Sie sind auf Seite 1von 2

K R I M I N A LT E C H N I K

Untersuchung von Kfz-Lampen


Nach Verkehrsunfällen lässt sich feststellen, ob eine Glühlampe eines Kraftfahrzeugs zum
Unfallszeitpunkt geleuchtet hat oder nicht.

ach Verkehrsunfällen stellt • Bei Lampen, die keiner ECE-Re-

N sich für die Klärung der Ver-


schuldensfrage mitunter die
Frage, ob an einem unfallbeteiligten
gelung unterliegen, werden Lage,
Maße und Form der erhaltenen
Lampenteile im Vergleich zu unbe-
Fahrzeug zum Unfallszeitpunkt die schädigten Lampen desselben Her-
Beleuchtung, Blinker oder Brems- stellers aus derselben Charge, jeden-
licht funktionsfähig und in Betrieb falls derselben Bauart, beurteilt. All-
waren. Die Aussagen der Beteilig- fällige Unterschiede werden anhand
ten und Zeugen widersprechen ein- von Versuchen, Vergleichsbefunden
ander häufig, sodass ein Sachbeweis oder der Literatur, als fertigungsbe-
nach den Regeln der Wissenschaft dingt, als gebrauchsbedingt, als un-
gefordert ist. fallbedingt, klassifiziert;
Kalte Wolframwendeln sind rela- • eine Unregelmäßigkeit bei den
tiv spröde – sie sind nur geringfügig Windungsabständen der Glühwen-
verformbar. Bei stärkerer Beanspru- del als fertigungsbedingt, ge-
chung – über die Elastizitätsgrenze brauchsbedingt, oder unfallbedingt,
hinaus – kommt es zu ihrem Bruch. wobei starke Unregelmäßigkeiten
Glühende Wolframwendeln dage- nur durch die bei Unfällen auftreten-
gen lassen sich ohne Bruch bis über den Kräfte verursacht werden kön-
die Elastizitätsgrenze hinaus defor- nen;
mieren. Durch lichtmikroskopische • ob die Form des Bruchs der Wen-
und rasterelektronenmikroskopische del typisch für einen Heiß- (bei
Untersuchung der ausgebauten leuchtenden Glühlampen) oder für
Fahrzeuglampen lassen sich unter einen Kaltbruch (bei nicht einge-
anderem diese Veränderungen er- schalteter Glühlampe) ist;
kennen und im Zusammenhang mit Scheinwerferlampe: Die Stützelektrode ist stark • ob Lampenteile Oxydationsspuren
der Beurteilung der Schäden an den nach hinten gebogen, die Windungsabstände der haben, weil das auf den Bruch des
Fahrzeugen lässt sich feststellen, ob Abblendlichtwendel im unteren Bereich sind Glaskörpers bei heißer Lampe, ver-
zum Unfallszeitpunkt die Lampen stark überdehnt, die Fernlichtwendel ist nach bunden mit Sauerstoffzutritt
geleuchtet haben. unten gebogen und die Windungsabstände der schließen lässt;
Die Beurteilung des Betriebszu- Wendel sind unregelmäßig, überdehnt bzw. ge- • ob angeschmolzene (Glas-)Partikel
stands von Glühlampen zum Un- staucht. Es handelt sich um die Folgen einer auf der Glühwendel nachweisbar
fallszeitpunkt gründet auf der Un- hohen Krafteinwirkung, die nur an leuchtenden sind, weil dann die Lampe beim zu
tersuchung der Merkmale der Lam- Lampen bei einem heftigen Anprall auftreten. Bruch gehen geleuchtet hat.
pen in Bezug auf • der elektrische Durchgang, weil da- • Lage und Umfang der Schäden am
• fabriksneue Produkte, mit geklärt werden kann, ob die Lampe Unfallfahrzeug, weil diese Aufschluss
• Lampen, die zum Unfallszeitpunkt beim Einlagen in die Untersuchungs- darüber geben, welche Kräfte auf die
nicht geleuchtet haben können, stelle noch funktionsfähig ist, ohne die Glühlampe beim Unfall gewirkt haben.
• Lampen, die im regulären Betrieb ei- Glühwendel auf Betriebstemperatur Nach Beurteilung der Schäden an den
nes Fahrzeugs defekt geworden sind, bringen zu müssen und damit Spuren Unfallfahrzeugen ergibt sich anhand
• Lampen, die beim Unfall defekt ge- zu verändern. der an den Fahrzeuglampen gewichtet
worden sind, sowie • ob Lage, Maße und Form der (erhal- beurteilten Befunden eine verbale Be-
• Lampen nach Crashtests. tenen) Lampenteile innerhalb oder urteilung als (zwingend) dem gegen-
Lichtbogen-Lampen (Xenon-Lam- außerhalb der Genehmigungsanforde- ständigen Verkehrsunfall zuordenbar/
pen) und Leuchtdiodenlampen (LEDs) rungen der Norm ECE R37 liegen. nicht (zwingend) dem gegenständigen
besitzen keine Glühwendel und können Wenn Sie außerhalb liegen, gilt es zu Verkehrsunfall zuordenbar, nicht ent-
zur Zeit nur auf ihre Funktionsfähigkeit klären, ob die Abweichungen als ferti- scheidbar; wenn (zwingend) dem ge-
überprüft werden. gungsbedingt (z. B. geringe Unregel- genständigen Verkehrsunfall zuorden-
mäßigkeiten verursacht durch die Pro- bar, einer zum Unfallszeitpunkt leuch-
FOTO: BUNDESKRIMINALAMT

Beurteilt wird an Kraftfahrzeug- duktion), als gebrauchsbedingt (z. B. tenden/nicht leuchtenden Lampe;
glühlampen: Ausbauchung der Wendel bei zu enger • ob die Verwendung nicht bauart-, ty-
• welche Lampenteile (z. B. Glaskör- Klemmung an den Elektroden) oder als pengerechter- oder typengenehmigter
per, Elektroden, Wendel) erhalten sind unfallbedingt (z. B. starke Überdeh- Lampen einen Einfluss auf die Ver-
und damit für die Beurteilung zur Ver- nung der Windungsabstände der Wen- kehrssicherheit des Fahrzeuges hatten
fügung stehen. del) einzustufen sind. (damit arbeitet die Kriminaltechnik

24 ÖFFENTLICHE SICHERHEIT 5-6/10


K R I M I N A LT E C H N I K

auch präventiv);
• ob es sich um Lampen aus der
Erstausstattung der Leuchte handeln
kann, oder um getauschte Lampen.
Weiters wird geprüft, ob die vorge-
legten Informationen, die Schäden am
Unfallsauto, die (gerichts-)medizini-
schen Befunde, die Ergebnisse einer
kraftfahrtechnischen Untersuchung im
Einklang oder Widerspruch mit den er-
hobenen Befunden stehen; und ob die
an den Lampen erhobenen Befunde mit
den Schäden an den Unfallfahrzeugen
stimmig in Einklang zu bringen sind,
oder – insbesondere bei Verdacht auf
Versicherungsbetrug – abgeklärt wer-
den muss, ob das Unfallfahrzeug einen
Vorschaden hatte, oder eine gebrauchte
(Unfall-)Lampe eingebaut war.

Das Bild zeigt eine zur Untersu-


chung vorgelegte Scheinwerferlampe
eines Motorfahrrads, bei der zu klären
war, ob sie zum Zeitpunkt des Unfalls
geleuchtet hatte. Die Abbildung zeigt,
dass die Stützelektrode stark nach hin-
ten gebogen ist, die Windungsabstände
der Abblendlichtwendel im unteren
Bereich stark überdehnt sind, die Fern-
lichtwendel nach unten gebogen ist und
die Windungsabstände der Wendel ins-
besondere im Bereich der beiden Elek-
troden unregelmäßig, überdehnt bzw.
gestaucht sind. An fabriksneuen Lam-
pen ist die Abblendlichtwendel senk-
recht, die Fernlichtwendel verkehrt u-
förmig ausgebildet.
Die Scheinwerferlampe zeigt Fol-
gen einer hohen Krafteinwirkung, die
nur an leuchtenden Lampen bei einem
heftigen Anprall auftreten. Derartige
Merkmale können nicht durch den re-
gulären Betrieb eines Motorfahrrads,
beispielsweise auch im Gelände oder
auf unbefestigten Straßen erklärt wer-
den und sind aufgrund der vorgelegten
Informationen dem Unfallgeschehen
zuordenbar.
In der Unfallendstellung des Motor-
fahrrads waren der Scheinwerfer, die
Heckleuchte und die Armatureneinheit
nicht mehr am Fahrzeug.
Aus den erhobenen Befunden ergibt
sich, dass zum Unfallszeitpunkt am
Motorfahrrad die Abblendlichtlampe
und die Fernlichtlampe geleuchtet ha-
ben. Dieser Schluss wird durch die an
den Begrenzungslichtlampen, an der
Fernlichtkontrolllampe sowie an den
Armaturenbeleuchtungslampen erhobe-
nen Befunde gestützt.
Bernhard Hahnel

ÖFFENTLICHE SICHERHEIT 5-6/10

Das könnte Ihnen auch gefallen