass wir etwas
wiedererkennen, dass wir es schon einmal gesehen haben.
Manchmal wird jedoch die tiefere Bedeutung sichtbar – wir
bemerken, dass wir etwas nur deshalb bevorzugen, weil es sich
vertraut anfühlt. Hier ist etwas Substanzielles am Werk. Mit dem
Phänomen der Vertrautheit lässt sich auch erklären, warum uns
Fotos von uns selbst manchmal so seltsam vorkommen. Häufig
fühlt es sich so an, als betrachteten wir jemanden, den wir gar
nicht richtig kennen. Das liegt daran, dass das menschliche
Gesicht nicht symmetrisch ist, die rechte und linke Seite also
nicht komplett identisch sind. Und das Gesicht, das von allen –
außer uns selbst – gesehen wird, genau das Gesicht, das auf
einem Foto abgebildet ist, ist die umgekehrte Version des
Gesichts, das wir jeden Tag im Spiegel sehen. Bei den meisten
Menschen ist diese Asymmetrie sichtbar, und sie führt dazu, dass
uns Fotos von uns selbst auf seltsame Weise fremd erscheinen.
In einem klug konzipierten Experiment zeigte man
Studierenden zwei Fotos, auf denen sie selbst zu sehen waren:
Eines entsprach einer echten Fotografie, das andere war
seitenverkehrt, so wie man sich selbst im Spiegel sieht. [295]

Welches Bild die Studierenden lieber mochten? – Das, was ihnen


ihr Leben lang vertraut war. Dann zeigten die Forscher den
Freundinnen und Freunden der Probanden die beiden Fotos.
Auch sie mochten das Bild lieber, das ihnen vertrauter war – das
echte Foto. In beiden Fällen hatten die Vorlieben mehr mit dem
wiederholten Ausgesetztsein als mit ästhetischer Qualität zu tun.
Der Mere-Exposure-Effekt löst außerdem ein willkommenes
Gefühl der Berechenbarkeit aus. Wenn Sie beruflich viel
unterwegs sind, haben Sie wahrscheinlich eine
Lieblingsrestaurantkette. Das Reisen wird einfacher, wenn man
gewisse grundlegende Entscheidungen wie die, wo man abends
isst, automatisieren kann. Natürlich wird noch die beste Kette
nicht halb so gut sein wie die kleine typische Gaststätte von
nebenan. Und obwohl die meisten Ketten wirklich nicht das
beste Essen bieten, wette ich, dass Sie Ihr vertrautes Restaurant
trotzdem mögen. Vielleicht gehen Sie dort manchmal sogar
essen, wenn Sie zu Hause in Ihrer eigenen Stadt sind. Sie treten
durch die Tür, und es fühlt sich vertraut an. Sie sehen die
Speisekarte und wissen, was Sie bestellen können. Sicherlich
haben Sie ein paar gute Argumente, die erklären, warum Sie
diesen Ort so lieben. Vielleicht mögen Sie eine bestimmte
Salatsoße besonders, und das Knäckebrot, das sie dort haben, ist
einfach genial. Aber ist das wirklich der Grund? Vertrautheit und
Berechenbarkeit spielen mit Sicherheit ebenfalls eine Rolle.
Es geschieht noch etwas anderes, wenn wir wiederholt das
Gleiche tun: Was wir erleben, erscheint uns fließend und
unkompliziert. Wenn wir etwas wiederholen, haben wir kaum
Schwierigkeiten, es zu verstehen und zu bewerten. Einige
Forscher haben sogar argumentiert, dass die Flüssigkeit einer
Handlung selbst etwas Angenehmes ist und dazu führt, dass wir
Erfahrungen mögen, die wir öfter machen. [296] In Kunst und
Musik basieren ästhetische Präferenzen unter anderem auf
perzeptueller (wahrnehmbarer) Flüssigkeit, die ihrerseits aus
wiederkehrenden Mustern (z. B. Reim, Melodie, Symmetrie)
entsteht. Solche wiederkehrenden Muster fehlen in moderner
und zeitgenössischer Kunst häufig, aber dennoch entsteht oft
eine Art konzeptionelle Flüssigkeit, in der bestimmte Ideen das
Wiedererkennen bestimmter Bedeutungen und Gefühle
auslösen. [297]

[11]

Dass wir Wiederholung so mögen, ist erst einmal erstaunlich.


Wir alle denken, dass es uns besonders gefallen würde, in einem
auffälligen Auto durch die Gegend zu fahren – einem Auto, nach
dem sich alle anderen umdrehen. Als man jedoch Kunden bat,
auf einer Skala anzugeben, wie sehr sie die 3-D-Wiedergaben von
77 Modellen wie den oben abgebildeten mochten, bevorzugten
sie die konventionell designten Autos mit den üblichen Features.
[298] Und tatsächlich verkauften sich die Autos mit den
typischen Merkmalen dann auch besser. Es ist also absolut
sinnvoll, dass ein innovativer Autobauer wie Tesla seine Autos
trotz all der eingebauten, futuristischen Technik äußerlich kaum
verändert hat. Wir geben dem den Vorzug, an dessen Anblick wir
gewöhnt sind.
Die Allgegenwart von Werbung nervt uns alle, aber letztlich
liefert sie uns meistens genau das auf unsere Eingangstreppen
(und Bildschirme), was wir sehen wollen und was uns ein gutes
Gefühl gibt. Je öfter Kunden der Werbung einer bestimmten
Marke ausgesetzt sind, desto lieber mögen sie sie; in
Laborexperimenten war diese Steigerung bis zu einer
Kontaktzahl von zehn Malen zu beobachten, danach übernahm
dann die Gewohnheit. [299] Firmen- und Markenzeichen
bedeuten für sich genommen wenig. Erst durch die Erfahrung
kommen wir dazu, sie zu erkennen und zu schätzen. Selbst
Kinder sind dafür anfällig. Man gab Vierjährigen Chicken
Nuggets in einer Verpackung mit dem McDonald’s-Logo sowie
identisches Fast Food in einer Verpackung ohne Aufschrift. [300]
Für die Kinder schmeckten vier von fünf Nuggets besser, wenn
sie aus der McDonald’s-Verpackung kamen. Sogar Karotten
mochten sie lieber, wenn sie dieses Logo trugen. Kinder, die
häufig bei McDonald’s aßen, hatten stärkere Präferenzen für das
Essen mit diesem Markenzeichen. Die positive Bewertung des
Logos steigerte sich noch, wenn die Kinder immer wieder zu
McDonald’s gingen.
Effizienz ist ein weiterer Grund dafür, dass wir
wiederkehrende Erfahrungen mögen. Dieses Phänomen nutze
ich in meinen Seminaren aus. Fast durchgängig setzen sich
nämlich Studierende immer wieder auf den Platz, den sie sich in
der ersten Sitzung gesucht haben. Ich mache von dieser ersten
Sitzordnung immer ein Foto und lerne die Namen der
Studierenden anhand dieser Anordnung auswendig. Das
erleichtert sowohl ihnen als auch mir das Leben.
Auf die Frage eines Wissenschaftlers, warum sie sich immer
auf den gleichen Platz setzten, antworteten die Studierenden
zum Beispiel Folgendes: »Ich denke mal, am ersten Tag habe ich
mich spontan entschieden und mich dann einfach daran
gewöhnt«; »Meist ist die erste Entscheidung Zufall, und dann
setze ich mich immer wieder auf diesen Platz«; »Schwer zu
erklären, warum ich mich beim ersten Mal dorthin gesetzt habe,
aber danach ist es einfach Beharrungsvermögen«. [301] Anfangs
mögen also die Sitzplatzentscheidungen der Studierenden auf
Zufall beruht haben, aber sie wurden dann schnell Standard. Als
sie gebeten wurden, mögliche Gründe dafür anzugeben,
berichteten die Studierenden, dass sie sich auf ihrem gewohnten
Platz irgendwie wohler- und selbstbewusster fühlten, weniger
ausgeliefert und viel konzentrierter. [302]
Etwas, mit dem man in der Vergangenheit schon einmal in
Kontakt gekommen ist, strahlt außerdem Sicherheit aus. Einige
Einwohner von Edinburgh wurden darüber befragt, wie sicher
sie sich in den Gegenden der Stadt fühlten, in denen sie sich
häufig aufhielten, im Vergleich zu Gegenden, die sie fast nie
besuchten. Als die Forscherinnen und Forscher diese Angaben
mit der Wahrscheinlichkeit von Kriminalität in jedem dieser
Stadtteile verglichen, stellte sich heraus, dass die meisten Leute
sich in den Gegenden, in denen sie häufig waren, übertrieben
sicher fühlten und im Vergleich dazu einen viel realistischeren
Blick auf die anderen Stadtteile hatten. [303] Um es anders
auszudrücken: Je vertrauter ihnen ein Ort war, desto weniger
genau konnten sie seine objektive Gefährlichkeit einschätzen –
genau das Gegenteil von dem, was wir erwarten würden. Dass
wir uns mit dem, was wir kennen, so wohlfühlen, kann unseren
Realitätssinn also erheblich durcheinanderbringen.
Das gilt auch fürs Autofahren. Meine Schwester lebt in
Montana und fühlt sich in ihrer Heimat hinter dem Lenkrad
absolut wohl. Wenn sie aber zu Besuch in Los Angeles ist, hat sie
permanent das Gefühl, beim Fahren ihr Leben aufs Spiel zu
setzen. In Wahrheit ist es aber so, dass ihr Heimatstaat die
nationale Statistik der tödlichen Verkehrsunfälle in den
vergangenen Jahren angeführt hat, [304] während die Todesraten
der Verkehrsteilnehmer in Kalifornien relativ niedrig liegen. Im
gesamten Land sind Autounfälle in urbanen Gegenden
unwahrscheinlicher als in ländlichen Gegenden. Die
Gefährlichkeit einer Situation zu unterschätzen ist also gang und
gäbe, wenn man einfach von seinem Gefühl der Vertrautheit
ausgeht.
Der Effekt des bloßen Kontakts tritt ein, ohne dass wir es
merken. Wenn wir dann bestimmte Handlungen wiederholen,
ändern sich auf einmal unsere Präferenzen. Die Effekte sind
subtil und unserem Bewusstsein nicht immer zugänglich. Wir
glauben, uns für bestimmte Handlungen zu entscheiden, und
merken nicht, dass vielmehr umgekehrt unsere Handlungen
unsere Entscheidungen beeinflussen. Wenn wir aus Gewohnheit
handeln, glauben wir oft, dass wir unseren Wünschen
entsprechend handeln – also das tun, was wir ohnehin tun
wollten. Menschen, die es sich zu einer festen Gewohnheit
gemacht haben, Bus zu fahren, Fast Food zu essen oder die
Nachrichten im Fernsehen zu verfolgen, waren sich in einer
Studie extrem sicher, dass sie all dies taten, weil sie die Intention
dazu hatten, obwohl in Wirklichkeit ihre Intention nur eine
Begleiterscheinung war – nicht kausal, sondern zufällig. Es
machte keinen Unterschied, was diese Menschen tun wollten; sie
handelten aus Gewohnheit. [305] Es liegt nahe, dass wir
persönliche Verantwortung für unsere Gewohnheiten
übernehmen möchten. Schließlich fühlen sich Handlungen, die
wir oft wiederholen, vertraut, vorhersagbar, flüssig und sicher
an.
Wir haben in diesem Buch immer wieder darüber gesprochen,
wie man neue Gewohnheiten ausbilden kann, die das Leben
verbessern. Wir haben gesehen, wie man sich für eine lohnende
Verhaltensweise entscheiden und dann die eigene Umgebung
strategisch so verändern kann, dass sich diese Verhaltensweise
ganz einfach wiederholen lässt. Auf diese Weise verändern wir
unser Gewohnheits-Ich so, dass es mit unserem bewussten Ich
harmonisch zusammenarbeitet, um selbstgesetzte Ziele zu
erreichen.
Aber nun haben wir erfahren, dass es für diese Harmonie viele
Ursachen gibt. Schon dadurch, dass wir eine Handlung
wiederholen, ändern sich auch unsere Wünsche. Etwas, das wir
immer wieder tun, wird allein schon dadurch begehrenswert. Es
wird zu dem, was wir tun wollen. Es stellt sich also heraus, dass
Gewohnheiten zweigleisig fahren. Sie helfen uns, unsere Ziele zu
erreichen, aber sie werden auch unsere Ziele. Kennen Sie das
sich unmittelbar einstellende Gefühl von Behagen und
Stimmigkeit, wenn Sie von einer Reise nach Hause kommen?
Nun, das ist die direkte Erfahrung der besonderen Aura, von der
Gewohnheiten umgeben sind.

Eine gute Freundin von mir ist praktizierende Katholikin, die mit
ihrem Glauben sehr glücklich ist. Sie empfindet die Rituale des
Kirchenbesuchs und die Teilnahme an einem großen
Gottesdienst als erhebend und tröstlich. Die Regelmäßigkeit der
heiligen Feiertage, der Orte und Objekte sorgen für Struktur. Die
Gesten, die Musik, das Abendmahl und der Geruch von
Weihrauch stehen für die symbolische und emotionale
Bedeutung der Liturgie. »Denn es ist das Ritual, d. h. der Komplex
heiliger Handlungen, in dessen Rahmen sich (…) die
Überzeugung herausbildet, dass religiöse Vorstellungen mit der
Wirklichkeit übereinstimmen (…).« [306] Dieses berühmte Zitat
des Anthropologen Clifford Geertz skizziert eindrucksvoll die
spirituelle Bedeutung von Ritualen.
Alle Rituale gründen in Wiederholung und streng festgelegten
Handlungssequenzen. [307] In einem wichtigen Aspekt jedoch
unterscheiden sie sich von Gewohnheiten. Bei Ritualen gibt es
keine direkte und unmittelbare Belohnung. Stattdessen muss
eine Bedeutung erfunden und auf das Ritual übertragen werden.
Wir erheben unsere Gläser, um jemandem Glück zu wünschen,
blasen die Kerzen auf einem Geburtstagskuchen aus und tragen
bei akademischen Abschlüssen Hüte und Roben. Sich für ein Lied
still zu erheben, im Kerzenschein zu singen oder zeremonielle
Kleidung zu tragen stellt eine Wertschätzung dar und bekräftigt
unsere Überzeugung, dass etwas Bedeutungsvolles stattfindet –
die Respektbezeugung für ein Land, die Feier eines neuen Jahres
oder einer akademischen Leistung.
Rituale sind eine universelle menschliche Praktik. Native
Americans, vor allem aus dem Südwesten der USA, vollziehen
Regenzeremonien. Aus Japan kennen wir die Kunst der
Teezeremonie. Die Azteken führten Menschenopfer auf ihren
Pyramiden durch. Für den unbeteiligten Zuschauer wirken diese
Rituale nicht besonders rational (und nicht alle sind
wünschenswert). Doch die Forschung hat längst entdeckt, dass
sie durchaus eine Logik haben, vor allem in Zeiten von Angst und
Unsicherheit. Wiederholung trägt ihre eigene Belohnung in sich –
was vielleicht für die Sechsjährige, die zum vierzehnten Mal den
Animationsfilm Vaiana gesehen hat, völlig selbstverständlich
klingt.
Betrachten wir das Leben eines Spitzenathleten, in dem so viel
auf dem Spiel steht und der Druck so immens ist. Sämtliche
Sportler, die an der Spitze einer Sportart stehen, haben
hervorragende Fähigkeiten. Bei ihnen allen geht es um enorm
viel Geld und Ruhm – und um ihr Talent. Für einen Sieg braucht
man viel Selbstvertrauen und ein bisschen Glück. Es ist deshalb
kein Wunder, dass es im Sport massenhaft abergläubische
Rituale gibt. Die Sportler brauchen diese Rituale, um in einer
hochgradig unvorhersehbaren Situation das Gefühl zu haben,
selbst noch über ein wenig Kontrolle zu verfügen.
Vor dreißig Jahren galten lange, schlabbrige Basketballshorts
weder als besonders schick noch als funktional. Sie kamen auf,
als Michael Jordan ein extralanges Chicago-Bulls-Trikot tragen
musste, um das Outfit der University of North Carolina zu
verdecken, das er als »Glücksbringer« darunter trug. Heutzutage
sind diese Shorts allgegenwärtig. So schnell kann aus einem
abergläubischen Ritual ein Modetrend werden! In diesem Fall
war erst die Wiederholung da, und die ganze Bedeutung kam viel
später dazu. Wiederholung hat die Macht, so etwas zu bewirken.
Inzwischen lassen sich zahlreiche professionelle Football- oder
Eishockeyspieler Glücksbärte wachsen. Offenbar begann dieser
Trend mit dem schwedischen Tennisstar Björn Borg, der
mehrmals Wimbledon gewann, nachdem er sich nicht rasiert
(und immer das gleiche Fila-Shirt getragen) hatte. Er holte
insgesamt fünfmal in Folge den Titel.
Angesichts des großen Drucks, unter dem die Athleten stehen,
ist es nicht verwunderlich, dass sie an solche skurrilen
Handlungen glauben. 80 Prozent der Profisportler haben ein
abergläubisches Ritual, das sie durchführen, bevor sie aufs
Spielfeld gehen: In einer Studie reichten diese Rituale vom Essen
von genau vier Pancakes bis dazu, vor dem Spiel mindestens
einmal irgendwo die Zahl 13 entdecken zu müssen. [308]

Tatsächlich kann der pure Glaube selbst schon ziemlich


mächtig sein. Placebo-Medikamente können die gleichen Effekte
haben wie echte Medizin, jedenfalls wenn wir vorher überzeugt
worden sind, dass es sich um echte Medizin handelt. Und der
schlichte Glaube an Glückssocken kann unsere Leistungen auf
dem Spielfeld tatsächlich verbessern. Aber es geht um mehr als
um den Placeboeffekt. Geertz lag absolut richtig, als er über die
Wichtigkeit konkreter Handlungen sprach. Das Praktizieren von
Ritualen und die Wiederholung von Handlungen wirken
beruhigend.
Für eine andere Studie übten Studierende bei sich zu Hause
vier Tage lang ein ganzes Set von komplizierten
»Handlungssequenzen« ein: eine Faust machen, sie drehen, drei
tiefe Atemzüge nehmen, die Augen schließen und so weiter. [309]

Sie folgten dabei einem Video und einer schriftlichen Anleitung,


die gesamte Sequenz dauerte mehrere Minuten.
Die zentrale Frage lautete, ob dieses willkürliche Ritual
Studierenden helfen konnte, mit Niederlagen umzugehen. Am
siebten Tag meldeten sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer
wie verabredet im Labor. Einige führten das Ritual durch,
andere nicht. Daraufhin musste jeder Proband eine schwierige
Aufgabe am Computer bearbeiten. Um sicherzugehen, dass sie
sich wirklich anstrengten, wurde den Studierenden für die
richtige Lösung eine Belohnung von 10 Dollar versprochen.
Dennoch machten 20 Prozent der Teilnehmerinnen und
Teilnehmer bei der Bearbeitung der Aufgabe Fehler.
Die Studie verwendete eine besondere Methode, um die
Reaktionen auf Scheitern zu messen – über das Auffangen der
elektrischen neuronalen Signale mit einem EEG-Gerät. Dazu wird
eine Kappe mit einer Menge von Drähten außen auf der
Kopfhaut befestigt, um die elektrische Aktivität der Neuronen im
Gehirn zu messen. In diesem besonderen Fall wurde immer
dann gemessen, wenn den Studierenden bei der Bearbeitung der
Aufgabe ein Fehler unterlief. Beim Fehlermachen zeigt sich im
Gehirn eine Wellenform, die man Error-Related Negativity (ERN,
fehlerkorrelierte Negativierung) nennt.
Bei den Studierenden, die vor der Aufgabe das Ritual
durchgeführt hatten, waren die ERNs kleiner als bei denen, die
es nicht durchgeführt hatten, was darauf hinweist, dass sie
weniger extrem auf ihre Fehler reagierten. Die Rituale schienen
also den Stress, der aus Fehlern resultiert, abzupuffern. Dass die
Probandinnen und Probanden auf ihre Fehler nicht so extrem
reagierten, führte umgekehrt nicht dazu, dass ihre Leistungen
sich verschlechterten (sie verbesserten sich aber auch nicht).
Was die Studierenden nach der Bearbeitung der Aufgabe
berichteten, war hochinteressant. Einer schrieb: »Die
Wiederholung der Handlungsabfolge hat irgendwie dazu
geführt, dass ich die Computeraufgabe besser lösen konnte. Ich
glaube, das könnte daran gelegen haben, dass ich mich durch die
Durchführung des Rituals ruhiger und konzentrierter gefühlt
habe.« Ein anderer schrieb: »Die einzelnen Handlungsschritte
durchzuführen, bevor ich mit der Aufgabe begann, half mir,
mich zu beruhigen, und gab mir aus irgendeinem Grund das
Gefühl, alles unter Kontrolle zu haben.« Die Durchführung von
Ritualen scheint Befürchtungen und Ängste abzumildern.
Vielleicht sind die Handlungswiederholungen etwas, das unser
Bedürfnis nach Ordnung und Vorhersagbarkeit befriedigt.
Vielleicht lenken Rituale auch einfach ab, blockieren negative
Gedanken und setzen der Grübelei ein Ende. Symbolisch
aufgeladene Rituale geben uns vielleicht das Gefühl, eine
Bedrohung abzuwenden, und religiöse Rituale legen nahe, dass
es jenseits unseres eigenen Lebens einen Sinn gibt. Selbst
weltliche Rituale können uns daran erinnern, dass jenseits
unserer bedrohlichen Situation etwas existiert, das Sinn und
Bedeutung hat.
Den meisten Menschen leuchten die Vorteile von rituellen
Wiederholungen unmittelbar ein. So führen viele Brasilianer zur
Lösung von Alltagsproblemen einfache rituelle Handlungen
durch, sogenannte simpatias. [310] In einer Studie sollten US-
amerikanische Studierende zusammen mit Menschen aus
Brasilien, die selbst diese Rituale praktizierten, beurteilen, für
wie hilfreich sie zwölf unterschiedliche simpatias im Umgang mit
Problemen wie Zigarettenabhängigkeit, Einsamkeit, Untreue und
Depressionen hielten. Hier sind zwei Beispiele:
»Trage ein weißes T-Shirt fünf Tage hintereinander und
wasche es anschließend in Salzwasser. Hänge das Shirt im
Schatten zum Trocknen auf. Nachdem es getrocknet ist, falte es
zusammen und trage es in eine Kirche.«
»Lege die Blätter einer weißen Rose in ein Metallgefäß.
Verbrenne die Blätter, schütte die Asche in ein Plastiktütchen
und deponiere das Tütchen an einer Straßenkreuzung.
Wiederhole die gesamte Prozedur an sieben
aufeinanderfolgenden Tagen.«
Natürlich können solche rituellen Handlungen in Wirklichkeit
nicht magisch ins Leben eingreifen. Darum geht es aber auch gar
nicht. Bedenken Sie, dass diese Rituale wahrscheinlich schon seit
Langem existieren oder zumindest mündlich an eine große Zahl
von Menschen weitergegeben wurden. Haben sie funktioniert?
Nein, das haben sie nicht, nicht ein einziges Mal (wobei aber
natürlich Zufälle nicht ausgeschlossen sind). Es kann also nicht
ihr Erfolg sein, der diesen Ritualen zur Durchsetzung verholfen
hat – es ist vielmehr einfach die Tatsache, dass eine Menge
Menschen an sie glauben. Allein dadurch, dass eine simpatia
mehrmals wiederholt wird, bekommt sie eine eigene Macht, die
unabhängig vom Ergebnis ist. Sowohl die brasilianischen als
auch die US-amerikanischen Teilnehmerinnen und Teilnehmer
an der Studie gingen davon aus, dass sich die Wirksamkeit der
Rituale durch Wiederholung steigern würde und dass die Anzahl
der Wiederholungen ebenfalls Auswirkungen auf den Erfolg
habe. Doch wie zu erwarten, war die Skepsis der Studierenden
bezüglich des Erfolgs der Rituale sehr viel größer als die der
Brasilianer, die sie tatsächlich praktizierten.
Natürlich ist es in Wirklichkeit so, dass eine wirkungslose
Handlung wirkungslos bleibt, egal, ob sie einmal oder zehnmal
durchgeführt wird. Aber unsere Intuition sagt uns, dass es besser
ist, gewisse Handlungen immer wieder auf die gleiche Weise
durchzuführen. Und ein bisschen Magie würden wir ihnen im
Zweifel eben doch nicht absprechen.
Ehe Sie nun denken, dass solche Rituale nun einmal typisch für
die exotische brasilianische Kultur sind, möchte ich Sie darauf
aufmerksam machen, dass eine Onlineerhebung Menschen in
den USA danach gefragt hat, welche Rituale sie entwickelten,
nachdem jemand, der ihnen nahestand, gestorben oder eine
Liebesbeziehung zu Ende gegangen war. [311] Die Antworten
lauteten unter anderem:
»In diesen fünfzehn Jahren bin ich jeden ersten Samstag im
Monat zum Friseur gegangen, wie wir es früher immer
zusammen gemacht haben.«
»Am Jahrestag unserer Trennung bin ich immer allein an den
Ort zurückgekehrt, an dem wir uns getrennt hatten, um meinen
Verlust zu verarbeiten und über alles nachzudenken.«
»Ich habe alle Fotos aus der Zeit zusammengesucht, in der wir
noch zusammen waren. Ich riss jedes Bild in der Mitte durch und
verbrannte die Fetzen in dem Park, in dem wir uns zum ersten
Mal geküsst hatten.«
»Einmal in der Woche wusch ich sein Auto, so wie er es immer
gemacht hatte.«
Es scheint, dass Rituale in Phasen von Stress und Verlust
hilfreich sind. Sie werden zu vertrauten Handlungen, die
Sicherheit ausstrahlen und Ruhe und Frieden bringen. Aber
nicht nur Verluste legen die Erfindung von Ritualen nahe. Auch
für Zeiten, in denen sie mit großen Herausforderungen und
entsprechenden Ängsten konfrontiert waren, hatte fast die Hälfte
der Befragten einer Onlinestudie Rituale entwickelt. [312] Diese
Rituale bestanden typischerweise aus mehrmals wiederholten
Handlungen und wurden so gut wie nie spontan erfunden. Das
wichtigste Charakteristikum der Rituale in unserem Leben ist die
Wiederholung.
Um herauszufinden, wie Rituale genau funktionieren,
überprüfte eine Laborstudie mit Studiernden, wie Menschen mit
dem Verlust von Geld umgehen. [313] Die Studierenden wurden
in Gruppen von etwa zwölf Leuten zusammengewürfelt. Eine
Person aus der Gruppe würde 200 Dollar im Lotto gewinnen.
Damit sich ihre Lust auf einen Gewinn und die Angst vor einem
Verlust noch steigerten, sollten alle vor der Einteilung in
Gruppen aufschreiben, was sie mit einem möglichen Gewinn
anfangen würden. Der Gewinner wurde zufällig ausgewählt und
durfte das Labor verlassen (und ja, diese Person erhielt
tatsächlich 200 Dollar). Den verbleibenden Teilnehmerinnen und
Teilnehmern wurde erklärt, dass Menschen häufig Rituale
durchführen, um mit einem Verlust umzugehen. Einige der
Studierenden bat man, ein Ritual durchzuführen, das viele
Schritte beinhaltete – ein Bild malen, das zeigte, wie sie sich
fühlten, Salz daraufstreuen, es zerreißen und fünfmal bis zehn
zählen. Teilnehmerinnen und Teilnehmer, die an dem Ritual
teilnahmen, berichteten insgesamt weniger von Trauer über den
Verlust und häufiger von dem Gefühl, weiterhin alles unter
Kontrolle zu haben, als Teilnehmerinnen und Teilnehmer, denen
der Zweck von Ritualen nur erklärt worden war. Wenn es darum
ging, den Schmerz wegen des nicht gewonnenen Geldes
abzumildern, schien es also darauf anzukommen, das Ritual
auch wirklich durchzuführen.
Ein ähnliches Zeichnen-salzen-zerreißen-zählen-Ritual
funktionierte auch beim Umgang mit Lampenfieber. In einer
Serie von weiteren Studien wurden die Studierenden eines
Colleges darüber informiert, dass ihre Aufgabe darin bestand,
das Lied »Don’t Stop Believin’« von Journey vor Publikum zu
singen. [314] Einige Teilnehmerinnen und Teilnehmer bekamen
etwas Zeit, in der sie versuchen konnten, sich zu beruhigen,
bevor sie das Lied sangen, während andere die Zeit nutzten, um
das beschriebene Ritual durchzuführen. Diejenigen, die durch
das Ritual gewappnet waren, berichteten von weniger Ängsten,
ihr Puls blieb niedriger, und sie trugen das Lied besser vor (was
die Lautstärke, das Treffen der Töne und den Rhythmus anging,
wobei all das von einem Karaokeprogramm vorgegeben wurde).
Einfach so zu versuchen, ruhig zu bleiben, hatte dagegen nicht
den gleichen Erfolg. So überraschend es sein mag, dass die bloße
Durchführung eines Rituals eine beruhigende Wirkung haben
kann: Die Bezeichnung dieser Handlungen als »Ritual« schien für
den Erfolg wichtig zu sein. Wenn die Studierenden dieselben
Handlungen durchführten und sie ihnen ohne dieses Label und
die darin enthaltene Implikation der Wiederholung einfach als
ein Set von Verhaltensweisen vorgestellt wurden, ließen ihre
Ängste nicht nach.
Auch Fans im Sport, die ihre jeweilige Mannschaft lieben,
müssen mit Ängsten und Verlusten zurechtkommen. Es ist
deshalb kein Wunder, dass viele von ihnen abergläubische
Rituale entwickelt haben. In einer Studie berichteten etwa
40 Prozent der Studierenden, dass sie zur Unterstützung ihres
Teams ein bestimmtes Ritual durchführten. [315]
Der üblichste Aberglaube bestand darin, die richtige Kleidung
zu tragen. Zum Beispiel: »Ich trage das Glückstrikot, das ich
gekauft habe, als sie die New York Mets geschlagen haben.« Oder:
»Ich trage ihr Trikot. Aber wenn die Patriots zur Halbzeit auf der
Verliererstraße sind, ziehe ich es aus.« Nicht alkoholische
Getränke und bestimmte Nahrungsmittel sind ebenfalls wichtig:
»Wenn wir zum Spiel gehen, hat jeder von uns etwas Bestimmtes
dabei, das er während des Spiels essen muss.« Oder: »Wenn ich
Grapefruit zum Frühstück esse, dann gewinnen sie.« Fans
berichteten von weiteren seltsamen Ritualen, unter anderem
erzählte eine Frau, dass sie sich während eines US-weiten
Fußballturniers »die Beine nicht rasieren durfte«. Ein Fan des
Eishockeyteams der Houston Aeors sagte: »Vor jedem Spiel lege
ich meine Socken für zwei Stunden ins Gefrierfach und trage sie
dann während des Spiels … Weil sie das mit dem Puck genauso
machen. Ich habe das Gefühl, dass uns das einen leichten
Vorsprung verschafft.« Und die Gründe dafür? Die Fans
erklärten: »Ich trage dann etwas zum Spiel bei«, »Ich kann dem
Team dadurch helfen«, »Wenn es wirklich wichtig war, hat es
funktioniert« oder »Ich erzwinge den Sieg mit meinem guten
Karma«. Abergläubische Rituale scheinen den Fans, genau wie
den Stars, mit denen sie mitfiebern, das Gefühl zu geben, eine
gewisse Kontrolle über das Ereignis zu behalten.
Es liegt nahe, solche Rituale lächerlich zu machen und zu
betonen, dass sie nur dummer und nutzloser Aberglaube sind.
Aber in Zeiten von Stress, Unsicherheit und Verlust helfen uns
einstudierte Verhaltenssequenzen offenbar, mit unseren
Gefühlen umzugehen, und geben uns ein Gefühl von Kontrolle –
selbst dann, wenn das scheußliche Gefühl, gefrorene Socken zu
tragen, in Wirklichkeit natürlich keinerlei Auswirkungen hat.

Unser eigenes Gewohnheitsverhalten schätzen wir als normal


und vernünftig ein – jedenfalls bei uns selbst. Aber wie Mark
Twain gescherzt haben soll: »Nichts bedarf dringender der
Verbesserung als die Angewohnheiten anderer Leute.«
Menschen, die ihre Zahnpasta von unten aus der Tube
drücken, fangen auf einmal an, gut durchdachte Argumente
anzuführen, warum Menschen, die von der Mitte aus drücken,
sich völlig falsch verhalten. Oder vielleicht muss das
Toilettenpapier auf eine ganz bestimmte Weise in der Halterung
befestigt werden. Egal, wie man es macht, man findet immer gute
Gründe dafür. Zufällige Muster werden einfach deshalb zur
Gewohnheit, weil wir es nun einmal schon immer so gemacht
haben. Das mag sich etwas simpel anhören, ist aber wahr.
Die positiven Gefühle, die entstehen, wenn man aus
Gewohnheit handelt, haben sogar noch weitergehende Effekte,
indem sie das Wohlbefinden und das Gefühl der Sinnhaftigkeit
des Lebens verstärken. Für die meisten Menschen ist der Sinn
des Lebens eine pathetische Idee, die etwas mit Spiritualität,
Liebe und großartigen Leistungen zu tun hat. Aber
Gewohnheiten sind die stille Grundlage solcher Konzepte. Auch
sind die richtigen Gewohnheiten ein häufig unterschätzter
Ausgangspunkt für den positiven mentalen Zustand des Flow:
des konzentrierten Genusses, den man empfindet, wenn man
ganz und gar in einer schwierigen Aufgabe aufgeht. [316] Mein
Ehemann zum Beispiel übte stundenlang in unserem Garten
Würfe mit der Angelrute, indem er auf Hula-Hoop-Reifen zielte.
Heute geht er zum Fliegenfischen und vergisst in einer Art Angel-
High sowohl die Zeit als auch die brennende Sonne. Und auch bei
Ihnen könnten die richtigen Gewohnheiten eine alte
Leidenschaft für Musik, für das Schreiben oder für kreatives
Kochen neu entfachen.
Wenn man aus Gewohnheit handelt, passiert aber noch mehr:
Unsicherheit wird reduziert, das Gefühl, dass unsere
Erfahrungen zusammenhängend und durchschaubar sind,
verstärkt sich. In einer Umfrage über tägliche Routinen fanden
Menschen, die von sich erzählten, dass sie »im Prinzip jeden Tag
das Gleiche machten«, das Leben sinnhafter als andere. [317] Das
galt auch für einzelne Momentaufnahmen. Als man sie im Laufe
des Tages kontaktierte, berichteten die Menschen öfter, dass
ihnen das Leben sinnvoll vorkam, wenn sie gerade etwas taten,
das Teil ihrer Routine war. Wie eine der Autorinnen der Studie,
Samantha Heintzelman, schrieb: »Die Anwendungsbereiche
drängen sich geradezu auf.« [318] Der Sinn des Lebens kann
daraus erwachsen, sein Büro sauber zu halten, einen Plan für
den Tag zu haben, sich jede Woche mit Freunden zum Essen zu
treffen oder jeden Tag den gleichen Weg zur Arbeit oder zur
Schule zu laufen. Das ist die Stimmigkeit eines geordneten
Lebens. Und diese Stimmigkeit können wir alle erreichen.
Dieser simple Effekt – Wiederholung erzeugt Freude – trägt
wesentlich zur Haltbarkeit unserer Gewohnheiten bei. Wenn
Gewohnheiten nützlich oder auch nur neutral sind (sogar die
Sache mit der Zahnpasta!), dann arbeitet die Tatsache, dass wir
sie mögen, für uns. Solche guten Gefühle versöhnen uns mit der
Alltäglichkeit des Lebens und bestehen auch dann fort, wenn wir
uns längst anderen Belohnungen zugewandt haben. Wenn wir
unser Sparkonto, unser regelmäßiges Sportprogramm oder
unsere produktiven Arbeitsgewohnheiten schätzen lernen,
erweist sich dieses simple Phänomen als nützlich: Je öfter wir die
entsprechenden Tätigkeiten wiederholen, desto mehr schätzen
wir sie.
Dieses grundlegende Phänomen ist überall zu beobachten.
Wenn man ältere US-Bürger zu ihren Lieblingsprodukten
befragt, bekommt man Antworten, die kaum überraschen:
Pond’s Gesichtscreme, Tide-Waschmittel und Heinz
Tomatenketchup. [319] Aber obwohl diese Kunden keine
Schwierigkeiten hatten, die Produkte, die sie besonders gern
kauften, zu benennen, konnten die wenigsten erklären, warum
das so war. In der Zusammenfassung der Studie heißt es: »Was
auch immer dazu geführt hatte, dass die Interviewpartner
irgendwann angefangen hatten, das Produkt zu kaufen: Dieser
Grund war verglichen mit der aktuell empfundenen
Bequemlichkeit und dem angenehmen Gefühl der Vertrautheit
mit diesen Produkten völlig unwichtig.« Durch unser Verhalten
seien »das beste Produkt und das Produkt, mit dem wir uns am
wohlsten fühlen, möglicherweise nahezu ununterscheidbar
geworden«.
Zum Schluss noch eine warnende Anmerkung: Es ist möglich,
dass wir Handlungen wiederholen und lieben lernen, die
überhaupt nicht gut für uns sind. Wenn wir solchen Dingen
ausgesetzt sind, kann es geschehen, dass wir uns mit
Verhaltensweisen versöhnen, die alles andere als ideal sind. Wir
schieben lästige Pflichten auf, essen zu viel oder treiben zu wenig
Sport, weil wir das nun einmal immer so getan haben. Ohne
einen echten Grund dafür zu haben – abgesehen von dem aus
der Vergangenheit stammenden Sog der Wiederholung –, bleiben
wir bei dem, was wir immer getan haben. Und schließlich mögen
wir sogar unsere schlechten Gewohnheiten. Die Forschung zeigt
uns, dass diese Wertschätzung nur verschwindet, wenn wir neue
Gewohnheiten ausbilden, die dann ihrerseits durch
Wiederholung zu dem werden, was wir als vertraut und bequem
empfinden.
15 Sie sind nicht allein

Manchmal fühle ich mich so: Ich stehe am Ufer eines schnell
dahinfließenden Flusses und höre den Schrei eines ertrinkenden
Mannes. Ich springe in den Fluss, schlinge meine Arme um ihn,
ziehe ihn ans Ufer und beginne mit der künstlichen Beatmung.
Genau in dem Augenblick, in dem er wieder zu Luft kommt, höre
ich noch einen Hilfeschrei. Ich springe ins Wasser, schwimme,
kriege ihn zu fassen, ziehe ihn ans Ufer, beginne mit der
künstlichen Beatmung, und gerade, als er zu atmen anfängt, noch
ein Hilfeschrei. Also zurück in den Fluss, schwimmen, ziehen,
beatmen, Luft und noch ein Schrei. Wieder und wieder, endlos,
immer der gleiche Ablauf. Wissen Sie, ich bin so beschäftigt mit
Reinspringen, Rausziehen und Beatmen, dass ich keine Zeit habe
nachzusehen, wer zum Teufel dort oben am Fluss steht und all die
Leute ins Wasser schubst.

John McKinlay, Epidemiologe

Um zu verstehen, welche Macht hinter unseren Gewohnheiten


steht, mussten wir uns zunächst klarmachen, wie drastisch die
meisten von uns den Einfluss (und die Wichtigkeit) des
bewussten Denkens überschätzen. Nicht dass es überhaupt keine
Auswirkungen hätte, es ist nur einfach nicht so allgegenwärtig,
wie wir glauben. Wir können diese verzerrte
Selbstwahrnehmung getrost auf unsere Selbstgefälligkeit
schieben: Aus der Perspektive des Bewusstseins hat jeder von
uns die absolute Kontrolle über das eigene Leben und Verhalten.
Wenn wir allerdings nicht erreichen, was wir uns vorgenommen
haben, fühlen wir uns doppelt schlecht: Wir haben nicht nur das
Ziel verpasst, sondern hatten auch eigentlich von Anfang an
nicht das Zeug zum Erfolg. Ich habe schon ein paarmal betont,
wie unnötig dieses Gefühl des doppelten Scheiterns ist. Denn
unser Gewohnheits-Ich kann tatsächlich den Großteil der
Schwerstarbeit übernehmen, die notwendig ist, um die von
unserem bewussten Ich gesetzten Ziele zu erreichen. Auf diese
Weise leben wir erfolgreicher und glücklicher.
Es gibt jedoch noch einige Probleme, die unser Gewohnheits-
Ich nicht lösen kann – einfach, weil sie für einen einzelnen
Menschen zu groß sind.
Viele unserer Schwierigkeiten sind im Grunde nichts
Persönliches. Sehen Sie sich doch um! 40 Prozent der
Amerikaner sind übergewichtig, die Hälfte aller Ehen wird
geschieden, und im Schnitt haben die Leute nicht mehr als 17 000
Dollar auf ihrem Sparkonto, wenn sie in den Ruhestand gehen.
Diese erschreckenden Statistiken können auch etwas Befreiendes
haben: Man ist nicht ganz allein für seine Gesundheit und sein
Wohlbefinden verantwortlich. Die Herausforderungen, mit
denen uns das große Ganze, in dem wir leben, tagtäglich
konfrontiert, sind soziale Probleme, die wir mit vielen anderen
Menschen gemeinsam haben. Das hat auch Auswirkungen
darauf, wie wir Gewohnheiten beurteilen, und auf die Frage, wie
wir unsere Umgebungen für uns alle zusammen besser gestalten
können. Indem Sie flussaufwärts blicken, können Sie die Kräfte
identifizieren, die uns alle immer wieder in einen Strom von
Schwierigkeiten stürzen, wie John McKinlay es ausgedrückt hat.
Außer dem nagenden Gefühl des Scheiterns haben Sie nichts zu
verlieren.

Der Wirtschaftsnobelpreisträger Richard Thaler und sein Co-


Autor Cass Sunstein haben in ihrem 2009 erschienenen Buch
über Sozialpolitik den Ausdruck Nudge geprägt. Sie verfolgen
damit einen Top-down-Ansatz, der aus einem Gebiet stammt, das
man Verhaltensökonomik nennt, aber ihre Schlussfolgerungen
sind in unserem Zusammenhang trotzdem interessant. Ich habe
in diesem Buch die persönliche Ebene von Auslösereizen und
Umgebungskontexten dargestellt, während sie zeigen, wie
Veränderungen der Wahlmöglichkeiten in unseren kollektiv
geteilten Umgebungen auf ähnliche Weise eine kluge
Sozialpolitik befördern können. Die Standardmaßnahme der
Politik zur Herbeiführung von Verhaltensveränderungen sind
Steuern, die die meisten von uns aber nur murrend bezahlen.
Wie die Autoren betonen, müssen politische Lösungen jedoch
nicht unbedingt mit dieser Art von Zwang verbunden sein.
Stattdessen schlugen Thaler und Sunstein strategische
Veränderungen vor, die in sich einen Anstoß oder kleinen
Schubser (Nudge) enthalten und »das Verhalten von Menschen in
vorhersagbarer Weise verändern können, ohne irgendwelche
Optionen auszuschließen oder wirtschaftliche Anreize stark zu
verändern«. [320] Sie und ich können in diesem Vorschlag
unmittelbar das wiedererkennen, was wir die antreibenden und
widerstrebenden Kräfte unserer Umgebungen nannten.
Nehmen wir zum Beispiel Organspenden. In vielen Ländern ist
es möglich, einer Organspende zu widersprechen. Die
Zustimmung einer Person wird so lange vorausgesetzt, bis sie
sich explizit entscheidet, ihre Organe nach ihrem Tod nicht zu
spenden. Wie man sich denken kann, haben solche Länder, unter
ihnen Spanien, Österreich und Singapur, hochgradig erfolgreiche
Organspendeprogramme. [321] In den USA dagegen müssen wir
uns noch immer für eine Organspende entscheiden. Man geht so
lange davon aus, dass Sie mit einer Organspende nicht
einverstanden sind, bis Sie explizit etwas anderes sagen,
normalerweise, indem Sie – zum Beispiel auf Ihrem
Führerschein – ein entsprechendes Kästchen ankreuzen. Als
Ergebnis gibt es in den USA einen großen Mangel an
Spenderorganen. Mehr als 100 000 Patienten stehen auf
Wartelisten für Organtransplantationen, und viele von ihnen
werden den Tag, an dem sie an der Reihe wären, nicht mehr
erleben. Das Widerspruchsmodell nutzt die Aufwendigkeit der
bewussten Entscheidung im Vergleich zur Effizienz der
Gewohnheit. Sich für etwas zu entscheiden – zum Beispiel für
das Abnehmen oder für die Zustimmung zu einer Organspende –
ist sehr viel einfacher, wenn die Wahlmöglichkeiten so
strukturiert sind, dass sie entsprechende Verhaltensweisen
erleichtern.
Andere Nudge-Strategien bestehen zum Beispiel darin, dass
man Informationen vereinfacht, Warnungen ausspricht und
bestimmte soziale Normen besonders unterstreicht. Wie wir
gesehen haben, entwickeln solche Maßnahmen nicht immer die
Kraft, schon etablierte Gewohnheiten zu ändern. Dennoch kann
es sehr nützlich sein, bestimmte Kontexte neu zu ordnen und
damit die erwünschten Aktivitäten einfacher zu machen. Eines
der bekanntesten Programme in dieser Richtung ist das »Save
More Tomorrow«-Programm von Thaler und Shlomo Benartzi.
[322] Früher musste man sich aktiv entscheiden, in die
Betriebsrente der Firma einzuzahlen, in der man arbeitete, was
immer erst einmal bedeutete, das Gehalt, das aufs Konto kommt,
zugunsten einer Investition in die Zukunft zu verringern. Heute
wird man, wenn man neu in eine Firma kommt, häufig
automatisch für solche Programme angemeldet, bei denen
zudem die Sparquote an die zukünftige Lohnentwicklung
geknüpft ist, sodass das Geld, das man auf dem Konto hat, nicht
weniger wird (wodurch sich zumindest diese Reibung reduziert).
Es ist jedoch nicht verpflichtend, an diesen Programmen
teilzunehmen. Aber man muss, wenn man nicht mitmachen
möchte, eine aktive und bewusste Entscheidung und dazu ein
Formblatt ausfüllen, auf dem in etwa steht: »Nein. Ich möchte
das Geld lieber heute ausgeben, als es für mein Alter zu sparen.«
Wie erfolgreich dieses Programm war, zeigte sich daran, dass die
Einzahlungen in solche Rentenkassen bereits um 29,6 Milliarden
Dollar gestiegen waren, als Thaler im Jahr 2017 den Nobelpreis
erhielt.
Die neue Idee, Sozialpolitik auf der Grundlage
wissenschaftlicher Erkenntnisse zu organisieren, ist brillant.
Unser bewusstes Ich unterschätzt wie gesagt den Einfluss
äußerer Kräfte innerhalb unserer alltäglichen Kontexte massiv,
und wissenschaftlich fundierte Strategien können in solchen
Fällen für eine Korrektur sorgen. In Großbritannien wurde ein
Behavioural Insights Team gegründet, um wissenschaftliche
Erkenntnisse auf diese Weise zu nutzen. Diese Arbeitsgruppe
konzipiert Regierungsinitiativen, die darauf abzielen, die
Alltagsumgebungen von Menschen so zu verändern, dass
sinnvolle Verhaltensweisen erleichtert werden
( https://www.bi.team/ ).
Die Vereinigten Staaten hinken, wie immer, wenn es um aktive
Regierungspolitik geht, an dieser Stelle etwas hinterher.
Inzwischen gibt es immerhin eine Arbeitsgruppe auf
Bundesebene, das Social and Behavioral Sciences Team, aber
dessen Einfluss ist deutlich geringer als der seines britischen
Pendants. Auch wo es zu echten Härten führt, hat das Konzept
der Unabhängigkeit des Individuums bei uns noch immer eine
extrem verführerische Aura. Das hat nichts damit zu tun, dass
wir keine Hilfe von anderen Menschen annehmen möchten;
schon eher liegt es daran, dass wir Selbstkontrolle und
Willenskraft noch immer als die einzigen ernst zu nehmenden
Mittel betrachten, unsere Ziele zu erreichen. In Wirklichkeit
machen wir uns dadurch aber das Leben häufig nur schwerer
und schaffen für die große Mehrheit der Menschen mit einer
normal ausgebildeten Willenskraft die Voraussetzung dafür, dass
sie sich ständig als Menschen erleben, die scheitern.
Dennoch finden sich zu diesem Thema überall in den USA
wundervolle semiexperimentelle Situationen. Hier kommt die
große Diversität ins Spiel, von der Amerika geprägt ist. Das Land
ist nur eine lose gestrickte Föderation, in der jeder Staat und jede
Stadt bis zu einem gewissen Grad eigene Gesetze und Werte
haben, eine eigene Geschichte und Ökonomie. Diese Diversität
ermöglicht es, Gegenden des Landes, in denen es den Menschen
besser gelingt, die gängigen Lebensziele zu erreichen, mit
Gegenden zu vergleichen, in denen den Bürgern das schlechter
gelingt. Es ist tatsächlich so, dass es in den USA Gegenden gibt, in
denen die Menschen schon jetzt so handeln, dass sie gesünder,
reicher und glücklicher sind. Weil wir natürlich nicht mit
Sicherheit sagen können, worauf solche nützlicheren
Gewohnheiten und Lebensstile zurückzuführen sind, spreche ich
in diesem Zusammenhang von »semiexperimentellen«
Situationen. Wir können jedoch oftmals recht valide
Vermutungen darüber anstellen, welche sozialpolitischen
Maßnahmen es sind, die die Kräfte in unserer Lebensumgebung
so verändern, dass es für mehr Menschen möglich wird, ihre
Ziele zu erreichen.

Wenn Sie mich fragen würden, was Sie tun können, um mehr
Sport zu treiben, wären Sie mittlerweile wahrscheinlich schon
auf die bekannte Predigt vorbereitet: darüber, wie Sie zur
Ermöglichung eines regelmäßigen Trainings antreibende Kräfte
in Gang setzen und widerstrebende Kräfte beseitigen müssen.
Zusätzlich rechnen Sie wahrscheinlich noch mit einem kleinen
Vortrag über die Wichtigkeit von Belohnungen. Sie erwarten,
dass ich Ihnen erkläre, wie Sie persönlich, unter Ihren ganz
individuellen Lebensbedingungen, eine Sportgewohnheit
ausbilden können. Dieser Ansatz ist in gewisser Hinsicht wirklich
gut. Aber auch die Standardoptionen, die in unserer
gemeinsamen Umgebung existieren, sind insofern wichtig, als sie
antreibende und widerstrebende Kräfte auslösen.
An bestimmten Orten in den USA treiben die Menschen mehr
Sport als an anderen. Mehr als 25 Prozent der Einwohner von
Colorado, Alaska und Washington, D. C., hielten sich im Jahr 2014
an die Regierungsempfehlung, 150 Minuten in der Woche
Herzkreislauftraining und zweimal wöchentlich Krafttraining zu
machen. [323] Es ist unter diesen Umständen kein Wunder, dass
die Einwohnerinnen und Einwohner von Colorado und Alaska
im Vergleich zum Rest der USA am seltensten an Diabetes Typ II
erkranken, in Colorado zusätzlich auch am seltensten an
Bluthochdruck. [324] Und Washington, D. C., lag bei beiden
Aspekten nicht weit zurück.
Die Sportstatistiken in Tennessee und West Virginia sahen
dagegen vollkommen anders aus: Nur 13 Prozent der dortigen
Einwohnerinnen und Einwohner trieben regelmäßig Sport. In
einigen Staaten versuchten es die Leute noch nicht einmal – ein
Drittel der Bewohner von Alabama, Louisiana und Mississippi
machten überhaupt keinen Sport. In der Folge wiesen diese
Staaten einige der höchsten Krankheitsraten auf. Sie waren
allesamt unter den Top Ten bezüglich Diabetes Typ II und
Bluthochdruck.
Woraus besteht die magische Zutat, die gesunde von
ungesunden Staaten unterscheidet? Eine Antwort lautet: aus
Menschen, die sich entschieden haben, dort zu leben. Menschen,
die sich gern bewegen, ziehen in Staaten wie Colorado oder
Alaska, die Bilder vom Skifahren, Klettern und Kanufahren
heraufbeschwören und in denen man einfach gut an der frischen
Luft sein kann. Das Image von Washington, D. C., ist aktiv und
urban, mit Fußgängern, Radfahrern und Joggern. Im Gegensatz
dazu wecken Louisiana und West Virginia nicht gerade
Assoziationen von einem aktiven Lebenswandel. Die Menschen,
die sich hier wohlfühlen, sind wahrscheinlich eher ruhige und
etwas bequeme Typen. Man sollte niemals den Hang der
Menschen unterschätzen, sich selbst freiwillig in Schubladen zu
sortieren.
Aber auch lokale Programme, die örtliche Kultur und Politik,
die in ihrer Gesamtheit Einfluss auf das Verhalten der
Einwohner haben, sind Teil der Antwort. So ist zum Beispiel in
Colorado und Alaska die Outdoor- und Freizeitindustrie ein
wichtiger Wirtschaftsfaktor. Und dann ist da noch das Verhalten
Ihrer Nachbarn. Wenn Sie in einem dieser Staaten leben, ist es
sehr wahrscheinlich, dass Sie von Ihren Nachbarn zum
gemeinsamen Joggen aufgefordert werden; Ihre Kinder fahren
mit dem Fahrrad zum Fußball, und zum Supermarkt gehen die
meisten Einwohner zu Fuß. An einem gewissen Punkt wird
Gruppenzwang tatsächlich wirksam. Doch selbst wenn das noch
nicht der Fall ist, wählen Sie Ihre Aktivitäten nun einmal aus
einem ganz bestimmten Angebot aus. Wenn Sie an einem Ort mit
ruhigeren Nachbarn leben, ist es wahrscheinlicher, dass Sie zum
Essen oder Kartenspielen zusammenkommen, als dass Sie in der
Hofeinfahrt gemeinsam Körbe werfen.
Aber die wissenschaftliche Analyse ist natürlich nicht alles.
Was wirklich interessant daran ist, ist die Frage, was passieren
würde, wenn Sie in einen dieser bewegungsfreundlichen
Bundesstaaten umziehen würden. Kann etwas, das Ihre
Wohnumgebung betrifft, tatsächlich Ihre eigene Fitness und
Gesundheit beeinflussen? Kann das wirklich einfach … nun ja …
wie durch Zauberhand geschehen? Würden Sie tatsächlich
abnehmen?
Natürlich kann ich nicht vorhersagen, wie es jedem Einzelnen
von Ihnen ergehen würde. Das ist der Nachteil, wenn man über
soziale Strategien nachdenkt und darüber, welche Standards
unsere gemeinsame Umgebung prägen. Schlüsse lassen sich nur
über Durchschnittseffekte ziehen – also über größere Gruppen
von Menschen. Doch sehen wir uns zum Beispiel einmal an, was
mit einigen von den Menschen geschah, die den Hurrikan
Katrina überlebten, jenen Sturm, der im August 2005 New
Orleans verwüstete. [325] Die Evakuierung und Neuansiedlung
von 280 von ihnen wurde wissenschaftlich begleitet. Es handelte
sich bei diesen Menschen fast durchweg um junge Frauen mit
ihren Kindern. Keine von ihnen hatte Einfluss darauf, wo sie
schließlich mit ihren Kindern untergebracht wurde. Ihre
Wohnorte richteten sich komplett nach Zufällen: wo es beim
Evakuieren einen Stau gab, welche Notunterkünfte in der
Umgebung überfüllt waren etc. Weil diese Menschen sich nicht
selbst aussuchen konnten, wo sie lebten, können wir an ihnen
beobachten, ob und wie sie von ihrer räumlichen Umgebung
beeinflusst wurden, und zwar unabhängig davon, ob sie gern
Sport trieben oder zu Fuß gingen.
Die meisten Evakuierten wurden aus New Orleans in weniger
städtische und weitläufigere Gemeinden gebracht, in denen die
Bevölkerungsdichte niedriger und die meisten Ziele zu Fuß nicht
zu erreichen waren. Als man sie sieben bis neunzehn Monate
später kontaktierte, war ihr Gewicht durchschnittlich um
5 Prozent gestiegen. Sie wogen im Schnitt etwa vier Kilo mehr!
Einige Evakuierte wurden aber auch an Orte gebracht, die
ebenso dicht besiedelt und fußgängerfreundlich waren wie New
Orleans. Sie nahmen im Durchschnitt überhaupt nicht zu.
Diese Studie ist deshalb wichtig, weil sie einen einzelnen
Faktor, der unsere Gesundheit und Fitness beeinflusst, isoliert
betrachtet. Die magische Zutat in dieser Studie bestand in der
Möglichkeit, sich in der eigenen Wohnumgebung zu Fuß
fortzubewegen. Und ob das der Fall ist, hängt im Wesentlichen
von der Politik ab: Hat ihre Stadt Gehwege gebaut, die es
ermöglichen, zum Supermarkt zu laufen und auch alle anderen
alltäglichen Aufgaben zu Fuß zu erledigen? Keine Frage, ein
Gehweg in einer ländlichen Gegend hat nicht die gleichen Effekte
wie ein Fitnessstudio. Aber eine Gemeinde, in der man sich gut
zu Fuß bewegen kann, ermöglicht Training auch dann, wenn
man es einmal nicht zum Sport schafft – und das selbst für die
Menschen, die nie Sport treiben. Gehwege verändern unsere
Umgebung so, dass gesundes Verhalten zum Standard wird.
Auch die Frage, welche Verkehrsmittel wir für größere
Strecken nutzen, also letztlich: wie wir tagtäglich zur Arbeit
kommen, wirkt sich auf unsere Gesundheit aus. In einer Studie
wurden 4000 britische Pendler über zwei Jahre begleitet, um die
Auswirkungen von Verkehrsmittelwechseln zu analysieren. [326]
Einige Autofahrer wechselten zu aktiveren
Fortbewegungsmitteln: Sie benutzten den Zug, den Bus oder das
Fahrrad oder gingen zu Fuß. Ihr Body-Mass-Index (BMI)
reduzierte sich dadurch durchschnittlich um 0,32 Punkte (was
etwa einem Kilogramm entsprach). Auch die Entfernung spielte
eine Rolle. Lange Arbeitswege von mehr als dreißig Minuten
reduzierten den BMI um durchschnittlich 2,25 Punkte (etwa
sechs Kilo). Wenn Menschen, die vorher aktiv zur Arbeit
gekommen waren, zu Beginn der Studie auf das Auto umstiegen,
erhöhte sich ihr BMI um durchschnittlich 0,34 Punkte (etwa ein
Kilo). Wir wissen nicht, aus welchen Gründen diese Menschen
ihre Gewohnheiten bezüglich des Verkehrsmittels änderten.
Vielleicht waren sie umgezogen, und die Entfernung zum
nächsten Bahnhof hatte sich geändert, oder sie hatten einen
neuen Job angefangen. Wir können davon ausgehen, dass die
Menschen mit dem höchsten Übergewicht wahrscheinlich die
geringste Neigung hatten, auf ein aktives Verkehrsmittel
umzusteigen. Aber das ist nicht der Punkt. Im Schnitt nahmen
die Menschen zu, wenn sie aufs Auto umstiegen, und ab, wenn
sie sich entschlossen, den Weg zur Arbeit mit öffentlichen
Verkehrsmitteln, dem Fahrrad oder zu Fuß zurückzulegen.
Die eigentliche Frage lautet also: »Würden die Leute
tatsächlich aktivere Fortbewegungsmittel wählen, wenn sie
häufiger die Möglichkeit dazu hätten?« Für die meisten
Amerikanerinnen und Amerikaner ist Autofahren die einfachste
und vertrauteste erschwingliche Option. Autos sind so
weitverbreitet, dass allein die Vorstellung, sich auf andere Weise
fortzubewegen, den meisten von uns Schwierigkeiten macht.
In Santa Monica, Kalifornien, wo ich lebe, wird etwa die Hälfte
aller Autofahrten für Kurzstrecken unter fünf Kilometern
genutzt. Um die große Verkehrsbelastung in den Griff zu
bekommen, wurden im Jahr 2017 E-Scooter eingeführt, die man
nach einem ähnlichen Prinzip ausleihen kann wie
Mietfahrräder. Auf einer Smartphone-App wird einem angezeigt,
wo der nächste Scooter steht, und im Jahr 2018 betrugen die
Kosten nur 1 Dollar pro Fahrt plus 0,15 Dollar pro Minute. Die
Idee dahinter ist, wie Francie Stefan, die Mobilitätsbeauftragte
von Santa Monica, erklärte, das Transportsystem so vielfältig zu
machen wie unser Ökosystem. Die Vormachtstellung des Autos in
den Vereinigten Staaten sei wie eine Monokultur. Sie sagte, sie
wolle »eine Vielfalt verschiedener Möglichkeiten anbieten, die
langfristig nebeneinander bestehen können«. [327] Doch das
System hat noch die eine oder andere Macke, vor allem was die
Sicherheit betrifft. So ist zum Beispiel unklar, ob die E-Scooter-
Fahrer Helme tragen müssen, außerdem sind auf den Gehwegen
schon Fußgänger angefahren worden. Und manchmal verstopfen
die abgestellten E-Scooter auch Fußwege und Einfahrten.
Andere Städte, andere Arten von aktiven
Fortbewegungsmitteln: Portland, Washington, D. C., Minneapolis,
Chicago, San Francisco und Philadelphia bauen seit einiger Zeit
ihr Radwegesystem aus. Entsprechend ist in diesen Städten die
Zahl der Fahrradfahrer in den letzten Jahren gestiegen. [328]

New York City hat inzwischen insgesamt mehr als 1600


Kilometer Fahrradwege, und die Anzahl der Menschen, die mit
dem Rad zur Arbeit fahren, wuchs zwischen 2011 und 2016 um
80 Prozent. [329] Minneapolis hat inzwischen einen 82 Kilometer
langen Ring von ausschließlich für Fahrradfahrer reservierten
Schnellstraßen, den Grand Rounds National Scenic Byway. Trotz
des berüchtigten Wetters in Minnesota haben diese
Fahrradstrecken 5 Prozent der Einwohner dazu motiviert, mit
dem Fahrrad zur Arbeit zu fahren.
Soziale Veränderungen wie diese entwickeln sich anfangs oft
langsam und nehmen dann Fahrt auf. Ein typisches Beispiel
dafür sind Anschnallgurte in Autos. In den 1960er-Jahren, als US-
Autobauer begannen, ausziehbare Gurte in ihre Autos
einzubauen, zunächst als Zusatzangebot, später aufgrund von
rechtlichen Bestimmungen, benutzte kaum jemand einen Gurt.
Die langsame Akzeptanz vieler Neuerungen hat auch damit zu
tun, dass etablierte Gewohnheiten uns nun einmal zuerst in den
Kopf kommen – noch bevor wir die Chance haben, über
Alternativen nachzudenken. Die meisten von uns bemerken
bestimmte Innovationen erst, wenn sie weitverbreitet sind. Die
Nutzung von Gurten begann erst in den 1980er-Jahren, als viele
Bundesstaaten das Anschnallen im Auto zur Pflicht machten,
sprunghaft anzusteigen. Sämtliche Autos in den USA haben
inzwischen elektronische Warnsysteme, die an die Benutzung
der Anschnallgurte erinnern sollen, und etwa 90 Prozent aller
Fahrer schnallen sich auch wirklich an. Wie wir in Kapitel 14
gesehen haben, fängt man an, die Handlungen, die man oft
wiederholt, zu mögen, und die Akzeptanz des Anschnallens
wuchs schnell, als die Gurte in immer mehr Staaten zur Pflicht
wurden. Inzwischen fahren wir auch durch New Hampshire, wo
es keine Anschnallpflicht für Erwachsene gibt,
höchstwahrscheinlich nur noch mit angelegtem Gurt – aus einem
Sicherheitsbedürfnis heraus und aus Gewohnheit. Handeln selbst
kann, wie wir in diesem Kapitel bereits gesehen haben, einen
Wandel von gesellschaftlichen Ansichten fördern.

Immobilienmakler erkennen immer mehr, wie wichtig ihren


Kunden die Gepflogenheiten einer bestimmten Wohnumgebung
sind (und wie groß der Wunsch der Menschen ist, sich selbst in
Schubladen zu sortieren). Auf Webseiten mit Statistiken über
Wohngegenden (z. B. neighborhoodscout.com oder niche.com )
kann man herausfinden, wie das Leben in einer neuen
Umgebung wahrscheinlich aussehen wird. Die entsprechende
Einschätzung beruht auf einer Kombination Ihrer aktuellen
Lebensgewohnheiten und dem durchschnittlichen Lebensstil der
Menschen, die in der fraglichen Gegend wohnen.
Einige unserer am tiefsten verwurzelten Gewohnheiten
hängen mit diesen sogenannten Stadtplan-Effekten zusammen. In
einer Studie wurden mehr als 6000 Amerikaner über acht Jahre
lang begleitet, weil man herausfinden wollte, wie sich ihre selbst
eingeschätzten Trinkgewohnheiten veränderten, wenn sich die
Menge der Spirituosenläden in ihrer Nähe veränderte. [330]
Wenn es im Stadtviertel mehr Läden gab, tranken die Leute auch
mehr. Pro vier zusätzlichen Läden pro Quadratmeile steigerten
Männer ihren wöchentlichen Bierkonsum um 32 Prozent. Frauen
steigerten ihren Weinkonsum um 16 Prozent.

[12]

Die Alkoholgesetze sind in den USA von Gegend zu Gegend sehr


unterschiedlich. Wie man auf der obigen Karte sieht, dürfen in
zehn Bundesstaaten die Countys den Verkauf von Alkohol
komplett verbieten. [331] In den weißen Countys darf Alkohol
verkauft werden, Countys, die schwarz gekennzeichnet sind, sind
»trocken«, und Gegenden in Grau sind teilweise »trocken«, weil
es dort zumindest einige Einschränkungen des Alkoholverkaufs
gibt. Aber selbst die weißen Gebiete sind im Detail sehr
unterschiedlich. New York City erlaubt zwar flächendeckend den
Alkoholverkauf, aber einige Stadtgebiete haben nur fünf
Spirituosenläden pro Quadratmeile, andere 132. In diesen
Stadtvierteln haben Wissenschaftler die Einwohnerinnen und
Einwohner aufgefordert, ihre Gewohnheiten bezüglich
exzessiven Alkoholkonsums zu skizzieren. [332] (Der dort
zugrunde gelegten Definition nach trinkt eine Frau exzessiv,
wenn sie in zwei Stunden vier oder mehr alkoholische Getränke
zu sich nimmt, bei einem Mann sind es fünf oder mehr Drinks.)
In Stadtvierteln mit 130 Spirituosenläden tranken 13 Prozent der
erfassten Personen mindestens einmal im Monat auf diese Weise
exzessiv. In Stadtvierteln mit zwanzig entsprechenden Läden pro
Quadratmeile waren nur 8 Prozent schwere Trinker.
Dass die bloße Erreichbarkeit von Alkohol derartige
Auswirkungen haben kann, ist eigentlich nicht schwer zu
verstehen. Wenn man in einer Gegend lebt, in der Alkohol
schwer zu bekommen ist, muss man schließlich viel Zeit und
Energie auf seine Beschaffung verwenden. Impulsivem
Komatrinken stehen dann sozusagen organisatorische
Hindernisse im Weg. Die Begrenztheit des Alkoholvorrats in der
Nähe kann auch dazu führen, dass Alkohol insgesamt teurer
wird, was wiederum den Alkoholkonsum insgesamt ausbremst.
Natürlich haben Sie bei Ihrem letzten Umzug nicht darüber
nachgedacht, wie leicht man in der Nähe an Alkohol kommt. Und
selbst wenn Sie es getan haben, hatten Sie wahrscheinlich
bezüglich des Ortes, an dem Sie leben, keine völlig freie Wahl.
Sehr häufig entscheiden wir uns aus sehr persönlichen Gründen
für bestimmte Wohnorte, und diese Gründe haben mit den
allgemeineren Kräften, die in unserer Umgebung wirken und
uns alle beeinflussen, wenig zu tun. An diesem Punkt werden die
Werkzeuge, die ich Ihnen in diesem Buch vorgestellt habe,
besonders wichtig, damit es Ihnen besser gelingt, Ihre eigenen
Ziele zu erreichen. An diesem Punkt wird aber auch das Thema
der Beteiligung am Gemeinwesen wichtig. In einer Demokratie
kann jeder sich zu Wort melden und bei Wahlen so abstimmen,
dass die Umgebung weiter oben am Fluss verändert wird: damit
die gesellschaftlichen Standardoptionen für die Mehrheit von
Vorteil sind.

Das, was als Standardoption Einfluss auf uns alle nimmt, wird
erst mit der Zeit sichtbar. »Wer sich nicht an die Vergangenheit
erinnern kann, ist dazu verurteilt, sie zu wiederholen.« Dieses oft
wiederholte Zitat des Philosophen George Santayana hat
wahrscheinlich nirgends eine so große Gültigkeit wie bei der
Frage, wie viel wir essen.
Die US-amerikanische Landwirtschaftspolitik änderte sich in
den 1970er-Jahren, etwa zur selben Zeit, in der die Epidemie des
Übergewichts anfing, um sich zu greifen. Nachdem die Preise für
Grundnahrungsmittel in historisch nie gesehener Weise
angestiegen waren, kam es zu massiven Protesten, woraufhin die
Regierung das System der Landwirtschaftshilfen auf eine Weise
veränderte, die die Überproduktion beförderte. Politisch
betrachtet war die Änderung dieser Gesetzgebung ein Erfolg –
seither ist der Preis von Nahrungsmitteln nie wieder ein
politisches Thema gewesen. Doch die Veränderungen wurden
zur Gefahr für unsere Gesundheit. Seit Mitte der 1970er-Jahre
hatten die Bauern einen Anreiz, pro Person und Tag 500 Kalorien
mehr zu produzieren. [333] 200 Kalorien davon landeten
tatsächlich auf unseren Tellern, der Rest wurde anderweitig
verwendet. Die Nahrungsmittelindustrie wuchs, und wir
Amerikaner machten es ihr nach.
Unsere Mahlzeiten sind sehr viel größer geworden. In den
vergangenen zwanzig Jahren haben sich laut National Institute
of Health die Portionsgrößen in Restaurants verdoppelt oder
sogar verdreifacht. [334] Ein normal großer Bagel hatte früher
140 Kalorien und einen Durchmesser von etwa 7,5 Zentimetern,
heute enthält er 350 Kalorien und hat einen Durchmesser von
rund 15 Zentimetern. Eine Portion Spaghetti bestand aus einem
Cup (ca. 240 Milliliter Volumen) mit Soße und drei kleinen
Fleischbällchen, zusammen etwa 500 Kalorien. Heute? Sind es
zwei Cups voll Soße mit drei großen Fleischbällchen, insgesamt
mehr als 1000 Kalorien. Ein Putensandwich hatte früher etwa
320 Kalorien, heute haut es mit fast 820 Kalorien rein. Die
Überdimensionierung von Portionsgrößen ist beim Fast Food
besonders ausgeprägt. Eine Grafik der Centers for Disease
Control and Prevention zeigt, um wie viel eine durchschnittliche
Fast-Food-Mahlzeit sich mit der Zeit vergrößert hat. Seit den
1950er-Jahren haben sich die Pommesbeilagen verdreifacht, die
Größe der Burger hat sich vervierfacht, die der Softdrinks
versechsfacht.

[13]
Und was in den Restaurants auf den Tisch kommt, das essen wir
auch. Wie wir in Kapitel 4 gesehen haben, sind Portionsgrößen
genauso große Einflussfaktoren wie die Verfügbarkeit von
Alkohol in unserem Stadtviertel. Wenn das Vielessen erleichtert
wird, indem Portions- und Packungsgrößen wachsen, dann
nehmen wir auch mehr zu uns. Schließlich ist es ja schon auf
unserem Teller. [335] Und wenn wir erst einmal mehr essen,
dann gefällt es uns irgendwann, und unser Körper passt sich so
an, dass der gesteigerte Konsum zur Norm wird.
Das mit den Portionsgrößen ist heimtückisch, aber durch
genaues Auswählen von Restaurants und die bewusste
Entscheidung, öfter zu Hause zu essen, ist es für jeden von uns
möglich, auf Dauer weniger zu essen. Wir können selbst
entscheiden, welche Packungsgrößen wir im Supermarkt kaufen.
Die Umstände, die weiter oben am Fluss herrschen, wirken sich
nur statistisch aus. Sie müssen nicht zum Teil jener Kräfte
werden, die unsere ganz persönliche Umgebung prägen.
Eine etwas umfassendere Lösung, die aber auch mehr Ecken
und Kanten hat als das inoffizielle Anstoßen von Entscheidungen
(Nudging), ist eine Steuergesetzgebung, die so konzipiert ist, dass
der Konsum von Lebensmitteln mit leeren Kalorien
eingeschränkt wird. In zwei Gesetzesinitiativen wurde die
Erhebung von Steuern auf gezuckerte Getränke beschlossen: In
Berkeley, Kalifornien, wurde pro 0,03 Liter Süßgetränk eine
Steuer von 1 Cent erhoben, und in Mexiko verabschiedete man
im Jahr 2014 ein Gesetz, das pro Liter Süßgetränk 1 Peso Steuern
festlegte. Beide Steuern sind so hoch, dass die Konsumenten sie
an der Kasse spüren.
In den Vereinigten Staaten sind Steuern schon immer ein
äußerst kontroverses Thema. Den Bürgerinnen und Bürgern ist
ein freundlicher Nudge, der ihnen das Gefühl gibt, selbst
entscheiden zu können, sehr viel lieber. Aber Steuern haben in
diesem Fall einen entscheidenden Vorteil. Sie machen die
frühere schlechte Angewohnheit nicht nur reibungsvoller,
sondern signalisieren auch, dass sich die gesamte Umgebung
gewandelt hat. Die Botschaft lautet: Wir als Gemeinschaft finden
dieses Verhalten nicht mehr gut. Wir versuchen gemeinsam,
dieses Verhalten einzudämmen. Als soziale Wesen sind wir
Menschen für solche Reize überaus empfänglich. Wenn sich
soziale Standards ändern, springen die meisten Menschen früher
oder später auf den Zug auf.
Die Hersteller von Softdrinks argumentierten, dass sich die
Kunden ihre Kalorien in diesem Fall anderswo suchen würden.
So verlautbarte der Pressesprecher der American Beverage
Association (der Interessengemeinschaft der Softdrinkhersteller),
William Dermody: »Steuern und Verbote und Einschränkungen
können das Verhalten, das zu Übergewicht führt, nicht
ändern.« [336] Doch wie wir wissen, funktionierten Steuern bei
der Kontrolle des Tabakkonsums hervorragend. Durch die
Besteuerung von Zigaretten, durch Rauchverbote an öffentlichen
Orten und durch Werbeauflagen wurde das Rauchen um die
Hälfte reduziert.
In Berkeley jedenfalls ist der Verkauf von gesüßten Getränken
ein Jahr nach der Einführung der Steuer um 10 Prozent
zurückgegangen. [337] Die Einwohner der Stadt kauften von nun
an einfach andere Getränke. Die Verkäufe von nicht besteuerten
Getränken wuchsen um 4 Prozent, und vor allem der Verkauf
von Wasser steigerte sich um 16 Prozent.
In Mexiko waren gesüßte Getränke vor der Besteuerung für
10 Prozent der täglich konsumierten Kalorien verantwortlich.
[338] Vor allem Softdrinks erfreuten sich hier großer Beliebtheit.
In den zwei Jahren, die auf die Einführung der Steuer folgten,
verringerte sich der Konsum um 8 Prozent. Auch die Einwohner
Mexikos kauften stattdessen andere Getränke. Der Verkauf von
nicht besteuerten Getränken steigerte sich um 2 Prozent. Wie
man sich denken kann, traf die Steuer die Ärmsten besonders
hart, wodurch ihr Konsum um 12 Prozent gesenkt wurde,
während die reicheren Leute ihren Konsum nur um 5 Prozent
senkten. Im Jahr 2014 verabschiedete Mexiko darüber hinaus
eine Steuer von 8 Prozent auf »nicht notwendige energiereiche
Lebensmittel«. Auch das funktionierte. Der Verkauf von dieser
Art von Junkfood reduzierte sich in den ersten beiden Jahren um
6 Prozent. [339]
Ob diese Art von Steuern sich tatsächlich auf das
Körpergewicht von Menschen auswirken, bleibt abzuwarten.
Können sie ein Ansatz sein, um das Problem des Übergewichts in
den Griff zu bekommen, so wie sie tatsächlich dazu beigetragen
haben, Krankheiten einzudämmen, die mit dem Rauchen
zusammenhängen? Bisher wissen wir lediglich, dass durch
Steuern die Verkäufe zurückgehen. Das ist zwar eine erste
Antwort, aber die gesundheitlichen Auswirkungen dieses
Rückgangs müssen erst noch analysiert werden.

Die Auswirkungen von gesellschaftlichen Standards sind


nirgends so offensichtlich wie bei unseren Versuchen, einen
nachhaltigen Lebensstil zu pflegen und unseren ökologischen
Fußabdruck möglichst klein zu halten. Vielleicht würden Sie gern
recyceln und nicht mehr zum Überquellen unserer
Mülldeponien beitragen. Wenn Sie in einer Stadt leben, ist das
relativ einfach. Im Jahr 2016 wurde bei 70 Prozent der
amerikanischen Stadtbewohner, jedoch nur bei 40 Prozent der
Einwohner ländlicher Gegenden der getrennte Müll direkt vor
der Haustür abgeholt. Auch, in welchem Bundesstaat man lebt,
spielt eine Rolle. [340] Im Jahr 2011 recycelten Kalifornien, Maine
und Washington State etwa 50 Prozent des kommunalen
Hausmülls. Oklahoma, Alaska und Mississippi erreichten hier
jeweils nur 5 Prozent. In diesen Staaten muss man viel
investieren, um geeignete Recyclingtonnen zu finden und zum
nächsten Wertstoffhof zu kommen, und es gibt nur sehr selten
die Möglichkeit, den Müll direkt vor der Haustür abholen zu
lassen. Wer in solchen Staaten lebt, muss sich sehr ins Zeug
legen, wenn er seinen Müll recyceln will.
Und was ist mit dem Energieverbrauch? Mehr als die Hälfte
aller Haushalte in den USA haben inzwischen digitale
beziehungsweise intelligente Messgeräte (Smart Meter), die den
Energieverbrauch aufzeichnen. [341] Aber wissen Sie überhaupt,
ob Sie dazugehören? Energiesparen könnte so einfach sein.
Jedoch waren von den 75 Millionen von der Regierung
installierten Messgeräten im Jahr 2016 nur ein paar Tausend mit
einem Display ausgestattet, das man auch selbstständig direkt in
der Wohnung ablesen konnte. [342] Wer ein solches Display nicht
hat, muss sich auf der Webseite des Energieversorgers einloggen,
um zu erfahren, wie viel Energie er verbraucht. Was die Sache
noch unbefriedigender macht, ist, dass auf der Webseite nicht
der aktuelle Stand des Verbrauchs angegeben wird. Im Prinzip
sind die Informationen da, aber wir haben keinen Zugang zu
ihnen.
Die Messgeräte waren eine großartige Idee, weil ihr Feedback
externe Kräfte in Gang setzen kann, die unseren
Energieverbrauch senken. Mit einem in der Wohnung
ablesbaren Display ist die Unwissenheit bezüglich unseres
eigenen Energieverbrauchs kein Standard mehr. Wichtiger noch
als die Informationen, die das Gerät liefert, ist wahrscheinlich
die Unmittelbarkeit, mit der es das Abschalten von
Elektrogeräten belohnt. Man muss es nur einige Male
ausprobieren, um ein Gefühl dafür zu bekommen, wie viel
Energie – und Geld – man spart, wenn man das Thermostat an
einem heißen Tag statt auf 21 einfach auf 24 Grad Celsius stellt.
[14]

Ein Experiment mit mehr als 400 Haushalten in Connecticut


konnte genau das zeigen. [343] Im Laufe zweier Sommermonate
des Jahres 2011 bekamen Energiekunden ein Messgerät zum
eigenständigen Ablesen in der Wohnung, das dem auf der
Abbildung oben ähnelte und den Echtzeitverbrauch, den
Strompreis, den geschätzten monatlichen Verbrauch und die
bisher aufgelaufenen Kosten zeigte. Die Testpersonen konnten
entweder zusehen, wie der Zähler ratterte und die Kosten
stiegen. Oder sie konnten etwas unternehmen und ihren
Verbrauch reduzieren. Außerdem bekamen sie Textnachrichten,
die sie einen Tag im Voraus über den Anstieg der Energiepreise
während der heißen Tage informierten. Eine Kontrollgruppe
bekam nur die Nachrichten, ohne die digitalen Messgeräte mit
den ablesbaren Displays. Während der zwei Monate, in denen
die Studie lief, reduzierte die Kontrollgruppe, die ausschließlich
die Textnachrichten erhielt, ihren Energieverbrauch während
der teuersten und heißesten Zeit um 7 Prozent. Die mit den
Messgeräten waren erheblich erfolgreicher: Sie senkten ihren
Energieverbrauch um 22 Prozent. Die Autorinnen und Autoren
der Studie schlossen daraus, dass durch die Messgeräte die
Treibhausgase, die Privatpersonen durch den Verbrauch von
Elektrizität produzieren, um 1 bis 2 Prozent gesenkt werden
könnten.
Das Messgerät ist eine hervorragende Möglichkeit, neue
Stromspargewohnheiten zu etablieren. Wenn Sie das Licht
anlassen, bekommen Sie ein unmittelbares Feedback in Form
einer erhöhten Stromrechnung. Wenn Sie es ausschalten, senkt
das die Gebühren. Und wenn Sie die lohnende Aktivität häufig
genug wiederholen, haben Sie eine Energiespargewohnheit
etabliert (Messgerät ablesen, nicht benötigte Elektrogeräte
ausstellen). Auf diese Weise kann eine politische Maßnahme die
Mechanismen zur Gewohnheitsbildung schon unmittelbar in sich
enthalten. Nun müssen wir nur noch herausfinden, wie man
jedes Haus in den USA mit einem solchen Display ausstatten
kann.
Nachwort

Dieses Buch handelt von dem, was wir alle jeden Tag viele
Stunden lang tun. Ein Großteil unseres Lebens fließt durch unser
Gewohnheits-Ich. Dieser Teil unseres Ichs ist etwas behäbiger als
das bewusste Verstehen. Er braucht ein wenig, um in Gang zu
kommen, aber dann ist er ziemlich unverwüstlich. Dieser Teil
von uns ähnelt einem starken, verlässlichen Arbeiter: Er lässt
sich nicht unterkriegen, ist stets bereit. Er neigt jedoch dazu, sich
ausschließlich auf das zu konzentrieren, was direkt vor ihm liegt.
Es gibt also Raum für ein bewusstes Ich – für den Teil von Ihnen,
der dieses Buch liest, der ein paar Pfund abnehmen, ein wenig
Geld beiseitelegen oder den eigenen Arbeitstag produktiver
gestalten möchte. Es ist dieses Ich, das die Ziele festlegt. Und
dann müssen Sie nur noch die Werkzeuge zur
Gewohnheitsbildung richtig anwenden, die in diesem Buch
vorgestellt wurden, um in Ihrem alltäglichen Umfeld genau
solche Kontexte zu etablieren, die den passenden Antrieb, die
passende Reibung und die passenden Belohnungen bereithalten.
Ihr neues, von Gewohnheit durchdrungenes Leben wird aus
zwei Gründen ein besseres Leben sein. Erstens: Sie werden
insgesamt mehr schaffen.
Der zweite Grund jedoch ist mindestens genauso wichtig, und
ich habe versucht, ihn in diesem Buch hervorzuheben: Sie
werden zu einer unkomplizierteren und ganzheitlicheren
Lebensweise finden.
Wir alle leben schon immer nach unseren Gewohnheiten. Die
meisten von uns sind sich dessen einfach nur nicht bewusst. Und
genau aus diesem Grund ignorieren wir einen großen Teil
unserer Persönlichkeit und lassen die Frage, warum wir tun, was
wir tun, unbeantwortet. Davon abgesehen, dass wir für all die
vielen Möglichkeiten, die Dinge sinnvoller anzugehen, blind sind.
Sein Leben ausschließlich auf Motivation und Willenskraft zu
stützen ist aufreibend und unergiebig. Man enttäuscht sich nur
immer wieder selbst. Man hat haufenweise Ziele und Vorsätze
und muss zusehen, wie sie immer größer und unerreichbarer
werden. Ideal und Wirklichkeit klaffen immer weiter
auseinander, und Sie werden diese Lücke als schmählichen
Beweis für Ihre Kraftlosigkeit und Charakterschwäche
interpretieren.
Aber das stimmt nicht.
Wenn Sie Ihr Gewohnheits-Ich in Ihr Leben integrieren,
können Sie erkennen, wie gut Sie auch ohne die an der
Oberfläche sichtbaren Impulse und Wünsche funktionieren.
Denn unter dieser Oberfläche gibt es etwas. Und dieses Etwas
können Sie für sich arbeiten lassen.
Die Prinzipien, die Sie hier kennengelernt haben, machen es
Ihnen leichter, Gewohnheiten in all ihren unterschiedlichen
Formen zu erkennen. Schlechte Gewohnheiten sind nun keine
peinlichen Abgründe mehr, sie werden stattdessen zu lösbaren
Herausforderungen, die nur darauf warten, erkannt und in
Angriff genommen zu werden. Und auch gute Gewohnheiten
sind nun nicht mehr der Widerschein irgendeines
geheimnisvollen, essenziellen Charakters, sondern können als
das erkannt werden, was sie sind. Besser noch: Sie geben sich als
Muster zu erkennen, auf denen sich andere, neuere und bessere
Gewohnheiten aufbauen lassen.
Darüber hinaus führt ein Verständnis von Gewohnheit dazu,
die Mühsal von Verhaltensänderungen zu reduzieren. Denn die
Überbrückung der Diskrepanz zwischen ständigem Scheitern
und nachhaltiger Veränderung hat mit individueller
Hartnäckigkeit und Entschlossenheit nichts zu tun. Es geht hier
nicht darum, ob man ein wertvoller Mensch ist. Selbst Menschen
mit bewundernswerter Ausdauer können scheitern. Stattdessen
kann man die Diskrepanz Schritt für Schritt überwinden, indem
man zum Beispiel alltägliche Kontexte so organisiert, dass sie
Handlungen fördern, mit denen man seine langfristigen Ziele
erreichen kann und die gleichzeitig Spaß machen. Genauso
gehen all die besonders erfolgreichen Menschen mit ihrer
angeblich so großen »Selbstkontrolle« die Dinge schon immer an.
Und genauso können auch Sie sich von geeigneten Kontextreizen
unterstützen lassen. Sie können bestimmte Handlungen so oft
wiederholen, dass sich neue Gewohnheiten bilden, die dann zum
vertrauten Standardverhalten werden. Sie können
Gewohnheiten etablieren, die selbst dann noch funktionieren,
wenn sie schon lange nicht mehr belohnt werden.
Ein gut gelebtes Gewohnheitsleben verspricht nicht mehr und
nicht weniger als das.
Wie Sie es vermeiden können,
dauernd auf Ihr Handy zu
schauen

Eine hilfreiche Geschichte

Es ist ziemlich wahrscheinlich, dass auch Sie zu den Menschen


gehören, die ihre Arbeitsmails auch dann noch abrufen, wenn
die offizielle Arbeitszeit vorbei ist. Ich weiß das, weil dies den
neuesten Gallup-Zahlen zufolge bei 59 Prozent der US-
amerikanischen Arbeitnehmer der Fall war. [344] Unabhängig
von den möglichen Vorteilen flexibler Arbeitszeitmodelle liegen
die Nachteile dieses Verhaltens auf der Hand. Je mehr man
außerhalb der Arbeitszeit beruflich kommuniziert, desto
gestresster und emotional erschöpfter ist man und desto
konfliktreicher ist das Verhältnis zwischen Zuhause und
Arbeitsplatz. [345] Es sind durchaus nicht nur Menschen mit
schlechten Jobs, die unter Stress leiden. Besonders häufig scheint
er nämlich in Situationen aufzutreten, in denen man nicht
arbeiten muss, aber für Vorgesetzte, Kollegen oder Kunden
dennoch erreichbar bleibt. Auch Angestellte, die ab und zu einen
offiziellen Bereitschaftsdienst ableisten mussten, fühlten sich an
solchen Tagen ängstlicher, weniger energiegeladen und
schlechter gelaunt als an Tagen mit normaler Arbeitszeit. Es
zeigte sich sogar, dass an solchen Tagen ihr Cortisol (ein
Stresshormon) erhöht war. [346]
Selbst wenn Sie zu den glücklichen Angestellten gehören, die
nie am Mittwochabend um 21 Uhr eine E-Mail mit einer »kurzen
Frage« von Ihrem Chef bekommen, greifen Sie
höchstwahrscheinlich dennoch genauso oft zu Ihrem Handy wie
alle anderen auch. Sie gehen nur kurz auf Facebook oder Twitter
oder probieren ein neues Handyspiel aus. Allein der Klang des
ständigen »Ping« von eingehenden Anrufen oder Nachrichten
nimmt die Aufmerksamkeit in Beschlag und beeinträchtigt die
Leistungsfähigkeit bei dem, was man eigentlich gerade tut. [347]

Und er hat Auswirkungen auf unsere Liebesbeziehungen. Die


Gewohnheit, im Beisein der Partnerin oder des Partners ständig
aufs Handy zu schauen (neudeutsch: Phubbing), ist ein relativ
neues Indiz für Schwierigkeiten in einer Zweierbeziehung:
Anstatt miteinander zu kommunizieren, starren beide Partner
auf ihre Handys. [348] Dass in der Zukunft Konflikte zu- und
Nähegefühle abnehmen werden, ist absehbar. [349]
Warum wir und unsere Beziehungen unter solchen
Gewohnheiten leiden, ist nicht schwer zu erklären. Sich vom Sog
des Smartphones erfassen zu lassen ist, als setzte man sich
freiwillig Scheuklappen auf. Man verpasst alles andere, was vor
sich geht, und sieht nur diesen einen Gegenstand direkt vor
seiner Nase – das Handy. Man wirft einen Blick darauf, wenn es
vibriert, wenn es »Ping«-Geräusche macht, wenn man sich zum
Frühstück hinsetzt, wenn man aus dem Auto steigt, wenn man
ins Büro geht, in den Fahrstuhl tritt, den Fahrstuhl verlässt …
Weil dies eine der am weitesten verbreiteten Gewohnheiten der
Welt ist, werde ich sie als Beispiel nehmen, um daran noch
einmal die Werkzeuge, die dieses Buch bereitstellt, zu
illustrieren.
Erst einmal geht es darum, überhaupt zu erkennen, dass man
zu oft nach dem Handy greift. Das hört sich vielleicht
selbstverständlich an, aber denken Sie daran, dass wirksame
Gewohnheiten unter anderem dadurch wirksam werden
können, dass sie ihr Funktionieren vor dem Bewusstsein
verstecken. Das müssen Sie also durchschauen. Wir haben uns
verschiedene Methoden angesehen, mit denen man so etwas wie
ein erhöhtes Gewohnheitsbewusstsein erreichen kann. Zum
Beispiel lassen sich einschneidende Lebensveränderungen zu
diesem Zweck nutzen. Sie werden dennoch nicht darum
herumkommen, sich selbst mit Ihrem Verhalten zu
konfrontieren, und falls Sie das nicht tun, tut es
höchstwahrscheinlich ein Freund oder eine Partnerin oder ein
Kollege für Sie: »Hey, du bist total süchtig – warum legst du das
Ding nicht einfach mal beiseite?«
Die nächste Maßnahme – und hier werden unsere Werkzeuge
wirklich wichtig – besteht darin, die Kontextreize zu kontrollieren,
die die Handynutzung auslösen und ermöglichen.
Das Spiel ist ganz einfach: Beseitigen Sie die Reize, die Sie dazu
bringen, zum Handy zu greifen. Die unkomplizierteste Methode,
das zu tun, besteht darin, Ihr Handy einfach liegen zu lassen:
Nehmen Sie es einfach nicht mit, wenn Sie sich zum Frühstück
hinsetzen oder wenn Sie bei der Arbeit eine Pause machen, um
einen Kaffee zu trinken und einen Donut zu essen (die Donut-
Gewohnheit nehmen wir uns später vor). Am Anfang wird es
schwer sein, aber wenn Sie nicht gerade Rettungssanitäterin
sind, wird niemand bemerken, dass Sie fünfzehn Minuten nicht
erreichbar waren.
Vielleicht greifen Sie immer nach den gleichen drei Sachen,
wenn Sie das Haus verlassen: Ihre Schlüssel, Ihr Portemonnaie
und Ihr Handy? Nun, meistens sind an den von Ihnen
angesteuerten Orten und für die von Ihnen geplanten Tätigkeiten
lediglich zwei dieser drei Dinge wirklich notwendig. Diese
Aufbruchsroutine ist bei den meisten von uns extrem hartnäckig.
Wir sind gern für alle Eventualitäten gewappnet, wenn wir in die
Außenwelt gehen. Aber versuchen Sie doch einmal, bis in das
Jahr 2004 zurückzublicken. Gab es da beim Aufbrechen schon
dieses Trio? Oder steckten Sie nur Ihre Schlüssel und Ihr
Portemonnaie ein? Und? Haben Sie es überlebt?
Das Gerät einfach liegen zu lassen klingt Ihnen als Methode,
sich aus den Klauen der Handygewohnheit zu befreien, vielleicht
etwas zu simpel? Glücklicherweise enthält ein Smartphone eine
ganze Fülle von Reizen, die wir umwidmen können. Sie können
ganz einfach für Reibung sorgen, die den Handygebrauch
erschwert: Stellen Sie den Ton aus. Schalten Sie Ihr Telefon ganz
ab. Schalten Sie den »Nicht stören«-Modus ein, sodass nur
bestimmte Anrufer zu Ihnen durchgestellt werden. Die
Benachrichtigungen auszustellen heißt, die Reize, die den Griff
zum Handy auslösen, zu entfernen und die Aktivierung des
unerwünschten Gedankens »schnell mal Handy checken« zu
verhindern.
Sie können noch mehr tun: Deponieren Sie Ihr Handy in einer
Tasche mit Reißverschluss, zum Beispiel in Ihrem Rucksack,
Ihrer Arbeits- oder Ihrer Handtasche. Dann müssen Sie jedes Mal
den Reißverschluss bedienen und in eine tiefe Tasche greifen,
um es herauszuholen. Oder Sie schalten Ihr Handy nach jedem
Gebrauch ab, sodass Sie jedes Mal ein paar Schritte unternehmen
müssen, um es wieder in Gang zu setzen. Für den bewussten
Verstand klingt eine solche kurze Verzögerung nach etwas, das
kaum Auswirkungen haben kann, aber tatsächlich macht sie die
Handlung reibungsvoller und vielleicht auch frustrierender
(»Das kann nicht wahr sein! Hat der Sensor meinen
Fingerabdruck/mein Gesicht schon wieder nicht erkannt?«). Eine
einfache Methode, den gewohnten Griff zum Handy
hinauszuzögern und reibungsvoller zu machen, besteht darin,
schlicht und ergreifend die Facebook- oder E-Mail-App auf Ihrem
Handy zu löschen. Zumindest würde das bedeuten, dass Sie
Ihren Browser öffnen und per Hand »gmail.com« oder
»facebook.com« eingeben müssen, anstatt sich weiterhin auf die
von den Firmen mit gutem Grund eingerichtete reibungslose
Nutzbarkeit der Apps zu verlassen.
Eine weitere Methode, den Blick auf das Handy kostspieliger
zu machen, besteht darin, Ihre Handygewohnheit mit einer
neuen, gesunden Handlung zu verkoppeln. Auch wenn Sie die
Häufigkeit reduziert haben, Sie werden weiterhin ab und zu auf
Ihr Handy blicken. Nutzen Sie also diese hartnäckige (und
wahrscheinlich auch notwendige) Gewohnheit, um eine neue
Gewohnheit zu etablieren, eine, die Sie sich selbst ausgesucht
haben und die auf Ihre persönlichen Ziele ausgerichtet ist. Wie
wäre es zum Beispiel damit, jedes Mal, wenn Sie Ihr Handy zur
Hand nehmen, ein Familienmitglied anzurufen, um kurz Hallo
zu sagen und einen kleinen Schwatz zu halten? Also einen dieser
Anrufe »ganz ohne Grund« zu tätigen, die sich, wenn man sie
bekommt, einfach schön anfühlen. Besonders älteren
Familienmitgliedern machen Sie damit wahrscheinlich eine
große Freude. Auf diese Weise können Sie einige der
Verbindungen, die Sie fast haben einschlafen lassen
(ironischerweise, weil Sie zu viel in den sozialen Medien
unterwegs waren), wieder ein bisschen pflegen. Wenn Sie sich
wirklich an diese neue Gewohnheit halten, werden Sie es sich
zweimal überlegen, ob Sie Ihr Handy überhaupt aus der Tasche
holen. Manchmal will man einfach mit niemandem reden. Diese
Methode führt also dazu, dass sich der Preis für den Griff nach
dem Handy erhöht.
Egal, für welche Maßnahme Sie sich entscheiden, um die
Benutzung des Handys zu erschweren: Bleiben Sie konsequent
dabei. Die Veränderung, die am Anfang so schwerfällt, wird
durch Wiederholung nach und nach automatisiert. Irgendwann
ist die neue Handlung die, die Ihnen als erste in den Kopf kommt.
Gleichzeitig bleiben die Kosten für die alte, unerwünschte
Gewohnheit hoch.
Außer der Beseitigung bestimmter Gewohnheitsreize und dem
Einsatz von Reibung haben Sie noch die Möglichkeit, andere
Handlungen zu vereinfachen. Gibt es vielleicht etwas, das Sie
schnell tun könnten, anstatt auf Ihr Handy zu blicken? Eine
realistische Alternative, die meiner Erfahrung nach wirklich
funktioniert, ist diese: Kaufen Sie sich eine Uhr. Wie oft ziehen
Sie Ihr Handy nur deshalb aus der Tasche, weil Sie kurz
nachsehen möchten, wie spät es ist oder welches Datum wir
haben, und dann öffnen Sie noch schnell Facebook, weil Sie das
Handy nun einmal gerade in der Hand haben … Und dann
checken Sie schnell Ihre E-Mails, weil Sie sehen, dass ein paar
neue hereingekommen sind … Genauso läuft das.
Anstatt also in die Tasche zu greifen, heben Sie die Faust.
Kaufen Sie sich eine Uhr, die Sie mögen und mit der Sie ein
bisschen angeben können. Nehmen Sie eine bunte Uhr, eine Uhr
mit Taschenrechner, eine Uhr mit integrierter Stoppuhr oder
eine alte mechanische Uhr (nur keine Smartwatch, das wäre
gemogelt). Die Ersatzhandlung wird die Gelegenheiten
minimieren, bei denen Sie vom Sog des Handys erfasst werden
können.
Und schlussendlich: Belohnen Sie sich, wenn Sie nicht aufs
Handy schauen. Mir fällt da eine sehr gute Belohnung ein: Sagen
wir, Sie gehen in einen Coffeeshop, um sich dort einen Moment
hinzusetzen. Es ist Nachmittag, und Sie gönnen sich eine kurze
Pause von der Büroarbeit. Natürlich ist das der perfekte Moment,
das Handy herauszuholen und die neuesten Nachrichten zu
lesen. Aber Sie haben es abgestellt, es in einer Tasche mit
Reißverschluss deponiert, und Sie müssten Ihre Tante anrufen,
wenn Sie es überhaupt benutzen wollen. Sie haben also
erfolgreich Auslösereize beseitigt und widerstrebende Kräfte auf
den Plan gerufen. Aber wenn Sie einfach nur dasitzen und nach
Ihrem Handy lechzen, ist nichts gewonnen. Geben Sie sich
deshalb selbst etwas Schönes zu tun. Schenken Sie sich etwas,
das die Menschen jahrhundertelang angeregt hat, etwas, das
perfekt geeignet ist, den Kopf ein paar Minuten zu beschäftigen.
Mehr als nur beschäftigen – etwas, das jedes Mal ein wenig das
Bewusstsein erweitert und Wissenslücken füllt. Etwas, das Ihnen
nachher beim Abendessen nützlich sein kann, weil es Sie mit
einer interessanten Geschichte versorgt oder Sie auf ein
spannendes Thema gebracht hat, das Sie mit Ihrer Familie
diskutieren können. Etwas Tragbares und Haltbares. Etwas, das
Ihr ganzes Ich nährt.
Haben Sie ein gutes Buch dabei?
Anhang

Literaturverzeichnis und Anmerkungen


(inkl. Links zu weiterführender Literatur)
finden Sie bequem unter:
https://www.piper.de/good-habits-anhang
Danksagung

Ich beschäftige mich seit fast dreißig Jahren mit den


Gewohnheiten von Menschen und habe über hundert Artikel in
wissenschaftlichen Zeitschriften dazu veröffentlicht. Lange Zeit
war diese Forschung für mich so aufregend, dass mich der
Gedanke, zu diesem Thema ein populärwissenschaftliches Buch
zu schreiben, eher befremdete.
Aber jedes Mal, wenn ich in einen Buchladen kam, wurde mir
klar, dass irgendjemand es tun musste. In den für ein größeres
Publikum geschriebenen Büchern fehlten häufig grundlegende
wissenschaftliche Erkenntnisse über Gewohnheiten, oder –
schlimmer noch – sie wurden falsch dargestellt. Diese Bücher
und Blogs hinkten der sich schnell entwickelnden Forschung um
Jahrzehnte hinterher. Und jedes neue Buch schien sich stets noch
weiter von der Wirklichkeit, die wir im Labor beobachteten, zu
entfernen.
Also schrieb ich schließlich mit der Unterstützung meines
wundervollen Agenten Richard Pine von der Agentur Inkwell ein
Exposé. Er half mir, mein anfängliches Gestotter in einen
Buchvorschlag zu verwandeln, der beeindruckend genug war,
um die Aufmerksamkeit von Colin Dickerman vom Verlag
Farrar, Straus and Giroux auf sich zu ziehen. Mit Colins
brillantem Lektorat und dem weisen Rat von Richard entstand
nach und nach ein Buch; es würde dieses Buch ohne die
kontinuierliche Anleitung und den Rat dieser beiden klugen
Menschen nicht geben. Ich danke auch dem talentierten William
Callahan dafür, dass er alles, was ich ihm zuschickte, auf überaus
erfreuliche Weise interessanter machte.
Ich brauchte für mein hundertseitiges Exposé ein Jahr, und
manchmal dachte ich, nun muss es doch endlich fertig sein –
aber nein. Es lagen zwei weitere Jahre Arbeit und viele, viele
verworfene Entwürfe vor mir, bevor das Manuskript schließlich
Form annahm (anscheinend muss man, um ein Buch zu
schreiben, ein ganzes Buch verwerfen). Ich hatte das Glück,
während dieser Zeit von der University of Southern California
und vom INSEAD-Sorbonne University Behavioral Lab finanziert
zu werden. Durch die Fürsprache von Professor Pierre Chandon
und der Marketingabteilung von INSEAD wurde mir die Position
eines INSEAD-Sorbonne University Distinguished Visiting Chair
in Behavioral Sciences verliehen. Ich beendete die zweite und
dritte Überarbeitung dieses Buches während meines Aufenthalts
in Paris. Meine Zeit bei INSEAD war eine wundervolle
Gelegenheit, mit meinen französischen Kolleginnen und Kollegen
in Kontakt zu treten und von ihnen zu lernen. Und der Wein und
der Käse waren auch nicht schlecht.
Die besten Bücher entstehen unter der Beteiligung vieler
Menschen. Am allermeisten schätze ich die Forscherinnen und
Forscher hinter den bemerkenswerten wissenschaftlichen
Arbeiten, die ich in diesem Buch erwähne. Darüber hinaus war
der Rat von Angela Duckworth, Jamie Pennebaker, Jonah Berger,
Sam Gosling, Bob Cialdini, Tim Wilson und Adam Grant überaus
anregend für mich – sie alle sind preisgekrönte
Wissenschaftlerinnen und Autoren. Ich werde weiterhin voller
Bewunderung ihre Bücher lesen.
Während dieses Buch sich nach und nach entwickelte, stand
mir mein guter Freund und langjähriger Kollege David Neal mit
gut durchdachten Kommentaren und unterstützendem Feedback
zur Seite (»Hey, wollen wir uns auf ein Glas Wein treffen?«).
Unter den hilfsbereiten Kolleginnen und Kollegen, die einzelne
Teile des Buches kommentierten, waren Barbara Knowlton,
David Melnikoff, John Monterosso und Bas Verplanken. Meine
Doktorandinnen und Doktoranden waren eine ständige Quelle
der Inspiration, genau wie die talentierte Kristen Lee, die
sämtliche Literaturhinweise bearbeitete.
Familien unterschreiben keinen Vertrag, wenn jemand aus
ihren Reihen an einem Buch arbeitet, und die meisten von ihnen
würden, selbst wenn sie die Wahl hätten, dankend darauf
verzichten. Da auch meine eigene Familie keine Wahl hatte, war
sie in ihrer Unterstützung unerschütterlich. Mein Dad, selbst
Professor, gab mir gern Ratschläge zu … nun, zu so ziemlich
allem – aber besonders dazu, wie man ein Buch schreibt. Ich
wünschte, er wäre hier, damit er sehen kann, dass es nun fertig
ist, und natürlich, um mich mit jeder einzelnen Passage
aufzuziehen, die seinen Ansprüchen nicht genügte. Meine
wundervollen Söhne, Dylan und Garrett Stagner, hörten nie auf,
sich nach dem Buch zu erkundigen, mir immer wieder
aufmunternde Worte sowie Links zu Blogs und Podcasts zu
schicken, die sich mit Gewohnheit beschäftigen (wobei ich
zugeben muss, dass ich das Ende dieser einen zweistündigen
Folge noch immer nicht gehört habe). Und obwohl beide den
Gedanken, in meinem Buch erwähnt zu werden, zunächst nicht
mochten, lenkten sie irgendwann ein und erlaubten mir, jeden
von ihnen exakt ein Mal zu erwähnen.
Mehr als allen anderen danke ich meinem geliebten Ehemann
Steve Ortmann, dem großzügigsten Menschen, den ich kenne. Er
war bei diesem Unterfangen genau wie in jedem anderen Aspekt
unseres gemeinsamen Lebens ganz und gar mein Partner. Dieses
Mal musste er Cheerleader und Lektor sein (und zwar einer, der
alles, was er zu lesen kriegt, einfach nur toll findet) sowie
Resonanzkörper, Schreibcoach, und, ja, Weltreisender, der bereit
war, seine Arbeitsstelle zu kündigen, um für acht Monate mit mir
nach Paris zu kommen. Falls Sie sich fragen, was ich getan habe,
um so viel Unterstützung zu verdienen: Nun, das frage ich mich
auch (aber ich habe nicht vor, es infrage zu stellen). Mon amour,
tu est la cerise sur mon gâteau.
Bildnachweise

[1]: Decline in usage of the word »habit«: Google Books Ngram


Viewer, books.google.com/ngrams
[2]: More Matters logo: MoreMatters.org, © Produce for Better
Health Foundation
[3]: The basal ganglia and related structures: Wikimedia
Commons
[4]: Pig, duck, and goat: Pixabay
[5]: First carrot game: spiral from Pixabay; M&M’s from
Unsplash; carrots from Maxpixel
[6]: Second carrot game: spiral by Ernesto Kenji Salvador;
M&M’s from Unsplash; carrots from Maxpixel
[7]: René Magritte, Les valeurs personnelles (Personal Values),
1952: © 2018 C. Herscovici/Artists Rights Society (ARS), New York
[8]: Mise en place: Marcelo Trad/Shutterstock
[9]: Sushi game: composite illustration; individual images from
Pixabay
[10]: Account verification email: original image
[11]: Four cars: all images from Pixabay
[12]: Map of liquor laws by county: Wikimedia Commons
[13]: The New (Ab)normal infographic: Centers for Disease
Control and Prevention; use does not imply an endorsement by
CDC of any product, service, or enterprise and the views
expressed in the book do not necessarily represent those of CDC
or HHS
[14]: Smart meter: antb/Shutterstock
Literaturverzeichnis

Aarts, Henk, Bas Verplanken und Ad van Knippenberg, »Habit


and Information Use in Travel Mode Choices«, in: Acta
Psychologica 96, Nr. 1–2 (1997), S. 1–14.
https://doi.org/10.1016/s0001–6918(97)00008–5 .

Adams, Christopher D., »Variations in the Sensitivity of


Instrumental Responding to Reinforcer Devaluation«, in:
Quarterly Journal of Experimental Psychology Section 34B,
Nr. 2b (1982), S. 77–98.
https://doi.org/10.1080/14640748208400878 .

Adams, Christopher D. und Anthony Dickinson, »Instrumental


Responding Following Reinforcer Devaluation«, in: Quarterly
Journal of Experimental Psychology Section 33B, Nr. 2 (1981),
S. 109–121. https://doi.org/10.1080/14640748108400816 .

Ahern, Jennifer, Claire Margerison-Zilko, Alan Hubbard und


Sandro Galea, »Alcohol Outlets and Binge Drinking in Urban
Neighborhoods: The Implications of Nonlinearity for
Intervention and Policy«, in: American Journal of Public
Health 103, Nr. 4 (2013), S. e81–e87.
https://doi.org/10.2105/ajph.2012.301203 .
Ahrnsbrak, Rebecca, Jonaki Bose, Sarra L. Hedden, Rachel N.
Lipari und Eunice Park-Lee (Center for Behavioral Health
Statistics and Quality, Substance Abuse and Mental Health
Services Administration), Key Substance Use and Mental
Health Indicators in the United States: Results from the 2016
National Survey on Drug Use and Health, Rockville, MD 2017.

Ajzen, Icek, »Residual Effects of Past on Later Behavior:


Habituation and Reasoned Action Perspectives«, in:
Personality and Social Psychology Review 6, Nr. 2 (2002),
S. 107–122. https://doi.org/10.1207/S15327957PSPR060202 .

Aldrich, John H., Jacob M. Montgomery und Wendy Wood,


»Turnout as a Habit«, in: Political Behavior 33, Nr. 4 (2011),
S. 535–563. https://doi.org/10.1007/s11109-010-9148-3 .

Alexander, Bruce K., Barry L. Beyerstein, Patricia F. Hadaway


und Robert B. Coambs, »Effect of Early and Later Colony
Housing on Oral Ingestion of Morphine in Rats«, in:
Pharmacology Biochemistry and Behavior 15, Nr. 4 (1981),
S. 571–576. https://doi.org/10.1016/0091–3057(81)90211–2 .

Alexander, Bruce K. und Patricia F. Hadaway, »Opioid Addiction:


The Case for an Adaptive Orientation«, in: Psychological
Bulletin 92, Nr. 2 (1982), S. 367–381.
https://doi.org/10.1037/0033–2909.92.2.367 .
Alexander, David L., John G. Lynch und Qing Wang, »As Time
Goes By: Do Cold Feet Follow Warm Intentions for Really
New Versus Incrementally New Products?«, in: Journal of
Marketing Research 45, Nr. 3 (2008), S. 307–319.
https://www.jstor.org/stable/30162533 .

American Psychological Association, »2015 Stress in America«,


abgerufen am 13. März 2018.
http://www.apa.org/news/press/releases/stress/2015/snapshot.aspx

Amodio, David M., »Social Cognition 2.0: An Interactive Memory


Systems Account«, in: Trends in Cognitive Sciences 23, Nr. 1
(2018), S. 21–33. https://doi.org/10.1016/j.tics.2018.10.002 .

Anderson, Brian A., »The Attention Habit: How Reward Learning


Shapes Attentional Selection«, in: Annals of the New York
Academy of Sciences 1369, Nr. 1 (2016), S. 24–39.
https://doi.org/10.1111/nyas.12957 .

»Value-Driven Attentional Priority Is Context Specific«, in:


Psychonomic Bulletin and Review 22, Nr. 3 (2015), S. 750–756.
https://doi.org/10.3758/s13423-014-0724-0 .

Anderson, Brian A., Patryk A. Laurent und Steven Yantis, »Value-


Driven Attentional Capture«, in: Proceedings of the National
Academy of Sciences 108, Nr. 25 (2011), S. 10367–10371.
https://doi.org/10.1073/pnas.1104047108 .
Anselme, Patrick, »Dopamine, Motivation, and the Evolutionary
Significance of Gambling-Like Behaviour«, in: Behavioural
Brain Research 256 (2013), S. 1–4.
https://doi.org/10.1016/j.bbr.2013.07.039 .

Arcaya, Mariana, Peter James, Jean E. Rhodes, Mary C. Waters


und S. V. Subramanian, »Urban Sprawl and Body Mass Index
Among Displaced Hurricane Katrina Survivors«, in:
Preventive Medicine 65 (2014), S. 40–46.
https://doi.org/10.1016/j.ypmed.2014.04.006 .

Ariely, Dan und Klaus Wertenbroch, »Procrastination, Deadlines,


and Performance: Self-Control by Precommitment«, in:
Psychological Science 13, Nr. 3 (2002), S. 219–224.
https://doi.org/10.1111/1467–9280.00441 .

Armitage, Christopher J., »Can the Theory of Planned Behavior


Predict the Maintenance of Physical Activity?«, in: Health
Psychology 24, Nr. 3 (2005), S. 235–245.
https://doi.org/10.1037/0278–6133.24.3.235 .

Aubrey, Allison, »More Salt in School Lunch, Less Nutrition Info


on Menus: Trump Rolls Back Food Rules«, NPR, 2. Mai 2017.
https://www.npr.org/sections/thesalt/2017/05/02/526448646/trump-
administration-rolls-back-obama-era-rules-on-calorie-counts-
school-lunch .
Avni-Babad, Dinah, »Routine and Feelings of Safety, Confidence,
and Well-Being«, in: British Journal of Psychology 102, Nr. 2
(2011), S. 223–244.
https://doi.org/10.1348/000712610x513617 .

Bachman, Rachel, »How Close Do You Need to Be to Your Gym?«,


in: The Wall Street Journal, 21. März 2017.
https://www.wsj.com/articles/how-close-do-you-need-to-be-
to-your-gym-1490111186 .

Badiani, Aldo, David Belin, David Epstein, Donna Calu und Yavin
Shaham, »Opiate Versus Psychostimulant Addiction: The
Differences Do Matter«, in: Nature Reviews Neuroscience 12,
Nr. 11 (2011), S. 685–700. https://doi.org/10.1038/nrn3104 .

Badiani, Aldo, Kent C. Berridge, Markus Heilig, David J. Nutt und


Terry E. Robinson, »Addiction Research and Theory: A
Commentary on the Surgeon General’s Report on Alcohol,
Drugs, and Health«, in: Addiction Biology 23, Nr. 1 (2018),
S. 3–5. https://doi.org/10.1111/adb.12497 .

Baer, Drake, »The Scientific Reason Why Barack Obama and


Mark Zuckerberg Wear the Same Outfit Every Day«, in:
Business Insider, 28. April 2015.
http://www.businessinsider.com/barack-obama-mark-
zuckerberg-wear-the-same-outfit-2015–4 .
Balleine, Bernard W. und John P. O’Doherty, »Human and Rodent
Homologies in Action Control: Corticostriatal Determinants
of Goal-Directed and Habitual Action«, in:
Neuropsychopharmacology 35, Nr. 1 (2010), S. 48–69.
https://doi.org/10.1038/npp.2009.131 .

Bargh, John A., Vor dem Denken. Wie das Unbewusste uns steuert,
aus dem Amerikanischen von Gabriele Gockel, Bernhard
Jendricke und Peter Robert, München 2018.

Baumeister, Roy F. und Ellen Bratslavsky, »Passion, Intimacy,


and Time: Passionate Love as a Function of Change in
Intimacy«, in: Personality and Social Psychology Review 3,
Nr. 1 (1999), S. 49–67.
https://doi.org/10.1207/s15327957pspr03013 .

Benartzi, Shlomo, »Save More Tomorrow«, 2017.


http://www.shlomobenartzi.com/save-more-tomorrow .

Berridge, Kent C. und Terry E. Robinson, »Liking, Wanting, and


the Incentive-Sensitization Theory of Addiction«, in:
American Psychologist 71, Nr. 8 (2016), S. 670–679.
https://doi.org/10.1037/amp0000059 .

Berscheid, Ellen und Hilary Ammazzalorso, »Emotional


Experience in Close Relationships«, in: Blackwell Handbook
of Social Psychology: Interpersonal Processes, hrsg. von Garth
Fletcher und Margaret Clark, Malden, MA 2001.
Berscheid, Ellen und Pamela Regan, The Psychology of
Interpersonal Relationships, New York 2005, Nachdruck: New
York 2016.

Bodor, J. Nicholas, Donald Rose, Thomas A. Farley, Christopher


Swalm und Susanne K. Scott, »Neighbourhood Fruit and
Vegetable Availability and Consumption: The Role of Small
Food Stores in an Urban Environment«, in: Public Health
Nutrition 11, Nr. 404 (2008), S. 413–420.
https://doi.org/10.1017/s1368980007000493 .

Bornstein, Robert F. und Catherine Craver-Lemley, »Mere


Exposure Effect«, in: Cognitive Illusions: Intriguing
Phenomena in Thinking, Judgment and Memory, hrsg. von
Rüdiger F. Pohl, S. 256–275, New York 2017.

Brenner, Allison B., Luisa N. Borrell, Tonatiuh Barrientos-


Gutierrez und Ana V. Diez Roux, »Longitudinal Associations
of Neighborhood Socioeconomic Characteristics and Alcohol
Availability on Drinking: Results from the Multi-Ethnic Study
of Atherosclerosis (MESA)«, in: Social Science and Medicine
145 (2015), S. 17–25.
https://doi.org/10.1016/j.socscimed.2015.09.030 .

Broadbent, Donald E., P. Fitzgerald Cooper, Paul FitzGerald und


Katherine R. Parkes, »The Cognitive Failures Questionnaire
(CFQ) and Its Correlates«, in: British Journal of Clinical
Psychology 21, Nr. 1 (1982), S. 1–16.
https://doi.org/10.1111/j.2044–8260.1982.tb01421.x .

Broers, Valérie J. V., Céline De Breucker, Stephan van den


Broucke und Olivier Luminet, »A Systematic Review and
Meta-Analysis of the Effectiveness of Nudging to Increase
Fruit and Vegetable Choice«, in: European Journal of Public
Health 27, Nr. 5 (2017), S. 912–920.
https://doi.org/10.1093/eurpub/ckx085 .

Brooks, Alison Wood, Juliana Schroeder, Jane L. Risen, Francesca


Gino, Adam D. Galinsky, Michael I. Norton und Maurice E.
Schweitzer, »Don’t Stop Believing: Rituals Improve
Performance by Decreasing Anxiety«, in: Organizational
Behavior and Human Decision Processes 137 (2016), S. 71–85.
https://doi.org/10.1016/j.obhdp.2016.07.004 .

Brumage, Jody, »The Public Health Cigarette Smoking Act of


1970«, Robert C. Byrd Center. 25. Juli 2017.
https://www.byrdcenter.org/byrd-center-blog/the-public-
health-cigarette-smoking-act-of-1970 .

Bucher, Tamara, Clare Collins, Megan E. Rollo, Tracy A.


McCaffrey, Nienke de Vlieger, Daphne van der Bend, Helen
Truby und Federico J. A. Perez-Cueto, »Nudging Consumers
Towards Healthier Choices: A Systematic Review of
Positional Influences on Food Choice«, in: British Journal of
Nutrition 115, Nr. 12 (2016), S. 2252–2263.
https://doi.org/10.1017/s0007114516001653 .

Burns, Justine, Brendan Maughan-Brown und Âurea Mouzinho,


»Washing with Hope: Evidence from a Hand-Washing Pilot
Study Among Children in South Africa«, in: BMC Public
Health 18 (2018), S. 709. https://doi.org/10.1186/s12889-018-
5573-8 .

Burns, Mark J., »Success Is Not an Accident: What Sports Business


Millennials Can Learn from NBA MVP Stephen Curry«, in:
Forbes, 13. Juni 2015.
https://www.forbes.com/sites/markjburns/2015/06/13/success-
is-not-an-accident-what-sports-business-millennials-can-
learn-from-nba-mvp-stephen-curry-2/#62c34b3d15fb .

Cantor, Jonathan, Alejandro Torres, Courtney Abrams und Brian


Elbel, »Five Years Later: Awareness of New York City’s
Calorie Labels Declined, with No Changes in Calories
Purchased«, in: Health Affairs 34, Nr. 11 (2015), S. 1893–1900.
https://doi.org/10.1377/hlthaff.2015.0623 .

Carli, Lorraine, »NFPA Encourages Testing Smoke Alarms as


Daylight Saving Time Begins«, National Fire Protection
Association, 6. März 2014. https://www.nfpa.org/News-and-
Research/News-and-media/Press-Room/News-
releases/2014/NFPA-encourages-testing-smoke-alarms-as-
Daylight-Saving-Time-begins .

Carrell, Scott E., Mark Hoekstra und James E. West, »Is Poor
Fitness Contagious? Evidence from Randomly Assigned
Friends«, in: Journal of Public Economics 95, Nr. 7–8 (2011),
S. 657–663. www.nber.org/papers/w16518 .

Casagrande, Sarah Stark, Youfa Wang, Cheryl Anderson und


Tiffany L. Gary, »Have Americans Increased Their Fruit and
Vegetable Intake? The Trends Between 1988 and 2002«, in:
American Journal of Preventive Medicine 32, Nr. 4 (2007),
S. 257–263. https://doi.org/10.1016/j.amepre.2006.12.002 .

Caton, Samantha J., Sara M. Ahern, Eloise Remy, Sophie Nicklaus,


Pam Blundell und Marion M. Hetherington, »Repetition
Counts: Repeated Exposure Increases Intake of a Novel
Vegetable in UK Pre-school Children Compared to Flavour-
Flavourand Flavour-Nutrient Learning«, in: British Journal of
Nutrition 109, Nr. 11 (2013), S. 2089–2097.
https://doi.org/10.1017/s0007114512004126 .

Centers for Disease Control and Prevention (U. S. Department of


Health and Human Services), »2014 State Indicator Report on
Physical Activity«, Atlanta, GA 2014.
www.cdc.gov/physicalactivity/downloads/pa_state_indicator_report_201
»Burden of Tobacco Use in the U.S«, letzte Änderung 23. April
2018.
https://www.cdc.gov/tobacco/campaign/tips/resources/data/cigarette-
smoking-in-united-states.html .

»Cigarette Smoking and Tobacco Use Among People of Low


Socioeconomic Status«, letzte Änderung 21. August 2018.
https://www.cdc.gov/tobacco/disparities/low-ses/index.htm .

»Map of Current Cigarette Use Among Adults«, 19. September


2017.
https://www.cdc.gov/statesystem/cigaretteuseadult.html .

»Map of Excise Tax Rates on Cigarettes«, 2. Januar 2018.


https://www.cdc.gov/statesystem/excisetax.html .

»Quitting Smoking Among Adults – United States, 2000–2015«, 6.


Januar 2017.
https://www.cdc.gov/mmwr/volumes/65/wr/mm6552a1.htm?
scid=mm51w .

»Quitting Smoking Among Adults – United States, 2000–2015:


Highlights«, 6. Januar 2017.
https://www.cdc.gov/tobacco/data_statistics/mmwrs/byyear/201/mm655

»State and Local Comprehensive Smoke-Free Laws for Worksites,


Restaurants, and Bars – United States, 2015«, letzte Änderung
24. August 2017.
https://www.cdc.gov/mmwr/volumes/65/wr/mm6524a4.htm .

»Tobacco-Related Mortality«, 15. Mai 2017.


https://www.cdc.gov/tobacco/data_statistics/fact_sheets/health_effects/to

Chaiton, Michael, Lori Diemert, Joanna E. Cohen, Susan J. Bondy,


Peter Selby, Anne Philipneri und Robert Schwartz,
»Estimating the Number of Quit Attempts It Takes to Quit
Smoking Successfully in a Longitudinal Cohort of Smokers«,
in: BMJ Open 6, Nr. 6 (2016), S. e011045.
https://doi.org/10.1136/bmjopen-2016–011045 .

Chalabi, Mona, »How Many Times Does the Average Person


Move?«, FiveThirtyEight, 29. Januar 2015.
https://fivethirtyeight.com/features/how-many-times-the-
average-person-moves/ .

Chandon, Pierre, »How Package Design and Packaged-Based


Marketing Claims Lead to Overeating«, in: Applied Economic
Perspectives and Policy 35, Nr. 1 (2013), S. 7–31.
https://doi.org/10.1093/aepp/pps028 .

Colchero, M. Arantxa, Juan Rivera-Dommarco, Barry M. Popkin


und Shu Wen Ng, »In Mexico, Evidence of Sustained
Consumer Response Two Years After Implementing a Sugar-
Sweetened Beverage Tax«, in: Health Affairs 36, Nr. 3 (2017),
S. 564–571. https://doi.org/10.1377/hlthaff.2016.1231 .
Cooper, Adam, »Electric Company Smart Meter Deployments:
Foundation for a Smart Grid«, Institute for Electric
Innovation, Dezember 2017.
http://www.edisonfoundation.net/iei/publications/Documents/IEI_Smar

Crandall, Christian und Monica Biernat, »The Ideology of Anti-fat


Attitudes«, in: Journal of Applied Social Psychology 20, Nr. 3
(1990), S. 227–243. https://doi.org/10.1111/j.1559–
1816.1990.tb00408.x .

Crits-Christoph, Paul, Lynne Siqueland, Jack Blaine, Arlene


Frank, Lester Luborsky, Lisa S. Onken, Larry R. Muenz et al.,
»Psychosocial Treatments for Cocaine Dependence: National
Institute on Drug Abuse Collaborative Cocaine Treatment
Study«, in: Archives of General Psychiatry 56, Nr. 6 (1999),
S. 493–502. https://doi.org/10.1001/archpsyc.56.6.493 .

Cruwys, Tegan, Kirsten E. Bevelander und Roel C. J. Hermans,


»Social Modeling of Eating: A Review of When and Why
Social Influence Affects Food Intake and Choice«, in: Appetite
86 (2015), S. 3–18. https://doi.org/10.1016/j.appet.2014.08.035 .

Csíkszentmihályi, Mihály, Flow. Das Geheimnis des Glücks,


Stuttgart 2013.

Danner, Unna N., Henk Aarts und Nanne K. de Vries, »Habit vs.
Intention in the Prediction of Future Behaviour: The Role of
Frequency, Context Stability and Mental Accessibility of Past
Behaviour«, in: British Journal of Social Psychology 47, Nr. 2
(2008), S. 245–265.
https://doi.org/10.1348/014466607x230876 .

Deater-Deckard, Kirby, Michael D. Sewell, Stephen A. Petrill und


Lee A. Thompson. »Maternal Working Memory and Reactive
Negativity in Parenting«, in: Psychological Science 21, Nr. 1
(2010), S. 75–79. https://doi.org/10.1177/0956797609354073 .

DeFulio, Anthony und Kenneth Silverman, »Employment-Based


Abstinence Reinforcement as a Maintenance Intervention for
the Treatment of Cocaine Dependence: Post-intervention
Outcomes«, in: Addiction 106, Nr. 5 (2011), S. 960–967.
https://doi.org/10.1111/j.1360–0443.2011.03364.x .

De Ridder, Denise T. D., Gerty Lensvelt-Mulders, Catrin


Finkenauer, F. Marijn Stok und Roy F. Baumeister, »Taking
Stock of Self-Control: A Meta-Analysis of How Trait Self-
Control Relates to a Wide Range of Behaviors«, in:
Personality and Social Psychology Review 16, Nr. 1 (2012),
S. 76–99. https://doi.org/10.1177/1088868311418749 .

DeRusso, Alicia, David Fan, Jay Gupta, Oksana Shelest, Rui M.


Costa und Henry H. Yin, »Instrumental Uncertainty as a
Determinant of Behavior Under Interval Schedules of
Reinforcement«, in: Frontiers in Integrative Neuroscience 4
(2010). https://doi.org/10.3389/fnint.2010.00017 .
DeSilver, Drew, »Perceptions and Realities of Recycling Vary
Widely from Place to Place«, Pew Research Center. 7.
Oktober 2016. http://www.pewresearch.org/fact-
tank/2016/10/07/perceptions-and-realities-of-recycling-vary-
widely-from-place-to-place .

Dettmers, Jan, »How Extended Work Availability Affects Well-


Being: The MediatingRoles of Psychological Detachment and
Work-Family Conflict«, in: Work and Stress 31, Nr. 1 (2017),
S. 24–41. https://doi.org/10.1080/02678373.2017.1298164 .

Dettmers, Jan, Tim Vahle-Hinz, Eva Bamberg, Niklas Friedrich


und Monika Keller, »Extended Work Availability and Its
Relation with Start-of-Day Mood and Cortisol«, in: Journal of
Occupational Health Psychology 21, Nr. 1 (2016), S. 105–118.
http://doi.org/10.1037/a0039602 .

Dickinson, Anthony und Lawrence Weiskrantz, »Actions and


Habits: The Development of Behavioural Autonomy«, in:
Philosophical Transactions of the Royal Society of London. B:
Biological Sciences 308, Nr. 1135 (1985), S. 67–78.
https://doi.org/10.1098/rstb.1985.0010 .

Dieu-Hang, To, R. Quentin Grafton, Roberto Martínez-Espiñeira


und Maria Garcia-Valiñas, »Household Adoption of Energy
and Water-Efficient Appliances: An Analysis of Attitudes,
Labelling and Complementary Green Behaviours in Selected
OECD Countries«, in: Journal of Environmental Management
197 (2017), S. 140–150.
https://doi.org/10.1016/j.jenvman.2017.03.070 .

Diliberti, Nicole, Peter L. Bordi, Martha T. Conklin, Liane S. Roe


und Barbara J. Rolls, »Increased Portion Size Leads to
Increased Energy Intake in a Restaurant Meal«, in: Obesity
Research 12, Nr. 3 (2004), S. 562–568.
https://doi.org/10.1038/oby.2004.64 .

Doll, Richard und Richard Peto, »The Causes of Cancer:


Quantitative Estimates of Avoidable Risks of Cancer in the
United States Today«, in: Journal of the National Cancer
Institute 66, Nr. 6 (1981), S. 1192–1308.
https://doi.org/10.1093/jnci/66.6.1192 .

Duckworth, Angela L., Tamar Szabó Gendler und James J. Gross,


»Situational Strategies for Self-Control«, in: Perspectives on
Psychological Science 11, Nr. 1 (2016), S. 35–55.
https://doi.org/10.1177/1745691615623247 .

Duckworth, Angela L., Rachel E. White, Alyssa J. Matteucci, Annie


Shearer und James J. Gross, »A Stitch in Time: Strategic Self-
Control in High School and College Students«, in: Journal of
Educational Psychology 108, Nr. 3 (2016), S. 329–41.
https://doi.org/10.1037/edu0000062 .
Dunning, Thad, Felipe Monestier, Rafael Pineiro, Fernando
Rosenblatt und Guadalupe Tunón, »Is Paying Taxes Habit
Forming? Experimental Evidence from Uruguay«, Paper
präsentiert an der University of California, Berkeley 2017.
http://www.thaddunning.com/wp-
content/uploads/2017/09/Dunning-et-al_Habit2017.pdf .

Durant, Will, Die großen Denker. Die Geschichte der Philosophie


von Plato bis Nietzsche, aus dem Amerikanischen von
Andreas Hecht, Bergisch Gladbach 1996.

Eadicicco, Lisa, »Americans Check Their Phones 8 Billion Times a


Day«, in: Time, 15. Dezember 2015.
http://time.com/4147614/smartphone-usage-us-2015 .

Ell, Kellie, »Video Game Industry Is Booming with Continued


Revenue«, CNBC, 18. Juli 2018.
https://www.cnbc.com/2018/07/18/video-game-industry-is-
booming-with-continued-revenue.html .

Ent, Michael R., Roy F. Baumeister und Dianne M. Tice, »Trait


Self-Control and the Avoidance of Temptation«, in:
Personality and Individual Differences 74 (2015), S. 12–15.
https://doi.org/10.1016/j.paid.2014.09.031 .

Evans, Alexandra E., Rose Jennings, Andrew W. Smiley, Jose L.


Medina, Shreela V. Sharma, Ronda Rutledge, Melissa H.
Stigler und Deanna M. Hoelscher, »Introduction of Farm
Stands in Low-Income Communities Increases Fruit and
Vegetable Among Community Residents«, in: Health and
Place 18, Nr. 5 (2012), S. 1137–1143.
https://doi.org/10.1016/j.healthplace.2012.04.007 .

Evans, Jonathan St. B. T. und Keith E. Stanovich, »Dual-Process


Theories of Higher Cognition: Advancing the Debate«, in:
Perspectives on Psychological Science 8, Nr. 3 (2013), S. 223–
241. https://doi.org/10.1177/1745691612460685 .

Everitt, Barry J. und Trevor W. Robbins, »Drug Addiction:


Updating Actions to Habits to Compulsions Ten Years On«, in:
Annual Review of Psychology 67, Nr. 1 (2016), S. 23–50.
https://doi.org/10.1146/annurev-psych-122414–033457 .

Festinger, Leon, Stanley Schachter und Kurt Back, Social


Pressures in Informal Groups: A Study of Human Factors in
Housing, New York 1950.

Finkel, Eli J. und W. Keith Campbell, »Self-Control and


Accommodation in Close Relationships: An Interdependence
Analysis«, in: Journal of Personality and Social Psychology 81,
Nr. 2 (2001), S. 263–277. https://doi.org/10.1037//0022–
3514.81.2.263 .

Florida, Richard, »The Geography of Car Deaths in America«,


CityLab, 15. Oktober 2015.
http://www.citylab.com/commute/2015/10/the-geography-of-
car-deaths-in-america/410494 .

Follingstad, Diane R. und Maryanne Edmundson, »Is


Psychological Abuse Reciprocal in Intimate Relationships?
Data from a National Sample of American Adults«, in:
Journal of Family Violence 25, Nr. 5 (2010), S. 495–508.
https://doi.org/10.1007/s10896-010-9311-y .

Foster, Sarah, Georgina Trapp, Paula Hooper, Wendy H. Oddy,


Lisa Wood und Matthew Knuiman, »Liquor Landscapes:
Does Access to Alcohol Outlets Influence Alcohol
Consumption in Young Adults?«, in: Health and Place 45
(2017), S. 17–23.
https://doi.org/10.1016/j.healthplace.2017.02.008 .

Frey, Erin und Todd Rogers, »Persistence: How Treatment Effects


Persist After Interventions Stop«, in: Policy Insights from the
Behavioral and Brain Sciences 1, Nr. 1 (2014), S. 172–179.
https://doi.org/10.1177/2372732214550405 .

Fujiwara, Thomas, Kyle Meng und Tom Vogl, »Habit Formation


in Voting: Evidence from Rainy Elections«, in: American
Economic Journal: Applied Economics 8, Nr. 4 (2016), S. 160–
188. https://doi.org/10.1257/app.20140533 .

Fulkerson, Jayne A., Mary Story, Alison Mellin, Nancy Leffert,


Dianne Neumark-Sztainer und Simone A. French, »Family
Dinner Meal Frequency and Adolescent Development:
Relationships with Developmental Assets and High-Risk
Behaviors«, in: Journal of Adolescent Health 39, Nr. 3 (2006),
S. 337–345. https://doi.org/10.1016/j.jadohealth.2005.12.026 .

Galaj, Ewa, Monica Manuszak und Robert Ranaldi,


»Environmental Enrichment as a Potential Intervention for
Heroin Seeking«, in: Drug and Alcohol Dependence 163 (2016),
S. 195–201. https://doi.org/10.1016/j.drugalcdep.2016.04.016 .

Galla, Brian M. und Angela L. Duckworth, »More Than Resisting


Temptation: Beneficial Habits Mediate the Relationship
Between Self-Control and Positive Life Outcomes«, in: Journal
of Personality and Social Psychology 109, Nr. 3 (2015), S. 508–
525. https://doi.org/10.1037/pspp0000026 .

Gardner, Benjamin und Phillippa Lally, »Does Intrinsic


Motivation Strengthen Physical Activity Habit? Modeling
Relationships Between Self-Determination, Past Behaviour,
and Habit Strength«, in: Journal of Behavioral Medicine 36,
Nr. 5 (2013), S. 488–497. https://doi.org/10.1007/s10865-012-
9442-0 .

Gates, Bill, Digitales Business. Wettbewerb im


Informationszeitalter, aus dem Amerikanischen von
Raymond Hinrichs und Andreas Model, München 2000.
»I’m Bill Gates, Co-chair of the Bill and Melinda Gates
Foundation. Ask Me Anything«, abgerufen am 14. Mai 2018.
https://www.reddit.com/r/IAmA/comments/49jkhn/im_bill_gates_cochai

Geertz, Clifford, Dichte Beschreibung. Beiträge zum Verstehen


kultureller Systeme, aus dem Amerikanischen von Brigitte
Luchesi und Rolf Bindemann, Frankfurt am Main 1995.

Gillan, Claire M., A. Ross Otto, Elizabeth A. Phelps und Nathaniel


D. Daw, »Model-Based Learning Protects Against Forming
Habits«, in: Cognitive, Affective, and Behavioral Neuroscience
15, Nr. 3 (2015), S. 523–536. https://doi.org/10.3758/s13415-
015-0347-6 .

Gladwell, Malcolm, Überflieger. Warum Menschen erfolgreich


sind – und andere nicht, aus dem Amerikanischen von Jürgen
Neubauer, München 2010.

Glantz, Stanton A., »Tobacco Taxes Are Not the Most Effective
Tobacco Control Policy (As Actually Implemented)«, UCSF
Center for Tobacco Control Research and Education, 11.
Januar 2014. https://tobacco.ucsf.edu/tobacco-taxes-are-not-
most-effective-tobacco-control-policy-actually-implemented .

Gliklich, Emily, Rong Guo und Regan W. Bergmark, »Texting


While Driving: A Study of 1211 U. S. Adults with the
Distracted Driving Survey«, in: Preventive Medicine Reports 4
(2016), S. 486–89.
https://doi.org/10.1016/j.pmedr.2016.09.003 .

Greenfield, Rebecca, »Workplace Wellness Programs Really Don’t


Work«, Bloomberg, 26. Januar 2018.
https://www.bloomberg.com/news/articles/2018-01-
26/workplace-wellness-programs-really-don-t-work .

Hadaway, Patricia F., Bruce K. Alexander, Robert B. Coambs und


Barry Beyerstein, »The Effect of Housing and Gender on
Preference for Morphine-Sucrose Solutions in Rats«, in:
Psychopharmacology 66, Nr. 1 (1979), S. 87–91.
https://doi.org/10.1007/bf00431995 .

Hall, Matthew, »Bird Scooters Flying Around Town«, in: Santa


Monica Daily Press, 26. September 2017.
http://smdp.com/bird-scooters-flying-around-town/162647 .

Halpern, Daniel und James E. Katz, »Texting’s Consequences for


Romantic Relationships: A Cross-Lagged Analysis Highlights
Its Risks«, in: Computers in Human Behavior 71 (2017), S. 386–
394. https://doi.org/10.1016/j.chb.2017.01.051 .

Hammons, Amber J. und Barbara H. Fiese, »Is Frequency of


Shared Family Meals Related to the Nutritional Health of
Children and Adolescents?«, in: Pediatrics 127, Nr. 6 (2011), S.
E1565–E1574. https://doi.org/10.1542/peds.2010–1440 .
Harris, Mathew A. und Thomas Wolbers, »How Age-Related
Strategy Switching Deficits Affect Wayfinding in Complex
Environments«, in: Neurobiology of Aging 35, Nr. 5 (2014),
S. 1095–1102.
https://doi.org/10.1016/j.neurobiolaging.2013.10.086 .

Harter, Jim, »Should Employers Ban Email After Work Hours?«,


Gallup, 9. September 2014.
https://www.gallup.com/workplace/236519/employers-ban-
email-work-hours.aspx .

Heatherton, Todd F. und Patricia A. Nichols, »Personal Accounts


of Successful Versus Failed Attempts at Life Change«, in:
Personality and Social Psychology Bulletin 20, Nr. 6 (1994),
S. 664–675. https://doi.org/10.1177/0146167294206005 .

Heintzelman, Samantha J. und Laura A. King, »Routines and


Meaning in Life«, in: Personality and Social Psychology
Bulletin, online veröffentlicht am 18. September 2018.
https://doi.org/10.1177/0146167218795133 .

Hirsch, Jana A., Ana V. Diez Roux, Kari A. Moore, Kelly R.


Evenson und Daniel A. Rodriguez, »Change in Walking and
Body Mass Index Following Residential Relocation: The
Multi-Ethnic Study of Atherosclerosis«, in: American Journal
of Public Health 104, Nr. 3 (2014), S. e49–e56.
https://doi.org/10.2105/ajph.2013.301773 .
Hobson, Nicholas M., Devin Bonk und Michael Inzlicht, »Rituals
Decrease the Neural Response to Performance Failure«, in:
PeerJ 5 (2017), S. e3363. https://doi.org/10.7717/peerj.3363 .

Hoffman, Steven J. und Charlie Tan, »Overview of Systematic


Reviews on the Health-Related Effects of Government
Tobacco Control Policies«, in: BMC Public Health 15, Nr. 1
(2015), S. 744. https://doi.org/10.1186/s12889-015-2041-6 .

Hofford, Rebecca S., Jonathan J. Chow, Joshua S. Beckmann und


Michael T. Bardo, »Effects of Environmental Enrichment on
Self-Administration of the Short-Acting Opioid Remifentanil
in Male Rats«, in: Psychopharmacology 234, Nr. 23–24 (2017),
S. 3499–3506. https://doi.org/10.1007/s00213-017-4734-2.

Hofmann, Wilhelm, Roy F. Baumeister, Georg Förster und


Kathleen D. Vohs, »Everyday Temptations: An Experience
Sampling Study of Desire, Conflict, and Self-Control«, in:
Journal of Personality and Social Psychology 102, Nr. 6 (2012),
S. 1318–1335,
https://www.researchgate.net/publication/51859926_Everyday_temptati
control .

Hollands, Gareth J., Ian Shemilt, Theresa M. Marteau, Susan A.


Jebb, Hannah B. Lewis, Yinghui Wei, Julian P. T. Higgins und
David Ogilvie, »Portion, Package or Tableware Size for
Changing Selection and Consumption of Food, Alcohol and
Tobacco«, in: Cochrane Database of Systematic Reviews 9, Nr.
CD011045 (2015).
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC4579823/ .

Holmes, John G. und Susan D. Boon, »Developments in the Field


of Close Relationships: Creating Foundations for Intervention
Strategies«, in: Personality and Social Psychology Bulletin 16,
Nr. 1 (1990), S. 23–41.
https://doi.org/10.1177/0146167290161003 .

Howard-Jones, Paul A., Tim Jay, Alice Mason und Harvey Jones,
»Gamification of Learning Deactivates the Default Mode
Network«, in: Frontiers in Psychology 6 (2016).
https://doi.org/10.3389/fpsyg.2015.01891 .

Hui, Sam K., J. Jeffrey Inman, Yanliu Huang und Jacob Suher,
»The Effect of In-Store Travel Distance on Unplanned
Spending: Applications to Mobile Promotion Strategies«, in:
Journal of Marketing 77, Nr. 2 (2013), S. 1–16.
https://doi.org/10.1509/jm.11.0436 .

Hunt, George M. und Nathan H. Azrin, »A Community-


Reinforcement Approach to Alcoholism«, in: Behaviour
Research and Therapy 11, Nr. 1 (1973), S. 91–104.
https://doi.org/10.1016/0005–7967(73)90072–7 .

Hutson, Matthew, »Everyday Routines Make Life Feel More


Meaningful«, in: Scientific American, 1. Juli 2015.
https://www.scientificamerican.com/article/everyday-
routines-make-life-feel-more-meaningful/ .

Itzchakov, Guy, Liad Uziel und Wendy Wood, »When Attitudes


and Habits Don’t Correspond: Self-Control Depletion
Increases Persuasion but Not Behavior«, in: Journal of
Experimental Social Psychology 75 (2018), S. 1–10.
https://doi.org/10.1016/j.jesp.2017.10.011 .

James, William, Habit, New York 1890.

The Principles of Psychology, Bd. 1, New York 1890, Nachdruck:


New York 2007.

Jessoe, Katrina und David Rapson, »Knowledge Is (Less) Power:


Experimental Evidence from Residential Energy Use«, in:
American Economic Review 104, Nr. 4 (2014), S. 1417–1438.
https://doi.org/10.1257/aer.104.4.1417 .

Ji, Mindy F. und Wendy Wood, »Purchase and Consumption


Habits: Not Necessarily What You Intend«, in: Journal of
Consumer Psychology 17, Nr. 4 (2007), S. 261–276.
https://doi.org/10.1016/S1057–7408(07)70037–2 .

Jónsdóttir, María K., Steinunn Adólfsdóttir, Rúna Dögg Cortez,


María Gunnarsdóttir und Ágústa Hlín Gústafsdóttir, »A Diary
Study of Action Slips in Healthy Individuals«, in: Clinical
Neuropsychologist 21, Nr. 6 (2007), S. 875–883.
https://doi.org/10.1080/13854040701220044 .

Jordan, Jewel, »Americans Moving at Historically Low Rates,


Census Bureau Reports«, United States Census Bureau, 16.
November 2016. https://www.census.gov/newsroom/press-
releases/2016/cb16–189.html .

Jost, John T. und David M. Amodio, »Political Ideology as


Motivated Social Cognition: Behavioral and Neuroscientific
Evidence«, in: Motivation and Emotion 36, Nr. 1 (2012), S. 55–
64. https://doi.org/10.1007/s11031-011-9260-7 .

Judah, Gaby, Benjamin Gardner und Robert Aunger, »Forming a


Flossing Habit: An Exploratory Study of the Psychological
Determinants of Habit Formation«, in: British Journal of
Health Psychology 18, Nr. 2 (2013), S. 338–353.
https://doi.org/10.1111/j.2044–8287.2012.02086.x .

Katz-Sidlow, Rachel J., Allison Ludwig, Scott Miller und Robert


Sidlow, »Smartphone Use During Inpatient Attending
Rounds: Prevalence, Patterns and Potential for Distraction«,
in: Journal of Hospital Medicine 7, Nr. 8 (2012), S. 595–599.
https://doi.org/10.1002/jhm.1950 .

Kaushal, Navin und Ryan E. Rhodes, »Exercise Habit Formation


in New Gym Members: A Longitudinal Study«, in: Journal of
Behavioral Medicine 38, Nr. 4 (2015), S. 652–663.
https://doi.org/10.1007/s10865-015-9640-7 .

Keller, Carmen, Christina Hartmann und Michael Siegrist, »The


Association Between Dispositional Self-Control and
Longitudinal Changes in Eating Behaviors, Diet Quality, and
BMI«, in: Psychology and Health 31, Nr. 11 (2016), S. 1311–
1327. https://doi.org/10.1080/08870446.2016.1204451 .

Kessler, David A., The End of Overeating: Taking Control of the


Insatiable American Appetite, Emmaus, PA 2009.

Khare, Adwait und J. Jeffrey Inman, »Daily, Week-Part, and


Holiday Patterns in Consumers’ Caloric Intake«, in: Journal of
Public Policy and Marketing 28, Nr. 2 (2009), S. 234–252.
https://doi.org/10.1509/jppm.28.2.234 .

»Habitual Behavior in American Eating Patterns: The Role of


Meal Occasions«, in: Journal of Consumer Research 32, Nr. 4
(2006), S. 567–575. https://doi.org/10.1086/500487 .

Kirchner, Thomas R., Jennifer Cantrell, Andrew Anesetti-


Rothermel, Ollie Ganz, Donna M. Vallone und David B.
Abrams, »Geospatial Exposure to Point-of- Sale Tobacco:
Real-Time Craving and Smoking-Cessation Outcomes«, in:
American Journal of Preventive Medicine 45, Nr. 4 (2013),
S. 379–385. https://doi.org/10.1016/j.amepre.2013.05.016 .
Kiszko, Kamila M., Olivia D. Martinez, Courtney Abrams und
Brian Elbel, »The Influence of Calorie Labeling on Food
Orders and Consumption: A Review of the Literature«, in:
Journal of Community Health 39, Nr. 6 (2014), S. 1248–1269.
https://doi.org/10.1007/s10900-014-9876-0 .

Klein, Gary, Roberta Calderwood und Anne Clinton-Cirocco,


»Rapid Decision Making on the Fire Ground: The Original
Study Plus a Postscript«, in: Journal of Cognitive Engineering
and Decision Making 4, Nr. 3 (2010), S. 186–209.
https://doi.org/10.1518/155534310X12844000801203 .

Knowlton, Barbara J., Jennifer A. Mangels und Larry R. Squire, »A


Neostriatal Habit Learning System in Humans«, in: Science
273, Nr. 5280 (1996), S. 1399–1402.
https://doi.org/10.1126/science.273.5280.1399 .

Knowlton, Barbara J. und Tara K. Patterson, »Habit Formation


and the Striatum«, in: Behavioral Neuroscience of Learning
and Memory, hrsg. von Robert E. Clark und Stephen J. Martin,
S. 275–295. Bd. 37, in: Current Topics in Behavioral
Neurosciences, Cham 2018.
https://doi.org/10.1007/7854_2016_451 .

Koehler, Derek J., Rebecca J. White und Leslie K. John, »Good


Intentions, Optimistic Self-Predictions, and Missed
Opportunities«, in: Social Psychological and Personality
Science 2, Nr. 1 (2011), S. 90–96.
https://doi.org/10.1177/1948550610375722 .

Koob, George F. und Nora D. Volkow, »Neurobiology of Addiction:


A Neurocircuitry Analysis«, in: Lancet Psychiatry 3, Nr. 8
(2016), S. 760–773. https://doi.org/10.1016/S2215–
0366(16)00104–8 .

Korosec, Kirsten, »2016 Was the Deadliest Year on American


Roads in Nearly a Decade«, in: Fortune, 15. Februar 2017.
http://fortune.com/2017/02/15/traffic-deadliest-year/ .

Kullgren, Jeffrey T., Andrea B. Troxel, George Loewenstein, David


A. Asch, Laurie A. Norton, Lisa Wesby, Yuanyuan Tao et al.,
»Individual-Versus Group-Based Financial Incentives for
Weight Loss: A Randomized, Controlled Trial«, in: Annals of
Internal Medicine 158, Nr. 7 (2013), S. 505–514.
https://doi.org/10.7326/0003-4819-158-7-201304020-00002 .

Kuzmarov, Jeremy, The Myth of the Addicted Army: Vietnam and


the Modern War on Drugs, Amherst, MA 2009.

Labrecque, Jennifer S., Kristen Lee und Wendy Wood,


»Overthinking Habit«, Manuskript in der Prüfungsphase,
University of Southern California 2017.

Labrecque, Jennifer S., Wendy Wood, David T. Neal und Nick


Harrington, »Habit Slips: When Consumers Unintentionally
Resist New Products«, in: Journal of the Academy of
Marketing Science 45, Nr. 1 (2017), S. 119–133.
https://doi.org/10.1007/s11747-016-0482-9 .

Lally, Phillippa, Cornelia H. M. van Jaarsveld, Henry W. W. Potts


und Jane Wardle, »How Are Habits Formed: Modelling Habit
Formation in the Real World«, in: European Journal of Social
Psychology 40, Nr. 6 (2010), S. 998–1009.
https://doi.org/10.1002/ejsp.674 .

Larcom, Shaun, Ferdinand Rauch und Tim Willems, »The


Benefits of Forced Experimentation: Striking Evidence from
the London Underground Network«, in: Quarterly Journal of
Economics 132, Nr. 4 (2017), S. 2019–2055.
https://doi.org/10.1093/qje/qjx020 .

Legare, Cristine H. und André L. Souza, »Evaluating Ritual


Efficacy: Evidence from the Supernatural«, in: Cognition 124,
Nr. 1 (2012), S. 1–15.
https://doi.org/10.1016/j.cognition.2012.03.004 .

Lewin, Kurt, »Frontiers in Group Dynamics: Concept, Method and


Reality in Social Science; Social Equilibria and Social
Change«, in: Human Relations 1, Nr. 1 (1947), S. 5–41.
https://doi.org/10.1177/001872674700100103 .

Lewis, Zakkoyya H., Maria C. Swartz und Elizabeth J. Lyons,


»What’s the Point? A Review of Reward Systems
Implemented in Gamification Interventions«, in: Games for
Health Journal 5, Nr. 2 (2016), S. 93–99.
https://doi.org/10.1089/g4h.2015.0078 .

Lin, Pei-Ying, Wendy Wood und John Monterosso, »Healthy


Eating Habits Protect Against Temptations«, in: Appetite 103
(2016), S. 432–440.
https://doi.org/10.1016/j.appet.2015.11.011 .

Litt, Mark D., Ronald M. Kadden, Elise Kabela-Cormier und Nancy


M. Petry, »Changing Network Support for Drinking: Network
Support Project 2-Year Follow-Up«, in: Journal of Consulting
and Clinical Psychology 77, Nr. 2 (2009), S. 229–242.
https://doi.org/10.1037/a0015252 .

Loewenstein, George, Cass R. Sunstein und Russell Golman,


»Disclosure: Psychology Changes Everything«, in: Annual
Review of Economics 6 (2014), S. 391–419.
https://doi.org/10.1146/annurev-economics-080213–041341 .

Lucas, Brian J. und Loran F. Nordgren, »People Underestimate


the Value of Persistence for Creative Performance«, in:
Journal of Personality and Social Psychology 109, Nr. 2 (2015),
S. 232–243. https://doi.org/10.1037/pspa0000030 .

Lynley, Matthew, »Bird Has Officially Raised a Whopping $300M


as the Scooter Wars Heat Up«, in: TechCrunch, 28. Juni 2018.
https://techcrunch.com/2018/06/28/bird-has-officially-raised-
a-whopping-300m-as-the-scooter-wars-heat-up .

Macnamara, Brooke N., David Z. Hambrick und Frederick L.


Oswald, »Deliberate Practice and Performance in Music,
Games, Sports, Education, and Professions: A Meta-Analysis«,
in: Psychological Science 25, Nr. 8 (2014), S. 1608–1618.
https://doi.org/10.1177/0956797614535810 .

Mader, Emily M., Brittany Lapin, Brianna J. Cameron, Thomas A.


Carr und Christopher P. Morley, »Update on Performance in
Tobacco Control: A Longitudinal Analysis of the Impact of
Tobacco Control Policy and the US Adult Smoking Rate, 2011–
2013«, in: Journal of Public Health Management and Practice
22, Nr. 5 (2016), S. E29–E35.
https://doi.org/10.1097/phh.0000000000000358 .

Maltz, Maxwell, Erfolg kommt nicht von ungefähr. Durch


Psychokybernetik positiv denken und handeln, aus dem
Amerikanischen von Günter Neumeyer, Düsseldorf 1993.

Mannor, Mike, Adam Wowak, Viva Ona Bartkus und Luis R.


Gomez-Mejia, »How Anxiety Affects CEO Decision Making«,
in: Harvard Business Review, 19. Juli 2016.
https://hbr.org/2016/07/how-anxiety-affects-ceo-decision-
making .
Mantzari, Eleni, Florian Vogt, Ian Shemilt, Yinghui Wei, Julian
P. T. Higgins und Theresa M. Marteau, »Personal Financial
Incentives for Changing Habitual Health-Related Behaviors:
A Systematic Review and Meta-Analysis«, in: Preventive
Medicine 75 (2015), S. 75–85.
https://doi.org/10.1016/j.ypmed.2015.03.001 .

March, James G., »Exploration and Exploitation in Organizational


Learning«, in: Organization Science 2, Nr. 1 (1991), S. 71–87.
https://www.jstor.org/stable/2634940 .

Martin, Adam, Jenna Panter, Marc Suhrcke und David Ogilvie,


»Impact of Changes in Mode of Travel to Work on Changes in
Body Mass Index: Evidence from the British Household Panel
Survey«, in: Journal of Epidemiology and Community Health
69, Nr. 8 (2015), S. 753–761. https://doi.org/10.1136/jech-2014–
205211 .

Mayer, Stefan und Jan R. Landwehr, »Objective Measures of


Design Typicality«, in: Design Studies 54 (2018), S. 146–161.
https://doi.org/10.1016/j.destud.2017.09.004 .

»Objective Measures of Design Typicality That Predict Aesthetic


Liking, Fluency, and Car Sales«, in: Advances in Consumer
Research 44, Association for Consumer Research, Duluth, MN
2016, S. 556–557.
McCarthy, Justin, »In U. S., Smoking Rate Lowest in Utah, Highest
in Kentucky«, Gallup, 13. März 2014.
http://www.gallup.com/poll/167771/smoking-rate-lowest-
utah-highest-kentucky.aspx .

McDaniel, Brandon T. und Sarah M. Coyne, »›Technoference‹:


The Interference of Technology in Couple Relationships and
Implications for Women’s Personal and Relational Well-
Being«, in: Psychology of Popular Media Culture 5, Nr. 1
(2016), S. 85–98. http://doi.org/10.1037/ppm0000065 .

McKay, James R, »Making the Hard Work of Recovery More


Attractive for Those with Substance Use Disorders«, in:
Addiction 112, Nr. 5 (2017), S. 751–757.
https://doi.org/10.1111/add.13502 .

McKinlay, John B., »A Case for Re-focusing Upstream: The


Political Economy of Illness«, in: Applying Behavioral
Sciences to Cardiovascular Risk, Proceedings of the American
Heart Association Conference, Seattle, WA 17.–19. Juni 1974,
hrsg. von A. J. Enelow und J. B. Henderson, Washington, D. C.
1975.

Melnikoff, David E. und John A. Bargh, »The Mythical Number


Two«, in: Trends in Cognitive Sciences 22, Nr. 4 (2018), S. 280–
293. https://doi.org/10.1016/j.tics.2018.02.001 .
MetLife Foundation, »What America Thinks: MetLife Foundation
Alzheimer’s Survey«, Februar 2011.
https://www.metlife.com/assets/cao/foundation/alzheimers-
2011.pdf .

Michimi, Akihiko und Michael C. Wimberly, »Associations of


Supermarket Accessibility with Obesity and Fruit and
Vegetable Consumption in the Conterminous United States«,
in: International Journal of Health Geographics 9, Nr. 1 (2010),
S. 49. https://doi.org/10.1186/1476–072x-9–49 .

Miller, George A., »The Cognitive Revolution: A Historical


Perspective«, in: Trends in Cognitive Sciences 7, Nr. 3 (2003),
S. 141–144. https://doi.org/10.1016/S1364–6613(03)00029–9 .

Miller, George A., Eugene Galanter und Karl H. Přibram,


Strategien des Handelns. Pläne und Strukturen des Verhaltens,
aus dem Amerikanischen von Paul Bärtschi, Stuttgart 1991.

Mischel, Walter und Ebbe B. Ebbesen, »Attention in Delay of


Gratification«, in: Journal of Personality and Social
Psychology 16, Nr. 2 (1970), S. 329–337.
https://doi.org/10.1037/h0029815 .

Mita, Theodore H., Marshall Dermer und Jeffrey Knight,


»Reversed Facial Images and the Mere-Exposure
Hypothesis«, in: Journal of Personality and Social Psychology
35, Nr. 8 (1977), S. 597–601. https://doi.org/10.1037//0022–
3514.35.8.597 .

Molloy, Gerard J., Heather Graham und Hannah McGuinness,


»Adherence to the Oral Contraceptive Pill: A Cross-Sectional
Survey of Modifiable Behavioural Determinants«, in: BMC
Public Health 12 (2012). https://doi.org/10.1186/1471-2458-12-
838 .

Monterosso, John und Wendy Wood, »Habits of Successful


Rehabilitation«, nicht publizierte Ergebnisse, University of
Southern California 2017.

Montoya, R. Matthew, Robert S. Horton, Jack L. Vevea, Martyna


Citkowicz und Elissa A. Lauber, »A Re-examination of the
Mere Exposure Effect: The Influence of Repeated Exposure
on Recognition, Familiarity, and Liking«, in: Psychological
Bulletin 143, Nr. 5 (2017), S. 459–498.
https://doi.org/10.1037/bul0000085 .

Mooney, Chris, »Why 50 Million Smart Meters Still Haven’t Fixed


America’s Energy Habits«, in: The Washington Post, 29.
Januar 2015. https://www.washingtonpost.com/news/energy-
environment/wp/2015/01/29/americans-are-this-close-to-
finally-understanding-their-electricity-bills .

Moore, Latetia V. und Frances E. Thompson, »Adults Meeting


Fruit and Vegetable Intake Recommendations – United States
2013«, in: Morbidity und Mortality Weekly Report 64, Nr. 26
(2015), Centers for Disease Control and Prevention, S. 709–
713, Washington, D. C. 10. Juli 2015.
https://www.cdc.gov/mmwr/preview/mmwrhtml/mm6426a1.htm

Morley, Christopher P. und Morgan A. Pratte, »State-Level


Tobacco Control and Adult Smoking Rate in the United
States: An Ecological Analysis of Structural Factors«, in:
Journal of Public Health Management and Practice 19, Nr. 6
(2013), S. E20–E27.
https://doi.org/10.1097/PHH.0b013e31828000de .

Morris, Benjamin, »Stephen Curry Is the Revolution«,


FiveThirtyEight, Dezember 2015.
http://fivethirtyeight.com/features/stephen-curry-is-the-
revolution .

Mosley, Michael, »Five-A Day Campaign: A Partial Success«, BBC


News, 3. Januar 2013. http://www.bbc.com/news/health-
20858809 .

Nasar, Jack L. und Derek Troyer, »Pedestrian Injuries Due to


Mobile Phone Use in Public Places«, in: Accident Analysis and
Prevention 57 (2013), S. 91–95.
https://doi.org/10.1016/j.aap.2013.03.021 .

NatCen Social Research, Health Survey for England 2017, London


2018.
https://files.digital.nhs.uk/5B/B1297D/HSE%20report%20summary.pdf

National Association of City Transportation Officials, Equitable


Bike Share Means Building Better Places for People to Ride,
Juli 2016, https://nacto.org/wp-
content/uploads/2016/07/NACTO_Equitable_Bikeshare_Means_Bike_Lane

National Heart, Lung, and Blood Institute, »Portion Distortion«,


letzte Änderung am 1. April 2015.
https://www.nhlbi.nih.gov/health/educational/wecan/eat-
right/portion-distortion.htm .

National Institute on Drug Abuse, »Drugs, Brains, and Behavior:


The Science of Addiction«, letzte Änderung Juli 2018.
https://www.drugabuse.gov/publications/drugs-brains-
behavior-science-addiction/drug-abuse-addiction .

»Drugs, Brains, and Behavior: The Science of Addiction:


Treatment and Recovery«, Juli 2014.
https://www.drugabuse.gov/publications/drugs-brains-
behavior-science-addiction/treatment-recovery .

National Safety Council Injury Facts, »Odds of Dying«, 2016.


https://injuryfacts.nsc.org/all-injuries/preventable-death-
overview/odds-of-dying .

Neal, David T., Jelena Vujcic, Orlando Hernandez and Wendy


Wood, The Science of Habit: Creating Disruptive and Sticky
Behavior Change in Handwashing Behavior,
USAID/WASHplus Project, Washington, DC 2015.

Neal, David T., Wendy Wood und Aimee Drolet, »How Do People
Adhere to Goals When Willpower Is Low? The Profits (and
Pitfalls) of Strong Habits«, in: Journal of Personality and
Social Psychology 104, Nr. 6 (2013), S. 959–975.
https://doi.org/10.1037/a0032626 .

Neal, David T., Wendy Wood, Jennifer S. Labrecque und Phillippa


Lally, »How Do Habits Guide Behavior? Perceived and Actual
Triggers of Habits in Daily Life«, in: Journal of Experimental
Social Psychology 48, Nr. 2 (2012), S. 492–498.
https://doi.org/10.1016/j.jesp.2011.10.011 .

Neal, David T., Wendy Wood, Mengju Wu und David Kurlander,


»The Pull of the Past: When Do Habits Persist Despite Conflict
with Motives?« in: Personality and Social Psychology Bulletin
37, Nr. 11 (2011), S. 1428–1437.
http://doi.org/10.1177/0146167211419863 .

Newport, Frank, »Email Outside of Working Hours Not a Burden


to U. S. Workers«, Gallup, 10. Mai 2017.
https://news.gallup.com/poll/210074/email-outside-working-
hours-not-burden-workers.aspx .

Nisbett, Richard E. und Timothy D. Wilson, »Telling More Than


We Can Know: Verbal Reports on Mental Processes«, in:
Psychological Review 84, Nr. 3 (1977), S. 231–259.
https://doi.org/10.1037/0033–295X.84.3.231 .

NORC at the University of Chicago, »New Insights into Americans’


Perceptions and Misperceptions of Obesity Treatments, and
the Struggles Many Face«, Oktober 2016.
http://www.norc.org/PDFs/ASMBS%20Obesity/ASMBS%20NORC%20Obe

»The ASMBS and NORC Survey on Obesity in America«,


abgerufen am 10. März 2018.
http://www.norc.org/Research/Projects/Pages/the-
asmbsnorc-obesity-poll.aspx .

Norton, Michael I. und Francesca Gino, »Rituals Alleviate


Grieving for Loved Ones, Lovers, and Lotteries«, in: Journal
of Experimental Psychology: General 143, Nr. 1 (2014), S. 266–
272. https://doi.org/10.1037/a0031772 .

Nutt, David J., Anne Lingford-Hughes, David Erritzoe und Paul


R. A. Stokes, »The Dopamine Theory of Addiction: 40 Years of
Highs and Lows«, in: Nature Reviews Neuroscience 16, Nr. 5
(2015), S. 305–312. https://doi.org/10.1038/nrn3939 .

NYC DOT, Cycling in the City: Cycling Trends in NYC, 2018.


http://www.nyc.gov/html/dot/downloads/pdf/cycling-in-the-
city.pdf .
Obermeier, Christian, Sonja A. Kotz, Sarah Jessen, Tim Raettig,
Martin von Koppenfels und Winfried Menninghaus,
»Aesthetic Appreciation of Poetry Correlates with Ease of
Processing in Event-Related Potentials«, in: Cognitive,
Affective, and Behavioral Neuroscience 16, Nr. 2 (2016),
S. 362–373. https://doi.org/10.3758/s13415-015-0396-x .

Orbell, Sheina und Bas Verplanken, »The Automatic Component


of Habit in Health Behavior: Habit as Cue-Contingent
Automaticity«, in: Health Psychology 29, Nr. 4 (2010), S. 374–
383. https://doi.org/10.1037/a0019596 .

Ozcelik, Erol, Nergiz Ercil Cagiltay und Nese Sahin Ozcelik, »The
Effect of Uncertainty on Learning in Game-Like
Environments«, in: Computers and Education 67 (2013), S. 12–
20. https://doi.org/10.1016/j.compedu.2013.02.009 .

Park-Lee, Eunice, Rachel N. Lipari, Sarra L. Hedden, Larry A.


Kroutil und Jeremy D. Porter, Receipt of Services for
Substance Use and Mental Health Issues Among Adults:
Results from the 2016 National Survey on Drug Use and
Health, Rockville, MD September 2017.

Partners Studio, »4 Reasons Why Over 50 % Car Crashes Happen


Closer to Home«, in: HuffPost, 14. Dezember 2017.
https://www.huffingtonpost.co.za/2017/12/14/4-reasons-why-
over-50-car-crashes-happen-closer-to-home_a_23307197 .
Patterson, Tara K. und Barbara J. Knowlton, »Subregional
Specificity in Human Striatal Habit Learning: A Meta-
Analytic Review of the fMRI Literature«, in: Current Opinion
in Behavioral Sciences 20 (2018), S. 75–82.
https://doi.org/10.1016/j.cobeha.2017.10.005 .

Payesko, Jenna, »FDA Approves Lofexidine Hydrochloride, First


Non-opioid Treatment for Management of Opioid
Withdrawal Symptoms in Adults«, in: Med Magazine, 16. Mai
2018. https://www.mdmag.com/medical-news/fda-approves-
lofexidine-hydrochloride-first-nonopioid-treatment-for-
management-of-opioid-withdrawal-symptoms-in-adults .

Phillips, L. Alison, Howard Leventhal und Elaine A. Leventhal,


»Assessing Theoretical Predictors of Long-Term Medication
Adherence: Patients’ Treatment-042-Related Beliefs,
Experiential Feedback and Habit Development«, in:
Psychology and Health 28, Nr. 10 (2013), S. 1135–1151.
https://doi.org/10.1080/08870446.2013.793798 .

Pollan, Michael, »The Way We Live Now: 10-12-03; The


(Agri)Cultural Contradictions of Obesity«, in: The New York
Times Magazine, 12. Oktober 2003.
http://www.nytimes.com/2003/10/12/magazine/the-way-we-
live-now-10-12-03-the-agri-cultural-contradictions-of-
obesity.html .
Posavac, Steven S., Frank R. Kardes und J. Joško Brakus, »Focus
Induced Tunnel Vision in Managerial Judgment and Decision
Making: The Peril and the Antidote«, in: Organizational
Behavior and Human Decision Processes 113, Nr. 2 (2010),
S. 102–111. https://doi.org/10.1016/j.obhdp.2010.07.002 .

Privitera, Gregory J. und Faris M. Zuraikat, »Proximity of Foods


in a Competitive Food Environment Influences Consumption
of a Low Calorie and a High Calorie Food«, in: Appetite 76
(2014), S. 175–179.
https://doi.org/10.1016/j.appet.2014.02.004 .

Pronin, Emily und Matthew B. Kugler, »People Believe They Have


More Free Will Than Others«, in: Proceedings of the National
Academy of Sciences 107, Nr. 52 (2010), S. 22469–22474.
https://doi.org/10.1073/pnas.1012046108 .

Quinn, Jeffrey M., Anthony Pascoe, Wendy Wood und David T.


Neal, »Can’t Control Yourself? Monitor Those Bad Habits«, in:
Personality and Social Psychology Bulletin 36, Nr. 4 (2010),
S. 499–511. https://doi.org/10.1177/0146167209360665 .

Quinn, Jeffrey M. und Wendy Wood, »Habits Across the


Lifespan«, unveröffentlichtes Manuskript, Duke University
2005.

Ravaisson, Félix, Abhandlung über die Gewohnheit, hrsg. von


Gerhard Funke, Bonn 1954.
Reason, James und Deborah Lucas, »Absent-Mindedness in
Shops: Its Incidence, Correlates and Consequences«, in:
British Journal of Clinical Psychology 23, Nr. 2 (1984), S. 121–
131. https://doi.org/10.1111/j.2044–8260.1984.tb00635.x .

Reber, Rolf, Norbert Schwarz und Piotr Winkielman, »Processing


Fluency and Aesthetic Pleasure: Is Beauty in the Perceiver’s
Processing Experience?« in: Personality and Social
Psychology Review 8, Nr. 4 (2004), S. 364–382.
https://doi.org/10.1207/s15327957pspr0804_3 .

https://www.reddit.com/r/IAmA/comments/49jkhn/im_bill_gates_cochair_of_

Redgrave, Peter, Manuel Rodriguez, Yoland Smith, Maria C.


Rodriguez-Oroz, Stephane Lehericy, Hagai Bergman, Yves
Agid, Mahlon R. DeLong und José A. Obeso, »Goal-Directed
and Habitual Control in the Basal Ganglia: Implications for
Parkinson’s Disease«, in: Nature Reviews Neuroscience 11,
Nr. 11 (2010), S. 760–772. https://doi.org/10.1038/nrn2915 .

Roberts, James A. und Meredith E. David, »My Life Has Become a


Major Distraction from My Cell Phone: Partner Phubbing and
Relationship Satisfaction Among Romantic Partners«, in:
Computers in Human Behavior 54 (2016), S. 134–141.
https://doi.org/10.1016/j.chb.2015.07.058 .

Robins, Lee N., »Vietnam Veterans’ Rapid Recovery from Heroin


Addiction: A Fluke or Normal Expectation?«, in: Addiction 88,
Nr. 8 (1993), S. 1041–1054. https://doi.org/10.1111/j.1360–
0443.1993.tb02123.x .

Robins, Lee N., Darlene H. Davis und Donald W. Goodwin, »Drug


Use by US Army Enlisted Men in Vietnam: A Follow-Up on
Their Return Home«, in: American Journal of Epidemiology
99, Nr. 4 (1974), S. 235–249.
https://doi.org/10.1093/oxfordjournals.aje.a121608 .

Robins, Lee N., John E. Helzer, Michie Hesselbrock und Eric Wish,
»Vietnam Veterans Three Years After Vietnam: How Our
Study Changed Our View of Heroin«, in: American Journal on
Addictions 19, Nr. 3 (2010), S. 203–211.
https://doi.org/10.1111/j.1521–0391.2010.00046.x .

Robinson, Paul L., Fred Dominguez, Senait Teklehaimanot,


Martin Lee, Arleen Brown, Michael Goodchild und Darryl B.
Hood, »Does Distance Decay Modelling of Supermarket
Accessibility Predict Fruit and Vegetable Intake by
Individuals in a Large Metropolitan Area?«, in: Journal of
Health Care for the Poor and Underserved 24, Nr. 1A (2013),
S. 172–185. https://doi.org/10.1353/hpu.2013.0049 .

Robinson, Thomas N., Dina L. G. Borzekowski, Donna M.


Matheson und Helena C. Kraemer, »Effects of Fast Food
Branding on Young Children’s Taste Preferences«, in:
Archives of Pediatrics and Adolescent Medicine 161, Nr. 8
(2007), S. 792–797.
https://doi.org/10.1001/archpedi.161.8.792 .

Rogers, Bryan L., James M. Vardaman, David G. Allen, Ivan S.


Muslin und Meagan Brock Baskin, »Turning Up by Turning
Over: The Change of Scenery Effect in Major League
Baseball«, in: Journal of Business and Psychology 32, Nr. 5
(2017), S. 547–560. https://doi.org/10.1007/s10869-016-9468-3 .

Rolls, Barbara J., Liane S. Roe und Jennifer S. Meengs, »The Effect
of Large Portion Sizes on Energy Intake Is Sustained for 11
Days«, in: Obesity 15, Nr. 6 (2007), S. 1535–1543.
https://doi.org/10.1038/oby.2007.182 .

Rosengren, John, »How Casinos Enable Gambling Addicts«, in:


The Atlantic, Dezember 2016.
https://www.theatlantic.com/magazine/archive/2016/12/losing-
it-all/505814/ .

Ross, Lee D., Teresa M. Amabile und Julia L. Steinmetz, »Social


Roles, Social Control und Biases in Social-Perception
Processes«, in: Journal of Personality and Social Psychology
35, Nr. 7 (1977), S. 485–494. https://doi.org/10.1037/0022–
3514.35.7.485 .

Rothman, Michael, »Stephen and Ayesha Curry: Inside Our


Whirlwind Life«, ABC News, abgerufen am 18. Mai 2018.
https://abcnews.go.com/Entertainment/fullpage/stephen-
ayesha-curry-inside-whirlwind-life-34207323 .

Runnemark, Emma, Jonas Hedman und Xiao Xiao, »Do


Consumers Pay More Using Debit Cards Than Cash?«, in:
Electronic Commerce Research and Applications 14, Nr. 5
(2015), S. 285–291.
https://doi.org/10.1016/j.elerap.2015.03.002 .

Ryan, Tom, »Older Shoppers Irritated by Supermarket Layout


Changes«, RetailWire, 12. März 2012.
http://www.retailwire.com/discussion/older-shoppers-
irritated-by-supermarket-layout-changes/ .

Saad, Lydia, »Tobacco and Smoking«, Gallup, 15. August 2002.


http://www.gallup.com/poll/9910/tobacco-smoking.aspx .

»U. S. Smoking Rate Still Coming Down«, Gallup, 24. Juli 2008.
https://news.gallup.com/poll/109048/us-smoking-rate-still-
coming-down.aspx .

Sanger-Katz, Margot, »The Decline of Big Soda«, in: The New York
Times, 2. Oktober 2015.
https://www.nytimes.com/2015/10/04/upshot/soda-industry-
struggles-as-consumer-tastes-change.html .

»Yes, Soda Taxes Seem to Cut Soda Drinking«, in: The New York
Times, 13. Oktober 2015.
https://www.nytimes.com/2015/10/13/upshot/yes-soda-taxes-
seem-to-cut-soda-drinking.html .

Scarboro, Morgan, »How High Are Cigarette Taxes in Your


State?«, Tax Foundation, 10. Mai 2017.
https://taxfoundation.org/state-cigarette-taxes/ .

Schippers, Michaéla C. und Paul A. M. van Lange, »The


Psychological Benefits of Superstitious Rituals in Top Sport: A
Study Among Top Sportspersons«, in: Journal of Applied
Social Psychology 36, Nr. 10 (2006), S. 2532–2553.
https://doi.org/10.1111/j.0021–9029.2006.00116.x .

Schlam, Tanya R., Nicole L. Wilson, Yuichi Shoda, Walter Mischel


und Ozlem Ayduk, »Preschoolers’ Delay of Gratification
Predicts Their Body Mass 30 Years Later«, in: Journal of
Pediatrics 162, Nr. 1 (2013), S. 90–93.
https://doi.org/10.1016/j.jpeds.2012.06.049 .

Schmidt, Susanne und Martin Eisend, »Advertising Repetition: A


Meta-Analysis on Effective Frequency in Advertising«, in:
Journal of Advertising 44, Nr. 4 (2015), S. 415–428.
https://doi.org/10.1080/00913367.2015.1018460 .

Schneider, Walter und Richard M. Shiffrin, »Controlled and


Automatic Human Information Processing: I. Detection,
Search, and Attention«, in: Psychological Review 84, Nr. 1
(1977), S. 1–66. https://doi.org/10.1037/0033–295X.84.1.1 .
Schultz, Wolfram, »Dopamine Reward Prediction-Error
Signalling: A Two-Component Response«, in: Nature Reviews
Neuroscience 17, Nr. 3 (2016), S. 183–195.
https://doi.org/10.1038/nrn.2015.26 .

»Dopamine Reward Prediction Error Coding«, in: Dialogues in


Clinical Neuroscience 18, Nr. 1 (2016), S. 23–32.

»Neuronal Reward and Decision Signals: From Theories to Data«,


in: Physiological Reviews 95, Nr. 3 (2015), S. 853–951.
https://doi.org/10.1152/physrev.00023.2014 .

Schwabe, Lars und Oliver T. Wolf, »Stress and Multiple Memory


Systems: From ›Thinking‹to ›Doing‹«, in: Trends in Cognitive
Sciences 17, Nr. 2 (2013), S. 60–68.
https://doi.org/10.1016/j.tics.2012.12.001 .

»Stress Increases Behavioral Resistance to Extinction«, in:


Psychoneuroendocrinology 36, Nr. 9 (2011), S. 1287–1293.
https://doi.org/10.1016/j.psyneuen.2011.02.002 .

Schwartz, Janet, Daniel Mochon, Lauren Wyper, Josiase Maroba,


Deepak Patel und Dan Ariely, »Healthier by
Precommitment«, in: Psychological Science 25, Nr. 2 (2014),
S. 538–546. https://doi.org/10.1177/0956797613510950 .

Schwarz, Hunter, »Where in the United States You Can’t Purchase


Alcohol«, in: The Washington Post, 2. September 2014.
https://www.washingtonpost.com/blogs/govbeat/wp/2014/09/02/where-
in-the-united-states-you-cant-purchase-alcohol .

Sellman, Abigail, Justine Burns und Brendan Maughan-Brown,


»Handwashing Behaviour and Habit Formation in the
Household: Evidence of Spillovers from a Pilot Randomised
Evaluation in South Africa«, in: SALDRU Working Paper
Series, Nr. 226 (2018).

Sheeran, Paschal, Gaston Godin, Mark Conner und Marc


Germain, »Paradoxical Effects of Experience: Past Behavior
Both Strengthens and Weakens the Intention-Behavior
Relationship«, in: Journal of the Association for Consumer
Research 2, Nr. 3 (2017), S. 309–318.
http://doi.org/10.1086/691216 .

Shen, Luxi, Ayelet Fishbach und Christopher K. Hsee, »The


Motivating-Uncertainty Effect: Uncertainty Increases
Resource Investment in the Process of Reward Pursuit«, in:
Journal of Consumer Research 41, Nr. 5 (2015), S. 1301–1315.
https://doi.org/10.1086/679418 .

Shenhav, Amitai, Sebastian Musslick, Falk Lieder, Wouter Kool,


Thomas L. Griffiths, Jonathan D. Cohen und Matthew M.
Botvinick, »Toward a Rational and Mechanistic Account of
Mental Effort«, in: Annual Review of Neuroscience 40 (2017),
S. 99–124. https://doi.org/10.1146/annurev-neuro-072116–
031526 .

Shepherd, Lee, Ronan E. O’Carroll, and Eamonn Ferguson, »An


International Comparison of Deceased and Living Organ
Donation/Transplant Rates in Opt-In and Opt-Out Systems: A
Panel Study«, in: BMC Medicine 12, Nr. 1 (2014), S. 1–14.
https://doi.org/10.1186/s12916-014-0131-4 .

Shields, Grant S., Matthew A. Sazma und Andrew P. Yonelinas,


»The Effects of Acute Stress on Core Executive Functions: A
Meta-Analysis and Comparison with Cortisol«, in:
Neuroscience and Biobehavioral Reviews 68 (2016), S. 651–
668. https://doi.org/10.1016/j.neubiorev.2016.06.038 .

Shiffrin, Richard M. und Walter Schneider, »Controlled and


Automatic Human Information Processing: II. Perceptual
Learning, Automatic Attending and a General Theory«, in:
Psychological Review 84, Nr. 2 (1977), S. 127–190.
https://doi.org/10.1037/0033–295X.84.2.127 .

Shindou, Tomomi, Mayumi Shindou, Sakurako Watanabe und


Jeff Wickens, »A Silent Eligibility Trace Enables Dopamine-
Dependent Synaptic Plasticity for Reinforcement Learning in
the Mouse Striatum«, in: European Journal of Neuroscience
(2018), S. 1–11. https://doi.org/10.1111/ejn.13921 .
Shoda, Yuichi, Walter Mischel und Philip K. Peake, »Predicting
Adolescent Cognitive and Self-Regulatory Competencies from
Preschool Delay of Gratification: Identifying Diagnostic
Conditions«, in: Developmental Psychology 26, Nr. 6 (1990),
S. 978–986. https://doi.org/10.1037/0012–1649.26.6.978 .

Shrikant, Aditi, »11 Senior Citizens on the Best Products of the


Past Century«, in: Vox, 11. Dezember 2018.
https://www.vox.com/the-goods/2018/12/11/18116313/best-
products-seniors-elderly-tide-samsung .

Shuster, Alvin M, »G. I. Heroin Addiction Epidemic in Vietnam«,


in: The New York Times, 16. Mai 1971.
http://www.nytimes.com/1971/05/16/archives/gi-heroin-
addiction-epidemic-in-vietnam-gi-heroin-addiction-is.html .

Silver, Lynn D., Shu Wen Ng, Suzanne Ryan-Ibarra, Lindsey


Smith Taillie, Marta Induni, Donna R. Miles, Jennifer M. Poti
und Barry M. Popkin, »Changes in Prices, Sales, Consumer
Spending, and Beverage Consumption One Year After a Tax
on Sugar-Sweetened Beverages in Berkeley, California, US: A
Before-and-After Study«, in: PLoS Medicine 14, Nr. 4 (2017), S.
e1002283. https://doi.org/10.1371/journal.pmed.1002283 .

Silverman, Kenneth, Anthony DeFulio und Sigurdur O.


Sigurdsson, »Maintenance of Reinforcement to Address the
Chronic Nature of Drug Addiction«, in: Preventive Medicine
55 (2012), S. S46–S53.
https://doi.org/10.1016/j.ypmed.2012.03.013 .

Silverman, Kenneth, August F. Holtyn und Reed Morrison, »The


Therapeutic Utility of Employment in Treating Drug
Addiction: Science to Application«, in: Translational Issues in
Psychological Science 2, Nr. 2 (2016), S. 203–212.
https://doi.org/10.1037/tps0000061 .

Sinclair, Susan E., Marcia Cooper und Elizabeth D. Mansfield,


»The Influence of Menu Labeling on Calories Selected or
Consumed: A Systematic Review and Meta-Analysis«, in:
Journal of the Academy of Nutrition and Dietetics 114, Nr. 9
(2014), S. 1375–1388.
https://doi.org/10.1016/j.jand.2014.05.014 .

Smith, Trevor, Edward Darling und Bruce Searles, »2010 Survey


on Cell Phone Use While Performing Cardiopulmonary
Bypass«, in: Perfusion 26, Nr. 5 (2011), S. 375–380.
https://doi.org/10.1177/0267659111409969 .

Snoek, Anke, Neil Levy und Jeanette Kennett, »Strong-Willed but


Not Successful: The Importance of Strategies in Recovery
from Addiction«, in: Addictive Behaviors Reports 4 (2016),
S. 102–107. https://doi.org/10.1016/j.abrep.2016.09.002 .

Spanos, Samantha, Lenny R. Vartanian, C. Peter Herman und


Janet Polivy, »Failure to Report Social Influences on Food
Intake: Lack of Awareness or Motivated Denial?« in: Health
Psychology 33, Nr. 12 (2014), S. 1487–1494.
https://doi.org/10.1037/hea0000008 .

Spiegel, Alix, »What Vietnam Taught Us About Breaking Bad


Habits«, NPR, 2. Januar 2012.
http://www.npr.org/sections/health-
shots/2012/01/02/144431794/what-vietnam-taught-us-about-
breaking-bad-habits .

Stables, Gloria, Jerianne Heimendinger, Mary Ann van Duyn,


Linda Nebeling, Blossom Patterson und Susan Berkowitz, »5
A Day Program Evaluation Research«, in: 5 A Day for Better
Health Program Monograph, hrsg. von Gloria Stables und
Jerianne Heimendinger, Rockville, MD 2001, S. 89–111.

Sternberg, Steve, »How Many Americans Floss Their Teeth?«, in:


U. S. News and World Report, 2. Mai 2016.
https://www.usnews.com/news/articles/2016-05-02/how-
many-americans-floss-their-teeth .

Stothart, Cary, Ainsley Mitchum und Courtney Yehnert, »The


Attentional Cost of Receiving a Cell Phone Notification«, in:
Journal of Experimental Psychology: Human Perception and
Performance 41, Nr. 4 (2015), S. 893–897.
http://doi.org/10.1037/xhp0000100 .
Strömbäck, Camilla, Thérèse Lind, Kenny Skagerlund, Daniel
Västfjäll und Gustav Tinghög, »Does Self-Control Predict
Financial Behavior and Financial Well-Being?«, in: Journal of
Behavioral and Experimental Finance 14 (2017), S. 30–38.
https://doi.org/10.1016/j.jbef.2017.04.002 .

Taillie, Lindsey Smith, Juan A. Rivera, Barry M. Popkin und


Carolina Batis, »Do High vs. Low Purchasers Respond
Differently to a Nonessential Energy-Dense Food Tax? Two-
Year Evaluation of Mexico’s 8 % Nonessential Food Tax«, in:
Preventive Medicine 105 (2017), S. S37–S42.
https://doi.org/10.1016/j.ypmed.2017.07.009 .

Tangney, June P., Roy F. Baumeister und Angie Luzio Boone,


»High Self-Control Predicts Good Adjustment, Less Pathology,
Better Grades, and Interpersonal Success«, in: Journal of
Personality 72, Nr. 2 (2004). https://doi.org/10.1111/j.0022–
3506.2004.00263.x .

Thaler, Richard H. und Cass R. Sunstein, Nudge. Wie man kluge


Entscheidungen anstößt, aus dem Amerikanischen von
Christoph Bausum, Berlin 2011.

Thiel, Kenneth J., Federico Sanabria, Nathan S. Pentkowski und


Janet L. Neisewander, »Anti-Craving Effects of
Environmental Enrichment«, in: International Journal of
Neuropsychopharmacology 12, Nr. 9 (2009), S. 1151–1156.
https://doi.org/10.1017/S1461145709990472 .

Thrailkill, Eric A., Sydney Trask, Pedro Vidal, José A. Alcalá und
Mark E. Bouton, »Stimulus Control of Actions and Habits: A
Role for Reinforcer Predictability and Attention in the
Development of Habitual Behavior«, in: Journal of
Experimental Psychology: Animal Learning and Cognition 44,
Nr. 4 (2018), S. 370–384. https://doi.org/10.1037/xan0000188 .

Tian, Allen Ding, Juliana Schroeder, Gerald Häubl, Jane L. Risen,


Michael I. Norton und Francesca Gino, »Enacting Rituals to
Improve Self-Control«, in: Journal of Personality and Social
Psychology 114, Nr. 6 (2018), S. 851–876.
https://doi.org/10.1037/pspa0000113 .

Titchener, Edward Bradford, Lehrbuch der Psychologie, aus dem


Englischen von Otto Klemm, Leipzig 1926.

Tolman, Edward C., »Cognitive Maps in Rats and Men«, in:


Psychological Review 55, Nr. 4 (1948), S. 189–208.
https://doi.org/10.1037/h0061626 .

Tomek, Seven E. und M. Foster Olive, »Social Influences in


Animal Models of Opiate Addiction«, in: International Review
of Neurobiology 140 (2018), S. 81–107.
https://doi.org/10.1016/bs.irn.2018.07.004 .
Umoh, Ruth, »Bill Gates Said He Had to Quit This Common Bad
Habit Before He Became Successful«, CNBC, 16. März 2018.
https://www.cnbc.com/2018/03/16/bill-gates-quit-this-bad-
habit-before-he-became-successful.html .

United States Department of Health and Human Services, The


Health Consequences of Smoking: 50 Years of Progress. A
Report of the Surgeon General, Atlanta, GA, U. S. Department
of Health and Human Services, Centers for Disease Control
and Prevention, National Center for Chronic Disease
Prevention and Health Promotion, Office on Smoking and
Health, 2014.

United States Department of Labor, »Employee Tenure


Summary«, Bureau of Labor Statistics, 22. September 2016.
https://www.bls.gov/news.release/tenure.nr0.htm .

United States Public Health Service, Smoking and Health: A


Report of the Surgeon General: Appendix: Cigarette Smoking in
the United States, 1950–1978, United States Public Health
Service, Office on Smoking and Health, 1979.
https://profiles.nlm.nih.gov/ps/access/nnbcph.pdf .

VanDellen, Michelle R., James Y. Shah, N. Pontus Leander, Julie E.


Delose und Jerica X. Bornstein, »In Good Company:
Managing Interpersonal Resources That Support Self-
Regulation«, in: Personality and Social Psychology Bulletin 41,
Nr. 6 (2015), S. 869–882.
https://doi.org/10.1177/0146167215580778 .

Vangeli, Eleni, John Stapleton, Eline S. Smit, Ron Borland und


Robert West, »Predictors of Attempts to Stop Smoking and
Their Success in Adult General Population Samples: A
Systematic Review«, in: Addiction 106, Nr. 12 (2011), S. 2110–
2121. https://doi.org/10.1111/j.1360–0443.2011.03565.x .

Vartanian, Lenny R., Samantha Spanos, C. Peter Herman und


Janet Polivy, »Conflicting Internal and External Eating Cues:
Impact on Food Intake and Attributions«, in: Health
Psychology 36, Nr. 4 (2017), S. 365–369.
https://doi.org/10.1037/hea0000447 .

»Modeling of Food Intake: A Meta-Analytic Review«, in: Social


Influence 10, Nr. 3 (2015), S. 119–136.
https://doi.org/10.1080/15534510.2015.1008037 .

Verplanken, Bas, Henk Aarts und Ad van Knippenberg, »Habit,


Information Acquisition, and the Process of Making Travel
Mode Choices«, in: European Journal of Social Psychology 27,
Nr. 5 (1997), S. 539–560. https://doi.org/10.1002/(SICI)1099-
0992(199709/10)27:5%3C539::AID-EJSP831%3E3.0.CO;2-A .

Verplanken, Bas, Ian Walker, Adrian Davis und Michaela Jurasek,


»Context Change and Travel Mode Choice: Combining the
Habit Discontinuity and Self-Activation Hypotheses«, in:
Journal of Environmental Psychology 28, Nr. 2 (2008), S. 121–
127. https://doi.org/10.1016/j.jenvp.2007.10.005 .

Vishwanath, Arun, »Examining the Distinct Antecedents of E-


mail Habits and Its Influence on the Outcomes of a Phishing
Attack«, in: Journal of Computer-Mediated Communication 20,
Nr. 5 (2015), S. 570–584. https://doi.org/10.1111/jcc4.12126 .

»Habitual Facebook Use and Its Impact on Getting Deceived on


Social Media«, in: Journal of Computer-Mediated
Communication 20, Nr. 1 (2014), S. 83–98.
https://doi.org/10.1111/jcc4.12100 .

Volkswagen, »The Fun Theory 1 – Piano Staircase Initiative«, 26.


Oktober 2009, YouTube Video, 1:47.
https://www.youtube.com/watch?v=SByymar3bds .

»The Fun Theory 2 – An Initiative of Volkswagen: The World’s


Deepest Bin«, 26. Oktober 2009. YouTube Video, 1:26.
https://www.youtube.com/watch?v=qRgWttqFKu8 .

Wang, Xia, Yingying Ouyang, Jun Liu, Minmin Zhu, Gang Zhao,
Wei Bao und Frank B. Hu, »Fruit and Vegetable Consumption
and Mortality from All Causes, Cardiovascular Disease, and
Cancer: Systematic Review and Dose-Response Meta-Analysis
of Prospective Cohort Studies«, in: BMJ 349 (2014), S. g4490.
https://doi.org/10.1136/bmj.g4490 .
Wann, Daniel L., Frederick G. Grieve, Ryan K. Zapalac, Christian
End, Jason R. Lanter, Dale G. Pease, Brandy Fellows, Kelly
Oliver und Allison Wallace, »Examining the Superstitions of
Sport Fans: Types of Superstitions, Perceptions of Impact,
and Relationship with Team Identification«, in: Athletic
Insight 5, Nr. 1 (2013), S. 21–44. Wiederhergestellt auf
http://libproxy.usc.edu/login?
url=https://search.proquest.com/docview/1623315047?
accountid=14749 .

Wansink, Brian und Collin R. Payne, »Eating Behavior and


Obesity at Chinese Buffets«, in: Obesity 16, Nr. 8 (2008),
S. 1957–1960. https://doi.org/10.1038/oby.2008.286 .

Warren, Molly, Stacy Beck und Jack Rayburn, The State of


Obesity: Better Policies for a Healthier America 2018, Trust for
America’s Health, Washington, D. C. 2018.

Wegner, Daniel M., »Ironic Processes of Mental Control«, in:


Psychological Review 101, Nr. 1 (1994), S. 34–52.
https://doi.org/10.1037//0033–295x.101.1.34 .

Wegner, Daniel M., David J. Schneider, Samuel R. Carter und Teri


L. White, »Paradoxical Effects of Thought Suppression«, in:
Journal of Personality and Social Psychology 53, Nr. 1 (1987),
S. 5–14.
Weltgesundheitsorganisation (WHO), »Alcohol Use: Data and
Statistics«, abgerufen am 16. Februar 2019.
http://www.euro.who.int/en/health-topics/disease-
prevention/alcohol-use/data-and-statistics .

Global Status Report on Road Safety 2018, Genf 2018.


https://www.who.int/violenceinjuryprevention/roadsafetystatus/2018/e

»Tobacco: Data and Statistics«, abgerufen am 16. Februar 2019.


http://www.euro.who.int/en/health-topics/disease-
prevention/tobacco/data-and-statistics .

Whitehead, Alfred N., Eine Einführung in die Mathematik, aus


dem Englischen von Berthold Schenker, München 1958.

Wiedemann, Amelie U., Benjamin Gardner, Nina Knoll und Silke


Burkert, »Intrinsic Rewards, Fruit and Vegetable
Consumption, and Habit Strength: A Three-Wave Study
Testing the Associative-Cybernetic Model«, in: Applied
Psychology: Health and Well-Being 6, Nr. 1 (2014), S. 119–134.
https://doi.org/10.1111/aphw.12020 .

Wing, Rena R. und Suzanne Phelan, »Long-Term Weight Loss


Maintenance«, in: American Journal of Clinical Nutrition 82,
Nr. 1 (2005), S. 222S–225S.
https://doi.org/10.1093/ajcn/82.1.222S .
Wise, Roy A., »Dopamine and Reward: The Anhedonia
Hypothesis 30 Years On«, in: Neurotoxicity Research 14,
Nr. 2–3 (2008), S. 169–183.
https://doi.org/10.1007/bf03033808 .

Wixted, John T., Laura Mickes, Steven E. Clark, Scott D. Gronlund


und Henry L. Roediger III, »Initial Eyewitness Confidence
Reliably Predicts Eyewitness Identification Accuracy«, in:
American Psychologist 70, Nr. 6 (2015), S. 515–526.
https://doi.org/10.1037/a0039510 .

Wood, Wendy und David T. Neal, »Healthy Through Habit:


Interventions for Initiating and Maintaining Health Behavior
Change«, in: Behavioral Science and Policy 2, Nr. 1 (2016),
S. 71–83. https://doi.org/10.1353/bsp.2016.0008 .

Wood, Wendy, Jeffrey M. Quinn und Deborah A. Kashy, »Habits


in Everyday Life: Thought, Emotion, and Action«, in: Journal
of Personality and Social Psychology 83, Nr. 6 (2002), S. 1281–
1297. https://doi.org/10.1037//0022–3514.83.6.1281 .

Wood, Wendy, Leona Tam und Melissa Guerrero Witt, »Changing


Circumstances, Disrupting Habits«, in: Journal of Personality
and Social Psychology 88, Nr. 6 (2005), S. 918–933.
https://doi.org/10.1037/0022–3514.88.6.918 .

Yin, Henry H. und Barbara J. Knowlton, »The Role of the Basal


Ganglia in Habit Formation«, in: Nature Reviews
Neuroscience 7, Nr. 6 (2006), S. 464–476.
https://doi.org/10.1038/nrn1919 .

Young, Scott und Vincenzo Ciummo, »Managing Risk in a Package


Redesign: What Can We Learn from Tropicana?«, in: Brand
Packaging (2009), S. 18–21.
https://www.highbeam.com/doc/1G1–208131373.html .

Zajonc, Robert B., »Attitudinal Effects of Mere Exposure«, in:


Journal of Personality and Social Psychology 9, Nr. 2 (1968),
S. 1–27. https://doi.org/10.1037/h0025848 .

Zlatevska, Natalina, Chris Dubelaar und Stephen S. Holden,


»Sizing Up the Effect of Portion Size on Consumption: A
Meta-Analytic Review«, in: Journal of Marketing 78, Nr. 3
(2014), S. 140–154. https://doi.org/10.1509/jm.12.0303 .

Zlatevska, Natalina, Nico Neumann und Chris Dubelaar,


»Mandatory Calorie Disclosure: A Comprehensive Analysis of
Its Effect on Consumers and Retailers«, in: Journal of
Retailing 94, Nr. 1 (2018), S. 89–101.
https://doi.org/10.1016/j.jretai.2017.09.007 .
Anmerkungen

[1] Dan Ariely und Klaus Wertenbroch, »Procrastination,


Deadlines, and Performance: Self-control by
Precommitment«, in: Psychological Science 13, Nr. 3 (2002), S.
219–224, doi:10.1111/1467–9280.00441; Janet Schwartz et al.,
»Healthier by Precommitment«, in: Psychological Science 25,
Nr. 2 (2014), S. 538–546, doi:10.1177/0956797613510950.

[2] »The ASMBS and NORC Survey on Obesity in America«,


NORC at the University of Chicago, abgerufen am 10. März
2018, http://www.norc.org/Research/Projects/Pages/the-
asmbsnorc-obesity-poll.aspx .

[3] »New Insights into Americans’ Perceptions and


Misperceptions of Obesity Treatments, and the Struggles
Many Face«, NORC at the University of Chicago, Oktober
2016,
http://www.norc.org/PDFs/ASMBS%20Obesity/ASMBS%20NORC%20Obe

[4] Icek Ajzen, »Residual Effects of Past on Late Behavior:


Habituation and Reasoned Action Perspective«, in:
Personality and Social Psychology Review 6, Nr. 2 (2002), S.
107–122, doi:10.1207/S15327957PSPR0602_02.

[5] Rena R. Wing und Suzanne Phelan, »Long-term Weight Loss


Maintenance«, in: The American Journal of Clinical Nutrition
82, Nr. 1 (2005), S. 222S–225S, doi: 10.1093/ajcn/82.1.222S.

[6] Ebenda.

[7] Interview mit David Kirchhoff, dem ehemaligen Präsidenten


und Geschäftsführer von Weight Watchers, 18. Mai 2017.

[8] David A. Kessler, The End of Overeating: Taking Control of


the Insatiable American Appetite, Emmaus, PA 2009.

[9] Daniel M. Wegner et al., »Paradoxical Effects of Thought


Suppression«, in: Journal of Personality and Social Psychology
53, Nr. 1 (1987), S. 5–14.

[10] Daniel M. Wegner, »Ironic Processes of Mental Control«, in:


Psychological Review 101, Nr. 1 (1994), S. 34,
doi:10.1037//0033–295x.101.1.34.

[11] Wendy Wood, Jeffrey M. Quinn und Deborah A. Kashy,


»Habits in Everyday Life: Thought, Emotion, and Action«, in:
Journal of Personality and Social Psychology 83, Nr. 6 (2002),
S. 1281–1297, doi:10.1037/0022–3514.83.6.1281.
[12] Jeffrey M. Quinn und Wendy Wood, »Habits Across the
Lifespan« unveröffentlichtes Manuskript, Duke University,
2005.

[13] Emily Pronin und Matthew B. Kugler, »People Believe They


Have More Free Will Than Others«, in: Proceedings of the
National Academy of Sciences 107, Nr. 52 (2010), S. 22469–
22474, doi:10.1073/pnas.1012046108.

[14] Richard E. Nisbett und Timothy D. Wilson, »Telling More


Than We Can Know: Verbal Reports on Mental Processes«,
in: Psychological Review 84, Nr. 3 (1977), S. 231–259,
doi:10.1037/0033–295X.84.3.231.

[15] A. a. O., S. 244.

[16] Ebenda.

[17] John H. Aldrich, Jacob M. Montgomery und Wendy Wood,


»Turnout as a Habit«, in: Political Behavior 33, Nr. 4 (2011), S.
535–563, doi:10.1007/s11109-010-9148-3.

[18] John T. Jost und David M. Amodio, »Political Ideology as


Motivated Social Cognition: Behavioral and Neuroscientific
Evidence«, in: Motivation and Emotion 36, Nr. 1 (2012), S. 55–
64, doi.10.1007/s11031-011-9260-7.
[19] Partners Studio, »4 Reasons Why Over 50 % Car Crashes
Happen Closer to Home«, in: HuffPost, 14. Dezember 2017,
https://www.huffingtonpost.co.za/2017/12/14/4-reasons-why-
over-50-car-crashes-happen-closer-to-home_a_23307197 .

[20] »Odds of Dying«, in: National Safety Council Injury Facts


2016, https://injuryfacts.nsc.org/all-injuries/preventable-
death-overview/odds-of-dying .

[21] Kirsten Korosec, »2016 Was the Deadliest Year on American


Roads in Nearly a Decade«, in: Fortune, 15. Februar 2017,
http://fortune.com/2017/02/15/traffic-deadliest-year/ ;
Weltgesundheitsorganisation, Global Status Report on Road
Safety 2018, Genf 2018,
https://www.who.int/violence_injury_prevention/road_safety_status/201

[22] Emily Gliklich, Rong Guo und Regan W. Bergmark, »Texting


While Driving: A Study of 1211 U. S. Adults with the
Distracted Driving Survey«, in: Preventive Medicine Reports 4
(2016), S. 486–489, doi:10.1016/j.pmedr.2016.09.003.

[23] Brian J. Lucas und Loran F. Nordgren, »People


Underestimate the Value of Persistence for Creative
Performance«, in: Journal of Personality and Social
Psychology 109, Nr. 2 (2015), S. 232–243,
doi:10.1037/pspa0000030.
[24] Edward C. Tolman, »Cognitive Maps in Rats and Men«, in:
Psychological Review 55, Nr. 4 (1948), S. 189–208,
doi:10.1037/h0061626.

[25] George A. Miller, »The Cognitive Revolution: A Historical


Perspective«, in: Trends in Cognitive Sciences 7, Nr. 3 (2003),
S. 141–144, doi:10.1016/S1364–6613 (03)00029–9.

[26] George A. Miller, Eugene Galanter und Karl H. Přibram,


Strategien des Handelns. Pläne und Strukturen des Verhaltens,
aus dem Amerikanischen von Paul Bärtschi, Stuttgart 1991, S.
11.

[27] William James, Psychologie, aus dem Englischen von Marie


Dürr, Leipzig 1920, S. 142.

[28] Tara K. Patterson und Barbara J. Knowlton, »Subregional


Specificity in Human Striatal Habit Learning: A Meta-
Analytic Review of the fMRI Literature«, in: Current Opinion
in Behavioral Sciences 20 (2018), S. 75–82,
doi:10.1016/j.cobeha.2017.10.005.

[29] Richard M. Shiffrin und Walter Schneider, »Controlled and


Automatic Human Information Processing: II. Perceptual
Learning, Automatic Attending and a General Theory«, in:
Psychological Review 84, Nr. 2 (1977), S. 127–190,
doi:10.1037/0033–295X.84.2.127.
[30] Walter Schneider und Richard M. Shiffrin, »Controlled and
Automatic Human Information Processing: I. Detection,
Search, and Attention«, in: Psychological Review 84, Nr. 1
(1977), S. 1–66, doi:10.1037/0033–295X.84.1.1.

[31] Christopher D. Adams und Anthony Dickinson,


»Instrumental Responding Following Reinforcer
Devaluation«, in: Quarterly Journal of Experimental
Psychology 33B, Nr. 2 (1981), S. 109–121,
doi:10.1080/14640748108400816.

[32] William James, Habit, New York 1890, S. 24.

[33] David T. Neal, Wendy Wood, Jennifer S. Labrecque und


Phillippa Lally, »How Do Habits Guide Behavior? Perceived
and Actual Triggers of Habits in Daily Life«, in: Journal of
Experimental Social Psychology 48, Nr. 2 (2012), S. 492–498,
doi:10.1016/j.jesp.2011.10.011.

[34] James, Habit, a. a. O.

[35] David E. Melnikoff und John A. Bargh, »The Mythical


Number Two«, in: Trends in Cognitive Sciences 22, Nr. 4
(2018), S. 280–293, doi:10.1016/j.tics.2018.02.001; David M.
Amodio, »Social Cognition 2.0: An Interactive Memory
Systems Account«, in: Trends in Cognitive Sciences 23, Nr. 1
(2018), S. 21–33, doi:10.1016/j.tics.2018.10.002.
[36] John A. Bargh, Vor dem Denken. Wie das Unbewusste uns
steuert, aus dem Amerikanischen von Gabriele Gockel,
Bernhard Jendricke und Peter Robert, München 2018.

[37] John T. Wixted et al., »Initial Eyewitness Confidence


Reliably Predicts Eyewitness Identification Accuracy«, in:
American Psychologist 70, Nr. 6 (2015), S. 515–526,
doi:10.1037/a0039510.

[38] Drake Baer, »The Scientific Reason Why Barack Obama and
Mark Zuckerberg Wear the Same Outfit Every Day«, in:
Business Insider, 28. April 2015,
http://www.businessinsider.com/barack-obama-mark-
zuckerberg-wear-the-same-outfit-2015–4 .

[39] Alfred N. Whitehead, Eine Einführung in die Mathematik,


aus dem Englischen von Berthold Schenker, München 1958,
S. 34.

[40] Gary Klein, Roberta Calderwood und Anne Clinton-Cirocco,


»Rapid Decision Making on the Fire Ground: The Original
Study Plus a Postscript«, in: Journal of Cognitive Engineering
and Decision Making 4, Nr. 3 (2010), S. 186–209,
doi:10.1518/155534310X12844000801203.

[41] A. a. O., S. 193.

[42] A. a. O., S. 194.


[43] Interview mit Clay Helton, Football Head Coach an der
University of Southern California, 9. August 2017, Los
Angeles.

[44] Adwait Khare und J. Jeffrey Inman, »Habitual Behavior in


American Eating Patterns: The Role of Meal Occasions«, in:
Journal of Consumer Research 32, Nr. 4 (2006), S. 567–575,
doi:10.1086/500487.

[45] Michael Mosley, »Five-A-Day Campaign: A Partial Success«,


BBC News, 3. Januar 2013, http://www.bbc.com/news/health-
20858809 .

[46] Richard Doll und Richard Peto, »The Causes of Cancer:


Quantitative Estimates of Avoidable Risks of Cancer in the
United States Today«, in: Journal of the National Cancer
Institute 66, Nr. 6 (1981), S. 1192–1308,
doi:10.1093/jnci/66.6.1192.

[47] Xia Wang et al., »Fruit and Vegetable Consumption and


Mortality from All Causes, Cardiovascular Disease, and
Cancer: Systematic Review and Dose-Response Meta-Analysis
of Prospective Cohort Studies«, in: BMJ 349 (2014), S. g4490,
doi:10.1136/bmj.g4490.

[48] Gloria Stables et al., »5 A Day Program Evaluation


Research«, in: 5 A Day for Better Health Program Monograph,
hrsg. von Gloria Stables und Jerianne Heimendinger,
Rockville MD 2001, S. 89–111.

[49] Sarah Stark Casagrande et al., »Have Americans Increased


Their Fruit and Vegetable Intake? The Trends Between 1988
and 2002«, in: American Journal of Preventive Medicine 32,
Nr. 4 (2007), S. 257–263, doi:10.1016/j.amepre.2006.12.002.

[50] Latetia V. Moore und Frances E. Thompson, »Adults


Meeting Fruit and Vegetable Intake Recommendations –
United States 2013«, in: Centers for Disease Control and
Prevention, Morbidity and Mortality Weekly Report 64, Nr. 26
(2015), S. 709–713, 10. Juli 2015,
https://www.cdc.gov/mmwr/preview/mmwrhtml/mm6426a1.htm
NatCen Social Research, Health Survey for England 2017,
London 2018,
https://files.digital.nhs.uk/5B/B1297D/HSE%20report%20summary.pdf

[51] »What America Thinks: MetLife Foundation Alzheimer’s


Survey,« MetLife Foundation, Februar 2011,
https://www.metlife.com/content/dam/microsites/about/corporate-
profile/alzheimers-2011.pdf .

[52] Khare und Inman, »Habitual Behavior in American Eating


Patterns«.
[53] Adwait Khare und J. Jeffrey Inman, »Daily, Week-Part, and
Holiday Patterns in Consumers’ Caloric Intake«, in: Journal of
Public Policy and Marketing 28, Nr. 2 (2009), S. 234–252,
doi:10.1509/jppm.28.2.234.

[54] Barbara J. Rolls, Liane S. Roe und Jennifer S. Meengs, »The


Effect of Large Portion Sizes on Energy Intake Is Sustained
for 11 Days«, in: Obesity 15, Nr. 6 (2007), S. 1535–1543,
doi:10.1038/oby.2007.182.

[55] Pierre Chandon, »How Package Design and Packaged-Based


Marketing Claims Lead to Overeating«, in: Applied Economic
Perspectives and Policy 35, Nr. 1 (2013), S. 7–31,
doi:10.1093/aepp/pps028.

[56] Nicole Diliberti et al., »Increased Portion Size Leads to


Increased Energy Intake in a Restaurant Meal«, in: Obesity
Research 12, Nr. 3 (2004), S. 562–568, doi:
10.1038/oby.2004.64.

[57] Mindy F. Ji und Wendy Wood, »Purchase and Consumption


Habits: Not Necessarily What You Intend«, in: Journal of
Consumer Psychology 17, Nr. 4 (2007), S. 261–276,
doi:10.1016/S1057–7408(07)70037–2.

[58] Barbara J. Knowlton und Tara K. Patterson, »Habit


Formation and the Striatum«, in: Behavioral Neuroscience of
Learning and Memory, hrsg. von Robert E. Clark und Stephen
J. Martin, Bd. 37, in: Current Topics in Behavioral
Neurosciences, Cham 2018, S. 275–295,
doi:10.1007/7854_2016_451.

[59] Henry H. Yin und Barbara J. Knowlton, »The Role of the


Basal Ganglia in Habit Formation«, in: Nature Reviews
Neuroscience 7, Nr. 6 (2006), S. 464–476, doi:10.1038/nrn1919.

[60] Bernard W. Balleine und John P. O’Doherty, »Human and


Rodent Homologies in Action Control: Corticostriatal
Determinants of Goal-Directed and Habitual Action«, in:
Neuropsychopharmacology 35, Nr. 1 (2010), S. 48–69,
doi:10.1038/npp.2009.131.

[61] Barbara J. Knowlton, Jennifer A. Mangels und Larry R.


Squire, »A Neostriatal Habit Learning System in Humans«,
in: Science 273, Nr. 5280 (1996), S. 1399–1402,
doi:10.1126/science.273.5280.1399; Peter Redgrave et al.,
»Goal-Directed and Habitual Control in the Basal Ganglia:
Implications for Parkinson’s Disease«, in: Nature Reviews
Neuroscience 11, Nr. 11 (2010), S. 760–772, doi:
10.1038/nrn2915.

[62] Knowlton und Patterson, »Habit Formation and the


Striatum«; Tara K. Patterson und Barbara J. Knowlton,
»Subregional Specificity in Human Striatal Habit Learning: A
Meta-Analytic Review of the fMRI Literature«, in: Current
Opinion in Behavioral Sciences 20 (2018), S. 75–82,
doi:10.1016/j.cobeha.2017.10.005.

[63] Guy Itzchakov, Liad Uziel und Wendy Wood, »When


Attitudes and Habits Don’t Correspond: Self-Control
Depletion Increases Persuasion but Not Behavior«, in:
Journal of Experimental Social Psychology 75 (2018), S. 1–10,
doi:10.1016/j.jesp.2017.10.011.

[64] Alfred N. Whitehead, Eine Einführung in die Mathematik,


aus dem Englischen von Berthold Schenker, München 1958,
S. 36.

[65] Jonathan St. B. T. Evans und Keith E. Stanovich, »Dual-


Process Theories of Higher Cognition: Advancing the
Debate«, in: Perspectives on Psychological Science 8, Nr. 3
(2013), S. 223–241, doi:10.1177/1745691612460685.

[66] Amitai Shenhav et al., »Toward a Rational and Mechanistic


Account of Mental Effort«, Annual Review of Neuroscience 40
(2017), S. 99–124, doi:10.1146/annurev-neuro-072116–031526.

[67] Ebenda.

[68] Walter Mischel und Ebbe B. Ebbesen, »Attention in Delay of


Gratification«, in: Journal of Personality and Social
Psychology 16, Nr. 2 (1970), S. 329–337, doi:10.1037/h0029815.
[69] Yuichi Shoda, Walter Mischel und Philip K. Peake,
»Predicting Adolescent Cognitive and Self-Regulatory
Competencies from Preschool Delay of Gratification:
Identifying Diagnostic Conditions«, in: Developmental
Psychology 26, Nr. 6 (1990), S. 978–986, doi:10.1037/0012–
1649.26.6.978.

[70] Tanya R. Schlam et al., »Preschoolers’ Delay of Gratification


Predicts Their Body Mass 30 Years Later«, in: The Journal of
Pediatrics 162, Nr. 1 (2013), S. 90–93, doi:10.1016/j.jphrsg.
Von2012.06.049.

[71] Shoda, Mischel und Peake, »Predicting Adolescent


Cognitive and Self-Regulatory Competencies«.

[72] Jeffrey M. Quinn et al., »Can’t Control Yourself? Monitor


Those Bad Habits«, in: Personality and Social Psychology
Bulletin 36, Nr. 4 (2010), S. 499–511,
doi:10.1177/0146167209360665.

[73] June P. Tangney, Roy F. Baumeister und Angie Luzio Boone,


»High Self-Control Predicts Good Adjustment, Less Pathology,
Better Grades, and Interpersonal Success«, in: Journal of
Personality 72, Nr. 2 (2004), S. 274, doi: 10.1111/j.0022–
3506.2004.00263.x.

[74] Ebenda.
[75] Eli J. Finkel und W. Keith Campbell, »Self-Control and
Accommodation in Close Relationships: An Interdependence
Analysis«, in: Journal of Personality and Social Psychology 81,
Nr. 2 (2001), S. 263–277, doi:10.1037//0022–3514.81.2.263.

[76] Kirby Deater-Deckard et al., »Maternal Working Memory


and Reactive Negativity in Parenting«, in: Psychological
Science 21, Nr. 1 (2010), S. 75–79, doi:
10.1177/0956797609354073.

[77] Camilla Strömbäck et al., »Does Self-Control Predict


Financial Behavior and Financial Well-Being?«, in: Journal of
Behavioral and Experimental Finance 14 (2017), S. 30–38,
doi:10.1016/j.jbef.2017.04.002.

[78] Carmen Keller, Christina Hartmann und Michael Siegrist,


»The Association between Dispositional Self-Control and
Longitudinal Changes in Eating Behaviors, Diet Quality, and
BMI«, in: Psychology and Health 31, Nr. 11 (2016), S. 1311–
1327, doi:10.1080/08870446.2016.1204451.

[79] Wilhelm Hofmann et al., »Everyday Temptations: An


Experience Sampling Study of Desire, Conflict, and Self-
Control«, in: Journal of Personality and Social Psychology 102,
Nr. 6 (2012), S. 1318–1335, doi:10.1037/a0026545.
[80] Brian M. Galla und Angela L. Duckworth, »More Than
Resisting Temptation: Beneficial Habits Mediate the
Relationship between Self-Control and Positive Life
Outcomes«, in: Journal of Personality and Social Psychology
109, Nr. 3 (2015), S. 508–525, doi:10.1037/pspp0000026.

[81] Ebenda.

[82] Ebenda.

[83] Denise T. D. de Ridder et al., »Taking Stock of Self-Control: A


Meta-Analysis of How Trait Self-Control Relates to a Wide
Range of Behaviors«, in: Personality and Social Psychology
Review 16, Nr. 1 (2012), S. 76–99,
doi:10.1177/1088868311418749.

[84] Ebenda, S. 91.

[85] Ruth Umoh, »Bill Gates Said He Had to Quit This Common
Bad Habit Before He Became Successful«, CNBC, 16. März
2018, https://www.cnbc.com/2018/03/16/bill-gates-quit-this-
bad-habit-before-he-became-successful.html .

[86] »I’m Bill Gates, Co-Chair of the Bill and Melinda Gates
Foundation. Ask Me Anything«, Reddit, abgerufen am 14. Mai
2018,
https://www.reddit.com/r/IAmA/comments/49jkhn/im_bill_gates_cochai
[87] Umoh, »Bill Gates Said He Had to Quit This Common Bad
Habit«.

[88] Bill Gates, Digitales Business. Wettbewerb im


Informationszeitalter, aus dem Amerikanischen von
Raymond Hinrichs und Andreas Model, München 2000.

[89] Christian Crandall und Monica Biernat, »The Ideology of


Anti-Fat Attitudes«, in: Journal of Applied Social Psychology
20, Nr. 3 (1990), S. 227–243, doi:10.1111/j.1559–
1816.1990.tb00408.x.

[90] Pei-Ying Lin, Wendy Wood und John Monterosso, »Healthy


Eating Habits Protect against Temptations«, in: Appetite 103
(2016), S. 432–440, doi:10.1016/j.appet.2015.11.011.

[91] Angela L. Duckworth, Tamar Szabó Gendler und James J.


Gross, »Situational Strategies for Self-Control«, in:
Perspectives on Psychological Science 11, Nr. 1 (2016), S. 35–
55, doi:10.1177/1745691615623247.

[92] Lydia Saad, »U. S. Smoking Rate Still Coming Down«,


Gallup, 24. Juli 2008, https://news.gallup.com/poll/109048/us-
smoking-rate-still-coming-down.aspx .

[93] Centers for Disease Control and Prevention, »Tobacco-


Related Mortality«, 15. Mai 2017,
https://www.cdc.gov/tobacco/data_statistics/fact_sheets/healt_heffects/to
[94] Lydia Saad, »Tobacco and Smoking«, Gallup, 15. August
2002, http://www.gallup.com/poll/9910/tobacco-
smoking.aspx .

[95] United States Public Health Service, Office on Smoking and


Health, Smoking and Health: A Report of the Surgeon General:
Appendix: Cigarette Smoking in the United States, 1950–1978,
(1979), https://profiles.nlm.nih.gov/ps/access/nnbcph.pdf .

[96] Centers for Disease Control and Prevention, »Burden of


Tobacco Use in the U. S.«, letzte Änderung am 23. April 2018,
https://www.cdc.gov/tobacco/campaign/tips/resources/data/cigarette-
smoking-in-united-states.html ;
Weltgesundheitsorganisation, Tobacco: Data and Statistics,
abgerufen am 16. Februar 2019,
http://www.euro.who.int/en/health-topics/disease-
prevention/tobacco/data-and-statistics .

[97] Centers for Disease Control and Prevention, »Cigarette


Smoking and Tobacco Use Among People of Low
Socioeconomic Status«, letzte Änderung am 21. August 2018,
https://www.cdc.gov/tobacco/disparities/low-ses/index.htm.

[98] U. S. Department of Health and Human Services, Centers


for Disease Control and Prevention, National Center for
Chronic Disease Prevention and Health Promotion, Office on
Smoking and Health, The Health Consequences of Smoking: 50
Years of Progress. A Report of the Surgeon General, Atlanta,
GA 2014, S. 868.

[99] Centers for Disease Control and Prevention, »Quitting


Smoking Among Adults – United States, 2000–2015«, 6. Januar
2017,
https://www.cdc.gov/tobacco/data_statistics/mmwrs/byyear/2017/mm65

[100] Eleni Vangeli et al., »Predictors of Attempts to Stop


Smoking and Their Success in Adult General Population
Samples: A Systematic Review«, in: Addiction 106, Nr. 12
(2011), S. 2110–2121, doi:10.1111/j.1360–0443.2011.03565.x.

[101] Centers for Disease Control and Prevention, »Quitting


Smoking Among Adults – United States, 2000–2015«.

[102] Michael Chaiton et al., »Estimating the Number of Quit


Attempts It Takes to Quit Smoking Successfully in a
Longitudinal Cohort of Smokers«, in: BMJ Open 6, Nr. 6
(2016), S. e011045, doi:10.1136/bmjopen-2016–011045.

[103] Jody Brumage, »The Public Health Cigarette Smoking Act


of 1970«, Robert C. Byrd Center, 25. Juli 2017,
https://www.byrdcenter.org/byrd-center-blog/the-public-
health-cigarette-smoking-act-of-1970 .

[104] Centers for Disease Control and Prevention, »State and


Local Comprehensive Smoke-Free Laws for Worksites,
Restaurants, and Bars – United States, 2015«, letzte Änderung
am 24. August 2017,
https://www.cdc.gov/mmwr/volumes/65/wr/mm6524a4.htm .

[105] Emily M. Mader et al., »Update on Performance in Tobacco


Control: A Longitudinal Analysis of the Impact of Tobacco
Control Policy and the US Adult Smoking Rate, 2011–2013«,
in: Journal of Public Health Management and Practice 22,
Nr. 5 (2016), S. E29–E35, doi:10.1097/phh.0000000000000358;
Mader et al. kommen außerdem zu dem Ergebnis, dass
Raucherentwöhnungsprogramme keine signifikanten
Auswirkungen auf die Raucherrate haben, merken jedoch
an, dass in anderen Studien durchaus positive
Auswirkungen festgestellt wurden, weshalb solche
Programme es auch wert seien, finanziell besser unterstützt
zu werden.

[106] Justin McCarthy, »In U. S., Smoking Rate Lowest in Utah,


Highest in Kentucky«, Gallup, 13. März 2014,
http://www.gallup.com/poll/167771/smoking-rate-lowest-
utah-highest-kentucky.aspx .

[107] Sheina Orbell und Bas Verplanken, »The Automatic


Component of Habit in Health Behavior: Habit as Cue-
Contingent Automaticity«, in: Health Psychology 29, Nr. 4
(2010), S. 374–383, doi:10.1037/a0019596.
[108] Morgan Scarboro, »How High Are Cigarette Taxes in Your
State?«, Tax Foundation, 10. Mai 2017,
https://taxfoundation.org/state-cigarette-taxes/ .

[109] Centers for Disease Control and Prevention, »Map of


Excise Tax Rates on Cigarettes«, 2. Januar 2018,
https://www.cdc.gov/statesystem/excisetax.html .

[110] Centers for Disease Control and Prevention, »Map of


Current Cigarette Use Among Adults«, 19. September 2017,
https://www.cdc.gov/statesystem/cigaretteuseadult.html .

[111] Stanton A. Glantz, »Tobacco Taxes Are Not the Most


Effective Tobacco Control Policy (As Actually Implemented)«,
UCSF Center for Tobacco Control Research and Education, 11.
Januar 2014, https://tobacco.ucsf.edu/tobacco-taxes-are-not-
most-effective-tobacco-control-policy-actually-implemented .

[112] Thomas R. Kirchner et al., »Geospatial Exposure to Point-


of-Sale Tobacco: Real-Time Craving and Smoking-Cessation
Outcomes«, in: American Journal of Preventive Medicine 45,
Nr. 4 (2013), S. 379–385, doi:10.1016/j.amepre.2013.05.016;
siehe auch Steven J. Hoffman und Charlie Tan, »Overview of
Systematic Reviews on the Health-Related Effects of
Government Tobacco Control Policies«, in: BMC Public Health
15 (2015), S. 744, doi:10.1186/s12889-015-2041-6; sowie
Christopher P. Morley und Morgan A. Pratte, »State-Level
Tobacco Control and Adult Smoking Rate in the United
States: An Ecological Analysis of Structural Factors«, in:
Journal of Public Health Management and Practice 19, Nr. 6
(2013), S. E20–E27, doi:10.1097/PHH.0b013e31828000de.

[113] Kurt Lewin, »Frontiers in Group Dynamics: Concept,


Method and Reality in Social Science; Social Equilibria and
Social Change«, in: Human Relations 1, Nr. 1 (1947), S. 5–41,
doi:10.1177/001872674700100103.

[114] Interview mit Professor M. Keith Chen, dem ehemaligen


Leiter der Abteilung für Wirtschaftsforschung bei Uber, 15.
Mai 2017, Santa Monica, CA.

[115] Gregory J. Privitera und Faris M. Zuraikat, »Proximity of


Foods in a Competitive Food Environment Influences
Consumption of a Low Calorie and a High Calorie Food«, in:
Appetite 76 (2014), S. 175–179,
doi:10.1016/j.appet.2014.02.004.

[116] Valérie J. V. Broers et al., »A Systematic Review and Meta-


Analysis of the Effectiveness of Nudging to Increase Fruit
and Vegetable Choice«, in: European Journal of Public Health
27, Nr. 5 (2017), S. 912–920, doi:10.1093/eurpub/ckx085;
Tamara Bucher et al., »Nudging Consumers Towards
Healthier Choices: A Systematic Review of Positional
Influences on Food Choice«, in: British Journal of Nutrition
115, Nr. 12 (2016), S. 2252–2263,
doi:10.1017/s0007114516001653.

[117] Akihiko Michimi und Michael C. Wimberly, »Associations


of Supermarket Accessibility with Obesity and Fruit and
Vegetable Consumption in the Conterminous United States«,
in: International Journal of Health Geographics 9, Nr. 1 (2010),
S. 49, doi:10.1186/1476–072x-9–49; Paul L. Robinson et al.,
»Does Distance Decay Modelling of Supermarket
Accessibility Predict Fruit and Vegetable Intake by
Individuals in a Large Metropolitan Area?«, in: Journal of
Health Care for the Poor and Underserved 24, Nr. 1A (2013),
S. 172–185, doi:10.1353/hpu.2013.0049.

[118] J. Nicholas Bodor et al., »Neighbourhood Fruit and


Vegetable Availability and Consumption: The Role of Small
Food Stores in an Urban Environment«, in: Public Health
Nutrition 11, Nr. 4 (2008), S. 413–420,
doi:10.1017/s1368980007000493.

[119] Alexandra E. Evans et al., »Introduction of Farm Stands in


Low-Income Communities Increases Fruit and Vegetable
among Community Residents«, in: Health and Place 18, Nr. 5
(2012), S. 1137–1143, doi:10.1016/j.healthplace.2012.04.007.

[120] Rachel Bachman, »How Close Do You Need to Be to Your


Gym?«, in: The Wall Street Journal, 21. März 2017,
https://www.wsj.com/articles/how-close-do-you-need-to-be-
to-your-gym-1490111186 .

[121] Leon Festinger, Stanley Schachter und Kurt Back, Social


Pressures in Informal Groups. A Study of Human Factors in
Housing, New York 1950.

[122] Erin Frey und Todd Rogers, »Persistence: How Treatment


Effects Persist After Interventions Stop«, in: Policy Insights
from the Behavioral and Brain Sciences 1, Nr. 1 (2014), S. 172–
179, doi:10.1177/2372732214550405.

[123] Lenny R. Vartanian et al., »Modeling of Food Intake: A


Meta-Analytic Review«, in: Social Influence 10, Nr. 3 (2015),
S. 119–136, doi:10.1080/15534510.2015.1008037; Tegan
Cruwys, Kirsten E. Bevelander und Roel C. J. Hermans,
»Social Modeling of Eating: A Review of When and Why
Social Influence Affects Food Intake and Choice«, in: Appetite
86 (2015), S. 3–18, doi:10.1016/j.appet.2014.08.035.

[124] Lenny R. Vartanian et al., »Conflicting Internal and


External Eating Cues: Impact on Food Intake and
Attributions«, in: Health Psychology 36, Nr. 4 (2017), S. 365–
369, doi:10.1037/hea0000447; Samantha Spanos et al.,
»Failure to Report Social Influences on Food Intake: Lack of
Awareness or Motivated Denial?«, in: Health Psychology 33,
Nr. 12 (2014), S. 1487–1494, doi:10.1037/hea0000008.
[125] Scott E. Carrell, Mark Hoekstra und James E. West, »Is Poor
Fitness Contagious? Evidence from Randomly Assigned
Friends«, in: Journal of Public Economics 95, Nr. 7–8 (2011),
S. 657–663, https://www.nber.org/papers/w16518 .

[126] Derek J. Koehler, Rebecca J. White und Leslie K. John,


»Good Intentions, Optimistic Self-Predictions, and Missed
Opportunities«, in: Social Psychological and Personality
Science 2, Nr. 1 (2011), S. 90–96,
doi:10.1177/1948550610375722.

[127] Lee D. Ross, Teresa M. Amabile und Julia L. Steinmetz,


»Social Roles, Social Control, and Biases in Social-Perception
Processes«, in: Journal of Personality and Social Psychology
35, Nr. 7 (1977), S. 485–494, doi:10.1037/0022–3514.35.7.485.

[128] Jayne A. Fulkerson et al., »Family Dinner Meal Frequency


and Adolescent Development: Relationships with
Developmental Assets and High-Risk Behaviors«, in: Journal
of Adolescent Health 39, Nr. 3 (2006), S. 337–345,
doi:10.1016/j.jadohealth.2005.12.026; Amber J. Hammons und
Barbara H. Fiese, »Is Frequency of Shared Family Meals
Related to the Nutritional Health of Children and
Adolescents?«, in: Pediatrics 127, Nr. 6 (2011), S. E1565–1574,
doi:10.1542/peds.2010–1440.
[129] Maxwell Maltz, Erfolg kommt nicht von ungefähr. Durch
Psychokybernetik positiv denken und handeln, aus dem
Amerikanischen von Günter Neumeyer, Düsseldorf 1993.

[130] Phillippa Lally et al., »How Are Habits Formed: Modelling


Habit Formation in the Real World«, in: European Journal of
Social Psychology 40, Nr. 6 (2010), S. 998–1009,
doi:10.1002/ejsp.674.

[131] Paschal Sheeran et al., »Paradoxical Effects of Experience:


Past Behavior Both Strengthens and Weakens the Intention-
Behavior Relationship«, in: Journal of the Association of
Consumer Research 2, Nr. 3 (2017), S. 309–318,
doi:10.1086/691216.

[132] Interview mit Professor M. Keith Chen, dem ehemaligen


Leiter der Abteilung für Wirtschaftsforschung bei Uber, 15.
Mai 2017, Santa Monica, CA.

[133] Brian M. Galla und Angela L. Duckworth, »More Than


Resisting Temptation: Beneficial Habits Mediate the
Relationship between Self-Control and Positive Life
Outcomes«, in: Journal of Personality and Social Psychology
109, Nr. 3 (2015), S. 508–525, doi:10.1037/pspp0000026.

[134] Unna N. Danner, Henk Aarts und Nanne K. de Vries,


»Habit vs. Intention in the Prediction of Future Behaviour:
The Role of Frequency, Context Stability and Mental
Accessibility of Past Behaviour«, in: British Journal of Social
Psychology 47, Nr. 2 (2008), S. 245–265,
doi:10.1348/014466607x230876.

[135] Bas Verplanken, Henk Aarts und Ad van Knippenberg,


»Habit, Information Acquisition, and the Process of Making
Travel Mode Choices«, in: European Journal of Social
Psychology 27, Nr. 5 (1997), S. 539–560,
doi:10.1002/(SICI)1099–0992(199709/10)27:5<539::AID-EJSP
831>3.0.CO;2-A; Henk Aarts, Bas Verplanken und Ad van
Knippenberg, »Habit and Information Use in Travel Mode
Choices«, in: Acta Psychologica 96, Nr. 1–2 (1997), S. 1–14,
doi:10.1016/s0001–6918 (97)00008–5.

[136] Steven S. Posavac, Frank R. Kardes und J. Joško Brakus,


»Focus Induced Tunnel Vision in Managerial Judgment and
Decision Making: The Peril and the Antidote«, in:
Organizational Behavior and Human Decision Processes 113,
Nr. 2 (2010), S. 102–111, doi:10.1016/j.obhdp.2010.07.002.

[137] Christopher J. Armitage, »Can the Theory of Planned


Behavior Predict the Maintenance of Physical Activity?«, in:
Health Psychology 24, Nr. 3 (2005), S. 235–245,
doi:10.1037/0278–6133.24.3.235.
[138] Will Durant, Die großen Denker. Die Geschichte der
Philosophie von Plato bis Nietzsche, aus dem Amerikanischen
von Andreas Hecht, Bergisch Gladbach 1996, S. 115.

[139] Malcolm Gladwell, Überflieger. Warum Menschen


erfolgreich sind – und andere nicht, aus dem Amerikanischen
von Jürgen Neubauer, München 2010.

[140] Benjamin Morris, »Stephen Curry Is the Revolution«,


FiveThirtyEight, 3. Dezember 2015,
http://fivethirtyeight.com/features/stephen-curry-is-the-
revolution .

[141] Michael Rothman, »Stephen and Ayesha Curry: Inside Our


Whirlwind Life«, ABC News, abgerufen am 18. Mai 2018,
https://abcnews.go.com/Entertainment/fullpage/stephen-
ayesha-curry-inside-whirlwind-life-34207323 .

[142] Mark J. Burns, »Success Is Not an Accident: What Sports


Business Millennials Can Learn from NBA MVP Stephen
Curry«, in: Forbes, 13. Juni 2015,
https://www.forbes.com/sites/markjburns/2015/06/13/success-
is-not-an-accident-what-sports-business-millennials-can-
learn-from-nba-mvp-stephen-curry-2/#62c34b3d15fb .

[143] Brooke N. Macnamara, David Z. Hambrick und Frederick


L. Oswald, »Deliberate Practice and Performance in Music,
Games, Sports, Education, and Professions: A Meta-Analysis«,
in: Psychological Science 25, Nr. 8 (2014), S. 1608–1618,
doi:10.1177/0956797614535810.

[144] Henry H. Yin und Barbara J. Knowlton, »The Role of the


Basal Ganglia in Habit Formation«, in: Nature Reviews
Neuroscience 7, Nr. 6 (2006), S. 464–476, doi:10.1038/nrn1919.

[145] Wolfram Schultz, »Dopamine Reward Prediction Error


Coding«, in: Dialogues in Clinical Neuroscience 18, Nr. 1
(2016), S. 23–32.

[146] Roy A. Wise, »Dopamine and Reward: The Anhedonia


Hypothesis 30 Years On«, in: Neurotoxicity Research 14,
Nr. 2–3 (2008), S. 169–183, doi:10.1007/bf030 33808; Wolfram
Schultz, »Neuronal Reward and Decision Signals: From
Theories to Data«, in: Physiological Reviews 95, Nr. 3 (2015),
S. 853–951, doi:10.1152/physrev.00023.2014.

[147] Ebenda.

[148] Diane R. Follingstad und Maryanne Edmundson, »Is


Psychological Abuse Reciprocal in Intimate Relationships?
Data from a National Sample of American Adults«, in:
Journal of Family Violence 25, Nr. 5 (2010), S. 495–508,
doi:10.1007/s10896-010-9311-y.
[149] Wolfram Schultz, »Dopamine Reward Prediction-Error
Signalling: A Two-Component Response«, in: Nature Reviews
Neuroscience 17, Nr. 3 (2016), S. 183–195,
doi:10.1038/nrn.2015.26.

[150] Tomomi Shindou et al., »A Silent Eligibility Trace Enables


Dopamine-Dependent Synaptic Plasticity for Reinforcement
Learning in the Mouse Striatum«, in: European Journal of
Neuroscience (2018), S. 1–11, doi:10.1111/ejn.13921.

[151] Volkswagen, »The Fun Theory 1 – Piano Staircase


Initiative«, 26. Oktober 2009,
https://www.youtube.com/watch?v=SByymar3bds .

[152] Volkswagen, »The Fun Theory 2 – An Initiative of


Volkswagen: The World’s Deepest Bin«, 26. Oktober 2009,
https://www.youtube.com/watch?v=qRgWttqFKu8 .

[153] Benjamin Gardner und Phillippa Lally, »Does Intrinsic


Motivation Strengthen Physical Activity Habit? Modeling
Relationships between Self-Determination, Past Behaviour,
and Habit Strength«, in: Journal of Behavioral Medicine 36,
Nr. 5 (2013), S. 488–497, doi:10.1007/s10865-012-9442-0; zu
ähnlichen Ergebnissen über das Essen von Obst und Gemüse
siehe auch Amelie U. Wiedemann et al., »Intrinsic Rewards,
Fruit and Vegetable Consumption, and Habit Strength:
A Three-Wave Study Testing the Associative-Cybernetic
Model«, in: Applied Psychology: Health and Well-Being 6, Nr. 1
(2014), S. 119–134, doi:10.1111/aphw.12020.

[154] Pei-Ying Lin, Wendy Wood und John Monterosso, »Healthy


Eating Habits Protect against Temptations«, in: Appetite 103
(2016), S. 432–440, doi:10.1016/j.appet.2015.11.011.

[155] Eleni Mantzari et al., »Personal Financial Incentives for


Changing Habitual Health-Related Behaviors: A Systematic
Review and Meta-Analysis«, in: Preventive Medicine 75
(2015), S. 75–85, doi:10.1016/j.ypmed.2015.03.001.

[156] Jeffrey T. Kullgren et al., »Individual Versus Group-Based


Financial Incentives for Weight Loss: A Randomized,
Controlled Trial«, in: Annals of Internal Medicine 158, Nr. 7
(2013), S. 505–514, doi:10.7326/0003-4819-158-7-201304020-
00002.

[157] Wendy Wood und David T. Neal, »Healthy through Habit:


Interventions for Initiating and Maintaining Health Behavior
Change«, in: Behavioral Science and Policy 2, Nr. 1 (2016),
S. 71–83, doi:10.1353/bsp.2016.0008.

[158] Rebecca Greenfield, »Workplace Wellness Programs Really


Don’t Work«, Bloomberg, 26. Januar 2018,
https://www.bloomberg.com/news/articles/2018-01-
26/workplace-wellness-programs-really-don-t-work .
[159] John Rosengren, »How Casinos Enable Gambling Addicts«
in: The Atlantic, Dezember 2016,
https://www.theatlantic.com/magazine/archive/2016/12/losing-
it-all/505814/ .

[160] Patrick Anselme, »Dopamine, Motivation, and the


Evolutionary Significance of Gambling-Like Behaviour«, in:
Behavioural Brain Research 256 (2013), S. 1–4, doi:
10.1016/j.bbr.2013.07.039.

[161] Lisa Eadicicco, »Americans Check Their Phones 8 Billion


Times a Day«, in: Time, 15. Dezember 2015,
http://time.com/4147614/smartphone-usage-us-2015 .

[162] Alicia L. DeRusso et al., »Instrumental Uncertainty as a


Determinant of Behavior under Interval Schedules of
Reinforcement«, in: Frontiers in Integrative Neuroscience 4
(2010), S. 17, doi:10.3389/fnint.2010.00017.

[163] Luxi Shen, Ayelet Fishbach und Christopher K. Hsee, »The


Motivating-Uncertainty Effect: Uncertainty Increases
Resource Investment in the Process of Reward Pursuit«, in:
Journal of Consumer Research 41, Nr. 5 (2015), S. 1301–1315,
doi:10.1086/679418.

[164] Kellie Ell, »Video Game Industry Is Booming with


Continued Revenue«, CNBC, 18. Juli 2018,
https://www.cnbc.com/2018/07/18/video-game-industry-is-
booming-with-continued-revenue.html .

[165] Erol Ozcelik, Nergiz Ercil Cagiltay und Nese Sahin Ozcelik,
»The Effect of Uncertainty on Learning in Game-Like
Environments«, in: Computers and Education 67 (2013), S. 12–
20, doi:10.1016/j.compedu.2013.02.009; siehe auch Paul A.
Howard-Jones et al., »Gamification of Learning Deactivates
the Default Mode Network«, in: Frontiers in Psychology 6
(2016), S. 1891, doi:10.3389/fpsyg.2015.01891.

[166] Zakkoyya H. Lewis, Maria C. Swartz und Elizabeth J.


Lyons, »What’s the Point? A Review of Reward Systems
Implemented in Gamification Interventions«, in: Games for
Health Journal 5, Nr. 2 (2016), S. 93–99,
doi:10.1089/g4h.2015.0078.

[167] Yin und Knowlton, »The Role of the Basal Ganglia in Habit
Formation«.

[168] Christopher D. Adams, »Variations in the Sensitivity of


Instrumental Responding to Reinforcer Devaluation«, in: The
Quarterly Journal of Experimental Psychology Section B 34,
Nr. 2b (1982), S. 77–98, doi:10.1080/14640748208400878;
Anthony Dickinson, »Actions and Habits: The Development
of Behavioural Autonomy«, in: Philosophical Transactions of
the Royal Society of London. B: Biological Sciences 308,
Nr. 1135 (1985), S. 67–78, doi:10.1098/rstb.1985.0010.

[169] David T. Neal et al., »The Pull of the Past: When Do Habits
Persist Despite Conflict with Motives?«, in: Personality and
Social Psychology Bulletin 37, Nr. 11 (2011), S. 1428–1437,
doi:10.1177/0146167211419863.

[170] Justine Burns, Brendan Maughan-Brown und Âurea


Mouzinho, »Washing with Hope: Evidence from a Hand-
Washing Pilot Study among Children in South Africa«, in:
BMC Public Health 18 (2018), S. 709, doi:10.1186/s12889-018-
5573-8; Abigail Sellman, Justine Burns und Brendan
Maughan-Brown, »Handwashing Behaviour and Habit
Formation in the Household: Evidence of Spillovers from a
Pilot Randomised Evaluation in South Africa«, SALDRU
Working Paper Series, Nr. 226 (2018).

[171] David Neal et al., The Science of Habit: Creating Disruptive


and Sticky Behavior Change in Handwashing Behavior,
USAID/WASHplus Project, Washington, D. C. 2015.

[172] Navin Kaushal und Ryan E. Rhodes, »Exercise Habit


Formation in New Gym Members: A Longitudinal Study«, in:
Journal of Behavioral Medicine 38, Nr. 4 (2015), S. 652–663,
doi:10.1007/s10865-015-9640-7.
[173] L. Alison Phillips, Howard Leventhal und Elaine A.
Leventhal, »Assessing Theoretical Predictors of Long-Term
Medication Adherence: Patients’ Treatment-Related Beliefs,
Experiential Feedback and Habit Development«, in:
Psychology and Health 28, Nr. 10 (2013), S. 1135–1151,
doi:10.1080/08870446.2013.793798.

[174] Gerard J. Molloy, Heather Graham und Hannah


McGuinness, »Adherence to the Oral Contraceptive Pill: A
Cross-Sectional Survey of Modifiable Behavioural
Determinants«, in: BMC Public Health 12 (2012), S. 838,
doi:10.1186/1471-2458-12-838.

[175] Phillips, Leventhal und Leventhal, »Assessing Theoretical


Predictors of Long-Term Medication Adherence«.

[176] Ellen Berscheid und Hilary Ammazzalorso, »Emotional


Experience in Close Relationships« in: Blackwell Handbook of
Social Psychology: Interpersonal Processes, hrsg. von Garth
Fletcher und Margaret Clark, Malden, MA 2001, S. 308–330;
Ellen Berscheid und Pamela Regan, The Psychology of
Interpersonal Relationships, New York 2005, Nachdruck:
London 2016.

[177] John G. Holmes und Susan D. Boon, »Developments in the


Field of Close Relationships: Creating Foundations for
Intervention Strategies«, in: Personality and Social
Psychology Bulletin 16, Nr. 1 (1990), S. 23–41,
doi:10.1177/0146167290161003.

[178] Roy F. Baumeister und Ellen Bratslavsky, »Passion,


Intimacy, and Time: Passionate Love as a Function of Change
in Intimacy«, in: Personality and Social Psychology Review 3,
Nr. 1 (1999), S. 49–67, doi:10.1207/s15327957pspr0301_3.

[179] Berscheid und Ammazzalorso, »Emotional Experience in


Close Relationships«.

[180] Brian A. Anderson, »The Attention Habit: How Reward


Learning Shapes Attentional Selection«, in: Annals of the New
York Academy of Sciences 1369, Nr. 1 (2016), S. 24–39,
doi:10.1111/nyas.12957.

[181] Brian A. Anderson, Patryk A. Laurent und Steven Yantis,


»Value-Driven Attentional Capture«, in: Proceedings of the
National Academy of Sciences 108, Nr. 25 (2011), S. 10367–
10371, doi:10.1073/pnas.1104047108.

[182] Brian A. Anderson, »Value-Driven Attentional Priority Is


Context Specific«, in: Psychonomic Bulletin and Review 22,
Nr. 3 (2015), S. 750–756, doi:10.3758/s13423-014-0724-0.

[183] Interview mit Dr. Tania Lisboa, einer professionellen


Cellistin und Research Fellow am Royal College of Music in
London, 2. Nov. 2017.
[184] Lorraine Carli, »NFPA Encourages Testing Smoke Alarms
as Daylight Saving Time Begins«, National Fire Protection
Association, 6. März 2014, https://www.nfpa.org/News-and-
Research/News-and-media/Press-Room/News-
releases/2014/NFPA-encourages-testing-smoke-alarms-as-
Daylight-Saving-Time-begins .

[185] Steve Sternberg, »How Many Americans Floss Their


Teeth?« in U. S. News and World Report, 2. Mai 2016,
https://www.usnews.com/news/articles/2016-05-02/how-
many-americans-floss-their-teeth .

[186] Gaby Judah, Benjamin Gardner und Robert Aunger,


»Forming a Flossing Habit: An Exploratory Study of the
Psychological Determinants of Habit Formation«, in: British
Journal of Health Psychology 18, Nr. 2 (2013), S. 338–353,
doi:10.1111/j.2044–8287.2012.02086.x.

[187] Jennifer S. Labrecque et al., »Habit Slips: When Consumers


Unintentionally Resist New Products«, in: Journal of the
Academy of Marketing Science 45, Nr. 1 (2017), S. 119–133,
doi:10.1007/s11747-016-0482-9.

[188] Ebenda.

[189] Die Psychologinnen und Psychologen unter den Lesern


mögen sich fragen, wie das Koppeln sich von
Implementierungsintentionen beziehungsweise »Wenn-dann«-
Plänen unterscheidet. Implementierungsintentionen
verbinden ein Ziel mit einem zukünftigen Ereignis,
unabhängig davon, ob dieses Ereignis Gewohnheitscharakter
hat oder nicht. Labrecque et al. (2017) kamen zu dem
Ergebnis, dass solche standardmäßigen
Implementierungsintentionen die Nutzung des Textilsprays
bei den Studierenden während der vierwöchigen Testphase
nicht verstärkten.

[190] Labrecque et al., »Habit Slips«. In der frühen


Verhaltenstherapie wurde diese Strategie
Reaktionssubstitution (response substitution) genannt.

[191] Margot Sanger-Katz, »The Decline of ›Big Soda‹«, in: The


New York Times, 2. Oktober 2015,
https://www.nytimes.com/2015/10/04/upshot/soda-industry-
struggles-as-consumer-tastes-change.html .

[192] Emma Runnemark, Jonas Hedman und Xiao Xiao, »Do


Consumers Pay More Using Debit Cards Than Cash?«, in:
Electronic Commerce Research and Applications 14, Nr. 5
(2015), S. 285–291, doi:10.1016/j.elerap.2015.03.002.

[193] Jonathan Cantor et al., »Five Years Later: Awareness of


New York City’s Calorie Labels Declined, with No Changes in
Calories Purchased«, in: Health Affairs 34, Nr. 11 (2015),
S. 1893–1900, doi:10.1377/hlthaff.2015.0623; Kamila M.
Kiszko et al., »The Influence of Calorie Labeling on Food
Orders and Consumption: A Review of the Literature«, in:
Journal of Community Health 39, Nr. 6 (2014), S. 1248–69,
doi:10.1007/s10900-014-9876-0; Susan E. Sinclair, Marcia
Cooper und Elizabeth D. Mansfield, »The Influence of Menu
Labeling on Calories Selected or Consumed: A Systematic
Review and Meta-Analysis«, in: Journal of the Academy of
Nutrition and Dietetics 114, Nr. 9 (2014), S. 1375–1388,
doi:10.1016/j.jand.2014.05.014; siehe aber auch Natalina
Zlatevska, Nico Neumann und Chris Dubelaar, »Mandatory
Calorie Disclosure: A Comprehensive Analysis of Its Effect on
Consumers and Retailers«, in: Journal of Retailing 94, Nr. 1
(2018), S. 89–101, doi:10.1016/j.jretai.2017.09.007.

[194] To Dieu-Hang et al., »Household Adoption of Energy and


Water-Efficient Appliances: An Analysis of Attitudes,
Labelling and Complementary Green Behaviours in Selected
OECD Countries«, in: Journal of Environmental Management
197 (2017), S. 140–150, doi:10.1016/j.jenvman.2017.03.070.

[195] Allison Aubrey, »More Salt in School Lunch, Less Nutrition


Info on Menus: Trump Rolls Back Food Rules«, NPR, 2. Mai
2017,
https://www.npr.org/sections/thesalt/2017/05/02/526448646/trump-
administration-rolls-back-obama-era-rules-on-calorie-counts-
school-lunch .

[196] George Loewenstein, Cass R. Sunstein und Russell Golman,


»Disclosure: Psychology Changes Everything«, in: Annual
Review of Economics 6 (2014), S. 391–419,
doi:10.1146/annurev-economics-080213–041341.

[197] Angela L. Duckworth et al., »A Stitch in Time: Strategic


Self-Control in High School and College Students«, in: Journal
of Educational Psychology 108, Nr. 3 (2016), S. 329–341,
doi:10.1037/edu0000062.

[198] Angela L. Duckworth, Tamar Szabó Gendler und James J.


Gross, »Situational Strategies for Self-Control«, in:
Perspectives on Psychological Science 11, Nr. 1 (2016), S. 35–
55, doi:10.1177/1745691615623247.

[199] Duckworth et al., »A Stitch in Time«.

[200] Michael R. Ent, Roy F. Baumeister und Dianne M. Tice,


»Trait Self-Control and the Avoidance of Temptation«, in:
Personality and Individual Differences 74 (2015), S. 12–15,
doi:10.1016/j.paid.2014.09.031.

[201] Ebenda.

[202] Ebenda.
[203] Michelle R. vanDellen et al., »In Good Company: Managing
Interpersonal Resources That Support Self-Regulation«, in:
Personality and Social Psychology Bulletin 41, Nr. 6 (2015),
S. 869–882, doi:10.1177/0146167215580778.

[204] Brian Wansink und Collin R. Payne, »Eating Behavior and


Obesity at Chinese Buffets«, in: Obesity 16, Nr. 8 (2008),
S. 1957–1960, doi:10.1038/oby.2008.286. Diese Daten
stammen aus der korrigierten Ausgabe und werden auf
folgender Seite bestätigt: http://www.timvanderzee.com/the-
wansink-dossier-an-overview .

[205] Jennifer S. Labrecque, Kristen Lee und Wendy Wood,


»Overthinking Habit« (Manuskript in der Prüfungsphase,
University of Southern California, 2018).

[206] Eric A. Thrailkill et al., »Stimulus Control of Actions and


Habits: A Role for Reinforcer Predictability and Attention in
the Development of Habitual Behavior«, in: Journal of
Experimental Psychology: Animal Learning and Cognition 44,
Nr. 4 (2018), S. 370–384, doi:10.1037/xan0000188.

[207] Claire M. Gillan et al., »Model-Based Learning Protects


against Forming Habits«, in: Cognitive, Affective, and
Behavioral Neuroscience 15, Nr. 3 (2015), S. 523–536,
doi:10.3758/s13415-015-0347-6.
[208] Shaun Larcom, Ferdinand Rauch und Tim Willems, »The
Benefits of Forced Experimentation: Striking Evidence from
the London Underground Network«, in: The Quarterly
Journal of Economics 132, Nr. 4 (2017), S. 2019–2055,
doi:10.1093/qje/qjx020.

[209] Bas Verplanken et al., »Context Change and Travel Mode


Choice: Combining the Habit Discontinuity and Self-
Activation Hypotheses«, in: Journal of Environmental
Psychology 28, Nr. 2 (2008), S. 121–127,
doi:10.1016/j.jenvp.2007.10.005.

[210] Félix Ravaisson, Abhandlung über die Gewohnheit, hrsg.


von Gerhard Funke, Bonn 1954.

[211] Roy F. Baumeister und Ellen Bratslavsky, »Passion,


Intimacy, and Time: Passionate Love as a Function of Change
in Intimacy«, in: Personality and Social Psychology Review 3,
Nr. 1 (1999), S. 49–67, doi:10.1207/s15327957pspr0301_3.

[212] Ebenda.

[213] Verplanken et al., »Context Change and Travel Mode


Choice«.

[214] Sam K. Hui et al., »The Effect of In-Store Travel Distance on


Unplanned Spending: Applications to Mobile Promotion
Strategies«, in: Journal of Marketing 77, Nr. 2 (2013), S. 1–16,
doi:10.1509/jm.11.0436.

[215] Ebenda.

[216] Tom Ryan, »Older Shoppers Irritated by Supermarket


Layout Changes«, RetailWire, 12. März 2012,
http://www.retailwire.com/discussion/older-shoppers-
irritated-by-supermarket-layout-changes/ .

[217] Scott Young und Vincenzo Ciummo, »Managing Risk in a


Package Redesign: What Can We Learn from Tropicana?«, in:
Brand Packaging (2009), S. 18–21,
https://www.highbeam.com/doc/1G1–208131373.html .

[218] David L. Alexander, John G. Lynch Jr. und Qing Wang, »As
Time Goes By: Do Cold Feet Follow Warm Intentions for
Really New versus Incrementally New Products?«, in: Journal
of Marketing Research 45, Nr. 3 (2008), S. 307–319,
https://www.jstor.org/stable/30162533 .

[219] Matthew Lynley, »Bird Has Officially Raised a Whopping


$300M as the Scooter Wars Heat Up«, in: TechCrunch, 28. Juni
2018, https://techcrunch.com/2018/06/28/bird-has-officially-
raised-a-whopping-300m-as-the-scooter-wars-heat-up .

[220] Alexander, Lynch und Wang, »As Time Goes By«.


[221] Thad Dunning et al., »Is Paying Taxes Habit Forming?
Experimental Evidence from Uruguay«, Paper präsentiert an
der University of California, Berkeley 2017,
http://www.thaddunning.com/wp-
content/uploads/2017/09/Dunning-et-al_Habit_2017.pdf .

[222] A. a. O., S. 34.

[223] Thomas Fujiwara, Kyle Meng und Tom Vogl, »Habit


Formation in Voting: Evidence from Rainy Elections« in:
American Economic Journal: Applied Economics 8, Nr. 4
(2016), S. 160–188, doi:10.1257/app.20140533.

[224] Wendy Wood, Leona Tam und Melissa Guerrero Witt,


»Changing Circumstances, Disrupting Habits«, in: Journal of
Personality and Social Psychology 88, Nr. 6 (2005), S. 918–933,
doi:10.1037/0022–3514.88.6.918.

[225] Jewel Jordan, »Americans Moving at Historically Low


Rates, Census Bureau Reports«, United States Census Bureau,
16. November 2016,
https://www.census.gov/newsroom/press-
releases/2016/cb16–189.html .

[226] Mona Chalabi, »How Many Times Does the Average Person
Move?«, FiveThirtyEight, 29. Januar 2015,
https://fivethirtyeight.com/features/how-many-times-the-
average-person-moves/ .

[227] United States Department of Labor, »Employee Tenure


Summary«, Bureau of Labor Statistics, 22. September 2016,
https://www.bls.gov/news.release/tenure.nr0.htm .

[228] Todd F. Heatherton und Patricia A. Nichols, »Personal


Accounts of Successful Versus Failed Attempts at Life
Change«, in: Personality and Social Psychology Bulletin 20,
Nr. 6 (1994), S. 664–675, doi:10.1177/0146167294206005.

[229] Bryan L. Rogers et al., »Turning Up by Turning Over: The


Change of Scenery Effect in Major League Baseball«, in:
Journal of Business and Psychology 32, Nr. 5 (2017), S. 547–
560, doi:10.1007/s10869-016-9468-3.

[230] Zwei dieser Sabermetrics (im professionellen Baseball für


die Analyse benutzte Zusammenfassung der statistische
Messungen der individuellen Spielerleistung) waren: on-base
plus slugging (OPS), wo es um die Fähigkeit des Spielers geht,
nach einem erfolgreichen Treffer eine Base zu erreichen,
sowie weighted runs created plus (wRC+), wo es um die
offensive Gesamtleistung des Spielers im Vergleich zu
anderen Spielern geht. Siehe: https://www.fangraphs.com .
[231] American Psychological Association, »2015 Stress in
America«, abgerufen am 13. März 2018,
http://www.apa.org/news/press/releases/stress/2015/snapshot.aspx

[232] Grant S. Shields, Matthew A. Sazma und Andrew P.


Yonelinas, »The Effects of Acute Stress on Core Executive
Functions: A Meta-Analysis and Comparison with Cortisol«,
in: Neuroscience and Biobehavioral Reviews 68 (2016), S. 651–
668, doi:10.1016/j.neubiorev.2016.06.038.

[233] David T. Neal, Wendy Wood und Aimee Drolet, »How Do


People Adhere to Goals When Willpower Is Low? The Profits
(and Pitfalls) of Strong Habits«, in: Journal of Personality and
Social Psychology 104, Nr. 6 (2013), S. 959–975, doi:
10.1037/a0032626.

[234] Lars Schwabe und Oliver T. Wolf, »Stress Increases


Behavioral Resistance To Extinction«, in:
Psychoneuroendocrinology 36, Nr. 9 (2011), S. 1287–1293,
doi:10.1016/j.psyneuen.2011.02.002.

[235] Mike Mannor et al., »How Anxiety Affects CEO Decision


Making«, in: Harvard Business Review, 19. Juli 2016,
https://hbr.org/2016/07/how-anxiety-affects-ceo-decision-
making .
[236] James G. March, »Exploration and Exploitation in
Organizational Learning«, in: Organization Science 2, Nr. 1
(1991), S. 71–87, https://www.jstor.org/stable/2634940 .

[237] Lars Schwabe und Oliver T. Wolf, »Stress and Multiple


Memory Systems: From ›Thinking‹ to ›Doing‹«, in: Trends in
Cognitive Sciences 17, Nr. 2 (2013), S. 60–68,
doi:10.1016/j.tics.2012.12.001.

[238] Ebenda.

[239] Neal, Wood und Drolet, »How Do People Adhere to Goals


When Willpower Is Low?«.

[240] Ebenda.

[241] Donald E. Broadbent et al., »The Cognitive Failures


Questionnaire (CFQ) and Its Correlates«, in: British Journal of
Clinical Psychology 21, Nr. 1 (1982), S. 1–16,
doi:10.1111/j.2044–8260.1982.tb01421.x.

[242] María K. Jónsdóttir et al., »A Diary Study of Action Slips in


Healthy Individuals«, in: Clinical Neuropsychologist 21, Nr. 6
(2007), S. 875–883, doi:10.1080/13854040701220044.

[243] Rachel J. Katz-Sidlow et al., »Smartphone Use During


Inpatient Attending Rounds: Prevalence, Patterns and
Potential for Distraction«, in: Journal of Hospital Medicine 7,
Nr. 8 (2012), S. 595–599, doi:10.1002/jhm.1950.

[244] Trevor Smith, Edward Darling und Bruce Searles, »2010


Survey on Cell Phone Use While Performing
Cardiopulmonary Bypass«, in: Perfusion 26, Nr. 5 (2011),
S. 375–380, doi:10.1177/0267659111409969.

[245] Jack L. Nasar und Derek Troyer, »Pedestrian Injuries Due


to Mobile Phone Use in Public Places«, in: Accident Analysis
and Prevention 57 (2013), S. 91–95, doi:
10.1016/j.aap.2013.03.021.

[246] James Reason und Deborah Lucas, »Absent-Mindedness in


Shops: Its Incidence, Correlates and Consequences«, in:
British Journal of Clinical Psychology 23, Nr. 2 (1984), S. 121–
131, doi:10.1111/j.2044–8260.1984.tb00635.x.

[247] Ebenda.

[248] Arun Vishwanath, »Examining the Distinct Antecedents of


E-Mail Habits and Its Influence on the Outcomes of a
Phishing Attack«, in: Journal of Computer-Mediated
Communication 20, Nr. 5 (2015), S. 570–584,
doi:10.1111/jcc4.12126.

[249] Arun Vishwanath, »Habitual Facebook Use and Its Impact


on Getting Deceived on Social Media«, in: Journal of
Computer-Mediated Communication 20, Nr. 1 (2015), S. 83–98,
doi:10.1111/jcc4.12100.

[250] Mathew A. Harris und Thomas Wolbers, »How Age-


Related Strategy Switching Deficits Affect Wayfinding in
Complex Environments«, in: Neurobiology of Aging 35, Nr. 5
(2014), S. 1095–1102,
doi:10.1016/j.neurobiolaging.2013.10.086.

[251] National Institute on Drug Abuse, »Drugs, Brains, and


Behavior: The Science of Addiction,«, letzte Änderung im Juli
2018, https://www.drugabuse.gov/publications/drugs-brains-
behavior-science-addiction/drug-abuse-addiction .

[252] Aldo Badiani et al., »Opiate versus Psychostimulant


Addiction: The Differences Do Matter«, in: Nature Reviews
Neuroscience 12, Nr. 11 (2011), S. 685–700,
doi:10.1038/nrn3104; Aldo Badiani et al., »Addiction Research
and Theory: A Commentary on the Surgeon General’s Report
on Alcohol, Drugs, and Health«, in: Addiction Biology 23, Nr. 1
(2018), S. 3–5, doi:10.1111/adb.12497.

[253] David J. Nutt et al., »The Dopamine Theory of Addiction: 40


Years of Highs and Lows«, in: Nature Reviews Neuroscience
16, Nr. 5 (2015), S. 305–312, doi:10.1038/nrn3939.
[254] Kent C. Berridge und Terry E. Robinson, »Liking, Wanting,
and the Incentive-Sensitization Theory of Addiction«, in:
American Psychologist 71, Nr. 8 (2016), S. 670–679,
doi:10.1037/amp0000059.

[255] Barry J. Everitt und Trevor W. Robbins, »Drug Addiction:


Updating Actions to Habits to Compulsions Ten Years On«, in:
Annual Review of Psychology 67, Nr. 1 (2016), S. 23–50,
doi:10.1146/annurev-psych-122414–033457.

[256] Rebecca Ahrnsbrak et al., Key Substance Use and Mental


Health Indicators in the United States: Results from the 2016
National Survey on Drug Use and Health, Center for
Behavioral Health Statistics and Quality, Substance Abuse
and Mental Health Services Administration, HHS Publication
Nr. SMA 17–5044, NSDUH Series H-52, Rockville, MD 2017;
Weltgesundheitsorganisation, »Alcohol Use: Data and
Statistics«, abgerufen am 16. Februar 2019,
http://www.euro.who.int/en/health-topics/disease-
prevention/alcohol-use/data-and-statistics .

[257] Eunice Park-Lee et al., Receipt of Services for Substance Use


and Mental Health Issues Among Adults: Results from the
2016 National Survey on Drug Use and Health, SAMHSA:
NSDUH Data Review, Rockville, MD September 2017.
[258] National Institute on Drug Abuse, »Drugs, Brains, and
Behavior«.

[259] Paul Crits-Christoph et al., »Psychosocial Treatments for


Cocaine Dependence: National Institute on Drug Abuse
Collaborative Cocaine Treatment Study«, in: Archives of
General Psychiatry 56, Nr. 6 (1999), S. 493–502.

[260] James R. McKay, »Making the Hard Work of Recovery


More Attractive for Those with Substance Use Disorders«, in:
Addiction 112, Nr. 5 (2017), S. 751–757, doi:10.1111/add.13502.

[261] Alvin M. Shuster, »G. I. Heroin Addiction Epidemic in


Vietnam«, in: The New York Times, 16. Mai 1971,
http://www.nytimes.com/1971/05/16/archives/gi-heroin-
addiction-epidemic-in-vietnam-gi-heroin-addiction-is.html .

[262] Jeremy Kuzmarov, The Myth of the Addicted Army:


Vietnam and the Modern War on Drugs, Amherst, MA 2009.

[263] Lee N. Robins et al., »Vietnam Veterans Three Years After


Vietnam: How Our Study Changed Our View of Heroin«, in:
American Journal on Addiction 19, Nr. 3 (2010), S. 203–211,
doi:10.1111/j.1521–0391.2010.00046.x; Lee N. Robins,
»Vietnam Veterans’ Rapid Recovery from Heroin Addiction:
A Fluke or Normal Expectation?«, in: Addiction 88, Nr. 8
(1993), S. 1041–1054, doi:10.1111/j.1360–0443.1993.tb02123.x.
[264] Interview mit einem Veteranen des Vietnamkriegs, 9.
Dezember 2017. Zum Schutz der Persönlichkeitsrechte wird
der Name des Interviewten nicht angegeben.

[265] Lee N. Robins, Darlene H. Davis und Donald W. Goodwin,


»Drug Use by US Army Enlisted Men in Vietnam: A Follow-up
on Their Return Home«, in: American Journal of
Epidemiology 99, Nr. 4 (1974), S. 235–249,
doi:10.1093/oxfordjournals.aje.a121608.

[266] Robins, »Vietnam Veterans’ Rapid Recovery from Heroin


Addiction«.

[267] Robins et al., »Vietnam Veterans Three Years After


Vietnam: How Our Study Changed Our View of Heroin«.

[268] Robins, »Vietnam Veterans’ Rapid Recovery from Heroin


Addiction«.

[269] Alix Spiegel, »What Vietnam Taught Us About Breaking


Bad Habits«, NPR, 2. Januar 2012,
http://www.npr.org/sections/health-
shots/2012/01/02/144431794/what-vietnam-taught-us-about-
breaking-bad-habits .

[270] Robins et al., »Vietnam Veterans Three Years After


Vietnam«.
[271] Robins, »Vietnam Veterans’ Rapid Recovery from Heroin
Addiction«, S. 1046.

[272] Ebenda.

[273] A. a. O., S. 1031.

[274] Patricia F. Hadaway et al., »The Effect of Housing and


Gender on Preference for Morphine-Sucrose Solutions in
Rats«, Psychopharmacology 66, Nr. 1 (1979), S. 87–91,
doi:10.1007/bf00431995; Bruce K. Alexander et al., »Effect of
Early and Later Colony Housing on Oral Ingestion of
Morphine in Rats«, in: Pharmacology Biochemistry and
Behavior 15, Nr. 4 (1981), S. 571–576, doi:10.1016/0091–3057
(81)90211–2; Rebecca S. Hofford et al., »Effects of
Environmental Enrichment on Self-Administration of the
Short-Acting Opioid Remifentanil in Male Rats«, in:
Psychopharmacology 234, Nr. 23–24 (2017), S. 3499–3506,
doi:10.1007/s00213-017-4734-2.

[275] Kenneth J. Thiel et al., »Anti-Craving Effects of


Environmental Enrichment«, in: International Journal of
Neuropsychopharmacology 12, Nr. 9 (2009), S. 1151–1156,
doi:10.1017/S1461145709990472; siehe auch Seven E. Tomek
und M. Foster Olive, »Social Influences in Animal Models of
Opiate Addiction«, in: International Review of Neurobiology
140 (2018), S. 81–107, doi:10.1016/bs.irn.2018.07.004; Ewa
Galaj, Monica Manuszak und Robert Ranaldi,
»Environmental Enrichment as a Potential Intervention for
Heroin Seeking«, in: Drug and Alcohol Dependence 163 (2016),
S. 195–201, doi:10.1016/j.drugalcdep.2016.04.016.

[276] Bruce K. Alexander und Patricia F. Hadaway, »Opioid


Addiction: The Case for an Adaptive Orientation«, in:
Psychological Bulletin 92, Nr. 2 (1982), S. 367–381,
doi:10.1037/0033–2909.92.2.367.

[277] National Institute on Drug Abuse, »Drugs, Brains, and


Behavior«.

[278] Anke Snoek, Neil Levy und Jeanette Kennett, »Strong-


Willed but Not Successful: The Importance of Strategies in
Recovery from Addiction«, in: Addictive Behaviors Reports 4
(2016), S. 102–107, doi:10.1016/j.abrep.2016.09.002.

[279] A. a. O., S. 107.

[280] Jenna Payesko, »FDA Approves Lofexidine Hydrochloride,


First Non-Opioid Treatment for Management of Opioid
Withdrawal Symptoms in Adults«, in: Med Magazine, 16. Mai
2018, https://www.mdmag.com/medical-news/fda-approves-
lofexidine-hydrochloride-first-nonopioid-treatment-for-
management-of-opioid-withdrawal-symptoms-in-adults .
[281] McKay, »Making the Hard Work of Recovery More
Attractive«, S. 752.

[282] Ebenda.

[283] George M. Hunt und Nathan H. Azrin, »A Community-


Reinforcement Approach to Alcoholism«, in: Behaviour
Research and Therapy 11, Nr. 1 (1973), S. 91–104,
doi:10.1016/0005–7967(73)90072–7.

[284] Kenneth Silverman, Anthony DeFulio und Sigurdur O.


Sigurdsson, »Maintenance of Reinforcement to Address the
Chronic Nature of Drug Addiction«, in: Preventive Medicine
55 (2012), S. S46–S53, doi:10.1016/j.ypmed.2012.03.013.

[285] Mark D. Litt et al., »Changing Network Support for


Drinking: Network Support Project 2-Year Follow-up«, in:
Journal of Consulting and Clinical Psychology 77, Nr. 2 (2009),
S. 229–242, doi:10.1037/a0015252.

[286] Silverman, DeFulio und Sigurdsson, »Maintenance of


Reinforcement to Address the Chronic Nature of Drug
Addiction«.

[287] Anthony DeFulio und Kenneth Silverman, »Employment-


Based Abstinence Reinforcement as a Maintenance
Intervention for the Treatment of Cocaine Dependence: Post-
intervention Outcomes«, in: Addiction 106, Nr. 5 (2011),
S. 960–967, doi:10.1111/j.1360–0443.2011.03364.x.

[288] Kenneth Silverman, August F. Holtyn und Reed Morrison,


»The Therapeutic Utility of Employment in Treating Drug
Addiction: Science to Application«, in: Translational Issues in
Psychological Science 2, Nr. 2 (2016), S. 203–212,
doi:10.1037/tps0000061.

[289] George F. Koob und Nora D. Volkow, »Neurobiology of


Addiction: A Neurocircuitry Analysis«, in: The Lancet
Psychiatry 3, Nr. 8 (2016), S. 760–773, doi:10.1016/S2215–
0366(16)00104–8.

[290] John Monterosso und Wendy Wood, »Habits of Successful


Rehabilitation« (unveröffentlichte Daten, University of
Southern California, 2017).

[291] Samantha J. Caton et al., »Repetition Counts: Repeated


Exposure Increases Intake of a Novel Vegetable in UK Pre-
School Children Compared to Flavour-Flavour and Flavour-
Nutrient Learning«, in: British Journal of Nutrition 109, Nr. 11
(2013), S. 2089–2097, doi:10.1017/s0007114512004126.

[292] Edward Bradford Titchener, Lehrbuch der Psychologie, aus


dem Englischen von Otto Klemm, Leipzig 1926, S. 340.
[293] Robert B. Zajonc, »Attitudinal Effects of Mere Exposure«,
in: Journal of Personality and Social Psychology 9, Nr. 2
(1968), S. 1–27, doi:10.1037/h0025848.

[294] Robert F. Bornstein und Catherine Craver-Lemley, »Mere


Exposure Effect«, in: Cognitive Illusions: Intriguing
Phenomena in Thinking, Judgment and Memory, hrsg. von
Rüdiger F. Pohl, 2. Aufl. New York 2017, S. 256–275.

[295] Theodore H. Mita, Marshall Dermer und Jeffrey Knight,


»Reversed Facial Images and the Mere-Exposure
Hypothesis«, in: Journal of Personality and Social Psychology
35, Nr. 8 (1977), S. 597–601, doi:10.1037//0022–3514.35.8.597.

[296] Rolf Reber, Norbert Schwarz und Piotr Winkielman,


»Processing Fluency and Aesthetic Pleasure: Is Beauty in the
Perceiver’s Processing Experience?«, in: Personality and
Social Psychology Review 8, Nr. 4 (2004), S. 364–382,
doi:10.1207/s15327957pspr0804_3.

[297] Christian Obermeier et al., »Aesthetic Appreciation of


Poetry Correlates with Ease of Processing in Event-Related
Potentials«, in: Cognitive, Affective, and Behavioral
Neuroscience 16, Nr. 2 (2016), S. 362–373, doi:10.3758/s13415-
015-0396-x.
[298] Stefan Mayer und Jan R. Landwehr, »Objective Measures
of Design Typicality«, in: Design Studies 54 (2018), S. 146–161,
doi:10.1016/j.destud.2017.09.004; Stefan Maier und Jan R.
Landwehr (Association for Consumer Research), »Objective
Measures of Design Typicality That Predict Aesthetic Liking,
Fluency, and Car Sales«, in: Advances in Consumer Research
44, Duluth, MN 2016, S. 556–557.

[299] Susanne Schmidt und Martin Eisend, »Advertising


Repetition: AMeta-Analysis on Effective Frequency in
Advertising«, in: Journal of Advertising 44, Nr. 4 (2015),
S. 415–428, doi:10.1080/00913367.2015.1018460; R. Matthew
Montoya et al., »A Re-Examination of the Mere Exposure
Effect: The Influence of Repeated Exposure on Recognition,
Familiarity, and Liking«, in: Psychological Bulletin 143, Nr. 5
(2017), S. 459–498, doi:10.1037/bul0000085.

[300] Thomas N. Robinson et al., »Effects of Fast Food Branding


on Young Children’s Taste Preferences«, in: Archives of
Pediatrics and Adolescent Medicine 161, Nr. 8 (2007), S. 792–
797, doi:10.1001/archpedi.161.8.792.

[301] Dinah Avni-Babad, »Routine and Feelings of Safety,


Confidence, and Well-Being«, in: British Journal of Psychology
102, Nr. 2 (2011), S. 223–244, doi:10.1348/000712610x513617.

[302] Ebenda.
[303] Ebenda.

[304] Richard Florida, »The Geography of Car Deaths in


America«, CityLab, 15. Oktober 2015,
http://www.citylab.com/commute/2015/10/the-geography-of-
car-deaths-in-america/410494 .

[305] Mindy F. Ji und Wendy Wood, »Purchase and


Consumption Habits: Not Necessarily What You Intend«,
Journal of Consumer Psychology 17, Nr. 4 (2007), S. 261–276,
doi:10.1016/S1057–7408(07)70037–2.

[306] Clifford Geertz, Dichte Beschreibung. Beiträge zum


Verstehen kultureller Systeme, aus dem Amerikanischen von
Brigitte Luchesi und Rolf Bindemann, Frankfurt am Main
1995, S. 78.

[307] Allen Ding Tian et al., »Enacting Rituals to Improve Self-


Control«, Journal of Personality and Social Psychology 114,
Nr. 6 (2018), S. 851–876, doi:10.1037/pspa0000113.

[308] Michaéla C. Schippers und Paul A. M. Van Lange, »The


Psychological Benefits of Superstitious Rituals in Top Sport: A
Study Among Top Sportspersons«, in: Journal of Applied
Social Psychology 36, Nr. 10 (2006), S. 2532–2553,
doi:10.1111/j.0021–9029.2006.00116.x.
[309] Nicholas M. Hobson, Devin Bonk und Michael Inzlicht,
»Rituals Decrease the Neural Response to Performance
Failure«, in: PeerJ 5 (2017), S. e3363, doi:10.7717/peerj.3363.

[310] Cristine H. Legare und André L. Souza, »Evaluating Ritual


Efficacy: Evidence from the Supernatural«, in: Cognition 124,
Nr. 1 (2012), S. 1–15, doi:10.1016/j.cognition.2012.03.004.

[311] Michael I. Norton und Francesca Gino, »Rituals Alleviate


Grieving for Loved Ones, Lovers, and Lotteries« Journal of
Experimental Psychology: General 143, Nr. 1 (2014), S. 266–
272, doi:10.1037/a0031772.

[312] Alison Wood Brooks et al., »Don’t Stop Believing: Rituals


Improve Performance by Decreasing Anxiety«, in:
Organizational Behavior and Human Decision Processes 137
(2016), S. 71–85, doi:10.1016/j.obhdp.2016.07.004.

[313] Norton und Gino, »Rituals Alleviate Grieving for Loved


Ones, Lovers, and Lotteries«.

[314] Brooks et al., »Don’t Stop Believing«.

[315] Daniel L. Wann et al., »Examining the Superstitions of


Sport Fans: Types of Superstitions, Perceptions of Impact,
and Relationship with Team Identification«, in: Athletic
Insight 5, Nr. 1 (2013), S. 21–44. Retrieved from
http://libproxy.usc.edu/login?
url=https://search.proquest.com/docview/1623315047?
accountid=14749 .

[316] Mihály Csíkszentmihályi, Flow. Das Geheimnis des Glücks,


Stuttgart 2013.

[317] Samantha J. Heintzelman und Laura A. King, »Routines


and Meaning in Life«, in: Personality and Social Psychology
Bulletin, online veröffentlicht am 18. September 2018,
doi:10.1177/0146167218795133.

[318] Matthew Hutson, »Everyday Routines Make Life Feel More


Meaningful«, in: Scientific American, 1. Juli 2015,
https://www.scientificamerican.com/article/everyday-
routines-make-life-feel-more-meaningful/ .

[319] Aditi Shrikant, »11 Senior Citizens on the Best Products of


the Past Century«, in: Vox, 11. Dezember 2018,
https://www.vox.com/the-goods/2018/12/11/18116313/best-
products-seniors-elderly-tide-samsung .

[320] Richard H. Thaler und Cass R. Sunstein, Nudge. Wie man


kluge Entscheidungen anstößt, aus dem Amerikanischen von
Christoph Bausum, Berlin 2011, S. 15.

[321] Lee Shepherd, Ronan E. O’Carroll und Eamonn Ferguson,


»An International Comparison of Deceased and Living Organ
Donation/Transplant Rates in Opt-In and Opt-Out Systems: A
Panel Study«, in: BMC Medicine 12, Nr. 1 (2014), S. 131, doi:
10.1186/s12916-014-0131-4.

[322] Shlomo Benartzi, »Save More Tomorrow«, 2017,


http://www.shlomobenartzi.com/save-more-tomorrow .

[323] Centers for Disease Control and Prevention, U. S.


Department of Health and Human Services, »2014 State
Indicator Report on Physical Activity«, Atlanta, GA 2014,
https://www.cdc.gov/physicalactivity/downloads/pa_state_indicator_rep

[324] Molly Warren, Stacy Beck und Jack Rayburn, The State of
Obesity: Better Policies for a Healthier America 2018, Trust for
America’s Health, Washington, D. C. 2018, S. 1–68.

[325] Mariana Arcaya et al., »Urban Sprawl and Body Mass


Index among Displaced Hurricane Katrina Survivors« in:
Preventive Medicine 65 (2014), S. 40–46,
doi:10.1016/j.ypmed.2014.04.006; siehe auch Jana A. Hirsch et
al., »Change in Walking and Body Mass Index Following
Residential Relocation: The Multi-Ethnic Study of
Atherosclerosis«, in: American Journal of Public Health 104,
Nr. 3 (2014), S. e49–e56, doi:10.2105/ajph.2013.301773.

[326] Adam Martin et al., »Impact of Changes in Mode of Travel


to Work on Changes in Body Mass Index: Evidence from the
British Household Panel Survey«, in: Journal of Epidemiology
and Community Health 69, Nr. 8 (2015), S. 753–761,
doi:10.1136/jech-2014–205211.

[327] Matthew Hall, »Bird Scooters Flying Around Town«, in:


Santa Monica Daily Press, 26. September 2017,
http://smdp.com/bird-scooters-flying-around-town/162647 .

[328] National Association of City Transportation Officials,


»Equitable Bike Share Means Building Better Places for
People to Ride«, Juli 2016, https://nacto.org/wp-
content/uploads/2016/07/NACTO_Equitable_Bikeshare_Means_Bike_Lane

[329] NYC DOT, »Cycling in the City: Cycling Trends in NYC«,


2018, http://www.nyc.gov/html/dot/downloads/pdf/cycling-
in-the-city.pdf .

[330] Allison B. Brenner et al., »Longitudinal Associations of


Neighborhood Socioeconomic Characteristics and Alcohol
Availability on Drinking: Results from the Multi-Ethnic Study
of Atherosclerosis (MESA)«, in: Social Science and Medicine
145 (2015), S. 17–25, doi:10.1016/j.socscimed.2015.09.030;
siehe auch Sarah Foster et al., »Liquor Landscapes: Does
Access to Alcohol Outlets Influence Alcohol Consumption in
Young Adults?«, in: Health and Place 45 (2017), S. 17–23,
doi:10.1016/j.healthplace.2017.02.008.
[331] Hunter Schwarz, »Where in the United States You Can’t
Purchase Alcohol«, in: The Washington Post, 2. September
2014,
https://www.washingtonpost.com/blogs/govbeat/wp/2014/09/02/where-
in-the-united-states-you-cant-purchase-alcohol .

[332] Jennifer Ahern et al., »Alcohol Outlets and Binge Drinking


in Urban Neighborhoods: The Implications of Nonlinearity
for Intervention and Policy«, in: American Journal of Public
Health 103, Nr. 4 (2013), S. e81–e87, doi:10.2105/ajph
.2012.301203.

[333] Michael Pollan, »The Way We Live Now: 10-12-03; The


(Agri)Cultural Contradictions of Obesity«, in: The New York
Times Magazine, 12. Oktober 2003,
http://www.nytimes.com/2003/10/12/magazine/the-way-we-
live-now-10-12-03-the-agri-cultural-contradictions-of-
obesity.html .

[334] National Heart, Lung, and Blood Institute, »Portion


Distortion«, letzte Änderung am 1. April 2015,
https://www.nhlbi.nih.gov/health/educational/wecan/eat-
right/portion-distortion.htm .

[335] Gareth J. Hollands et al., »Portion, Package or Tableware


Size for Changing Selection and Consumption of Food,
Alcohol and Tobacco«, in: Cochrane Database of Systematic
Reviews 9, Nr. CD011045 (2015)
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC4579823/ ;
Natalina Zlatevska, Chris Dubelaar und Stephen S. Holden,
»Sizing Up the Effect of Portion Size on Consumption: A
Meta-Analytic Review«, in: Journal of Marketing 78, Nr. 3
(2014), S. 140–154, doi:10.1509/jm.12.0303.

[336] Margot Sanger-Katz, »Yes, Soda Taxes Seem to Cut Soda


Drinking«, in: The New York Times, 13. Oktober 2015,
https://www.nytimes.com/2015/10/13/upshot/yes-soda-taxes-
seem-to-cut-soda-drinking.html .

[337] Lynn D. Silver et al., »Changes in Prices, Sales, Consumer


Spending, and Beverage Consumption One Year after a Tax
on Sugar-Sweetened Beverages in Berkeley, California, US: A
Before-and-After Study«, in: PLoS Medicine 14, Nr. 4 (2017), S.
e1002283, doi:10.1371/journal.pmed.1002283.

[338] M. Arantxa Colchero et al., »In Mexico, Evidence of


Sustained Consumer Response Two Years After
Implementing a Sugar-Sweetened Beverage Tax«, in: Health
Affairs 36, Nr. 3 (2017), S. 564–571,
doi:10.1377/hlthaff.2016.1231.

[339] Lindsey Smith Taillie et al., »Do High vs. Low Purchasers
Respond Differently to a Nonessential Energy-Dense Food
Tax? Two-Year Evaluation of Mexico’s 8 % Nonessential Food
Tax«, in: Preventive Medicine 105 (2017), S. S37–S42,
doi:10.1016/j.ypmed.2017.07.009.

[340] Drew DeSilver, »Perceptions and Realities of Recycling


Vary Widely from Place to Place«, Pew Research Center, 7.
Oktober 2016, http://www.pewresearch.org/fact-
tank/2016/10/07/perceptions-and-realities-of-recycling-vary-
widely-from-place-to-place .

[341] Adam Cooper, »Electric Company Smart Meter


Deployments: Foundation for a Smart Grid«, in: Institute for
Electric Innovation, Dezember 2017,
http://www.edisonfoundation.net/iei/publications/Documents/IEI_Smar

[342] Chris Mooney, »Why 50 Million Smart Meters Still Haven’t


Fixed America’s Energy Habits«, in: The Washington Post, 29.
Januar 2015, https://www.washingtonpost.com/news/energy-
environment/wp/2015/01/29/americans-are-this-close-to-
finally-understanding-their-electricity-bills .

[343] Katrina Jessoe und David Rapson, »Knowledge Is (Less)


Power: Experimental Evidence from Residential Energy
Use«, in: American Economic Review 104, Nr.4 (2014), S. 1417–
1438, doi:10.1257/aer.104.4.1417.

[344] Frank Newport, »Email Outside of Working Hours Not a


Burden to U. S. Workers«, Gallup, 10. Mai 2017,
https://news.gallup.com/poll/210074/email-outside-working-
hours-not-burden-workers.aspx .

[345] Jan Dettmers, »How Extended Work Availability Affects


Well-Being: The Mediating Roles of Psychological
Detachment and Work-Family Conflict«, in: Work and Stress
31, Nr. 1 (2017), S. 24–41, doi:10.1080/02678373.2017.1298164;
Jim Harter, »Should Employers Ban Email After Work
Hours?«, Gallup, 9. September 2014,
https://www.gallup.com/workplace/236519/employers-ban-
email-work-hours.aspx .

[346] Jan Dettmers et al., »Extended Work Availability and Its


Relation with Start-of-Day Mood and Cortisol«, Journal of
Occupational Health Psychology 21, Nr. 1 (2016), S. 105–118,
doi:10.1037/a0039602.

[347] Cary Stothart, Ainsley Mitchum und Courtney Yehnert,


»The Attentional Cost of Receiving a Cell Phone Notification«,
in: Journal of Experimental Psychology: Human Perception
and Performance 41, Nr. 4 (2015), S. 893–897,
doi:10.1037/xhp0000100.

[348] James A. Roberts und Meredith E. David, »My Life Has


Become a Major Distraction from My Cell Phone: Partner
Phubbing and Relationship Satisfaction among Romantic
Partners«, in: Computers in Human Behavior 54 (2016),
S. 134–141, doi:10.1016/j.chb.2015.07.058; Brandon T.
McDaniel und Sarah M. Coyne, »›Technoference‹: The
Interference of Technology in Couple Relationships and
Implications for Women’s Personal and Relational Well-
Being«, in: Psychology of Popular Media Culture 5, Nr. 1
(2016), S. 85–98, doi:10.1037/ppm0000065.

[349] Daniel Halpern und James E. Katz, »Texting’s


Consequences for Romantic Relationships: A Cross-Lagged
Analysis Highlights Its Risks«, in: Computers in Human
Behavior 71 (2017), S. 386–394. doi:10.1016/j.chb.2017.01.051.

Das könnte Ihnen auch gefallen