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Energieeffiziente Kläranlagen

und Biogasanlagen

Energetische und stoffliche Nutzung organischer Reststoffe




» Kürzere Verweilzeit –
mehr Biogas –
geringere Kosten!«

Kläranlage Edenkoben,
© Verbandsgemeinde
Edenkoben

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Energie- und ressourcen-
effiziente Kläranlagen
und Biogasanlagen

Angesichts der Endlichkeit fossiler und biologischer Rohstoffe wird es für


Unternehmen, Kommunen und Staaten immer wichtiger, vorhandene Ressourcen
effizienter und intelligenter zu nutzen und Inhaltsstoffe nach dem Ansatz
der Kreislaufwirtschaft für eine stoffliche oder energetische Nutzung zurück-
zugewinnen.

Anaerobe Vergärung zu Biogas

Vergärungsprozesse finden unter anaeroben Bedingungen statt, das heißt unter Ausschluss von
Luftsauerstoff. Die Vergärung läuft in verschiedenen Stufen ab, an denen jeweils unterschied-
liche Bakterien beteiligt sind. Am Ende der anaeroben mikrobiellen Nahrungskette entsteht aus
dem Kohlenstoffanteil der organischen Substanz immer ein Gemisch aus Kohlenstoffdioxid (CO2)
und Methan (CH4) – Biogas.

Die Biogas-Anaerobtechnik wird, auch in technischen Dimensionen, schon lange angewandt,


beispielsweise bei der Stabilisierung von Klärschlamm oder Gülle.

Hochlastfaulung für verbesserten Abbaugrad und mehr Biogas

Für die Vergärung von Klärschlamm zu Biogas hat das Fraunhofer-Institut für Grenzflächen- und
Bioverfahrenstechnik IGB ein besonders effizientes Hochlastverfahren entwickelt. 1994 wurde
es erstmals auf der Kläranlage Leonberg in Betrieb genommen und inzwischen von mehreren
kommunalen Kläranlagen erfolgreich betrieben.

Die Bilanz zeigt: Die Hochlastfaulung setzt den Schlamm sehr viel schneller und kostengünstiger
zu Biogas um als herkömmliche Faultürme. Auch für die anaerobe Behandlung von industriellen
Biomassereststoffen und in landwirtschaftlichen Biogasanlagen wurde die Hochlastfaulung
erfolgreich eingesetzt. oben:
Faultürme der
Wesentliche Vorteile der Hochlastfaulung Kläranlage Edenkoben,
Kürzere Verweilzeiten (5 – 10 Tage) © Verbandsgemeinde
Höhere Biogasausbeute Edenkoben
Höherer Abbaugrad
Kleinerer Faulraum unten:
Keine Schaumprobleme Faulschlammspeicher der
Bessere Entwässerbarkeit des ausgefaulten Schlamms Kläranlage Erbach
Geringere Betriebs- und Entsorgungskosten

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Hochlastfaulung

Das Verfahren

Das Verfahren wurde für die Effizienzsteigerung bei der Klärschlammfaulung entwickelt und
war diesbezüglich Gegenstand intensiver Forschungsarbeiten am Fraunhofer IGB. Das Hochlast-
verfahren zeichnet sich durch einen wesentlich verbesserten Wirkungsgrad, kurze Verweilzeiten
und hohen Abbaugrad aus.

Es wird zur anaeroben Umsetzung organisch abbaubarer Substrate wie Klärschlamm, aber auch
von Gülle, Bioabfall oder anderen organischen Reststoffen eingesetzt. Aufgrund der im Ver-
gleich zu anderen Verfahren wesentlich erhöhten Biogasausbeute gewinnt es zunehmend an
Attraktivität.

Betriebsdaten des Verfahrens im Vergleich zur herkömmlichen Faulung

Kürzere Verweilzeit
Auch bei hohem Feststoffgehalt kann der Klärschlamm mit einer Verweilzeit von nur 5 bis
10 Tagen umgesetzt werden. Herkömmliche Faultürme werden mit durchschnittlich 20 bis 30
Tagen Verweilzeit betrieben. So werden organische Raumbelastungen von 8 – 10 kg oTR* / m3· d
statt 1 – 2 kg oTR / m3· d erreicht.

Höhere Biogasausbeute
Mit der Hochlastfaulung kann je nach Qualität der Rohschlämme die Biogasproduktion auf bis
zu 23 Liter Biogas pro Einwohnerwert (EW) und Tag gesteigert werden. Mit einer herkömm-
lichen Faulung werden dagegen durchschnittlich nur 19,7 Liter Biogas pro Einwohnerwert und
Tag erreicht [Haberkern et al.; Steigerung der Energieeffizienz auf kommunalen Kläranlagen
Umweltbundesamt Texte Nr. 11 / 08, Dessau-Roßlau, März 2008].

Das Gas kann zur Energieversorgung der Anlage oder zur Trocknung des Klärschlamms genutzt
oder als technisch und kommerziell verwertbarer Energieträger abgegeben werden.

Weniger Gärrückstände
Im Zuge der erhöhten Biogasproduktion reduziert die Hochlastfaulung auch den Gehalt an
organischen Inhaltsstoffen – je nach spezifischer Verfahrenskombination um 50 – 70 Prozent.
oben: Der organische Anteil des Trockenrückstands beträgt nur noch weniger als 50 Prozent. Der
Einstufige Anlage in Ilsfeld Schlamm kann dadurch besser entwässert werden. So fallen weit geringere Schlammmengen
an, die günstig entsorgt werden können.
unten:
Hochlastfaulungsreaktor
im Technikum des
Fraunhofer IGB

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Entwässerung des Faulschlamms liefert nährstoffreiches Schlammwasser
für Nährstoff-Recycling
Für eine weitergehende Nutzung bzw. Rückgewinnung von Inhaltsstoffen wird der Faulschlamm
in einer Fest-Flüssig-Trennungsanlage, wie zum Beispiel in einer Kammerfilterpresse oder
Zentrifuge, entwässert. Damit erhält man ein partikelfreies Schlammwasser, das den größten
Teil der gelösten Nährstoffe (Stickstoff und Phosphor) enthält und somit direkt zur düngenden
Bewässerung genutzt werden kann. Alternativ können Stickstoff und Phosphor als Dünger
zurückgewonnen werden. Das Fraunhofer IGB hat verschiedene Technologien für eine
Nährstoff-Rückgewinnung entwickelt.

Biogas

Fermenter
(37 °C, mesophil)

Rohschlamm Faulschlamm
Warmwasser-
Wärmetauscher Sedimente

Schema der Hochlastfaulung

* oTR = organischer Trockenrückstand

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Anwendungen der
anaeroben Vergärung

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Schlamm-Management
auf Kläranlagen

Kläranlagen entfernen organische Inhaltsstoffe Eingeschränkte Entsorgungsmöglichkeiten


aus dem Abwasser. Verfault der dabei anfallende
Schlamm, entsteht als Produkt Biogas. Allerdings Die Entsorgungswege für Klärschlamm aus der kommunalen
verfügen nur gut ein Zehntel der über 9000 Klär- Abwasserreinigung wurden seitens des Gesetzgebers bereits
anlagen in Deutschland über einen Faulturm. Vor eingeschränkt. Eine Deponierung ist nicht mehr möglich. Nach
allem kleinere Betreiber scheuen die Kosten, die der Novellierung der Klärschlammverordnung 2017 dürfen
durch den Neubau eines Faulturms entstehen. Statt- große Kläranlagen (> 100 000 bzw. 50 000 EW) Klärschlamm
dessen reichern sie den Klärschlamm im ohnehin nur noch bis 2029 bzw. 2032 als Dünger ausbringen. Die
vorhandenen Belebungsbecken mit Sauerstoff an und Verbrennung des Klärschlamms wird weiter an Bedeutung
stabilisieren ihn. Die Belebungsbecken benötigen sehr gewinnen, Preise für die Entsorgung steigen. Die Alternative,
viel Strom und machen die Kläranlagen zum größten den Schlamm zu verbrennen, ist jedoch nicht nachhaltig, da
kommunalen Stromverbraucher. Gleichzeitig geht ein feuchter Schlamm keinen positiven Beitrag zur regenerativen
enormes Potenzial an Energie verloren, da bei der Energieerzeugung liefert. Die aerobe Schlammstabilisierung ist
aeroben Schlammstabilisierung kein nutzbares Biogas aufgrund des hohen Energiebedarfs teuer, oft unzureichend
entsteht. Auch viele größere Kläranlagen, deren und für Kläranlagen > 10 000 EW keine adäquate Alternative.
Faultürme mittlerweile veraltet sind, könnten mit
moderner Technologie mehr Biogas produzieren und
so Kosten- und Energieeffizienz verbessern.

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Intelligente Nutzung von Energieeffizienz auch bei kleinen
Klärschlamm als Energieträger Kläranlagen

Die am Fraunhofer IGB entwickelte Am Beispiel einer Kläranlage für 28 000


Hochlastfaulung macht die Klärschlamm- Einwohner hat das Fraunhofer IGB in einer
faulung zu einem Verfahren, das durch die Kosten-Nutzen-Studie nachgewiesen, dass
effiziente Umsetzung der Klärschlamminhalts- es sich auch für kleinere Klärwerke bis
stoffe zu Biogas wesentlich zur Wirtschaft- 30 000 EW, die bisher den Schlamm mit
lichkeit und Energieeffizienz von Kläranlagen hohem energetischem Aufwand oft aerob
beitragen kann. Es ist deshalb auch ein stabilisieren, lohnt, auf das energieeffizientere
geeignetes Verfahren für Kläranlagen mit Hochlastverfahren umzusteigen – selbst, wenn
10 000 EW, die bisher den Schlamm mit sie dafür in eine Schlammfaulung investieren
hohem Strombedarf aerob stabilisieren. müssen. Die jährlichen Entsorgungskosten
von ca. 200 000 Euro für den Faulschlamm
Durch die Hochlastfaulung wird der Klär- könnten um bis zu 50 000 Euro reduziert
schlamm mit Nettoenergiegewinn stabilisiert, werden, wenn der Schlamm nicht aerob,
kann optimal entwässert und der Rest mit sondern in einer Hochlastfaulung abgebaut
kleinstmöglichem Kostenaufwand thermisch werden würde.
entsorgt werden. Der regenerative Energie-
träger Biogas entsteht als Produkt. Mit dem Rund 60 Prozent der Organik werden nach
gewonnenen Biogas kann der thermische dem Hochlastverfahren zu Biogas umgesetzt –
Die zweistufige Energiebedarf der Kläranlage gedeckt und damit ist die Ausbeute etwa ein Drittel höher
Hochlastfaulung in Eden- über Kraft-Wärme-Kopplung weitere Kosten als beim herkömmlichen Faulungsprozess.
koben erlaubt es, die Klär- eingespart werden. Die Hochlastfaulung Das gewonnene Biogas lässt sich über Kraft-
anlage flexibel an die hohe stellt deshalb auch betriebswirtschaftlich eine Wärme-Kopplung im Blockheizkraftwerk für
Abwasserfracht während der intelligente Alternative dar und verbessert den Betrieb der Anlage nutzen. Im Fallbeispiel
Weinlese anzupassen die Energieeffizienz kommunaler Kläranlagen sinken die Energiekosten durch Einsparungen
© Verbandsgemeinde deutlich. für den Sauerstoffeintrag und die Eigenstrom-
Edenkoben erzeugung um weitere 50 000 Euro jährlich.

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Unsere Vorgehensweise bis
zur Implementierung

Auslegungsdaten in Technikumsanlage

Hochlastfaulungen werden hinsichtlich ihrer Integration in


den Gesamtprozess der Schlammbehandlung einer Kläranlage
individuell dimensioniert und ausgeführt. Für die erfolg-
reiche Realisierung einer Hochlastfaulung untersuchen wir
die Vergärbarkeit des Rohschlamms im Hochlastbetrieb daher
in der Regel zuvor im Technikumsmaßstab. Die Experimente
erfolgen in einer Versuchsanlage mit automatisierten 50-Liter-
Reaktoren am Fraunhofer IGB. Anhand der hier gewonnenen
Kenndaten konzipieren wir eine großtechnische Anlage und
skalieren das Design auf einen industriellen Maßstab.

Pilotanlage gewährleistet optimalen


Know-how-Transfer

Zudem können wir das Verfahren der Hochlastfaulung im Pilot-


maßstab auf der Kläranlage umsetzen. Die Untersuchungen
werden in diesem Fall in einer Pilotanlage ausgeführt, die aus
einem temperierbaren Biogasschlaufenreaktor aus Edelstahl
mit einem Nutzvolumen von ca. 2 m3 besteht. Dies bietet die
Möglichkeit, den Betrieb einer Hochlastfaulung vor Ort zu
erproben und dem Betreiber das Prozess-Know-how reibungs-
los zu übertragen, um die erfolgreiche Implementierung zu
gewährleisten.

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DIE KLÄRANLAGE ALS BIORAFFINERIE

KLÄRANLAGE

Klärschlamm
HOCHLASTFAULUNG

Biogas Schlammwasser Gärreste/


entwässerter Schlamm

AUFBEREITUNG

BHKW

CH4 N

Elektrosynthese P

CO2 Nährstoffrück- Thermische, stoffliche


gewinnung oder werkstoffliche
Nutzung
Mikroalgen

CO2, N, P

PRODUKTE

Strom

Wärme

C1-Produkte
(Formiat, Methanol) Wärme

Bodenverbesserer N-P-Düngemittel Bodenverbesserer

Pflanzenstärkungsmittel Gereinigtes Abwasser Öl

Vereinfachte Darstellung der Wertschöpfung in einer Abwasser-Bioraffinerie

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Die Kläranlage als Bioraffinerie

Die Kreislaufwirtschaft gilt als Schlüssel- Das Schlammwasser ist reich an wertvollen
strategie, um Ressourcen zu erhalten und die Pflanzennährstoffen, allen voran Phosphor
Klimaziele zu erreichen. Auch die Inhaltsstoffe und Stickstoff. Das Fraunhofer IGB hat
im Abwasser einer Kläranlage lassen sich verschiedene Konzepte erarbeitet, um die
stofflich nutzen – wenn man es entsprechend Nährstoffe aus diesem bei der Entwässerung
aufbereitet. Dabei stehen die Nährstoffrück- des Schlamms anfallenden Wasser zurück-
gewinnung und die Nutzung von CO2 zur zugewinnen und als Dünger aufzuarbeiten.
Herstellung von Folgeprodukten im Vorder- Alternativ kann das Schlammwasser als
grund. So hergestellte Produkte sollen in Wachstumsmedium zur Kultivierung von
wertschöpfenden Prozessen als Ausgangs- photosynthetisch, mit CO2 wachsenden Mikro-
materialien eingesetzt werden, um eine lokale algen genutzt werden, die z. B. pflanzen-
und nachhaltige Kreislaufwirtschaft realisieren stimulierende Polysaccharide synthetisieren. oben:
zu können. Aus Abwasser zurück-
Dieser Ansatz wird seit 2021 in dem von gewonnenes Struvit kann als
Unser Verfahren zur Hochlastfaulung legt der EU und vom Land Baden-Württemberg langsam N und P freisetzender
die Grundlage für die Nutzbarmachung der geförderten Projekt »RoKKa – Rohstoffquelle Dünger eingesetzt werden
Rest- und Abfallstoffe, da es den auf einer Klärschlamm und Klimaschutz auf Klär-
Kläranlage anfallenden Schlamm nicht nur anlagen« verfolgt. unten:
zu Biogas als regenerativer Kohlenstoff- und Auf der Kläranlage Erbach
Energiequelle umsetzt, sondern zudem mit wird im Projekt RoKKa eine
dem Entwässerung des Faulschlamms ein Pilotanlage der Abwasser-
nährstoffreiches »Schlammwasser« und mit Bioraffinerie aufgebaut
dem Konzentrat kohlenstoffreiche Gärreste als
weiter nutzbare Stoffströme liefert.

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Biogas aus organischen Reststoffen

Auch in organischen Reststoffen und Bioabfällen (Umweltbundesamt, auf Basis AGEE-Stat, Stand 02 / 2022).
steckt wertvolle Energie. Bei der Verwertung in Damit ist Biogas eine wichtige speicherbare Ergänzung zu
Kompostierungsanlagen geht diese verloren; dazu ist volatilem Strom aus Wind und Sonne.
die Kompostierung mit einem hohen energetischen
Aufwand für die Belüftung des Kompostgutes ver- In Deutschland wird Biogas heute noch vorwiegend aus
bunden. Eine energieeffiziente und kostensparende nachwachsenden Rohstoffen erzeugt. Dabei eignet sich die
Alternative zur Nutzung und Entsorgung organischer Vergärung hervorragend für alle holzarmen frischen und
Stoffe stellt auch hier die Vergärung dar. feuchten organischen Abfälle: von Gülle und Mist, über Grün-
schnitt und Gemüseabfälle aus der kommunalen Entsorgung
bis hin zu Lebensmittelabfällen aus Handel und Industrie. Eine
Biogas aus Abfällen – Alternative zu Erdgas Förderung der flächendeckenden Nutzung dieser organischen
Abfälle sollte Eingang in nationale Strategien zur nachhaltigen
Biogas bzw. das hieraus aufgereinigte Biomethan könnte Nutzung biologischer Ressourcen finden, damit der Anbau
auch eine Alternative darstellen, um die Versorgungssicher- von Energiepflanzen auf Ackerflächen reduziert werden kann.
heit mit Methan (»Erdgas«) sicherzustellen und internationale Auch für die landwirtschaftlichen Betreiber kleinerer Anlagen
Abhängigkeiten zu reduzieren. Rund 9600 Biogasanlagen gibt würden so wirtschaftliche Anreize geschaffen. Zuletzt wurden
es laut Angaben des Fachverbands Biogas derzeit in Deutsch- bereits funktionstüchtige Anlagen stillgelegt, da die EEG-Ver-
land. Mit einem Anteil von elf Prozent der erneuerbaren Strom- gütung nach 20 Jahren Laufzeit entfällt.
erzeugung lieferten sie 2021 gut 50 Terawattstunden Strom
– ebenso viel wie alle Photovoltaikanlagen in Deutschland

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Effiziente anaerobe Vergärung Mit einer technisch-wirtschaftlichen Ana-
organischer Reststoffe lyse der Produktionsabfälle und Neben-
produkte beraten wir Betriebe, um anfallende
Mit Vergärungsverfahren können direkt am Reststoffe jeweils optimal zu verwerten,
Entstehungsort der Restbiomasse Anlagen etwa durch Kopplung der anaeroben Ver-
betrieben werden, welche die Verwertung gärung mit weiteren Umsetzungs- oder
gut vergärbarer Stoffe zu Biogas gewähr- Rückgewinnungsschritten.
leisten. Auch das für die Effizienzsteigerung
bei der Klärschlammfaulung entwickelte Optimale Prozessführung
Hochlastverfahren verspricht für den Ein- Für die Auslegung des Prozesses ist die Art
satz bei organischen Reststoffen wesentlich und Zusammensetzung der Substrate ent-
verbesserten Wirkungsgrad, kurze Verweil- scheidend, da die Eigenschaften der Rohstoffe
zeiten und hohen Abbaugrad sowie eine hohe den größten Einfluss auf die Abbaudauer
Biogasausbeute. haben. Weitere wichtige Parameter, die wir
für eine optimale Konversion der Rohstoffe
Vorteile der anaeroben zu Biomethan untersuchen, sind – neben
Vergärungstechnologie der Prozesstemperatur – die Verweilzeit der
Produktion von Biogas als Alternative Substrate und die organische Raumbelastung
zu fossilen Brennstoffen im Reaktor. Die Stabilität des biologischen
Beitrag zum Klimaschutz durch Reduktion Prozesses wird dabei vor allem durch die im
von Treibhausgasemissionen Inokulum verfügbaren Mikroorganismen und
Nutzung der Gärreste zur Boden- das C / N-Verhältnis im Fütterungsregime
verbesserung und nachhaltigen beeinflusst, zudem durch die Verfügbarkeit
Phosphorversorgung von Spurenelementen. Auch Stoffwechsel-
Inaktivierung von Unkrautsamen, produkte wie Ammoniak und flüchtige Fett-
Neutralisierung von Inhaltsstoffen (z. B. säuren oder Toxine müssen bei der Prozess-
Antibiotika) und Hygienisierung der Rest- führung berücksichtigt werden.
stoffe (mit thermophilen Verfahren bei
ca. 55 °C) Eine umfassende Analytik sichert das
Monitoring des Prozesses, seine Optimierung
und die Verbesserung der Prozess- und
Prozessentwicklung – Wir machen Energieeffizienz der Anlage.
mehr aus Reststoffen
Anaerob-Reaktortechnik
Das Fraunhofer IGB entwickelt individuelle Charakteristisch für die anaerobe Umsetzung Vergärungsversuche im Labor-
und angepasste Lösungen zur stofflichen und ist der geringe Zuwachs von Biomasse, und Technikumsmaßstab
energetischen Nutzung von organischen Rest- da der Großteil der in den Substraten
stoffen, die in Industrie und Landwirtschaft als enthaltenen Energie in das Endprodukt
Nebenprodukte anfallen. Methan übergeht. Für eine Steigerung der
Umsetzungsgeschwindigkeit muss die aktive
Hierzu untersuchen wir die fermentative Biomasse daher im Reaktor zurückgehalten
Umsetzung der Reststoffe im Labormaßstab und konzentriert werden. Dies kann durch
hinsichtlich ihres Biomethanpotenzials. Für Immobilisierung der Biomasse auf einem
die Auslegung des neuen Verfahrens ent- Trägermaterial in einem Festbettreaktor oder
sprechend der Kundenvorgaben bewerten wir durch mechanische Rückhaltung in einem
die verschiedenen Prozessparameter, ermitteln Membranbioreaktor geschehen.
Schwachpunkte und optimieren den Prozess in
Hinblick auf maximale Produktausbeute. Flüssige Rohstoffe können ohne weitere Vor-
behandlung verwendet werden. Zum Einsatz
Bestehende Biogasanlagen bewerten und kommen hierbei Suspensionsreaktoren oder Biogasanlage
optimieren wir hinsichtlich ihrer Leistungs- Festbettreaktoren.
fähigkeit und Energieeffizienz.

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Für Rohstoffe mit hohem Feststoffgehalt, z. B. die organische
Zusätzliche Wertschöpfung in Fraktion kommunaler Feststoffabfälle, Lebensmittelabfälle
Abfall-Bioraffinerie und lignocellulosehaltige Biomasse, eignen sich anaerobe
Feststoffreaktoren.

Neben der energetischen Verwertung als Bio- Bei faser- und lignocellulosehaltigen Rohstoffen führen
Methan lassen sich organische Reststoffe auch stoff- längere Verweilzeiten und eine geeignete Vorbehandlung,
lich verwerten. Durch die Kopplung der anaeroben beispielsweise mit verschiedenen mechanischen, biologischen
Vergärung mit der biotechnologischen oder elektro- oder thermochemischen Aufschlussverfahren, zu besseren
chemischen Umwandlung von Inhaltsstoffen und CO2 Biogasausbeuten.
nach dem Prinzip einer Bioraffinerie können zusätz-
lich wertschöpfende Produkte hergestellt werden, z. B.: Für Biomethanproduktion geeignete Substrate
Lebensmittelabfälle
Basischemikalien Rinder- / Schweinegülle und Geflügelmist
Algenbiomasse Abfälle / Rückstände aus der Getränke- und
Papier und Biokunststoff aus Fasern und festen Lebensmittelindustrie
Rückständen Abfälle / Rückstände aus der Biokraftstoffproduktion
Bio-Öl Energiepflanzen, z. B. Mais, Becherpflanze (Silphium),
Aktivkohle und Biokohle Miscanthus (nach ausreichender Vorbehandlung),
Aminosäuren und andere organische Säuren Zuckersorghum
Hochwertige organische Dünger, z. B. Struvit Kombination von verschiedenen Substraten

Aus Gülle und Gärresten können wertvolle Phosphordünger


(hinten), Stickstoffdünger (rechts) und Bodenverbesserer
(vorne) gewonnen werden

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Bedarfsorientierte Biogaserzeugung als Beitrag
zur Energiewende

Um Schwankungen der Stromerzeugung aus Sonne Säurebildung wurde bei einer Temperatur von 51 °C, einem
und Wind besser ausgleichen zu können, hat das pH-Wert von 5,5 und einem Verhältnis von zerkleinerter Mais-
Fraunhofer IGB gemeinsam mit der Hochschule silage zu Rindergülle von 50:50 erreicht. In der methanogenen
Hamm-Lippstadt in dem vom BMEL geförderten Phase wurden verschiedene Szenarien der flexiblen Fütterung
Projekt NextGenBiogas ein Verfahren entwickelt, getestet, um die schnellste Erholung der Mikroorganismen und
mit dem Biogas flexibel und nach Bedarf erzeugt die höchste Effizienz der Biogasproduktion nach ausgewählten
werden kann. Dazu wird der anaerobe Fermentations- Hungerphasen zu erreichen.
prozess so betrieben, dass die an der Methan-
produktion beteiligten Mikroorganismen schnell auf
Veränderungen der Betriebsbedingungen reagieren Prozessregulierung durch
können. mikrobiellen Ansatz

Mit Metagenom- und Metatranskriptomanalysen des


Angewandtes Konzept Inokulums und von Proben aus dem zweistufigen System
konnten wir die jeweils beteiligten Spezies identifizieren. Dies
Der anaerobe Vergärungsprozess erfolgt in einem zweistufigen ermöglicht es, den Prozess durch ein gezieltes Animpfen und
System. Die Säurebildung erfolgt in einer ersten, hydrolytischen Anpassen der Kultivierungsbedingungen zu steuern.
Stufe, die Biogasbildung in der zweiten, methanogenen Stufe.
Um im Bedarfsfall die Methanproduktion in der zweiten Stufe
schnell hochfahren zu können, werden in der hydrolytischen
Stufe leicht umsetzbare organische Säuren und Alkohole als
Speichermedium erzeugt.

Die optimalen Bedingungen für eine schnelle und effiziente


Säureproduktion und damit die höchste Methanausbeute
wurden in Laboruntersuchungen ermittelt: Die höchste

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Referenzen

Schlammfaulung auf Kläranlagen Biogasanlagen

Die Hochlastfaulung wird derzeit von zehn kommunalen NextGenBiogas – Flexible Bioenergieerzeugung zur
Klärwerken in Baden-Württemberg genutzt: Stabilisierung der Stromnetze
Klärwerk Mittleres Glemstal, Leonberg, 1994: zwei- Förderung: BMELV | Laufzeit: Februar 2019 – März 2022
stufige Hochlastfaulung (HLF) Im Rahmen des Verbundprojekts wurde ein flexibles Verfahren
Klärwerk Heidelberg, 2001: Erweiterung der eiförmigen zur bedarfsgerechten Erzeugung von Biogas entwickelt – als
Faultürme um eine vorgeschaltete Hochlaststufe, ohne Schlüssel für eine erfolgreiche Integration der Biogaserzeugung
die Entsorgungslinie außer Kraft zu setzen in das regenerative Energiesystem.
Klärwerk Tauberbischofsheim: zweistufige HLF
Klärwerk AZV Mittleres Wutachtal, Schwerzen, 2007: HoLaFlor – Effizienzsteigerung von Biogasanlagen durch
einstufige Hochlastfaulung für Kläranlage mit 10 000 EW Etablieren der Hochlastfaulung (am Beispiel von Mais)
Gruppenkläranlage Schozachtal, Ilsfeld, 2008: einstufige mit Nachweis der Mikroorganismenflora
Hochlastfaulung für 35 000 EW Förderung: BMEL | Laufzeit: Oktober 2015 – Dezember 2018
Klärwerk ZWA Bad Dürrenberg, 2012: einstufige Hier haben wir eine Biogasanlage im Hochlastverfahren im
Hochlastfaulung für Auslastung von 26 000 EW Technikumsmaßstab betrieben und mit einer Referenzanlage
Kläranlage Edenkoben, 2016: zweistufige in herkömmlicher Verfahrensweise verglichen. Wir konnten
Hochlastfaulung für ca. 7000 EW zeigen, dass durch eine geeignete Anlagentechnik Biogas-
Kläranlage Erbach, 2017: Hochlastfaulturm mit einer anlagen mit deutlich kürzeren Verweilzeiten realisiert und
Auslastung von ca. 25 000 EW dadurch zwei- bis vierfach höhere Methanproduktivitäten
Kläranlage Leipheim, 2018: einstufige Hochlastfaulung erreicht werden können als im Betrieb mit herkömmlicher
zur Modernisierung und Erweiterung von 16 000 EW auf Verfahrensweise und langen Verweilzeiten.
20 000 EW
Zweckverband Klärwerk Steinhäule, Ulm, 2020–2022:
Pilotanlage zur Hochlastfaulung

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Organische Reststoffe

MOST – Modellbasierte Prozesssteuerung von En-X-Olive – Nutzung von Reststoffen aus der Olivenöl-
Biogasanlagen: Praxistests produktion
Förderung: BMBF | Laufzeit: Oktober 2013 – Dezember 2017 Förderung: EU | Laufzeit: November 2008 – Oktober 2011
Ein Ziel des Projekts war es, die Betriebssicherheit von Bio- Hier haben wir zusammen mit Partnern aus Spanien, Italien,
gasanlagen durch frühes Erkennen einer Betriebsstörung zu Griechenland und Frankreich die Gewinnung von Biogas,
erhöhen. Dafür wurden im Technikumsmaßstab verschiedene Polyphenolen und Düngemitteln aus Rückständen der Oliven-
Betriebssituationen experimentell nachgestellt. Die Ergebnisse ölproduktion erforscht und demonstriert.
zeigen, dass durch rechtzeitiges Reagieren die Wirtschaftlich-
keit von Biogasanlagen erhöht werden kann.
Abwasser-Bioraffinerie
GOBi – Ganzheitliche Optimierung der
Biogasprozesskette RoKKa – Rohstoffquelle Klärschlamm und Klimaschutz
Förderung: BMBF | Laufzeit: Juni 2013 – Dezember 2016 auf Kläranlagen
Ziel des Projekts war es, die gesamte Prozesskette der Biogas- Förderung: Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirt-
produktion – vom Anbau der Pflanzen bis zur Erhöhung der schaft Baden-Württemberg, kofinanziert von der EU (EFRE)
Ausbeute an Biogas – mit einem ganzheitlichen Ansatz zu Laufzeit: Oktober 2021 –  März 2024
optimieren und dabei die Biomasse der eingesetzten Pflanzen Dieses Projekt soll die Trendwende zu einer klimafreundlichen
möglichst vollständig zu nutzen. Kläranlage durch eine wertstoffzentrierte Verknüpfung ver-
schiedener innovativer Verfahren vorantreiben.

von links nach rechts:

Faulturm der Kläranlage


Bad Dürrenberg

RoKKa-Projektteam vor der


Kläranlage Erbach (© Umwelt-
technik BW GmbH)

HoLaFlor: Biogasanlage
im Hochlastverfahren im
Technikumsmaßstab

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Leistungsangebot

Das Fraunhofer IGB entwickelt seit über 40 Jahren Leistungsangebot im Überblick


aerobe und anaerobe biotechnologische Verfahren
für die Aufbereitung von Wasser und Abfall – von den Analytische Bestimmungen
mikrobiologischen Grundlagen bis hin zur Anlage im Umfassende Analytik (chemische und biologische
Technikums- und Pilotmaßstab. Parameter)
Charakterisierung von Feststoffen und Substraten:
Qualitative und quantitative Biogas-Analytik, Analytik von
Integrierter Ansatz: Energiegewinnung und Inhaltsstoffen von Substraten
Nährstoffrückgewinnung
Studien
Ein Schwerpunkt dabei ist das Stoffrecycling. Damit sind wir Machbarkeitsuntersuchungen zur Produktion von Biogas
der Ansprechpartner für Kommunen und Industrieunter- aus Reststoffen
nehmen, die die Abfallentsorgung und Abwasserreinigung Analyse von Kläranlagen und Biogasanlagen zur Steigerung
mit der Nutzung organischer Reststoffe verbinden wollen. Für der Energieeffizienz
die Nährstoffrückgewinnung der bei der Hochlastvergärung Spezifische Analyse von Prozessen mit dem Ziel der
anfallenden flüssigen und festen Rückstände haben wir eben- Verfahrensverbesserungen: Beheben von Störungen,
falls verschiedene Technologien entwickelt. Steigerung der Effizienz, Prozess-Optimierungen
Potenzialermittlung zur Leistungssteigerung von
Wir beraten Sie gern, wie Sie Ihre Reststoffe optimal und ganz- Prozessen, z. B. Abwasserreinigung, Biogasanlagen,
heitlich verwerten können! Hierzu arbeiten wir am Fraunhofer Klärschlammfaulung
IGB mit anderen Fachabteilungen zusammen.
Laboruntersuchungen
Untersuchungen zur Klärschlammvergärung für die
Skalierung vom Technikums- bis zum Ermittlung von Auslegungsparametern
Industriemaßstab Durchführung von Gärtests (Untersuchung der
Vergärbarkeit)
In unseren Technika untersuchen wir die Vergärbarkeit ver- Quantifizierung der Biogasausbeute von Substraten / ​
schiedener biogener Reststoffe im Labor- und Technikums- Cosubstraten
maßstab und entwickeln Konzepte für die großtechnische Verfahrensentwicklung zur anaeroben Behandlung von
Umsetzung. Basic- und Detail-Engineering auf Basis von organischen Reststoffen, z. B. aus der Landwirtschaft, der
Fraunhofer-Patenten werden durch unsere industriellen Partner Lebensmittelverarbeitung und -produktion
aus dem Anlagenbau bewerkstelligt. Verfahrensentwicklung zur Produktion von Wertstoffen / ​
Biogas aus Reststoffen: Ermittlung von Auslegungspara-
metern im Technikumsmaßstab
Pilotanlage für Know-how-Transfer
Implementierung in der Industrie
Um eine reibungslose Übertragung des Know-hows an die Erarbeitung von Planungskonzepten zur Realisierung der
Betreiber und eine erfolgreiche Implementierung zu gewähr- Hochlastfaulung im technischen Maßstab
leisten, können wir das Hochlastverfahren auch immer Wissenschaftliche Begleitung bei der Inbetriebnahme von
zunächst im Pilotmaßstab umsetzen und vor Ort betreiben. Prozessen im technischen Maßstab
Technische Umsetzung in den Pilotmaßstab und Betrieb
vor Ort
Technisch-wissenschaftliche Beratung zur Verfahrens-
verbesserung bzw. Inbetriebnahme von Anlagen
Individuelle, kostensparende Erweiterung von Kläranlagen

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Kontakt

Bitte kontaktieren Sie unser Team


unter biogas@igb.fraunhofer.de.

Dr.-Ing. Marius Mohr


Leiter Innovationsfeld
Wassertechnologien und
Wertstoffrückgewinnung
Tel. +49 711 970-4216
marius.mohr@igb.fraunhofer.de

Diego Eufracio Lucio M. Sc.


Innovationsfeld Wassertechnologien
und Wertstoffrückgewinnung (Kläranlagen)
Tel. +49 711 970-4124
diego.eufracio.lucio@igb.fraunhofer.de

Ievgeniia Morozova M. Sc.


Innovationsfeld Wassertechnologien
und Wertstoffrückgewinnung
(Biogasanlagen)
Tel. +49 711 970-4275
ievgeniia.morozova@igb.fraunhofer.de

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Wir verbinden Biologie und Technik

Das Fraunhofer-Institut für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik IGB


entwickelt und optimiert Verfahren, Technologien und Produkte für Gesund-
heit, nachhaltige Chemie, Umwelt und Klimaschutz. Dabei setzen wir auf
die Kombination biologischer und verfahrenstechnischer Kompetenzen, um
Lösungen für eine auf den Patienten zugeschnittene Gesundheitsversorgung,
eine nachhaltige Bioökonomie sowie eine klimaneutrale und ressourceneffiziente
Kreislaufwirtschaft zu erarbeiten. Unseren Kunden bieten wir Forschungs-
leistungen von der Machbarkeitsstudie bis zur anwendungsreifen Entwicklung,
ergänzt durch ein breites Spektrum an Analyse- und Prüfleistungen. Komplett-
lösungen vom Labor- bis zum Pilotmaßstab gehören dabei zu den Stärken des
Instituts.

Kontakt

Fraunhofer-Institut für Grenzflächen-


und Bioverfahrenstechnik IGB
Nobelstraße 12
220601_BR_Biogas-Klaeranlagen_de

70569 Stuttgart

Tel. +49 711 970-4401 Bleiben Sie mit uns in Verbindung:


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