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Messe (Musik)

Messe (Missa) heißt eine Gattung musikalischer


Kompositionen, denen die Texte der heiligen
Messe der katholischen Liturgie zugrunde liegen.
Neben den gleich bleibenden Texten
(Ordinarium) werden in manchen Kompositionen
auch einige der nach dem Kirchenjahr oder
Anlass veränderlichen Texte (Proprium) vertont.

Die lutherische Liturgie behielt das Ordinarium


weitgehend bei. Die typische Lutherische Messe
besteht aus den Teilen Kyrie und Gloria. Johann
Sebastian Bach schrieb vier lateinische lutherische
Messen. Gegen Ende seines Lebens ergänzte er
Kyrie und Gloria aus dem Jahr 1733 zu einer
vollständigen Messe, der h-Moll-Messe. Viele Anfang des Symbolum Nicenum von Bachs h-Moll-
andere lutherische Komponisten komponierten Messe
deutsche lutherische Messen. Die analoge mit gregorianischem Kopfmotiv
Vertonung anglikanischer Gottesdienste heißen
Service.

Während die einzelnen Teile der Messe nach ihren Anfangsworten benannt sind, heißt die Messe selbst
nach ihrem Schlusswort „Ite, missa est“ (wörtlich etwa: „Gehet, nun ist (Aus-)Sendung“). Eine Messe für
die Verstorbenen wird Requiem genannt.

Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Abfolge
Bedeutende Kompositionen
Siehe auch
Literatur
Weblinks

Geschichte
Der frühe abendländische Kirchengesang, aus dem sich die mehrstimmigen und orchestralen Messen
entwickelten, ist im Messbuch, dem Kyriale und Antiphonarium enthalten. Er wird Gregorianischer Choral
genannt, da ihn Papst Gregor I. ordnete.
Ausgehend vom Gregorianischen Choral wurden in der Karolingerzeit v.  a. die Propriumsteile erweitert.
Dazu bediente man sich zweier Kompositionsmittel: des Tropus und der Sequenz. Noch werden aber keine
Messen als in sich geschlossenes Ganzes komponiert, sondern nur einzelne Teile. So finden sich in den
Überlieferungen auch nur Sammlungen einzelner Stücke entsprechend ihrer liturgischen Funktion, also
Kyrie, Gloria usw. Ein erster Schritt in Richtung einer mehrteiligen Komposition wird im 13. und 14. Jh.
gegangen, wo man z.  B. Gloria und Credo oder Sanctus und Agnus Dei als Paare zusammenfasst.
Schließlich entstehen auch Sammlungen, die aus Vertonungen sämtlicher Messesätze bestehen. Diese sind
jedoch anonym überliefert und es ist nicht klar, ob die verschiedenen Teile auf einen einzelnen
Komponisten zurückgehen.

Ein Wendepunkt ist die Messe de Nostre Dame von Guillaume de Machaut um 1364. Dies ist die erste
erhaltene Vertonung eines vollständigen Messordinariums, die von einem namentlich bekannten
Komponisten stammt, und zugleich die älteste bekannte Messe im vierstimmigen Satz. Besonderes
musikalisches Mittel ist in dieser Komposition die Isorhythmie.

In der Renaissance, insbesondere der franko-flämischen Vokalpolyphonie, ist die Komposition


zusammenhängender Messen, gemeint ist damit seit dieser Zeit das Ordinarium, die Regel. Meist liegt der
Komposition ein Cantus firmus zugrunde, wobei sich hier L’homme armé besonderer Beliebtheit erfreut.
(Zu Kompositionsmitteln vgl. Kontrapunkt.) Zu den herausragenden Komponisten von Messen zählten
damals u. a. Guillaume Dufay und Johannes Ockeghem.

Um 1500 erreicht diese Musik mit Josquin Desprez ihren ersten Höhepunkt. Er entwickelt u.  a. die
Parodiemesse, bei der eine Vorlage, z.  B. eine Motette, aufgegriffen wird und in Teilen für die Messe
Verwendung findet. Dabei können auch längere mehrstimmige Passagen parodiert werden.

Das Konzil von Trient ab 1545 fordert von der Kirchenmusik dann wieder eine Rückkehr zu einfachen
Formen. Man meinte, das Wort sei zu unverständlich in den komplizierten polyphonen Kompositionen.
Auch der starke Einfluss weltlicher Musik als Vorlage sei der liturgischen Verwendung unangemessen.
Einige Stimmen wollen gar die Rückkehr zum einstimmigen gregorianischen Choral. In diesem
Zusammenhang steht dann die historisch nicht verbürgte, später aber in Form einer Legende auftauchende
Rettung der modernen Kirchenmusik durch Giovanni Pierluigi da Palestrinas Missa Papae Marcelli.

Bis zum Ende des 18. Jahrhunderts waren Messkompositionen fast ausschließlich für die liturgische
Verwendung im Hochamt geschaffen worden. Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Gattung der
Konzertmessen, die durch ihren Umfang und ihre Aufführungsvoraussetzungen den gottesdienstlichen
Rahmen sprengen (z.  B. Beethovens Missa solemnis). Bis in die Gegenwart entstehen aber weiterhin
Neukompositionen des Textes für den Gottesdienst.

Die klassische Messkomposition verwendete den lateinischen bzw. (beim Kyrie) griechischen Text, der in
der katholischen Liturgie bis zum Zweiten Vatikanischen Konzil der einzig zugelassene war. Daneben gab
und gibt es aber auch vermehrt landessprachliche Messen. Einige Massenkompositionen, wie zum Beispiel
Gioachino Rossinis Petite Messe solennelle, enthalten jedoch Teile außerhalb des Ordinariums. Franz
Schubert vertonte in seiner Deutschen Messe Dichtungen, die Teile aus Proprium und Ordinarium
paraphrasieren, zum Beispiel vertritt das bekannte „Heilig, heilig, heilig“ das Sanctus. Leoš Janáček
vertonte in seiner Glagolitischen Messe das Ordinarium in tschechischer Sprache.

Abfolge
In der Regel werden die festen Bestandteile der heiligen Messe (Ordinarium) vertont, benannt nach den
Anfangsworten des Textes. In einigen Mess-Kompositionen werden zusätzlich Teile vertont, die zum
Proprium gehören, den dem Anlass entsprechend wechselnden Stücken der Messe. Dies ist regelmäßig der
Fall beim Requiem, der Messfeier für Verstorbene. Dort wird der Introitus „Requiem aeternam“, oft auch
Offertorium und die Sequenz teilweise oder vollständig vertont. In einigen Kompositionen werden
zusätzlich auch liturgische Texte der Beisetzung (Exsequien) mit berücksichtigt.

Reihenfolge und Zugehörigkeit sind wie folgt:

Ordinarium Proprium

Introitus (Chor)
Kyrie eleison / Christe eleison

Gloria

Graduale mit Halleluja


und Vers (Chor und Solist)
oder mit Tractus (vom 9. Jh.
an Sequenz)
(Credo)

Offertorium mit Versen


für Chor und Solist

Sanctus mit
Hosanna und Benedictus
Agnus Dei

Communio (Chor)

Ite, missa est oder


Benedicamus

Das Herzstück der Messe, das Hochgebet mit dem Einsetzungsbericht, wurde bis zur Liturgiereform des
Zweiten Vatikanischen Konzils vom Priester leise gesprochen. Im Hochamt mit Chormusik wurde das
Sanctus – zunächst aus Zeitgründen – in die beiden Sätze Sanctus und Benedictus aufgeteilt. Das Sanctus
wurde am liturgischen Ort, unmittelbar nach der Präfation, musiziert, das Benedictus wurde seit dem 16.
Jahrhundert auf einen Platz nach der Wandlung verschoben und begann nach der in Stille vollzogenen
Elevation. In den klassischen Kompositionen ist das Benedictus daher oft besonders „mystisch“ und lang
gestaltet.

Ursprünglich war der Begriff Missa brevis dafür gebraucht, eine (komplette) Messe von kürzerer Dauer
oder auch ohne Gloria, Credo und die Propriumteile zu bezeichnen. Das Gegenteil in der katholischen
Tradition ist die Missa solemnis, die nicht unbedingt länger dauern musste, aber mit größerem Aufwand
versehen war.

In der protestantischen Tradition ist die Missa brevis, auch Lutherische Messe genannt, eine Komposition
von Kyrie und Gloria. Das Gegenstück dazu ist die Missa tota, die allerdings nicht allzu häufig vorkommt
und in Bachs h-Moll-Messe wohl ihren Höhepunkt findet. Bach komponierte vier Lutherische Messen in
lateinischer Sprache. Gottfried Heinrich Stölzel komponierte eine Deutsche Messe in deutscher Sprache.

Bedeutende Kompositionen
Die heute bekannteste Messkomposition der Ars nova ist die Messe de Nostre Dame von Guillaume de
Machaut. Aus der Renaissance sind uns eine Reihe von Messen überliefert. Wichtige Komponisten sind
etwa Palestrina (Missa papae Marcelli), Orlando di Lasso, Guillaume Du Fay (Missa Sancti Jacobi),
Josquin Desprez (Missa Hercules Dux Ferrariae), Hans Leo Haßler und Jacobus Gallus.
Auch lutherische Komponisten komponierten lateinische Messgesänge und Messen, so veröffentlichte
Michael Praetorius 1611 eine Sammlung solcher Stücke, Missodia Sionia, der eine achtstimmige Messe
enthält.

Ab dem 17. Jahrhundert schwand die ursprüngliche Geschlossenheit des Gesanges zugunsten der
eigenständigen Instrumentalbegleitung und der Verwendung von Vokalsolisten. Solche Messen
komponierten unter anderem: Heinrich Ignaz Franz Biber (Missa Salisburgensis), Johann Sebastian Bach
(h-Moll-Messe), Jan Dismas Zelenka, Joseph Haydn (Missa in angustiis), Michael Haydn, Antonio Salieri,
Wolfgang Amadeus Mozart (Große Messe in c-Moll), Ludwig van Beethoven (Missa solemnis), Franz
Schubert, Luigi Cherubini, Gioacchino Rossini (Petite Messe solennelle), Joseph von Eybler, Charles
Gounod (Messe solennelle en l’honneur de Sainte-Cécile), Anton Bruckner, Franz Liszt, u. v. a.

Siehe auch
Liste von Messen

Literatur
Horst Leuchtmann, Siegfried Mauser (Hrsg.): Messe und Motette (= Handbuch der
musikalischen Gattungen 9). Laaber-Verlag, Laaber 1998, ISBN 3-89007-132-5.
Karlheinz Schlager, Peter Ackermann, Charles M. Atkinson, Franz Zagiba, Jerko Bezic,
Christian Hannick, Ludwig Finscher, Laurenz Lütteken, Christiane Wiesenfeldt: Messe. In:
Ludwig Finscher (Hrsg.): Die Musik in Geschichte und Gegenwart. Zweite Ausgabe,
Sachteil, Band 6 (Meißen – Musique concrete). Bärenreiter/Metzler, Kassel u. a. 1997, ISBN
3-7618-1107-1, Sp. 174–228 (Online-Ausgabe (https://www.mgg-online.com/article?id=mgg
15713), für Vollzugriff Abonnement erforderlich)
Hans Musch (Hrsg.): Musik im Gottesdienst. Band 1: Historische Grundlagen, Liturgik,
Liturgiegesang. 5. Auflage. ConBrio, Regensburg 1994, ISBN 3-930079-21-6.
Karl Gustav Fellerer (Hrsg.): Geschichte der katholischen Kirchenmusik. Bd. 1. Von den
Anfängen bis zum Tridentinum, Kassel/Basel 1972. Bd. 2. Vom Tridentinum bis zur
Gegenwart, Kassel/Basel 1976, ISBN 3-7618-0225-0.
Maria Helfgott: Die Orgelmesse. Eine Untersuchung der orgelbegleiteten Messen vom
ausgehenden 18. bis zum beginnenden 20. Jahrhundert. Diss. Univ. Wien 2009 (Volltext
online (http://othes.univie.ac.at/5624/); PDF; 43 MB).
Ernst Tittel: Österreichische Kirchenmusik. Werden-Wachsen-Wirken. Wien 1961.
Franz Karl Praßl: Messe, Missa. (https://www.musiklexikon.ac.at/ml/musik_M/Messe.xml) In:
Oesterreichisches Musiklexikon. Online-Ausgabe, Wien 2002 ff., ISBN 3-7001-3077-5;
Druckausgabe: Band 3, Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien
2004, ISBN 3-7001-3045-7.

Weblinks
Grundordnung des Römischen Messbuchs, 2002. (http://www.dbk.de/fileadmin/redaktion/ver
oeffentlichungen/arbeitshilfen/AH_215.pdf) (PDF; 532 kB) Gesang: II. Kapitel, Nr. 39–41.
Teile der Messe: Nr. 46–90. Psalmsänger, Schola, Kantor: III. Kapitel, Nr. 102–104.

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Diese Seite wurde zuletzt am 13. Juli 2022 um 14:53 Uhr bearbeitet.
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