K L U B Z E I T U N G D E R S Ü D -T I R O L E R F R E I H E I T | 1 - 2 0 2 3 | E R S C H E I N T V I E R T E L J Ä H R L I C H
DEUTSCHE SCHULE
Stefan Zelger,
Sekretär der Landtagsfraktion
DIGITALISIERUNG
Wenn, dann richtig!
Die Digitalisierung bestimmt
zunehmend den Alltag – ob wir
wollen oder nicht. Sie muss aber
richtig gemacht werden, und nie-
mand darf auf der Strecke bleiben!
Der digitale Wandel überfor-
dert viele ältere Menschen. Für
sie muss es weiterhin den „nor-
malen“ Weg für Behördengänge
geben. Und Anlaufstellen.
Zudem wird mit der (falschen)
Digitalisierung oft Bürokratie ge-
schaffen statt abgebaut. Schlechte
Abläufe werden nicht besser, nur
weil sie eins zu eins digitalisiert
werden. Und Behördendeutsch
(bei uns leider oft „Behördenitali-
enisch“) wird auf dem Bildschirm
auch nicht verständlicher.
Dass es anders geht, zeigt Est-
land: Wo vor knapp 30 Jahren
noch Sozialismus herrschte,
können heute 99 Prozent aller öf-
fentlichen Dienste online abgewi-
ckelt werden. Die Steuererklärung
ausfüllen dauert fünf Minuten,
ein Unternehmen gründen drei
Stunden und auch Wählen ist per
Mausklick möglich. Das bescher-
te der ehemaligen Sowjetrepublik
einen beispiellosen Aufschwung.
Warum lernen wir nicht von den
Besten?!
GESUNDHEITSWESEN
Vorschläge
abgelehnt!
SEITE 4
19 el
k
Oberstes
ti
Ar
Gebot?
Der Unterricht in der Muttersprache sei
„oberstes Gebot“, behauptet die SVP. Die
Realität zeigt, wie sehr Wort und Tat aus-
einanderklaffen. Artikel 19 ist unter Druck.
Nicht trotz, sondern wegen der Volkspartei!
Jedes Recht steht und fällt mit seiner Umsetzung. Artikel 19 wird immer mehr untergraben!
Artikel 19 ist einer der längsten und aufgeweicht oder abgeschafft. Das
wichtigsten Abschnitte im Autono- Argument ist dabei stets dasselbe:
miestatut. Im Kern geht es darum, Die Sprachkenntnisse von Süd-Tirols | Unverschämt:
dass der Unterricht in den Kindergär- (deutschsprachigen) Schülern seien Warum die hohen Strompreise in
ten und Schulen in der Mutterspra- ungenügend. Süd-Tirol unangemessen sind – S. 3
che der Schüler stattfindet. Artikel Aber sprechen die Süd-Tiroler
19 war (und ist) entscheidend dafür, wirklich so schlecht Italienisch? Fakt
dass die Süd-Tiroler ihre Identität ist, dass es keine spezifischen Studien | Ungesund:
und Sprache im fremden Staat ver- gibt, die die These von den schlechten Interview mit Dr. Andreas Tutzer
teidigen konnten. Sprachkenntnissen beweisen würde. über Süd-Tirols Medizin – S. 6-7
Dennoch ist Artikel 19 unter Dau- Den Verfechtern des Mischmasch-
erbeschuss. Linke Medien, einige Unterrichtes geht es oft auch nicht
Elternvertreter, Grüne und italieni- um Empirie, sondern um Ideologie! | Untragbar:
sche Parteien fordern seit Jahren, die Um festzustellen, wie wichtig der Vor 100 Jahren traten Tolomeis
Einführung von gemischtsprachigen Unterricht in der Muttersprache ist, Faschistengesetze in Kraft – S. 9
Schulen. Geht es nach dieser eigen- genügt ein Blick nach Europa und
artigen Phalanx, gehört Artikel 19 nach Italien.
Im Süd-Tiroler Gesundheitswesen herrscht akuter Arzt- und
Sprachmangel, der immer schlimmer wird.
Mit sieben Vorschlägen wollte die Süd-Tiroler Freiheit gegensteuern.
Sechs davon stimmte die SVP im Landtag nieder. Sie holt lieber weiter
Ärzte- und Pfleger aus dem Süden, statt die Probleme an der Wurzel
zu packen.
W W W . S U E D T I R O L E R - F R E I H E I T. C O M / L A N D TA G
T I R O L E R S T I M M E N 0 1 / 2 0 2 3 | S Ü D -T I R O L E R F R E I H E I T
Nur noch Fassade
Ob Oppeln, Schlesien oder Elsass:
Was passiert, wenn eine sprachliche
Minderheit ihrer Schule beraubt wird,
zeigen zahlreiche Beispiele. Auch im
italienischen Staat gibt es ein ekla-
tantes Exempel: das Aostatal! Nach
dem Zweiten Weltkrieg sprachen 90
Prozent der Aostaner Französisch be-
ziehungsweise Frankoprovenzalisch.
Nach Einführung gemischtsprachiger
Schulen sprechen heute weniger als
30 Prozent Frankoprovenzalisch und
nur noch zwei Prozent Französisch!
Tendenz sinkend! Der Linguist Jérô-
me-Frédéric Josserand sprach da-
von, dass das Französische nur noch
künstlich aufrechterhalten werde.
„Sie [die französische Sprache] ist
eine sorgfältig geputzte Fassade“.
Eine Umfrage im Jahr 2002 bestätigte
dies und ergab, dass nur 0,5 Prozent
der Aostaner Französisch in der Fa-
milie sprechen.
Das Aostatal ist heute de facto eine
gewöhnliche italienische Provinz!
„Viele Aostaner wissen nicht mehr,
warum das Aostatal überhaupt eine
Autonomie hat“, gibt der Abgeord-
nete Sven Knoll zu bedenken. Er war
unlängst im Aostatal, um sich ein Bild
von der Situation zu machen.
All dies zeigt: Die langfristigen Fol-
gen von Sprachexperimenten sind
unumkehrbar!
Quantität ist da, Qualität nicht
An Sprachunterricht mangelt es
in Süd-Tirol keinesfalls: Von der
Volks- bis zur Oberschule genießen
Süd-Tirols Schüler 13 Jahre lang den
Unterricht der zweiten Landesspra-
BRENNERAUTOBAHN
Wie Salvini über Süd-Tirol drüberfahren will…
Matteo Salvini hat ein neues Lieblingsthema. Poltert er sonst vor allem gegen Ausländer, sind nun Nord-Tirols Transitmaßnahmen ins
Visier des italienischen Verkehrsministers geraten. Süd-Tirol darf dem Treiben nicht schweigend zusehen!
Drei Worte, ein Ziel: Im Landtag präsentierten die Abgeordneten Myriam Atz Tammerle (l.) und Sven Knoll (r.), sowie der
Lehrer Thomas Andreaus ihre Vorschläge zur Stärkung der Deutschen Schule.
che. Quantität ist vorhanden, Qua-
lität offensichtlich nicht! Deshalb
fordert die Süd-Tiroler Freiheit, die
Verbesserung des Sprachunterrichts.
„Italienisch ist für die deutsch-
sprachigen Süd-Tiroler keine Zweit-
sprache, sondern eine Fremdspra-
che. Umgekehrt genauso“, betont die
Abgeordnete Myriam Atz Tammerle.
„Die beiden Landessprachen müssen
als Fremdsprachen mit entsprechen-
der Didaktik unterrichtet werden“.
„Die Lehrkräfte sollten entspre-
chende Angebote zur Weiterbildung
erhalten“, betonte der Lehrer Thomas
Andreaus auf einer Pressekonferenz
der Süd-Tiroler Freiheit im Landtag.
„Etwa ein Weiterbildungsmaster, um
supplierenden Lehrern eine Speziali-
sierung im Deutsch- oder Italienisch-
unterricht zu ermöglichen. Dieser
Weg könnte Quereinsteigern helfen,
Ob Nachtfahrverbot oder Lkw-Be-
grenzung: In den letzten Monaten
verging kaum eine Woche, in der
Salvini nicht gegen die (Nord-Tiro-
ler) Transitmaßnahmen ins Feld zog.
Dabei haben die Maßnahmen ein
eindeutiges Ziel, nämlich die zehn-
tausenden Bürger zu schützen, die
entlang der Autobahn leben. Die
Zahlen sind alarmierend: 2,5 Mil-
lionen Lkws fuhren im letzten Jahr
über den Brenner. So viele wie nie
zuvor. Tendenz steigend. Dass die
Menschen in Nord- und Süd-Tirol
buchstäblich unter die Räder geraten,
2
die über keinen geeigneten Studienti-
tel verfügen, aber dennoch seit Jahren
unterrichten“, zeigte Andreaus auf.
SVP stimmt gegen alles
Den Unterricht in der Mutter-
sprache stärken, die Ausbildung der
Lehrer verbessern und Sprachexperi-
mente beenden: Das waren die Ziele
eines Antrages der Süd-Tiroler Frei-
heit im Landtag.
Konkret ging es darum, die Unan-
tastbarkeit von Artikel 19 zu bekräfti-
gen, Sprachexperimente abzulehnen
und zu beenden, Fremdsprachen-
statt Zweitsprachenunterricht ein-
zuführen und die Einrichtung eines
Weiterbildungsmaste zu prüfen.
Die Bilder und Filme von der Pressekonferenz:
suedtiroler-freiheit.com/deutsche-schule
stört Salvini nicht. Die Lkws – und
der Rubel – müssen rollen! Abgase,
Feinstaub und Lärm scheinen für den
Chef der Lega zweitrangig zu sein.
Der Abgeordnete Sven Knoll er-
neuert daher den Vorschlag der Süd-
Tiroler Freiheit, die Lkw-Maut auf
der Brennerautobahn auf Schweizer
Niveau anzuheben. Studien zeigen:
Viele Frächter wählen nicht den für
sie kürzesten Weg über die Alpen,
sondern den billigsten. Mehr als 40
Prozent aller Lastwagen fahren einen
Umweg über den Brenner. Hierzu-
lande werden für Lkw nur 18 Cent
„Selbstverständlich ist die Unan-
tastbarkeit von Artikel 19 oberstes
Gebot“, betonte die SVP-Fraktions-
sprecherin Magdalena Amhof. Eine
Bekundung zur Wichtigkeit dieses
Artikels sei nicht notwendig und die
Autonomie werde niemals in Frage
gestellt.
Bei allen Punkten, die die Süd-Ti-
roler Freiheit vorschlug, ging der SVP-
Daumen nach unten! Kein offizielles
Bekenntnis zu Artikel 19, keine bes-
sere Lehrerausbildung, kein Ende der
Sprachexperimente, keine Änderung
der Sprachvermittlung… Wenn die
SVP das unter „oberstes Gebot“ ver-
steht, dann gute Nacht! Oder besser:
„Buona notte“! | SZ
pro Kilometer fällig, in der Schweiz
ist es fast fünfmal so viel!
„Statt Verständnis für italienische
Interessen zu zeigen, sollte Landes-
hauptmann Kompatscher klare Worte
und Taten für die eigene Bevölke-
rung finden. Die Angriffe Salvinis sind
nicht im Interesse Süd-Tirols. Es gilt,
unseren gesamten Tiroler Lebens-
raum zu verteidigen“, betont Knoll.
Indes holten sich die italienischen
Frächter eine Abfuhr in Luxemburg:
Ihre Klage gegen die Nord-Tiroler
Lkw-Fahrverbote wurde vom Euro-
päischen Gerichtshof abgewiesen. | SZ

RECHTSGUTACHTEN IN TIROL
Runter mit dem
Strompreis!
Obwohl die Gaspreise sinken, steigen die Strompreise weiter. Viele Menschen können sich
diese Wucherpreise nicht mehr leisten. Ein Rechtsgutachten im Bundesland Tirol zeigt
nun, dass die Preiserhöhungen der Stromkonzerne unrechtmäßig waren.
Während die Energiekonzerne glänzend verdienen, haben viele Menschen mit ihrem Einkommen kein Auskommen mehr.
Anfang Februar kündigte die „Tiro-
ler Wasserkraft AG“ (TIWAG) an, ihre
Strompreise ab dem 1. Juni um knapp
30 Prozent zu erhöhen. Ein Rechts-
gutachten der Arbeiterkammer Tirol
stuft diese Preiserhöhungen als un-
rechtmäßig ein. Das Handelsgericht
Wien kam zum selben Schluss: Die
Konzerne dürfen die Preise nur er-
höhen, wenn sich auch ihre Kosten
entsprechend erhöhen. Da in Nord-
Tirol – genau wie in Süd-Tirol – der
meiste Strom mit Wasserkraftwerken
gewonnen wird, reicht ein Verweis auf
internationale Gaspreise nicht aus,
um den Strompreis dermaßen in die
Höhe zu treiben. Ohnehin sind die
Gaspreise längst deutlich unter das
Niveau wie vor dem Ukraine-Krieg
gefallen!
Trotzdem müssen auch in Süd-
Tirol weiterhin Mondpreise bezahlt
werden. Was wurde aus der gefeier-
ten „Heimholung der Energie“? Der
damalige Landeshauptmann Durn-
walder frohlockte, dass die Strom-
preise für die Süd-Tiroler nun deut-
lich sinken würden. Das Gegenteil
ist eingetreten! Süd-Tirol produziert
mit seinen Wasserkraftwerken knapp
Der damalige Landeshauptmann Durn-
walder frohlockte, dass die Stromprei-
se nun deutlich sinken würden. Das
Gegenteil ist eingetreten!
8.000 Gigawatt Strom im Jahr. Nur an
die 3.000 Gigawatt werden im Land
verbraucht.
„Die Menschen fühlen sich zu-
recht an der Nase herumgeführt“,
betont die Abgeordnete Myriam
„Energie heimholen“ – Kommentar von Myriam Atz Tammerle:
suedtiroler-freiheit.com/guenstiger-strom
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„BANANENREPUBLIK“
Acht Monate
für Reisepass
Nein, eilig darf man es nicht
haben: Wer in Bozen einen Rei-
sepass beantragen will, muss
über ein halbes Jahr auf einen
Termin warten! Über sieben
Monate sind es in Meran!
Der Termin für den Antrag um
einen Reisepass muss online vorge-
merkt werden, über eine teils ein-
sprachige italienische Webseite. Au-
ßerdem kann der Reisepass oftmals
nur in Bozen und Meran gebucht
werden. In den Gemeinden ist die
Vormerkung erst gar nicht möglich!
Deshalb fordert die Süd-Tiroler
Freiheit, dass die Beantragung des
Reisepasses in jeder Gemeinde mög-
lich sein sollte. Zudem müsse sich die
Landesregierung einschalten: Wozu
der Staat nicht imstande sei, müsse
das Land selber machen!
Übrigens: In Österreich braucht
man keinen Termin vorzumerken.
Gegen einen Aufpreis wird der Pass
schon am nächsten Tag zugestellt,
ansonsten innerhalb von fünf Tagen.
Ähnliche Wartezeiten gelten auch für
Österreicher im Ausland. Hätten die
Süd-Tiroler wieder ihre österreichi-
sche Staatsbürgerschaft, könnten
sie den österreichischen Reisepass
innerhalb eines Tages erhalten. | SZ
Atz-Tammerle. Und ihr Kollege Sven
Knoll ergänzt: „Das Leben in Süd-Ti-
SPRECHSTUNDEN
rol ist auch so schon enorm teuer. Es
braucht endlich Gegenmaßnahmen!“ Fragen, Anregungen und Ter-
Die Süd-Tiroler Freiheit fordert minanfragen für Sprechstun-
die Landesregierung deshalb auf, den mit den Abgeordneten
umgehend Sven Knoll und Myriam Atz
zu prüfen, Tammerle können gerne an
ob auch die
Erhöhungen landtag@
des Strom- suedtiroler-freiheit.com
preises in
Süd-Tirol gesendet
unrechtmä- oder unter
ßig waren. Die Abgeordneten haben
außerdem eine Anfrage im Landtag 0471 94 61 70
eingereicht, um weiter Druck auf
die Landesregierung auszuüben. gestellt werden.
Die Energie muss endlich wirklich
„heimgeholt“ werden!“ | SZ
3
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Myriam Atz Tammerle, Dr. Andreas Laut Stiftung Gimbe liegt Süd-
Tutzer und Sven Knoll (v.l.) stellten im Tirol bei der Grundversorgung
Landtag Maßnahmen gegen den Ärzte- auf Platz 17 von 21 Provinzen
und Sprachmangel vor. und Regionen in Italien.

GESUNDHEITSWESEN

Mangel-
wirtschaft tem gemeint, in dem es an Produk
ten
Unter Mangelwirtschaft ist ein Sys sind die
ierungen und lange Wartezeiten
und Dienstleistungen fehlt. Ration manente
undheitswesen herrscht eine per
Folgen. Auch im Süd-Tiroler Ges nissen!
ten, Pflegern und an Deutschkennt
Mangelwirtschaft: es fehlt an Ärz n vor zugehe n!
, entschlossen dagege
Es mangelt aber auch am Willen

Schon vor Corona waren die Warte-
zeiten im Süd-Tiroler Gesundheits-
wesen untragbar. Wer zum Beispiel
eine Augenvisite brauchte, musste
ein Jahr lang darauf warten. Die
Folge: Eine Zweiklassenmedizin,
denn immer mehr Menschen
wenden sich an Privatkliniken.
Darunter leidet die medizinische
Versorgung der Bevölkerung. Da-
runter leidet aber auch das Recht
der Patienten, ihre deutsche Mut-
tersprache im Krankenhaus ver-
wenden zu können.
Steine statt Rosen
Ärzten, die sich hierzulande nie-
derlassen wollen, werden Steine in
den Weg gelegt, statt Rosen gestreut.
Eine Allgemeinmedizinern, die ger-
ne nach Süd-Tirol zurückgekommen
wäre, berichtet in einem Schreiben an
Landeshauptmann Kompatscher von
massiven bürokratischen Hürden,
von Hausarztstellen, die nur einmal
im Jahr vergeben würden und von
einer „Medizin wie vor 30 Jahren“!
Daneben sind die Löhne in Öster-
reich, der Schweiz und Deutschland
oft höher, das System effizienter und
die Lebenskosten meist niedriger.
Ärzten, die sich hierzu-
lande niederlassen wollen,
werden Steine in den Weg
gelegt statt Rosen gestreut.
Kurzum: Süd-Tirol ist für angehende
Ärzte komplett unattraktiv geworden!
„Das Süd-Tiroler Gesundheitswe-
sen krankt an einer inkompetenten
Führung“, kritisiert der Landtags-
abgeordnete Sven Knoll. „Dass der
Landeshauptmann glaubt, das Ge-
sundheitsressort � nach dem Raus-
schmiss von Widmann � einfach
nebenbei führen zu können, ist ein
schwerer Fehler!“
Das zeigen auch die Zahlen der
Volksanwaltschaft: Im vergangenen
Jahr betrafen 19 Prozent aller Be-
schwerden Leistungen des Sanitäts-
betriebs!
Die Antwort der Landesregierung
auf die Probleme ist immer dieselbe:
Sie rekrutiert Ärzte und Pfleger aus
Italien und entscheidet sich dafür,
eine italienische Medizin-Uni (als
Außenstelle der Mailänder Uni-
versität) in Süd-Tirol einzurichten.
„Das Problem des Ärztemangels
wird damit nicht gelöst. Das Ge-
sundheitswesen wird aber noch
italienischer und noch unattrakti-
ver für deutschsprachiges Personal“,
warnt Dr. Andreas Tutzer, selbst Arzt
in Süd-Tirol (siehe Interview auf Seite
6 und 7).
Vorschläge abgelehnt
Die Süd-Tiroler Freiheit präsentier-
te einen Antrag im Landtag, damit die
Probleme im Gesundheitswesen an-
gegangen werden. Konkret forderten
Sieben Vorschläge gegen Ärztemangel – Filme und Bilder:
suedtiroler-freiheit.com/vorschlaege-aerztemangel
Knoll und Atz Tammerle die auto-
matische Anerkennung von Studien-
titeln europäischer Universitäten in
Süd-Tirol. Außerdem die Schaffung
gezielter Stipendien, damit Maturan-
ten ein Medizinstudium absolvieren
können, und die Verpflichtung für
Ärzte ohne Deutsch- oder Italienisch-
kenntnisse, vor Arbeitsantritt einen
entlohnten Intensivsprachkurs zu
besuchen. Eine Arbeitsgruppe aus
medizinischem Personal und Ver-
antwortlichen im Sanitätsbetrieb
sollte zudem eingerichtet werden,
um unnötige Bürokratie zu finden
und zu beseitigen.
Angenommen wurde nur der Punkt
mit der automatischen Anerkennung
von Studientiteln. Er soll bei der kom-
menden Wien-Reise des Landtages
zum Süd-Tirol-Unterausschuss be-
sprochen werden. Alles andere lehnte
die SVP ab! | SZ

4
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Anfragen der Süd-Tiroler Freiheit 1 ZAHL DES

| Die Süd-Tiroler Freiheit hat sich wiederholt
dafür eingesetzt, dass die Mehrwertsteuer auf
Pellets wieder auf zehn Prozent gesenkt wird.
2014 war sie von zehn auf 22 Prozent erhöht
worden. Ändern kann die Steuersätze nur der
Staat. Sven Knoll und Myriam Atz Tammerle
fragten nach, wie der Stand zum Thema ist.
147 8
MONATS
Frage gar nicht ein – so wie es die Mitglieder der
Landesregierung oft machen. Kompatscher faselt
in seiner Antwort von „Personen des öffentlichen
Lebens“, die einen „mehr oder weniger starken Be-
zug zum CAI aufwiesen“. Na dann….
| Das Land verkündete im Mai letzten Jahres,

6
Tatsächlich werde die Mehrwertsteuer auf Pellets acht neue Coradia-Stream-Züge vom Eisenbahn- Ende 2022 ver-
hersteller Alstom zu kaufen. Die Süd-Tiroler

4
wieder auf zehn Prozent gesenkt, antwortete Landes- zeichnete Italien eine
hauptmann Kompatscher. Allerdings nur für dieses Freiheit wollte wissen, wann die Züge in Betrieb
gehen und auf welchen Strecken.
Staatsverschuldung
Jahr. Die Süd-Tiroler Freiheit wird sich weiterhin
dafür einsetzen, dass der niedrigere Steuersatz auch Die Züge würden erst im Laufe des Jahres 2025 von 147 Prozent

9
nach 2023 beibehalten wird. auf die Schiene kommen, antwortete Landesrat Al- seiner Wirtschafts-
freider. „Sie werden in erster Linie auf der Vinschger kraft (BIP). In Euros
| Einige vom italienischen Alpenverein (CAI) Bahn eingesetzt und deren Fortführungen auf der
ausgedrückt: 2.781
geführte Schutzhütten in Süd-Tirol tragen die Brennerlinie nach Innsbruck und durchs Pustertal
Namen von Verbrechern. So zum Beispiel die bis Lienz“, so der Landesrat. Milliarden! Das ent-
„Dreizinnenhütte“, die im Italienischen nach spricht dem, was alle
Antonio Locatelli benannt ist. Locatelli war am | Die Süd-Tiroler Freiheit fragte nach, wie Süd-Tiroler zusam-
Vernichtungskrieg Italiens gegen Abessinien viele Fälle von Cyberkriminalität im Jahr 2021 men in 120 Jahren
beteiligt und Parlamentarier der faschistischen angezeigt wurden.
Partei. Die Süd-Tiroler Freiheit wollte wissen, Insgesamt handle es sich um 870 Fälle, antwortete erwirtschaften! Über
auf Grund welcher Verdienste die Hütten die 60 Milliarden Euro

0
Landeshauptmann Kompatscher. Hauptsächlich
Namen solcher Personen tragen (siehe auch waren es Computerbetrug, „Phishing“ und Kredit- zahlt Italien jährlich
Beitrag auf Seite 10). karten-Missbrauch. Auch hierzlande nimmt die
alleine für Zinsen.
Landeshauptmann Kompatscher ging auf die Internet-Kriminalität immer mehr zu! | SZ
In Europa steht nur
Griechenland noch

2 5
schlechter da. (SZ)

ANTRAG IM LANDTAG ZUR WEHRPFLICHT

„Kein Soldat für diesen Staat!“

Der Landtag hat sich auf Vorschlag der Süd-Tiroler Freiheit gegen die Wiedereinführung der Wehr-
pflicht ausgesprochen. Anlass für den Antrag waren Pläne der Regierung in Rom. NAHVERKEHR

Meloni und Co. wollen einen frei-
willigen 40-tägigen Wehrdienst ein-
führen. Für den Initiator des Ge-
setzentwurfs, Senatspräsident und
Mussolini-Verehrer Ignazio La Russa,
„ein erster Schritt“ hin zum verpflich-
tenden Wehrdienst.
Beim 40-tägigen Wehrdienst sollen
junge Menschen „lernen, was Liebe
zu Italien ist“. Den Teilnehmern wür-
den unter anderem Maturapunkte,
zusätzliche Prüfungen beim Studium
und Vorteile bei öffentlichen Wett-
bewerben winken.
Die Abgeordneten Sven Knoll und
Myriam Atz-Tammerle betonen:
„Süd-Tiroler dürfen nicht diskrimi-
niert werden, nur weil sie keinen
Dienst an der Waffe für Italien leis-
ten wollen! Talent und Qualifikation
müssen bei öffentlichen Wettbewer-
ben und an Hochschulen gelten, und
nicht die ‚Liebe zu Italien‘“.
Knoll und Atz Tammerle warnen:
„Für ethnische Minderheiten ist der
erzwungene Militärdienst in einem
fremden Staat eine Gefahr“. Außer-
dem würde die Reaktivierung der
Wehrpflicht das Land Süd-Tirol vor
logistische und vertragliche Heraus-
forderungen stellen: Werden aufge-
lassene Militärkasernen wieder ihren
Betrieb aufnehmen? Was passiert mit
den Abkommen zwischen Süd Tirol
Bilder, Film und die Pressekonferenz zum Thema:
suedtiroler-freiheit.com/wehrpflicht
und Italien? Fallen Kulturgründe dem
Bau von neuen Kasernen zum Opfer?
Mit großer Mehrheit sendete der
Landtag ein Zeichen nach Rom und
sprach sich gegen eine Wehrpflicht
aus. Keine Mehrheit fand die Forde-
rung, die möglichen Vergünstigungen
für den Kurzwehrdienstes in Süd-Ti-
rol nicht anzuwenden. | SZ
Bahn
statt Bus!
Jahrzehntelang wurden Nord-,
Süd- und Ost-Tirol mit einem
Zug verbunden. Ausgerechnet
eine grüne Landesrätin ersetz-
te ihn durch einen Bus!
„Es braucht wieder einen Direktzug
zwischen Innsbruck und Lienz durch
das Pustertal“, betonen die Landtags-
abgeordneten Knoll, Atz Tammerle
und Kofler (FPÖ).
Bezüglich des Baus der Riggertal-
schleife sei es daher wichtig, schon
jetzt aktiv zu werden. Sonst bestünde
die Gefahr, dass die bestehende Ein-
fahrt in das Pustertal über Franzens-
feste stillgelegt wird.
„Die Europaregion Tirol muss end-
lich ein Vorbild für den öffentlichen
Nahverkehr werden“, betonen die
Abgeordneten. | SZ

5
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INTERVIEW MIT Dr. Andreas Tutzer

„Entscheidend ist der

Wille, die Sprache zu
lernen!“
Süd-Tirols Gesundheitsbetrieb
steht immer wieder in den
Schlagzeilen. Zumeist sind es
negative: überlange Warte-
zeiten, Ärzte, die kein Wort
Deutsch können, überborden-
de Bürokratie, Mangel an allen
Fronten… Einer, der schon
öfters Mängel, aber auch Lö-
sungsvorschläge aufzeigte, ist
Dr. Andreas Markus Tutzer.

Die Tiroler Stimmen sprachen mit

dem Arzt über die Unzulänglichkei-
ten in Süd-Tirols Gesundheitssystem,
über seine Erfahrungen in Deutsch-
land, über rein italienischsprachige
Ärzte und über eine Medizinuniver-
sität in Süd-Tirol.

Herr Dr. Tutzer, oft hört man

den Spruch: „Lieber einen ita-
lienischen Arzt als gar keinen
Arzt“. Was entgegnen Sie dem?
Sind diese Unkenrufe gerecht-
fertigt?
Natürlich muss die medizinische
Versorgung aufrecht erhalten wer-
den. Inzwischen sind wir aber schon
so weit, dass wir mit der schlechten
Alternative zufrieden sind. Mit der
Forderung „lieber einen italienischen
Arzt als gar keinen“ stehen wir mit
dem Rücken zur Wand. Denn in der
Not frisst der Teufel Fliegen. Natür-
lich setze ich mich in das Rettungs-
boot des sinkenden Schiffes, aber
das Rettungsboot kann nicht zum
Standard werden und die „Italiani-
sierer“ erkennen die Gunst der Stun-
de! Es liegt an uns, ob wir uns damit
abfinden wollen. Eine Einstellung
von rein italienischsprachigen Ärzten
kann nur eine Übergangslösung sein,
denn an der Autonomie darf nicht
gerüttelt werden. Wichtig ist, den Ball
an die italienische Seite zurückzu-
spielen. Denn wenn nun die Pflicht
der Deutschkenntnis fallen soll,
dann muss auch die Pflicht der Ita-
lienischkenntnis fallen! Und da wird
sich Italien massiv dagegen wehren.
Dr. Andreas Markus Tutzer, Jahrgang 1977, ist Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie. Er lebt mit seiner Familie in
Gries bei Bozen und ist auch kulturell engagiert. Dr. Tutzer ist Mitglied der Musikkapelle Zwölfmalgreien und Volkstänzer.
Die Aussage „egal ob mich der Arzt
versteht“ ist eine Bankrotterklärung
an das System und zeigt uns, an wel-
chem Punkt wir angekommen sind.
Ein Aufklärungsgespräch zu einer
Operation in der Fremdsprache wird
im Streitfall vor Gericht nicht stand-
halten. Spätestens da werden den
Süd-Tirolern die Augen aufgehen.
Sie arbeiteten mehrere Jahre
lang an einem Krankenhaus in
Ulm. Wie lief die Rekrutierung
in Deutschland? Wie wurden Sie
aufgenommen?
Da ich an einem Bundeswehr-
krankenhaus gearbeitet habe, war
der Umstand etwas anders als an
einem zivilen Haus. Um Mitarbeiter
anzuwerben, wurden Werte wie Ge-
meinsamkeit und Kameradschaft,
interdisziplinäres Arbeiten, techni-
scher Fortschritt und hochkaräti-
ges Arbeiten im wissenschaftlichen
Umfeld hochgehalten. Es wurde der
Stolz geweckt, in diesem Verbund
arbeiten zu dürfen. Aufgaben wurden
der Berufserfahrung entsprechend
vergeben und mit diesen Aufgaben
stiegen die Verantwortung und die
Anerkennung. Die Bereitschaft, sich
„Mit der Anbindung an
Mailand ist der Weg nach
Norden endgültig zu“
einzubringen und damit dem Betrieb
Vorschub zu leisten, war ungemein
hoch.
Mit der vorhergehenden Frage
zusammenhängend: Wo würden
Sie ansetzen, damit das öffentli-
che Gesundheitssystem in Süd-
Tirol attraktiver für Ärzte und
Pfleger wird?
Dem potenziellen Mitarbeiter
muss sowohl im Arbeitsumfeld
als auch im sozialen Umfeld mehr
geboten werden als der Mindest-
standard. Die bürokratischen Not-
wendigkeiten müssen einem ab-
genommen und Kontakte zu den
entsprechenden Stellen hergestellt
werden. Hilfe bei der Wohnungssu-
che oder Unterkunft für die Start-
zeit müssen angeboten werden, die
Möglichkeit zur Kinderbetreuung,
aktive Hilfestellung in versicherungs-
rechtlichen Fragen… Kurzum: Der
angeworbene Arzt soll sich betreut
fühlen und nicht als Bittsteller. Im
Arbeitsumfeld müssen dem Arzt Ent-
wicklungs- und Aufstiegschancen ge-
boten werden. Das geht einher mit
unbefristeten Arbeitsverträgen. Es

6

Auswahl an Schlagzeilen aus den letzten Wochen. Im Gesundheitswesen liegt einiges im Argen. Gesundheitslandesrat ist seit
einem Jahr Arno Kompatscher, der das Ressort neben seinen vielen Agenden als Landeshauptmann praktisch „nebenbei“ führt.
muss der Wunsch geweckt werden,
Teil des Sanitätsbetriebes werden zu
wollen, wo eine gesunde Konkurrenz
herrscht, die Leistung bewirkt. Diese
Leistung soll sich wiederum in den
Entwicklungs- und Aufstiegschan-
cen widerspiegeln, also im Sinne der
Leistungsorientierung. Es müssen
Innovation und persönliches Enga-
gement als Tugend gefördert werden.
Und besonders wichtig ist die enge
Anbindung an die Universität. Das
alles wurde mir in Deutschland ge-
„Die Bevölkerung
hat Anrecht auf eine
gut funktionierende
Gesundheitsversorgung“
boten. Trotz geringeren Gehalts bei
viel mehr Arbeit war die Genugtuung
hoch. Unser Sanitätsbetrieb hat ein
schlechtes Image, das wirkt sich auch
auf die Attraktivität als Arbeitgeber
aus. Als wichtigster Dienstleister im
Land muss sich das ändern.
Herr Dr. Tutzer, Ärzte haben
in Süd-Tirol fünf Jahre Zeit, um
die zweite Landessprache zu
lernen. Fast immer betrifft es
italienischsprachige Ärzte, die
Deutsch lernen müssen. Aus
Ihrer Erfahrung: Reicht diese
Zeitspanne? Oder würden Sie
Änderungen vorschlagen?
Klar betrifft es mehr italienisch-
sprachige Ärzte mit dem Deutsch-
lernen, weil bekanntlich der Zuzug
aus dem Süden so hoch ist. Ärzte aus
Österreich oder Deutschland den-
ken gar nicht an Süd-Tirol, weil die
Meinung herrscht, ohne Italienisch
könne man bei uns nicht arbeiten.
Dieses Bild ist das Ergebnis der ita-
lophilen Süd-Tirol-Politik der ver-
gangenen Jahre. Natürlich haben wir
Süd-Tiroler das Glück, Italienisch be-
reits ab der Grundschule zu lernen,
je nach Wohnort wird man mit der
Fremdsprache auch im Umfeld kon-
frontiert. Und Deutsch ist für einen
Italiener glaubwürdig schwieriger zu
erlernen als eine andere romanische
Sprache. Ich war während des Me-
dizinstudiums ein Jahr in Spanien
und habe am Jahresende einzelne
Prüfungen mit allen anderen spa-
nischen Studenten abgelegt. Nun
mag dem einen oder anderen das
Erlernen einer Fremdsprache leichter
oder schwerer fallen. Ob nun drei
Jahre oder fünf Jahre notwendig sind,
darauf werden uns die Sprachwissen-
schaftler antworten. Entscheidend ist
der Wille, die Sprache zu lernen und
genauso entscheidend ist es, dass wir
die Sprache auch einfordern. Beim
Aufschieben der Sprachprüfung bis
zum Sankt Nimmerleinstag fehlt
der letzte Anreiz zum Erlernen der
Sprache.
Über den Ärzte- und Pfle-
germangel liest man nicht nur
in Süd-Tirol, sondern auch in
Österreich, Deutschland und
Italien. Glauben Sie, dass sich
Süd-Tirol bei der Rekrutierung
von Personal ohne Zweisprachig-
keitspflicht leichter tun würde
wie manchmal behauptet?
Ohne die Zweisprachigkeitspflicht
würden wir noch mehr Zustrom aus
Italien bekommen, nicht aber aus
dem restlichen europäischen Aus-
land. Denn bekanntlich kann die
Pflicht der Italienischkenntnis nicht
abgeschafft werden. Wenn italieni-
sche Ärzte im deutschsprachigen
Ausland ihren Arbeitsplatz finden,
führt auch kein Weg am Deutsch-
lernen vorbei. So verpflichtet die
österreichische Ärztekammer aus-
ländische Ärzte zum Ablegen einer
Sprachprüfung auf der Ebene C1.
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T I R O L E R S T I M M E N 0 1 / 2 0 2 3 | S Ü D -T I R O L E R F R E I H E I T
Ebenso regelt die deutsche Ärzte-
kammer die Voraussetzungen zur
Ausübung des Arztberufes. Und
trotz dieser Sprachhürde wächst die
Zahl ausländischer Ärzte in Öster-
reich und Deutschland jährlich um
knapp zehn Prozent. Das bestätigt,
dass die Sprachbarriere kein wirkli-
ches Hindernis darstellt, sondern nur
Ausdruck von mangelndem Willen
und fehlendem Respekt gegenüber
der ansässigen Bevölkerung ist.
Eine Hausärztin ließ jüngst mit
einem Brief an Landeshaupt-
mann Kompatscher aufhor-
chen. Darin kritisiert sie unter
anderem enorme bürokratische
Hürden bei der Rückkehr nach
Süd-Tirol und spricht von einer
„Medizin wie vor 30 Jahren“. Hat
sie Recht?
Die Hausärztin, die ihre Ausbil-
dung im Ausland abgeschlossen hat-
te, wollte in Süd-Tirol arbeiten und
ist schlussendlich an den bürokrati-
schen Hürden gescheitert. Das war
Anlass dieses Briefes. Damit hat sie
aufgezeigt, welches stupide Hinder-
nis Ärzte vom Arbeiten in Süd-Tirol
abhält. Mit der „Medizin wie vor 30
Jahren“ hat sie wohl nicht den medi-
zinischen Standard gemeint, sondern
den bürokratischen Hindernislauf,
wie er vor EU-Zeiten war.
Immer mal wieder wird hier-
zulande darüber diskutiert, eine
„Medical School“, eine medizi-
nische Fakultät oder ähnliches
einzurichten. Letzthin forcierte
die Landesregierung das Thema
und gedenkt, eine Außenstelle
der Mailänder Universität „Cat-
tolica“ in Bozen anzusiedeln.
Eine gute Idee?
Es war nicht anders zu erwarten,
dass sich diese Landesregierung an
eine italienische Universität wendet.
Es gäbe genauso viele und genau-
so renommierte Universitäten im
deutschsprachigen Ausland. Abgese-
hen davon ist unsere Heimatuniversi-
tät in Innsbruck. Mit dem Vorteil, dass
viele Kontakte bereits im Studium
geknüpft werden und die Dienstwege
entsprechend kurz sind. Mit dem Vor-
teil, dass die Tür zum deutschspra-
chigen Ausland offen steht und mit
dem Vorteil, dass die Patientenbe-
treuung an der Universität weiterhin
in unserer Sprache abläuft. Auch die
Pflegeschule „Claudiana“ war einst
als mehrsprachige Schule gestartet.
Geblieben ist eine fast rein italie-
nischsprachige. So wird es auch mit
der Universität aus Mailand gehen.
Den Patienten wurde der Weg an die
Innsbrucker Universität in den letz-
ten Jahren bereits massiv erschwert.
Mit der Anbindung an Mailand ist der
„Ohne die
Zweisprachigkeitspflicht
würden wir noch mehr
Zustrom aus Italien
bekommen, nicht aber aus
dem Ausland“
Weg nach Norden endgültig zu. Dass
wir ein universitäres Rückgrat brau-
chen, steht außer Frage. Eine eigene,
öffentliche Medizinuniversität macht
aber keinen Sinn. Die institutionellen
Leistungen sind nicht zu stemmen
und die Finanzierung ist ein Fass
ohne Boden. Abgesehen davon, las-
sen die rechtlichen Umstände ein
Medizinstudium wie in Österreich
oder Deutschland gar nicht zu. Und
gerade darum werden wir von vielen
Italienern beneidet.
Herr Dr. Tutzer, abschließende
Frage: Angenommen, Sie wären
Gesundheitslandesrat. Was
wäre Ihre erste Amtshandlung?
Die Bevölkerung hat Anrecht auf
eine gut funktionierende Gesund-
heitsversorgung. Dazu ist die Ein-
bindung aller privaten medizinischen
Einrichtungen nach österreichi-
schem Vorbild der längst überfällige
Schritt. Niedergelassene Fachärzte,
private Kliniken, selbstständige The-
rapeuten bekommen Kassenverträge
mit dem Sanitätsbetrieb. Gemeinsam
mit der Aufwertung der Hausärzte
wird ein dezentrales kapillares Ge-
sundheits-Netzwerk aufgebaut.
Herzlichen Dank für das Ge-
spräch! (Das Interview führte
Stefan Zelger).
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SÜD-TIROLER ZAHLEN DOPPELT

Eigener Sender
statt „Staatsfunk“!
Beibehalten, senken oder abschaffen? Italien diskutiert über die
Gebühr für die „Radiotelevisione Italiana“, besser bekannt als RAI.
Die Süd-Tiroler bezahlen für den „Staatsfunk“ weit mehr als der
Rest Italiens. Zeit, getrennte Wege zu gehen!

„Eines vorweg: Regionale Program- „Das ist nicht gerechtfertigt, zu-

me und Nachrichten sind wichtig,
gerade für eine Volksgruppe in einem
fremden Staat“, betonen die Abge-
ordneten Sven Knoll und Myriam Atz
Tammerle.
Wichtig Ja, teuer auch! Denn die
Süd-Tiroler blechen für die RAI gleich
doppelt: über das sogenannte Mai-
länder Abkommen und über die
Rundfunkgebühren. Eine Anfrage
der Süd-Tiroler Freiheit im Landtag
zeigte: Zwischen 2016 und 2020 zahl-
ten die Süd-Tiroler über 77 Millionen
Euro an Rundfunkgebühren. Im glei-
chen Zeitraum gingen 100 Millionen
Euro aus dem Landeshaushalt an die
RAI. Macht im Schnitt 35 Millionen
Euro im Jahr. Eine erkleckliche Sum-
me!
mal viele Süd-Tiroler die staatlichen
RAI-Programme nicht hören oder
anschauen. Es ist zu viel für das,
„Das ist nicht gerechtfer-
tigt, zumal viele Süd-Tiroler
die staatlichen RAI-Pro-
gramme nicht hören oder
anschauen“
was wir bekommen und in Zeiten
der Krise auch eine ungerechtfertigte
Belastung für die Bürger“, bekräftigen
Knoll und Atz Tammerle.
Geht es nach der Süd-Tiroler
Freiheit, sollte dieses viele Geld,
wennschon, einem eigenen Regio-
90 Euro betragen die Rundfunkgebühren im Jahr. Sie werden automa-
tisch über die Stromrechnung eingezogen, egal, ob man die RAI-Pro-
gramme konsumiert oder nicht.
nalsender zugutekommen. „Los müssten. Wie lange das oft dauern
von Rom“, auch beim Rundfunk. kann, zeigt ein aktuelles Beispiel:
Die freien Mittel könnten direkt für RAI Südtirol sendet erst seit weni-
die Programmgestaltung in Süd-Ti- gen Monaten hochauflösend (HD).
rol verwendet werden. Ein weiterer Die Technologie gibt es seit fast 20
Vorteil eines eigenen Senders wäre, Jahren! Es „RAIcht“! | SZ/TI
dass zahlreiche Entscheidungen und
Investitionen nicht erst von der RAI-
Zentrale in Rom genehmigt werden

NEUES AUS EUROPA

Puigdemont und Co. keine „Rebellen“ mehr

15 Jahre: So lange sitzt man hierzulande oft für einen Mord ein. 15 Jahre Haft drohten Carles
Puigdemont und seinen Mitstreitern. Ihr Verbrechen: Eine demokratische Abstimmung über
die Zukunft Kataloniens. In den Augen Spaniens eine „Rebellion“. Bis jetzt...

Die Regierung des spanischen Ministerprä-
sidenten Pedro Sánchez hatte das Strafrecht
Ende 2022 geändert. Am 12. Jänner 2023 trat
die Reform in Kraft. Die Änderungen haben
Auswirkungen auf Katalonien und die kata-
lanischen Politiker im Exil.
Aus „Rebellion“ wird „Unordnung“
Mit der Überarbeitung des spanischen Straf-
rechts wurde der Tatbestand der „Rebellion“
gestrichen und durch „schwere öffentliche Un-
ordnung“ ersetzt. Der gewichtigste Vorwurf
gegen Carles Puigdemont und zwei seiner Mit-
streiter ist damit vom Tisch. Den katalanischen
Politikern hätte bei einer Auslieferung oder
einer freiwilligen Rückkehr in die Heimat 15
Jahre Haft wegen „Rebellion“ gedroht!
Die Regierung Sánchez strich den Paragrafen
aus innenpolitischen Gründen. Zum einen, um
den Konflikt um Katalonien zu befrieden; zum
anderen, weil er die Stimmen der katalanischen
Abgeordneten in Madrid braucht.
Außerdem war der Rebellions-Paragraf nicht
mit den Rechtsnormen anderer EU-Länder
vereinbar. Belgien, Deutschland und Schott-
land hatten Puigdemont und seine Mitstreiter
nicht ausgeliefert, trotz Drängen Spaniens. In
den Rechtsordnungen dieser Länder gibt es
so etwas wie „Rebellion“ nicht und sie wollten
auch keinen „Aufstand“ in einer Volksabstim-
mung erkennen.
Vier statt 15 Jahre
Reformiert wurde auch der Strafbestand „Ver-
untreuung öffentlicher Gelder“. Die Höchst-
strafe für das Delikt wurde von acht auf vier
Jahre gesenkt, insofern keine persönliche Be-
reicherung vorliegt.
Schon der damalige spanische Finanzmi-
nister Cristóbal Montoro relativierte im Ap-
ril 2018 den Vorwurf der Veruntreuung: „Ich
weiß nicht, wie sie die Wahlurnen aus China
finanziert haben. Aber ich weiß, dass es kein
Steuergeld war!“
Hunderte wegen Veruntreuung verurteilte
Beamte, die zum Beispiel als Direktor ihre Schu-
le als Wahllokal zur Verfügung gestellt hatten,
dürfen nun mit geringeren Strafen rechnen. Auf
Puigdemont und die anderen im Exil lebenden
Politiker warten nun höchstens vier Jahre Haft
in Spanien statt 15.
Zurückkehren nach Katalonien will der Prä-
sident im Exil aber nicht. Puigdemont wird
von Brüssel aus seinen Einsatz fortsetzen: „Ich
werde nicht wegen eines persönlichen Vorteils
eine Politik unterstützen, die darauf abzielt, den
Wunsch der Katalanen zu kriminalisieren, in
einem freien Land zu leben. Ich gehe das Risiko
ein, bis zum Ende zu kämpfen“. | SZ

8

VOR GENAU 100 JAHREN
Assimilierung des „Hochetsch“ –
Ziel erreicht?
Am 12. März 1923 verkündete der faschistische Großrat die „Provvedimenti per l’Alto Adige“. Es war das Programm der Schwarzhemden
zur Auslöschung der deutschen und ladinischen Sprache und Kultur in Süd-Tirol. Die Sternstunde für Erzfaschist Ettore Tolomei. Seine
faschistischen Ortsnamendekrete gelten bis heute!
Ettore Tolomei, der Erfinder des „Alto Adige“. Auch den Beinamen „Totengräber Süd-Tirols“ hat er sich verdient! Sein faschis-
tisches Gift wirkt bis heute!
„Provvedimenti per l’Alto Adige,
intesi ad una azione ordinata, pronta
ed efficace di assimilazione italiana.“
Ins Deutsche übersetzt: „Maßnah-
men für das Hochetsch zum Zwe-
cke einer geordneten, schnellen und
wirksamen italienischen Assimilie-
rung“. Mit diesen Worten kündigte
der Großrat des Faschismus an, wie es
mit dem deutschen und ladinischen
Teil Tirols, der nach dem Ersten Welt-
krieg von Italien annektiert worden
war, weitergehen soll.
Alles Deutsche und Ladinische
musste verschwinden. Von Anfang an
im Visier standen dabei die Orts- und
Flurnamen, angefangen beim Namen
Tirol. So wurden drei Dekrete (1923,
1940 und 1942) verabschiedet, mit
denen ausschließlich so genannte
„italienische“ Orts- und Flurnamen
für amtlich gültig erklärt wurden. Bei
den so genannten „italienischen“ Na-
men handelte es sich größtenteils
um Konstruktionen, deren Anzahl
bis zum Jahr 1942 auf über 10.000 an-
gestiegen war. Die meisten stammten
aus der Feder eines einzigen Mannes:
Ettore Tolomei, ein Welsch-Tiroler
Irredentist und späterer Faschist der
ersten Stunde.
Manipulieren bis heute
Die faschistischen Ortsnamende-
krete sind – trotz Pariser Vertrags und
Autonomiestatuts – bis heute in Kraft.
Immer wieder gab es Anläufe im Süd-
Tiroler Landtag, sie abzuschaffen,
doch sämtliche Anläufe scheiterten
jedes Mal an der fehlenden Zustim-
mung durch die SVP – von den ita-
lienischen Parteien und den Grünen
ganz zu schweigen. Besonders er-
schreckend ist hierbei, dass heutzu-
tage mehr denn je so getan wird, als
seien die konstruierten italienischen
Namen, angefangen bei „Alto Adige“,
das Selbstverständlichste der Welt. In
Wahrheit erfüllen sie bis heute einen
manipulativen Zweck.
Wohl ist es wahr, dass die vom
Großrat des Faschismus beschlos-
sene Assimilierung im „Alto Adige“
nicht so schnell vorangeschritten
ist wie ursprünglich gewünscht. Die
Assimilierung ist immer noch nicht
vollzogen. Sie wurde aber auch nicht
gestoppt.
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T I R O L E R S T I M M E N 0 1 / 2 0 2 3 | S Ü D -T I R O L E R F R E I H E I T
das mangelnde Gespür für die Wich-
tigkeit der Authentizität und histori-
schen Fundiertheit unserer Namen-
landschaft. Tatsächlich scheint das
„Alto Adige“ in seinem Kopf bereits
einen festen Platz eingenommen und
sich wohl auch in seinem Herzen tief
eingenistet zu haben. Anders ist es
nicht zu erklären, dass dieser „Prä-
sident“ im Jahr 2021 einen Antrag
der Süd-Tiroler Freiheit ablehnte,
der die offizielle Einführung von
„Sudtirolo“ – und sei es zumindest
als Bezeichnung alternativ zu „Alto
Adige“ – vorsah und sich faktisch für
ein Verbot von „Sudtirolo“ aussprach!
Das Nein des Südtiroler Landtages
zu „Sudtirolo“ zeigt vor allem eines:
Die Assimilierungspolitik im „Alto
Adige“ wird mittlerweile besonders
hierzulande von den eigenen politi-
schen Vertretern eifrig vorangetrie-
ben. Sie tun dies teils aus Ahnungs-
losigkeit und Sorglosigkeit, teils unter
dem Deckmantel des friedlichen Zu-
sammenlebens. Doch was für eine
Fest in Kompatschers Kopf Autonomie hat Südtirol eigentlich,
Das beste Beispiel hierfür ist der wenn diesem Tiroler Landesteil bis
Südtiroler Landeshauptmann, oder, heute nicht einmal seine eigenen
treffender bezeichnet, der Präsident Namen zugestanden werden?
der Provinz „Alto Adige“, denn ein Hat der Großrat des Faschismus
„Land Südtirol“ gibt es offiziell gar also sein 1923 gestecktes Ziel er-
nicht. Dieser „Präsident“ steht sinn- reicht? Noch nicht ganz, aber: Gut
bildlich für das mangelnde Verständ- Ding braucht Weile! | CK
nis für eine wissenschaftliche und
ideologiefreie Herangehensweise, für
Tolomei (Mitte) während einer faschistischen Veranstaltung. Am 15. Juli 1923
präsentierte er die „Provvedimenti“ in Bozen. Unter anderem wurden der Namen
„Südtirol“ verboten, Familiennamen italianisiert, Italienisch als einzige Amts-
sprache eingeführt und deutschsprachige Beamte entlassen.
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SÜD-TIROLER SCHUTZHÜTTEN

Welche sind nach Dr. Cristian Kollmann ist

RIFUGIO Faschisten benannt? Toponomastikexperte der Landtagsfraktion
der Süd-Tiroler Freiheit.
ANTONIO LOCATELLI

Die Dreizinnenhütte, auch: Sepp-
Innerkofler-Hütte, wurde unter dem
Faschismus in „Rifugio Antonio Loca-
telli“ umbenannt. Veranlasst wurde die
Umbenennung im Jahr 1936 durch den
Club Alpino Italiano (CAI).
Im selben Jahr beschloss die Stadt
Bergamo, den Namen Locatelli in die
Liste der „Namen und glorreichen
Daten des Faschismus und des sieg-
reichen Kolonialeinsatzes in Ostafrika“
aufzunehmen und „seinem glorreichen
Namen eine Hauptstraße der Stadt“
zu widmen.
Locatelli, 1936 während einer fa-
schistischen Luftwaffenexpedition in
Lechemti von äthiopischen Truppen er-
schossen, war Pilot und Parlamentarier
der faschistischen Partei. Für seine mi-
litärischen Verdienste, darunter auch
jene als Luftwaffenpilot in Äthiopien,
bekam er sechs Tapferkeitsmedaillen.
Die meisten Schutzhütten in Tirol wurden im 19.
Jahrhundert vom Deutschen und Österreichischen
Alpenverein (DÖAV) errichtet und vielfach nach
den örtlichen Sektionen benannt. In Süd-Tirol
wurden sie dann unter dem Faschismus enteignet,
diversen Sektionen des Club Alpino Italiano (CAI)
zugewiesen und von diesen umbenannt. Dabei
ging es stets darum, jeden Bezug zum ursprüng-
lichen Namen zu beseitigen. Unter anderem griff
man dabei auf italienische Persönlichkeiten zu-
rück, die jedoch zur jeweiligen Schutzhütte und
auch zu (Süd-)Tirol im Allgemeinen überhaupt
keinen Bezug hatten. Sicher ist, dass die Persön-
lichkeiten irgendwie ins Konzept der faschisti-
schen Ideologie passen mussten, ohne jedoch
dabei zwangsläufig einen faschistischen Hinter-
grund zu haben.
Mit einer Landtagsanfrage wollte die Süd-Tiroler
Freiheit von der Landesregierung in Erfahrung
bringen, auf Grund welcher Verdienste bzw. aus
welchen anderen Gründen folgende italienische
Persönlichkeiten in Süd-Tiroler Schutzhütten zu
Ehren kamen: „Rifugio Antonio Locatelli“ für die
Sepp-Innerkofler-Hütte oder Dreizinnenhütte;
„Rifugio Alfredo Serristori“ für die Düsseldorfer
Hütte; „Rifugio Emilio Comici“, dann „Rifugio
Zsigmondy-Comici“ für die Zsigmondyhütte;
„Rifugio Gino Biasi al Bicchiere“ für das Becher-
haus; „Rifugio Giovanni Porro“ für die Chemnitzer
Hütte; „Rifugio Nino Corsi“ für die Zufallhütte;
„Rifugio Pio XI alla Palla Bianca“ für die Weiß-
kugelhütte; „Rifugio Umberto Canziani“ für die
Höchster Hütte.
Die Antwort der Landesregierung, fiel, wie auch
sonst so oft, recht unkonkret aus. So heißt es
darin u.a.: „Dabei kamen bei der Namensgebung
Personen des damaligen öffentlichen Lebens zur
Anwendung, zu denen die jeweils benennenden
CAI-Sektionen einen mehr oder weniger starken
Bezug aufwiesen und die aus subjektiver Sicht
der benennenden CAI-Sektionen wohl derlei Ver-
dienste vorzuweisen hatten, die eine solche Na-
mensgebung aus ihrer Sicht rechtfertigten.“ Der
Landeshauptmann sah nicht einmal die Notwen-
digkeit, zu Antonio Locatelli Stellung zu beziehen
bzw. dessen zweifelhafte Verdienste zu verurteilen.

NACHRUF AUF HEINRICH OBERLEITER

Endgültige Heimkehr
eines Freiheitskämpfers
Der Landtagsklub der Süd-Tiroler Freiheit ist tief betroffen vom plötzlichen Tod des Freiheitskämpfers Heinrich Oberleiter und spricht
den Angehörigen sein Beileid aus. Am 4. Jänner 2023 ist Heinrich Oberleiter im Alter von 81 Jahren an den Folgen eines Autounfalls ver-
storben. Die Süd-Tiroler Freiheit sagt: „Danke Heinrich für alles, was Du für unsere Heimat getan hast!“

Heinrich Oberleiter wurde 1941
in St. Johann im Ahrntal geboren.
Als Jugendlicher erlebte er die täg-
lichen Demütigungen durch Italien.
Der Staat verfolgte auch nach dem
Ende des Faschismus das Ziel, aus
den Süd-Tirolern Italiener zu ma-
chen und das Land zu majorisieren.
„Tag für Tag haben sie uns unsere
Machtlosigkeit und Rechtlosigkeit
spüren lassen“, erzählte Oberleiter
im Interview mit den Tiroler Stimmen
(Ausgabe 4-2021).
Nachdem Jahre des Verhandelns
keine Lösung brachten, entschloss
sich Oberleiter zum Freiheitskampf.
Haft und Folter entging Oberleiter
durch Flucht: „Ich konnte nicht
riskieren, bei den zu erwartenden Oberleiter bis zu seiner Begnadigung
Folterungen die Namen unserer vor knapp einem Jahr verwehrt. Der
Mitkämpfer, unsere Verstecke und italienische Staatspräsident Mattarel-
unsere Kampftaktik Preis zu geben“. la stellte in der Begründung zur Be-
Erst nach den Anschlägen war Ita- gnadigung fest, dass Oberleiter – und
lien zu ernsthaften Verhandlungen damit indirekt die „Puschtra Buibm“
über eine wirkliche Autonomie für – für keinen Mord verantwortlich war
Süd-Tirol bereit. Oberleiter baute und niemanden verletzte.
sich indes in Bayern eine neue Exis- Oberleiters Heimkehr ins Ahrntal
tenz auf. Er gründete eine Familie, im letzten Sommer war ein freudiges
kümmerte sich um Menschen mit und bewegendes Ereignis. Möge Gott
Behinderung und engagierte sich ihm seinen Einsatz vergelten. Danke
unter anderem im SOS-Kinderdorf. für alles! Ruhe in Frieden Heinrich!
Eine Rückkehr in die Heimat blieb | SZ
Das Zeitzeugeninterview mit Heinrich Oberleiter im Video:
suedtiroler-freiheit.com/oberleiter

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DIREKTWAHL LANDESHAUPTMANN

Demokratie:
In Rom Ja, in Bozen Nein?
Der Posten des Landeshauptmanns ist der wichtigste im Land. Bis heute wird der erste Bürger Süd-Tirols aber nicht direkt vom Volk ge-
wählt, sondern vom Landtag. Dabei würde einiges für die Direktwahl des Landeshauptmanns sprechen. Trotzdem lehnte die SVP einen
diesbezüglichen Antrag der Süd-Tiroler Freiheit ab. Gleichzeitig fordert die SVP in Rom das, was sie in Süd-Tirol verweigert!

Kandidiert Kompatscher nochmal? und die Wahl attraktiver machen. Das

Hört er auf? Wochenlang lähmten die-
se Fragen die politische Entwicklung
im Land. Allüren und parteiinterner
Streit bestimmten die Diskussion. Ein
Grund für die Schmierenkomödie ist,
dass das Volk seinen höchsten Ver-
treter nicht direkt wählen kann. Die
Parteien im Landtag entscheiden, wer
auf den Chefsessel kommt.
Rechtlich stünde einer Direktwahl
nichts im Weg: „Süd-Tirol hat die
gesetzlichen Voraussetzungen, den
Landeshauptmann von den Men-
schen wählen zu lassen“, betont der
Abgeordnete Sven Knoll. Diese Mög-
lichkeit haben nur die Regionen mit
Sonderstatut und die beiden auto-
nomen Provinzen Bozen und Trient.
In Welsch-Tirol wurde die Direktwahl
schon eingeführt. Die Bürgermeister
in Süd-Tirol werden ebenfalls direkt
gewählt.
Nur eine Fotomontage: Die direkte Wahl des Landeshauptmanns in Süd-Tirol.
Eine unmittelbare Wahl des Lan-
deshauptmanns brächte mehrere
Vorteile: „Sie würde den Willen aller
Wähler widerspiegeln, und nicht nur
einer Partei“, unterstreicht die Abge-
ordnete Myriam Atz Tammerle. „Die
Direktwahl könnte zudem das Inter-
esse der Bürger an der Politik steigern
Direktwahl des Landeshauptmanns – Filme und Bilder:
suedtiroler-freiheit.com/direktwahl
ist dringend notwendig!“
Bei der SVP fanden diese Argumen-
te kein Gehör. Mit ihren Stimmen,
und mit jenen der Grünen, wurde
der Antrag der Süd-Tiroler Freiheit
versenkt.
Im fernen Rom klingen die SVP-Tö-
ne hingegen anders. Senatorin Julia
Unterberger sprach sich erst Ende
Jänner dafür aus, dass der Minister-
präsident in Italien direkt vom Volk
gewählt werden sollte. Das würde
Stabilität und die Bürgerbeteiligung
begünstigen, sagte Unterberger.
Ergo: Bürgerbeteiligung in Rom Ja,
in Süd-Tirol Nein! Das zeigt, worum
es der SVP eigentlich geht: um den
eigenen Machterhalt! | SZ

Das Recht auf Selbstbestimmung...

In der Rubrik „Das Recht auf Selbstbestimmung…“ werden Hintergründe, verschiedene
Aspekte und aktuelle Entwicklungen rund um das Selbstbestimmungsrecht der Völker
beleuchtet. Heute: Russlands Abstimmungen.

Immer wieder missbrauchen Diktatoren das
Recht auf Selbstbestimmung für ihre Zwecke.
Jüngstes Beispiel: Russland. Vom 23. bis 27.
September 2022 ließ Moskau in den besetzten
Gebieten Donezk, Luhansk, Cherson und Sa-
porischschja Scheinreferenden durchführen.
Die Frage lautete, ob diese Regionen Teil der
Russischen Föderation werden sollten. Aus
mehreren Gründen widersprechen Putins Ab-
stimmungen dem Völkerrecht.
Abstimmung mit Gewehr im Rücken
Erstens, handelte es sich bei den Referenden
in der Ostukraine nicht um eine freie Willens-
bekundung eines Volkes. Russland nötigte die
Bewohner abzustimmen, oft unter Androhung
von Gewalt: „Zwei Frauen und drei russische
Soldaten mit Gewehren fragten mich, ob ich ab-
stimmen würde. Als ich fragte, ob ich eine Wahl
hätte, schwiegen sie. Ich musste dort ankreu-
zen, wohin sie mit dem Gewehrlauf zeigten“,
sagte beispielsweise eine Frau in einem Dorf bei
Melitopol gegenüber der „Deutschen Welle“.
Mit dem Angriff auf das Nachbarland hat
Russland – zweitens – gegen die wichtigste
völkerrechtliche Norm verstoßen: dem Aggres-
sionsverbot. Alle weiteren Akte, die sich nach
dem Angriff ergeben, dürften völkerrechtlich
von anderen Staaten nicht anerkannt werden.
Drittens, muss eine Wahl Mindeststan-
dards erfüllen. Die Bevölkerung muss eine
ausreichende Zeitspanne haben, damit ein
gesellschaftlicher Diskurs möglich ist. Die Re-
ferenden wurden aber innerhalb weniger Tage
angekündigt und durchgeführt. Jede Wahl muss
außerdem allgemein, gleich, freiwillig und ge-
heim sein. Auch das war in der Ostukraine nicht
gegeben. Es gab Einschüchterungen, Drohun-
gen, Bestechungen, durchsichtige Wahlboxen
und Mehrfachabstimmungen.
Und viertens, ist Wahlfälschung dokumen-
tiert. Alleine die von Russland kolportierte
Wahlbeteiligung macht stutzig. So gingen
angeblich bis zu 87 Prozent der Bevölkerung
wählen, auch in Dörfern, die durch den Krieg
entvölkert und zerstört wurden.
Auswärts Wein, daheim Wasser?
Wie es Russland mit dem Selbstbestim-
mungsrecht wirklich hält, zeigt sich auch im
Land selber. An die 80 Prozent der Bevölkerung
sind ethnische Russen. Die übrigen 20 Prozent
gehören knapp hundert verschiedenen Völkern
an. Russland unterdrückt jede vom Kreml ab-
weichende Linie. Beispiel Tschetschenien: Die
Region wird seit Jahren von „Putins Bluthund“
Ramsan Kadyrow brutal unterdrückt.
Fazit: Die Abstimmungen dienten nur einem
Zweck – Gebietsgewinnen eines Angriffskrieges
den Mantel der Legitimität umzuhängen! | SZ

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STAAT-REGIONEN-KONFERENZ
Meine
Muttersprache „Interessen des Staates
ist im Vordergrund!“
Deutsch Die Süd-Tiroler Freiheit spricht sich entschieden gegen das beschlossene Landesgesetz zur
Staat-Regionen-Konferenz aus. Dieses wertet die Autonomie nicht auf, sondern stellt eine
Gefahr dar! Der Text ist gespickt mit nationalistischen Ausdrücken.
Ich mache von
meinem Recht, Die Staat-Regionen-Konferenz in dessen Rahmen sich die auto-
besteht seit 1983. Ihr Ziel ist die nomen Provinzen bewegen müs-
DEUTSCH Zusammenarbeit der Regionen sen. Folglich wird der Ausbau der
zu sprechen, und autonomen Provinzen mit Autonomie schwieriger und noch
dem Staat zu fördern. Mit dem mehr vom Wohlwollen anderer
Gebrauch! neuen Gesetz sollte diese Koope- Regionen abhängig.
ration neu geregelt und institutio- Die letzten Jahre zeigten außer-
Beschwerden bei nalisiert werden. Allerdings hat dem, dass das letzte Wort beim
Verletzungen der das Gesetz eine deutliche Schlag- Staat liegt – siehe die Urteile des
Zweisprachigkeits- seite Richtung Zentralstaat. Verfassungsgerichts. „Mit dem
pflicht: „Das nun beschlossene Abkom- neuen Abkommen bindet sich
men hat die Interessen des Staates Süd-Tirol stärker an den Staat,
im Fokus und nicht die Interessen anstatt sich von diesem unab-
Tel.: 0471 41 39 25 der Autonomien“, warnt Myriam hängiger zu machen“, kritisiert
E-Mail: landessprachen. Atz Tammerle, Landtagsabgeord- Atz Tammerle. „Dabei wollen die
buergerrechte@provinz. nete der Süd-Tiroler Freiheit. Im Süd-Tiroler weniger Italien und
Abkommen ist unter anderem die mehr Süd-Tirol. Das hat insbe-
bz.it Die Süd-Tiroler Freiheit um My-
Rede vom „nationalen Interesse“ sondere der Autonomiekonvent riam Atz Tammerle stimmte als
und von „wirtschaftlicher und gezeigt“. | SZ einzige gegen das Gesetz zur Staat-
rechtlicher Einheit des Staates“, Regionen-Konferenz.

Der Zopf In Tirol vor... IMPRESSUM

200 Jahren:
Am 21. Februar 1823 wurden die Ge-
beine Andreas Hofers in der Innsbrucker
Hofkirche feierlich beigesetzt. Kaiserjäger
brachten Hofers Überreste von Mantua in
die Landeshauptstadt.
Eigentümer und Herausgeber
Süd-Tiroler Freiheit / Landtagsfraktion Süd-
Tiroler Straße 13, 39100 Bozen
Süd-Tiroler Freiheit / Regionalratsfraktion
Laubengasse 9, 39100 Bozen
Presserechtlicher Verantwortlicher
Stefan Zelger, BSc, BA

Redakteure dieser Ausgabe

Künstliche Intelligenz ist zurzeit
in aller Munde. Dabei ist nicht die
künstliche Intelligenz gefährlich,
sondern die natürliche Dummheit!
100 Jahren: Stefan Zelger, BSc, BA (SZ)
Für den 11 Jänner 1923 ordnete Präfekt Dr. Cristian Kollmann (CK)
Guadagnini an, die deutschen Schulen in Tobias Innerhofer (TI)
Salurn, Branzoll, Leifers und St. Jakob zu
Redaktionsschluss
schließen. Rund 4.000 Kinder verloren da- Montag, 27. März 2023
mit den Unterricht in ihrer Muttersprache.
Fotos
Shutterstock (S. 1, 2, 3, 4, 5, 11), Südtiroler
63 Jahren: Schützenbund (S. 10), Süd-Tiroler Freiheit,
Am 21. Februar 1960 wurde in Bozen mit Pixabay, Pexels.
einer Messe das 150-jährige Gedenken an
Druck
den Freiheitskampf von 1809 abgeschlos- Effekt GmbH (Neumarkt)
sen. Die italienischen Polizei schlug dar-
aufhin wahllos auf die Kirchengänger ein. Eintragung
Eingetragen im Register der
Der Tag ist als „Knüppelsonntag“ bekannt. Druckschriften des Landesgerichts Bozen Nr.
1/2015 vom 5.3.2015
13 Jahren:
Am 15. Jänner 2010 starb Hans Stieler. Er
war in den 1950er Jahren einer der ersten,
der mit Sprengstoffanschlägen auf Strom-
masten auf die Unterdrückung der Süd-Ti-
roler durch Italien aufmerksam machte.

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