Beruflich Dokumente
Kultur Dokumente
Mikrobiologie SPF 22
Mikrobiologie SPF 22
6 Sporenbildende Bakterien 34
10 Antibiotikaresistenzen 65
13 Literatur 76
KSZ, Achl, Mikrobiologie - SPF Kapitel 1: Die Stellung der Bakterien im Reich der Lebewesen
1
KSZ, Achl, Mikrobiologie - SPF Kapitel 1: Die Stellung der Bakterien im Reich der Lebewesen
Abbildung 1.1: Kennzeichen des Lebens. Sechs Charakteristika zeichnen ein Lebewesen aus.
1.2.1 Aufgabe / Frage: Vielfalt von Viren
• Nenne und notiere an dieser Stelle Namen von dir bekannten Viren.
• Die Aufgabe wird dir leichter fallen, wenn du an bekannte Krankheiten denkst.
1.2.2 Antwort / Lösung
2
KSZ, Achl, Mikrobiologie - SPF Kapitel 1: Die Stellung der Bakterien im Reich der Lebewesen
Wie entstanden Zellen? Waren die Zellen, so wie wir sie heute kennen, die ersten sich selbst replizierenden
Strukturen auf der Erde? Da alle Zellen ähnlich strukturiert sind, nimmt man an, dass alle Zellen von einer
gemeinsamen Vorfahrenzelle abstammen, dem ältesten universellen gemeinsamen Vorfahren (LUCA ,,last universal
common ancestor").
Nachdem die ersten Zellen aus nicht lebendigem Material hervorgegangen waren (siehe Zellbiologie, Kapitel 1), ein
Vorgang, der Hunderte von Millionen Jahren dauerte, gingen aus dem dann erfolgten Wachstum Zellpopulationen
hervor. Diese begannen mit anderen Populationen in mikrobiellen Gemeinschaften in Wechselwirkung zu treten. Die
Evolution selektierte nach Verbesserung und Diversifizierung dieser frühen Zellen, was zu den hoch komplexen und
unterschiedlichen Zellen führte, die wir heute antreffen.
1.3.2 Das Leben auf der Erde im Lauf von Milliarden von Jahren
Die Erde ist 4.6 Milliarden Jahre alt. Forschern liegen Beweise vor, dass Leben erstmals vor 3.8 bis 3.9 Milliarden
Jahren auftrat und diese Organismen waren ausschliesslich Mikroorganismen. Tatsächlich waren Mikroorganismen
die längste Zeit der Erdgeschichte die einzige Lebensform auf der Erde (Abbildung 1.2).
Allmählich, über ganz lange Zeitabschnitte hinweg,
traten komplexere Lebensformen auf. Welches waren
auf diesem langen Weg die Höhepunkte der Evolution?
Während der ersten ungefähr zwei Milliarden Jahre
war die Atmosphäre der Erde anoxisch. Es gab keinen
Sauerstoff (02), wohl aber Stickstoff (N2), Kohlendioxid
(C02) und einige wenige andere Gase.
Nur Mikroorganismen mit anaerobem Metabolismus
vermochten unter diesen Bedingungen zu überleben,
wozu viele verschiedene Zelltypen zählten. Dazu
gehörten Zellen, die Methan bilden, so genannte
Methanogene. Die Evolution fototropher
Mikroorganismen - Organismen, die ihre Energie aus
dem Sonnenlicht ziehen, also Fotosynthese betreiben -
entstanden eine Milliarde Jahre nach der Entstehung
der Erde. Die ersten Fototrophen waren recht einfache
Organismen, wie zum Beispiel die Purpurbakterien.
Cyanobakterien (oxygene oder Sauerstoff erzeugende
Fototrophe) gingen fast eine Milliarde Jahre später aus
anoxygenen Fototrophen hervor und leiteten den
Prozess ein, in dessen Verlauf die Atmosphäre mit
Sauerstoff angereichert wurde.
Schliesslich entwickelten sich in Folge des Anstiegs von
molekularem Sauerstoff in der Atmosphäre höhere
Organismen, die an Komplexität zunahmen und in den
Pflanzen und Tieren, die wir heute kennen, ihre
Krönung fanden.
Abbildung 1.2: Zeitlicher Verlauf der Entwicklung des Lebens auf der Erde und Ursprung der verschiedenen Zelldomänen.
(a) Vor ungefähr 3.8 Milliarden Jahren entstand zelluläres Leben auf der Erde. Mit den Cyanobakterien begann vor ungefähr 3
Milliarden Jahren langsam die Sauerstoffanreicherung auf der Erde, aber die heutige O2-Konzentration in der Atmosphäre wurde
erst vor 500-800 Millionen Jahren erreicht. (b) Die drei Domänen der zellulären Organismen sind Bacteria, Archaea und Eukarya.
3
KSZ, Achl, Mikrobiologie - SPF Kapitel 1: Die Stellung der Bakterien im Reich der Lebewesen
Der Engländer Edward Jenner (1749-1823) hatte bereits 1797 die wenig gefährlichen Kuhpocken zum Impfen von
Menschen gegen die gefürchteten echten Pocken verwendet. Er verwendete Lymphe aus den Pockenpusteln der Kuh,
man spricht noch heute von Vakzination (von lat. vaccinia, Kuhpocken). Man wusste natürlich noch nicht um die
Natur des Ansteckungsprinzips, in diesem Fall das Pockenvirus.
4
KSZ, Achl, Mikrobiologie - SPF Kapitel 1: Die Stellung der Bakterien im Reich der Lebewesen
In einem spektakulären Versuch impfte Pasteur Schafe mit Proben, die abgetötete Erreger des Milzbrandes enthielten.
Infizierte er später die Schafe mit unbehandelten Proben, überlebten alle geimpften Schafe, während die ungeimpften
Kontrolltiere an Milzbrand starben. Der Erreger, Bacillus anthracis, ist ein grosses, mikroskopisch gut studierbares
Bakterium, das im Zusammenhang mit Terroranschlägen um die Jahrtausendwende wieder bekannt geworden ist.
Wenn man sich vor Augen hält, dass zwischen Fäulnis einerseits und abschreckenden Ansteckungskrankheiten wie
Aussatz (Lepra) andererseits ein offensichtlicher Zusammenhang besteht, versteht man, dass die Zeit damit reif war
für die Lösung des Rätsels Ansteckungskrankheiten. Koch hatte als Landarzt naturgemäss ein besonderes Auge für
dieses Problem und hat erstmals klar gezeigt, dass Infektionskrankheiten wie Milzbrand, Tuberkulose und Cholera
jeweils durch voneinander unterscheidbare Bakterienarten verursacht wurden. Zuvor hatte man angenommen,
Bakterien seien eine einzige Art, die verschiedene Formen annehmen kann; solche Formänderungen kannte man z. B.
von Pilzen mit Wirts-und Generationswechsel.
Tabelle 1.1: Einige Meilensteine der Forschung an und mit Mikroorganismen.
5
KSZ, Achl, Mikrobiologie - SPF Kapitel 1: Die Stellung der Bakterien im Reich der Lebewesen
Abbildung 1.4: Einteilung der Lebewesen in Reiche / Gruppen. Einteilung in fünf grosse Reiche respektive in Gruppen.
Das vorliegende System (Abbildung 1.4) unterteilt die Lebewesen in die Eukaryoten und in die Prokaryoten, wobei
das Reich der kernhaltigen Organismen noch einmal in vier Reiche unterteilt wird.
Dabei gibt es auch bei den Eukaryoten Einzeller, dies sind die Protisten. Bekannte Beispiele sind das Pantoffeltierchen
oder die verschiedenen Amöbentypen.
Die drei anderen Reiche, die Pflanzen, die Pilze und die Tiere umfassen vielzellige Organismen. Jedes dieser Reiche ist
bestimmt durch Charakteristika der Körperstruktur und des Lebenszyklus. Diese drei Reiche unterscheiden sich auch
in der Art ihrer Ernährung.
• Pflanzen sind in dieser Hinsicht autotroph. Das bedeutet, dass sie ihre Nährstoffe selbst durch die Fotosynthese
herstellen.
• Pilze sind heterotrophe Organismen. Das heisst, sie können ihre Nahrung nicht selbst herstellen. Pilze ernähren
sich sehr oft von abgestorbenen Lebewesen, z.B. von toten Tieren und Pflanzen.
• Tiere ernähren sich auch auf heterotrophe Art und Weise, indem sie in der Regel Pflanzen und / oder Tiere
fressen.
Neuere Untersuchungen zeigen, dass man die Bakterien in zwei Grossreiche unterteilen muss; in das Reich der
Archaea und in das Reich der Bacteria. Diese Unterteilung ist aufgrund ihrer unterschiedlichen Entstehungsgeschichte
nötig. Die folgende Aufgabe nimmt sich diesem Thema an.
1.5.1 Aufgabe / Frage: Euglena
Warum befindet sich Euglena in der Schnittmenge zwischen Pflanzen und Tieren? Will also heissen, Euglena gehört
sozusagen beiden Reichen an?!?!
1.5.2 Antwort / Lösung
6
KSZ, Achl, Mikrobiologie - SPF Kapitel 1: Die Stellung der Bakterien im Reich der Lebewesen
1.5.3 Aufgabe / Frage: Verwandtschaft innerhalb der drei grossen Domänen des Lebens
Du findest auf der nächsten Seite einen Stammbaum (Abbildung 1.5). Er zeigt die verwandtschaftliche Beziehung der
drei grossen Domänen des Lebens auf.
Darunter ist eine Tabelle (Tabelle 1.2) zu finden. Sie vergleicht die drei grossen Domänen bezüglich neun
ausgewählter Merkmale untereinander. Die meisten Merkmale und Vergleichskriterien sagen dir nichts, respektive
nicht viel. Das ist aber für die Bearbeitung der Aufgabe jedoch nicht von Relevanz.
• Kläre die verwandtschaftliche Beziehung der drei grossen Domänen des Lebens untereinander ab. Dafür
verwendest du Abbildung 1.5 und Tabelle 1.2.
• Das Resultat ist in Form von ein bis zwei Sätzen direkt neben die Abbildung hinzuschreiben.
• Sodann muss deine Aussage datenbasiert bewiesen werden. Dazu muss auf die Merkmale und Daten aus Tabelle
1.2 zurückgegriffen werden.
• Das gesamte Resultat, das nun datenbasiert bewiesen worden ist, wird notiert.
Abbildung 1.5: Einteilung der Lebewesen in Reiche. Einteilung in drei grosse Domänen.
Tabelle 1.2: Vergleich der drei Domänen. Neun ausgewählte Merkmale dienen als Vergleichskriterien.
7
KSZ, Achl, Mikrobiologie - SPF Kapitel 1: Die Stellung der Bakterien im Reich der Lebewesen
8
KSZ, Achl, Mikrobiologie - SPF Kapitel 1: Die Stellung der Bakterien im Reich der Lebewesen
1.8 Todesraten bei den zehn wichtigsten Todesursachen in den Vereinigten Staaten von 1900
und 2000
Abbildung 1.6: Todesraten 1900 und 2000 für die zehn häufigsten Todesursachen in den USA. Die Todesursachen lassen sich
in zwei grosse Gruppen einteilen.
1.8.1 Aufgabe / Frage: Vergleich der verschiedenen Todesraten
Beschreibe und diskutiere die beiden obigen Abbildungen. Konkret gehst du folgendermassen vor.
• Die Todesursachen sind in zwei grosse Gruppen zu kategorisieren, in die grüne und in die rote Gruppe.
• Danach vergleichst du die beiden Gruppen miteinander und notierst die Auffälligkeiten (Resultate).
• Anschliessend werden die Resultate diskutiert.
• Überlege dir, wie eventuell eine dritte Graphik, sagen wir im Jahre 2030 aussehen könnte und begründe deine
Wahl.
1.8.2 Antwort / Lösung
Die beiden Gruppen heissen / sind:
Auffallend ist (Resultate):
Die Gründe dafür sind (Diskussion):
Die Graphik im Jahre 2030 könnte folgendermassen ausschauen (beschreiben oder zeichnen und begründen):
9
KSZ, Achl, Mikrobiologie - SPF Kapitel 1: Die Stellung der Bakterien im Reich der Lebewesen
1.9 Die Bedeutung des Mikrobioms für die Gesundheit des Menschen
Wie einleitend erläutert, entfällt auf die Magen-Darm- Flora (an sich ist der Begriff falsch, Bakterien sind keine
Pflanzen, nur lässt sich der Begriff nicht so leicht aus dem wissenschaftlichen Vokabular verdrängen) für die
Gesundheit und das Wohlergehen des Menschen eine enorme Wichtigkeit. Die Erforschung des sogenannten
Mikrobioms (die Gesamtheit aller den Menschen oder andere Lebewesen (z.B. Regenwürmer, Reptilien, Rinder)
besiedelnden Mikroorganismen) ist in vollem Gang und täglich erreichen uns neue, interessante aber teils auch
widersprüchliche Meldungen. Stellvertretend seien hier drei besonders spannende Abhandlungen (alle aus der NZZ,
Datum der Publikation jeweils am Ende des Artikels) dargestellt. Themen, die das Mikrobiom betreffen, werden wir
auch anhand der Besprechung anderer biologischer Grossthemen (z. B. Neurobiologie, Endokrinologie) ganz sicher
antreffen.
10
KSZ, Achl, Mikrobiologie - SPF Kapitel 1: Die Stellung der Bakterien im Reich der Lebewesen
11
KSZ, Achl, Mikrobiologie - SPF Kapitel 2: Die historischen Wurzeln der Mikrobiologie
Abbildung 2.1: Schwanenhalskolbenexperiment. Ausgangssituation, um die These der Urzeugung zu widerlegen.
1 Bakterien kommen praktisch überall vor, so auch auf/in frischen Lebensmitteln, ausser sie wären vollständig sterilisiert. Ob es durch den Verzehr
solcher Lebensmittel zu gesundheitlichen Komplikationen kommt, hängt primär von der Quantität wie auch von der Virulenz der Keime ab.
12
KSZ, Achl, Mikrobiologie - SPF Kapitel 2: Die historischen Wurzeln der Mikrobiologie
13
KSZ, Achl, Mikrobiologie - SPF Kapitel 2: Die historischen Wurzeln der Mikrobiologie
14
KSZ, Achl, Mikrobiologie - SPF Kapitel 3: Anreicherung von Mikroorganismen
3.1.2.1 Material
Petrischalen mit einem Universalagarmedium (Medium auf dem sehr viele unterschiedliche Mikroorganismen
wachsen können)
3.1.2.2 Methode: Experiment 1: Bakterien allerlei
• Eine Petrischale wird am Boden mit wasserfestem Folienstift in sechs bis acht Sektoren eingeteilt.
• Dann werden Abstriche (siehe Anleitung der LP) von diversen festen Gegenständen gemacht.
• Die Platte wird verschlossen und mit Parafilm abgedichtet.
• Die Inkubation erfolgt während 48 Stunden bei 30°C.
3.1.2.3 Methode: Experiment 2: Bakterien auf den Händen
• Eine Petrischale wird am Boden mit wasserfestem Folienstift in fünf Sektoren eingeteilt.
• Sektor 1 „vor dem Händewaschen“.
• Sektor 2 „unmittelbar nach dem Händewaschen und abtrocknen mit Einwegpapier“, als Alternative kann auch
Sterillium verwendet werden, in diesem Fall werden die Hände jedoch nicht mit einem Einwegpapier
abgetrocknet.
• Sektor 3 „20 Min nach Händewaschen“.
• Sektor 4 „40 Min nach Händewaschen“.
• Sektor 5 „60 Min nach Händewaschen“.
• Mit allen vier Fingern wird der jeweilige Sektor beimpft.
• Die Platte wird verschlossen und mit Parafilm abgedichtet.
• Die Inkubation erfolgt während 48 Stunden bei 30°C.
3.1.2.4 Methode: Experiment 3: Bakterien der Kaufläche von Backenzähnen
• Eine Petrischale wird am Boden mit wasserfestem Folienstift in fünf Sektoren eingeteilt.
• Sektor 1 „vor dem Zähneputzen“.
• Sektor 2 „unmittelbar nach dem Zähneputzen“.
• Sektor 3 „20 Min nach Zähneputzen“.
• Sektor 4 „40 Min nach Zähneputzen“.
• Sektor 5 „60 Min nach Zähneputzen“.
• Mit einem Q- Tip wird eine Probe der Kauflächen der Stockzähne entnommen und die entsprechenden Sektoren
werden beimpft. Pro Abstrich wird ein neues Stäbchen genommen.
• Die Platte wird verschlossen und mit Parafilm abgedichtet.
• Die Inkubation erfolgt während 48 Stunden bei 30°C.
3.1.3 Resultate und Diskussion
Darstellung der Resultate und Diskussion dieser. Die Resultate sollen zusätzlich bildlich in Form von Fotos
festgehalten werden.
15
KSZ, Achl, Mikrobiologie - SPF Kapitel 3: Anreicherung von Mikroorganismen
16
KSZ, Achl, Mikrobiologie - SPF Kapitel 4: Bau der prokaryotischen Zelle
17
KSZ, Achl, Mikrobiologie - SPF Kapitel 4: Bau der prokaryotischen Zelle
Abbildung 4.1: Bau einer Bakterienzelle. Schematische Darstellung (links) und Aufnahme aus dem EM (rechts).
Abbildung 4.2: Vergleich einer prokaryotischen (oben) mit einer
eukaryotischen (unten) tierischen Zelle. Auffallend sind die
Grössendimensionen und das Vorhandensein, respektive das Fehlen
zahlreicher Organellen.
Abbildung 4.3: Mikrobielle Zellen- Von der Kolonie zur einzelnen Zelle. (a) Biolumineszente (lichtemittierende) Kolonien des
Bakteriums Photobacterium, die in einer Laborkultur auf einer Petrischale gezüchtet wurden. (b) Eine Kolonie kann mehr als 10
Millionen einzelne Zellen enthalten. (c) Mit dem Rasterelektronenmikroskop aufgenommene Zellen des Bakteriums Photobacterium.
18
KSZ, Achl, Mikrobiologie - SPF Kapitel 4: Bau der prokaryotischen Zelle
Tabelle 4.1: Verschiedene Formen von Bakterien. Es sind nur die häufigsten Formen erwähnt.
Abbildung 4.4: Die wichtigsten Bakterienformen. Kugelbakterien oder Kokken (Staphylococcus aureus), Stäbchenbakterien oder
Bazillen (Bacillus anthracis) und Spiralbakterien oder Spirillen (Helicobacter pylori).
19
KSZ, Achl, Mikrobiologie - SPF Kapitel 4: Bau der prokaryotischen Zelle
20
KSZ, Achl, Mikrobiologie - SPF Kapitel 4: Bau der prokaryotischen Zelle
21
KSZ, Achl, Mikrobiologie - SPF Kapitel 4: Bau der prokaryotischen Zelle
4.3 Ein spezielles Bakterium: Zusammenhang zwischen Helicobacter pylori - Infektion und
Magengeschwüren
Magengeschwüre und Entzündungen der Magenschleimhaut galten lange Zeit als rein psychosomatische
Erkrankungen bis man 1983 Helicobacter pylori in Darmbiopsien von Patienten identifiziert hatte.
H. pylori steht in direktem Zusammenhang mit Magengeschwüren und Magenschleimhautentzündungen, ist doch bei
über 80% der Patienten mit solchen Krankheitsbildern der Keim in Gewebeproben nachzuweisen.
Dies erklärt aus heutiger Sicht auch einfach, wieso die Therapie mit so genannten Säurehemmern praktisch
wirkungslos war (lange Zeit meinte man auch, Magengeschwüre stünden in direktem Zusammenhang mit einer zu
hohen Säureproduktion im Magen).
Für die Entdeckung des Bakteriums Helicobacter pylori und seiner Rolle bei der Entstehung der chronischen
Magenentzündung erhielten Robin Warren und Barry Marshall 2005 den Nobelpreis für Physiologie.
H. pylori ist nicht invasiv, sondern besiedelt die Oberfläche der Magenschleimhaut, wo eine Reaktion des
Wirtsorganismus die Entzündung hervorruft, wobei schwere Entzündungen, die nicht behandelt werden, zu
Geschwüren führen.
Mit dem Wissen, dass hinter diesen Krankheiten ein bakterieller Keim steckt, hat sich auch die Therapie schlagartig
geändert und ebenso ist die Erfolgsrate gegen diese Infektionen sprunghaft gestiegen. Man verwendet heute
Antibiotika gegen diese Krankheitsbilder, was zu einer Heilung der Entzündungen und gar der Geschwüre führt, und
dies dauerhaft.
Normalerweise überleben Bakterien die Magenpassage aufgrund der dort herrschenden sauren Verhältnisse nicht. H.
pylori dagegen fühlt dort hingegen pudelwohl. H. pylori muss offenbar über spezielle Tricks verfügen, um im Magen
überleben zu können. Wir wollen dies im Anschluss etwas genauer betrachten (Abbildung 4.5, von dir gezeichnet).
Abbildung 4.5: Überlebensstrategie von H. pylori im Magen. Von zentraler Bedeutung ist das bakterielle Enzym Urease.
22
KSZ, Achl, Mikrobiologie - SPF Kapitel 5: Grampositive und Gramnegative Zellen
23
KSZ, Achl, Mikrobiologie - SPF Kapitel 5: Grampositive und Gramnegative Zellen
Zwar kann die Cytoplasmamembran in einer Abbildung recht steif wirken, doch in Wirklichkeit ist sie eher beweglich
und in ihrer Konsistenz einem Leichtöl mit niedriger Viskosität ähnlich (Abbildung 5.2). Die Cytoplasmamembranen
einiger Bakterien werden durch Moleküle stabilisiert, die so genannten Hopanoiden. Diese eher steifen, flachen
Moleküle ähneln strukturell sehr stark den Sterolen, Verbindungen, die die Membranen tierischer Zellen stabilisieren,
welche bekanntlicherweise keine Zellwand besitzen.
Wie bei Eukaryoten finden sich in den Membranen Proteine eingebaut (Abbildung 5.2). Sie haben unterschiedliche
Funktionen, wie beispielsweise als Transportproteine oder Rezeptorproteine.
Abbildung 5.2: Fluid-Mosaic-Modell einer bakteriellen Membran. Die Membran ist nicht starr, sondern zeigt eine Dynamik,
welche wichtig für die Funktion der verschiedenen Membranproteine ist.
5.2.2 Die Cytoplasmamembran als Permeabilitätsbarriere
Die Cytoplasmamembran ist mehr als nur eine Barriere, die das Innere vom Äußeren der Zelle trennt. Die Membran
übernimmt mehrere für die Zellfunktion sehr wichtige Aufgaben. Vor allem dient die Membran als
Permeabilitätsbarriere, die das ungesteuerte Eintreten und Auslaufen von Bestandteilen des Cytoplasmas in die Zelle
hinein oder aus ihr heraus verhindert, wir kennen diese wichtige Funktion bereits aus von Zellbiologie her.
Ferner ist die Membran für viele Proteine ein Anker, von denen einige Enzyme sind, die die bioenergetischen Abläufe
katalysieren, während andere für den Transport von Substanzen in die Zelle oder aus der Zelle heraus verantwortlich
sind.
Das Cytoplasma ist eine Lösung aus Salzen, Zuckern, Aminosäuren, Nucleotiden und einer Vielzahl anderer
Substanzen. Die hydrophobe Natur der Cytoplasmamembran (Abbildung 5.1) macht die Membran zu einer
engmaschigen Diffusionsgrenze für diese Substanzen. Eine Substanz, die die Membran ungehindert in beide
Richtungen durchqueren kann, ist Wasser. Es handelt sich zwar um polares Molekül, doch ist es so klein, dass es
zwischen den Phospholipidmolekülen der Lipiddoppelschicht hindurch gelangt. Außerdem wird die Bewegung des
Wassers durch die Membran von Transportproteine, den Aquaporinen, beträchtlich beschleunigt.
5.2.3 Die Cytoplasmamembran enthält verschiedene Transportproteine
Transportproteine leisten mehr als nur die Beförderung von Substanzen durch die Membran – sie sammeln gelöste
Stoffe gegen den Konzentrationsgradienten. Es ist leicht, die Notwendigkeit von trägerunterstützten Transporten zu
verstehen. Wenn gelöste Stoffe nur durch Diffusion in die Zelle gelangen könnten, dann wären die Zellen niemals in
der Lage, die für den Ablauf biochemischer Reaktionen erforderlichen intrazellulären Konzentrationen zu erreichen.
Das heißt, das Verhältnis von Aufnahme und intrazellulärer Konzentration würde niemals die externe Konzentration
übertreffen, die in der Natur oftmals sehr niedrig ist. Daher müssen Zellen über Mechanismen verfügen, um gelöste
Stoffe – von denen die meisten lebensnotwendig sind –, in Konzentrationen anzusammeln, die größer sind als die in
ihren Habitaten. Darin besteht die Aufgabe der Transportproteine!
Transportproteine besitzen mehrere charakteristische Eigenschaften. Eine Eigenschaft des trägergestützten
Transports ist die hoch spezifische Natur des Transportvorgangs. Viele Trägerproteine reagieren nur mit einem
einzigen Molekül, während wenige andere für eine eng verwandte Klasse von Molekülen Affinität zeigen, zum Beispiel
Zucker oder Aminosäuren (Abbildung 5.3).
24
KSZ, Achl, Mikrobiologie - SPF Kapitel 5: Grampositive und Gramnegative Zellen
Abbildung 5.3: Verschiedene, spezifische Transportproteine bei E. coli. Je nach Struktur und Beschaffenheit der
Transportproteine ermöglichen sie eine hohe Stoffselektivität.
Anders als bei der Diffusion zeigen Transportsysteme einen
Sättigungseffekt. Wenn die Konzentration einer Substanz
ausreichend hoch ist, um den Träger zu sättigen, was in der
Natur sogar bei sehr niedrigen Substratkonzentrationen
vorkommen kann, ist die Aufnahmegeschwindigkeit maximal
und das Hinzufügen von Substrat erhöht die
Aufnahmegeschwindigkeit nicht mehr (Abbildung 5.4).
Die dritte Eigenschaft von Transportsystemen besteht darin,
dass deren Biosynthese von der Zelle stark reguliert wird. Das
heißt, dass der spezifische Anteil von Transportproteinen, der
in der Cytoplasmamembran der Zelle jeweils vorliegt, sowohl
von den in der Umgebung vorkommenden Nährstoffen als
auch von deren Konzentration abhängt, Stichwort „Angebot
und Nachfrage“.
Abbildung 5.4: Transport versus Diffusion. Beim Transport hat die
Aufnahmemenge den Sättigungsgrad bei relativ geringer äußerer
Konzentration erreicht.
25
KSZ, Achl, Mikrobiologie - SPF Kapitel 5: Grampositive und Gramnegative Zellen
Abbildung 5.6: Gesamtstruktur des Peptidoglykans. M und G stellen die Zuckerbausteine dar, welche lange, parallel angeordnete
Stränge bilden, die untereinander quervernetzt (blau) werden. Die glykosidischen Bindungen (braun) zwischen M und G verleihen
dem Peptidoglykan in X-Richtung Festigkeit, während die Peptidbindungen (blau) in der Y-Richtung Festigkeit verleihen.
26
KSZ, Achl, Mikrobiologie - SPF Kapitel 5: Grampositive und Gramnegative Zellen
Abbildung 5.7: Struktur der Lipopolysaccharidschicht gramnegativer Bakterien. Die Chemie des Lipids A und der
Polysaccharidbestandteile variiert von Spezies zu Spezies, aber die wichtigsten Bestandteile sind im Allgemeinen gleich. Der Lipid-A-
Anteil des LPS kann für Tiere toxisch sein.
5.2.5.1 Bestandteile der äusseren Membran sind giftig
Obwohl die Hauptfunktion der äusseren Membran als Grenze zur Aussenwelt betrachtet werden muss, ist ihre
Toxizität für Tiere ihre wichtigste biologische Eigenschaft. Zu den gramnegativen Bakterien, die für den Menschen
und andere Säugetiere pathogen sind, gehören neben vielen anderen Spezies Vertreter der Gattungen Salmonella,
Shigella und Escherichia.
Einige der Symptome, die diese Pathogenen hervorrufen, gehen auf toxische Bestandteile in der hitzestabilen
äusseren Membran zurück. Die Toxizität steht vor allem in Zusammenhang mit dem Lipid A, deshalb wird auch von
einem Endotoxin gesprochen. Der Begriff "Endotoxin" ist insoweit irreführend, als dass es sich nicht um innere
Bestandteile der Bakterien handelt, wie bei ihrer Entdeckung irrtümlich angenommen wurde, sondern es handelt sich
um Bestandteile der äusseren Membran.
Einige Endotoxine verursachen beim Menschen heftige Symptome, darunter Fieber, Durchfall und Erbrechen. Als
klassische Beispiele seien die Endotoxine von Salmonella und enteropathogener Stämme von E. coli genannt, die für
Lebensmittelvergiftungen verantwortlich sind.
Endotoxine werden normalerweise erst beim Absterben der Zellen, bei einem Angriff durch Komplementsystem (das
ist ein Zweig des Immunsystem) des Wirtstiers, nach einer Aufnahme und Abtötung der Bakterien durch Phagocyten
(bestimmte Immunzellen) sowie bei einer Abtötung durch einige Antibiotika in höherer Konzentration freigesetzt.
Endotoxine sind schon in niedrigsten Konzentrationen (unterer pg/ml-Bereich) biologisch wirksam. Der LD50-Wert2
liegt bei Endotoxinen bei 200-400 µg pro Maus (im Vergleich dazu Exotoxine: LD50-Wert von 25 pg, diese sind somit
viel giftiger, Details folgen später).
5.2.5.2 Zusammenhang mit Erkenntnissen aus der Immunologie
Wenn die Bakterien sterben, setzen sie das Endotoxin frei. Es ist ein PAMP-Molekül (pathogenassoziiertes
molekulares Muster), das an bestimmte Toll-ähnliche Rezeptoren auf Makrophagen binden kann und die Freisetzung
von TNF- α, Interferon, Interleukin-l und anderen Cytokinen bewirkt. Die Freisetzung dieser aktiven Faktoren führt zu
einer Reihe verschiedener Symptome.
2Der LD50-Wert gibt die Menge eines Stoffes oder einer Strahlung an, bei der 50 Prozent einer Population bestimmter Lebewesen
sterben. Der Wert wird in der Regel auf ein Kilogramm Körpergewicht bezogen, z.B. mg Stoff xy/kg Körpergewicht.
27
KSZ, Achl, Mikrobiologie - SPF Kapitel 5: Grampositive und Gramnegative Zellen
• Fieber
• Aktivierung von Blutgerinnungsfaktoren, was eine verstreute Blutgerinnung hervorrufen kann
• Ausdünnung von Blutgerinnungsfaktoren, was dann zu inneren Blutungen führen kann
• Aktivierung des alternativen Komplementweges
• Erweiterung der Blutgefäße, wodurch es zu einer Erniedrigung des Blutdrucks kommt
• Schock aufgrund von des Blutdruckabfalls
• Tod aufgrund gravierender übriger Symptome
Die Behandlung einer umfangreichen gramnegativen Blutvergiftung (Sepsis) mit Antibiotika kann durch die massive
Freisetzung des Endotoxins aus toten Bakterien das Problem noch verschlimmern und deshalb zum Tod des Patienten
führen. Eine unbehandelte gramnegative Sepsis dagegen verläuft jedoch fast immer tödlich, sodass eine vorsichtige
Behandlung bei allem Risiko immer geboten ist.
Ein kürzlich erörtertes Verfahren, das einen endotoxischen Schock verhindern soll, beruht auf der Erkenntnis, dass
LPS an den Toll-ähnlichen Rezeptor TLR4 binden muss, um einen endotoxischen Schock hervorzurufen. Wie wäre es
also, wenn man TLR4 durch Antikörper neutralisieren könnte, um dadurch zu verhindern, dass LPS während einer
Infektion daran bindet? In klinischen Versuchen wurden Antikörper gegen TLR4 (Anti-TLR4) in Mäuse injiziert. Die
Antikörper blockierten tatsächlich die TLR4-Rezeptoren und schützten die Mäuse vor einem durch E. coli
verursachten septischen Schock.
28
KSZ, Achl, Mikrobiologie - SPF Kapitel 5: Grampositive und Gramnegative Zellen
Abbildung 5.8: Bau einer grampositiven
Zellhülle. Zellmembran und Zellwand von
Bacillus subtilis.
Abbildung 5.9: Bau einer gramnegativen
Zellhülle. Zellmembran, Zellwand und
äussere Membran von E. coli.
5.2.6 Aufgaben / Fragen: Rund um die Zellhülle
5.2.6.1 Grampositive und Gramnegative Zellhüllen im Vergleich: Gemeinsamkeiten und Unterschiede
Vergleiche die beiden verschiedenen Zellhüllen miteinander, wo liegen Gemeinsamkeiten, wo lassen sich
Unterschiede finden?
Gemeinsamkeiten Unterschiede
29
KSZ, Achl, Mikrobiologie - SPF Kapitel 5: Grampositive und Gramnegative Zellen
Die Zellwand ist ein beliebtes Angriffsziel von Antibiotika und anderen bakterienabtötenden Substanzen.
Was mag wohl der Grund sein?
5.2.6.3 Verhalten von Protoplasten bei unterschiedlichen Milieubedingungen
Man überführt Bakterien in ein wässriges Medium mit niedriger Stoffkonzentration (im Vergleich zum Zellinneren)
und gibt eine zellwandabbauende Substanz (Lysozym) hinzu. Dadurch erhält man so genannte Protoplasten.
In einem zweiten Ansatz geht man analog vor, nur dass das wässrige Medium nun isotonischer Natur ist.
Die vorliegenden Resultate, siehe dazu Abbildung 5.10, sind darzustellen und zu diskutieren.
Abbildung 5.10: Protoplastenherstellung. Je nach Umgebungsmilieu reagieren Protoplasten unterschiedlich.
30
KSZ, Achl, Mikrobiologie - SPF Kapitel 5: Grampositive und Gramnegative Zellen
5.3.2 Färben von Mikroorganismen: Material
Escherichia coli K12, gramnegativ, Staphylococcus epidermidis, grampositiv; beide Stämme als Flüssigkultur oder auf
Agarplatten
Merck Gram Color Set Nr. 11885 (Nr. 2 Lugolsche Lösung, Nr. 3+4 Ethanol) Impfösen, Objektträger, Deckgläser,
Bunsenbrenner, Holzklammern, Objektträgerpinzetten, Zeitungen, Färbebäder, Spritzflaschen mit deion. Wasser,
Abfallbecherglas, Mikroskop
5.3.3 Färben von Mikroorganismen: Methode im Detail
1. Das Untersuchungsmaterial wird mit ausgeglühter Öse oder mit steriler Plastiköse auf einen fettfreien
Objektträger aufgetragen und ausgestrichen.
2. Nach der Lufttrocknung wird eine Hitzefixierung vorgenommen, indem man den Ausstrich mit dem Material nach
oben dreimal langsam durch den oberen Teil der Bunsenbrennerflamme zieht.
3. Danach erkalten lassen.
4. Zugabe von ein paar Tropfen Kristallviolett (1:5 mit deion. Wasser verdünnt, liegt bereits verdünnt vor) aus der
Tropfflasche auf die Bakterien und 1 Minute einwirken lassen.
5. Farbreste kurz mit Lugolscher Lösung abspülen und 1 Minute einwirken lassen.
6. Mit deion. Wasser kurz spülen.
7. In einem Becherglas mit Alkohol 96% schwenken bis keine Farbwolken mehr abgegeben werden und der
Ausstrich graublau erscheint.
8. Mit deion. Wasser kurz abspülen.
9. Zugabe von ein paar Tropfen Safranin aus der Tropfflasche auf die Bakterien und 1 Minute einwirken lassen.
10. Mit deion. Wasser gut abspülen.
11. Trocknen lassen, mikroskopieren.
31
KSZ, Achl, Mikrobiologie - SPF Kapitel 5: Grampositive und Gramnegative Zellen
Abbildung 5.12: Gramfärbung. Ablauf und Resultate.
5.3.4 Diskussion
Vergegenwärtige dir den Aufbau von grampositiven und gramnegativen Zellen (Abbildung 5.8, Abbildung 5.9) noch
einmal. Mit Hilfe der Theorie und den hier vorliegenden Resultaten ist die Gramfärbung zu interpretieren. Oder
anders gefragt: Wieso färben sich die einen Zellen blau und die anderen eher rot?
32
KSZ, Achl, Mikrobiologie - SPF Kapitel 5: Grampositive und Gramnegative Zellen
3 Wer eine bessere Methode zur Tränenproduktion kennt, soll diese bekannt machen.
33
KSZ, Achl, Mikrobiologie - SPF Kapitel 6: Sporenbildende Bakterien
6 Sporenbildende Bakterien
6.1 Übersicht
Einige Bakterienspezies bilden während eines Vorgangs, den man Sporulation nennt, Endosporen. Endosporen (endo
bedeutet „innerhalb") sind stark differenzierte Zellen (Abbildung 6.1), die sehr hitzeresistent und widerstandsfähig
gegen aggressive Chemikalien und Strahlung sind. Die biologische Funktion von Endosporen besteht darin, dem
Organismus eine Struktur zu verleihen, die ihm ein Überleben unter ungünstigen Wachstumsbedingungen ermöglicht.
Dazu gehören unter anderem Temperaturextreme, Trockenheit oder Nährstoffmangel. Man kann sich Endosporen
wie die Schlafphase im bakteriellen Lebenszyklus vorstellen: vegetative Zelle ➔ Endospore ➔ vegetative Zelle.
Endosporen können leicht vom Wind, dem Wasser oder über Tierexkremente verbreitet werden.
Endosporenbildende Bakterien findet man häufig im Boden, wobei die Gattung Bacillus am besten untersucht ist.
Abbildung 6.1: Struktur einer bakteriellen Endospore. (a)
Transmissionselektronenmmikroskopische Aufnahme eines Dünnschnitts durch
eine Endospore von Bacillus megaterium. (b) Fluoreszenzaufnahme einer Zelle
von Bacillus subtilis während der Sporulation. Die grüne Farbe beruht auf einem
Farbstoff, der spezifisch ein Sporulationsprotein in der Sporenhülle färbt.
6.2 Bildung und Keimung von Endosporen
Während der Bildung von Endosporen wird die vegetative Zelle zu einer nichtwachsenden, hitzeresistenten Struktur.
Die Sporulation der Zelle erfolgt nicht, wenn die Zelle wächst, sondern nur dann, wenn das Wachstum innehält, weil
ein lebenswichtiger Nährstoff fehlt. Die Zellen von Bacillus, einem typischen Vertreter der endosporenbildenden
Bakterien, stellen ihr Wachstum ein und beginnen mit der Sporulation, wenn zum Beispiel ein wichtiger Nährstoff wie
Kohlenstoff oder Stickstoff zur Neige geht.
Die Endospore kann viele Jahre im Ruhestand verharren, aber sie kann sich relativ schnell in eine vegetative Zelle
zurückverwandeln. Dieser Vorgang läuft in drei Schritten ab: Aktivierung, Keimung und Auswachsen.
• Die Aktivierung setzt ein, wenn man Endosporen mehrere Minuten bei erhöhter, aber nicht abtötender
Temperatur erhitzt.
• Aktivierte Endosporen werden durch Zugabe spezifischer Nährstoffe zur Keimung angeregt, zum Beispiel durch
Zugabe von Aminosäuren. Die Keimung ist ein im Allgemeinen schnell ablaufender Vorgang (in der
Grössenordnung von mehreren Minuten), der mit dem Verlust der mikroskopischen Lichtbrechung, einer
besseren Anfärbbarkeit und dem Verlust der Resistenz gegenüber Hitze und Chemikalien einhergeht.
• Das Endstadium, das Auswachsen, bringt ein sichtbares Anschwellen in Folge von Wasseraufnahme und der
Synthese von RNA, Proteinen und DNA mit sich. Die Zelle tritt aus der zerbrochenen Sporenhülle hervor und
beginnt mit dem Wachstum. Sie verbleibt im Stadium des vegetativen Wachstums, bis Signale aus der Umwelt
wieder die Sporulation auslösen.
34
KSZ, Achl, Mikrobiologie - SPF Kapitel 6: Sporenbildende Bakterien
Abbildung 6.2: Der Prozess der Sporenbildung. Die Stadien beruhen auf genetischen Untersuchungen und mikroskopischen
Analysen der Sporulation bei Bacillus subtilis, dem Modellorganismus für Untersuchungen zur Sporulation.
Abbildung 6.3: Dipicolinsäure (DPA). (a) Struktur von DPA. (b) Wie Ca2+ mit DPA-Molekülen durch Quervernetzung einen
Komplex bildet.
35
KSZ, Achl, Mikrobiologie - SPF Kapitel 6: Sporenbildende Bakterien
36
KSZ, Achl, Mikrobiologie - SPF Kapitel 6: Sporenbildende Bakterien
Neue Z}r⌅er Zeitung FORSCHUNG UND TECHNIK Mittwoch, 13.01.1993 Nr.9
37
KSZ, Achl, Mikrobiologie - SPF Kapitel 6: Sporenbildende Bakterien
Es liegt auf der Hand, dass intensiv versucht Mensch und Umwelt bisher als sicher erwiesen.
wird, Kristallproteingene in Kulturpflanzen ein- Dies haben die Sicherheitsprüfungen ergeben,
zubauen. Damit sollen Schädlinge erfasst werden, welche mindestens so strengen Anforderungen zu
die mit konventionellen Bacil- genügen hatten wie für chemische Insektizide.
lus-thuringiensis-Produkten nicht zu erreichen Die Erstregistrierungen für Bacil-
sind. Als Beispiel sei der Maiszünsler (Ostrinia lus-thuringiensis-Produkte erfolgten hauptsäch-
nubilalis) angeführt, der sich im Innern der Mais- lich in den USA durch die Environmental Protec-
pflanze entwickelt und der mit konventionellen tion Agency (EPA).
Präparaten von Bacillus thuringiensis kaum zu Die von der EPA festgelegten Prüfkriterien
kontrollieren ist, obwohl er im Labortest emp- wurden auch von den europäischen Ländern, ein-
findlich reagiert. geschlossen die Schweiz, übernommen. Da übli-
Ein weiteres Beispiel in dieser Richtung sind che Feldkonzentrationen bei der Sicherheits-
Bestrebungen, Kristallproteingene in Algen einzu- prüfung auf Nichtzielorganismen keine mess-
führen, die Überträgern tropischer Krankheiten baren Wirkungen zeigten, wurde auf
als Nahrungsquelle dienen. Betreffende For- Maximalmengen basiert, mit denen Mensch, Tier
schungsarbeiten sind recht weit fortgeschritten oder Umwelt in Kontakt kommen könnten. Auch
und werden von der Weltgesundheitsorganisation solche Tests bestätigten die Sicherheit von Bacil-
unterstützt. Eine permanente und flächendecken- lus thuringiensis, so dass eine Freigabe praktisch
de Kontrolle der in kleinsten und versteckten ohne Einschränkungen für den Schutz landwirt-
Wasserstellen brütenden Überträgerpopulationen schaftlicher Kulturpflanzen, für den Einsatz im
wird als notwendiger Teil einer integrierten Be- Forst und zur Kontrolle von Stechmückenlarven
kämpfungsstrategie betrachtet. im Wasser erfolgte.
Der Einbau von Kristallproteingenen in Tabak Von den zuständigen eidgenössischen Behör-
und Tomaten ist relativ einfach. Beide mit den den wurde sogar das Naturschutzreservat Bolle di
Fremdgenen versehenen Pflanzenarten produ- Magadino (Tessin) zur Behandlung mit Bacillus
zierten den insektiziden Wirkstoff in genügenden thuringiensis freigegeben, um die jährlich wieder-
Mengen, um einen ausreichenden Schutz vor kehrenden Stechmückenplagen unter Kontrolle
Insektenbefall zu gewährleisten. Die Ausstattung zu bringen. Der Erfolg der nun seit fünf Jahren
von Maispflanzen mit Kristallproteingenen könn- durchgeführten Stechmückenkontrolle war sehr
te die namhaften Ertragsverluste, die weltweit gut. Die Bewilligung für den Einsatz von Bacil-
durch Maiszünslerbefall hervorgerufen werden, lus-thuringiensis-Produkten wird nur deshalb er-
reduzieren. Der Einbau von Fremdgenen in teilt, weil die Wirksubstanz von Bacillus thurin-
Maispflanzen ist aber schwierig und benötigt giensis nur die im Wasser lebenden Larven der
schrittweise Vorversuche. Diese schliessen Expe- Stechmücken erfasst und das übrige Ökosystem
rimente im Gewächshaus wie im Freiland ein, um unbeeinflusst lässt.
Verhalten und Stabilität von eingebauten Fremd- Die hohe Sicherheit der insektiziden Proteine
genen zu prüfen. lässt sich auch aus dem Wirkungsmechanismus
Die ersten zwei Feldversuche mit Kulturpflan- ableiten. Das Kristallprotein hat eine Kaskade
zen, die Kristallproteingene enthielten, wurden in von Modifikationen zu durchlaufen, bis es
den USA 1986 durchgeführt. Die Gesamtzahl schliesslich seine insektizide Wirkung im
stieg bis 1991 auf über 60 Feldversuche. Da es Insektendarm entfalten kann. Zudem müssen in
sich um natürliche Gene handelt, deren Produkte der Darmwand die passenden Rezeptoren vor-
sich durch Umweltverträglichkeit auszeichnen, handen sein. Es wurde auch nachgewiesen, dass
stösst die Erteilung behördlicher Bewilligungen zum Beispiel bei Ratten Rezeptoren fehlen, an
auf keine Schwierigkeiten. In Europa wurden welche das aktivierte Kristallprotein binden
Freilandversuche in Frankreich, England, Belgien könnte. Da die Kristallproteine von Bacillus thu-
und Holland durchgeführt. ringiensis sämtliche Sicherheitsanforderungen ge-
genüber Mensch, Tieren und Umwelt erfüllen, ist
Sicherheit auch die Ausstattung von Kulturpflanzen mit den
der Bacillus-thuringiensis-Produkte entsprechenden Genen von Bacillus thuringiensis
vertretbar.
Die Höhe der Sicherheit sowie das Verhältnis
zwischen Risiko und Nutzen entscheiden über die
Verwendung von Produkten, die zur notwendigen
Begrenzung von Insekten eingesetzt werden. Die
Der Autor ist Titularprofessor am Mikrobiologischen Institut
von Bacillus thuringiensis gebildeten der ETH Zürich, Schmelzbergstrasse 7, 8092 Zürich.
insektentoxischen Proteine haben sich gegenüber
© 2005 Neue Zürcher Zeitung AG Blatt 3
38
KSZ, Achl, Mikrobiologie - SPF Kapitel 6: Sporenbildende Bakterien
39
KSZ, Achl, Mikrobiologie - SPF Kapitel 6: Sporenbildende Bakterien
6.5 Clostridium botulinum: Der Erzeuger von einem der stärksten Gifte überhaupt
6.5.1 Übersicht
Clostridium botulinum ist ein stäbchenförmiges Bakterium und produziert eines der stärksten Gifte (ein Exotoxin;
vergleiche dazu Endotoxin, Abschnitt 5.2.5), das man kennt, das sogenannte Botulinumtoxin. Das Gift beeinträchtigt
die Übertragung von Nervenimpulsen auf Muskeln. Heutzutage kann und wird das Gift auch zu medizinischen und
kosmetischen Zwecken eingesetzt (Botox!).
Sind Nahrungsmittel - vor allem solche, die in Konserven gehalten werden- vorgängig nicht ausreichend sterilisiert
worden, so kann sich das Gift aufgrund von noch vorhandenen und lebendigen Bakterien bilden. Ein auffälliges
Merkmal bei Konservendosen ist die Wölbung der Konservendeckel nach aussen, der durch den aufgebauten
Innendruck entsteht. Der Innendruck ist auf durch die Bakterien produzierte Gase zurückzuführen.
Die letale Dosis wird mit 0,01 mg (10 µg) für einen Erwachsenen bei oraler Anwendung angegeben. Intravenös
gegeben sind für einen Menschen schon 0,003 µg, also 3 Nanogramm tödlich. Anders ausgedrückt, mit 3 Gramm des
Gifts könnten eine Milliarde Menschen getötet werden.
6.5.2 Wirkungsweise
Das Gift bindet an die präsynaptischen Membranen auf den Enden der stimulierenden Motoneurone an der
neuromuskulären Synapse und blockiert dadurch die Freisetzung von Acetylcholin. Zur normalen Übertragung eines
Nervenimpulses an eine Muskelzelle ist die Wechselwirkung zwischen Acetylcholin und einem Muskelrezeptor
erforderlich; das Botulinumtoxin verhindert, dass der vergiftete Muskel das anregende Acetylcholinsignal empfängt
(Abbildung 6.4). Daher findet keine Muskelkontraktion statt, was zur Muskellähmung und zum Tod durch Ersticken
führt.
Abbildung 6.4: Die Wirkungsweise des Botulinumtoxins von Clostridium botulinum. (a) Nach Stimulierung der peripheren
Nerven und der Hirnnerven wird Acetylcholin (A) im Allgemeinen aus den Vesikeln der neuronalen Stellen der motorischen
Endplatte freigesetzt. Acetylcholin bindet dann an die spezifischen Rezeptoren, was zur Kontraktion führt. (b) Botulinumtoxine
wirken an der motorischen Endplatte und verhindern die Freisetzung von Acetylcholin (A) aus den Vesikeln, so dass es keinen
Stimulus für die Muskelfasern gibt. Dies führt zu einer irreversiblen Relaxation der Muskeln und zur Muskellähmung.
6.5.3 Aufgabe / Frage: Was hat ein so starkes Gift in der Kosmetikindustrie verloren?
40
KSZ, Achl, Mikrobiologie - SPF Kapitel 6: Sporenbildende Bakterien
Abbildung 6.5: Wirkungsweise des Tetanustoxins. Links ist die normale, physiologische Situation dargestellt, rechts die Situation
bei einer Tetanusvergiftung.
Tabelle 6.1: Merkmale von Exotoxinen und Endotoxinen.
41
KSZ, Achl, Mikrobiologie - SPF Kapitel 7: Mikrobielles Wachstum
Abbildung 7.1: Wachstum bei Bakterien. Links ist die Zellteilung und Vermehrung dargestellt. Auf der rechten Seite ist die
Wachstumsdynamik dargestellt.
7.1.1 Aufgabe / Frage: Wachstum von Bakterien
Setzt man nun für n die Werte 4, 8, 12, 14 usw. ein, liegen immer der Formel entsprechend Zellen vor.
Dies stimmt aber nicht immer. In Labors wachsen Bakterien in Kulturgefässen. Irgendwann einmal, sagen wir nach 48
Stunden und etwa 100 Teilungen stimmt diese Formel nicht mehr, das heisst, es liegen nicht 2100 Zellen vor.
• Liegen eher mehr oder eher weniger Zellen vor?
• Kannst du dir vorstellen, wieso das so ist?
• Notiere eine begründete Antwort dazu. Du arbeitest alleine oder im Zweierteam.
7.1.2 Antwort / Lösung
42
KSZ, Achl, Mikrobiologie - SPF Kapitel 7: Mikrobielles Wachstum
Tabelle 7.1: Wachstumskurve. Charakterisierung der einzelnen Phasen einer typischen Wachstumskurve.
Phase Beschreibung
Anlaufphase
Exponentielle Phase
Stationäre Phase
Absterbephase
43
KSZ, Achl, Mikrobiologie - SPF Kapitel 7: Mikrobielles Wachstum
7.3 Aufgabe / Frage: Das Wachstum von Bakterien hängt sowohl von der Quantität als auch von
der Qualität des Nahrungsangebots ab
7.3.1 Einleitung
Zwei Bakterienstämme (Stamm A und Stamm B) wachsen in einer statistischen Kultur (Abbildung 7.3). Statistische
Kultur bedeutet, dass die räumlichen Bedingungen nicht verändert werden. Es werden auch keine Stoffe während der
gesamten Wachstums- und Absterbephase hinzugeführt oder entfernt.
Den Bakterien stehen zwei verschiedene Substanzen als Energiequellen (sprich: Nahrungsmittel) zur Verfügung: Die
Substanz 1 und die Substanz 2.
Die x-Achse stellt die Zeitachse dar.
Auf der y-Achse kann die relative Menge an Bakterien A und B, sowie der Substanzen 1 und 2 abgelesen werden.
Substanz 1
relative Bakterienkonzentration/Stoffkonzentration
Substanz 2
Bakterienstamm A
Bakterienstamm B
t1 t2 t3 Zeit
Abbildung 7.3: Wachstumsdynamik. Das Wachstum von zwei Bakterienstämmen in Abhängigkeit von zwei verschiedenen
Substraten
7.3.2 Darstellung der Resultate und Diskussion
Das Diagramm ist nach folgenden Kriterien schriftlich alleine oder im Team zu bearbeiten.
• Was kann man zu den Zeitpunkten t1, t2 und t3 über die zwei Bakterienstämme sowie über die zwei Substanzen
sagen? Dies sind die Resultate. Hinweis: Resultate können direkt aus dem Diagramm herausgelesen werden.
• Danach werden die Resultate diskutiert (eine Vermutung, eine Erklärung im Sinn von: „Aufgrund der
Erkenntnisse zum Zeitpunkt t2 kann es sein..., lässt sich sagen..., ist offensichtlich, dass...).
• Die Interpretation der Resultate führt schliesslich zu einer Schlussfolgerung.
44
KSZ, Achl, Mikrobiologie - SPF Kapitel 7: Mikrobielles Wachstum
7.3.3 Resultate
Zeitpunkt Resultate
t1
t2
t3
7.3.4 Diskussion
45
KSZ, Achl, Mikrobiologie - SPF Kapitel 7: Mikrobielles Wachstum
7.4 Der Einfluss von abiotischen Faktoren auf das bakterielle Wachstum
7.4.1 Temperatur
Die Temperatur ist der wohl wichtigste abiotische Faktor, der das Wachstum
und somit das Überleben von Bakterien beeinflusst (Abbildung 7.4).
Die Teilabbildung auf der linken Seite zeigt die Auswirkungen der Temperatur
auf die Wachstumsgeschwindigkeit sowie die molekularen Folgen in der Zelle.
Wie auch bei den Tieren und den Pflanzen, so gibt es auch bei den Bakterien
Organismen, die in sehr kalten aber auch in sehr warmen Biotopen leben. Die
Spannweite zwischen den beiden Extrema beträgt rund 100°C, die untere
Teilabbildung verdeutlicht das.
Dies ist insofern bemerkenswert, weil bei allen Organismen die Biomoleküle
aus den gleichen Substanzen bestehen. Dennoch sorgen feine molekulare
Anpassungen in den jeweiligen Molekülen dafür, dass die Moleküle
funktionsfähig bleiben und somit können die Organismen bei den
entsprechenden Bedingungen leben.
Abbildung 7.4: Die Temperatur als abiotischer Faktor. Oben ist der Einfluss der Temperatur auf die Wirkungsweise von
Enzymen dargestellt. Unten werden aufgrund der Temperaturvorlieben Bakterien in verschiedenen Thermogruppen eingeteilt.
7.4.2 Aufgabe / Frage: RGT und Optimumskurven
Bringe die vorliegenden Daten aus Abbildung 7.4 mit den aus der Ökologie bekannten Begriffen „RGT-Regel“ und
„Optimumskurve“ in einen sinnvollen Zusammenhang. Notiere deine Überlegungen in ein paar Sätzen an dieser Stelle.
7.4.3 Antwort / Lösung
46
KSZ, Achl, Mikrobiologie - SPF Kapitel 7: Mikrobielles Wachstum
7.4.5 Salzkonzentration
Es gibt Bakterien, die bei sehr hohen Salzkonzentrationen gut leben
können, andere können das nicht. Extrem salzliebende Bakterien, also
so genannt halophile Bakterien, können in Biotopen leben, in denen
Salzkonzentrationen von bis zu 30 % herrschen (Abbildung 7.6).
Nun gibt es aber ein Problem. Normalerweise, damit sind nicht
salzliebende Bakterien gemeint, ist das Cytoplasma höher an gelösten
Stoffen konzentriert als die Umgebung. Osmotisch bedingt strömt nun
Wasser in die Zelle hinein. Somit ist die Wasserversorgung
gewährleistet.
Abbildung 7.6: Salz als abiotischer Faktor. Nur wenige Bakterien können bei hohen Salzkonzentrationen leben.
7.4.5.1 Aufgabe / Frage: Leben auf Salzseen
Auch extrem halophile Bakterien brauchen Wasser zum Überleben. Jedoch übersteigen die Salzkonzentrationen in der
Umgebung die des Cytoplasmas massiv. Ein Wasseraustritt wäre die Folge, das Bakterium würde sterben. Dagegen
haben die Bakterien aber etwas entwickelt, sonst würden sie ja nicht in diesen Biotopen leben, respektive überleben.
Wie könnte diese Strategie aussehen?
7.4.5.2 Antwort / Lösung
47
KSZ, Achl, Mikrobiologie - SPF Kapitel 7: Mikrobielles Wachstum
7.5.1 Einleitung: Wann macht man eine Verdünnungsreihe und was ist eine Verdünnungsreihe?
Will man eine Lösung für eine Untersuchung der Konzentrationsabhängigkeit öfterns verdünnen, so macht man eine
Verdünnungsreihe (Abbildung 7.7).
Gegeben sei eine Probesuspension, zum Beispiel eine Gewässer- oder Bodenprobe, oder eben ein Stück Hefe. Man
möchte herausfinden, wieviele Keime respektive Zellen sich in der Probe befinden.
Man entnimmt zum Beispiel 1 ml der Probesuspension und gibt diese Menge in ein Reagenzglas, in dem sich 9 ml
steriles Leitungswasser (für den vorliegenden Versuch das ideale Verdünnungsmittel) befinden. Das ist die erste
Verdünnung (10-1). Von dieser entnimmt man wiederum 1 ml und überführt diese Menge in ein zweites
Reagenzglas, indem sich ebenfalls 9 ml steriles Leitungswasser befinden. Das ist die zweite Verdünnung (10-2).
Das führt man solange weiter, bis die geeignete/gewünschte Verdünnung vorliegt.
Um Zeit und Material zu sparen, kann man auch zu Beginn der Reihe in/mit 100er Verdünnungsschritten arbeiten.
Das bedeutet, dass von der Probesuspension 1 ml entnommen wird und in einem Erlenmeyerkolben überführt
wird, indem sich 99 ml steriles Leitungswasser befinden. Dieser erste Schritt hat dann einen Verdünnungsfaktor
von 10-2. Im nächsten Schritt entnimmt man dieser Verdünnung 1 ml und überführt die Mengen in einen zweiten
Erlenmeyerkolben, in welchem sich 99 ml steriles Leitungswasser befinden. Nun liegt bereits eine Verdünnung
von 10-4 vor.
Abbildung 7.7: Beispiel einer Verdünnungsreihe. Herstellung einer dezimalen Verdünnungsreihe, also lauter Zehnerschritte.
48
KSZ, Achl, Mikrobiologie - SPF Kapitel 7: Mikrobielles Wachstum
49
KSZ, Achl, Mikrobiologie - SPF Kapitel 7: Mikrobielles Wachstum
7.5.2.5 Ausplattieren
1. Beschrifte drei LB- Agarplatten am Boden mit dem Gruppennamen.
Die erste Platte wird mit „Platte 1, Verdünnung 10-8“, die Zweite mit „Platte 2, Verdünnung 10-9“ und die
Dritte mit „Platte 3, Verdünnung 10-10“ beschriftet.
2. Pipettiere mit der Socorexpipette 100 μl aus Reagenzglas 4 auf die Platte 1. Zuvor soll der Inhalt von
Reagenzglas 4 noch einmal mit dem Vortex gut gemischt werden.
3. Pipettiere mit der Socorexpipette 100 μl aus Reagenzglas 5 auf die Platte 2. Zuvor soll der Inhalt von
Reagenzglas 5 noch einmal mit dem Vortex gut gemischt werden.
4. Pipettiere mit der Socorexpipette 100 μl aus Reagenzglas 6 auf die Platte 3. Zuvor soll der Inhalt von
Reagenzglas 6 noch einmal mit dem Vortex gut gemischt werden.
5. Verteile die 100 μl gleichmässig auf der jeder Platte mit dem Drigalskispatel. Der Spatel ist bei jeder Platte zu
sterilisieren: In Alkohol eintauchen und kurz abflammen, anschliessend bis zur vollständigen Abkühlung
warten, das dauert etwa 45 Sekunden.
6. Die Platten werden einen Streifen Parafilm abgedichtet.
7. Die Platten werden bei 30 Grad für zwei Tage inkubiert, die Auswertung erfolgt in der nächsten Stunde.
7.5.3 Resultate
1. Zähle die Kolonien, die auf den Platten gewachsen sind. Jede einzelne Kolonie ist auf eine einzige Hefezelle
zurückzuführen (durch x – maliges Teilen ist eine gut sichtbare Kolonie entstanden).
Anzahl Kolonien auf Platte 1:___________
Anzahl Kolonien auf Platte 2:___________
Anzahl Kolonien auf Platte 3 :___________
Die Anzahl Hefezellen pro Gramm Hefewürfel erhält man, indem man die Anzahl der Kolonien dem
Verdünnungsfaktor (= dem reziproken Wert des Verdünnungsverhältnis) multipliziert und durch das bei der Zählung
eingesetzte Volumen (in ml, also 0.1 ml) dividiert. Das Ergebnis wird noch mit Faktor 10 multipliziert (die
Probesuspension wurde anfänglich 1:10 verdünnt).
2. Wieso hat man überhaupt drei Verdünnungen ausplattiert?
3. Wurden alle ausplattierten Hefezellen erfasst?
4. Wie viele Hefezellen befanden sich demnach in einem Gramm Hefe? Berechne das anhand der oben
ermittelten Kolonien und mit Hilfe der gemachten Verdünnungsschritte.
7.5.4 Diskussion
50
KSZ, Achl, Mikrobiologie - SPF Kapitel 9: Chemische Methoden zur Kontrolle des mikrobiellen Wachstums
Abbildung 8.2: Die Beziehung zwischen Temperatur und der
Geschwindigkeit des Abtötens von Mesophilen und Thermophilen. Die
Daten wurden aus dezimalen Reduktionszeiten D bei mehreren verschiedenen
Temperaturen gewonnen, wie in Abbildung 8.1.
51
KSZ, Achl, Mikrobiologie - SPF Kapitel 9: Chemische Methoden zur Kontrolle des mikrobiellen Wachstums
52
KSZ, Achl, Mikrobiologie - SPF Kapitel 9: Chemische Methoden zur Kontrolle des mikrobiellen Wachstums
Abbildung 8.3: Der Autoklav und die Sterilisation durch feuchte Hitze. (a) Der Dampfstrom durch einen Autoklav. (b) Ein
typischer Kreislauf in einem Autoklaven. Es ist das vorübergehende Hitzeprofil eines recht klobigen Objektes dargestellt. Die
Temperatur des Objektes (rote Kurve) steigt und fällt langsamer als die Temperatur des Autoklavens (blaue Kurve). Die Temperatur
des Objektes muss die Zieltemperatur erreichen und 10-15 Minuten gehalten werden, um unabhängig von der Temperatur und der
aufgezeichneten Zeit Sterilität sicherzustellen. (c) Ein moderner, in der Forschung eingesetzter Autoklav.
53
KSZ, Achl, Mikrobiologie - SPF Kapitel 9: Chemische Methoden zur Kontrolle des mikrobiellen Wachstums
8.3 Sterilisation durch Filter
Hitze ist eine effektive Methode zur Dekontamination der meisten Flüssigkeiten und kann sogar zur Behandlung von
Gasen eingesetzt werden. Hitzesensitive Flüssigkeiten und Gase müssen allerdings mit anderen Methoden behandelt
werden. Durch Filtrierung erreicht man eine Dekontamination und sogar Sterilisation ohne den Einsatz
denaturierender Hitze. Die Flüssigkeit oder das Gas werden durch einen Filter geleitet, eine Vorrichtung, deren Poren
keine Mikroorganismen hindurchlassen, durch die aber die Flüssigkeit oder das Gas hindurchströmen. Die Selektion
von Filtern zur Sterilisation muss sich nach der Grösse der auszuschliessenden Kontaminanten richten. Der
Durchmesser einiger mikrobieller Zellen liegt bei 10 µm, während der Durchmesser der kleinsten Bakterien unter 0,3
µm liegt.
54
KSZ, Achl, Mikrobiologie - SPF Kapitel 9: Chemische Methoden zur Kontrolle des mikrobiellen Wachstums
Abbildung 9.1: Bacteriostatische, bacteriozide und bacteriolytische antibakterielle Wirkstoffe. Zu dem durch den Pfeil
angezeigten Zeitpunkt wurde einer exponentiell wachsenden Kultur eine das Wachstum hemmende Konzentration eines jeden
mikrobiellen Wirkstoffs zugesetzt. Die Trübung einer jeden Kultur zusammen mit den Lebendkeimzahlzählungen setzt das
Verhältnis zwischen der Menge lebender und abgetöteter Zellen fest.
Man misst die antimikrobielle Aktivität, indem man die kleinste Menge des Wirkstoffs bestimmt, den man benötigt,
um das Wachstum eines Versuchsorganismus zu hemmen, einen Wert, den man als minimale Hemmkonzentration
(MHK) bezeichnet. Zur Bestimmung der MHK für einen bestimmten Wirkstoff gegen einen Organismus wird eine
Reihe von Kulturröhrchen vorbereitet und mit der gleichen Anzahl von Mikroorganismen angeimpft. Jedes Röhrchen
erhält nun eine ansteigende Konzentration des Wirkstoffs. Nach der Inkubation werden die Röhrchen auf sichtbares
Wachstum (Trübung) überprüft. Die MHK gibt die niedrigste Konzentration eines Wirkstoffs an, der das Wachstum
des Versuchsorganismus vollständig unterbindet (Abbildung 9.2). Diese Methode bezeichnet man als
Röhrchenverdünnungsmethode.
Abbildung 9.2: Versuch zur Empfindlichkeit eines Organismus gegenüber einem antimikrobiellen Wirkstoff mit Hilfe der
Verdünnungsmethoden. Der Versuch bestimmt die minimale Hemmkonzentration (MHK). In einem Kulturmedium wird eine Reihe
eines antimikrobiellen Wirkstoffs mit ansteigenden Konzentrationen vorbereitet. Jedes Röhrchen wird mit einer spezifischen
Konzentration eines Versuchsorganismus angeimpft, dann folgt eine bestimmte Inkubationszeit. Das Wachstum, das durch die
Trübung gemessen wird, findet in den Röhrchen statt, in denen die Konzentration des antimikrobiellen Wirk-stoffs unter der MHK
liegt. Hier beträgt also die MHK 2 mg/L, weil bei dieser und höheren Konzentrationen keine Trübung mehr gemessen werden kann,
was einen Hinweis auf Wachstum bedeutet.
55
KSZ, Achl, Mikrobiologie - SPF Kapitel 9: Chemische Methoden zur Kontrolle des mikrobiellen Wachstums
Zur Kontrolle von Infektionskrankheiten benötigt man chemische Verbindungen, die innerlich angewendet werden
können und die im Wirt nicht allzu starke Nebenwirkungen hervorrufen (ohne Nebenwirkungen geht es schlicht
nicht). Die Entdeckung und Entwicklung antimikrobieller Medikamente hat in der Human- und in der Tiermedizin,
aber auch in der Landwirtschaft, eine sehr wichtige Rolle gespielt.
Antimikrobielle Medikamente werden auf der Grundlage ihrer molekularen Struktur, ihrer Wirkungsweise und des
Spektrums ihrer antimikrobiellen Aktivität klassifiziert. Weltweit werden wahrscheinlich mehr als 10‘000 Tonnen
verschiedener antimikrobieller Medikamente hergestellt und jährlich verbraucht. Antimikrobielle Wirkstoffe gehören
zwei grossen Kategorien an; synthetische Wirkstoffe und Antibiotika.
9.3 Entdeckung der Antibiotika: Durch eine unsaubere Arbeitsweise wurde ein antibiotisch
wirksamer Stoff entdeckt
Um Bakterien züchten zu können, lässt man sie auf Nährböden wachsen. Nährböden sind Kulturschalen, die alles
enthalten, was Bakterien benötigen, um zu wachsen. Auf diese Weise entsteht aus einer Bakterienzelle durch viele
Zellteilungen ein Häufchen von Bakterien. Diese Häufchen nennt man Bakterienkolonie(n). Lässt man also auf einem
Nährboden viele Bakterienzellen wachsen, so entstehen folglich viele Bakterienkolonien.
Manchmal kann es vorkommen, dass solche Schalen von aussen verschmutzt werden. Beispielsweise gelangen andere
Mikroorganismen in die Schalen hinein (z.B. durch die Hände des Forschers, durch die Luft, durch Husten, Niesen
usw.). Die Schalen können dann so verunreinigt werden, dass sie völlig verschimmeln (verschimmelte Speisen,
beispielsweise Konfitüren).
Auch der englische Mikrobiologe Alexander Fleming bemerkte im Jahre 1928 eine solche verschimmelte Kulturschale
in seinem Labor (Abbildung 9.3). Wohl war er mit ihr schon auf dem Weg zum Abfalleimer, als er eine merkwürdige
Entdeckung machte. Um die verschimmelten Stellen herum wuchsen keine oder nur sehr kleine Bakterienkolonien
heran. Die Verwunderung von Flemming wich schnell einer faszinierenden Vermutung: Sonderte der Pilz Stoffe ab,
der die Bakterien nicht gedeihen liess? Nach zahlreichen Untersuchungen und Nachforschungen stellte sich
tatsächlich heraus, dass der Pilz, der die Schale verunreinigte, einen solchen Stoff produzierte.
Beim Schimmelpilz handelte es sich um Penicillum notatum, der von ihm abgesonderte Stoff wurde Penicillin genannt.
Penicillin ist ein Antibiotikum (anti aus dem gr. = gegen, bios aus dem gr. = leben).
Bisher sind insgesamt über 10‘000 antibiotische Wirkungen beschrieben worden und über 2‘000 Antibiotika
eingehend charakterisiert worden, jedoch werden nur etwa 50 Antibiotika chemotherapeutisch eingesetzt.
Abbildung 9.3: Hemmung des bakteriellen Wachstums durch Antibiotika. Die
Original-Petrischale, auf der Fleming zum ersten Mal die Hemmung von Bakterien
durch eine Verunreinigung mit dem Pilz Penicillium notatum beobachtete.
56
KSZ, Achl, Mikrobiologie - SPF Kapitel 9: Chemische Methoden zur Kontrolle des mikrobiellen Wachstums
9.4.1 Einleitung
Die Frage, welche Bedeutung die Antibiotika für die sie produzierenden Organismen an ihrem Standort im Boden
haben, ist nicht vollends aufgeklärt. Antibiotika werden auf speziellen Synthesewegen produziert, die man dem
Sekundärstoffwechsel zuordnet. Zu Produkten des Sekundärstoffwechsels führen Synthesewege und Enzyme, die zum
Wachstum und zur Erhaltung der Zellen nicht unbedingt benötigt werden, sie stellen sozusagen einen Luxus dar
(deshalb der Name Sekundär (Zweit)stoffwechsel). Somit stellt der zur Synthese der Antibiotika notwendige
genetische Apparat sozusagen eine Last für den Organismus dar. Trotzdem, sonst würde die Natur kaum solch einen
Aufwand betreiben, müssen Antibiotika einen Nutzen für den Produzenten haben. Das folgende Experiment
(Abbildung 9.4) versucht diesen Verdacht zu bestätigen/widerlegen.
9.4.2 Das Experiment
Abbildung 9.4: Feldtest zur Bedeutung von Antibiotika. Man setzt dem Boden einen antibiotikaproduzierenden Stamm hinzu,
sowie einen Stamm derselben Art, der aber die Fähigkeit zur Antibiotikaproduktion verloren hatte. Danach verfolgt man das
Wachstum während 70 Tagen.
9.4.3 Aufgaben / Fragen: Interpretation der Daten
1. Beschreibe den Verlauf der beiden Kurven.
2. Diskutiere die Ergebnisse.
3. Worin liegt nun der Sinn/Unsinn in der Antibiotikaproduktion der Bakterien?
9.4.4 Antworten / Lösungen
57
KSZ, Achl, Mikrobiologie - SPF Kapitel 9: Chemische Methoden zur Kontrolle des mikrobiellen Wachstums
9.5 Das berühmteste Antibiotikum: Eine nähere Betrachtung der Wirkungsweise von Penicillin
Das heute immer noch wichtigste und bedeutenste Antibiotikum ist das vom Pilz Penicillium notatum und einigen
anderen Pilzen produzierte Penicillin. Mittlerweile ist die Herstellung von so genannten halbsynthetischen
Penicillinen gelungen. Das sind Stoffe, bei denen das Penicillin-Grundgerüst (Abbildung 9.6, oberer Teil) noch mit
anderen chemischen Gruppen verbunden ist (Abbildung 9.6, unterer Teil).
9.5.1 Wirkungsweise von Penicillin
Penicillin wirkt auf wachsende, grampositive Zellen tödlich. Nichtwachsende, also ruhende Zellen, werden von der
tödlichen Penicillin-Wirkung verschont. Dies hat mit der Wirkungsweise von Penicillin zu tun.
Penicillin behindert den Aufbau der bakteriellen Zellwand. Die Zellwände der Bakterien bestehen aus Murein
(Peptidoglucan). Murein seinerseits besteht auf vielen (bis zu 40) parallel zueinander angeordneten Zuckerketten. Die
Ketten sind untereinander über einige Aminosäuren verbunden. Erst die Quervernetzung der einzelnen Zuckerketten
untereinander verleiht der Zellwand ihre Festigkeit und Stabilität (Abbildung 9.5).
Das Antibiotikum Penicillin verhindert nun die wichtige Quervernetzung der einzelnen Zuckerketten miteinander.
Dies geschieht, indem das Enzym, welches die Quervernetzung durchführt (Transpeptidase), durch Penicillin
irreversibel gehemmt wird. Ist die Transpeptidase ausser Gefecht gesetzt, kann die Quervernetzung nicht erfolgen.
Somit ist die Zellwand nicht funktionstüchtig. Das Bakterium ist somit nicht überlebensfähig.
Abbildung 9.5: Ausschnitt aus einer bakteriellen Zellwand. Dargestellt sind zwei Zuckerketten. G und M stellen die
unterschiedlichen Zuckerbausteine der Zuckerkette dar. Die vom Baustein „M“ ausgehenden Ketten mit Kugeln stellen die
Aminosäuren dar. Diese Aminosäurenketten ihrerseits werden durch die Transpeptidase quervernetzt.
9.5.2 Die Chemie von Penicillin
Die Grundbausteine von Penicillin sind zwei Aminosäuren (Valin und Cystein). Ihre Reaktion miteinander führt zur 6-
Aminopenicillansäure (6-APA).
Indem 6-APA mit diversen Säurechloriden umgesetzt wird, lassen sich viele Hunderte verschiedener Penicilline
gewinnen (halbsynthetische Penicilline), so auch das Penicillin G. Durch das Anheften verschiedener Seitenketten
kann man die Wirksamkeit erhöhen und die pharmakologischen Eigenschaften verbessern.
Als Stammverbindung für die industrielle Produktion der einzelnen Vertreter dient das Penicillin G. Wird Penicillin G
verändert, so ist es möglich, Penicilline zu konstruieren, die ein breiteres Wirkspektrum als Penicillin G zeigen, zudem
sind einige resistenter gegen den Abbau.
58
KSZ, Achl, Mikrobiologie - SPF Kapitel 9: Chemische Methoden zur Kontrolle des mikrobiellen Wachstums
Der Pfeil im 6-APA zeigt die Stelle an, an der die meisten
Penicillin inaktivierenden Substanzen, so genannte
Lactamasen, angreifen. Mehr darüber im nächsten Kapitel.
Abbildung 9.6: Struktur von verschiedenen N-Acylgruppen.
Werden die hier gezeigten chemischen Verbindungen an die 6-APA
angehängt, so entstehen so genannte halbsynthetische Penicilline wie
beispielsweise das Ampicillin.
9.5.3 Halbsynthetische Penicilline erhöhen den Wirkungsbereich von Penicillin
9.5.3.1 Bekannt ist
Penicillin hemmt die Aktivität der Transpeptidase. Dadurch kann die Zellwand bei wachsenden Bakterien nicht
korrekt aufgebaut werden, die Bakterien sterben langfristig ab.
Der Wirkbereich ist jedoch hauptsächlich auf grampositive Bakterien beschränkt.
9.5.3.2 Aufgabe / Frage: Modifikation von Penicillinen
Wie muss man Penicillin chemisch verändern, damit das Wirkspektrum auch auf gramnegative Keime ausgeweitet
werden kann?
Damit du die Aufgabe/ Frage lösen kannst, ist es notwendig, dass du noch einmal die Penicillinstruktur genau
anschaust (Abbildung 9.6) und dass du den Unterschied zwischen grampositiver und gramnegativer Zellhülle kennst
(Kapitel 5).
9.5.3.3 Antworten / Lösungen
59
KSZ, Achl, Mikrobiologie - SPF Kapitel 9: Chemische Methoden zur Kontrolle des mikrobiellen Wachstums
Abbildung 9.7: Angriffsziele von Antibiotika. Verschiedene Strukturen und Stoffwechselprozesse sind potentielle Ziele von
Antibiotika.
9.6.1 Zusammenfassung
Antibiotika und andere antimikrobielle Stoffe greifen an fünf grundsätzlich unterschiedlichen zellulären Strukturen
der prokaryotischen Zelle an:
9.6.2 Antibiotika sind vielfach ausgeprägt prokaryotenspezifisch – Die Gründe dafür sind
60
KSZ, Achl, Mikrobiologie - SPF Kapitel 9: Chemische Methoden zur Kontrolle des mikrobiellen Wachstums
61
KSZ, Achl, Mikrobiologie - SPF Kapitel 9: Chemische Methoden zur Kontrolle des mikrobiellen Wachstums
9.8 Praktikum: Nachweis der Wirkung und des Wirkspektrums von Antibiotika
9.8.1 Einleitung
Wir wollen herausfinden, wie und ob ausgewählte und handelsübliche Antibiotika auf Bakterien wirken.
9.8.2 Material und Methoden
9.8.2.1 Material
• E. coli Flüssigkultur; gramnegativ, Wachstum auf LB-Medium
• Streptococcus thermophilus; Flüssigkultur; grampositiv, Wachstum auf M17-Agar mit 5 g Lactose /l
• Petrischalen mit Universalmedium
• Acht verschiedene Antibiotika
9.8.2.2 Methoden
• Von E. coli wird unter sterilen Bedingungen 100 μl in die Petrischale überführt.
• Mit dem Drigalskispatel wird die Probe in der Petrischale homogen verteilt.
• Das gleiche Prozedere wird für eine zweite Petrischale gemacht.
• Von Streptococcus thermophilus wird unter sterilen Bedingungen 100 μl in die Petrischale überführt.
• Mit dem Drigalskispatel wird die Probe in der Petrischale homogen verteilt.
• Das gleiche Prozedere wird für eine zweite Petrischale gemacht.
• Wenn der Bakterienfilm schön ins Medium eingesogen worden ist, werden die Antibiotikaplättchen verteilt.
• Es gibt acht Antibiotika.
• In die erste E. coli Petrischale werden die ersten vier Plättchen gelegt (Anweisung der LP befolgen).
• Sodann werden die Antibiotika fünf bis acht in die zweite E. coli Schale verteilt.
• Gleiches Prozedere mit Streptococcus thermophilus.
• Alle Platten werden mit Parafilm abgedichtet und für 48 h bei 30°C inkubiert.
62
KSZ, Achl, Mikrobiologie - SPF Kapitel 9: Chemische Methoden zur Kontrolle des mikrobiellen Wachstums
9.8.3 Resultate
Anhand des Hemmhofdurchmessers in Zentimetern (=HHD; Beachte die Hinweise der Lehrperson) wird die
Wirksamkeit des Antibiotikums ermittelt. Einerseits innerhalb der Gruppe andererseits auch klassenübergreifend. Je
ausgeprägter der Hemmhof ist, desto besser wirkt das Antibiotikum.
S. thermophilus E. coli
Antibiotikum HHD im eigenen HHD gesamte HHD im eigenen HHD gesamte
Versuch Klasse Versuch Klasse
9.8.4 Diskussion
Anhand einer Internetrecherche ist der jeweilige Wirkbereich der entsprechenden Antibiotika abzuklären und mit
den vorhandenen Daten zu vergleichen.
Stimmen die Daten aus der Theorie mit der Praxis überein? Wenn nein, was könnten allfällige Gründe dafür sein?
Antibiotikum Wirkbereich (Soll) Vergleich mit dem Experiment (Ist)
63
KSZ, Achl, Mikrobiologie - SPF Kapitel 9: Chemische Methoden zur Kontrolle des mikrobiellen Wachstums
9.9.1 Einleitung
Antibiotika sind gängige Wirkstoffe gegen Bakterien. Es gibt aber noch viele andere Stoffe, die Bakterien am Wachsen
hindern. Wir wollen an dieser Stelle solche auf ihre antibiotische Wirkung hin untersuchen.
9.9.2 Material und Methoden
9.9.2.1 Material
• E. coli-Flüssigkultur oder auf Platten; gramnegativ, auf LB-Medium
• Streptococcus thermophilus-Flüssigkultur oder auf Platten; grampositiv, auf M17-Agar
• Petrischalen mit Universalmedium
• Verschiede pflanzliche Produkte: Zwiebeln, Knoblauch, Peperoncini, Ingwer, etc. Zusätzlich Salz und Ethanol
9.9.2.2 Methoden
• Von der E. coli-Flüssigkultur wird unter sterilen Bedingungen 100 μl in die Petrischale überführt.
• Mit dem Drigalskispatel wird die Probe in der Petrischale homogen verteilt.
• Falls Platten mit Kolonien vorliegen: Ein paar Kolonien mit einer sterilen Impföse in 0.9 %iger NaCl-Lösung
suspendieren bis eine leichte Trübung vorliegt.
• Von der Suspension werden 100 μl in die Petrischale überführt.
• Mit dem Drigalskispatel wird die Probe in der Petrischale homogen verteilt.
• Analoges Vorgehen mit Streptococcus thermophilus.
• Von den vorhanden pflanzlichen Produkten werden möglichst reine Extrakte gewonnen (durch pressen,
quetschen, abfiltrieren, etc.)
• Unterschiedliche Mengen der Extrakte werden - anlog dem „Antibiotika-Experiment“- auf die Platten überführt.
• Pro Platte 4-6 Proben, schön gleichmässig und kreisförmig anordnen.
• Die Inkubation erfolgt bei 30°C während 48 Stunden.
9.9.3 Resultate
Getesteter Stoff Hemmhofdurchmesser in Hemmhofdurchmesser in Fazit
mm bei E. coli mm bei S. thermophilus
9.9.4 Diskussion
64
KSZ, Achl, Mikrobiologie - SPF Kapitel 10: Antibiotikaresistenzen
10 Antibiotikaresistenzen
10.1 Einleitung
Mit der Entdeckung der Antibiotika glaubte man, alle bakteriellen Infektionskrankheiten im Griff zu haben und diese
auch besiegt zu haben.
Die Hoffnungen zerschlugen sicher aber schnell. In diesem Kapitel geht es somit um die folgenden Fragen:
• Wieso verloren und verlieren die Antibiotika an Wirkung?
• Wie zeigt sich dies auf zellulärer und molekularer Ebene?
• Was kann man dagegen tun?
10.2 Zusammenhang zwischen Antibiotikaverwendung und allfälligen Resistenzen gegen
Antibiotika
Als die ersten Antibiotika Mitte des letzten Jahrhunderts auf den Markt kamen, warnte einer der ersten Pioniere auf
diesem Gebiet, Alexander Fleming, schon früh, dass bei falschem Umgang mit Antibiotika, diese schon bald ihre
Wirkung verlieren würden. Leider bekam er recht. Wir stehen heute vor diesem grossen Problem. Die Abbildung 10.1
zeigt diesen Zusammenhang eindrücklich auf. Kläre mit Hilfe genannter Abbildungen den im Titel formulierten
Zusammenhang ab. Dabei müssen die Resultate in ein paar Sätzen dargestellt werden und anschliessend werden
diese diskutiert.
10.2.1 Resultate
10.2.2 Diskussion
Abbildung 10.1: Antibiotikaresistenzen. (a) Beziehung zwischen der Verwendung eines Antibiotikums (Angabe des Namens und
der Menge in Tonnen) und dem Prozentsatz von Bakterien von Durchfallpatienten, die gegen das genannte Antibiotikum resistent
geworden sind. (b) Prozentsatz gemeldeter Infektionsfälle (Geschlechtskrankheiten), die durch antibiotikaresistente Bakterien
verursacht werden.
65
KSZ, Achl, Mikrobiologie - SPF Kapitel 10: Antibiotikaresistenzen
• Auswärtspumpe
• Antibiotika spaltendes Enzym
• Antibiotika veränderndes Enzym
• Modifizierte Antibiotikazielstruktur
66
KSZ, Achl, Mikrobiologie - SPF Kapitel 10: Antibiotikaresistenzen
10.4 Wie wird ein antibiotikasensitiver Bakterienstamm in relativ kurzer Zeit resistent gegen ein
bestimmtes Antibiotikum?
10.4.1 Information
Resistenzen können durch Mutationen im bakteriellen Chromosom entstehen. Oft handelt es sich um
Punktmutationen. Geschieht eine Mutation an entscheidender Stelle, so kann dies bereits zu einer Resistenz führen.
Eine Punktmutation kann zum Einbau einer anderen Aminosäure in ein Protein führen. Dies kann dann die Struktur
des Proteins verändern. So beispielsweise bei Ribosomen (Streptomycin-Resistenz; Streptomycin kann infolge eines
veränderten ribosomalen Proteins im Ribosom nicht mehr binden und somit auch nicht mehr die Translation
behindern; die Translation ist für Bakterien ein lebensnotwendiger Prozess; siehe Abbildung 8.5).
Aber: Punktmutationen sind sehr selten. Nur etwa ein Bakterium unter einer Million oder gar Milliarde Bakterien
dürfte aus diesem Grund irgendeine Resistenz aufweisen. Das sind nun so wenige Individuen, dass sie in der
Gesamtpopulation quasi untergehen.
67
KSZ, Achl, Mikrobiologie - SPF Kapitel 10: Antibiotikaresistenzen
Abbildung 10.3: Antibiotikaresistenzmechanismen. Spaltung von Penicillin durch bakterielle Enzyme zerstören das Penicillin.
10.5.1 Augmentin ist ein aus zwei Wirkstoffen bestehendes Medikament
10.5.1.1 Information
Das Medikament Augmentin®, seit 1981 auf dem Markt, enthält neben dem Penicillin-
Abkömmling Amoxicillin den Penicillinase-Hemmstoff Clavulansäure. Die Clavulansäure ist
dem Penicillin strukturell sehr ähnlich, hat aber selber keine antibiotische Wirkung.
10.5.1.2 Aufgabe / Frage: Wozu die Clavulansäure?
Worin könnte die Wirkung der Clavulansäure liegen?
10.5.1.3 Antwort / Lösung
68
KSZ, Achl, Mikrobiologie - SPF Kapitel 10: Antibiotikaresistenzen
10.6 Antibiotikaresistenz im Fokus der Presse: Situation in der Schweiz, NZZ, 16.12.14
69
KSZ, Achl, Mikrobiologie - SPF Kapitel 10: Antibiotikaresistenzen
10.7 Auf der Suche nach neuen Medikamenten gegen Bakterien NZZaS, 14.02.16
70
KSZ, Achl, Mikrobiologie - SPF Kapitel 10: Antibiotikaresistenzen
10.8 Antibiotikaresistenz im Fokus der Presse: Situation in der Schweiz, NZZ, 19.11.16
71
KSZ, Achl, Mikrobiologie - SPF Kapitel 11: Antibiotikaeinsatz in der Landwirtschaft
Abbildung 11.1:Verhalten von Antibiotika in der Umwelt. Eintrag von in der Tiermast verwendeten Antibiotika in die Umwelt.
72
KSZ, Achl, Mikrobiologie - SPF Kapitel 11: Antibiotikaeinsatz in der Landwirtschaft
11.2 Folgen von antibiotikabehandelten Nutztieren für die Landwirtschaft - Teil 1: NZZ am
Sonntag, 16.09.07
11.2.1 Aufgabe / Frage: Kausalkette
Erkläre wie die Begriffe „Bakterien aus dem Tierdarm“, „Bakterien in Gülle“, „Bodenbakterien“, „kontaminiertes
(=verunreinigtes), für den Menschen bestimmtes Gemüse“ und „antibiotikaresistente humanpathogene Keime“
zusammenhängen.
Notiere in eigenen Worten eine Kausalkette.
73
KSZ, Achl, Mikrobiologie - SPF Kapitel 11: Antibiotikaeinsatz in der Landwirtschaft
11.3 Folgen von antibiotikabehandelten Nutztieren für die Landwirtschaft – Teil 2: NZZ am
Sonntag, 17.06.12
NZZ am Sonntag ! 17. Juni 2012 Wissen 61
Falscher Einsatz von Antibiotika Trinkwasser oder unter das Futter für halb können sie von einem resistenten telinstitut Swissmedic in seiner Me- Bea Heim zu dieser Problematik drei
Bereits im Juni 2011 wiesen dieselben alle Tiere und behandelt so vorbeu- Bakterium auf ein noch nicht resisten- dienmitteilung zum Resistenz-Monito- Interpellationen an den Bundesrat, der
Wissenschafter nach, dass sich andere gend auch die gesunden. Dabei weiss tes übertragen werden.» Erhält etwa ring feststellt: «Weniger Antibiotika in jüngst zumindest eine Evaluation der
multiresistente Keime – Methi- er aber oft nicht, wie viel ein Tier frisst ein Tier das Antibiotikum Streptomy- der Veterinärmedizin.» Zwar wurden Tierarzneimittel-Verordnung in Aus-
cillin-resistente Staphylokokken au- oder in welcher Menge ein Küken die cin, das in der Humanmedizin nicht 2010 in der Schweiz tatsächlich weni- sicht gestellt hat. Laut Urs Schneeber-
reus (MRSA) – bei Schweinen ausbrei- medikamentös angereicherte Flüssig- mehr verwendet wird, dann überleben ger Antibiotika für die Veterinärmedi- ger vom Bundesamt für Gesundheit
ten. Kamen solche Bakterien 2009 keit aus dem Spender saugt. Gerade nicht nur Bakterien, die gegen Strepto- zin vertrieben als im Vorjahr. «Aber (BAG) soll diese im Herbst vorliegen.
noch bei 2 Prozent von rund 400 zufäl- kranke Tiere können appetitlos sein mycin resistent sind. Man entdeckt die hochwirksamen Cephalosporine, Die Lösung des Problems liegt nicht
lig ausgewählten Schlachttieren vor, und damit in der Nahrung weniger auch Keime, die zusätzlich gegen an- für die geringe Mengen genügen, ha- zuletzt in einer tiergerechten Haltung.
war das ein Jahr später bei 5,9 Prozent Antibiotika aufnehmen, als für die Be- dere, in der Behandlung von Menschen ben erneut zugenommen», sagt Vin- «Weit mehr als die Hälfte der Schwei-
der Fall. Die grösste Zunahme fand in handlung eigentlich nötig wäre. wichtige Antibiotika wie Ampicillin cent Perreten. 2006 wurden 131 Kilo- zer Mastkälber haben keinen Auslauf
den Kantonen St. Gallen, Thurgau, Lu- Hinzu kommt, dass die resistenten und Tetracyclin resistent sind. gramm in Umlauf gebracht, 2010 waren im Freien», erklärt die Tierärztin
zern und Bern statt. Die Keime in den Keime ihre Eigenschaften gerne unter Aus diesem Grund sprachen sich die es schon 237 Kilogramm. Corinne Bähler. Im Auftrag von Coop
Nasenschleimhäuten der Schweine ihresgleichen weitergeben. «Die gene- Bakteriologen Gudrun Overesch und erprobt sie, wie Kälber artgerecht ge-
stammten zum grossen Teil nicht etwa tischen Informationen für Resistenz- Vincent Perreten im Resistenz-Moni- Mehr Auslauf und frische Luft halten werden können. Würden die
aus dem Ausland, denn sie wiesen mechanismen gegenüber verschiede- toring 2010 dagegen aus, dass neuere Die Entstehung und Ausbreitung von Nutztiere nicht in enge Ställe gepfercht
Gensequenzen auf, die man bisher nur nen Antibiotika sind meist gekoppelt», Wirkstoffe der Humanmedizin wie die Antibiotikaresistenzen wird in der und wüchsen sie mit genügend frischer
in der Schweiz gefunden hat. erklärt Joachim Frey, Leiter des Berner Cephalosporine der 3. und 4. Genera- Schweiz zwar eifrig erforscht, eine Luft auf, wären sie weitaus gesünder.
Multiresistente Keime entstehen, Instituts für Tierbakteriologie. «Des- tion in der Tiermedizin eingesetzt Wende zum Besseren ist aber nicht in Das Risiko für die Übertragung von
wenn man in der Massentierhaltung .................................................................................. werden. Mit beschränkter Aussicht auf Sicht. Das 2000 initiierte Nationale Krankheiten wäre geringer, und es
versucht, mit Antibiotika Infektionen Erfolg, denn solche Antibiotika werden Forschungsprogramm NFP 49 endete brauchte weniger Antibiotika.
in Schach zu halten. Werden Antibio- Antibiotikaresistenzen in der Nutztierhaltung immer belieb- 2007 mit der Hauptforderung, das Sei es nun ein sorgfältigerer Einsatz
tika zu wenig lange oder zu tief dosiert
eingesetzt, können gewisse Krank-
werden in der Schweiz ter. Vor allem bei Milchkühen verkür-
zen sie die Behandlungszeit. Damit
Schweizerische Zentrum für Antibio-
tikaresistenzen aufzuwerten. Heute
von Antibiotika in der Behandlung von
Nutztieren oder bessere Haltungs-
heitserreger überleben und durch eine eifrig erforscht, eine lässt sich sicherstellen, dass die Milch wird auf der Website des Zentrums mit bedingungen: Es wird wohl noch Jahre
Genmutation gegen den verabreichten nach einem Krankheitsfall schnell wie- den letzten News von 2006 einzig die dauern, bis sich mit solchen Massnah-
Wirkstoff resistent werden. Bei vielen Wende zum Besseren ist der in die Kannen der Händler fliesst. Antibiotikaresistenz-Datei für die Hu- men die Ausbreitung von Antibiotika-
Antibiotika mischt der Bauer die vom aber nicht in Sicht. Und so entspricht es nur der halben manmedizin nachgeführt. In den letz- resistenzen in der Schweiz wirksam
Tierarzt verordnete Rezeptur in das .................................................................................. Wahrheit, wenn das nationale Heilmit- ten Jahren richtete SP-Nationalrätin verhindern lässt.
Neues aus der Wissenschaft
11.3.1 Aufgabe/ Frage: Zusammenfassung
....................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................
Schlaf oder Schlaganfall Das Web lehrt schreiben Psychology Review», online). Bis ins
Erwachsenenalter haben die ungelieb-
dass die Kinder demjenigen Elternteil
grössere Aufmerksamkeit schenken,
Fasse den Artikel in eigenen Worten in sechs bis acht Sätzen zusammen.
Wer regelmässig weniger als sechs Wenn sich Jugendliche im Internet
Stunden pro Nacht schläft, erhöht sein tummeln, befürchten viele Eltern
ten Kinder zu kämpfen: Für sie bleibt
schwierig, sich auf enge und vertrau-
der mehr Macht und Prestige besitzt
– und das ist häufig der Vater. Für alle
Risiko, einen Schlaganfall zu erleiden. gleich das Schlimmste. Jetzt zeigt eine ensvolle Partnerschaften einzulassen. Väter lautet die Botschaft also: Enga-
Dies geht aus einer Studie hervor, die Studie der Fachhochschule Nordwest- Dabei kann die Zuneigung des Vaters giert euch stärker in der Kindererzie-
Forscher der University of Alabama
an einer Schlaf-Konferenz in Boston
schweiz, dass das Web eine erstaun-
liche Quelle der Bildung darstellen
für die Entwicklung eines Kindes
wichtiger sein als die Mutterliebe.
hung. Und hört auf, die Mütter dafür
verantwortlich zu machen, wenn sich
vorstellten. Sie beobachteten über kann. Kinder, die Zugang zu einer In- Eine mögliche Erklärung dafür ist, die Gören schlecht benehmen. (nst.)
5000 Personen im mittleren Alter ternetplattform hatten, wo sie Texte
während dreier Jahre. Die Teilnehmer schreiben, gegenseitig lesen und kom-
wiesen keine typischen Risikofaktoren mentieren konnten, verbesserten ihre Schluss-Strich von Nicolas Mahler
für Schlaganfall auf: Sie waren nicht schriftlichen Ausdrucksfähigkeiten
..........................................................................................................................................................................
übergewichtig und litten nicht unter innerhalb von drei Jahren deutlich. Sie
einem Schlafapnoe-Syndrom, bei dem schrieben lebendigere Texte, banden
die Atmung mehrmals pro Nacht aus- die Interessen ihrer Leser mehr ein Letters», online). Die Forscher hatten
setzt. Im Vergleich zu jenen, die 7 bis und waren auch orthographisch stär- Stücke analysiert, welche ihre Proban-
8 Stunden pro Nacht schliefen, wiesen ker als Kinder, die ihre Texte mit Stift den beim Zuhören in negative und
die Kurzschläfer ein viermal höheres und Papier verfassten. Für die Studie alarmierte Stimmung brachten. Sie
Risiko für Schlaganfall auf. (tlu.) untersuchten die Forscher um Hans- sind der Meinung, dass die verzerrten
jakob Schneider insgesamt 724 Kinder und grellen Töne an das Schreien von
im Alter von sieben bis zehn Jahren Tieren erinnern, die in Not geraten
COLOURBOX
aus den Kantonen Aargau, Zürich und sind. Diese Töne seien ein Warn-
Baselland. (pim.) signal, das seine Wirkung bis heute
beibehalten habe. (mid.)
Gruselige Musik
In Horrorfilmen spielt unheimliche
Wichtige Vaterliebe
Musik eine wichtige Rolle. Warum Nichts ist schlimmer für ein Kind, als
aber werden bestimmte Kompositio- von seinen Eltern Zurückweisung zu
nen überhaupt als schaurig wahrge- erfahren. Schenken die Eltern ihren
nommen? Daniel Blumenstein und Kindern keine Zuneigung, fühlen die-
sein Team sind der Meinung, dass es se sich ängstlich und unsicher, ausser-
die verzerrten Töne und die abrupten dem treten sie aggressiv auf, wie ame-
Wechsel von Frequenzen sind, die im rikanische Forscher in einer gross
Soundtrack von Gruselfilmen für un- angelegten Metastudie herausgefun-
heimliche Stimmung sorgen («Biology den haben («Personality and Social
74
KSZ, Achl, Mikrobiologie - SPF Kapitel 12: Bakteriell verursachte Infektionskrankheiten
75
KSZ, Achl, Mikrobiologie-SPF Kapitel 13: Literatur
13 Literatur
Campbell, N. A. und Reece, J. B.: Biologie, Spektrum Akademischer Verlag, Gustav Fischer, 6. Auflage, 2003
Madigan, M. T. und andere: Brock Mikrobiologie, Pearson, 13. Auflage, 2013
Purves, W. K. und andere: Biologie, Spektrum Akademischer Verlag, 7. Auflage, 2006
Schlegel, H. G.: Allgemeine Mikrobiologie, Thieme, 8. Auflage, 2007
Slonczewski, J. L. und Foster, J. W.: Mikrobiologie, Springer Spektrum, 1. Auflage, 2012
76