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Gute Arbeit
Vorstand
Der Arbeitszeit-TÜV
Wie gesundheitsverträglich
sind unsere Arbeitszeiten?
Der Arbeitszeit-TÜV: Wie gesundheitsverträglich sind unsere Arbeitszeiten?
Impressum
Herausgeber .......... IG Metall Vorstand | Projekt Gute Arbeit | in Zusammenarbeit mit dem Funktionsbereich Tarifpolitik
Wilhelm-Leuschner-Str. 79 | 60329 Frankfurt am Main | Tel. 069 / 66 93 22 03 | ags@igmetall.de
Redaktion .............. Andrea Fergen | Klaus Pickshaus | Hilde Wagner | Frank Walensky
Produktnummer..... 8206-13549
Inhalt
1
Der Arbeitszeit-TÜV: Wie gesundheitsverträglich sind unsere Arbeitszeiten?
Vorwort
Seit geraumer Zeit sind wir in Betrieben und Begrenzung ein eigenes Interesse und Enga-
Gesellschaft mit maßlosen Forderungen nach gement entwickeln und sich die betrieblichen
Arbeitszeitverlängerung und steigender Flexibili- Interessenvertretungen aktiv in die Arbeitszeit-
tät konfrontiert. Unternehmer überschlagen sich gestaltung einmischen. Die Erfahrungen zeigen,
mit neuen Forderungen: 40, 42 oder 50 Stunden dass die gesundheitlichen Belastungen für die
– wer bietet mehr? Die Senkung der Arbeits- Beschäftigten dabei eine große Rolle spielen.
kosten durch Arbeitszeitverlängerung und die
Anpassung der Arbeitszeiten an die jeweiligen Das Arbeitsschutzgesetz und die dort verbindlich
Markterfordernisse werden zur obersten Maxime vorgeschriebene Gefährdungsanalyse bieten ein
der Arbeitgeberverbände. Deshalb soll der Erfolg Instrument, mit dem Arbeitszeiten auf ihre Ge-
der 35-Stunden-Woche als ein deutscher „Irrweg“ sundheitsverträglichkeit überprüft werden kön-
rückgängig gemacht werden. Dabei werden Ar- nen. Das Projekt Gute Arbeit möchte mit dieser
beitsplatzängste und Standortverlagerungen als Arbeitsmappe Argumente, Beurteilungsmaßstäbe
Erpressungsinstrumente eingesetzt. Dass dabei und Instrumente vorstellen, die in den Ausein-
die Gesundheit der Beschäftigten auf der Strecke andersetzungen um die Arbeitszeit im Betrieb
zu bleiben droht, spielt für die Unternehmer keine genutzt werden können. Damit sollen arbeitszeit-
Rolle. politische Aktionen im Betrieb erleichtert werden.
Im Betriebsalltag erleben wir den steigenden In einem Folienvortrag werden Daten und
Druck der Entgrenzung von Arbeitszeiten. Nicht Fakten zur Arbeitszeitentwicklung und ih-
nur die tatsächlichen Arbeitszeiten, sondern auch ren Folgen sowie arbeitswissenschaftliche
Schicht- und Wochenendarbeit haben in den Erkenntnisse und Gestaltungseckpunkte
letzten Jahren zugenommen. Und dies alles bei präsentiert (Foliensatz ist als Datei erhält-
steigender Arbeitsintensität, so dass immer mehr lich unter www.igmetall.de/gutearbeit).
Menschen bis an die Grenzen ihrer Leistungsfä- Im Anhang zur Arbeitsmappe sind arbeits-
higkeit und der Gesundheitsverträglichkeit arbei- wissenschaftliche Grundsätze im Wort-
ten. Der Arbeits- und Leistungsdruck erfordert, laut dokumentiert sowie Verweise auf
der Arbeit wieder ein gesundes Maß zu geben. weitere Literaturangaben enthalten.
Dies ist eine wesentliche Voraussetzung für gute Ein Musterreferat kann – auch modulhaft – ge-
Arbeit, wie wir sie verstehen. nutzt werden, um das Thema auf Betriebsver-
sammlungen anzusprechen. Hierbei kann auch
Betriebspolitische Handlungsfähigkeit auf dem auf den Folienvortrag zurückgegriffen werden.
Feld der Arbeitszeit wird nur gesichert werden Ein Leitfaden mit einem Fragebogen zur Er-
können, wenn die Beschäftigten selbst an einer mittlung gesundheitlicher Gefährdungen
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Der Arbeitszeit-TÜV: Wie gesundheitsverträglich sind unsere Arbeitszeiten?
durch Arbeitszeiten soll neue betriebspoli- vielseitig eingesetzt werden kann: Es taugt zur
tische Wege erschließen. Er beruht auf den Bestandsaufnahme betrieblicher Arbeitszeitpro-
bisher nur ungenügend genutzten Rechten bleme ebenso wie zur Abwehr der nicht enden
und Instrumenten des Arbeitsschutzgesetzes wollenden Arbeitgeberforderungen nach Arbeits-
und kann sich auf die Mitbestimmung nach zeitverlängerung.
§ 87 Betriebsverfassungsgesetz stützen.
Neu hinzugekommen ist ein eigens für den Zu welchem Zweck auch immer der Arbeitszeit-
Arbeitszeit-TÜV entwickeltes Auswertungs- TÜV im Einzelnen verwendet wird – in jedem Fall
tool. Hiermit werden zum einen die ausge- bezieht er die Beschäftigten als Experten ihrer ei-
füllten Fragebögen genau erfasst und es genen Arbeitsbedingungen und ihrer Gesundheit
entsteht ein Belastungsprofil, das anzeigt, mit ein.
welche Arbeitszeitprobleme vorhanden sind.
Darüber hinaus werden die so ermittelten Ar- Die Arbeitsmappe „Der Arbeitszeit-TÜV“ ist ein
beitszeitbelastungen auch hinsichtlich ihrer Baustein in einer Reihe von Arbeitshilfen und
Gesundheitsverträglichkeit bewertet. Dies er- Instrumenten, die im Projekt Gute Arbeit für die
folgt durch ein hinterlegtes Punktesystem, das betriebliche Praxis entwickelt werden.
eine Ampelschaltung aktiviert. Hierbei werden
besonders beanspruchende Arbeitszeitfor- Diese Arbeitsmappe wurde in Zusammenarbeit
men mit mehr Punkten versehen als andere. mit dem Funktionsbereich Tarifpolitik erstellt.
Am Ende ergeben sich deutliche Hinweise,
ob und wobei ein Handlungsbedarf besteht. Frankfurt am Main im Juni 2006
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Der Arbeitszeit-TÜV: Wie gesundheitsverträglich sind unsere Arbeitszeiten?
Zu den Folien
Der hier vorliegende Folienvortrag „Der Arbeit
ein gesundes Maß geben – Arbeitszeit und
Gesundheit“ liegt auf der beiliegenden CD als
MS-Powerpoint- und Adobe Acrobat-Datei vor.
Er ist auch über das Internet im Download zu be-
ziehen: www.igmetall.de > Themen > Projekt
„Gute Arbeit“ > Arbeitszeit-TÜV.
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Folienvortrag: Der Arbeit ein gesundes Maß geben
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Der Arbeitszeit-TÜV: Wie gesundheitsverträglich sind unsere Arbeitszeiten?
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Folienvortrag: Der Arbeit ein gesundes Maß geben
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Folienvortrag: Der Arbeit ein gesundes Maß geben
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Folienvortrag: Der Arbeit ein gesundes Maß geben
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2.1 Zur Vorgehensweise rentung steht die Diagnose „Psychische und Ver-
„Länger, härter, schneller“, mit diesen Worten haltensstörungen“ bei Frauen auf Platz eins, bei
kann die Arbeitswelt von heute durchaus zutref- Männer nimmt sie den zweiten Platz ein. Tendenz:
fend charakterisiert werden. Viele Umfragen be- steigend.
stätigen seit langem: Zunehmende Leistungsver-
dichtung und ausufernde Arbeitszeiten nehmen Nur wenige sprechen über die Gesundheitsge-
den Menschen die Luft zum Atmen. Die Arbeits- fährdungen durch immer längere Arbeitszeiten
belastungen der modernen Arbeitswelt sind viel- und unergonomische Schichtpläne. Dabei ist
schichtig. Neben einer Vielzahl von körperlichen belegt, was die „Verflüssigung der Arbeitszeiten“
Belastungen wie schweres Heben und Tragen mit den Menschen anrichtet: Bei einer regelmäßi-
oder einseitige Körperhaltungen gewinnen die so gen Wochenarbeitszeit von über 40 Stunden stei-
genannten psychischen Belastungen seit Jahren gen gesundheitliche Beschwerden wie Nervosität,
an Bedeutung. Schlafstörungen und psychische Erschöpfung
dramatisch an – ein deutliches Warnsignal nach
Völlig unbeirrt von den jetzt schon bestehenden Aussagen von Arbeitszeitforschern. Auch die re-
Belastungen fordert eine Allianz von Arbeitgebern lative Unfallhäufigkeit steigt nach der achten Ar-
und Politikern die Verlängerung der Wochen- beitsstunde immens an, wie folgende Kurve zeigt:
arbeitszeit. Gerade so, als gäbe es nicht schon
Arbeit Rund-um-die-Uhr, nachts, am Wochenende
und an Feiertagen. Allzeitige Verfügbarkeit der
Beschäftigten ist ihre Devise, und das möglichst
ohne materiellen Ausgleich.
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Mal kann es um eine betriebliche Bestandsauf- Um ein Instrument zu haben, welches diesen Min-
nahme der Arbeitszeitprobleme gehen, mal um destanforderungen genügt und zugleich praktika-
das Initiieren einer Arbeitszeitkampagne. bel in der Anwendung ist, wurde der „Arbeitszeit-
TÜV“ entwickelt. Mittels eines Fragebogens soll
Wenn der Arbeitszeit-TÜV als Instrument zur Ge- die Gesundheitsverträglichkeit betrieblicher Ar-
fährdungsbeurteilung nach dem Arbeitsschutz- beitszeitregelungen gecheckt werden. Mit diesem
gesetz genutzt wird, sollte eine Betriebsvereinba- Fragebogen können nicht alle Einzelprobleme
rung (oder zu Beginn auch eine Regelungsabrede) oder Defizite ans Licht gebracht werden. Aber ers-
den konkreten Ablauf und das Verfahren regeln, te orientierende Spuren zu den Hauptproblemen
mit denen Gefährdungen durch Arbeitszeiten er- der betrieblichen Arbeitszeitgestaltung werden
mittelt und beurteilt werden. So sind etwa folgen- deutlich. Mit dem Auswertungstool werden die
de Fragen mit dem Arbeitgeber zu klären: Fragebogenergebnisse erfasst und nach arbeits-
Wann wird der Arbeitszeit-TÜV eingesetzt? wissenschaftlichen Erkenntnissen beurteilt.
Kommt er im gesamten Betrieb oder nur in
bestimmten Bereichen zur Anwendung? Wozu das alles? Arbeitswissenschaftliche
Wann werden die Beschäftigten informiert? Erkenntnisse zur Arbeitszeitgestaltung
Wer ist für die Durchführung verantwortlich? Es geht darum, diejenigen Arbeitszeitbelastun-
Was passiert mit den Ergebnissen der Befragung? gen ausfindig zu machen, die zu einer Über- oder
Fehlbeanspruchung der Beschäftigten und damit
Nach Auffassung der IG Metall sollten die Ermitt- möglicherweise zu einer gesundheitlichen Be-
lungsmethoden, die im Rahmen der Gefährdungs- einträchtigung führen können. Ergonomischere
beurteilung angewendet werden, zumindest fol- Arbeitszeitgestaltung ist das Ziel. Denn die Ar-
genden Anforderungen genügen: beitszeit spielt unter den zahlreichen Arbeitsbe-
die Beschäftigten selbst müssen als Ex- lastungen eine besondere Rolle. Jeder weiß: Es
perten ihrer eigenen Arbeitsbedingungen ist ein großer Unterschied für das eigene körper-
und ihrer Gesundheit beteiligt sein; liche und psychische Wohlbefinden, ob sieben
die Erhebung der Belastungen muss eingebet- oder neun Stunden am Tag gearbeitet werden.
tet sein in ein Verfahren, das die Mitbestim- Natürlich ist für die Gesundheit auch von Bedeu-
mung der Betriebsräte gewährleistet und vom tung, ob die Arbeitsleistung am Tag oder wäh-
Arbeitsaufwand her überschaubar bleibt; rend der Nacht erbracht wird. Hinzu kommt, dass
Transparenz bei der Erhebung bis zur Auswer- sich etwa Lärm- oder Gefahrstoffbelastungen
tung der Belastungen ist unabdingbar und nach neunstündiger Arbeitszeit nachweislich
Anonymität und Datenschutz ist im Inter- schädlicher auf den Organismus auswirken als
esse der Beschäftigten sicher zu stellen. nach nur sieben Stunden. Bei kürzerer Arbeits-
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zeit ist die Einwirkzeit geringer und die Regene- Organismus sinkt die Leistungsfähigkeit und die
rationszeit größer. Fehlerhäufigkeit bei der Arbeit steigt. Um dies zu
kompensieren, kommt es zu einer vermehrten
Arbeitswissenschaftliche Erkenntnisse zu Anstrengung und ein Teufelskreis von Überfor-
psychischen Belastungen und Beanspruchungen derung und Übermüdung kann entstehen. Eine
Negative psychische Beanspruchungsfolgen, schwere Form psychischer Ermüdung bildet das
die es durch eine Verringerung von psychischen so genannte Burn-out-Syndrom. Mittlere oder
Arbeitsbelastungen zu vermeiden gilt, damit es schwere Ermüdungsgrade entstehen häufig durch
nicht zu Gesundheitsschäden kommt, sind etwa: überlange tägliche oder wöchentliche Arbeits-
zeiten sowie durch unergonomisch gestaltete
■ Stress Schichtsysteme.
In der Arbeitswissenschaft verstanden als ein Zu-
stand angstbedingt erregter Gespanntheit. Er tritt Aus diesen Gründen kommt die Arbeitswissen-
dann auf, wenn die subjektiven Bewältigungs- schaft zu folgenden Empfehlungen:
möglichkeiten des Menschen mit den objektiven Die regelmäßige tägliche Arbeitszeit soll-
Arbeitsanforderungen nicht oder vermeintlich te acht Stunden nicht überschreiten.
nicht zusammenpassen. Stress ist häufig die Zwischen Arbeitsende und erneutem Ar-
Folge von quantitativer Überforderung (Zeit- und beitsbeginn muss genügend Zeit zur Re-
Termindruck, hohes Arbeitspensum) oder auch generation sein. Genauer gesagt: Im
qualitativer Überforderung (keine ausreichende 24-Stunden-Zyklus soll die Arbeit und
Qualifizierung zur Erledigung der Arbeitsaufgabe, die vollständige Erholung stattfinden.
Entscheidungszwang ohne ausreichende Informa- Belastungsnahe Zeitausgleiche nach
tion, widersprüchliche Arbeitsaufgabe). langen Arbeitstagen sowie eine be-
lastungsangemessene Pausengestal-
■ Psychische Ermüdung tung sollen ermöglicht werden.
Hierunter versteht man eine „vorübergehende Ergonomische Schichtplangestaltung: kei-
Beeinträchtigung der psychischen und körper- ne Dauernachtschichten, sondern möglichst
lichen Funktionstüchtigkeit, die von Intensität, kurze Nachtschichtblöcke sowie kurze vor-
Dauer und Verlauf der vorangegangenen psy- wärtsrollierende Schichtrhythmen (weitere
chischen Beanspruchung abhängt“ (DIN EN ISO Gestaltungsempfehlungen zur Schichtarbeit
100075-1:2000). Mit der Funktionstüchtigkeit des finden sich im Anhang dieser Arbeitsmappe).
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Der Arbeitszeit-TÜV: Wie gesundheitsverträglich sind unsere Arbeitszeiten?
Belastungsfolgen (in diesem Punkt fragt er kungen und Hinweise“ sind die Beschäftigten
nach den Auswirkungen des Arbeitszeit- aufgefordert, ihre Sichtweise auf das jeweilige
modells auf die Gesundheit und das sozi- Arbeitszeitproblem zu dokumentieren. Dies ist
ale Wohlbefinden der Beschäftigten). kein Muss, sondern eine Chance, aus der sich
auch wichtige Aufschlüsse für verbessernde
Betriebliche Kooperation Maßnahmen ergeben können. Allerdings müssen
Der Arbeitszeit-Check erfordert die Kooperation solche Abweichungen vom Fragebogen manuell
von Betriebsratsmitgliedern aus Entgeltausschüs- ausgewertet werden. Dies kann die Software logi-
sen oder betrieblichen Zeitkommissionen mit scherweise nicht leisten.
denen des Arbeitssicherheits- bzw. Arbeits- und
Gesundheitsschutzausschusses. Denn das Thema Information und Sensibilisierung
„Gesundheitsverträglichkeit von Arbeitszeiten“ Bevor der Fragebogen zum Einsatz kommen kann,
hat eine große Schnittmenge zwischen betriebli- muss es eine Beschäftigteninformation über Sinn
cher Tarif- und Arbeitsschutzpolitik. und Zweck der Befragung geben. Hierzu können
sehr unterschiedliche Wege gewählt werden. In
Fragebogen nach Baukastensystem Betrieben mit funktionierenden Vertrauenskör-
Der Fragebogen kann variabel gestaltet werden, pern haben diese sicherlich eine wichtige Aufga-
je nach den betrieblichen Bedingungen und Pro- be hinsichtlich der Vorabinformation und Sensibi-
blemen. Soll der Fragebogen etwa in einer Abtei- lisierung der Beschäftigten. Hierzu kann auch Teil
lung eingesetzt werden, in der es keine Schicht- 4 des Fragebogens zu Belastungsfolgen erst mal
arbeit gibt, dann muss der Teil zur Schichtarbeit vorab eingesetzt werden. Die weitere umfassende
natürlich ausgespart werden. Gleichfalls gilt: Gibt Befragung sollte natürlich folgen.
es im Betrieb Probleme oder Belastungen, die im
Fragebogen nicht angesprochen sind, so müssen Unterweisung
sie ergänzt werden. Der Zuschnitt auf die konkre- Wird der Fragebogen im Sinne der Gefährdungs-
ten betrieblichen Bedingungen ist unerlässlich. beurteilung nach dem Arbeitsschutzgesetz einge-
Dies gilt für die abgefragten Belastungen ebenso setzt, muss die Unterweisung nach § 12 ArbSchG
wie für den Kopf des Fragebogens. hierbei genutzt werden. Dies vor allem dann,
wenn diese Form der Information betrieblich be-
Offene Spalte – Hinweise von Beschäftigten kannt ist und Anwendung findet. Die Pflicht zur
Ferner beinhaltet der Fragebogen eine „offene Unterweisung liegt beim Arbeitgeber und kann
Spalte“. Unter der Überschrift „Weitere Anmer- mitbestimmt ausgestaltet werden.
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deutend sind, das sie für sich genommen bereits kenntnissen vorgenommen werden kann. Das
„roten Alarm“ auslösen. So können etwa die Tool in Form einer MS-Excel-Datei befindet sich
Merkmale „häufige Überschreitung der täglichen auf beiliegender CD-ROM.
Arbeitszeit von acht Stunden“ gekoppelt mit
„permanentem Leistungsdruck“ und „Schlafstö- Was tun mit den Ergebnissen der Auswertung?
rungen“ die Ampel auf rot schalten. Aber auch Die Handlungsanforderungen an die betriebliche
das Einzelmerkmal „Dauernachtschicht“ löst Interessenvertretung ergeben sich aus den aus-
Handlungsbedarf aus. gewerteten Befragungsergebnissen. In manchen
Fällen werden kleine Korrekturen einzelner be-
In der praktischen Handhabung ist eine Auswer- trieblicher Regelungsfragen genügen. In anderen
tung ohne EDV-Unterstützung sehr mühevoll. Fällen können die erforderlichen Maßnahmen
Darum haben wir ein Auswertungstool erstellt, über die Reduzierung der tatsächlichen Arbeits-
in dem Punktetabellen hinterlegt sind und eine zeiten bis hin zur Entwicklung neuer Schichtpläne
Beurteilung nach arbeitswissenschaftlichen Er- reichen.
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Der Arbeitszeit-TÜV: Leitfaden zur Überprüfung der Gesundheitsverträglichkeit von Arbeitszeiten
Allgemeine Fragen
Abteilung/Bereich* ..........................................
Geschlecht* ..................................................... m w
Wer nicht in Schichtarbeit tätig ist, kann gleich zu Punkt 3 weiter gehen.
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2 Schichtarbeit ja nein
2.4 Die regelmäßige Dauer der Schicht beträgt über 8 Stunden ......................................................
2.6 Es kommt immer wieder vor, dass ich Mehrarbeit leiste (nach einer normalen
Schicht von 7 oder 8 Stunden, an Samstagen oder als sonstige Zusatzschichten) ....................
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Der Arbeitszeit-TÜV: Leitfaden zur Überprüfung der Gesundheitsverträglichkeit von Arbeitszeiten
3.3 Arbeitsbeginn und/oder Arbeitsende verändern sich kurzfristig (1-2 Tage) .........
3.4 Es kommt vor, dass meine Arbeitszeit nicht planbar ist .......................................
4.3 Wenn ich zur Arbeit gehe und auch nach einem
Wochenende fühle ich mich nicht ausgeruht .......................................................
4.4 Meine Arbeit laugt mich so aus, dass ich gar nicht mehr zur Ruhe komme ..........
4.6 Mein privates und soziales Leben wird durch meine Arbeitszeit beeinträchtigt ...
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Der Arbeitszeit-TÜV: Leitfaden zur Überprüfung der Gesundheitsverträglichkeit von Arbeitszeiten
Tabellenblatt „Belastungsfolgen“
Das Tabellenblatt „Belastungsfolgen“ schließt die
Dateneingabe für eine einzelne Person ab. Dazu
ist nach Beantwortung der einzelnen Fragen ein
Mausklick auf den rot unterlegten Button „Spei-
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Der Arbeitszeit-TÜV: Wie gesundheitsverträglich sind unsere Arbeitszeiten?
Tabellenblatt „Rohdaten“
Das Tabellenblatt „Rohdaten“ „sammelt“ alle ein-
gegebenen Daten. Durch einen Mausklick werden
Analyse und Berechnung gestartet. In Folge ist
erkenntlich, wie viel Prozent der Befragten mit
„Nie“, „Selten“, „Oft“ oder „Immer“ geantwor-
tet haben. Dies gilt für alle vier Fragenbereiche:
Auswertung Dauer der Arbeitszeit (Tabellenblatt
„AuswD“), Auswertung Schichtarbeit (Tabellen-
blatt „AuswS“), Auswertung Flexibilisierung der Tabellenblatt „Ampeldaten“
Arbeitszeit (Tabellenblatt „AuswF“) und Auswer- Das Tabellenblatt „Ampeldaten“ gibt Auskunft
tung Belastungsfolgen (Tabellenblatt „AuswB“). über die absolute und prozentuale Verteilung der
Befragten einer Abteilung oder Kostenstelle im
Weitere Auswertungen gibt es für Geschlecht und roten, gelben oder grünen Ampelbereich – ent-
Alter der befragten Beschäftigten (Tabellenblätter sprechend der erworbenen Punktwerte. Durch
„AuswGeschlecht“ und „AuswAlter“). Die Balken- Anklicken des Buttons „Berechnen“ und dem
diagramme erscheinen in verschiedenen Grautö- gewünschten „Ampeldiagramm“ erhält man die
nen. Sollen diese farbig dargestellt werden, reicht entsprechenden Ergebnisse als Kuchendiagramm,
ein Doppel-Mausklick auf die Balken, im anschlie- sortiert nach den Ampelfarben grün, gelb und rot.
ßenden Excel-Dialog kann die neue Balkenfarbe
ausgewählt werden (s. Abbildung). Eigenes Bearbeiten
Achte bitte darauf, alle Zellen, in denen sich For-
meln befinden, nicht zu ändern! Wir empfehlen,
nur mit Kopien der Excel-Datei zu arbeiten, um
immer wieder zum Originaltool zurückkehren zu
können. Wir empfehlen auch, für jede Abteilung/
jeden Betriebsbereich eine eigene Analyse mit
Hilfe einer Kopie der Excel-Arbeitsmappe durch-
zuführen.
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Musterrede: Länger arbeiten – Angriff auf Beschäftigung, Einkommen und Lebensqualität
3 Musterrede
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Der Arbeitszeit-TÜV: Wie gesundheitsverträglich sind unsere Arbeitszeiten?
hat etwas gespenstisch Ideologisches. Denn mit ca. 55 Prozent der Beschäftigten ein Arbeitszeit-
unbezahlter Zusatzarbeit werden die Arbeitsplät- konto – prozentual mehr als in der Gesamtwirt-
ze bei gleicher Auftragslage nicht sicherer, im schaft.
Gegenteil. Wenn ohne verbesserte Auftragslage
alle Beschäftigten 5 Stunden länger arbeiten Tarifliche Regelungen zu Flexikonten gibt es in
würden, wäre jeder siebte Arbeitsplatz in Gefahr. verschiedenen Organisationsbereichen der IG
Denn 6 Beschäftigte zu je 40 Wochenstunden Metall. Tarifregelungen zu Langzeitkonten gibt
leisten rechnerisch die gleiche Anzahl von Wo- es in der Metall- und Elektroindustrie in Baden-
chenstunden wie 7 zu je 35 Wochenstunden. Württemberg und Nordrhein-Westfalen sowie in
Ohne verbesserte Auftragslage wäre rein rechne- der Stahlindustrie und in einzelnen Firmentarif-
risch eine Stelle überflüssig. verträgen. In größeren Betrieben der Metall- und
Elektroindustrie existieren auf Basis der Tarifver-
Der Engpass liegt nicht bei der Arbeitszeit, er träge oft Hunderte verschiedene Arbeitszeitmo-
liegt bei der Auftragslage und der Produktion. delle.
Dem Problem einer mangelnden Auslastung von
Unternehmen kann nicht durch Arbeitszeitver- Unsere Tarifverträge eröffnen den Betrieben
längerung begegnet werden. In den Forderungen bei der Arbeitszeit weitgehende Möglichkeiten
nach genereller Arbeitzeitverkürzung oder nach der Variabilisierung nach unten, zum Beispiel
Streichung von Feiertagen offenbart sich einzig zur Beschäftigungssicherung, aber auch solche
und allein ein fataler „makroökonomischer Anal- nach oben. Den Rahmen hierfür haben wir durch
phabetismus“. den Tarifabschluss 2004 noch weiter ausge-
baut. Es lässt sich nicht verleugnen: Wir haben
Verschwiegen wird immer, dass die tatsächlichen in Deutschland die flexibelsten Arbeitszeiten in
Arbeitszeiten in Deutschland mit 39,9 Stunden Europa.
pro Woche im europäischen Mittelfeld liegen.
Und dass die Flexibilität in Deutschland bereits Dies zeigt, dass das Anliegen der Arbeitgeber
heute einen Spitzenplatz einnimmt. Dies gilt be- ein anderes ist: Sie wollen das Rezept einlösen,
sonders für die Metall- und Elektroindustrie. Es das der „Chef-Wirtschaftsforscher“ Hans-Werner
gibt die unterschiedlichsten Schichtsysteme, es Sinn in bemerkenswerter Offenheit vorgetragen
gibt Kurzfrist- und Mittelfristkonten sowie einige hat: „Kurzfristig hilft … nur, billiger zu werden.
Langfristkonten. Nach den Zahlen einer von Ge- Und der einfachste Weg billiger zu werden, ist,
samtmetall in Auftrag gegebenen Beschäftigten- länger zu arbeiten. Dazu brauchen wir die allge-
befragung des Instituts Demoskopie Allensbach meine 42-Stunden-Woche, und zwar ohne Lohn-
2002 haben in der Metall- und Elektroindustrie ausgleich“ (Osnabrücker Zeitung 4.10.2004).
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Musterrede: Länger arbeiten – Angriff auf Beschäftigung, Einkommen und Lebensqualität
Die Arbeitgeber wollen die von Herrn Sinn (der wettbewerbsfähiger geworden – dies bestätigt
zutreffender „ Herr Unsinn“ heißen sollte) pro- selbst die Deutsche Bundesbank.
pagierte Verlängerung der Arbeitszeit und diese
unentgeltlich! Aber bereits 40 Stunden ohne Außerdem: Wenn alle Betriebe die Lohnkosten
Lohnausgleich, wie von vielen Metall-Arbeitge- einfach senken würden, wäre der Wettbewerbs-
bern eingefordert, also 5 Stunden unbezahlte vorteil für Einzelne schnell wieder weg. Alle
Mehrarbeit in der Woche, würde bedeuten, Beschäftigten hätten in der Folge ein geringeres
dass die Beschäftigten ihnen mindestens 14,3 Einkommen und/oder höhere Arbeitszeiten. Sie
Prozent ihres Einkommens „schenken“. Das könnten dann noch weniger Güter und gebotene
sind durchschnittlich 300 bis 400 Euro pro Mo- Dienstleistungen kaufen – die inländische Nach-
nat. frage würde noch weiter eingeschränkt. Wo aber
keine ausreichende Nachfrage ist, hilft auch keine
Die Arbeitgeber würden diese Mehrleistung ihrer längere Arbeitszeit.
Belegschaft umsonst bekommen. Damit wäre
aber noch lange nicht gesagt, dass sie diesen Wir sind bekanntlich Exportweltmeister. Aber wer
Zusatzgewinn auch in die Zukunft des Betriebs einseitig auf den Export setzt, sichert und schafft
investieren. Er kann ebenso in ihre eigenen Ta- langfristig keine Arbeitsplätze in Deutschland.
schen oder die der Aktionäre fließen. Ein solches Denn auch in andern Ländern können wir unsere
„Geschenk“ löst die Probleme nicht. Eine reine Produkte nur verkaufen, wenn Menschen dort
Kostenreduzierung ist keine Zukunftsperspektive! auch Arbeit und Einkommen haben und hierdurch
Nicht für Betriebe und schon gar nicht für die Be- zusätzliche Nachfrage entsteht. Wenn wir durch
schäftigten! längere unbezahlte Arbeit einen Lohndumping-
Wettbewerb in Europa anzetteln, stehen wir in ein
Auch die Behauptung, die hohen Lohnkosten paar Jahren in ganz Europa mit niedrigeren Löh-
würden die internationale Wettbewerbsfähigkeit nen, weniger Freizeit und mehr Arbeitslosen da.
der deutschen Wirtschaft beeinträchtigen, ist
nicht haltbar. Die Lohnkosten kann man nicht Ergo: Die knallharte Debatte über längere Arbeits-
getrennt von der Produktivität betrachten. Tatsa- zeiten ist in Wirklichkeit nur ein verkappter Ver-
che ist, dass auf Grund der hohen Produktivität teilungskampf. Besser wäre es, wenn sich die Un-
in Deutschland, die Lohnstückkosten seit Jahren ternehmer auf ihre ureigenen unternehmerischen
langsamer steigen als in den wichtigsten Han- Aufgaben besinnen würden: Die bestehen darin,
delspartnerländern. Die Zahlen zeigen eindeutig, bei einheitlichen Wettbewerbsvoraussetzungen
was die Kostenseite angeht, ist die deutsche durch gute Qualität, guten Service, durch eine
Wirtschaft in letzter Zeit nicht schwächer, sondern effiziente Produktion und Verwaltung und einen
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Der Arbeitszeit-TÜV: Wie gesundheitsverträglich sind unsere Arbeitszeiten?
optimalen Einsatz qualifizierter Arbeitskräfte mehr Arbeitsstunden im Jahr leisten. Sie sollen
hohe Produktivität und Erfolg zu erzielen – anstatt dieses höhere Pensum auch noch einige Jahre
auf Dumping zu setzen. länger durchhalten – denn auch die Lebensar-
beitszeit soll verlängert werden. Für die meisten
Werden die Beschäftigen als reine Kostengrößen ist die Rente zukünftig erst mit 65 Jahren drin,
oder fremdgesteuerte, maschinenähnliche Wesen und in Rede steht ein Mindestalter von 67.
betrachtet, bleibt Entscheidendes ausgeblendet.
Bei der Entwicklung der Produktivität spielen die Mehr Arbeitspensum und gestiegene Intensität
Beschäftigten eine zentrale Rolle. Sie funktionie- – und das bis ins hohe Alter: Wer hält das durch?
ren jedoch nicht nach dem Motto: je länger die Steigende Arbeitszeiten verweisen auch auf ein
Laufzeit, desto größer der Ausstoß. Sie sind ge- Problem bei den Leistungsbedingungen. Der Leis-
sellschaftliche Wesen mit „rückgekoppelten bio- tungsdruck ist insgesamt enorm gestiegen. Nach
logischen Systemen“ – wie Arbeitswissenschaft- den Zahlen der ISO-Studie sagen 42 Prozent der
ler dies nennen. Beschäftigten, dass sie „praktisch immer“ oder
„häufig“ unter Druck stehen, 28 Prozent sagen
Was heißt das Ganze nun für die Beschäftigten? „manchmal“. Dabei steigt der Zeit- und Leistungs-
Für sie haben sich die realen durchschnittlichen druck klar erkennbar mit der Anzahl der Arbeits-
Arbeitszeiten in den letzten Jahren bereits ver- stunden an.
längert. Zum Beispiel durch die verbreitete An-
wendung flexibler Arbeitszeitkonten, wobei die Die Beschäftigten reagieren zu 95 Prozent mit
Zeitguthaben nicht immer ausgeglichen werden, Arbeitsintensivierung (z. B. Erhöhung des Arbeits-
durch die betriebliche Erhöhung des Anteils der tempos, erhöhte Konzentration, Verzicht auf Pau-
40-Stünder, durch den Anstieg des Mehrarbeits- sen) und zu 75 Prozent mit Arbeitsextensivierung,
volumens oder auch durch die wachsende Zahl also mit einer Arbeitzeitverlängerung.
betrieblicher Regelungen zur Arbeitszeitverlänge-
rung. Neue Managementstrategien zielen allein Arbeit unter derart hohem Zeit- und Leistungs-
auf das Arbeitsergebnis, die Arbeitszeitdauer wird druck bleibt nicht ohne Auswirkungen auf das
zur variablen Restgröße – auch dadurch wird das Wohlbefinden und die Gesundheit der Beschäf-
„Gummiband“, das die realen Arbeitszeiten an tigten. Gesundheitliche Beschwerden wie Rü-
die vertraglichen knüpft, immer länger. ckenschmerzen, Kopfschmerzen, Nervosität,
psychische Erschöpfung, Schlafstörungen, Ma-
Gegenwärtig sieht es so aus, als müssten die Be- genschmerzen und Herz- und Kreislaufprobleme
schäftigten „doppelt herhalten“: Sie sollen nicht sind inzwischen weit verbreitet und sie nehmen
nur täglich und wöchentlich länger arbeiten und mit steigenden Arbeitszeiten deutlich zu.
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Musterrede: Länger arbeiten – Angriff auf Beschäftigung, Einkommen und Lebensqualität
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Der Arbeitszeit-TÜV: Wie gesundheitsverträglich sind unsere Arbeitszeiten?
zialen Kontakte, die Zeiten für Familie, Kultur und Arbeitszeitflexibilisierung und Arbeitszeitverlänge-
gesellschaftliches Engagement. rung ist etwas prinzipiell Unterschiedliches. Den-
noch wissen wir, dass sich mit der Arbeitszeitflexi-
Wenn ganze Belegschaften unter dem gegenwär- bilisierung und speziell mit den Arbeitszeitkonten
tigen Wettbewerbsdruck und nach Verlagerungs- eine Grauzone entwickelt. Bezahlte Überstunden
oder Schließungsdrohungen den eingeforderten gehen zurück, übertragbare Überstunden werden
Arbeitszeitverlängerungen dennoch zustimmen, auf den Arbeitszeitkonten manchmal in Überfülle
dann ist das meist die nackte Angst um den Ar- geparkt – und in einigen Fällen am Schluss dann
beitsplatz, die über die Interessen an kürzeren Ar- doch als normale Stunden ausbezahlt oder sie
beitszeiten siegt. verfallen. Die Übergänge zwischen Flexibilisierung
und Verlängerung der Arbeitszeit werden fließen-
Dabei sind die Arbeitszeitinteressen der Beschäf- der.
tigten durchaus nicht gleich, es gibt beträchtliche
Unterschiede. Flexible Arbeitszeitmodelle, unter Die Kunst bei der Gestaltung von Arbeitszeitkon-
anderem auch Arbeitszeitkonten, finden auch ten, insbesondere bei der Gestaltung von Lang-
deshalb hohe Zustimmung bei den Beschäftigten zeitkonten besteht deshalb darin, Mechanismen
(nach Allensbach 2002: bei 71 Prozent der Beschäf- zu etablieren, mit denen verhindert werden kann,
tigten). Allerdings – und das ist wichtig – abhängig dass die Arbeitszeitkonten „unter der Hand“ zu
von ihrer Ausgestaltung! Wenig Zustimmung be- einer auf Dauer angelegten Verlängerung von Ar-
kommen Modelle, die die Arbeitszeit einseitig an beitszeit führen. Dies kann durch transparente und
den Bedürfnissen der Kunden und der Auftragslage verbindliche Abbauregelungen geschehen.
ausrichten (23 Prozent).
Außerdem spricht viel dafür, auch unterschiedliche
Flexible Arbeitszeitregelungen werden von den Be- Arbeitszeithöhen für bestimmte Beschäftigten-
schäftigten umso positiver bewertet, je größer ihre gruppen ins Auge zu fassen. Z.B. kürzere Arbeits-
Einflussmöglichkeiten auf die Zeitgestaltung sind. zeiten für besonders belastete Beschäftigtengrup-
Wir haben in der Schlussfolgerung daraus folgende pen wie Schichtarbeiterinnen und Schichtarbeiter.
Kriterien für flexible Arbeitszeitmodelle formuliert:
Gerade bei der Arbeitszeit können wir zukünftig
Sie müssen von den Einzelnen beeinflussbar, ge- nicht mehr einfach Vorgehensweisen FÜR die Be-
staltbar und individuell planbar sein. Dabei kommt schäftigten festlegen, sondern wir müssen MIT ih-
der Systematik und den Rechten für die Beschäf- nen Regelungsvorschläge erarbeiten. Denn mehr
tigten beim Auf- und Abbau der Konten ein beson- als früher müssen die Beschäftigten heute selbst
deres Augenmerk zu. Grenzen setzen. Dies ist eine alltägliche Erfahrung
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Musterrede: Länger arbeiten – Angriff auf Beschäftigung, Einkommen und Lebensqualität
aus den Betrieben und aus unserer Initiative „Ar- Gerade in Zeiten, in denen der Druck in Richtung
beiten ohne Ende? Meine Zeit ist mein Leben“. abweichender Regelungen und längerer Arbeits-
zeiten zunimmt, ist es wichtig, die Politikfähigkeit
Tarifverträge und betriebliche Regelungen sollten in den Betrieben zu stärken. Ein Baustein dafür
den Beschäftigten Hilfestellungen bieten, „Hal- ist eine neue Arbeitszeitdebatte, die in Zukunft
tegriffe“ , die es erlauben, mehr Einfluss auf die verstärkt auch unter Gesundheits-, Alterns- und
eigene Arbeitszeit zu nehmen. Sie sollten „Mit- Familienaspekten geführt werden sollte.
bestimmungsschwellen“ definieren, d.h. Situati-
onen beschreiben, bei denen der Betriebsrat ins Ein zweiter Baustein geht über reine Fragen der
Spiel kommt und verbindlich mitbestimmen kann. Arbeitszeitgestaltung hinaus. Wir sind gefordert,
der „Standort“-Erpressung eine koordinierte Be-
Tarifliche Arbeitszeitpolitik ist von tariflicher und triebs- und Tarifpolitik entgegenzusetzen.
betrieblicher Leistungspolitik nicht mehr zu tren-
nen. Dabei gilt es sowohl in der Tarifpolitik als Wir dürfen uns nicht ausspielen lassen!
auch in der Betriebspolitik den Anforderungen Die IG Metall hat verbindliche Koordinierungsre-
des Arbeits- und Gesundheitsschutzes Rechnung geln für betriebliche Tarifverhandlungen aufge-
zu tragen. Auf folgende Punkte ist zu achten: stellt. Zu diesen Regelungen gehört unter ande-
Durch tarifliche und betriebliche Leis- rem, dass abweichende Tarifvereinbarungen in
tungsregulierung sollte die Intensivie- Form von Arbeitszeitverlängerungen nur als abso-
rung der Arbeit begrenzt werden lute Ausnahme zugelassen werden.
Zeitausgleiche sollten immer mög-
lichst belastungsnah erfolgen Für die IG Metall haben andere Lösungen Vorrang.
Dabei geht es nicht um längere Arbeitszeiten,
Auf belastungsangemessene Pausen-
sondern um verbesserte Abläufe, qualifizierte
gestaltung sollte geachtet werden
Arbeit und zeitgemäße Arbeitszeitmodelle.
Die im Arbeitsschutzgesetz verankerte Ge-
sundheitsverträglichkeitsprüfung von Ar- Wem gehört die Zeit? Wer bestimmt das Maß der
beitzeit und die Mitbestimmungsrechte der Arbeit – die Anforderungen des Marktes oder die
Betriebsräte sollten voll genutzt werden Leistungsfähigkeit und die Zeitbedürfnisse der
Und nicht zuletzt sollten die Beschäf- Menschen? Diese Fragen sind aktueller denn je.
tigten als „Experten ihrer eigenen Die Debatte darüber muss in den Gewerkschaften
Gesundheit“ in die betrieblichen Dis- und in der Gesellschaft erneut mit Nachdruck ge-
kussionen einbezogen werden. führt werden.
43
Der Arbeitszeit-TÜV: Wie gesundheitsverträglich sind unsere Arbeitszeiten?
4 Anhang
4.1 Menschen sind keine Maschinen listischen Gründen oder weil man die dann aus
von Prof. Friedhelm Nachreiner ökonomischer Perspektive rechnerisch sich erge-
benden personellen Überkapazitäten abbauen zu
Menschen sind keine Maschinen. Längere Ar- können glaubt – kaum propagieren.
beitszeiten bedeuten nicht automatisch höhere
Produktivität, sie führen aber zu mehr Unfällen Denn aus arbeitswissenschaftlicher Sicht sehen
und Krankheiten die Dinge deutlich anders aus. Wie empirisch
bereits seit den 30er oder 60er Jahren des letz-
Der Ruf nach Verlängerung der Arbeitszeiten wird ten Jahrhunderts klar belegt, ist diese Annahme
immer lauter, insbesondere aus Kreisen der Ar- schlicht und ergreifend falsch. Menschen sind
beitgeber wie der Politik. Begründet wird dies mit keine Maschinen und ihr Arbeitsergebnis ist nicht
der Notwendigkeit der Kostensenkung bei gleich- strikt proportional zur Arbeitszeit. So haben etwa
zeitiger Erhöhung der Produktivität. Durch die Untersuchungen von Otto Graf vom Kaiser Wil-
Verlängerung der Arbeitszeiten – und zwar bezo- helm Institut für Arbeitsphysiologie bereits in den
gen auf die tägliche, wöchentliche, jährliche wie 30er Jahren gezeigt, dass durch den gezielten und
die Lebensarbeitszeit – könne bei den in Deutsch- nach arbeitswissenschaftlichen Kriterien gestal-
land herrschenden geringen Arbeitszeiten (bei teten Einsatz von Pausen mit weniger Arbeitszeit
gleichen Lohnkosten) mehr produziert, damit eine mehr Leistung erzielt werden kann. Graf war es
Verbesserung der Produktivität erreicht und darü- auch, der in den 60er Jahren mit Felduntersuchun-
ber die Wettbewerbsfähigkeit auf dem Weltmarkt gen belegt hat, dass die damaligen Verkürzungen
sichergestellt werden, lautet die Begründung. der Arbeitszeit nicht mit Produktivitätseinbußen
verbunden waren, in der Regel war das Gegenteil
Mehr Zeit, größerer Ausstoß der Fall.
Dahinter steckt offensichtlich die Vorstellung vom
Menschen als einer fremdgesteuerten Maschine, Ermüdung, Monotonie, Sättigung
und zwar mit linearen Kennlinien, die man kür- Die genaue Beobachtung und Analyse menschli-
zer oder länger laufen lassen kann: Je länger die cher Arbeit zeigt auch, warum das so war und ist.
Laufzeit, desto größer der Ausstoß. Oder anders Menschen sind eben keine Maschinen, sondern
herum: Wenn man Menschen eine Stunde länger selbst gesteuerte, rückgekoppelte biologische
arbeiten (oder eingeschaltet) lässt, bekommt Systeme mit nicht-linearen Kennlinien. Das hat
man auch eine proportional größere Arbeitsmen- u.a. etwas mit den Aus- oder Rückwirkungen der
ge, also 1/8 oder 1/38 mehr heraus. Ansonsten Arbeit auf den Menschen zu tun, also z.B. mit Er-
könnte man solche aus arbeitswissenschaftlicher müdung, Monotonie, Sättigung oder herabgesetz-
Sicht unsinnigen Forderungen – außer aus popu- ter Aufmerksamkeit, aber auch mit Motivation,
44
Anhang
Zielsetzungen, Selbsteinschätzung und der Opti- besteht: Mit der Zunahme der wöchentlichen Ar-
mierung des Einsatzes der eigenen Ressourcen. beitszeit steigt die Häufigkeit der Beschwerden,
Tätigkeiten und Leistungen, die sich über sechs und zwar nicht nur im Extrembereich. Auch hier
Stunden ohne Beeinträchtigungen durchhalten zeigt sich, dass längere Arbeitszeiten nicht effi-
lassen, kann man nicht zwangsläufig auch über zienter sind; vielleicht sollte man auch derartige
acht oder neun oder noch mehr Stunden beein- Effekte bei den ökonomischen Rechenkunststü-
trächtigungsfrei durchhalten, weswegen die Ar- cken berücksichtigen.
beitenden bei längeren Arbeitszeiten ihren Kräfte-
einsatz prospektiv anders steuern, und zwar von Soziale Teilhabe
Anfang an. Im Leistungssport erscheint das offen- Schließlich sei noch der Hinweis erlaubt, dass im
sichtlich und für jeden nachvollziehbar: Niemand europäischen Vergleich die Länder mit den längs-
würde dort wohl auf die Idee kommen, von einem ten Arbeitszeiten nicht unbedingt die produktivs-
100- Meter-Läufer zu verlangen, in der zehnfachen ten sind.
Zeit 1 000 Meter zu laufen.
Aber Arbeitszeitgestaltung hat neben dem Leis-
Unfallrisiko steigt exponentiell tungs- und Beanspruchungsaspekt immer auch
Neuere Analysen des Unfallrisikos in Abhängig- einen weiteren Aspekt zu berücksichtigen, den
keit von der Arbeitszeit zeigen darüber hinaus, der sozialen Teilhabe. Die Verteilung der Zeit stellt
dass das Risiko meldepflichtiger wie tödlicher ein Nullsummenspiel dar: Die Ausdehnung der
Arbeitsunfälle jenseits der siebten oder achten Arbeitszeit muss zwangsläufig mit einer Verringe-
Arbeitsstunde, wie theoretisch zu erwarten, expo- rung anderer Zeitanteile einhergehen. Da die Zei-
nentiell ansteigt. ten für Schlaf und andere Elemente (Wegezeiten,
persönliche Bedürfnisse) relativ konstant sind,
Beschwerden häufen sich kann eine Verlängerung der Arbeitszeit nur durch
Zwar sind solche Unfälle relativ seltene Ereig- Verkürzung der Erholungs- und der frei verfügba-
nisse, der Verlauf des Unfallrisikos weist jedoch ren Zeiten für soziale Aktivitäten in der Familie,
darauf hin, dass die Effektivität und Effizienz der im Freundes- und Bekanntenkreis wie in gesell-
Arbeit mit zunehmender Arbeitsdauer, bedingt schaftlichen Organisationen erfolgen. Nun zeigen
durch die Rückwirkungen der Arbeit auf die Leis- die Ergebnisse zu den Effekten der Schichtarbeit,
tungsvoraussetzungen, exponentiell abnimmt. für die diese Verkürzung der für soziale Aktivitä-
Vorläufige Analysen des Zusammenhangs von ten verfügbaren Zeit charakteristisch ist – ebenso
gesundheitlichen Beschwerden und der Dauer wie übrigens bei einigen Formen flexibler Arbeits-
der wöchentlichen Arbeitszeit lassen erkennen, zeiten – dass damit z.T. erhebliche Beeinträchti-
dass auch hier offensichtlich ein Zusammenhang gungen der sozialen Teilhabe verbunden sind, mit
45
Der Arbeitszeit-TÜV: Wie gesundheitsverträglich sind unsere Arbeitszeiten?
negativen Auswirkungen auf die Arbeitenden, ihre schichtblöcke möglichst kurz sein, so dass eine
Familien, aber auch auf ihr gesellschaftliches / Anpassung vom Körper gar nicht erst eingeleitet
politisches Umfeld. wird. Hinzu kommt, dass durch kurze Nacht-
schichtphasen die Ansammlung eines Schlafdefi-
Risiken gegenrechnen zits vermieden wird.
Die Frage aus arbeitswissenschaftlicher Pers-
pektive muss daher auch sein, ob Arbeitszeitver- Was die „Dauernachtarbeitssysteme“ betrifft, so
längerungen sozialverträglich sind, oder ob hier besteht auch hier vielfach bei den Beschäftigten
Risiken eingegangen werden, die gesellschaftlich der Eindruck, das sie sich ganz gut an die Nacht-
nicht vertretbar sind oder zu ihrer Kompensation arbeit angepasst haben. Trotzdem gilt auch für
erhöhte Aufwendungen an anderen Stellen (z.B. diese Arbeitszeitform, dass eine Anpassung letzt-
des Gesundheitssystems) erfordern, und die man lich nur stattfindet, wenn es keinerlei Bezug zur
in den ökonomischen Bewertungen eigentlich normalen Tageszeit gibt. Jeder freie Tag hebt die
auch gegenrechnen müsste. Teilanpassung wieder auf.
46
Anhang
am Wochenende deutlich höher ist als in der Wo- von Spät auf Früh (Rückwärtswechsel) nur acht
che. Möglich wären beispielsweise Freitag und Stunden.
Samstag, Samstag und Sonntag oder Sonntag
und Montag. 6. Die Frühschicht sollte nicht zu früh beginnen.
Aus der Frühschicht sollte keine „Halb-Nacht-
4. Eine Massierung der Arbeitszeit schicht“ gemacht werden. Bei langen Anfahrts-
ist zu vermeiden. zeiten kann ein Schichtbeginn um 5.30 Uhr be-
Eine Massierung von Arbeitszeiten führt zu einer deuten, dass die Beschäftigten um ca. 3.30 Uhr
überdurchschnittlichen Ermüdung. Je größer die aufstehen müssen. Erfahrungsgemäß gehen die
Anhäufung von Arbeitszeiten, desto längere Zeit Beschäftigten aber vor der Frühschicht nicht extra
wird zur Erholung des Organismus benötigt. früher zu Bett. Hinzu kommt häufig noch die Be-
fürchtung zu verschlafen. Ergebnis ist ein erhebli-
Zwischen zwei Schichten soll eine Pause von min- ches Schlafdefizit, damit verbunden eine Übermü-
destens elf Stunden sein (§5 Abs. 1 AZG). Nach dung, die zu höherer Beanspruchung führt und zu
der letzten Nachtschicht empfiehlt sich eine noch einer Zunahme der Unfallgefahr.
längere Pause. Ungünstig sind deshalb Nacht-
frei-Früh und Nacht-frei-Nacht. 7. Die Nachtschicht sollte möglichst früh enden.
Weil die gesundheitlichen Risiken der Störung
Ebenso ist eine Massierung von Wochenarbeits- der Tagesperiodik bekannt sind, sollte die Nacht-
zeiten zu vermeiden. Es wird eine um so längere schicht nicht zu spät enden; denn der Tagschlaf
Zeit (aus dem Freizeitblock) benötigt, um die nach Nachtschicht ist um so länger je früher man
Ermüdung abzubauen, wodurch zugleich die tat- sich schlafen legt. Die Empfehlungen 6. und 7.
sächlich freie Zeit geringer wird. stehen im Dreischichtsystem allerdings im di-
rekten Widerspruch. Eine Möglichkeit, diesem
5. Der Vorwärtswechsel sollte bevorzugt werden. Problem zumindest teilweise zu begegnen, wären
Der Vorwärtswechsel (Früh-Spät-Nacht) ent- flexible Schichtwechselzeiten. (Gleitzeitmodell für
spricht dem natürlichen circadianen Rhythmus Schichtarbeit).
der Körperfunktionen. Die Vorwärtsrotation
macht den Tag ‚länger’, die Rückwärtsrotation 8. Kurzfristige Schichtplanänderungen
(Nacht-Spät-Früh) ‚kürzer’. Beispiel: Wenn beim sind zu vermeiden.
Wechsel von Früh auf Früh die ‚normallange’ Ar- Wird die durchschnittliche Arbeitszeit mit Frei-
beitspause 16 Stunden beträgt, so ist sie beim und Zusatzschichten kombiniert, um die tarifliche
Wechsel von Früh auf Spät schon 24 Stunden Arbeitszeit zu erreichen, sollte dies nicht kurzfris-
lang (Vorwärtswechsel). Dagegen beim Wechsel tig geschehen, um die Planbarkeit der individuel-
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Der Arbeitszeit-TÜV: Wie gesundheitsverträglich sind unsere Arbeitszeiten?
le Freizeit zu erhalten. Dies gilt auch für Überstun- 4.4 Kontaktadressen des Projekts Gute Arbeit
den oder unregelmäßige Diensteinteilungen. Projektleitung
Klaus Pickshaus | klaus.pickshaus@igmetall.de
Zusammengestellt nach Beermann, B.:
Leitfaden zur Einführung und Gestaltung Koordination von Themenfeldern
von Nacht- und Schichtarbeit. Hrsg.: Bun- Hilde Wagner | hilde.wagner@igmetall.de
desanstalt für Arbeitsschutz und Arbeits- Bert Römer | bert.roemer@igmetall.de
medizin, Dortmund 1998 | www.baua.de
Projektmitarbeiterinnen und -mitarbeiter
Weitere Literatur zum Thema Schichtarbeit Andrea Fergen | andrea.fergen@igmetall.de
Werner Feldes | werner.feldes@igmetall.de
Knauth, P. & Hornberger, S.: Schichtarbeit und
Nachtarbeit. Hrsg.: Bayerisches Staatsminis- Weitere aktuelle Informationen zu Vorhaben,
terium für Arbeit und Sozialordnung, Mün- Produkten und Terminen im Rahmen des Pro-
chen 1997 | www-iip.wiwi.uni-karlsruhe.de. jekts sind im Internet unter www.igmetall.de/
Schweflinghaus, W.: Besser leben gutearbeit erhältlich.
mit Schichtarbeit. Hrsg.: Bundesver-
band der Betriebskrankenkassen (BKK Kontaktadresse
BV), Essen 2002 | www.bkk.de. Projekt Gute Arbeit | IG Metall Vorstand
Wilhelm-Leuschner-Straße 79 | 60329 Frankfurt
4.3 Materialien in Vorbereitung Marina Steinhardt | 069 / 66 93 22 03.
Fragebogen zur Ermittlung psychischer
Belastungen am Arbeitsplatz mit einem
dazu passenden Auswertungstool
Arbeitshilfe Demografie-Check: Ermittlung der
betrieblichen Altersstruktur mit einem Tool
zur Durchführung einer Alterstrukturanalyse
Arbeitsmappe Prekäre Beschäftigung eindäm-
men – Belastungen und Risiken verringern
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Anhang
Schichtarbeit gestalten – aber wie? Mit der Da Schichtarbeit und insbesondere Nachtarbeit
Schichtplangestaltung tauchen viele Fragen auf: mit gesundheitlichen Risiken behaftet ist, fordert
Wie viele hintereinander liegende Nacht- das Arbeitszeitgesetz: „Die Arbeitszeit der Nacht-
schichten können verfahren werden? und Schichtarbeitnehmer ist nach den gesicher-
Warum ist der Vorwärtswechsel der Schichten ten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen über
(FSN) besser als der Rückwärtswechsel (NSF)? die menschengerechte Gestaltung der Arbeitszeit
Wie können Schichtpläne gestaltet werden, festzulegen.“
damit auch mal das Wochenende frei bleibt?
Die Belastungen durch Schichtarbeit können in
Ein Schichtsystem nach arbeitswissenschaftlichen erster Linie durch „intelligent“ erstellte Schicht-
Erkenntnissen zu gestalten ist eine anspruchs- pläne gesenkt werden. Softwareprogramme
volle Sache, zumal ja auch noch wirtschaftliche helfen, diese Erkenntnisse bei der Erstellung von
Anforderungen an die Schichtplänen zu berücksichtigen. Eine Software,
Arbeitszeitgestaltung die zugleich auch Schichtpläne berechnen kann,
zu berücksichtigen ist OPTISCHICHT. Eine grundlegend verbesserte
sind. Hierbei hilft Opti- Update-Version wurde zusammen mit dem Pro-
schicht. jekt „Gute Arbeit“ u.a. für Betriebsräte entwickelt.
Mit Hilfe dieses Programms können Schichtpläne
Heute arbeiten nur noch ca. 15 Prozent aller Ar- erstellt werden, die arbeitswissenschaftliche An-
beitnehmer montags bis freitags zu den gleichen forderungen berücksichtigen.
Zeiten. Für immer mehr Betriebe gehört Schicht-
arbeit zum Alltag.
Die Software ist für Betriebsräte der IG Metall ab
Schichtarbeit ist Arbeit zu ungewöhnlicher Tages- September 2006 zum Sonderpreis von 98,00 €
oder Nachtzeit. Neben Früh- und Spätschichten zzgl. MwSt. erhältlich bei TÜV NORD Mobilität
stellen insbesondere die Nachtschichten eine GmbH & Co. KG | Steubenstraße 53, 45138 Essen,
besondere Belastung dar. Zur Schichtarbeit kann Tel. 0201 / 8 30 19 12, Fax 0201 / 8 30 19 29,
auch Arbeit am Wochenende gehören (Konti- www.optischicht.de, optischicht@tuev-
schichten). nord.de. Dieses Angebot gilt
für 700 Lizenzen. Der
Schichtsysteme, die nicht arbeitswissenschaftli- reguläre Preis beträgt
che Erkenntnisse berücksichtigen, können kurz- 590,00 € zzgl. MwSt.
fristig zu Ermüdung und langfristig zu Gesund-
heitsschädigungen führen.
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Veröffentlichungen
Bestellungen ausschließlich im Internet: www.igmetall.de/gutearbeit
www.igmetall.de/gutearbeit