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Allgemein-theoretischer Kurs der deutschen Sprache

Vorlesung 2. Stilistik der deutschen Sprache. Stilistische Mittel

1. Definition der Stilistik und deren Gegenstand.


2. Der Begriff des Stilzuges.
3. Die Charakteristik einzelner Funktionalstile nach ihren Stilzügen
3.1 Stil der öffentlichen Rede (des öffentlichen Verkehrs)
3.2 Funktionalstil der Wissenschaft
3.3 Stil der Presse und Publizistik
3.4 Stil des Alltagslebens
3.5 Stil der schönen Literatur
4. Stilistische Mittel
4.1 Bildhaftigkeit und Bildlichkeit als Mittel der Bildkraft
4.2 Was sind Stilmittel?
4.3 Kategorisierung von Stilmitteln
4.3.1 Wortfiguren
4.3.2 Satzfiguren
4.3.3 Gedankenfiguren
4.3.4 Klangfiguren
4.3.5 Andere Stilmittel

1. Definition der Stilistik und deren Gegenstand.


Die Funktionalstilistik ist die Beschreibung der einzelnen Stile durch Registrierung der
quantitätiven und qualitativen Anwendungsnormen in dem kommunikativen Bereich des
Gesellschaftsverkehrs und Textinterpretation.
Die gegenwärtige Stilistik fasst den Stil als eine Komponente jedes kommunikativen
Geschehens, jeder sprachlichen Äußerung; jeder mündliche und schriftliche Text hat seinen Stil.
Die Stilistik von heute erforscht die sprachliche Form in ihrer textbedingten kommunikativen
Geltung und Wirkung.
Der Gegenstand der Stilistik liegt im Bereich der funktional bestimmten Nutzung der
sprachlichen Ausdruckmöglichkeiten auf allen Gebieten der gesellschaftlichen Praxis. Es handelt
sich um Bereiche der Alltagskommunikation, des öffentlichen gesellschaftlichen Verkehrs, der
Wissenschaft, der Belletristik, auch der Journalistik.
Als spezifischen Forschungsgegenstand der Stilistik kann man den funktionsgerechten
qualitativ und quantitativ geregelten Gebrauch des sprachlichen Potenzials in sämtlichen
Verständigungssphären des Gesellschaftsverkehrs bezeichnen. Deshalb ist die Stilistik eine
Wissenschaft von der Verwendungsweise und Ausdrucksgestaltung der Sprache in sämtlichen
Kommunikationsbereichen und Kommunikationssituationen [Riesel und Schendels].
Kurz gefasst kann man Stilistik so definieren: Stilistik ist die Lehre von den Beziehungen
zwischen der Mitteilungsabsicht des Senders und deren Wirkung auf den Empfänger.

2. Der Begriff des Stilzuges.


Unter Stilzügen versteht man ein bestimmtes Mikrosystem von sprachlichen Mitteln aller
Ebenen zu ihrer Aktualisierung. Nach W. Winogradow könnte man Stilzüge als stilbildende und
gleichzeitig stilnormende Ordnungsprinzipien in bestimmten Kommunikationssphären
bezeichnen. Betrachten wir zum Beispiel ein konkretes Amtsdokument. Selbst dem linguistisch
ungeschulten Leser fallen sofort die stilistischen Eigentümlichkeiten der Ausdrucksweise ins
Auge: offizieller Ton, Unpersönlichkeit, Distanzwahrung zwischen Sender und Empfänger,
Mangel an jeglicher emotionalen Expressivität– alles in allem Förmlichkeit als dominierender
stilbildender Zug.
Zu den allgemeinen Stilzügen gehören drei. Sie sind grundlegende Kategorien jeglicher
Kommunikation und heißen: Logik, Expressivität und Bildkraft. Logik umfasst solche Faktoren
wie Klarheit und Sachlichkeit des Gedankenganges, Genauigkeit der Beweisführung,
Abstraktionsvermögen u.a. Logik ist wichtig vornehmlich bei den wissenschaftlichen
Informationen, Expressivität gehört zum Verständigungsbereich auch. Alle Typen und Sorten
sprachlicher Aussage verwendet emotionale Mittel der Expressivität. Die Bildkraft mit ihren
beiden Hauptkomponenten – Bildhaftigkeit (Synonym: Anschaulichkeit) und Bildlichkeit. Die
Anschaulichkeit der Wortwahl (und in gewisser Hinsicht auch der grammatischen und
phonetischen Ausdruckgestaltung) ist allen Äußerungen eigen. Im Ausdruckswert offenbart sich
die feste Verflechtung sprachlicher Erscheinungen mit außersprachlichen Momenten (Ziel und
Aufgabe des Informationsgehalts, gesellschaftliche Typik und individuelle Eigenheiten des
Senders).

3. Die Charakteristik einzelner Funktionalstile nach ihren Stilzügen


Offen bleibt bis heute die Frage, welche funktionalen Stile/ Substile und wieviel objektiv
nachgewiesen werden können. Von den 50-er Jahren angefangenen bis in die jüngste Gegenwart
werden von den Sprachwissenschaftlern mehr oder weniger einheitlich die folgenden
Funktionalstile angeführt:
Stil der öffentlichen Rede / Stil des Alltagsverkehrs
Stil der Wissenschaft
Stil der Presse und Publizistik / Stil des Journalismus
Stil der Alltagsrede
Stil der schönen Literatur

Stil der öffentlichen Rede


Die Grundfunktion dieses Stils ist die offizielle schriftliche und mündliche Verständigung
einerseits zwischen den Staatsämtern und Behörden untereinander und andererseits zwischen
öffentlichen Organisationen und dem Publikum. Man unterscheidet folgende
Erscheinungsformen des Stils der öffentlichen Rede:
− schriftlich-monologisch (in Dokumenten, Akten, Protokollen usw.);
− mündlich-monologisch (in Reden von Amtspersonen);
− mündlich-dialogisch (im Amtsverkehr).
Die genannten Erscheinungsformen sind literarisch genormt; auch bei mündlichem
Verständigungsweg ist keine umgangssprachliche Auflockerung zulässig.
Diesem Funktionalstil gehören folgende Textsorten an: Programmbeschlüsse der
Regierung, Erlässe des Parlaments, diplomatische Verträge, Memoranden, Abkommen,
Protokolle, Noten; Gesetze, Strafeforderungsgesetzbücher, Verordnungen in der
Rechtsprechung, Handels- und Kommerzvereinbarungen, Amtspost in Handel und
Volkswirtschaft; Statute, Befehle, Verordnungen im Militärbereich; Amtsschreiben, Akten,
Protokolle, Anweisungen, Bekanntmachungen, Telegramme im Amtsleben; Anträge,
Erklärungen, Vollmachten, Testamente im Leben der einzigen Person; Rezepte,
Gebrauchanweisungen in unterschiedlichen Lebensbereichen.
Spezifische Prägung der funktional gefärbten Lexik äußert sich in einer gewissen Steife
und Förmlichkeit. Im Stil der öffentlichen Rede ist eine bestimmte funktional gefärbte Lexik
eingeschlossen: teils sind es deutsche und fremdsprachige Termini, teils nichtterminologische
Klischees, z. B. in der Rechtswissenschaft: Strafverfahren, Urteil fällen, Zeuge, das Wort
entziehen, der Gerichtshof.

Stil der Wissenschaft


Da Wissenschaft und Technik dazu berufen sind mit Hilfe sachlich-systematischer
Beweisführung die Erkenntnis der Wirklichkeit und ihrer Gesetze zu vermitteln, muss die
gesamte Ausdrucksgestaltung auf diesem Gebiet gesellschaftlicher Tätigkeit unter dem Zeichen
der Sachlichkeit und Logik, der Klarheit und Fassbarkeit stehen. Die genannten Stilzüge des
wissenschaftlichen Stils treten sowohl in seinen schriftlichen als auch in seinen mündlichen
Erscheinungsformen zutage, sowohl in akademischen als auch in populärwissenschaftlichen
Schriften. Man kann folgende Erscheinungsformen des Stils der Wissenschaft nennen:
− schriftlich-monologisch (in wissenschaftlichen Publikationen aller Art);
− mündlich-monologisch (in wissenschaftlichen Vorlesungen und Referaten);
− mündlich-dialogisch (in wissenschaftlichen Debatten).
Alle Erscheinungsformen des wissenschaftlichen Stils sind literarisch genormt.
Gewiss unterscheiden sich die einzelnen Zweige der Wissenschaft durch manche
Verschiedenheit in den stilistischen Zügen ihrer Sprachgestaltung (vgl. z.B. die
Stilverschiedenheiten in linguistischen und mathematisch-technischen Abhandlungen). Doch die
wesentlichen Stilzüge sind die gleichen. Zur Unterstützung der sprachlichen
Ausdrucksgestaltung ist die Verwendung außersprachlicher Hilfsmittel möglich: statistische
Tabellen, Stichbilder, Diagramme, Skizzen usw.
M. P. Brandes unterscheidet 4 Typen der wissenschaftlichen Dokumente in
schriftlicher Form.
1. Eigentlich wissenschaftliche Texte (Monographie, Zeitschriftenaufsatz, Kurzbericht,
Übersicht, wissenschaftlich-geschichtlicher Aufsatz, Diskussionsbeitrag u. a. m.);
2. Wissenschaftlich informative Texte (Annotation, Referat, Resümee);
3. Wissenschaftliche Nachschlagewerke (Nachschlagebuch, Lexikon);
4. Wissenschaftliche Lehrtexte (Lehrbuch, Lehrhilfe).

Stil der Presse und Publizistik


Beim Stil des Journalismus orientiert man sich nicht an Texten, die rein äußerlich in der
Presse oder anderen Massenmedien zu finden sind – dort finden wir auch Texte, die eindeutig
dem Funktionalbereich der Wissenschaft und des Amtsverkehrs zugeordnet werden können.
Die Erscheinungsformen sind:
− schriftlich-monologisch (in Reportagen und Agitationsschriften aller Art, in
Zeitschriften und Zeitungen);
− mündlich-monologisch (im Radio);
− mündlich-monologisch (in publizistischen Reden);
− mündlich-dialogisch (in publizistischen Debatten).
Alle diese Erscheinungsformen sind literarisch genormt. Die Vielfalt der Textsorten im
Stil der Presse und Publizistik unterliegt keiner strengen und detaillierten Subklassifizierung.
Man kann alle Textsorten des Stils der Presse und Publizistik in 3 größere Klassen
zusammenfassen.
1. Informierende Texte (Berichte, Nachricht, Mitteilung, Tageschronik, Interview,
Rechenschaftbericht, Beschreibung);
2. Analytische Texte (Rezension, Artikel, Reportage, Appell, Aufruf);
3. Künstlerisch-publizistische Texte (Ansprache, Reiseskizze, Essay, Pamphlet,
Feuilleton).
Je nach dem Genre der schriftlichen oder mündlichen Publizistik, variiert auch die
Verwendungsweise der Ausdrucksmöglichkeiten. Reportage und Feuilleton müssen den
literarisch-künstlerischen Ansprüchen der schönen Literatur entsprechen. Der einfache oder
erweiterte Bericht, der Kommentar, die Chronik und andere sachlich-offizielle Formen der
Publizistik und Presse nähern sich dem Stil des öffentlichen Verkehrs. Der politische und der
wissenschaftliche Artikel fügen sich zum großen Teil den Gesetzmäßigkeiten des
wissenschaftlichen Stils. Dennoch kann man gemeinsame Wesenszüge und Ausdruckstendenzen
des Stils der Presse und Publizistik zusammenfassen: Glaubwürdigkeit, Vollständigkeit,
Aktualität, Objektivität, Genauigkeit, Tiefgründlichkeit.

Stil des Alltagslebens


Die Hauptfunktion des Stils der Alltagsrede (auch Alltagsstil, Umgangssprachstil
genannt) besteht darin, ungezwungen intime Mitteilungen privater Natur oder sachliche, aber
nicht offizielle Feststellungen aus dem Alltags- und Arbeitsleben im mündlich-dialogischen
Verkehr an Gesprächspartner weiterzuleiten. [Riesel: 445] Die Erscheinungsformen des
Alltagsstils sind vorwiegend umgangssprachlich genormt. Man kann folgende
Erscheinungsformen dieses Stils nennen:
Mündlich-dialogisch (im Privat- und Familienleben, im täglichen Arbeits- und
Geschäftsverkehr);
Mündlich-monologisch (in Berichten, Erzählungen und Reden mit Alltagsthematik, in
Reden anlässlich verschiedener Vorkommnisse, z.B. bei Hochzeiten, Geburtsfeiern);
schriftlich-dialogisch (im privaten Briefwechsel und in Tagebüchern).
Die Umgangssprache ist eine zwischen Literatursprache und Dialekten stehende
Erscheinungsform der Nationalsprache. Der Umgangssprachstil ist die zu bestimmten Zwecken
ausgewählte und nach bestimmten Gesetzmäßigkeiten angeordnete Verwendungsweise der
Umgangssprache im Alltagsverkehr. Der Gebrauch der sprachlichen Elemente hängt von dem
Gesellschaftskreis des Sprechenden, von seinem Bildungsgrad ab. Es können bald die
literarischen, bald die mundartlichen Elemente, bald Argotismen und Jargonismen sein. Die
Wesenszüge des Alltagsstils sind folgende:
1. Ungezwungenheit und Lockerheit
2. Emotionalität und subjektive Bewertung der Aussage,
3. Konkretheit, Bildhaftigkeit, Schlichtheit und Dynamik,
4. Hang zu Humor, Spott und Satire,
5. Hang zur Ausdrucksfülle der Rede einerseits und zur Kürze andererseits.

Stil der schönen Literatur


Dieser Stil stellt eine ganz besondere Verwendungsweise der Sprache dar und seine
gesellschaftliche Funktion besteht aus zwei Teilen: die ästhetische und die kommunikative. Die
schöne Literatur ist berufen, die Wirklichkeit in künstlerischer Form widerzuspiegeln, zu den
wichtigsten Fragen des Lebens Stellung zu nehmen, die Menschen zu erziehen. Im funktionalen
Stil der schönen Literatur können alle anderen Stile vorkommen (wenn z. B. die Rede von den
Wissenschaftlern ist oder ein Gesuch vom Helden eingereicht wird, die Journalisten tätig sind
usw.). Das gehört zur Spezifik des Stils. Die andere Besonderheit des Stils besteht darin, dass es
der einzige Stil ist, in dem alle Redearten vertreten sind: Autorensprache, direkte, indirekte,
erzählte und erlebte Rede. Das Spezifische des Stils ist Bildkraft, die in sich die Begriffe
Bildlichkeit und Bildhaftigkeit einschließt. Die Bildhaftigkeit wird durch die treffende Wortwahl
erreicht, die Bildlichkeit entsteht dank dem Gebrauch der Tropen, die für den funktionalen Stil
der schönen Literatur einen sehr wesentlichen Stilzug bedeuten. Die höchste Variabilität des
Ausdrucks ist die auffälligste Besonderheit dieses Stils. Der Stil der schönen Literatur
unterscheidet sich qualitativ von den übrigen Stilen der Nationalsprache. Die gesellschaftliche
Funktion der schönen Literatur besteht darin, durch ästhetische Einwirkung, durch künstlerische
Bildhaftigkeit die Wirklichkeit widerzuspiegeln. Als Baumaterial, mit dessen Hilfe verschiedene
Erscheinungen des gesellschaftlichen Lebens dem Leser zu Bewusstsein gebracht werden, dient
der gesamte Reichtum der Nationalsprache. Der Stil der schönen Literatur wird auf schriftlichem
Weg verbreitet und ist literarsprachlich genormt. Die auf mündlicher Überlieferung beruhende
Dichtung führt den Namen “Folklore” (Volksdichtung) und besitzt ihre besonderen Sprach- und
Stileigentümlichkeiten.
Die funktionale Spezifik der schonen Literatur liegt:
- in der Fiktionalität, die wir nicht als den unmittelbaren Wirklichkeitsbezug,
sondern als ein schöpferisches Abbild der objektiven Realität verstehen;
- in der subjektiven Modellierung des Autors der Welt;
- in der ästhetischen Funktion des künstlerischen Gebiets – die Wirklichkeit wird in
den Gebieten dargestellt;
Die Stilzüge sind:
- Polysemie des Werkes, der Inhalte von literarischen Werken. Die künstlerischen Texte
lassen Deutungsvarianten als legitime Lesearten eines und desselben Werkes zu.
- Konnotation (Expressivität). Die sprachliche Wirkung der schonen L. wird auf
konnotativen Komponente des Textinhalts geführt. Die begrifflichen Inhalte der sprachlichen
Einheiten erhalten im Kontext einen spezifischen Nebensinn und Gefühlswert. Die sprachlichen
stilistischen Züge des Stils bilden: Wortschatz der Sprache und Wortwahl; das Funktionieren des
Wortbestandes; Grammatik (Morphologie, Syntax, Wortbildung).
4. Stilistische Mittel

4.1 Bildhaftigkeit und Bildlichkeit als Mittel der Bildkraft


Als Mittel der Bildkraft werden in der Rede beliebiger kommunikativer Bereiche
Bildhaftigkeit und Bildlichkeit behandelt. Beiden Bezeichnungen liegt das Wort ''Bild''
zugrunde, jedoch in verschiedener Bedeutung.
Die Bildhaftigkeit ist mit der lexikalischen Struktur von Einzelwörter und Wendungen
aufgrund direkter Bedeutung verbunden. Zu den Mitteln der Bildhaftigkeit (im weitesten Sinne
des Wortes) gehören die richtige Wortwahl aus thematischen und synonymischen Reihen, die
passende funktionale Verwendung von Wörtern verschiedener Stilfärbung. Die B. ist an einer
sprachlichen Einheit (Wort) ohne Kontext feststellbar. Bildhaft sind alle Wörter, die sich an
unsere Sinnesorgane wenden, z.B.: Ihre Augen blitzten hassvoll.
Wenn ein Lexem sich gleichzeitig an mehrere Sinnesorgane wendet, wird seine
Anschaulichkeit zweifellos erhöht: das Licht brennt – das Licht zuckt; der Apfel hängt auf dem
Zweig – er baumelt an dem Zweig. Aus dem statischen wird ein dynamisches Bild.
Man darf nicht behaupten, dass ein besonderes, bildhaftes Wort immer ''besser'' sei als
das allgemeine. Es gibt Kontexte und Situationen gibt, in denen aus inhaltlichen und stilistischen
Gründen nur allgemeine, mehr oder weniger farblose Ausdrücke am Platze sind. Z.B., die
funktionalen Anwendungsnormen für Über- und Unterschrift in einem Brief an Fremde fordern
z. B. die Formulierung: Sehr geehrter Herr Schmidt! … Mit vorzüglicher Hochachtung Hans
Schmidt. Eine Mutter hingegen schreibt ihrem Kind: Mein sehr geliebtes Mäuschen! … Ich
drücke dich ans Herz. Deine Mutti. 

Die Bildlichkeit entsteht aufgrund der übertragenen Bedeutung des Wortes und sie ist
feststellbar und verständlich nur im Kontext.

4.2 Was sind Stillmittel?


Rhetorische Figuren und Stilmittel werden in der Literatur eingesetzt, um die Wirkung
und Überzeugungskraft eines Textes zu erhöhen.
Stilmittel können:
Gefühle transportieren;
Texte unterhaltsamer und kurzweilig machen;
mit wenigen Worten eine hohe Aussagekraft erzeugen und dadurch Texte verdichten.

4.3 Kategorisierung von Stilmitteln


Die meisten Stilfiguren lassen sich in vier Gruppen unterteilen:

4.3.1. Wortfiguren (Abweichung von der üblichen Wortwahl): Emphase, Periphrase


(Euphemismus, Litotes, Hyperbel, Meiose), Metapher, Metonymie, Vergleich.
Emphase – nachdrückliche Hervorhebung eines Wortes zur Gefühlsverstärkung:
Menschen! Menschen! falsche heuchlerische Krokodilsbrut!
Ich möchte doch einfach nur leben!
Männer sind nicht immer Soldaten, Soldaten aber immer Männer!
Periphrase – Umschreibung eines Begriffs durch Einzelmerkmale:
der Allmächtige – Gott, Küchenfee –Köchin, Langfinger – Dieb, König der Lüfte – Adler,
Beherrscher des Olymps/Olympier – Götter, Tochter des Himmels – der Mond, der Korse –
Napoleon.
*Arten der Periphrase:
a) Logische Periphrase – die Umschreibung eines Gegenstandes oder einer Erscheinung
auf Grund direkter Wortbedeutung: 
Italien – die Apenninenhalbinsel (wissenschaftlich) / das Land, wo die Zitronen
blühen  (poetisch); 
Dresden – Stadt an der Elbe/ Elbmetropole/ Elb-Athen/ Elb-Florenz; 
Ägypten – das Land der Pyramiden.
b) Der Euphemismus – eine Periphrase, die den Zweck hat, etwas Unangenehmes
angenehmer darzustellen, etwas Unhöfliches höflicher, etwas Schreckliches harmloser
auszudrücken:  der Schwarze – der Teufel. Der Euphemismus tritt häufig in Presse und
Publizistik, im Diplomatenverkehr und in anderen Formen offizieller Rede auf.
Beispiele: vollschlank – fett, entschlafen – sterben, das Zeitliche segnen – sterben, das
Weite suchen – fliehen, Seniorenresidenz – Altenheim, Rubensfigur – Übergewicht,
friedenserhaltende Maßnahmen – Kriegseinsatz, wirtschaftlich schwach – arm.
c) Die Litotes (Schlichtheit) – eine Periphrase auf Grund von Verneinung, z.B.:
Das ist nicht übel – Das ist sehr gut, 
Diese Idee ist so dumm nicht! Sie ist gar nicht dumm! – Die Idee ist sogar sehr klug.
Ich möchte nicht sagen, dass deine Leistungen auf der Höhe sind.
d) Die Hyperbel (Übertreibung) – die Darstellung des Sachverhalts in übertriebener
Form: 
totmüde, es regnet in Strömen, eine Ewigkeit warten, ein Balken im Auge, ein Meer von
Tränen, ein Mund wie ein Scheunentor, himmelhoch, Schneckentempo, wie Sand am Meer.
Ich fühle eine Armee in meiner Faust. (F. Schiller: „Die Räuber“)
Ich habe dir das schon tausendmal gesagt,
e) Meiose (Untertreibung) – Gegenstück der Übertreibung, das den Sachverhalt
unterspielt: 
Er hat nur zwei Worte zum Thema gesagt;
Er wohnt einen Katzensprung von uns entfernt;
Ich lade dich zu einem Butterbrot ein;
Trinken wir einen Tropfen Wein!

Metapher – Verwendung eines Worts in übertragener Bedeutung; ein Wort wird aus dem
gewohnten Bedeutungszusammenhang auf einen anderen übertragen:
Lebensuhr, Kriegsmüdigkeit, Mauer des Schweigens, etwas durch die rosarote Brille sehen;
gebrochenes Herz.
Metonymie – Übertragung aufgrund räumlicher, zeitlicher, stofflicher und logischer
Beziehungen: Leder – Ball, Goethe lesen, eine Tasse trinken, einen Ford fahren.
Vergleich – zwei Gegenstände oder Erscheinungen werden auf Grund ihrer äußeren oder
inneren Ähnlichkeit verglichen. Man unterscheidet zwei Arten:
Diese Frau ist so dick wie eine Litfaßsäule. 
Er sieht aus wie sieben Tage Regenwetter.
Mein Sohn ist ebenso groß wie der Vater.
Du hast ja Nerven  wie Stricke.
Sie ist älter als mein Bruder.
Du tust so,  als ob du ein kleines Kind wärest.
Gerüchte waren wie ein Schwarm Krähen ausgeflogen [Remarque]
Er lachte sein sanftes gutturales Lachen, das klang,  als gluckste eine Quelle in seiner Brust
[Remarque]

4.3.2. Satzfiguren (Abweichung vom üblichen Satzbau): Akkumulation, Anastrophe,


Aposiopese, Asyndeton, Chiasmus, Ellipse, Inversion, Klimax, Antiklimax, Polysyndeton,
Parallelismus.
Akkumulation – eine gehäufte Aneinanderreihung mehrerer Unterbegriffe anstelle des
zusammenfassenden Oberbegriffs:
Nenn’s Glück! Herz! Liebe! Gott! (Goethe „Faust“)
Nun ruhen alle Wälder, Vieh, Menschen, Städte und Felder (Paul Gerhardt)
Sonne, Mond und Sterne (aus einem Kinderlied)
Ich war an Kunst / und Gut / und Stande groß und reich (Paul Fleming)
Anastrophe – Umkehrung der geläufigen syntaktischen Wortstellung:
des Glaubens wegen – wegen des Glaubens
zweifelsohne – ohne Zweifel
Aposiopese – Verschweigen des Wichtigen; bewusstes Abbrechen des Satzes vor der
wichtigen Aussage:
Du wirst doch nicht …
Es war eine Zeit – Lasst mich allein, Kameraden. (Schiller „Die Räuber“)
Asyndeton – Reihung ohne Konjunktion:
Der König sprach’s, der Page lief.
Er kam, sah, siegte.
»Er muss auf unsere Fragen / ein Vieh, ein Baum, ein Bild, ein Marmor Antwort sagen.
(Andreas Gryphius)
Chiasmus – Überkreuzstellung:
Der Einsatz war groß, klein war der Gewinn.
Die Mühen der Gebirge liegen hinter uns / Vor uns liegen die Mühen der Ebenen. (B. Brecht
„Wahrnehmung“)
Eng ist die Welt und das Gehirn ist weit. (F. Schiller „Wallenstein“)
Ellipse – Auslassung eines Worts, Satzteils:
Je schneller, desto besser.
Inversion – Umstellung der Satzteile:
In seinen Armen das Kind war tot.
Klimax – Steigerung:
Er weint, er ist bezwungen, er ist unser!
… das ist schlecht; die Welt wird schlecht, sehr schlecht. (Georg Büchner „Woyzeck“)
… über manchen schönen, reichen Hof und weiterhin über grüne Hügel und dunkle Täler weg.
(Gotthelf “Die schwarze Spinne“)
Antiklimax – Aneinanderreihung von Wörtern mit abnehmender Gewichtung; Übergang
von stärkeren zu schwächeren Ausdrücken:
Urahne, Großmutter, Mutter, Kind … (Gottfried August Bürger)
Polysyndeton – Vielverbundenheit; Häufung von Bindewörtern; vermittelt Steigerung
und intensive Bewegung:
Und es wallet und siedet und brauset und zischt. (Schiller „Der Taucher“)
Denn was er sinnt, ist Schrecken/ und was er sinnt, ist Wut. (Uhland „Des Sängers Fluch“)
Und jede nimmt und gibt zugleich und strömt und ruht. (Meyer „Der römische Brunnen“)
Parallelismus – Gleichlauf der Satzglieder:
Nacht ist es nun, nun werden … Nacht ist es nun, nun erst …
Heiß ist die Liebe, kalt ist der Schnee.
Soll ich reden, soll ich schweigen?

4.3.3. Gedankenfiguren (Abweichung vom Gedankengang): Anrede, Antithese, Ironie,


Oxymoron, Sarkasmus, Paradoxon, rhetorische Frage.
Anrede – Hinwendung an den Adressaten:
Meine Damen und Herren!
Mein Herr, Ihr seid so gütig.
Vater, ich wollte, Ihr ließet mich hinausziehen, um mein Glück zu versuchen.
Antithese – Gegenüberstellung gegensätzlicher Begriffe und Gedanken:
Freund und Feind
Heiß geliebt und kalt getrunken
Himmel und Hölle
Wasser und Wein
Ironie – Das Gegenteil des Gesagten ist gemeint:
Schöne Bescherung.
Du bist mir aber ein Schöner.
Das hast du ja mal wieder toll gemacht!
Ich habe ja nichts Besseres zu tun.
Oxymoron – Verbindung von zwei sich widersprechenden Ausdrücken:
alter Knabe, beredtes Schweigen, bittere Süße
Der Sarkasmus – Beißender, verletzender Spott:
Eine mollige Dame präsentiert ihr neues Kleid im Büro.
„Gab es das Kleid nicht in deiner Größe?“, ruft eine Kollegin.
Die Chefin sieht einen Arbeiter, der untätig an seinem Schreibtisch sitzt.
„Überarbeiten sie sich nicht, Herr Meier!“, sagt sie zu ihm.
Paradoxon – (scheinbarer) Widerspruch:
Weniger ist mehr.
Im Rückschritt liegt der Fortschritt.
Das einzig Beständige ist die Veränderung.
Ich weiß, dass ich nichts weiß. (Sokrates)
Er nennt’s Vernunft und braucht’s allein, um tierischer als jedes Tier zu sein. (Goethe „Faust“)
Rhetorische Frage – Scheinfrage; Frage, auf die keine Antwort erwartet wird:
Wer glaubt denn das noch?
Wer möchte nicht in Frieden leben?
Was ist schon normal?
Machen wir nicht alle mal Fehler?
Habe ich das nicht gesagt?

4.3.4. Klangfiguren (Abweichung von der üblichen Klanggestaltung): Alliteration, Repetition,


Anadiplose, Anapher, Epiphora, Tautologie.
Alliteration – gleicher Anlaut der betonten Silben aufeinanderfolgender Wörter:
bei Nacht und Nebel, bei Wind und Wetter, gut und gern, Haus und Hof, klipp und klar, mit Kind
und Kegel, mit Mann und Maus, mit Schimpf und Schande, mit Zittern und Zagen, nicht wanken
und nicht weichen, null und nichtig, von Pontius zu Pilatus.
Repetition – Wiederholung; Wortwiederholung: Bald da, bald dort
Sonderfälle der Repetition sind die Anadiplose, die Anapher sowie die Epiphora.
Anadiplose – Wiederholung des Endes eines Satzes am Anfang des folgenden:
Er ging in den Wald, in den Wald des Romantikers.
Fern im Süd das schöne Spanien, Spanien ist mein Heimatland. (E. Geibel)
Mit dem Schiffe spielen Wind und Wellen, Wind und Wellen spielen nicht mit seinem Herzen.
(Goethe)
Anapher – Steigernde Wortwiederholung am Anfang eines Wortes, eines Verses oder
einer Strophe:
Wir fordern, dass … Wir fordern, dass …
Das Wasser rauscht‘, das Wasser schwoll (Goethe)
Wer nie sein Brot mit Tränen aß, / Wer nie die kummervollen Nächte / Auf seinem Bette weinend
saß. (Goethe)
Endlich blüht die Aloe, / Endlich trägt der Palmbaum Früchte. (Johann Christian Günther)
Epiphora – Wiederholung der Schlusswendung in aufeinander folgenden Sätzen, Versen,
Strophen:
Nicht jetzt, sagte er, wir sehen uns später, sagte er.
Ich fordere Moral, du lebst Moral.
Mit mir verwandt sind wie mein eignes Haar, / So eins mit mir als wie mein eignes Haar. (Hugo
von Hoffmansthal)
Ihr überrascht mich nicht / erschreckt mich nicht. (Schiller)
Tautologie – Wiederholung des Gesagten mit sinnverwandtem Wort:
einzig und allein, im Großen und Ganzen, immer und ewig, nackt und bloß, nie und nimmer,
stets und ständig, voll und ganz, sauber und rein, hinter Schloss und Riegel.
4.3.5 Andere Stilmittel

1) Epitheta (das Epitheton)


Die Epitheta gehören zu den Mitteln der Bildhaftigkeit. Mit ihrer Hilfe entsteht vor dem
geistigen Auge des Lesers, Hörers oder Gesprächspartners die Vorstellung von Farbe, Form,
Klang, Geruch und anderen Sinnesempfindungen, aber auch die Vorstellung von auffallenden
Eigenschaften und Merkmalen.
Epitheta erscheinen in allen Redestilen.
Arten der Epitheta
Er schenkte ihr eine herrlich duftende gelbe Teerose;
grünes Gras, kühler Brunnen, tiefes Tal, feines Liebchen, böse (alte) Hexe, buckliges
(winzliges) Männlein, stolzer (grausamer) König.
2) Lexikalische Mittel: Synonyme, Antonyme, Archaismen, Neologismen, Fremdwörter,
Dialektismen, Jargonismen.
Archaismus: Wams – Jacke, gülden – golden, darob – deswegen, Allianz – Heirat, Ehe,
weiland – einst, früher.
Neologismus:
Blog, Vlog, – häufig aktualisierte Webseite
Listicle – ein journalistischer Text in Aufzählungsform
Menschenmaterial – Koppelung von Lebendig-Menschlichem und toter Sache
Staatenverbund – Mehrebenensystem

3) Mittel zum Ausdruck von Humor und Satire

a) Der Doppelsinn als stilistischen Mittel fordert, das Gesagte in zweifachem Sinn zu


verstehen.
z.B. «Warum sind die Zahnärzte die gründlichsten Leute der Welt?» – «Weil sie alles bei
der Wurzel anfassen». Das Wort Wurzel ist mehrdeutig: Wurzel eines Baumes, Wurzel eines
Zahns, Wurzel als Grundlage einer Erscheinung; phraseologische Fügung etwas bei der Wurzel
anfassen, d.h. gründlich machen. Und weiter: «Aber die Zahnärzte sind auch die feigsten Leute
der Welt, weil sie immer gleich ausreißen» (ausreißen im wörtlichen Sinn hier: einen Zahn
ziehen, im übertragenen Sinn: davonlaufen).
b) Wortspiel ist ein Spiel mit gleich oder ähnlich klingenden, aber in der Bedeutung
unterschiedlichen Wörtern.
Beispiele: Und die Lautesten sind nicht immer die Lautersten [Bredel] (Lautesten –
von laut, die Lautersten – von lauter (d.h. die Ehrlichsten))
«Was macht denn N.N.?» – Was er macht? Einen schlechten Eindruck.»;
«Wie geht es?», fragt der Arzt den Kranken. – «Es geht überhaupt nicht mehr», antwortet
der letzte, «ich gehe»;
Ich saß neben ihm, und er behandelte mich ganz famillionär [Heine] (familiär +
Millionär).
c) Unlogische Verbindungen
Unter «unlogischen Verbindungen» versteht man eine bestimmte Zusammenstellung und
Verwendung von inhaltlich nicht zueinanderpassenden Wörtern, Wortgruppen und Sätzen.
Solche Wortverbindung schafft Überraschungs- bzw. Verfremdungseffekt. Zu den Fügungen mit
gewollter, scheinbarer Unlogik gehören vor allem Oxymoron, Zeugma und Falschkoppelung.
Das Oxymoron – die scheinbar widersinnige Verbindung von Gegensätzen, deren
Vereinigung dennoch wieder eine sinnvolle Ganzheit ergibt. Dieses Stilmittel ist dazu berufen,
widersprüchliche Erscheinungen der Wirklichkeit expressiv und emotional widerzuspiegeln. Das
Oxymoron wird sprachlich ausgedrückt, z.B.: dummklug, Freunffeind, hässliche Schönheit,
bittere Freude, helldunkel, gelassenkühn, Wonnegraus, Opfersteuer, wohliges Grausen, süßer
Schauder, verschlimmbessern, Verschlimmbesserung, Sobald ein Oxymoron in den Sprachusus
einmündet, kann es den ursprünglichen Widersinn verlieren und einen neuen Grundbegriff
bilden: ein weißer Rabe «große Seltenheit», ein lebender Leichnam «völlig verfallener oder
innerlich toter Mensch», weiße Kohle „Wasserkraft“.
Das Zeugma – Verbindung zweier Sätze oder Substantive durch ein Verb, das nur zu
einem passt:
Er hob die Augen und das Bein gen Himmel.
Er schlug das Fenster und den Weg zum Bahnhof ein.
Er schlug die Stühl und Vögel tot.
Ich hatte Kopfschmerzen und unerwarteten Besuch.
Nimm dir Zeit und nicht das Leben.
Sie reist mit Ehemann und Regenschirm.

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