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Kultur Dokumente
Universität Linz
Assistierende Technologien
und
Barrierefreiheit
573.003
(KV, 2St/3ECTS)
Inhaltsverzeichnis
1. Zielsetzung der Lehrveranstaltung ....................................................................................................................... 4
2. Vorwort................................................................................................................................................................. 5
3. Begriff und Konzept von Design ........................................................................................................................... 7
Dimensionen von Design .......................................................................................................................................... 7
Reduktion und Eindimensionalität ............................................................................................................................. 8
Design for All ............................................................................................................................................................ 9
Literatur................................................................................................................................................................... 11
4. Design for All und eAccessibility ........................................................................................................................ 12
Das Potential der IKT für Design for All .................................................................................................................. 13
Technik: Wahlmöglichkeit und Wahlverpflichtung ................................................................................................... 15
Die integrative Grundstruktur von IKT und AT ........................................................................................................ 17
Vielfalt und Konvergenz von IKT und AT ................................................................................................................ 20
Weitere Beispiele: ................................................................................................................................................... 25
ATMs – Automatic Teller Machines (Automaten) ............................................................................................... 25
Umgebungssteuerung ........................................................................................................................................ 26
Konvergenz mit dem „Mainstream“ ......................................................................................................................... 27
Verallgemeinerung: „Be- und Enthinderung“ durch Technik ................................................................................... 28
Literatur................................................................................................................................................................... 31
5. Grundsätze von Design for All ........................................................................................................................... 33
Diversifizierung ....................................................................................................................................................... 33
Nutzen für Alle ........................................................................................................................................................ 34
Prinzipien des „Design for All“................................................................................................................................. 36
Design for All = Accessibility + Usability ................................................................................................................. 38
User Centred Design – End User Involvement ....................................................................................................... 38
Vom "Patienten" zum "Klienten", von "Almosen" zum "Marktpotential" ................................................................... 39
Interdisziplinparität .................................................................................................................................................. 40
Literatur................................................................................................................................................................... 41
6. Gründe: Warum „Design for All“ ......................................................................................................................... 42
Ethische und moralische Bedeutung ...................................................................................................................... 42
Politische und rechtliche Gründe ............................................................................................................................ 43
USA [4]............................................................................................................................................................... 43
EU ...................................................................................................................................................................... 44
Österreich [7] ..................................................................................................................................................... 45
Statistik/Demographie von Behinderung ................................................................................................................. 45
Volks/Sozialwirtschaftliche Gründe ......................................................................................................................... 46
Betriebswirtschaftliche Gründe ............................................................................................................................... 46
Literatur................................................................................................................................................................... 48
7. Barrierefreiheit - Wie? ........................................................................................................................................ 50
Bewusstseinsbildung .............................................................................................................................................. 50
Bildung .................................................................................................................................................................... 50
Gesetzliche Einflussnahme..................................................................................................................................... 50
Anreiz und Druck .................................................................................................................................................... 50
8. Definition von Behinderung ................................................................................................................................ 51
Definition ................................................................................................................................................................. 51
Kategorien von Behinderungen .............................................................................................................................. 58
Statistik ................................................................................................................................................................... 58
Sehbehinderung und Blindheit ........................................................................................................................... 61
Hörbehinderung und Gehörlosigkeit .................................................................................................................. 61
Mobilitäts- und Motorische Behinderungen ........................................................................................................ 61
Chronische Erkrankungen.................................................................................................................................. 62
Literatur................................................................................................................................................................... 62
9. Definition von Assistierenden Technologien ...................................................................................................... 63
Definition von AT .................................................................................................................................................... 63
Kategorien von AT .................................................................................................................................................. 64
Wirkungsweisen von AT [vgl.: 1] ............................................................................................................................. 66
Verstärkende Hilfsmittel ..................................................................................................................................... 66
Einfügende Hilfsmittel ........................................................................................................................................ 67
Substituierende (ersetzende) Hilfsmittel............................................................................................................. 67
Literatur................................................................................................................................................................... 68
10. AT für Menschen mit Sehbehinderungen ...................................................................................................... 69
Arten von Sehbehinderungen ................................................................................................................................. 69
Kurz- / Weitsichtigkeit:........................................................................................................................................ 70
Gesichtsfeldausfall: ............................................................................................................................................ 70
Farbsinn-Störungen ........................................................................................................................................... 72
Linsentrübung: Grauer Star (Katarakt) ............................................................................................................... 72
Barrierefreie Systementwicklung
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Barrierefreie Systementwicklung
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Barrierefreie Systementwicklung
2. Vorwort
Design for All (D4All) ist ein modernes Konzept für die Gestaltung einer für möglichst
alle Menschen zugänglichen Lebenswelt: physische Objekte, Produkte, Abläufe,
Information, Interaktion, ..., ob real oder virtuell, sollen so gestaltet werden, dass sie
von einem möglichst großen BenutzerInnenkreis unabhängig von ihren
Voraussetzungen gut benutzt werden können.
Es rückt dabei die Verantwortung der Gesellschaft und der Gestaltenden – der
„Designer“ - in den Mittelpunkt: Es ist Teil ihrer Verantwortung, dass Menschen mit
unterschiedlichsten Ansprüchen und Bedürfnissen an der Lebenswelt teilnehmen
können bzw. von der Nutzung nicht ausgeschlossen werden bzw. in der Nutzung nicht
behindert werden.
D4All ist demnach sehr eng mit einem modernen Begriff von Behinderung verbunden,
in dem Behinderung nicht mehr alleine ein dem Individuum zuzuschreibendes
Phänomen ist, sondern ein durch das gestaltende Handeln der Menschen und der
Gesellschaft konstruiertes Phänomen ist. Die Aktivität des „Behinderns“, der
„Behinderer“ wird mit thematisiert:
Behinderung ist z.B. nicht alleine das „Nicht Gehen Können“, sondern das
Gestalten von Gebäuden, dass man Höhenunterschiede nur über Stufen
bewältigen kann, Türen nur mit großer Kraft öffnen kann, ….
Behinderung ist z.B. nicht das „Nicht Sehen Können“, sondern die
Gestaltung von digitalen Büchern in einer Art, dass sie eben nur visuell
wahrgenommen werden können.
…
Die Qualität des gestaltenden Handelns ist zu messen, wie gut die Ergebnisse von
einer möglichst breiten NutzerInnenschicht verwendet werden können, unabhängig von
ihren Voraussetzungen.
In Kapitel 3 werden wir uns mit den Begriffen und Konzepten von Design und Design
for All auseinander setzen. Design stellt nicht alleine auf die Nutzbarkeit oder
Bedienbarkeit ab. Design ist ein komplexer Prozess und ein in unterschiedlichsten
Bereichen verwendetes Konzept, welches stark mit künstlerischen, ästhetischen und
psychologischen Aspekten verwoben ist. Die unmittelbare Nutzbarkeit und
Bedienbarkeit für möglichst viele ist oft nur mittelbar von Bedeutung und so können
Widersprüche zwischen den Anforderungen der Nutzbarkeit und anderen Ansprüchen
an das Design entstehen – vor allem für Gruppen wie Menschen mit Behinderungen.
Durch eine Begriffsbestimmung von Design und D4All möchten wir den Gebrauch und
auch Missbrauch von Design andiskutieren, was nicht zuletzt dazu führen kann, dass
Menschen mit Behinderungen und Beeinträchtigungen „behindert“ werden, weil das
Design nicht ihren Bedürfnissen entspricht. „Design for All“ verlangt eine breite
Nutzbarkeit als Prämisse für das gestaltendes Handeln. Welche ästhetischen,
künstlerischen, psychologischen oder sonstigen Aspekte auch immer Berücksichtigung
finden sollten, sollte dies vor allem im Bereich der Gestaltung öffentlicher und
allgemein zugänglicher Bereiche nach der Prämisse geschehen, dass möglichst keine
BürgerInnen von der Nutzung ausgeschlossen sind.
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Barrierefreie Systementwicklung
Wir werden in Kapitel 4 das Potential der IKT und seine universelle Bedeutung für
Design for All in der Informationsgesellschaft, für eAccessibility beispielhaft
herausstreichen. IKT wird selbst zu einer universellen AT bzw. die barrierefreie
Gestaltung von IKT-Systemen wird zur Voraussetzung, dass AT mit den Systemen
interagieren kann und so Barrierefreiheit realisiert werden kann. Wir werden den
Zusammenhang und das Zusammenspiel von AT/IKT und Lebenswelt analysieren und
dabei die herausragende Bedeutung der Mensch-Maschine-Kommunikation (MMK)
oder Human-Computer Interaction (HCI) unterstreichen. Vor allem durch IKT wird
Design for All zu einem zentralem Konzept der Informationsgesellschaft und wird die
Rolle und die Verantwortung des Gestaltens der Lebenswelt, des Designs
offensichtlich.
Auf diesem, rund um IKT entworfenen Verständnis wollen wir in Kapitel 5 Grundsätze
und Prinzipien des Design for All diskutieren. Wir wollen zeigen, wie sehr die
Orientierung an den Bedürfnissen „extremer“ Gruppen von NutzerInnen zu einer
allgemein besser nutzbaren Gesellschaft beiträgt. Dies zeigen vor allem auch viele
Erfindungen, die aus der Arbeit für Menschen mit Behinderungen entsprungen sind.
Kapitel 6 diskutiert, warum D4All wichtig ist, nicht nur, aber vor allem auch für
Menschen mit Behinderungen. Wir geben Argumente für die a) ethisch-moralische, b)
politisch-rechtliche, c) sozial-ökonomische und d) betriebswirtschaftliche Bedeutung
von D4All.
Kapitel 7 zeigt auf, wie und in welchen Bereichen Design for All vorangetrieben
werden soll – von der Bildung bis zu den Gesetzen -.
Mit diesem Fundament gehen wir in den Kapitel 8 kurz auf eine Definition von
Behinderung, ohne medizinische Details, ein. Das Wissen über Fähigkeiten und
Fertigkeiten bzw. Beeinträchtigungen von Menschen mit Behinderungen verdeutlicht
die Wichtigkeit von Assistierenden Technologien, die wir in Kapitel 9 definitorisch
abgrenzen möchten.
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Barrierefreie Systementwicklung
Design ist untrennbar mit dem Anspruch des Unterstützens oder Befriedigens der
Bedürfnisse der NutzerInnen verbunden. Bedürfnisse können sich auf die
physische/physikalische („gegenständliche“ Bedürfnisse, praktische Funktionalität,
Zweckdienlichkeit) oder die psychische (Gefühls/Psyche- und Sozialstruktur, Ästhetik)
beziehen. Design will aber nicht nur physische Bedürfnisse befriedigen, sondern auch
psychologischen, ästhetischen Ansprüchen genügen.
Der Bezug auf Ästhetik und Kunst unterscheidet Design von der technischen
Konstruktion. Der Bezug auf Zweckdienlichkeit, Funktionalität und Nützlichkeit
unterscheidet Design von der freien Kunst. Das Zusammenspiel beider Komponenten,
zweckdienlich/nützlicher Konstruktion und freier, kreativer Kunst zeichnet geglücktes
Design aus.
In der Literatur werden demnach zumindest drei Bereiche von Funktionen von Design
unterschieden:
Dies zeigt, dass Design kein in sich abgeschlossenes Feld ist, sondern interdisziplinär
und auf unterschiedlichste Bereiche bezogen. Design als praktisches Fach lässt sich
schwer theoretisch „einfangen“, weil es handwerklich-konstruktive als auch künstlerisch-
ästhetische Elemente umfasst, vor allem „Intuition und Spontaneität“ von zentraler
Bedeutung sind. So gibt es eine sehr bunte Praxis, aber keine handlungsleitende
Theorie und dies führt zu unterschiedlichsten Auffassungen und Interpretationen.
● Im Englischen, aus dem der Begriff Design abgeleitet wird, steht das Gestalten
und Entwerfen im Mittelpunkt, man betont das technische und konstruktive
Moment.
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Barrierefreie Systementwicklung
● Das Französische wie das Spanische stellt bei Design ganz besonders auf den
Aspekt des „Entwurfes“, des Vorläufigen und Erprobenden ab.
Sieht man vom Aspekt des Vorläufigen, des Entwurfes ab, so sind es zwei
Dimensionen, die an diesen Nuancen in der Auffassung von Design deutlich
auszumachen sind, die zu sehr unterschiedlichen Auffassungen von Bedeutung und
Verantwortung im Gestaltungsprozess führen:
● Design kann als ein „add on“, als „Nebenfach“ verstanden werden, dass sich mit
der ästhetischen Ausgestaltung der „eigentlichen“ Produkte beschäftigt. In
diesem Sinne hat sie letzten Endes auch nicht die Verantwortung für die
Konstruktion und Nutzbarkeit zu tragen. Design ist wertneutral und vorläufig und
dient vor allem ästhetischen und affektiven „Sekundareffekten“.
● Im anderen Extrem umfasst und verantwortet der Design Prozess den gesamten
gestaltenden, planenden und konstruktiven Bereich und damit auch alle Aspekte
der Nutzbarkeit und Verständlichkeit.
Viele Probleme der Nutzbarkeit, wie heute verstärkt kritisiert wird, ergeben sich aus der
Tatsache, dass Design auf die Frage ästhetischer, affektiver und persuasiver Aspekte
reduziert wird, die vor allem von der Werbebranche gefordert werden. Fragen der
Nutzbarkeit, Anwendbarkeit, … werden oft wegen der überwältigenden Bedeutung des
Marketing nachgeordnet oder davon getrennt behandelt. Schlechte Nutzbarkeit oder
Barrieren können aus rigiden oder unreflektierten Vorgaben solcher ästhetischer
Ansprüche entstehen.
Design for All stellt Funktionalität, Nutzbarkeit, Bedienbarkeit und Nützlichkeit von
Produkten in den Mittelpunkt. Sie sind Vorbedingung für ästhetische, psychologische
oder sonstige Anforderungen, ohne die ein Produkt sein Ziel nicht erreichen kann bzw.
die geweckten Erwartungen nicht erfüllen wird. Damit stehen die Bedürfnisse der
NutzerInnen im Mittelpunkt, aus denen heraus Funktionalität und
Interaktionsmöglichkeiten definiert werden. Damit ist folglich wichtig, nach Möglichkeit
möglichst viele Bedürfnisse der NutzerInnen entsprechen zu können, weil dies den
Kreis der potentiellen NutzerInnen erhöht. Design for All ist damit eine logische
Konsequenz nutzerInnenorientierten Desings.
Die Problematik eines vom Gesamten des Gestaltens losgelösten ästhetischen und
psychologischen Gestaltens primär nach Gesetzen des Marketings erfährt heute ganz
allgemein verstärkte Kritik. Design sei „zur Hure des Marketing“1 geworden, das primär
1
) Ausspruch eines Professors der Kunstuniversität Linz
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Barrierefreie Systementwicklung
dazu diene, Menschen zu verführen, als ihnen zu dienen. Ein solcher losgelöster
Marketing-Ansatz pervertiert den doppelt emanzipatorischen Charakter des Designs:
a) Design setzt sich zum Ziel, Dinge so zu gestalten, dass Menschen von
Abhängigkeiten von und Problemen mit der physikalischen/physischen Umwelt
befreit werden, dass sie effiziente Werkzeuge zur Überwindung von eigenen und
umweltbedingten Grenzen an die Hand bekommen. Tritt diese Funktionalität
wegen anderer Ansprüche in den Hintergrund oder geht sie vollkommen
verloren, erzeugen Produkte oft mehr Probleme als sie zur Überwindung
beitragen.
b) Design setzt sich zum Ziel, mittels psychologisch-ästhetischer Elemente
Gefallen, Gefühle, Affekte, Aufmerksamkeit für Produkte zu erzeugen oder zu
unterstützen. Wird dies aber losgelöst vom Gesamtdesign nur zum „Verführen“
eingesetzt, ist dies das Gegenteil des emanzipatorischen Interesses von
Psychologie und Ästhetik, nämlich Menschen von ungewollten psychischen und
sozialen Problemen und Abhängigkeiten zu befreien. Es werden meist
unbewusst ungewollte Abhängigkeiten erzeugt.
Wir können hier nicht umfassend auf diese Problemstellung eingehen. Es sollte aber
klar werden, wie sehr Design mit unterschiedlichen Ansprüchen, vor allem auch
wirtschaftlichen konfrontiert wird und so die Anforderungen der Nützlichkeit,
Bedienbarkeit und Zweckdienlichkeit oft in den Hintergrund geraten.
Dem Wunsch eines umfassenden Zuganges zum Design stehen oft Interessen externer
Personen oder Gruppen im Wege. Design ist, im Gegensatz zu freier Kunst, meist ein
Handeln im Auftrag. Diese Interessen können eben dazu führen, dass Funktionalität
und Ästhetik ungleich gewichtet werden. Ein Verständnis des umfassenden Konzeptes
von Design ist daher von zentraler Bedeutung und er führt auch unmittelbar(er) zum
Konzept des Design for All.
Das Konzept Design for All entspringt obiger Diskussion folgend einem umfassenden
Designbegriff. Design for All stellt auf Nutzbarkeit und Funktionalität als Prämisse des
Designs für eine möglichst breite NutzerInnenschicht ab. Ästhetisch, künstlerische
Ansprüche sollen dabei beachtet und nicht verletzt werden, jedoch eben immer unter
der Prämisse einer offenen und demokratischen Gestaltung im Sinne eines Zuganges
für möglichst alle NutzerInnen. Möglichst umfassende Nutzbarkeit bei gleichzeitig
hohem, möglichst ungehindertem ästhetisch-künstlerischen Niveau ist der ohne Zweifel
hohe Anspruch und schwierige Spagat, dem sich Design for All widmet.
Obiger Darstellung folgend ist gut verständlich, dass „Design for All“ vor allem im
Englischen Sprachraum sich entwickelte2. Das im anglo-amerikanischen vorzufindende
umfassendere Verständnis von Design fördert auch das unmittelbarer sich
verantwortlich Fühlen für Konsequenzen des gestaltenden Handeln. Es widersetzt sich
2
) Natürlich ist für die Entstehung des Konzepts Design for All primär die Bürgerrechtsbewegung von
Minderheiten verantwortlich, die aber eben auch im angloamerikanischen Raum entstand.
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Barrierefreie Systementwicklung
Dies soll in keinem Fall interpretiert werden, als würde D4All sich gegen ästhetisches,
künstlerisches Gestalten richten – im Gegenteil: es ist von entscheidender Bedeutung
für den Nutzen und das Wohlbefinden der NutzerInnen. Es darf aber nicht die Aspekte
der Nutzbarkeit und Zweckdienlichkeit, des effizienten Werkzeuggebrauchs für
möglichst alle NutzerInnen überlagern oder verdecken.
Eine Architektur, die aus ästhetischen Gründen viele Aspekte der Nützlichkeit
vernachlässigt, verfehlt genauso ihr Ziel wie eine Architektur, die durch reine
Zweckorientierung ästhetische und künstlerische Elemente vernachlässigt. Dies gilt für
alle Bereiche des Designs.
Der Begriff „Design for All“ kommt, wie die Begriffe „Accessibility“ oder „Barrierefreiheit“,
aus der Architektur. Hier werden die positiven oder negativen Konsequenzen des
gestaltenden Handelns für Gruppen von NutzerInnen sehr schnell nachvollziehbar:
Behindertengerechtes Bauen, mit dem Design for All in diesem Bereich verkürzend oft
gleichgesetzt wird, nutzt nicht alleine der Gruppe von RollstuhlfahrerInnen, sie führt zu
höherer Nutzbarkeit für ältere Menschen, für LieferantInnen, MitarbeiterInnen, ...., weil
gesundheitsschädigende oder gefährliche Aktivitäten vermieden werden können.
Wegen der allgemeinen Wichtigkeit von barrierefreiem Bauen für die Gesellschaft
schreiben seit einigen Jahrzehnten Baunormen (z.B. ÖN1600/1601) Barrierefreiheit –
zumindest für öffentliche Gebäude vor. Darauf kommen wir noch näher zurück.
Ist die Wortwurzel primär auf Objekte der physischen Umgebung gerichtet, so tritt
heute vor allem die soziale Dimension von D4All oder Barrierefreiheit in den
Mittelpunkt, da es um einen „schwellenlosen und stufenfreien“ Zugang der verbauten
Umgebung ebenso betrifft, wie die gedanklich akzeptierte Gleichstellung aller
Menschen in jedem Alter, mit oder ohne Behinderungen oder besonderen Fähigkeiten.
Aus der Architektur heraus wurde der Begriff auf unterschiedlichste Bereiche
angewandt, wo ebenso offensichtlich wird, dass das gestaltende Handeln, das Design,
entscheidend wird für die Möglichkeit der Nutzung unterschiedlicher Gruppen.
Menschen mit Behinderungen sind hier wiederum jene Gruppe, die die „extremsten“
Anforderungen an die Nutzbarkeit stellen, was aber nicht zur Verkürzung und zum
Missverständnis führen darf, Design for All wäre Design für Menschen mit
Behinderungen.
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Barrierefreie Systementwicklung
Design und Design for All ist demnach sehr stark von den Möglichkeiten einer offenen
und barrierefreien Gestaltung abhängig. Dies ist im Bauwesen seit Jahrzehnten
offensichtlich. Für andere Bereiche ist diese Möglichkeit der Barrierefreiheit noch neuer
und entsteht oft erst mit der Entwicklung neuer Werkzeuge, die eine immer mehr von
den individuellen Bedingungen unabhängige Nutzung ermöglichen (siehe Potential
IKT/AT).
D4All ist somit ein Konzept, das individuelle Wünsche und persönliche Anforderungen
berücksichtigt, ohne gleichzeitig neue Hindernisse aufzubauen. "Barrierefrei" ist
vorausschauend, berücksichtigt den Lebensablauf potentieller NutzerInnen in den
unterschiedlichsten Situationen.
Literatur
[1] The Centre for Universal Design,
http://www.design.ncsu.edu:8120/cud/univ_design/ud.htm
[2] Miesenberger, K.: Best Practice in Design for All, in: Stephanidis (ed.): The Universal
Access Handbook, CRC Press, Boca Raton 2009
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Barrierefreie Systementwicklung
IKT ermöglicht eine bisher nicht gekannte Flexibilität und Anpassbarkeit der Bedienung
von Systemen, die wegen der Universalität des Einsatzes von IKT in nahezu alle
Lebensbereiche eindringt. So gewinnt das Prinzip D4All auch universelle Gültigkeit.
IKT wird damit zu einem universellen Integrationswerkzeug bzw. zu einer universellen
Assistierenden Technologie. Darauf kommen wir in Kapitel 5 nähre zu sprechen.
So wurde das Konzept des Design for All, das auch in der Produktergonomie / Industrial
Design Verbreitung gefunden hat, in den 90er Jahren auf die Gestaltung von Mensch-
Computer-Schnittstellen übertragen. Beispielhaft sei die Arbeitsgruppe um Constantine
Stephanidis (ICS-FORTH, Griechenland) erwähnt, die entsprechende Richtlinien für
Software Accessibility erarbeitete. [1] Ziel ist die Entwicklung von Mensch-Computer
Schnittstellen, die von Vornherein ohne spezielle zusätzliche (Hardware- oder Software-
basierte) Hilfsmittel nutzbar sind für einen Benutzerkreis mit den unterschiedlichsten
Voraussetzungen, Fähigkeiten, Präferenzen oder Bedürfnissen. Paradebeispiel dafür
sind neben barrierefreiem Web-Design auch barrierefreies Softwaredesign und
Consumner-Electonic Accessibility.
Wiederum ist heraus zu streichen, dass Design for All nicht mit Design für Menschen
mit Behinderung gleichzusetzen ist; so nützen z.B. Tastatur-Shortcuts nicht nur
Menschen mit motorischen Behinderungen, die eine Maus nicht bedienen können,
sondern auch geübten NutzerInnen bei der beschleunigten Bedienung von Software.
Vergrößerungsoptionen in Web-Browsern erlauben nicht nur für Menschen mit
Sehbehinderungen zu kleine Schriftgrößen auf gut lesbare Maße zu bringen. Optische
Warnhinweise unterstützen nicht nur Menschen mit Hörproblemen, sondern erlauben
generell die Benutzung in einem Umfeld, in dem Warntöne störend (z.B. Bibliothek)
oder nicht wahrnehmbar (z.B. laute Fabrikhalle) wären.
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Barrierefreie Systementwicklung
Die zentrale Fragestellung, der wir uns in diesem Kapitel stellen, ist:
Worin liegt das epochale Potential von AT für Menschen mit Behinderungen,
dass sich aus der revolutionären Entwicklung der IKT ergibt?
In der Beantwortung dieser Frage wollen wir Verständnis und Verantwortung für die
Bedeutung von Barrierefreiheit von IKT für Menschen mit Behinderung entwickeln.
Wir werden das Thema AT primär aus dem Blickwinkel der neuen Informations- und
Kommunikationstechnologien (IKT) oder, weil heute stark konvergierend bzw.
verschmelzend, Computertechnologie nähern, denn
IKT dringt in nahezu alle Bereiche unserer Gesellschaft ein, führt zum Übergang in die
so genannte "Informations- oder Wissensgesellschaft". Der Umgang mit IKT ist als
allgemeine Kulturtechnik anerkannt und dringt in die Aus- und Weiterbildungscurricula
bzw. in den Fächerkanon als Querschnittsmaterie ein.
In dieser weitreichenden durch IKT ausgelösten Um- und Neugestaltung nahezu aller
Bereiche der Lebenswelt liegen Anknüpfungspunkte für die Teilhabe von Menschen mit
Behinderung an der Lebenswelt mittels AT, denn es gilt grundsätzlich:
1) Zu allen Bereiche, in denen IKT zum Einsatz kommt – und damit nahezu
überall –, können Menschen mit Behinderungen mittels AT selbständig(er)en
und selbstgesteuert(er)en Zugang finden.
Dies gilt aber nur unter der Voraussetzung (und daher das Attribut „grundsätzlich“):
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Barrierefreie Systementwicklung
Durch diese beiden Fakten, a) die Universalität der IKT einerseits und b) die epochalen
Chancen dieser Technologien für Menschen mit Behinderungen andererseits, wird
offensichtlich, dass das Gelingen der Integration von Menschen mit Behinderungen, die
Realisierung von Chancengleichheit (engl.: "equality") in der Gesellschaft für
Menschen mit Behinderungen in immer größerem Maße von der Qualität der IKT, also
von "e-Quality", d.h. der Qualität von IKT-Systemen in Bezug auf die Berücksichtigung
von NutzerInnenanforderungen dieser Zielgruppen abhängt. Diese Bedeutung und die
Verantwortung in der Gestaltung von IKT-Systemen kann mit der Gegenüberstellung
von
equality = e-Quality [3, 24]
Das 21. Jahrhundert ist ohne Zweifel die Ära der Informations- oder
Wissensgesellschaft.
Demnach ist Barrierefreiheit für alle – einschließlich für Menschen mit
Behinderungen – ein zentrales Menschenrecht des 21. Jahrhunderts.
Barrierefreiheit in der Praxis, ja überhaupt ein Verstehen des Anliegens der Integraiton,
hinkt aber hinterher. Barrierefreiheit wird noch nicht entsprechend professionell in der
alltäglichen Arbeit und vor allem auch in der Ausbildung aufgegriffen. Behinderung wird
als etwas „Externes“, durch Spezial- oder Sondereinrichtungen zu Erledigendes
verstanden. Behinderung auch als Verantwortungsbereich der alltäglichen Praxis in der
Gestaltung von IKT durchsetzten Systemen zu verstehen und zu sehen, liegt uns meist
fern.
Andererseits tun sich auch die Fachbereiche des Behindertenwesens schwer, aus ihren
traditionellen Bahnen heraus zu treten und sich diesen neuen Herausforderungen zu
stellen. Es scheinen noch immer Vorbehalte und Vorwürfe gegen die Anwendung dieser
Möglichkeiten aus Zeiten der industriellen Revolution aktiv zu sein, dass Technik, die
technische Entwicklung, die (Über)Technisierung der Lebenswelt mit ein Hauptgrund für
ganz bestimmte ökonomische und soziale Entwicklungen sind, die auch haupt- oder
mitverantwortlich für die Lebenssituation von Menschen mit Behinderungen sind. Vom
„Mainstream“ externalisiert und in Spezial(Sonder)bereichen ausgestattet, tut man sich
schwer mit diesen neuen Herausforderungen und vor allem der Geschwindigkeit ihres
Auftretens. [4]
Es steht außer Zweifel, dass diese Tendenzen der technischen und wirtschaftlichen
Optimierung oft zu ausgrenzenden Tendenzen geführt haben und noch immer führen.
Dies ist wohl z.T. eine der Technik selbst, als auch dem Prozess ihrer Anwendung
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Barrierefreie Systementwicklung
immanentes negatives Qualitätskriterium. Es ist aber ebenso, wie wir nun näher
betrachten werden, offensichtlich, dass neue IKT und AT von einer grundlegend
anderen Tendenz sind, im Grunde der Idee der Integration von Menschen mit
Behinderung entsprechen und diese fördern. [vgl.: 5]
Das Potential der IKT und der AT für die Zielgruppen sollten uns aber motivieren, uns
der Herausforderung zu stellen.
Wir werden versuchen, diese grundlegend neue Qualität der IKT, diese grundlegende
integrative Tendenz, im Gegensatz zu der häufig ausgrenzenden Tendenz traditioneller
technischer Anwendungen, zu verdeutlichen. Dies wollen wir an einem einfachen
Beispiel, dem Buch bzw. dem Buch- oder allgemein dem Druckwesen nachvollziehen:
Inhalt
Steuerung
Darstellung
Abb. 1: Inflexibilität des Mediums Buch durch Bindung von Inhalt, Steuerung und Darstellung [3, 4, 6, 24]
Die zentrale Eigenschaft des Mediums Buch – oder aller gedruckter Information -, wie
Abb. 1 zeigt, ist die Bindung und Fixierung von drei Bereichen der Interaktion: Inhalt,
Darstellung und Handhabung sind an die medialen Qualitäten des Buches gebunden.
Die Nutzung der Inhalte ist an die Eignung der Darstellung für und die Möglichkeit der
Handhabung durch die NutzerInnen gebunden. Kann jemand
die Darstellung nicht nutzen (z.B. Menschen mit Sehbehinderungen) oder
die Steuerungsmechanismen wie Halten, Umblättern, etc. nicht durchführen, wie
Menschen mit motorischen Problemen,
den Text nicht oder nur schlecht verstehen (z.B. kognitive beeinträchtige
Menschen, MigrantInnen),
…
ist er z.T. oder vollständig von der Nutzung ausgeschlossen bzw. auf Unterstützung
oder Alternativen angewiesen.
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Barrierefreie Systementwicklung
Die Gutenbergsche Revolution ist ohne Zweifel ein Grundpfeiler der Aufklärung und der
modernen Entwicklung unserer Gesellschaft – diese zentrale Bedeutung wollen wir
nicht im Geringsten anzweifeln. Die universelle Verbreitung des Buches bringt Lesen
und "Belesen-Sein", breite Bildung und Wissenschaft und die moderne Gesellschaft
hervor. Die Nutzung des Werkzeuges Buch oder gedruckter Information wird zur
universellen Anforderung und schafft damit neue soziale Strukturen. Es entsteht eine
Vielfalt von neuen Chancen und Wahlmöglichkeiten.
Aber gleichzeitig sind mit dem Buch, weil es die Abläufe in der Gesellschaft verändert
und determiniert, Erwartungen und Wahlverpflichtungen verbunden. [7 S.48] Und wer
eben diesen Erwartungen nicht entsprechen kann, wird von jenen Bereichen, wo
gedruckte Information notwendig ist, tendenziell ausgegrenzt und benachteiligt. „Print
Disability“ als Ausdruck für Probleme im Umgang mit gedruckten Medien ist demnach in
vielen Aspekten eine Folge der Gutenbergeschen Revolution.
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Barrierefreie Systementwicklung
Mit dem Buchdruck wird immer breitere Wissensvermittlung möglich. Mit der Schrift und
dem Buchdruck wurden Werkzeuge der Entlastung des Geistes und der
Wissensvermittlung gewonnen. Mit dem Fortschreiten der Verbreitung dieser
Werkzeuge wurden entsprechende Erwartungen des ‘Belesen-’ und damit einer
speziellen Form des ‘Gebildetseins’ hervorgebracht. Die Entlastung durch den
leichteren Zugang zu Bildung folgerte für gewisse Menschen mit Behinderung eine
Kollonialisierung, weil sie die Erwartungen dieser bestimmten Form des Gebildetseins
in vielen Bereichen nicht erfüllen können, eben weil die lebensweltlichen Einrichtungen,
vor allem jene der Bildung, an die Schriftlichkeit und damit an den Druck und an das
Buch gebunden sind.
Warum ist IKT keine Evolution im beschriebenen Sinne der technischen Entwicklung?
Was ist grundlegend anders bei IKT, das man von einer Revolution spricht bzw. von
epochalen Chancen von IKT/AT für Menschen mit Behinderungen?
Das folgende Schema versucht zu zeigen, worin diese veränderte Qualität von IKT und
AT liegt: Das wesentliche Merkmal der IKT ist die Auflösung der Bindung der Ebenen
Inhalt, Steuerung und Darstellung an der Mensch-Maschine-Schnittstelle (MMS):
Inhalt/Prozess
Steuerung Steuerung
Abb. 2: Auflösung der Bindung von Inhalt, Steuerung und Darstellung: Multimedialität und Multimodalität
[3, 4, 6, 24]
Es ist das Wesentliche von „Information“ und damit von IKT, dass sie mit
„Metainformationen“, mit Beschreibungen von Objekten und Prozessen arbeitet, die
grundsätzlich unabhängig von der Form der Darstellung und der Handhabung sind. IKT
zeichnet sich demnach durch Multimedialität der Darstellung und Multimodalität der
Bedienungsschnittstellen aus.
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Barrierefreie Systementwicklung
Um beim Beispiel Buch zu bleiben: Bei einem elektronischen Dokument werden erst in
dem Moment, in dem auf ein Dokument zugegriffen wird mit IKT und AT, die medialen
Qualitäten (Darstellung) und die Modalitäten der Steuerung (Handhabung) des
Dokuments realisiert. Durch diese Trennung entsteht die Möglichkeit, auf ein und
dasselbe Dokument auf unterschiedlichste Art und Weise zuzugreifen, sie auf
unterschiedlichste Weise zu medialisieren und zu handhaben.
Die folgenden Prinzipien oder Grundeigenschaften der IKT werden daraus zur
treibenden Kraft des informationstechnischen und lebensweltlichen Wandels [vgl.: 4, 5]:
Wie bekannt und schon erwähnt, gilt dies natürlich nicht nur für das Buch oder
gedruckte Dokumente, sondern für alle Bereiche, wo IKT eingesetzt wird. IKT ist
„dokumentenbasiert“, weil Prozesse mittels (formal)sprachlicher Modelle gefasst,
automatisiert und damit grundsätzlich unabhängig von der Art des Zugangs und
der Art der Handhabung über standardisierte Schnittstellen genutzt werden
können. Diese Universalität der IKT ist die zentrale Triebkraft der IKT
Revolution.
Eine weitere wichtige Eigenschaft der IKT darf dabei nicht außer Acht bleiben:
Die Art und Weise der Interaktion mit unterschiedlichsten Systemen und
Prozessen verwendet gleich bleibende Strukturen, Muster und Werkzeuge.
Nutzerkonstanz und Standardisierung der MMK machen es den NutzerInnen
leichter, die Systeme in unterschiedlichsten und neuen Bereichen zu verwenden.
Egal ob ich ein Dokument lese, Termine verwalte, eine Maschine steuere, …, die
BenutzerInnenschnittstelle verwendet immer die gleichen Prinzipien (vgl. LVA
Interaktionsdesign). Für AT bedeutet dies: Ist einmal der Zugang zur
standardisierten MMK mittels AT ermöglicht, trainiert und vertraut, kann dies auf
unterschiedlichste Bereiche angewandt werden.
Diese Eigenschaften der IKT sind auch der Ausgangspunkt der Adaptierung der MMK
durch AT und für den breiten Einsatz von IKT in allen Bereichen der AT. In der MMK
konvergieren die Anliegen a) der allgemeinen nutzergerechten und b) der speziellen
integrativen Gestaltung lebensweltlicher Prozesse in der Informationsgesellschaft. So
wie IKT zum universellen Werkzeug der Informationsgesellschaft wird, so werden IKT
und AT und vor allem die behinderungsgerechte Gestaltung der MMK zum universellen
Integrationswerkzeug.
Diese Analyse zeigt, dass die MMK die Nutzung ein und derselben Werkzeuge und
damit die integrative Teilnahme an der Gesellschaft fördert. Es besteht daher nicht
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Barrierefreie Systementwicklung
Durch dieses Beispiel soll verdeutlicht werden, dass durch IKT und AT erstmals die
Möglichkeit besteht, dass Menschen mit Behinderungen, die, um die Gedanken von
Habermas wieder aufzunehmen, traditionell immer mehr kolonialisiert wurden von
technischen Entwicklungen
a) erstmals viel mehr an der Entlastung durch ein neues Werkzeug teilnehmen und
b) in der Um- und Neugestaltung der Lebenswelt eine Entlastung traditionell
kolonialisierter Bereiche vollziehen können, wie z.B. eben der Verbreitung von
Wissen durch Buchdruck und dem folgenden sozialen Strukturen.
Dies bezieht sich, wie gesagt, nicht nur auf gedruckte Information, sondern auf alle
Bereiche der Lebenswelt, wo Prozesse mittels (formal)sprachlicher Modelle
beschrieben, automatisiert und damit unabhängig vom sinnlichen Zugang genutzt
werden können.
Dies kann nur lebenspraktisch wirksam werden, wenn die allgemeinen IKT Systeme so
gestaltet sind, dass spezielle IKT und AT mit diesen zusammenarbeiten kann. Dies ist
eine in der allgemeinen, am Durchschnitt der Nutzer orientierten Entwicklung immer
gefährdete Möglichkeit, die eine Verankerung einer sozial-integrative Grundhaltung
notwendig macht, wo diese breite Verantwortung in der Gestaltung von Systemen
verstanden und umgesetzt wird. Dies zu vermitteln und zu etablieren ist mit eine
Aufgabe von ExpertInnen im Bereich Assistierender Technologien.
Wir sollten uns des Untertons und des möglichen Vorwurfs der Technisierung oder
zumindest der technischen Dominanz für die Lebenswelt von Menschen mit
Behinderungen oder für das Praxisfeld Integration bewusst sein, der in diese Aussagen
hineininterpretiert werden könnte. Es geht nicht um eine „Technisierung von
Behinderung“, sondern um eine integrative Gestaltung lebensweltlicher Strukturen und
Prozesse, die eben immer mehr von neuer IKT durchsetzt sind; damit tritt eine neue
Aufgabe und Verantwortung der traditionellen Einrichtungen für Menschen mit
Behinderungen in den Vordergrund, integrative Prozesse mittels IKT und AT um und
neu zu gestalten, sich nicht „nach innen“, sondern nach „außen“ zu orientieren, um
mitzuwirken und einzufordern, dass immer mehr Bereiche der Lebenswelt zugänglich,
„barrierefrei“ gestaltet werden.
Dies ist eine neue und noch ungewohnte Rolle für traditionelle Einrichtungen. Die
Umorientierung verzögert sich oder scheitert oft wegen der Vorurteile sozial-integrativer
Bereiche gegenüber Technik und Technologie und der ungewohnten Rolle, sich nach
außen zu orientieren. Der Mensch mit Behinderung ist nicht mehr alleine der Zielpunkt
des Handelns; er agiert selbst bestimmter und unabhängiger. Er ist mittelbar über das
Einwirken auf die allgemeine Lebenswelt das Ziel, um ihm weitgehende Selbständigkeit
und Unabhängigkeit zu ermöglichen. So schreitet die Transformation der Grundhaltung
in der Gesellschaft gegenüber Menschen mit Behinderungen nur langsam voran, wo
Behinderung nicht alleine als individuelles Problem, sondern vor allem auch als ein
durch die Gesellschaft gestaltetes Phänomen verstanden wird.
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Barrierefreie Systementwicklung
Dies scheitert aber auch, weil es an Know-How in der Praxis fehlt und so – nach
vielleicht anfänglicher Euphorie - Enttäuschung und Frustration erzeugt wird. Dafür sind
ExpertInnen in Barrierefreiheit gefragt.
Darin liegt die epochale Chance der IKT und AT, zu einer Transformation der
Lebenswelt von Menschen mit Behinderungen im Übergang in die
Informationsgesellschaft beizutragen durch
bessere Überwindung der physischen Grenzen und Einschränkungen im
Umgang mit lebensweltlichen Prozessen durch neue, effiziente Werkzeuge
bei gleichzeitiger Überwindung sozialer Grenzen durch die Verstärkung der
Interaktion und Kommunikation und damit der Teilnahme an ein und derselben
allgemeinen Lebenswelt.
Integration ist unbestreitbar ein fernes, schwer erreichbares und ständig gefährdetes
Ziel. Sie ist – nicht zuletzt wegen IKT und AT - eine historische Ausnahmen und daher
immer gefährdet und
beständig zu reflektieren.
Integration wird in unserem Alltagsdenken noch immer mehr als Almosen interpretiert,
das man sich nur unter bestimmten Umständen leisten könne. Ein integratives
Verständnis in der allgemeinen Gestaltung der Lebenswelt ist noch immer die
Ausnahme. Integration ist mit vielen Vorurteilen, Emotionen und Traditionen konfrontiert
– im Spezialbereich als auch in der allgemeinen Lebenswelt.
Ohne integratives Denken, ohne Verständnis für Design for All als Fundament unseres
Alltagsdenkens, sind wir in unserer Arbeit für Barrierefreiheit der Gefahr des Zweifels
und des opportunistischen Nachgebens gegenüber den Sachgesetzlichkeiten einer
verdinglichten Behinderung ausgesetzt. Ein solches ‘unteilbar integratives Denken’ ist
Grundlage für den Einsatz von Technologie für Menschen mit Behinderungen und
Barrierefreiheit. Es ist ein radikal anderes Denken, wo wir mit all unserem Handeln im
Netzwerk der Lebenswelt für Behinderung mitverantwortlich sind.
Es besteht eine beeindruckende Vielfalt an neuer, IKT basierter AT, wie wir sie in
diesem Lehrgang darstellen werden. Diese explodierende Vielfalt basiert auf den
obigen Prinzipien der Flexibilität, Universalität, Adaptivität und Standardisierung.
Was wir hier, in Weiterführung obigen Beispieles, verdeutlichen wollen, ist die
Konvergenz von AT mit dem "mainstream". Es handelt sich bei all diesen Systemen im
eigentlichen nicht mehr um "Spezialanwendungen" für Menschen mit Behinderungen,
sondern um unterschiedliche Zugänge zu ein und demselben System mittels
unterschiedlicher MMK. Wohl ist die MMK für Menschen mit Behinderungen adaptiert
mittels spezieller AT. Aber so wie jeder NutzerIn für sich in Anspruch nimmt, dass
Systeme seinen Bedürfnissen entsprechend gestaltet werden, so sind auch die
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Barrierefreie Systementwicklung
Wir erwarten heute, dass wir mit unterschiedlichsten Endgeräten (PC, Mobiltelefon,
PDA, …) in unterschiedlichsten Situationen auf Systeme zugreifen und sie nutzen
können. Die Funktionalität und die Inhalte sind aber immer dieselben. Dass dies auch
Menschen mit Behinderungen erwarten, ist demnach „nichts besonderes“.
"Accessibility" konvergiert mit dem allgemeinen Anspruch der "Usability" für einen
möglichst breiten NutzerInnenkreis.
Auf das Beispiel Buch oder „print disability“ angewandt: Die Gestaltung von
Dokumenten für unterschiedlichste Zielgruppen – die Individualisierung – ist eine
allgemeine Anforderung an den Umgang mit Dokumenten und den Publikationsprozess,
wie das folgende Schema zu Ausdruck bringt: Aus ein und derselben digitalen Basis,
die mit „Metadaten“, die die Struktur und die Interaktionsmechanismen beschreiben,
angereichert ist, werden über Konvertierungsroutinen unterschiedliche Versionen für
z.B.
Druck
eBook
online Book
Audio Book
aber auch
Braille
Adaptierter Druck
…
erstellt.
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Barrierefreie Systementwicklung
Versionen für Menschen mit Behinderungen erscheinen als eine Version von individuell
angepassten Dokumenten. Die allgemeine Anforderung der NutzerInnen,
unterschiedlichste Formate zu erhalten, konvergiert mit den Anforderungen der
Zugänglichkeit für Menschen mit Behinderungen. Grundsätzlich sind alternative
Versionen von Dokumenten Teil des allgemeinen Publikationsprozesses.
Exkurs [4]:
<H1> z.B. ist die Meta-Beschreibung der Überschrift der ersten Ebene. Die konkrete
Darstellung (Layout) und Umsetzung als Steuerungselement (Navigation) dieser Meta-
Information kann auf unterschiedlichste Weise erfolgen:
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Barrierefreie Systementwicklung
Die abstrakte Notation wird als andere, geläufigere Notation z.B. /ü1 interpretiert)
Die abstrakte Notation wird als ein räumlich erkennbares Layoutelement, z.B. als
negativer Erstzeileneinzug interpretiert
Moderner Umgang mit Dokumenten ist ein gutes Beispiel für die Auflösung dieser
„Parallelwelten“ oder Sonderbereiche durch die Konvergenz des Interesses an der
Digitalisierung oder digitalen Verfügbarkeit von Dokumenten für Menschen mit
Behinderungen. Es zeigt die integrative Grundtendenz der IKT und der AT.
Wohl zentralster Ausdruck dieser Entwicklung sind die Bemühungen um die World Wide
Web (WWW) Zugänglichkeit. Nutzbarkeit für alle ist ein grundlegendes Prinzip des
WWW. "The power of the Web is in its universality. Access by everyone regardless of
disability is an essential aspect." [9] Informationen im Internet sollen so gestaltet
werden, das sie mittels der speziellen MMK für Menschen mit Behinderungen bedient
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Barrierefreie Systementwicklung
werden kann. Weil dies als grundlegendes Recht erkannt wird, sind in vielen Ländern
bereits entsprechende Bestimmungen, vor allem für den Bereich öffentlicher
Informationen, in Kraft [10].
Abb. 5: Motto und Logo der Diese Grundtendenz, um es zu wiederholen, gilt aber
ICCHP 2006 [13] nicht nur für das Buch, sondern für alle Bereiche, in
denen IKT zu Einsatz kommt. IKT ist
„dokumentbasiert“; IKT nutzt immer eine abstrakte Beschreibung von Prozessen (als
Dokumente: Computerprogramme, Daten, … sind immer als „files“, als Dokumente
abgelegt!). Auf all diese Dokumente kann grundsätzlich eine für unterschiedlichste
NutzerInnen optimierte Sicht realisiert werden. Auch für Menschen mit Behinderungen,
wenn, ja wenn Richtlinien der Barrierefreiheit beachtet werden, damit AT mit den
Systemen interagieren kann.
Das folgende Schema versucht diese allgemeine Qualität der IKT zu zeigen: Alle
Bereiche und Systeme, in denen IKT zum Einsatz kommt, sollten nach den Prinzipien
der Barrierefreiheit (eAccessibility, Design for All) gestaltet werden, damit AT mit diesen
Systemen effizient interagieren kann und „equality“ auf Basis von „e-Quality“ realisiert
werden kann. [6]
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Barrierefreie Systementwicklung
eAccessibility, Design
for All equality = e-Quality
e-publishing
e-government
e-business
e-health
e-learning
e-libraries Assistive Technologies
e-care (AT)
smart house /
environment
adaptive, wareabel,
pervasive, ubiquitous,
...
virtual, augmented ...
Reality
sensor technology
advanced displays
speech technology
...
Abb. 5: Die Universalität der IKT und damit der Möglichkeit der Integrationsunterstützung durch AT [6]
Weitere Beispiele:
1) 2)
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Barrierefreie Systementwicklung
3) 4)
Analysiert man die Entwicklung von Services, die auf persönlicher Betreuung beruhten
und immer mehr automatisiert wurden, so sieht man, wie die Interfaces zu diesen
Services immer stärker flexibilisiert werden. Heute werden solche Services auf
Grundlage der Nutzung moderner IKT über unterschiedlichste Endgeräte nach
unterschiedlichsten Kriterien basierend an individuelle und situationsabhängige
Bedingungen angepaßt. (NutzerInnenprofil, Endgeräteprofil, Zeit/Ortsprofil, …). Dies gilt
für Geldautomaten genauso wie für Fahrscheinautomaten und für alle anderen Arten
solcher Geräte. Die angesprochene Flexibilisierung eröffnet auch für Menschen mit
Behinderung entsprechende Anknüpfungspunkte.
Umgebungssteuerung
Türe
n
Rolläde
n
Bet
tLich
t
GSM /
GPRS
Telefo
n
Hilferu
f
Fernsehe
rVideorecorde
r
Emai
l
Notitzbloc
k Kalende
r uvm Stereoanlag
. e
Abb. 7: Umgebungssteuerung mittels für Menschen mit Behinderungen adaptiertem PDA [14,
15,16]
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Barrierefreie Systementwicklung
Ein weiteres Beispiel, das analog diskutiert werden kann, sind „Smart Homes“ oder
„Smart Environments“, die für Menschen mit Behinderungen unter dem Titel
„Umgebungssteuerung“, „Assisitve Home“ oder „Assistive Environments“ diskutiert
werden.
Das Interface zu unterschiedlichsten Geräten in der Umgebung (alle Geräte, die eine
Fernbedienung anbieten) wird auf die MMK gebracht und so können Menschen mit
Behinderungen mit der für sie gewohnten MMK diese Funktionen steuern – selbständig
und unabhängig. Ist dies in der Abbildung vor allem für Menschen mit
Mobilitätsbehinderungen dargestellt, nutzt es aber auch vielen weiteren Gruppen von
Menschen mit Behinderungen und vor allem auch älteren Menschen. Es sollte nicht
außer Acht bleiben, dass die Entwicklungen im Bereich „Embeded Systems“ und
„Pervasive Computing“, die in alle Bereiche der Umwelt „Intelligenz“ oder besser
Interkationsmöglichkeiten einbauen, eine Vielzahl neuer Möglichkeiten der
Unterstützung von Menschen mit Behinderungen mit sich bringen.
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Barrierefreie Systementwicklung
Mobile and
Braille printers Screen Accessible pervasive
Visual and keyboards readers web sites Access
e
Control
TTY and TDD Closed Speech to systems
captioning Text (trading, first
Hearing / responders)
Speech
Mobile,
Specialized Voice Hands free
wearable and
input devices Interaction access
Mobility hands free,
VoiceXML
User tailored
Flexible interactivity
interaction
Cognitive/ modes
Learning
Abb. 8: Der Drang zum Mainstream: die Flexibilisierung der Interaktion eröffnet immer neue
Möglichkeiten der Interaktion mit Systemen [17]
Wir werden, um das Kapitel abzurunden und die Umfassendheit des Themas IKT und
AT für Menschen mit Behinderungen zu diskutieren, nochmals näher auf den
Gegensatz zwischen euphorischer Technikgläubigkeit wegen der epochalen
Möglichkeiten der IKT und AT einerseits und der sozialutopischen Technikfeindlichkeit
wegen der historischen Faktizität und Verantwortung der Technik/Wirtschaft/Industrie
für ausgrenzende Tendenzen in der Gesellschaft eingehen.
Obige Diskussionen verdeutlichen, dass es noch nie ein Werkzeug vor der modernen
IKT und AT gegeben hat, welches gleichzeitig Möglichkeiten
der "Enthinderung" von Abhängigkeiten wegen der physischen Einschränkungen
einerseits und
der Auflösung ausgrenzender sozialer Strukturen wegen der Ermöglichung und
Stützung der Interaktion und Kommunikation andererseits
eröffnet hat.
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Barrierefreie Systementwicklung
Das eine wie das andere sind Prophezeiungen, die man in der Verkürzung der Situation
selbst erfüllt. Die Kompensation des physischen Mangels durch technische Systeme
kann nicht per se das soziale Phänomen Behinderung „lösen“, aber es kann Anstöße
und vor allem Werkzeuge zur Umsetzung integrativer Konzepte an die Hand geben und
versteinerte Denkmuster auflösen. Das Vorenthalten technischer Möglichkeiten führt zu
fahrlässiger Vernachlässigung von Chancen der Verbesserung der Integration, wie
auch eine kurzsichtige Technisierung der Lebenswelt von Menschen mit Behinderungen
zur Ausgrenzung führt. Umfassendes ‘Etwas-aus-sich-Machen’, umfassende
Emanzipation, die über den bloß technischen Fortschritt und die zweckrationale
Anwendung von Werkzeugen hinausgeht, ist nur eingebunden in den sozialen Kontext
möglich. Beide Aspekte widmen sich der Unterstützung der Integration. Was aber aus
technisch-ökonomischer Sicht notwendig und richtig erscheint, wird nicht selten aus
sozial-integrativer Sicht als contra produktiv, Behinderung erzeugend bzw. verfestigend
bezeichnet. Es wird mehr als 'Abfallprodukt' einer selbst für ‘Behinderungen’
verantwortlichen Technokratie bewertet. Umgekehrt werden die Forderungen und
Anliegen der sozialen Integration wegen der Tatsache technischer und ökonomischer
Effizienz oft als utopisch und weltfremd bezeichnet. Das Resultat ist oft eine nicht an
den Bedürfnissen der NutzerInnen orientierte Technik wie auch eine nicht auf den
Einsatz für die Technik vorbereitete Praxis.
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Barrierefreie Systementwicklung
„Die Begriffe von Normalität und Abnormalität [und damit von Behinderung;
Ann. d. Autors] verlieren ihren Sinn als Eigenschaft von Individuen.“ [18,
S.42]
IKT stützt nicht bloß unsere handwerklichen Aktivitäten. IKT und AT sind
Kommunikations-, Interaktions- und Denkwerkzeuge. Sie sind in Bereiche
vorgedrungen, wo ihre Qualitäten sich nicht mehr bloß auf ihre
Unterstützung oder Automatisierung von Prozessen sondern vor allem
auch auf den Dialog, die Interaktion, die Intuition und die Kommunikation
beziehen. So werden nicht alleine Zugänglichkeit ("accessibility") und
Nutzbarkeit/Anwendbarkeit ("usability") für die Überwindung individueller
Grenzen, sondern vor allem auch das Überwinden sozialer Grenzen
unterstützt. In diesem "Enthindern" der Interaktion und Kommunikation sind
IKT und AT zutiefst sozial integrative Werkzeuge. Der Einsatz von IKT und
AT ist demnach nicht alleine ein Zeichen für die "handwerkliche", sondern
auch die sozial-integrative Qualität. Das Um- und Neugestalten von
Systemen und Zusammenhängen in der Gesellschaft löst
Transformationsprozesse aus, die zutiefst unser Welt- und
Menschenverständnis verändern.
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Barrierefreie Systementwicklung
Technik hat sich gewandelt. Mussten sich früher Menschen an die rigiden technischen
Vorgänge anpassen, so passen sich technische Systeme heute immer besser den
Bedürfnissen der NutzerInnen an – dazu hat nicht zuletzt IKT entscheidend
beigetragen. Dieser Wandel fördert auch einen paradigmatischen Wechsel im
Grundverständnis im Umgang mit Menschen mit Behinderungen in der Gesellschaft.
Und in genau diesem Sinne verändert IKT und AT das Verständnis von Behinderung
und tradierter Muster und Normen in der Gesellschaft weg von der Segregation hin zur
Integration, Ermöglichung der Teilnahme und Teilhabe durch Barrierefreiheit.
Literatur
[1] Stephanidis, C. (ed.): Universal Access In HCI – Towards and Information Society for All,
Lawrence Erlbaum, London 2001
[2] Web Accessibility Initiative of the World-Wide-Web Konsortiums: www.w3c.org/WAI
[3] Miesenberger, K.: „equality = e-quality" 'design for all' und 'accessibility' als Grundlage
für eine demokratische, offene und inklusive Gesellschaft, in: Feyerer, E.; Pammer, W. (Hrsg.):
Qual-I-tät und Integration, Beiträge zum 8. PraktikerInnenforum, Universitätsverlag Rudolf
Trauner, Linz 2004
[4] Miesenberger, K.: Informatik für Sehgeschädigte, Soziale Aufgabenstellung einer
technischen Disziplin, Dissertation, Universität Linz, 1998
[5] Miesenberger, K.: Applied Computer Science for Blind and Visually Handicapped People
- Information Technology Enabling Integration at University, Universität Linz, 2001
[6] Darzentas, J., Miesenberger, K.: Design for All in Information Technology: a Universal
Concern (Keynote), in: Andersen, K., V., Debenham, J., Wagner, R. (eds.): Database and
Expert Systems Applications, 16th Internaitonal Conference, DEXA 2005, Copenhagen,
Denmark, August 2005, Proceedings, Springer LCNS 3588, Berlin/Heidelberg 2005, pp. 406 –
420
[7] Habermas, J.: Texte und Kontexte, suhrkamp, Frankfurt am Main 1991
[8] Weizenbaum, J.: Computer Power and Human Reason, Penguin Books, St. Ives 1993
[9] Tim Berners-Lee, Director Wold Wide Web Consortium (W3C),
http://www.w3c.org/WAI
[10] Hammerschmid, R., Miesenberger, K., Stöger, B.: Harmonisation of the Copyright Law
throughout the European Union – A Challenge for All Print Disabled People, in: Miesenberger,
K., Klaus, J., Zagler, W. (eds): Computers Helping People with Special Needs - 8th International
Conference, ICCHP, Linz, Austria, July 2002, Proceedings, Springer Heidelberg, 2002
[11] Miesenberger K., Burger, F.: Secure Distribution System for Publications in Electronic
Form, in: Klaus, J., Auff, E., Kremser, W., Zagler, W., L. (Eds): Interdisciplinary Aspects on
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Barrierefreie Systementwicklung
Computers Helping People with Special Needs, 5th International Conference, ICCHP ´96,
Oldenbourg, Wien, München 1996
[12] www.icchp.org
[13] http://www.stakes.fi/include/
[14] Nussbaum, G.; Miesenberger, K.: SmartX – Enabling Traditional Environmental Control
to Use Standard HCI, in: Miesenberger, K.; Klaus, J.; Zagler, W.; Burger, D.: Computers
Helping People with Special Needs, 9th International Conference, ICCHP 2004, Paris, July
2004, Springer Heidelberg 2004
[15] Stöger, B., Miesenberger, K.: Digitale Signatur via Smart Card: Eine Chance für blinde
Menschen, in: Wimmer, M. (Ed.): e|Gov Days: State-of-the-art 2004, OCG, Wien, 2004
[16] Nussbaum, G., Miesenberger, K.: SmartX open source, in: Pruski, A., Knops, H. (eds.):
Assisitve Technology: From Virtuality to Reality, Proceedings AAATE 2005, IOS Press,
Amsterdam 2005
[17] IBM Accessibility Centre, www.ibm.com/able/
[18] Watzlawick, P.: Wie wirklich ist die Wirklichkeit, Piper, München 1990
[19] Negroponte, N.: Beeing Digital, Alfred A. Knopf, 1995
[20] Motto der Weltausstellung 1933, Chicago
[21] Norman, D., A.: Things That Make Us Smart: Defending Human Attributes in the Age of
the Machine, Addison Wesley Publishing Company, 1991
[22] UNO: The Standard Rules on the Equalization of Opportunities for Persons with
Disabilities, http://www.un.org/esa/socdev/enable/dissre00.htm
[23] Miesenberger, K.: Best Practice in Design for All, in: Stephanidis (ed.): The Universal
Access Handbook, CRC Press, Boca Raton 2009
[24] Miesenberger, K.: „equality = e-quality” - Wie Chancengleichheit (equality) in der
Informationsgesellschaft von Barrierefreiheit als Qualitätsmerkmal neuer Technologien (e-
Quality) abhängt, in: Bretterebner-Ziegerhofer, A.: Lebenswerte Lebenswelten, Ringvorlesung,
Graz 2008
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Barrierefreie Systementwicklung
Das Bisherige sollte uns soweit für das Thema sensibilisiert haben, dass die folgenden
Grundsätze schlüssig aus dem bereits Dargestellten ergeben.
Es sind Grundprinzipien einer Praxis, in der Behinderung eben nicht als rein
individuelles Problem oder als „Sonderbereich“, sondern primär als Anforderung an die
Gestaltung einer für alle offene Lebenswelt gesehen wird. Man ist eben nicht behindert
– man wird behindert, durch alltägliche Barrieren in der Lebenswelt.
Diversifizierung
Design for All zielt darauf ab, die Nutzbarkeit und die
Akzeptanz von IKT-Produkten zu erhöhen, indem bereits
während des Entwicklungsprozesses (proaktiv) möglichst
vielfältige Anforderungen, eben auch jene von Menschen mit
Behinderungen, berücksichtigt werden. Diese Vielfalt der
Anforderungen basiert auf
Nur so kann sich das Potential der diskutierten Prinzipien der IKT (Flexibilität,
Adaptivität, Universalität, Standardisierung) entfalten.
„Design for All“ ist Ausdruck der Tendenz, sich von der
beschrieben Anforderung der Anpassung an die Systeme
durch die Menschen weg zu bewegen. Die Systeme
sollten sich so gut als möglich an die NutzerInnen
anpassen. „Design for All“ stellt nicht einen
„durchschnittlich vermessenen“ Menschen, einen
„Idealtypen einer Nutzerin / eines Nutzers“ in den
Mittelpunkt, sondern die Vielfalt, die „Diversität“, die durch
die Systeme unterstützt werden soll.
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Barrierefreie Systementwicklung
„Design for All“ nähert sich an die Systemgestaltung von den Anforderungen „extremer“
NutzerInnen, um die beste allgemeine Nutzbarkeit für den breitest möglichen
NutzerInnenkreis in unterschiedlichsten Nutzungskontexten zu garantieren.
Genau dies ist auch die Anforderung durch die AT Praxis, was sich nicht als
behinderungsspezifisches Design versteht, sondern als modernes Design, dass die
Anforderungen aller NutzerInnen berücksichtigt.
„Design for All“ geht dabei von dem Selbstverständnis aus, dass dies keine exklusive
Fokussierung auf einzelne, spezielle NutzerInnen ist, sondern das „Design for All“ allen
NutzerInnen zu Vorteil gereicht.
Ein einfaches Beispiel ist das vermeiden von Stufen, von dem nicht zuletzt auch
LieferantInnen und Eltern mit Kinderwagen profitieren. Studien der
Krankenversicherungen belegen, wie positiv sich „Design For All“ allein in diesem
Bereich auf die Reduktion von Verletzungen und Krankenständen auswirkt.
Entsprechend wird auch die Bedienung von Geräten und Webseiten für alle vereinfacht,
wenn man entsprechende Kriterien des „Design for All“ berücksichtigt.
Ein weiteres Indiz und Beispiel sind Gebrauchsgegenstände, deren Design und
Entwicklung zuerst auf Menschen mit Behinderungen fokussierte, die aber in der Folge
allgemeine Verbreitung fanden. Hier seien als Beispiele angeführt:
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Barrierefreie Systementwicklung
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4. Wahrnehmbare Information
5. Fehlertoleranz
„Das Design kann effizient und komfortable mit einem Minimum an Anstrengung
bedient werden.“
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Barrierefreie Systementwicklung
„Zureichende Größe und Platz für Annäherung, Erreichen, Anpassen und Nutzen
unabhängig von Größe, Haltung oder Mobilität.“
“Design for All” kann zusammenfassend als Disziplin bezeichnet werden, die die
Zugänglichkeit für Menschen mit Behinderungen und die allgemeinen Anforderungen
an eine gute Nutzbarkeit von Systemen, Produkten und Services integriert.
Usability ist das klassisches Konzept für effektive, effiziente und befriedigende
Nutzung von Systemen im jeweiligen Kontext
Accessibility ist das Konzept der Diversifikation für eine Nutzbarkeit
unabhängig von temporären oder überdauernden körperlichen
Beeinträchtigungen
User Centred Design fordert: Weg von den Annahmen: Fragen, Testen, Verifizieren!
Dies gilt im Besonderen für das Design von AT und IKT für Menschen mit
Behinderungen, deren spezifischer Kontext sehr oft von Annahmen von
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Das Prinzip des User Centred Designs und damit des User Involvements fordert die
unmittelbare Rückbindung und Einbindung der NutzerInnengruppe. User Centred
Design fordert die Einbindung der Zielgruppen in allen Phasen der Entwicklung und
Einführung von Produkten:
NutzerInnenanalyse
Aktivitätsanalyse
Produktanalyse
Kontextanalyse
Produktumgebung,
Anwendungskontext
Funktionale Spezifikation
Usability Evaluation
IS4ALL: http://is4all.ics.forth.gr/
Include, Userfit: http://www.stakes.fi/include/1-0.htm
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Barrierefreie Systementwicklung
In der traditionellen Sicht wurden Menschen mit Behinderungen als PatientInnen und
daher eher als „Objekte“ gesehen und behandelt. Es wurden Ihnen, der klinischen
Umgebung ähnlich, rigide Strukturen vorgeschrieben von ExpertInnen. Unterstützung,
Systeme, Produkte und Services erscheinen darin mehr als „Almosen“, die man sich
leistet oder auch nicht. Die Geschichte lehrt uns eindringlich, wie labil dieses Verhältnis
ist und zwischen Versorgung und Behütung bzw. Ausgrenzung und sogar Vernichtung
schwankt. Die Rolle des Menschen mit Behinderung wird darin primär auf die eines
„Almosenempfängers“ und nicht die eines selbst bestimmten Individuums, für den man
die Voraussetzungen für die selbst bestimmte Teilnahme an und den Beitrag zur
Gesellschaft ermöglicht.
Demnach waren Menschen mit Behinderungen nicht die „KundInnen“, die „am Markt“
die von Ihnen gewünschten Produkte nachfragen, sondern „Sekundarempfänger“ von
Systemen, Services und Produkten, die von Dritten als gut oder angemessen bewertet
werden und dabei Gefahr laufen, von eigenen oder anderen Faktoren auszugehen.
Menschen mit Behinderungen werden oft zum Objekt und können nicht selbst bestimmt
agieren.
Eine solche traditionelle Herangehensweise erscheint aus heutiger Sicht als verletzend
und herablassend. Die Integrationsbewegung ist demnach eine vielen anderen folgende
Emanzipationsbewegung und BürgerInnenrechtsbewegung unserer Gesellschaft.
Dieser Wandel, die Emanzipation von Menschen mit Behinderungen von einer Ihnen
aufoktruierten Lebenswelt ändert diesen Zusammenhang. Menschen mit
Behinderungen werden
Von PatientInnen zu KlientInnen
Von Almosenempfängern zu KundInnen
Von abhängig zu selbst bestimmt Agierenden („ independent living“)
Es stehen nicht mehr die „Behinderungen“ im Mittelpunkt, sondern die Fähigkeiten und
Fertigkeiten, die es zu fördern und realisieren gilt, damit ein selbstbestimmtes Leben mit
entsprechenden Rechten und Pflichten in der Gesellschaft möglich wird.
Interdisziplinparität
Aus dem Dargelegten wird offensichtlich, dass die Anwendung von AT interdisziplinäres
Wissen verlangt, wie die folgende Graphik veranschaulichen möchte. Sie bringt
wiederum die Fokussierung auf die NutzerInnen als Ausgangspunkt des Agierens zum
Ausdruck. Die Komplexität der Anforderungen, die an das Design und die Gestaltung
von Systemen, Produkten und Services gestellt werden, zeigt auch die Bedeutung des
Managements und der Organisation, um diesen modernen Ansprüchen gerecht werden
zu können.
Aber eben diese Komplexität und Umfassendheit ist die spannende Herausforderung
und zeichnet letztendlich gutes Design aus.
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Mensch
Medizin/
Reha
Technik
User Rehatech/
AT
Soziales/
Umfeld
Integration
Literatur
[1] The Centre for Universal Design,
http://www.design.ncsu.edu:8120/cud/univ_design/ud.htm
[2] www.stakes.fi/include/1-0.htm
[3] http://www.telemate.org/
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Barrierefreie Systementwicklung
Eine offene und demokratische Gesellschaft sieht es als eines seiner wichtigsten
Fundamente, jedem, unabhängig von seinen Voraussetzungen die Möglichkeit zur
Entfaltung und Verwirklichung in der Gesellschaft zu ermöglichen. Die Integration von
Menschen mit Behinderung in alle Bereiche der Gesellschaft ist damit eine logische
Anwendung dieses ethischen Grundsatzes, der in den Menschenrechten verankert ist.
Integration ist eine, wenn auch späte aber dennoch nicht unwichtigere
Emanzipationsbewegung, die aus diesem Fundament erwächst. Sie fordert, wie im
Kapitel „Einleitung“ diskutiert, die Gesellschaft so um- oder neu zu gestalten, dass
diskriminierende Barrieren abgebaut oder vermieden werden.
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USA [4]
Ausgangspunkt und Vorreiter war und ist die amerikanische Bürgerrechtsbewegung, die
in den 1960er Jahren („Independent Living Movement“), den Bürgerrechtsbewegungen
der Frauen und der afroamerikanischen Bevölkerung folgend, die Gesetzgebung und
damit die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen entscheidend veränderte.
Dieser Start, vor der IKT und AT Revolution zeigt auch, dass Integration, die
gleichberechtigte Anteilnahme an der Gesellschaft, grundsätzlich unabhängig von
Technik ist, eine zutiefst gesellschaftliches Problem. Die IKT und AT Revolution hat
durch ihre Handwerkszeuge und die allgemeinen Veränderungsprozesse die Integration
entscheidend unterstützt.
Zuerst wurde erreicht, dass entsprechende Normen (z.B. A 117.1 — Making Buildings
Accessible to and Usable by the Physically Handicapped) entwickelt, die zwar vorerst
nicht einklagbar waren, die aber von der Gesetzgebung in der Folge als Grundlage
verwendet wurden.
● Der Education for Handicapped Children Act of 1975, heute Individuals with
Disabilities Education Act, or IDEA)
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Barrierefreie Systementwicklung
● Der Americans with Disabilities Act of 1990 (ADA), die wohl wichtigste und am
weitesten reichende gesetzliche Änderung, die die unterschiedlichen Gesetzte
zusammenführte und Diskriminierung in weiten Bereichen der Gesellschaft unter
Strafe stellt, vor allem auch im Bereich der öffentlichen Beschaffung, womit auch
alle Bereiche der Wirtschaft betroffen waren, wo die öffentliche Hand der größte
Kunde war und ist.
● Die Section 508 of the Rehabilitation Act of 1998 regelt heute viele Bereiche der
barrierefreien Informationstechnik
Schritt für Schritt entwickelten sich daraus US weite Gesetze, die Barrierefreiheit in
immer weiteren Bereichen zu einem einklagbaren Recht machten
Diese Bestimmungen waren und sind Vorbild für vergleichbare Entwicklungen in der
gesamten Welt.
EU
In Europa war die Situation in den meisten Ländern durch das Prinzip der sozialen
Fürsorge geprägt, wodurch nicht diese Dynamik wie die Bürgerrechtsbewegung in den
USA entstand. Mit zeitlicher Verzögerung werden in Europa vergleichbare
Bestimmungen etabliert. Jene Länder, die wie Amerika, einen starken
Bürgerrechtsbezug haben wie z.B. England, waren und sind hier Vorreiter.
Eine sehr wichtige Rolle spielt die europäische Integrationsbewegung und die EU, die
mit entsprechenden Direktiven die Änderungen bzw. Harmonisierungen nationaler
Gesetzgebungen verlangt. Nur einige seien erwähnt:
● Interface zu AT
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Barrierefreie Systementwicklung
Österreich [7]
Die Situation in Österreich kann man wohl am besten zusammenfassen: Spät – aber
dafür nur halbherzig. So findet sich folgender Absatz in der Bundesverfassung
Die schlechte Nachricht der Demographie: Alter ist mit Behinderung verbunden!
Dementsprechend wird Barrierefreiheit und Design for All immer wichtiger. Natürlich ist
das Grundrecht auf Zugänglichkeit, Teilnahme und Partizipation grundsätzlich
unabhängig von Zahlen und gilt allgemein für jeden immer und überall. Dennoch
erreicht Barrierefreiheit eine andere Dimension, wenn man bedenkt, dass ca. 30% der
Bevölkerung davon betroffen sein können. Dies ist sozial/volkswirtschaftlich aber auch
betriebswirtschaftlich von immer größerer Bedeutung.
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Barrierefreie Systementwicklung
Die demographischen Daten werden weiter unten bei der Definition von Behinderungen
(Kapitel 8) wiedergegeben!
Volks/Sozialwirtschaftliche Gründe
Schlecht Schlecht
Pers. Pers.
Assistenz Assistenz
Fähigkeiten / Fertigkeiten
Fähigkeiten / Fertigkeiten
AT
AT
Adaptierungen
Adaptierungen
Ohne Probleme
Ohne Probleme
Gut Gut
Betriebswirtschaftliche Gründe
Wir haben ein wichtiges Argument schon angesprochen, das indirekt wirtschaftlich zum
Tragen kommt:
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Winkel, …) anzubieten. Die Firma wuchs von 1990 – 1995 pro Jahr um 40 – 50
%. Mehr und mehr Firmen folgen diesem Beispiel, Produktdesign nach extremen
Anforderungen auszurichten, die letztendlich in unterschiedlichsten Situationen
positiv bewertet werden. [9]
Literatur
[1] Darzentas, J., Miesenberger, K.: Design for All in Information Technology: a Universal
Concern (Keynote), in: Andersen, K., V., Debenham, J., Wagner, R. (eds.): Database and
Expert Systems Applications, 16th Internaitonal Conference, DEXA 2005, Copenhagen,
Denmark, August 2005, Proceedings, Springer LCNS 3588, Berlin/Heidelberg 2005, pp. 406 –
420
[2] Miesenberger, K.: „equality = e-quality" 'design for all' und 'accessibility' als Grundlage
für eine demokratische, offene und inklusive Gesellschaft, in: Feyerer, E.; Pammer, W. (Hrsg.):
Qual-I-tät und Integration, Beiträge zum 8. PraktikerInnenforum, Universitätsverlag Rudolf
Trauner, Linz 2004
[3] Miesenberger, K.: Informatik für Sehgeschädigte, Soziale Aufgabenstellung einer
technischen Disziplin, Dissertation, Universität Linz, 1998
[4] Welch, P. and Palames, C. (1995). A brief history of disability rights legislation in the
United States. In Welch, P. (Ed.), Strategies for teaching universal design. Boston, MA:
Adaptive Environments Center
[5] http://register.consilium.eu.int/pdf/en/03/st05/st05165en03.pdf
[6] http://www.einclusion-eu.org/
[7] www.gleichstellung.at
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7. Barrierefreiheit - Wie?
Wie kann man Barrierefreiheit erreichen? Im Englischen spricht man allgemein von
● Pull-Maßnahmen: Anreize für die Umsetzung von Barrierefreiheit
● Push-Maßnahmen: Gesetze, Regelungen und Strafen für diskriminierendes
Verhalten.
Bewusstseinsbildung
Informationskampagnen und Aktivitäten auf unterschiedlichsten Ebenen sollen dafür
sorgen, dass D4All greift. Sie erscheinen sowohl für die Realisierung von Gesetzen als
auch für deren Umsetzung, parallel zu Strafen, als unabdingbar. Entscheidend ist, dass
Bewusstseinsbildung nicht punktuell und auf bestimmte Schichten abzielt, sondern
ständig und möglichst breit gemacht wird, damit D4All eben gesellschaftlicher
Grundkonsens werden kann. Anschauliche Materialien und Beispiele und Darstellung
der weitreichenden Konsequenzen von Barrieren sollten verfügbar sein.
Bildung
Das grundsätzliche Verständnis für das Anliegen und die grundsätzliche Bereitschaft
zur Unterstützung erfordert Information über Richtlinien, Techniken und
Vorgehensweisen, um Barrieren zu vermeiden. D4All sollte und muss Eingang in
allgemein Curricula finden und mit Aus- und Fortbildungsmaßnahmen begleitet werden.
Hier sind, neben Anschaulichkeit und Affektivität, Genauigkeit und Regelkonformität von
entscheidender Bedeutung.
Gesetzliche Einflussnahme
Barrieren sind kein „Kavaliersdelikt“, sondern schränken Individuen und Gruppen in
ihren Grund- und Menschenrechten ein. Es ist notwendig, dass betroffene Menschen
nicht in die Rolle der Bittsteller gedrängt werden, sondern Möglichkeiten an die Hand
bekommen, Ihre Rechte durchzusetzen. Wie oben angegeben, sind entsprechende
Regelungen im Entstehen und werden weitreichende Folgen nach sich ziehen, im
Bewußtsein, in der Bildung, in der Umsetzung.
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Barrierefreie Systementwicklung
Behinderung ist von anderen Bereichen, vor allem von Krankheiten, die wohl in den
Auswirkungen ähnlich sein können, klar zu unterscheiden, um dem Phänomen gerecht
zu werden zu können. Behinderung zeichnet sich durch zwei wichtige Charakteristika
aus: sie ist
an/überdauernd, d.h. sie stellt eine tief greifende und endgültige Anforderung zur
Um- und Neuorientierung des Lebens dar und hat damit Auswirkungen auf alle
Lebensbereiche und
sie unterliegt einer besonderen soziale Situation, einer „Verbesonderung“, die mit
Stigmatisierung, Ausgrenzung, vor geformten Sichtweisen und weiteren soziale
Effekten verbunden ist, die, wegen der Offensichtlichkeit der Behinderung,
unumgänglich und schwer durch das Individuum selbst beeinflusst werden
können.
Wegen dieser Besonderheiten ist es notwendig, in der Definition und Darstellung von
Behinderungen mit besonderer Rücksicht auf die Betroffenen zu agieren.
Behinderung zeichnet sich eben durch die Tatsache aus, dass die Herstellung der
„Normalität“ nicht mehr möglich ist und damit dementsprechend unterstützende,
integrative Maßnahmen notwendig werden, um Funktionalität z.T. oder vollständig
wieder herzustellen oder die Auswirkungen der Behinderung zu reduzieren und
Teilnahme (Integration) durch Alternative Lösungen möglich zu machen.
Definition
Darin kommt bereits die Schwierigkeit der Definition zum Ausdruck und wir wollen uns
daher in Schritten an eine Definition heranbewegen.
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unzulänglich ... sie zeigen uns nur die Mängel ... nicht die
Fähigkeiten; sie führen uns Puzzles und Schemata vor, während
es doch darauf ankommt, Musik, Geschichten und Spiele zu
begreifen und zu erkennen, wie ein Mensch sich spontan auf seine
eigene, natürliche Weise beträgt.“
[1]
Wir können diesem Zitat folgend an das Phänomen Behinderung grundsätzlich unter
zwei Betrachtungsweisen herangehen, als
Exkurs [vgl.: 2]: Nach GUSTAVSON 97 [3] können wir drei Ansätze der
Definition von Behinderung unterscheiden, die auch als Entwicklungsschritte
verstanden werden können (, die wir zu obigen zwei zusammenfassen):
Individuum-Mangel-zentrierter Ansatz (epidemological approach):
Behinderung ist dabei ein dem Individuum zurechenbare Erscheinung,
deren Behandlung man an den Mängeln gegenüber einer anscheinend
objektiven, 'normalen' Lebenswelt definiert und gestaltet. Dem isolierten
Mangel wird in nach dementsprechend ausgerichteten („Besonderen“)
Einrichtungen am effizientesten entsprochen. Die Gestaltung der
allgemeinen Umwelt bleibt dabei un-thematisiert. Unterstützung erscheint
als „Almosen“.
Umweltbezogener Ansatz (adaptability approach): Behinderung wird in
einem systemischen Zusammenhang gestellt. Sie ist das Ergebnis der
Interaktion des Individuums mit seiner Umgebung. Ziel ist dabei, die
Interaktionsmöglichkeiten des Individuums zu optimieren. Behinderung
bleibt ein individuelles Problem, wird aber nicht mehr alleine im
„Sonderbereich“ betrachtet, sondern auch im Bezug auf die allgemeine
Lebenswelt. Die „Normalisierung“, die Anpassung des Individuums an
eine anscheinend nicht veränderbare Umwelt steht im Mittelpunkt. IKT
und AT werden oft als Mittel zur Normalisierung verstanden, die aber an
ihre Grenzen stoßen, wenn die Umwelt nicht entsprechen barrierefrei
gestaltet ist. Letztendlich werden auch IKT und AT noch immer als
„Almosen“ verstanden.
Sozial-konstruktivistischer Ansatz (social constructionist oder social
meaning approach): Die Emanzipationsbewegung von Menschen mit
Behinderungen führt zu einer Definition von Behinderung als ein durch
die Gesellschaft, durch das alltägliche gestaltende Handeln
hervorgebrachtes Konstrukt. Behinderung liegt im Verantwortungsbereich
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Damit bewegen wir uns weg von einem allgemeinen, landläufigen Verständnis von
Behinderung, wie es in den meisten Enzyklopädien vorkommt, dass unter „Behinderten“
aller Altergruppen subsumiert, die durch einen angeborenen oder erworbenen
„gesundheitlichen Schaden“ in der Ausübung der dem Lebensalter und den
„durchschnittlichen“ Funktionen entsprechenden Aufgaben beeinträchtigt sind.
Wie mit jeder Emanzipationsbewegung geht auch mit Integration eine veränderte
Wortwahl einher, die ein verändertes Grundverständnis zum Ausdruck bringen will.
Diese Begriffsdiskussion und -evolution mag als unnötig und überkorrekt erscheinen;
auf alle Fälle sollte sie aber als Ausdruck dieser Emanzipation und Transformation des
Verständnisses von Behinderungen gesehen werden. Als Beispiel die Diskussion aus
http://de.wikipedia.org/wiki/Behinderung:
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Barrierefreie Systementwicklung
Auch solche veränderte Begriffe stehen wieder unter Diskussion, wie z.B. der der
„speziellen Bedürfnisse“, weil eben die Bedürfnisse nicht „speziell“ sind, sondern die
Rahmenbedingungen, die Barrieren erzeugen, …
In jedem Fall wird ersichtlich, dass eine differenziertere Definition notwendig ist, um
dem Phänomen Behinderung gerecht werden zu können. Dieser Anforderung ist die
WHO (World Health Organisation) gefolgt und hat eine in Ebenen differenzierende
Definition vorgelegt, die allgemein Annerkennung findet:
Mit der ICF gelingt es, eine gemeinsame Sprache aller im Bereiche Behinderung und
Lebenswelt beteiligten zu finden. Es ist ein dynamisches, sich veränderndes
Referenzmodell, das die Zusammenschau und interdisziplinäre Diskussion der
individuellen, biologischen, sozialen und technischen Einflussfaktoren ermöglicht.
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Die ICF hebt Behinderungen von den sie begründenden Faktoren oder Ursachen wie
Krankheit oder Verletzung ab, streicht also klar die Unterscheidung zum medizinischen
und Pflege-Bereich heraus. Dadurch wird – zumindest in der Theorie – eine
medizinische Defizitorientierung überwunden. In ihrer Weiterentwicklung stellt sie noch
expliziter die Umweltfaktoren als Bedingung für Behinderungen in den Mittelpunkt,
indem sie folgende Bereiche definiert (die oberste Ebene der Untergliederung ist zur
Orientierung angegeben):
3
) In Überarbeitungen in den letzten Jahren wurde die Unterscheidung bei den Fähigkeitsstörungen in
„Aktivität“ und „Partizipation“, wie sie die verwendete Graphik wider gibt, deutlich herausgestrichen. Damit
soll der Blick weg von einer „Schadenszentrierung“ hin zu den trotz einer Behinderung möglichen
Aktivitäten und realisierbare Partizipation herausgestrichen werden.
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Aktivitäten: Durchführung einer Aufgabe oder einer Tätigkeit (Aktion) durch eine
Person.
Eine Beeinträchtigung der Aktivität ist eine Schwierigkeit oder die Unmöglichkeit
für eine Person, die Aktivität durchzuführen.
Subkategorien: Aktivitäten des/der
o Lernen und Wissensanwendung
o Kommunikation
o Elementare Bewegungsaktivitäten sowie Handhabung von
Gegenständern
o Fortbewegung
o Selbstversorgung
o Häusliches Leben
o Interpersonelle Interaktionen und Beziehungen
o Bedeutende Lebensbereiche
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Daraus ergibt sich eine viel differenziertere Definition von Behinderung, die der
Komplexität und den verschiedenen Ebenen von Behinderung besser gerecht wird.
„Aufgrund einer Erkrankung, angeborenen Schädigung oder eines Unfalls als Ursache
entsteht ein dauerhafter gesundheitlicher Schaden. Der Schaden führt zu einer
funktionalen Beeinträchtigung der Fähigkeiten und Aktivitäten des/der Betroffenen. Die
soziale Beeinträchtigung (handicap) ist Folge des Schadens und äußert sich in
persönlichen (z.B.: Freizeitaktivitäten, soziale Integration), familiären (z.B.:
wirtschaftliche Belastung) und gesellschaftlichen (zum Beispiel Fürsorgeanspruch)
Konsequenzen.“ [4]
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körperliche Behinderung
o Mobilitätsbehinderung
o Motorische/Manipulationsbehinderung
Sinnesbehinderung
o Sehbehinderung / Blindheit
o Schwerhörigkeit / Gehörlosigkeit
o (Taubblindheit)
Lernbehinderung, kognitive Beeinträchtigungen
Sprachbehinderung
Behinderungen können auch als Kombination aus mehreren Ursachen und Folgen
auftreten (Mehrfachbehinderung), oder weitere Probleme zur Folge haben, z.B.
Sprechbehinderung als Folge einer Hörbehinderung.
Diese groben Kategorien werden wir verwenden, um Arten von AT zu diskutieren. Wir
wollen hier nicht näher auf weitere Definitionen eingehen, sondern unmittelbar bei der
Definition der Kategorien von AT die Schwierigkeiten der einzelnen Zielgruppen
darlegen.
Statistik
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Menschen mit Behinderungen werden als Minderheit verstanden. Sieht man die
Granularität der Bedürfnisse und Kleingruppen, ist dies sicher richtig. Sieht man das
Gesamtbild von Menschen mit Behinderungen, erkennt man die Größe dieser Gruppe
und, in einer alternden Gesellschaft, wie sie die westlichen Staaten heute
gekennzeichnet sind, ihr Wachstum. Aus diesen Gründen wird die Anzahl der
Menschen mit Behinderungen in der Bevölkerung meist unterschätzt und damit auch
die Bedeutung von Barrierefreiheit, vor allem in Anbetracht der Tatsache, dass in
absehbarer Zeit immer mehr Menschen von Behinderungen betroffen sein werden, die
„computerfit“ sind und IKT trotz oder wegen einer Behinderung und/oder Alters nutzen
möchten oder, wegen des Fehlens von Alternativen, nutzen müssen.
Allgemein ist zu den folgenden Zahlen und zu allen Zahlen über Menschen mit
Behinderungen zu sagen, dass die Darstellungen mehr Schätzungen sind als
unmittelbar für AT ableitbare Zahlen von NutzerInnen. Die Definitionen und
Zählmethoden unterscheiden sich sehr stark in den einzelnen Ländern. Die ICF wird
(noch nicht) als allgemeine Definitionsgrundlage für statistische Daten verwendet. Als
allgemeiner, seriöser Schätzwert hat sich eine Größe ca. 20% von Menschen mit
Behinderungen in der Bevölkerung etabliert, wobei man von 10 – 12 % der Bevölkerung
mit schweren Beeinträchtigungen ausgeht.
Statistik Austria stellt nach Österreichischer Definitionen folgende Zahlen zur Verfügung
[7]:
Weiter Angaben zu Europa (Schätzungen), die einen klaren Bezug zu AT und Nutzen
von barrierefreiem Web Design erlauben bezogen auf 800.000 Mio. Einwohner in
Europa (1995, geographisch) [8]
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Blindheit 42 - 45
Hochgradige Sehbehinderung 135 - 150
Gehörlosigkeit 70
Zerebrale Lähmung 15
Diese Zahlen unterstreichen die Bedeutung von AT als Mittel, Menschen (länger)
selbständig und unabhängig und aktiv sein zu lassen. Durch die Alterung der
Gesellschaft wird diese Bedeutung für den Erhalt des Sozialgefüges zunehmen.
In gleicher Weise wie für die obige angeben gilt für die folgenden Gruppen von
Menschen mit Behinderungen, dass diese Zahlen nicht das tatsächliche Bild
wiedergeben. Es existieren Schätzungen, die oft um mehr als 50% von den
angegebenen Werten abweichen. Entsprechende Unterschiede würden auch
Ländervergleiche zeigen. Die Zahlen sollen aber bewusst machen, für wie viele
NutzerInnen Maßnahmen der Barrierefreiheit wichtig sind.
Es wird auch ersichtlich, dass z.T. nur Subgruppen einer Kategorie von diesen
Maßnahmen profitieren, dass Gruppen nur zu bestimmten Zeiten bzw. in bestimmten
Umständen davon Gebrauch machen werden.
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Chronische Erkrankungen
Tab. 6: Chronische Krankheiten in Österreich, 1995 [7]
Chronische Krankheiten Personen absolut % der Bevölkerung
Wirbelsäulenschäden 563.300 7,9
Hoher Blutdruck (Hypertonie) 324.200 4,6
Rheuma, Gicht, Ischias 290.700 4,1
Allergie 238.300 3,4
Durchblutungsstörungen 221.400 3,1
Herzkrankheiten 182.900 2,6
Niederer Blutdruck (Hypotonie) 140.200 2,0
Asthma 139.500 2,0
Zuckerkrankheit (Diabetes) 117.100 1,6
Schlaganfall 53.800 0,8
Hautkrankheit 48.100 0,7
Sprechstörungen 15.400 0,2
Literatur
[1] Sacks Oliver: Der Mann, der seine Frau mit einem Hut verwechselte; Rowohlt
Taschenbuch Verlag, Hamburg, BRD, 1998
[2] Miesenberger, K.: Informatik für Sehgeschädigte, Soziale Aufgabenstellung einer
technischen Disziplin, Dissertation, Universität Linz, 1998
[3] Gustavson, A.; Zakrzewska-Materys, E.: Social Definitions of Disability, Wydawnictwo
"Zak", Warszawa 1997
[4] http://www3.who.int/icf/
[5] http://www.icf-schaufling.de/
[6] Bundesministerium für Sicherheit und Generationen (2003): Bericht über die Lage der
behinderten Menschen in Österreich.
[7] http://www.statistik.at/
[8] Zagler, W.: Habilitationsschrift, Wien 2004, S. A209
[9] http://epp.eurostat.cec.eu.int/
[10] www.who.org
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Barrierefreie Systementwicklung
Technische Hilfen (für behinderte Menschen) werden in dieser Norm definiert als
AT i.w.S. unterscheidet sich grundsätzlich nicht von allen anderen Werkzeugen, die
man einsetzt, um Aufgaben zu erfüllen. Das definitorische Merkmal von "assistierend" in
diesem Zusammenhang ist, dass diese technischen Hilfsmittel Menschen mit
Behinderungen helfen, Einschränkungen in der Erfüllung einer allgemein geforderten
Aufgabe zu überwinden. Jedes alltägliche Werkzeuge kann demnach auch
assistierenden Charakter haben, z.B.:
AT i.e.S. im Gegensatz dazu meint spezielle Werkzeuge, die eigens zur Überwindung
der Einschränkung in der Erfüllung einer Funktionalität eines Menschen wegen einer
Behinderung dienen, z.B.:
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Barrierefreie Systementwicklung
Diese Unterscheidung, die sich auf das Merkmal einer allgemeinen und/oder speziellen
Nutzbarkeit bezieht, bleibt wie jede Definition von AT ungenau und vage.
Ein weiteres definitorisches Merkmal ist, dass es sich um technische, durch Materialien
oder Apparaturen realisierte Hilfestellungen handelt, nicht durch Menschen oder Tiere
realisierte. Natürlich ist AT sehr oft Teil eines umfassenden Unterstützungs- und
Servicesystems, dass primär auf persönlicher Assistenz beruhen kann.
AT kann High- oder LowTech sein – die Schnur an der Tür zum leichtern öffnen, der
Mundstab oder eben der PC oder die Umgebungssteuerung über Sprachbefehle.
Kategorien von AT
Die Europäische Norm EN ISO 9999 mit dem Titel „Technische Hilfen für behinderte
Menschen - Klassifikation und Terminologie“ [http://www.iso.ch/iso/en/] ist eine
internationale Hilfsmittel-Klassifikation, die im Format einer Norm erscheint.
Herausgeber ist die Internationale Organisation für Normung (ISO) und dessen
Technisches Komitee ISO/TC 173. Die ursprüngliche "ISO 9999" wurde vom
Europäisches Komitee für Normung (CEN) in eine Europäische Norm (EN) mit gleicher
Nummer überführt. Einzelne Länder haben diese Norm in nationale Normen übergeführt
(z.B. DIN EN ISO 9999, ÖNORM EN ISO 9999)
Die Klassifikation bietet einen Überblick über Produkte, die als Hilfsmittel für behinderte
Menschen eingesetzt werden. Zusätzlich wird mit dieser Klassifikation eine einheitliche
Terminologie geschaffen. Die Klassifikation wird laufend an neue technische
Entwicklungen und Erfordernisse angepasst. Dementsprechend ist das
Nummerierungssystem auch offen und „löchrig“ für Erweiterungen.
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Barrierefreie Systementwicklung
Die Kodierung der Klassen in der linken Spalte wird in die Klassifizierung in die
Suklassen und Divisionen mitgenommen und entsprechend erweitert. Die folgende
Tabelle gibt die Subklassen von 21 wieder, wobei sie sich in der Division auf 2 typische
Beispiele beschränkt.
Beispiel ISO 9999, Klasse 21, Hilfen für Kommunikation, Information und Signalgebung
Für jede Hilfsmittelart wird eine sechsstellige „ISO-Nummer“ mit drei hierarchischen
Gliederungsebenen vergeben. Die Klassifizierung eines speziellen, vergrößerten
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Eine umfangreiche Übersicht über Einzelprodukte nach dieser Klassifikation wird von
der Datenbank Rehadat des Institut der deutschen Wirtschaft in Köln geboten [2].
Verstärkende Hilfsmittel
Verstärkenden Hilfsmitteln verstärken einen Reiz (eine Aktion) derart, dass dieser
(diese) auch von einem in seiner Leistung verminderten Organ wahrgenommen
(ausgeführt) werden kann. Die folgende Abbildung verdeutlicht diese Wirkungsweise.
Beispiel. Der eintreffende Sinnesreiz kann von der behinderten Person wegen einer
Schädigung des betreffenden Sinnesorgans nur in abgeschwächter Form
wahrgenommen werden. Die Aufgabe des mit H bezeichneten Hilfsmittels ist es, den
eintreffenden Reiz in geeigneter Weise so zu verstärken, dass er möglichst mit jener
Intensität wahrgenommen werden kann, mit der ihn auch eine nicht behinderte Person
empfunden hätte.
Beispiele für augmentative Hilfsmittel sind Hörgeräte und Brillen.
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Einfügende Hilfsmittel
Substituierend Hilfsmittel ersetzen eine Reiz oder eine Aktion auf einen anderen Reiz
oder eine andere Funktion. Es wird eine möglichst äquivalente Alternative angeboten.
Die Abbildung zeigt eine Person, die optische Reize zufolge Blindheit nicht
wahrnehmen kann. Das in der mittleren Graphik dargestellte Hilfsmittel H wandelt den
optischen Reiz in geeigneter Weise in einen akustischen Reiz um und leitet ihn zum
Gehör der blinden Person. In ähnlicher Weise zeigt die rechte Darstellung
Beispiele für substituierende Hilfsmittel sind die Verwendung von Blindenschrift, die
anstelle der Augen mit den Fingerspitzen gelesen wird, und das Lippenlesen, bei dem
die Augen Aufgaben übernehmen, die in der Regel von den Ohren wahrgenommen
werden.
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Barrierefreie Systementwicklung
Wir werden nun in der Folge eine Übersicht geben über AT, die sich auf den Bereich
der MMK konzentriert und damit unmittelbar für barrierefreies Web Design wichtig wird,
weil sie die zentralen Kriterien definieren.
Wir werden dabei die differenzierte Gliederung von Behinderungen, der Handhabbarkeit
wegen, auf 4 Hauptzielgruppen reduzieren und auf eine Kategorisierung nach ISO
verzichten. Die Übersicht ist demnach nicht vollständig.
Ebenso beschreiben wir erst hier – und nicht bei der Definition – die
Behindertengruppen und vor allem die daraus entstehenden Bedürfnisse and der MMK.
Dies soll ein Verstehen der Anforderungen erleichtern.
Literatur
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Medizinisch definiert man Sehbehinderung (eine nicht einfach durch Optik korrigierbare
Verminderung der Sehleistung) wie folgt:
Sehbeeinträchtigung
Gröbere einseitige Sehbeeinträchtigung Mäßige beidseitige Sehbeeinträchtigung
1/1 auf einem Auge,
1/3 bis 0 auf dem anderen Auge 9/10 bis 1/3
Wesentliche Sehbehinderung
Sehbehinderung Hochgradige Sehbehinderung
1/30 bis 1/20 1/20 bis 1/50
Blindheit
1/50 bis 0
[1]
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Kurz- / Weitsichtigkeit:
Bei der Kurzsichtigkeit, in der Fachsprache bekannt als Myopie (griechisch: myein -
blinzeln), kann man weit entfernte Objekte schlechter sehen als nahe gelegene. Sie ist
eine Form der Fehlsichtigkeit und das Gegenteil der Weitsichtigkeit.
Kurzsichtigkeit stellt meistens keinen krankhaften Prozess dar. Die Ursache ist vielmehr
ein absolut beziehungsweise in Relation zur Brechkraft zu langer Augapfel. Der
Brennpunkt liegt dadurch für alle Strahlen ab einer bestimmten Entfernung (die vom
Ausmaß der Kurzsichtigkeit abhängt) vor der Netzhaut, das heißt, die Strahlen werden,
auch wenn die Linse auf ihre minimale Brechkraft eingestellt ist, zu stark gebündelt.
Gegenstände, die außerhalb dieses Bereiches liegen, können dadurch nicht mehr
scharf abgebildet werden.
Die Kurzsichtigkeit kann durch Brille oder Kontaktlinsen mit negativen Dioptrien
korrigiert werden. Seit etwa 1984 ist auch eine chirurgische Korrektur möglich, zum
Beispiel mit Hilfe eines Laser (refraktive Chirurgie). Eine Veränderung der
Augapfellänge durch so genanntes "Augentraining" konnte nicht nachgewiesen werden
und wird deswegen von der wissenschaftlichen Medizin abgelehnt.
Bei Kurzsichtigkeit besteht ein erhöhtes Risiko für eine Netzhautablösung und andere
krankhafte Veränderungen, so dass regelmäßige augenärztliche Kontrollen erforderlich
sind.
Als Ursachen kommen zwei prinzipielle Formen der Kurzsichtigkeit in Frage: Die so
genannte Brechungsmyopie bei normaler Augenlänge, aber zu starker Brechkraft, und
die so genannte Achsenmyopie bei normaler Brechkraft, aber zu langer Augenachse.
Gesichtsfeldausfall:
Werden z.B. durch folgende Ursachen ausgelöst [3]
o Makula-Degeneration
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o Diabetische Retinopathie
Mit dem starken Ansteigen der Wohlstandskrankheit Diabetes
Formular bie Makula
mellitus kommt es zwangsläufig auch vermehrt zu einer
Degeneration
Schädigung der Augen durch die Diabetische Retinopathie.
Bei dauernd erhöhten Blutzuckerwerten lagern sich im Auge
Fett- und Eiweißstoffe in den empfindlichen Gefäßwänden ein,
die dadurch brüchig werden und platzen können. Dies macht
sich für den Betroffenen durch Gesichtsfeldausfälle
bemerkbar. Eine Behandlung dieser Sehschädigung ist durch
Laser- und Kältetherapie nur sehr bedingt möglich. Deshalb
genießen vorbeugende Maßnahmen hier höchste Priorität:
optimale Einstellung des Blutzuckerwertes
Blutdruckwerte von 85/130 mm/Hg
nicht rauchen
Formular bei Diabetischer
o Retinitis Pigmentosa (Tunnelblick) Retinopathie
Bei der Retinopathia Pigmentosa, die umgangssprachlich
meist als „Retinitis Pigmentosa" bezeichnet wird, handelt es
sich um eine Gruppe erblich bedingter Netzhauterkrankungen.
Erste Anzeichen sind in jungen Jahren vor allem oft
o Nachtblindheit, sog. Sehverlust bereits in der
Dämmerung,
o Schwierigkeiten bei der Hell-Dunkel-Anpassung und
umgekehrt,
o Blendempfindlichkeit.
Im fortgeschrittenen Stadium wird das Sehfeld, das beim
gesunden Auge etwa 120/180 Grad beträgt, oft auf einen
kleinen Bereich von nur wenigen Grad eingeschränkt, so dass
man nur noch wie durch eine Röhre oder einen Tunnel sehen Formular bei Retinitis
Pigmentosa
kann. Dies macht dann eine optische Orientierung praktisch
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Farbsinn-Störungen
Das für den Menschen sichtbare Lichtspektrum reicht von etwa Formular aus Sicht Grauer
400 bis 700 nm. Wenn Licht auf einen Gegenstand fällt, Star
absorbiert dieser einen Teil, der Rest wird reflektiert. Dieses
remittierte Licht gelangt in unser Auge, wo mit Hilfe der sogenannten Stäbchen (engl.
"rods") und Zapfen (engl. "cones") der Eindruck von Farbe entsteht.
Stäbchen
Die Stäbchen sind für die Grauwerte zuständig. Beim Fehlen oder einer
Funktionsstörung der Stäbchen spricht man von so
genannter Nachtblindheit.
Zapfen
Es gibt drei verschiedene Rezeptoren:
Rezeptor für Rot - zuständig für den Rotbereich
des sichtbaren Farbspektrumsfür große
Wellenlänge Farbsinnstörungen
Rezeptor für Grün - für mittlere Wellenlänge
Rezeptor für Blau - für kurze Wellenlänge
Bei der Überlagerung dieser Grundfarben kommt es zum farbigen Sehen.
Ist eine der drei Rezeptorarten teilweise oder sogar total funktionsunfähig, spricht man
von abnormaler Farbensicht. Je nachdem, welche Rezeptoren betroffen sind,
unterscheidet man drei Arten:
Protan-Störungen = Störungen der Wahrnehmung im roten Spektralbereich
Protonomalie: teilweiser Funktionsausfall
Protanopie: totaler Funktionsausfall
Deutan-Störungen = Störungen der Wahrnehmung im grünen Spektralbereich
Deuteranomalie: teilweiser Funktionsausfall
Deuteranopie: totaler Funktionsausfall
Tritan-Störungen = Störungen der Wahrnehmung im blauen Spektralbereich
Tritanomalie: teilweiser Funktionsausfall
Tritanopie: totaler Funktionsausfall
Protan- und Deutan-Störungen werden gebunden an das X-Chromosom vererbt. Von
Protan- und Deutanstörungen sind ca. 10% der männl. Bevölkerung betroffen und nur
1% der weiblichen.
Die Tritanstörung ist äußerst selten und kann nicht durch normale Farbsehtests
bestimmt werden.
Treten bei einer Person alle 3 Störungen gemeinsam auf, so ist keine
Farbwahrnehmung möglich.
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Methoden
In der Folge finden sie Beispiele von AT, die z.T. Standardtechnologie, Adaptierungen
von herkömmlicher IKT, (die z.T. für die Zielgruppe zuerst entwickelt wurde) oder
spezielle AT – low/high oder no-tech.
Diese Liste ist nicht vollständig. Die Flexibilität der IKT führt zu immer neuen AT-
Anwendungen allgemeiner IKT oder speziellen ATs.
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Tastaturaufkleber Tastaturbeschriftung
Taktile Markierung von bestimmten Tasten Scrollen mit dem Rad (kein Bewegen der Maus
zum Scrollbar – für sehbehinderte Menschen
zuerst entwickelt!)
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Sprachausgabe Vergrößerungssoftware
Scanner OCR
Exkurs Vergrößerungsprogramm
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Literatur
1. http://www.aaonline.dkf.de/bb/p353.htm
2. http://www.ch.cibavision.com/linsen/sehfehler.html
3. Sehbehinderungs-Simulator des Allgemeinen Blinden- und Sehbehindertenvereins
Berlin, http://www.absv.de/sbs
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Methoden
Weiters existieren Drucker, mit denen Brailleschrift in Papier gestanzt werden kann.
Brailleschreibmaschinen und Stiftplatten waren Vorläufer der modernen, IKT
basierten Braille-Bildschirme
2. Sprachausgabe: Die Texte bzw. textlichen Beschreibungen des Bildschirminhaltes
werden über Lautsprecher ausgegeben. Die auditiven Inhalte können dabei
aufgenommen sein („recorded speech“) oder mittels Sprachsyntheziser („synthetic
speech) erzeugt werden.
Diese Techniken sind Nachfolger von Vorlesen oder Aufnahme auf
unterschiedlichste Geräte.
Beide Methoden, Braille und Sprachausgabe, bedienen sich einer Software, eines
sogenannten "Screen Readers" [2], der die Inhalte des Bildschirms für diese beiden
Methoden der Darstellung aufbereitet.
Blinde Computer NutzerInnen können auch die Maus nicht verwenden. Sie verwenden
die Pfeil-Tasten oder spezielle Mausemulationen auf dem Brailledisplay, um den Cursor
oder Systemfokus zu navigieren. Für blinde Menschen sind daher "ShortCuts",
Tastaturbefehle sehr wichtig.
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Barrierefreie Systementwicklung
Braille
Der Franzose Louis Braille (1809-1852) hat ein Schriftsystem erfunden, das von blinden
und sehbehinderten Menschen verwendet
wird und auf der taktilen statt auf der
optischen Wahrnehmung basiert. In der
klassischen Brailleschrift werden
Buchstaben erzeugt, indem kleine
erhobene Punkte in ein Blatt Papier
geprägt werden. Jeder Buchstabe oder
jedes Zeichen liegt in einem kleinen
Ausschnitt des Blattes, der als 2.3 Gitter
angeordnet ist und somit für maximal 6 Braille Alphabet [3]
Punkte Platz bietet. Jedes Zeichen
(Buchstabe, Ziffer, Satzzeichen etc.) stellt eine bestimmte Auswahl von Punkten in
einem solchen 2.3 Rechtecken dar. Rechnet man den Leerraum, das Zeichen, das gar
keine Punkte enthält, mit, so ergeben sich also 2 hoch 6 = 64 mögliche Braille-Zeichen.
Die Schrift reicht somit schon in ihrer ursprünglichen Form aus, um alle Buchstaben des
lateinischen Alphabetes in Groß- und Kleinschreibung sowie alle Ziffern und
Satzzeichen darzustellen, wenn man die Großbuchstaben von den kleinen durch
Voranstellen eines Kennzeichens und die Ziffern von den Buchstaben durch
Voranstellen eines anderen Kennzeichens ableitet (siehe Code-Tabellen im Anhang).
Seit seiner Erfindung gegen Ende der 1. Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde Braille von
blinden und stark sehbehinderten Menschen in zweierlei Weise verwendet: Zum einen
wurden spezielle Schreibmaschinen entwickelt, die einem Braille-Benutzer das
Anfertigen persönlicher Aufzeichnungen gestatteten – hierdurch wurde schriftliche
Kommunikation unter blinden Menschen möglich, aber im Allgemeinen unter
Ausschluss der sehenden Mitwelt. Zum anderen wurde Literatur in Braille durch
Verwendung spezieller Druckverfahren produziert.
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Barrierefreie Systementwicklung
Der Computer hat nicht nur die Codierung der Brailleschrift, sondern auch die Geräte
verändert, durch die sie erzeugt wird: Die konventionelle Braille-Schreibmaschine wurde
kaum vom alten 6-Punkt-System zum neuen 8-Punkt-Braille erweitert, vielmehr wurde
sie vom sog. Braille-Display abgelöst: Dieses elektronische Hilfsmittel zeigt den Inhalt
des Computerbildschirms in sich dynamisch verändernder Punktschrift (Refreshable
Braille) an. Braille-Displays sind von allem Anfang an als 8-Punkt-Anzeigen ausgelegt.
Durch diese revolutionäre Änderung in der „Braille-Hardware“ ist die Blindenschrift noch
einmal ganz erheblich aufgewertet: Von einer „Inzucht-Lösung“ innerhalb der engen
Welt der Blinden ist sie zu einem Medium avanciert, das uns Blinden nahezu alle
Aspekte der schriftlichen Kommunikation mit der uns umgebenden Welt der Sehenden,
dem „Mainstream“, erschließt.
Absicht eines Braille-Displays ist es, eine ganze Bildschirmzeile oder einen Teil einer
solchen in Blindenschrift auszugeben. Das Gerät wird daher volkstümlich auch einfach
als „Braille-Zeile“ bezeichnet. Das wird erreicht, indem 40 oder 80 sog. Braille-Module
linear nebeneinander auf einer Leiste angeordnet sind. Ein Bralle-Modul besteht aus 8
in einer 4 mal 2 Matrix angeordneten elektromechanisch angetriebenen Stiften, von
denen jeder zu einem festen Zeitpunkt entweder erhoben sein kann oder nicht. In der
erhobenen Position ist der Stift fühlbar, in der nicht-erhobenen (oder gesenkten) nicht.
So entsteht in jedem Modul ein aus den gerade erhobenen Stiften gebildetes
Punktmuster, das, den Bits in der ASCII- oder Unicode-Darstellung eines Zeichens
vergleichbar, dieses Zeichen fühlbar repräsentiert. Die Codierung ist an sich völlig
beliebig – sie könnte auch der erweiterten ASCII-Darstellung oder, mit einer einfachen
Umrechnungsformel, auch der Unicode-Darstellung entsprechen. Traditionellerweise ist
sie jedoch meistens eine modernisierte Version der klassischen, auf Louis Braille (1809-
1852) zurückgehenden Blindenschrift. (siehe voriger Abschnitt)
Das Hauptproblem beim Umgang mit einer Braillezeile besteht wohl darin, dass auf
einmal immer nur eine einzige Bildschirmzeile (oder gar nur ein Teil derselben)
angezeigt werden kann. Der (sehr kleine) Ausschnitt des Bildschirms, der auf diese
Weise zur Verfügung steht, wird als Braille-Fenster bezeichnet. Der blinde Benutzer
braucht Funktionalität, die ihm erlaubt, dieses Braille-Fenster seinen Bedürfnissen
entsprechend am Bildschirm entlang zu bewegen.
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Einige kurze Erläuterungen hierzu: Die Bedeutung der ersten der genannten Funktionen
ist klar. Die zweite Funktion, Bewegung entlang des Textes hinauf und hinunter,
entspricht genau dem Prozess, mit dem Ihre Augen sich beim kontinuierlichen Lesen
eines Textes am Bildschirm bewegen würden: Die Funktion „hinunter“ bewegt das
Fenster zunächst so lange nach rechts, bis das Ende der aktuellen Bildschirmzeile
erreicht ist, sodann positioniert sie auf den Anfang der folgenden Bildschirmzeile usw.
Analog geht die Funktion „hinauf“ in umgekehrter Richtung den gesamten Bildschirm
bzw. das gesamte Fenster durch.
Die letzte Funktion, das „Cursor-Routing“, stellt einen sehr komfortablen und für Blinde
vielseitig verwendbaren Ersatz für die Maus dar: Hierzu befindet sich je ein Taster,
manchmal auch ein optischer Sensor, ober- oder unterhalb eines jeden Braille-Moduls:
Wird dieser Taster gedrückt, dann versucht der Screenreader, den Mauszeiger an
genau die Stelle zu bewegen, die vom jeweiligen Modul angezeigt wird. Der
Screenreader kann so eingestellt werden, dass immer dann, wenn der Mauszeiger an
eine Stelle geführt wird, auch gleich automatisch ein Mausklick an dieser Stelle
ausgeführt wird. In einer Textverarbeitung wird somit der Schreib-Cursor an die vom
Braille-Fenster erfasste Position geführt, was ein besonders effizientes Korrigieren von
Texten gestattet. Statt des Links-Klicks kann mit dem Hinführen des Mauszeigers auch
ein Rechtklick verbunden werden, sodass die sog. Kontext-Menüs zugänglich werden.
Weiters ist es auch möglich, durch zweimaliges Drücken eines Cursor-Routing-Tasters
kurz hintereinander ein Hinführen des Mauszeigers verbunden mit einem Doppelklick
auszuführen. Schließlich können mit Hilfe der Cursor-Routing-Taster sogar Drag- and
Drop-Operationen (Ziehen und Loslassen) von einem blinden Menschen völlig
selbständig ausgeführt werden.
Firma Homepage
Alva http://www.aagi.com
AUDIODATA http://www.audiodata.de
Baum http://www.baum.de
Freedom Scientific http://www.freedomscientific.de
Handy Tech http://www.handytech.de
Papenmeier http://www.papenmeier.de
Tieman http://www.tieman.nl
Die meisten blinden/sehbehinderten Benutzer bedienen sich beim Arbeiten mit dem
Computer der sog. kombinierten Lösung: Braille-Display + Sprachausgabe bzw.
Vergrößerungssoftware + Sprachausgabe. Jedes moderne Bildschirmausleseprogramm
(Screenreader) ist in der Lage, parallel das Braille-Display und die Sprachausgabe
anzusteuern. Viele Programme zur Bildschirmvergrößerung andererseits bieten ihren
Benutzern die Kombination Vergrößerung + Sprachausgabe.
Bei den erwähnten kombinierten Lösungen überwacht der Benutzer die aktuelle
Texteingabe/-Korrektur mittels Braille oder vergrößert am Bildschirm, während die
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Es gibt natürlich auch Computerbenutzer, die zum Lesen und Schreiben ausschließlich
Sprachausgabe einsetzen. Es handelt sich dabei meist um späterblindete Personen, die
sich mit der Blindenschrift nie auseinandergesetzt haben, oder um sehr mobile
Notebookbenutzer (Studenten, Projektmitarbeiter), die nur zu gerne auf das Schleppen
zusätzlicher Geräte verzichten. Es sei hier nebenbei erwähnt, dass in den meisten
Ländern dieser Erde Braille Displays unerreichbar teuer sind, da der Staat keine
fürsorgliche finanzielle Unterstützung übernimmt. In all diesen Fällen ist die
Sprachausgabe der einzige mögliche Zugang zum Computer.
Wenn wir ab jetzt in den Unterlagen über die Sprachausgabe reden, so meinen wir
immer die Interaktion zwischen einem Bildschirmausleseprogramm (JAWS, Virgo,
Blindows, ...) und der synthetischen Sprache (Sprachsoftware + Sound Card +
Lautsprecher/Kopfhörer). Das Bildschirmausleseprogramm analysiert den Inhalt des
Bildschirms und die Benutzeraktionen. Aufgrund dieser Größen wählt die Software
jeweils die relevanten Textabschnitte und macht sie über die synthetische Sprache
hörbar.
Die Leseunterstützung
Die Schreibunterstützung
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Zusatzinformationen
Die Zusatzinformationen haben beim Arbeiten mit der Sprachausgabe eine große
Bedeutung. Sie informieren über den Kontext, in dem man sich befindet und geben
Bescheid über die Art und die Eigenschaften eines ausgewählten Objekts (ein
Textabschnitt, ein Dialogelement usw.).
Die wichtigsten Kontextinformationen sind:
welche Anwendung ist aktiv (lies die Titelleiste)
wo bin ich innerhalb einer Anwendung (lies die Statusleiste)
wo bin ich innerhalb eines Dialogs (lies die Objekthierarchie eines
Dialogelementes)
Die Art und die Eigenschaften eines Objekts bestimmen, welche Aktionen der Benutzer
zur gegebenen Zeit ausführen kann. Während man z.B. einen Schalter nur betätigen
kann (mit Leertaste oder Eingabetaste), kann man in ein Eingabefeld einen Text
eingeben. Ein Listenfeld wiederum ermöglicht die Auswahl eines oder mehrerer
Listeneinträge zur weiteren Behandlung. Verschiedene Objekte bieten dem Benutzer
jeweils eine andere Schnittstelle in der Kommunikation mit dem Computer,
um eine bestimmte Einstellung zu wählen,
eine Aktion auszuführen,
einen Text einzugeben oder
das Aussehen eines ausgewählten Textabschnittes zu verändern.
Die Sprachausgabe sagt das an, was ein Sehender intuitiv durch das Aussehen eines
Bedienelementes sieht und versteht.
Die Sprachausgaben besitzen meistens eine ganze Menge Einstellungen, die Benutzer
frei konfigurieren können.
Thematisch gibt es zwei Gruppen von Benutzereinstellungen:
die Eigenschaften der synthetischen Stimme
o Person
Den meisten Benutzern ist es nicht egal, ob sie sich von einem Mann,
einer Frau, einem Kind oder einem Greis vorlesen lassen. Die meisten
Sprachausgaben bieten zur Auswahl alle diese Stimmprofile. Die
verschiedenen synthetischen Stimmen tragen unterschiedliche
vorgegebene Namen, so dass man sie leichter identifizieren kann.
o Stimmhöhe (Pitch)
Für jede individuelle Stimme hat der Benutzer die Möglichkeit, eine höhere
oder tiefere Stimmlage zu wählen.
inhaltliche Einstellungen.
o Sprechgeschwindigkeit
Es besteht auch die Möglichkeit, jederzeit die Geschwindigkeit der
Lesestimme den eigenen Bedürfnissen und momentanen Konditionen
anzupassen. Die erfahrenen Sprachausgabebenutzer arbeiten oft mit
Geschwindigkeiten, bei denen ein "normal sterblicher" fast kein einziges
Wort versteht.
o Inhaltliche Einstellungen
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Sprachausgaben am Markt
Jedes der beiden Hilfsmittel bietet klare Vorteile, hat aber auch Nachteile: Ein
Hauptnachteil des Braille-Displays ist die Tatsache, dass es sich kaum zum Lesen
großer Textmengen eignet, weil der Anwender dabei rasch ermüdet. Ein
Sprachausgabesystem bietet hier ganz entscheidende Vorteile, weil hier bei der Lektüre
selbst großer Textmengen kaum Interaktion mit dem Benutzer erforderlich ist. Hingegen
kommen die Vorteile des Braille-Zugangs dann zur Geltung, wenn es um sehr genaues
Arbeiten an Texten geht, etwa Korrektur geschriebener Texte, Bearbeitung von
mathematischen Texten, Programmieren etc.
Im Zeitalter der Screenreader für Windows, die über beide Ausgabekanäle, Braille und
Sprache, verfügen, bemüht man sich heute, durch parallele Verwendung beider
Möglichkeiten deren Vorteile zu kombinieren und deren Nachteile zu kompensieren.
Auf heutigen Computersystemen läuft fast ausnahmslos Software, die auf einer
graphischen Bildschirmausgabe basiert. Dies stellt den Personenkreis der blinden und
sehbehinderten Computernutzer vor ein großes Problem: Die graphisch aufbereiteten
Informationen sollen auf der Braillezeile, die ein rein textuelles Medium ist, dargestellt
und durch die Sprachausgabe, die ebenfalls text-basiert ist, hörbar gemacht werden.
Es versteht sich von selbst, dass dieses Problem in seiner allgemeinsten Form unlösbar
ist, und doch wurde viel erreicht. Manches von dem, was ein
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Literatur
1. http://www.aph.org/products/perkbw.htm
2. Z.B.: http://www.freedomscientific.com/fs_products/software_jaws.asp,
http://www.virgo4.de/
3. Z.B.: www.braille.ch
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Neben dem Schweregrad der Hörbeeinträchtigung spielt v.a. auch der Zeitpunkt des
Eintritts der Hörschädigung eine entscheidende Rolle:
prälingual - vor dem Spracherwerb
postlingual - nach dem abgeschlossenen Spracherwerb
Der Zeitpunkt hat entscheidenden Einfluss auf die Kommunikationssituation der
Betroffenen. Wenn die Ertaubung vor dem 6. Lebensjahr eintritt, kann man davor
ausgehen, dass die Sprachfähigkeit ohne Beschulung im Laufe der Zeit sich vermindert.
Je später sie eintritt, desto geringer sind die Auswirkungen auf die Sprachentwicklung
des Menschen. Auch bei schwerhörigen Menschen sind die Auswirkungen der
Schwerhörigkeit abhängig vom Zeitpunkt der Hörschädigung.
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Methoden
Der Erwerb der Schriftsprache wird durch den Hörverlust massiv beeinträchtigt. Der
Erwerb der Lautsprache ist ein evolutionäres Phänomen, geschieht quasi automatisch
über das Hören. Dies ist auch die Basis für den folgenden Erwerb der Schriftsprache.
Somit wird der Lautsprachen- und Schriftsprachenerwerb ebenso beeinträchtigt,
bestehen oft Defizite beim Verstehen, Sprechen und Schreiben von Sprache, z.B. bei
Schachtelsätzen, abstrakten Begriffen, Fremdwörtern oder Wörtern mit mehreren
Bedeutungen bzw. visuellen Interpretationsmöglichkeiten. Ein „Gesichtspunkt“ ist für
einen gehörlosen Menschen eher ein Muttermal o.ä. im Gesicht.
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Im Gegensatz zu sehbehinderten und blinden Menschen besteht daher der Bedarf, die
Inhalte verstärkt ikonisch, d.h. mit Bildern (z.B. Screenshot-Folgen), Videos oder
Animationen darzustellen und Texte gut lesbar und gut strukturiert zu gestalten.
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Für gehörlose Menschen, deren Muttersprache die Gebärdensprache ist, ist die
Übersetzung in Gebärdensprache z.T. unverzichtbar. Die Erstellung von Unterlagen, die
zusätzlich Gebärdensprachvideos anbieten, ist sehr ressourcenintensiv.
Babysender Alarmsender
Türsender Telefonsender
Armbanduhrwecker Multifunktions-Vibrationsempfänger
Vibrationskissen Vibrationswecker
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Schreibtelefon Fax
SMS E-Mail
Bild/Videotelephon Multifunktionsgerät
Videotelephonsoftware
Hörgeräte Lautsprecheranlage,
in dem Ohr) idO Induktionsschleife
(vor dem Ohr)vdO (für Hörgeräte)
am Körper mit Ohrteil Implantate
Hörbrille
Knochenübertragung
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Cochlear Implantat
analog/digital
Das Cochlear Implantatn ist ein medizinisches Gerät, das das Innenohr (Cochlea)
elektrisch stimuliert. Das akustische Signal wird über ein Mikrophon am Ohr
aufgenommen und wird außerhalb des Innenohrs mittels eines Sprachprozessors
verarbeitet (Filtern, Analyse, Digitalisierung). Mittels einer Sendespule (FM-Signale) and
das Signal an das Cochlea-Implantat übertragen, dass mittels Elektroden das Signal
direkt die Innenohrschnecke (Cochlea) stimuliert.
Grundsätzlich werden am Ohr drei Abschnitte unterschieden: das äußere Ohr, das
Mittelohr und das Innenohr. Die Aufgabe des äußeren Ohres und des Mittelohres
besteht darin, Schallwellen einzufangen und in Form von Schwingungen an das
Innenohr weiterzuleiten. Dort werden die Schwingungen in elektrische Signale
umgewandelt. Die Umwandlung erfolgt in dem Teil des Innenohrs, der als Hörschnecke
(Cochlea) bezeichnet wird. Im Gang befinden sich auf der gesamten Länge
Sinneszellen. Durch die Reizung der Sinneszellen entstehen elektrische Impulse, die
der Hörnerv an das Gehirn weiterleitet, wo sie als Hör- und Klangempfindungen
wahrgenommen werden. Sind die Sinneszellen massiv geschädigt, kann das Cochlear
Implantat deren Funktion teilweise übernehmen. Dabei werden bis zu zwei Dutzend
Elektroden in die Hörschnecke eingepflanzt. Der äußere Teil des Geräts besteht aus
einem Richtmikrofon und einem Sprachprozessor. Neuere Geräte sind so klein [Anm.:
z.B. das Nucleus – Implantat C124M], dass Mikrofon und Prozessor hinter dem Ohr
getragen werden können. Vom Mikrofon aufgenommene Schallwellen wandelt der
Sprachprozessor in elektrische Signale und sendet diese drahtlos durch die Haut zu
den implantierten Elektroden. Die Elektroden reizen direkt die Hörnervfasern. Der
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Mittels Videoverarbeitung werden Muster von Handbewegungen erkannt und als Text
oder Sprache ausgegeben. Für eine gute Erkennung sind viele weitere Faktoren neben
den Handbewegungen und –stellungen für die Erkennung wichtig wie z.B. Mimik,
Gestik, Augenbrauenstellung, Lippenstellungen, Hand-Körperkoordination).
Die erkannten Gebärden können als Text ausgegeben werden oder als Befehle für die
Interaktion mit dem Computer verwendet werden.
Ein weiterer Ansatz versucht, Gebärden über Bewegungssensoren am Körper zu
erkennen. Die Bewegungen unterschiedlicher Teile des Körpers werden gegeneinander
verrechnet und es wird versucht, die Muster als Gebärden zu erkennen. Wegen der
Komplexität der Erkennung sind nur erste Forschungsprototypen verfügbar.
Gebärdenschrift
Gebärdenanimation [8]
Gebärdenanimation
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Spracherkennung [vgl.: 9]
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Barrierefreie Systementwicklung
ist frei erweiterbar. Das Training dauert nur mehr einige Minuten.
Herausforderungen, denen man sich heute stellt sind Sprecherkennung,
Spracherkennung (Englisch, Deutsch, …), Sprachverstehen (Semantik), Erkennen ohne
Training.
Am Institut Integriert Studieren wurde mit Partnern aus Italien ein System VOICE
entwickelt. Es verwendet eine herkömmliche Spracherkennungssoftware (z.B.) Dragon
Naturally Speaking, IBM ViaVoice, Phillips FreeSpeech) und präsentiert den erkannten
Text als Untertitel. Das System wird eingesetzt für Bereiche wie
TV/Video Untertitelung
Untertitelung von Vorträgen (Konferenzen, Schule, Universität, ...)
Internet/Videotelephonieuntertitelung
Untertitelung
Untertitel bezeichnen Textzeilen, die in einem Film oder ein Fernsehbild, meist am
unteren Rand eingeblendet werden, um Inhalte aus einer Fremdsprache zu übersetzen
oder sie z.B. für Menschen mit Hörbehinderungen oder anderen Behinderungen leichter
erfassbar zu machen. Untertitel ist meist eine kostengünstigere Alternative zur
Synchronisation oder Gebärdenübersetzung.
Im Gegensatz zur reinen Untertitelung des gesprochenen Textes enthalten Untertitel für
Hörbehinderte Menschen auch Angaben zu akustischen Stimmungselementen wie
Musik oder Geräusche gemacht. Untertitelung wird z.T. auch verwendet, um
sehbehinderten und blinden Menschen Szenenbeschreibungen zu geben.
Technisch werden Untertitel im TV über Teletext realisiert. Für das Untertiteln von
Videos steht im Internet eine eigene Technologie zur Verfügung namens SMIL
(Synchronised Multimedia Integration Language), die das Synchronisieren von Text und
Video ermöglicht. SMIL ermöglicht allgemein die Einbindung, die Verbindung und die
Synchronisation unterschiedlicher Medien, ohne sie zu „verschmelzen“, sondern diese
Verbindungen abstrakt als Metadaten, eben mittels SMIL, zu beschreiben. Damit wird
die unabhängige Nutzung ermöglicht und „Accessibility“ realisiert. In den SMIL Markup
können entsprechende Accessibility-Features eingebunden werden, wie z.B. alternative
Texte.
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Barrierefreie Systementwicklung
Systeme, die auf SMIL basieren, stehen bereits zur Verfügung. Mehr dazu in anderen
LVAs.
Literatur
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Barrierefreie Systementwicklung
Für einen kontrollierten allgemeinen und feinmotorischen Bewegungsablauf, der für die
Bedienung der Standard MMS notwendig ist, ist ein Zusammenspiel der Motorik und
Sensorik des menschlichen Körpers sehr wichtig. Ist dieses Zusammenspiel gestört, so
kommt es zu einer Bewegungsstörung bzw. Behinderung. Mobilitäts- und Motorische
Behinderungen sind sehr vielfältig, werden von unterschiedlichsten Problemen
begründet und haben unterschiedlichste Ausprägungen. Wir beschränken uns in der
Folge auf die extremen Beeinträchtigungen, die die Nutzung von besonderer AT fordert:
Tetraplegie
Querschnittslähmung entsteht durch Durchtrennung des Rückenmarks. Dadurch
werden die Motorik und die Sensorik gestört. Die Nervenimpulse werden normal
erzeugt und laufen über das Rückenmark bis zur Stelle der Durchtrennung. Da die
Impulse diese Stelle nicht überwinden können, erreichen sie nie die Muskeln (bei der
Motorik) bzw. das Gehirn (bei der Sensorik).
Sofort nach Auftreten der Verletzung kommt es zu einer schlaffen Lähmung. Nach einer
gewissen Erholungsphase entstehen im abgetrennten Teil des Rückenmarks
Eigenimpulse, die allerdings nicht vom Gehirn kontrolliert werden können. Dadurch
kommt es zu unkontrollierten, spastischen Bewegungen.
Je nach Höhe der Querschnittslähmung sind mehr oder weniger Körperregionen
betroffen. Bei der Tetraplegie liegt eine Querschnittslähmung im Halsbereich vor.
Dadurch sind unter anderem die oberen und unteren Extremitäten von der Lähmung
betroffen.
Infantile Cerebralparese
Bei der infantilen Cerebralparese handelt es sich um eine Störung im Gehirn, bevor die
Entwicklung von Bewegung und Wahrnehmung abgeschlossen ist (ungefähr bis zum
zweiten bzw. dritten Lebensjahr). Ursachen für die infantile Cerebralparese sind unter
anderen pränatalen Entwicklungsstörungen (z.B. durch Infektionskrankheit der Mutter),
Sauerstoffmangel während oder kurz nach der Geburt, Gehirnverletzungen durch
schweren Geburtsverlauf und Hirnerkrankungen im Säuglingsalter.
Arten der Cerebralparese sind die spastische Lähmung, die Athetose und die Ataxie.
Zwischen diesen Arten ist jegliche Mischung möglich.
Spastische Lähmung
Bei der spastischen Lähmung ist der Muskeltonus erhöht. Es entsteht dadurch
eine deutliche Bewegungsarmut. Die Bewegungen sind in der Körpermitte fixiert.
Bewegungen außerhalb der Körpermitte sind nur schwer bzw. gar nicht möglich,
da betroffene Personen bei jeder Bewegung gegen den erhöhten Muskeltonus
ankämpfen müssen.
Athetose
Bei der Athetose ist der Muskeltonus herabgesetzt. Die Bewegungen sind
überschießend und ausfahrend, da eine langsame und kontinuierliche
Tonussteigerung nicht möglich ist. Die Muskeln arbeiten nach dem Alles-oder-
Nichts-Prinzip. Betroffene Personen können kaum Bewegungen in der
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Körpermitte ausführen. Zudem ist eine feine Koordination der Beuge- und
Streckmuskulatur kaum möglich.
Ataxie
Bei der Ataxie ist der Muskeltonus abwechselnd zu hoch oder zu niedrig. Das
Hauptmerkmal der Ataxie ist Koordinationsmangel. Betroffene Personen können
Arme und Beine relativ willkürlich und im vollen Ausmaß frei bewegen. Die
Bewegungen sind allerdings nicht sinnvoll, gezielt und dosiert. Dadurch
entstehen Schwierigkeiten beim gezielten Greifen.
Begleiterscheinungen sind herabgesetzte Wahrnehmung und Sprechschwierigkeiten
unterschiedlichen Grades (von leichten Artikulationsfehlern bis zur totalen Unfähigkeit,
die Sprechorgane ausreichend zu bewegen).
Schädelhirntrauma
Von einem Schädelhirntrauma spricht man, wenn eine Schädigung des Gehirns zu
einem späteren Zeitpunkt als der frühesten Kindheit auftritt. Mögliche Ursachen dafür
sind direkte oder indirekte Gewalteinwirkung, Unfälle, Vergiftungen oder sonstige
Sauerstoffmangelsituationen. Je nach Schweregrad der Gehirnverletzung wird in drei
Stufen unterteilt:
Gehirnerschütterung – Commotio cerebri: Es handelt sich um eine reversible
Schädigung des Gehirnes, bei der keine Nervenzellen zerstört werden.
Gehirnprellung – Contusio cerebri: Es handelt sich bereits um eine irreversible
Schädigung der äußeren Gehirnanteile. Es können motorische Ausfälle und
epileptische Anfälle auftreten, die jedoch nach einer gewissen Zeit wieder
verschwinden.
Gehirnquetschung – Compressio cerebri: Es handelt sich um eine massive
Zerstörung von Hirngewebe. Ursachen sind unter anderem Gewalteinwirkung,
offene Schädelfrakturen, raumfordernde Prozesse im Gehirn wie z.B. Blutung oder
Tumore. Auswirkungen sind Störungen der Atemfunktion, der
Herzkreislauffunktion, Dysarthrien (Störung der Artikulation, der Atmung und der
Stimme) und motorische Ausfälle. Die Art der Ausfälle richtet sich dabei nach der
Lokalisation des zerstörten Hirngewebes. Es sind ähnliche Ausfälle wie bei der
Cerebralparese bemerkbar. Es kommt auch zu organisch bedingten
Persönlichkeitsveränderungen.
Insult
Beim Insult (Schlaganfall) kommt es zu einem arteriellen Verschluss. Dadurch wird das
dahinterliegende Gehirngewebe nicht mehr mit Sauerstoff versorgt und geschädigt. Es
treten Bewusstseinsstörungen und motorischen und sensorischen
Ausfallserscheinungen auf. Das Erscheinungsbild richtet sich nach der Lokalisation der
Hirnschädigung.
Sehr häufig tritt eine Hemiplegie (Halbseitenlähmung) auf. Durch die Schädigung einer
Großhirnhälfte kommt es zum Ausfall der gegenüberliegenden Körperhälfte. Betroffene
Personen bestehen aus zwei Körperhälften die unterschiedlich empfunden werden und
die nicht mehr zusammenspielen. Eine Folge sind Koordinationsstörungen.
Bei allen betroffenen Personen treten Störungen der Wahrnehmung auf. Durch Störung
der Tiefensensibilität sind zielgerichtete Bewegungen erschwert. Außerdem fällt die
Kontrolle über Bewegung und Koordination teilweise oder ganz aus. Auch kann die
Stereognosie, d.h. die Fähigkeit, Gegenstände taktil zu erkennen, herabgesetzt sein.
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Barrierefreie Systementwicklung
Falls der Insult in der sprachdominanten Hemisphäre des Gehirns lokalisiert ist, kann es
zum Auftreten einer Sprachstörung, der sogenannten Aphasie, kommen. Bei der
Aphasie können jeweils auch das Lesen und Schreiben beeinträchtigt sein.
Nach einem Insult können zusätzlich Sehstörungen, Konzentrationsprobleme,
Gedächtnis- und Merkfähigkeitsstörungen, Störungen im visuellen Erkennen und auch
Störungen in der Raumwahrnehmung auftreten.
Muskelerkrankungen
Muskelerkrankungen sind meist progressive, d.h. fortschreitende Erkrankungen. Es
werden zwei Arten unterschieden:
Dystrophie: Der Muskel wird in ein anderes Gewebe umgewandelt, z.B. in Binde-
und Fettgewebe
Atrophie: Der Muskel verschwindet ersatzlos
Fehlt die Muskelkraft, so kann der Körper nicht gegen die Schwerkraft gehalten bzw.
aufgerichtet werden. Auch der Kopf kann nur noch passiv gehalten werden. Es können
auch Einschränkungen der Gesichts- und Mundmotorik und Artikulationsstörungen
auftreten.
Multiple Sklerose
Die Multiple Sklerose kann das gesamte zentrale Nervensystem (Gehirn und
Rückenmark) betreffen. Der Verlauf ist meist schubweise. Während eines Schubes
kommt es zu einer Entzündung der Markscheiden. Diese schwellen an und üben so
einen schädigenden Druck auf das Nervengewebe aus. Es kommt zu einer teilweisen
Unterbrechung der Leitung. Sobald die Entzündung abgeklungen ist, kann eine
Regeneration des Nervs erfolgen. Ist die Störung sehr schwerwiegend, so verbleibt ein
Funktionsdefekt. Nach der Regenerationsphase ändert sich das Zustandsbild bis zum
nächsten Schub nicht.
Da die Lokalisation der Entzündungsherde unterschiedlich ist, entstehen viele
verschiedene Ausfallsbilder. Man kann jedoch folgende Grundtypen unterscheiden:
der spastische Typ: Die Extremitäten weisen einen stark erhöhten Muskeltonus
auf
der ataktische Typ: zielgerichtete Bewegungen sind erschwert; Bewegungen
erscheinen kraftlos, fahrig und zittrig
der schlaffe Typ: der Muskeltonus ist stark herabgesetzt. Die Extremitäten
erscheinen kraftlos.
Meist kommt es zu Mischformen dieser Grundtypen. Es kann auch zu Störungen der
Sprache und des Sprechens kommen.
Ältere Menschen: Bei älteren Menschen treten oftmals Störungen in der Wahrnehmung,
bei den kognitiven Fähigkeiten, bei Bewegungen, bei der Konzentration und bei
Gedächtnis und Merkfähigkeit auf.
Methoden
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Barrierefreie Systementwicklung
Fußraster Handauflage
Tastaturalternativen
Schalterinterface Scanning
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Barrierefreie Systementwicklung
Großflächentasten Saug/Blasschalter
Muskelkontraktionsschalter Näherungsschalter
Mausalternativen
HeadTracker Eye-Tracker
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Barrierefreie Systementwicklung
Zungenmaus/schalter Trackball
Joystick Hotkeys
Eingabebeschleunigung
Predicitive Typing
Literatur
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Barrierefreie Systementwicklung
Unter dem Begriff kognitive Beeinträchtigung versteht man ganz allgemein Menschen,
die Schwierigkeiten haben die Sprache des Landes, in dem sie leben, zu verstehen:
Menschen mit besonderen Lernbedürfnissen oder Lernschwierigkeiten z.B.
Dyslexie, Legastehnie, Aphasie, Dyscalculi)
Menschen mit anderen Behinderungen, die sich auf den Spracherwerb- und
gebrauch negativ auswirken, z.B. Hörbehinderung und Gehörlosigkeit
Menschen mit eingeschränkter Bildung
Menschen mit vielen sozialen Problemen
Menschen aus dem Ausland (MigrantInnen)
SeniorInnen
Menschen mit psychischen Erkrankungen etc.
Zwar wird der Computer mit den Standardmethoden bedient, es ist aber, vergleichbar
mit den Bedürfnissen von hörbehinderten und gehörlosen Menschen, notwendig, durch
eine verständliche Sprache und Gestaltung der Lehr- und Lernmaterialien sowie der
Prüfungsfragen eine Qualifizierung zu erleichtern, ohne an der Qualität und am Niveau
der Inhalte oder der Prüfung etwas ändern zu müssen. Aufbauend auf den
Europäischen Richtlinien für leichte Lesbarkeit („easy to read“) [1] und den Ergebnissen
aus dem Projekt ECDL-PD [2] sollen Lehr- und Lernunterlagen gestaltet werden.
Ebenso ist wieder auf die ikonische Unterstützung mittels Symbolen, Bildern,
Animationen und Videos – d.h. Alternativen zum Text - besonderer Wert zu legen.
Für die Unterrichtssituation ist es wichtig, dass die Vortragenden die spezielle
Kommunikationsform mittels gut verständlicher und strukturierter Sprache beherrschen.
Methoden
Die wichtigste Methode für Menschen mit kognitiven Problemen ist eine den
NutzerInnen angepasste Textwahl. „Easy to read“ wurde bei Hörbehinderungen bereits
kurz erörtert.
Es wird auf die LVA „Dokumentenaufbereitung“ verwiesen.
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Barrierefreie Systementwicklung
Rechtschreibprüfung Aufnahmegeräte
Seite 103
Barrierefreie Systementwicklung
Aussprachetraining OCR
Literatur
1. http://www.inclusion-europe.org/selfadvocacy/DE-EETR.html)
2. Miesenberger, K.; Morandell, M.; Petz, A.; Leahy, D.: ECDL-PD: International Co-
operation to Keep the Syllabus and MQTB Open for Everybody, in: Miesenberger,
K.; Klaus, J.; Zagler, W.; Burger, D.: Computers Helping People with Special Needs,
Seite 104
Barrierefreie Systementwicklung
9th International Conference, ICCHP 2004, Paris, July 2004, Springer Heidelberg
2004
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Barrierefreie Systementwicklung
Interpersonelle
o Direkte
o Tele-
Mensch-Maschine
Methoden.
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Barrierefreie Systementwicklung
Individuals with severe communication disorders and for whom gestural, speech,
and/or written communication is temporarily or permanently inadequate to meet all
of their communication needs use AAC.
AAC geht demnach über den Bereich der Sprach- und Sprechbehinderung hinaus und
es kann zu Verwirrung in Bezug auf die Abgrenzung führen. Vor allem gelingt den
Definitionen nicht, die allgemein unter AAC behandelten Bereiche der Unterstützung
des Sprechens bzw. Sprachverstehens als Basis für die Kommunikation
herauszuheben. Da jede Form der Behinderung mehr oder minder als Problem der
Information bzw. Kommunikation beschrieben werden kann, würde AAC universelle
Bedeutung erlangen.
In jedem Fall bezieht sich AAC auf die folgenden Bereiche der Unterstützung:
Die Breite der Definition von Information und Kommunikation bringt aber auch die
Bedeutung der Sprache zum Ausdruck. Letzten Endes sprechen solche Definitionen
alle Bereiche des Sprechens, Hörens, Sehens, Fühlens, Lesens, Schreibens, … an, die
in der Kommunikation oder AAC Bedeutung haben [Zagler, S. B25]. Die Einschränkung
auf den Bereich der Unterstützung beim Sprechen – dem aktiven Vermitteln von
Information - , sei es wegen kognitiver Probleme oder Problemen des Sprechapperates,
worauf sich AAC letzten Endes bezieht, erscheint entsprechend künstlich.
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Barrierefreie Systementwicklung
Über die Sprache sind wir in der Welt. Unser Menschen-, Welt- und Selbstverständnis
ist ein sprachliches. Wir fassen die Welt in Begriffen und konstruieren die Wirklichkeit
über sprachliche Konstrukte. In der Sprache zu sein, bedeutet, in der Welt zu sein.
Sprache zu Beherrschen, ist wohl das zentralste Werkzeug der Partizipation an der
Lebenswelt. Jede Beeinträchtigung des Umganges mit Sprache beeinträchtigt und
behindert diese Partizipation. Jede Beeinträchtigung der Interaktion und
Kommunikation, wie sie am unmittelbarsten bei Problemen des Sprechens auftreten,
führt zu Beeinträchtigungen in der Partizipation an der Lebenswelt.
Die gesprochene menschliche Sprache ist wesentlich mehr, als die bloße
Aneinanderreihung von Buchstaben und Wörtern und deren Umformung in ein
phonetisch korrektes Lautbild. Sprache ist an ein kompliziertes Zusammenspiel von
sensorischen, motorischen, emotionalen und sozial-kommunikativen
Funktionsbereichen gebunden. Die ganze Palette der Emotionen schwingt über unsere
Stimme und den Sprechvorgang mit (Tonhöhe, zeitlicher Verlauf, Art der Artikulation,
Mimik, Gestik, …). Verschriftlichung, Sprachausgabe, Symbole, Photos, … sind nicht in
der Lage, dies vollständig zu ersetzen. Wir erleben selbst in diesem Lehrgang, wie sehr
Telekommunikation (Tele-Lernen!) der unmittelbaren Form direkter personeller
Kommunikation unterlegen ist.
Eine Vielzahl von Behinderungen gewinnt ihre lebenspraktische Bedeutung erst durch
die Tatsache, dass sie die sprachliche Interaktion und Kommunikation beeinträchtigt.
Dies kann z.B. wegen motorischer Probleme Körpersprache, Mimik und Gestik
betreffen, betrifft aber auch ganz allgemein die Stigmatisierung wegen Behinderung und
die folgende Verminderung der Interaktion und Kommunikation.
Sie unterstreichen das Potential von AT für AAC, wenn man Menschen wieder „eine
Stimme geben kann.
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Barrierefreie Systementwicklung
Damit ist bei Sprache, vor allem beim Spracherwerb, die dynamische Wechselwirkung
zwischen
auditiven
sensomotorische
haptischen und
kinästhetischen
kognitiven und
sprachlichen
Als ganz allgemeine Definition von Knura/Neumann [3] kann man folgende ansehen:
Sprechbehinderung ist somit ein Oberbegriff für eine Vielzahl von Abweichungen in
[vgl.: 2]:
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Barrierefreie Systementwicklung
o Grammatik (Dysgrammatismus)
dem Sprechen bzw. der Fähigkeit, sprachliche Strukturen für die Kommunikation
zu verwenden durch spastische, hyptertonisch oder hyperkinetische Lähmungen
z.B. wegen
o Dysarthrophonie: neural bedingte Störungen der Sprechbewegung durch
Aphasie nach Abschluss des Spracherwerbs: Schalganfall, Unfall
Zerbralparesen
Schädel-Hirn-Trauma
Morbus Parkinson
Multiple Sklerose
Heredo
Ataxie
Amyotrophische Lateralsklerose
Chorea Huntington
etc.
o Dysglossien: Angeborene (z.B. Gaumenspalten) oder erworbene (z.B.
Kehokopflähmung, hormonelle Probleme, Mutationsstörungen)
Veränderungen der Sprechorgane
dem Redefluss und der Artikulation:
o Sigmatismus (Stammeln: Lautverwechslung, Auslassen)
o Stottern
o Poltern (hastig)
o Sprechangst (Logophobie)
o Mutismus (psychisch bedingtes Schweigen)
der Stimme (Stimmklang, Lautstärke, Ermüdung/Anstrengung, Tonhöhe)
Methoden
Körpereigene
Externe
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o Nicht elektronische
o Elektronische
Körpereigene Kommunikationsformen
Lautsprachreste
Körpersprache
o Blickbewegungen
o Mimik
o Zeigegesten
o Gesten
Vokalisierungen
konventionelle oder individuelle Gebärden
konventionelle oder individuelle Zeichen für "Ja" oder "Nein"
individuelle Signale oder Signalsysteme
Schriftsprache
Nichtelektronische Hilfsmittel
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häufig einfacher zu erlernen und zu verwenden sind als die Schriftsprache, u.a.
weil ein beträchtlicher Teil von ihnen piktografisch, ikonisch und metapherhaft ist
und somit einen unmittelbareren Bezug zu dem Gemeinten hat
Symbolsammlungen [ 9]
Touch'n Talk: Stickersammlung mit 600 Symbolen In schwarz-weiß oder Farbe (heißt
dann "Pick 'n Stick")
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Symbolsysteme
BliSS-Symbolsystem
Zielgruppe: ursprünglich nicht behinderte Erwachsene aus aller Welt; BCI: nicht
sprechende Menschen.
Autor: Charles K. Bliss, 1965. Erweitert von Blissymbolics Communication Inter-
national (BCI) in Toronto, Kanada.
Grundsymbole: 2400
Anwendungsregeln: ja
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PICSYMS:
Weitere Systeme:
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Die Wahl der Symbole ist von vielen individuellen und situativen Faktoren abhängig und
daher schwer zu definieren. Folgender Fragenkatalog kann eine Hilfe zur Beurteilung
verschiedener Symbol-Sammlungen oder -Systeme sein [ ]:
Geeignete Begriffe für ein erstes Symbolvokabular kann man auf verschiedene Weise
finden, z.B. indem man:
Interviews mit den Bezugspersonen des potentiellen Benutzers und ihm selbst
durchführt,
alle wichtigen Einflüsse der Umgebung genau analysiert (Tagesablauf, Perso-
nen, Tätigkeiten, Objekte, Orte usw.),
ausgiebige Beobachtungen, u.U. auch Videoaufzeichnungen, vornimmt,
selbst Wort- und Phrasenlisten anlegt oder existierende Wortlisten durchsucht
und durch individuell abgestimmte Begriffe ergänzt.
Wird die Festlegung der ersten Symbole innerhalb eines Förderprogramms in der Regel
stark von den Bezugspersonen bestimmt, so hat es sich doch häufig in der Praxis
gezeigt, dass die Symbolanwender selbst bei zunehmender Beherrschung ihres
erweiterten Kommunikationssystems immer aktiver die Entwicklung und Ausweitung
ihres Vokabulars beeinflussen können. In diesem Zusammenhang ist es wichtig,
geeignete Symbole einzuführen, mit denen "Ich brauche hierfür ein Symbol!" mitgeteilt
werden kann.
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Die Nutzung einer verbreiteten Basis erweitert den Kreis der Kommunikationspartner
und das Nutzen weiterer Services. Mischen und Erweitern von Sammlungen ist gängige
Praxis.
Eingeführte Symbole oder Bilder sollten möglichst ständig verfügbar sein, weil sie den
Kommunikationshorizont für die Person bilden.
Kommunikationstafeln haben den Vorteil, dass sie relativ billig, leicht und schnell
herzustellen und ziemlich robust sind. In der Anwendung setzen sie allerdings die
Aufmerksamkeit und unmittelbare Nähe einer Bezugsperson voraus.
Elektronische Hilfsmittel
Die IKT hat den Einsatz von Symbolsystemen erleichtert und unterstützt und darüber
hinaus weitere Möglichkeiten der Verbesserung der Kommunikation bereitgestellt. Der
Kommunikationshorizont kann dadurch beträchtlich erweitert werden:
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Die meisten dieser ATs basieren heute auf den Einsatz eines PCs und der
herkömmlichen HCI. Symbolsysteme, Talker und Sprachübersetzungssysteme binden
Symbole in eigenen Programmen oder in die allgemeine HCI mit ein.
Der Einsatz elektronischer Hilfsmittel setzt meist das Beherrschen von körpereigenen
bzw. nicht elektronischen Kommunikationsformen voraus. Wie immer ist AT ein
Unterstützung und kein Ersatz für herkömmliche Methoden der Überwindung einer
Behinderung. Auswahl und Anwendung sollten daher auf entsprechender Diagnose
(Medizin, Physiotherapie, Ergotherapie, Logopädie) und
therapeutischen/pädagogischen Programmen beruhen, um eine den Kompetenzen und
dem Entwicklungspotential entsprechende Auswahl zu treffen. Die Situation des
Einsatzes ist ebenso zu berücksichtigen bei der Wahl der Methode und des Trainings.
Einige Beispiele:
Clicker
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Mayer-Johnson Boardmaker
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DynaVox Technologies
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Saltillo Corporation
Ablenet
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Lingraphica
Literatur
[1] Zagler, W.: Habilitationsschrift, Wien 2004, S. A209
[2] Grohnfeldt, M.: Sprechbehinderung, online am 11.1.07 auf:
http://195.185.214.164/bb/p365.htm
[3] Knura, G.; Neumann, B. (Hrsg.): Pädagogik der Sprachbehinderten (Handbuch der
Sonderpädagogik Bd. VII), Berlin 1980
[4] von Tetzchner, St.; Martinsen, H.: Introduction to symbolic and augmentative
communication. London 1992
[5] Kirsten, U.: Unterstützte Kommunikation in der Praxis, in: Behinderte in Familie, Schule und
Gesellschaft Nr. 4/5/2000, Praxis in der Heftmitte S. 1-11. Thema: Die Kultur der Vielfalt
Behinderte in Familie, Schule und Gesellschaft (4/5/2000)
[6] Franzkowiak, T.: Verständigung mit grafischen Symbolen. In: Braun, Ursula (Hrsg.):
Unterstützte Kommunikation. Düsseldorf 1994, 22 - 32
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