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Karl Lahmer

Grundlagen der Pädagogik und Psychologie


Anleitung zum Verstehen – Anregungen zum Denken

1. Auflage

Didaktische Hinweise aus


unterrichtspraktischer Perspektive

Bestellnummer 239566

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Inhalt

Zur Verwendung des Buches . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3

Reduktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4

Kompetenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4
Was heißt „kompetenzorientiert“? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6
Methodische Ableitungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8
Heuristiken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9
Planungsmodell für den Unterricht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10
Checkliste: Verben für Anforderungsniveaus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11

Methodenmanual . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12

Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17

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Zur Verwendung des Buches


Das Lehrbuch Grundlagen der Pädagogik und Psychologie ist problem- und kompe-
tenzorientiert aufgebaut, bietet Informations- und Originaltexte in maßvoller Länge
und motiviert durch zahlreiche originäre Aufgabenstellungen, das Verfügungswissen
anzuwenden und über Einstellungen und Haltungen zu reflektieren.
→→ Die Lehrperson strukturiert den Unterricht und entscheidet, welche Aufgabenstel-
lungen vor, während oder nach den Informationsteilen bearbeitet werden. Des
Öfteren ist es sinnvoll, mit den Aufgabenstellungen zu beginnen und die Informa-
tionsteile nachzureichen (Bottom-up- → Top-down-Prozesse).
→→ Bei Aufgabenstellungen sind Sozialform und methodische Hinweise formuliert.
Die Aufgaben lassen sich jedoch auch mithilfe anderer Methoden bearbeiten.
→→ Informationsteile (narrative Teile) haben die Funktion der Vergegenwärtigung von
Themen. Informationsteile können von den Schülern selbst bearbeitet werden, sie
können aber auch durch die Lehrperson als Vortrag vermittelt werden.

Das Buch unterstützt effizientes Lernen durch folgende Aspekte:


1. Das Interesse an einer Thematik wird durch das Aktivieren des Vorwissens ge-
weckt.
2. Überblick und Struktur sind wichtiger als unzusammenhängende Details: Sowohl
Grafiken als auch Aufgabenstellungen fassen Inhalte strukturiert zusammen und
fügen Details in einen Gesamtzusammenhang ein.
3. Transparenz in den Zielen wird durch allgemeine Erwartungen am Beginn eines
Kapitels formuliert, weiters durch die Möglichkeit der Selbsteinschätzung am Ende
eines Kapitels.
4. Die Vielzahl von Aufgabenstellungen ermöglicht ein variiertes Wiederholen und
das Üben auf verschiedenen Anforderungsniveaus. Ferner wird das transdiszipli-
näre Denken angeregt. Transdisziplinarität beschreibt den Versuch, die engen
Fachgrenzen und ihre methodischen Muster zu überschreiten und vermehrt le-
bensweltliche Erfahrungen in das wissenschaftliche Denken einzubinden. Trans-
disziplinarität geht davon aus, dass natur- und geisteswissenschaftliche Fächer
nicht voneinander abgrenzbare Gebiete sind, sondern zunehmend vernetzt wer-
den sollten. Am meisten lernen wir dann, wenn wir von lebensweltlichen Bezügen
ausgehen und bereit sind, den eigenen Handlungs- und Denkbereich zu über-
schreiten (über- = trans-). (vgl. Schier/Schwinger, 2014) Neben Querverweisen
zwischen Psychologie und Pädagogik werden in den Aufgabenstellungen Bezüge
zur Philosophie, Biologie, Verhaltensforschung, Geschichte, Soziologie und zu den
Neurowissenschaften thematisiert.
5. Selbsteinschätzungen werden in vielfältiger Weise zugelassen und provoziert.
Wiederholungen, Aufgabenstellungen mit verschiedenen Anforderungsniveaus
und Selbsteinschätzungen lassen eine optimale Vorbereitung auf diverse Ab-
schlussprüfungen zu.

Beinahe durchgängig umgesetzt ist das Prinzip des „exemplarischen Lernens“. Damit
ist nicht nur ein Lernen anhand von Beispielen gemeint, sondern die bewusste Be-
schränkung auf Sachverhalte, die beispielhaften Charakter aufweisen und als „Funda-
mente von Pädagogik und Psychologie“ gelten können. Eine bewusste Reduzierung

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von inhaltlichen Details ist die Voraussetzung dafür, Lernen als ganzheitlichen Pro-
zess zu organisieren:
→→ Die Aufgabenstellungen provozieren eine fächerübergreifende Auseinanderset-
zung mit den Inhalten.
→→ Kooperatives Lernen wird durch methodische Varianten angeregt.
→→ Die Orientierung an den Lernenden wird durch den engen Praxis-Theorie-Bezug
und durch Selbsteinschätzungen umgesetzt.
→→ Aufgaben zur Vertiefung regen metakognitive Prozesse an.

Reduktionen
Aus vielen psychologischen Untersuchungen wissen wir, dass uns die Auswahl von
mehr als sieben Möglichkeiten in Stress versetzt. Die optimale Anzahl liegt bei etwa
drei. Je größer die Auswahl, desto stärker der psychische Druck. Wer beispielsweise
selten einkaufen geht, der ist, wenn er vor 25 verschiedenen Joghurt-Sorten steht,
überfordert, welche Wahl er treffen soll. Zudem wird der Arbeitsspeicher überlastet,
kreative Problemlösungen werden behindert. Was im Bereich des schulischen Ler-
nens übrigbleibt, sind ausschließlich Reproduktionen. (vgl. Winterhoff, 2011, S. 75;
Gigerenzer, 2013; Kahneman, 2016 und Taleb, 2014)

Um es konkret zu formulieren: Wenn wir 25 verschiedene Problemlösungsstrategien


im Unterricht durchnehmen, erreichen wir, dass diese auswendig gelernt werden
müssen und in Kürze vergessen sind. Reduzieren wir dagegen die 25 Strategien auf
drei oder vier, können wir in variierter Form wiederholen und üben. Das Vergessen
schalten wir zwar damit nicht aus, aber die Wahrscheinlichkeit, dass diese drei oder
vier Strategien im Lebensweltbezug (erzieherische oder private Praxis) Anwendung
finden, steigt erheblich.

Das Prinzip der didaktischen Reduktion ist als Wissenschaftsprinzip seit dem Mittel-
alter bekannt und hat bis heute seine Gültigkeit. Eine in der Wissenschaft empfohlene
Methode ist Ockhams Rasiermesser: Stehen wir vor der Wahl mehrerer möglicher Er-
klärungen für ein und dasselbe Phänomen, sollen wir diejenige bevorzugen, die die
wenigsten Hypothesen und Vermutungen aufweist. Es ist die Regel der Einfachheit
und Sparsamkeit. Die einfachere, unkompliziertere Erklärung wird der komplizierteren
Erklärung vorgezogen. Wenn wir in Deutschland nach einem Sturm entwurzelte Bäu-
me sehen, ist die einfachste Annahme, es sei der Sturm gewesen. Bei der Annahme,
es wären Elefanten gewesen, müssten wir weitere Annahmen voraussetzen, z. B. die
Existenz vieler Elefanten in Deutschland oder Verschwörungstheorien wie „Türkische
Elefanten werden geheim nach Deutschland importiert, um Verwüstungen anzurich-
ten“.

Das Sparsamkeitsprinzip auf den Unterricht übertragen heißt: Bevorzuge für ein Phä-
nomen Erklärungen, die mit drei oder vier Unterpunkten auskommen.

Sie werden sicherlich feststellen, dass im Buch die didaktischen Reduktionen bzw. das
Sparsamkeitsprinzip nicht immer und überall umgesetzt sind. Das mag mehrere

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Gründe haben: Curricula, Traditionen, heimliche Lehrpläne usw. Sie können als Lehr-
person jedoch bei Prüfungen humane Bildungsprinzipien umsetzen, z. B.: Beschreiben
Sie zwei der angeführten Aggressionstheorien: Instinkttheorie, Frustrations-Aggressi-
ons-Hypothese nach Dollard, Modelltheorie nach Bandura.
1. Die Schüler haben die Wahl: nicht alle, sondern zwei. Ein einfaches Beispiel für die
in allen Lehrplänen und Curricula „gepredigte“ Selbstbestimmung: Wahlmöglich-
keiten zulassen! (vgl. Lahmer, 2014, S. 67)
2. Der Arbeitsspeicher wird durch die Nennung der Theorien entlastet und Freiräume
für Kreativität werden geschaffen. (vgl. Kahneman, 2016, S. 44)
3. Die Qualität des Unterrichts oder Verstehensprozesse leiden in keiner Weise.

Kompetenzen
Kompetenzen sind nach Franz E. Weinert (1930–2001) das Ergebnis von Lernprozes-
sen. Sie umfassen Wissen und kognitive Fähigkeiten, das Vermögen der Selbstregula-
tion sowie sozial-kommunikative Elemente. Kompetenzen zeigen sich beispielsweise
an der Fähigkeit, Urteile zu fällen, logische Schlussfolgerungen zu ziehen, sich selbst
in Bezug auf seine Kenntnisse richtig einzuschätzen. (vgl. Weinert, 2003, S. 27 f.)

Für Psychologie und Pädagogik sind folgende Kompetenzen relevant:


→→ Fachkompetenz: Auseinandersetzung mit den fachspezifischen Inhalten, Kenntnis
psychologischer/pädagogischer Inhalte und Sachverhalte, Kenntnis fachspezifi-
scher Begriffe. Gefördert wird diese Kompetenz durch Moderations- und Original-
texte, Grafiken und entsprechende Aufgabenstellungen wie:
Wiederholen Sie … Fassen Sie zusammen … Erklären Sie …
→→ Wahrnehmungskompetenz: Die meisten psychologischen/pädagogischen Er-
kenntnisse nehmen ihren Ursprung in der genauen Beobachtung von Alltagssitua-
tionen. Die Beobachtungen werden dann wissenschaftlich differenziert unter-
sucht. Diese Kompetenz wird vor allem gefördert durch Aufgabestellungen wie:
Beschreiben Sie Ihre Gefühle zu … Beschreiben Sie, was Sie sehen … Formulieren
Sie Ihre Vermutungen … Stellen Sie Bezüge zu Ihrer Lebenswelt her …
→→ Methodenkompetenz beinhaltet die Fähigkeit, Informationen zu beschaffen, zu
strukturieren, Ergebnisse richtig zu interpretieren und sie geeignet zu präsentie-
ren. Diese Kompetenz wird einerseits durch Moderationstexte gefördert, anderer-
seits durch Aufgabenstellungen wie:
Führen Sie ein Experiment/eine Befragung zu … durch. Interpretieren Sie die Ergeb-
nisse von ...
→→ Urteilskompetenz: Darunter werden Fähigkeiten verstanden, fremde Urteile zu
hinterfragen und selbstständig Urteile zu treffen. Konkret gefördert wird die Ur-
teilskompetenz durch Aufgabenstellungen wie:
Analysieren Sie die Begriffe … Überprüfen Sie die Argumente … Erörtern Sie Pro-
und Kontra-Argumente … Erörtern Sie die Zusammenhänge …
→→ Kontrafaktische Kompetenz: Kontrafaktizität beschreibt die Fähigkeit, die Bezie-
hung zwischen Realität und möglichen Alternativen zu dieser Realität zu erfassen.
Kontrafaktisches Denken wirkt sich auf unser Urteilsvermögen aus und beeinflusst
nachhaltig unsere Erfahrung. Wir können alternative Versionen der Welt ausden-

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ken, Handlungsalternativen entwickeln und diese in die Tat umsetzen (vgl. Gopnik,
2015, S. 94 f.). Geübt wird diese Kompetenz durch zahlreiche kreative Aufgaben-
stellungen, konkret:
Übernehmen Sie die Perspektive von … Was wäre, wenn … Stellen Sie eine prob-
lemorientierte Frage zu …

Was heißt „kompetenzorientiert“?


Klären wir zunächst, was Orientierung bedeutet. Wenn wir uns beispielsweise in einer
erzieherischen Tätigkeit orientieren, setzen wir einen Beginn (lat. oriri = aufgehen,
entstehen), wir lassen Ideen entstehen, setzen eine Vorstellung um. (vgl. Arendt,
2007, S. 180–186). Orientierung ist jedenfalls scharf von Normierung zu trennen:
Orientierung betont die Interaktion, das Sich-Einlassen auf das Gegenüber, wäh-
rend Normierung eine abzuarbeitende Richtschnur meint, eine vorgeschriebene Re-
gel, ohne Rücksichtnahme auf die Fähigkeiten der Lernenden. (vgl. Lahmer, 2015,
S. 82–86)

Orientierung beinhaltet den Aspekt der Kooperation und ist etwas Aktives: Ich kann
mich orientieren, ich kann aber nicht orientiert werden. Entsprechend heißt Kompeten-
zorientierung, Wissen, Können und Haltung zu fördern (vgl. Martens, 1999, S. 12):
Wissen als Kenntnisse, die erforderlich sind, um einen Sachverhalt zu erfassen; Kön-
nen als Fähigkeit, Sachverhalte und Probleme zu analysieren, bewerten, darzustellen;
Haltung als Bereitschaft, sich der erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten zu bedie-
nen und sie in die Tat umzusetzen, z. B.: Meinungen von begründeten Behauptungen
unterscheiden, Nachdenklichkeit entwickeln etc. (vgl. Tiedemann, 2015, S. 73 f.). Diese
Grundhaltung eines kompetenzorientierten Unterrichts wird im vorliegenden Buch
umgesetzt: Vorwissen aktivieren, Wissensstrukturen aufbauen, selbstgesteuertes Ler-
nen zulassen, Lernstoffe vernetzen, Kritikfähigkeit anregen, Selbsteinschätzung för-
dern.

Kompetenzorientierung erfüllt dann die Zielsetzung, wenn im Unterricht Wissen, Kön-


nen und Haltung gefördert werden:
→→ Verfügungswissen: Wissen als Kenntnisse, die erforderlich sind, um einen Sachver-
halt zu erfassen;
→→ Anwendungswissen: Können als Fähigkeit, Sachverhalte und Probleme zu analy-
sieren, bewerten, darstellen; Inhalte und Theorien (Konstrukte) vergleichen;
→→ Orientierungswissen: Haltung als Bereitschaft, sich der erworbenen Kenntnisse
und Fähigkeiten zu bedienen und sie in die Tat umzusetzen. Orientierungswissen
ist Wissen, das uns befähigt, mit anderen Menschen zu kooperieren, zu interagie-
ren, auch zu konkurrieren: ein Wissen, das uns eine Orientierung in der Welt als
Ganzes bietet. (vgl. Nida-Rümelin, 2013, S. 137 f.)

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Sich orientieren,
Handeln

richt cht
Z ie l

nter terri
U Un
Reflexion

­Verfügungswissen: ­Anwendungswissen:
Reproduktion Transfer
issen
w
Vor
Abbildung 1: Orientierung als Handlungsvorbereitung

Worüber in der Kompetenzdiskussion Einigkeit herrscht:


→→ Kompetenzorientierung fasst Lehren und Lernen als Dialog auf: Die Lehrperson
berücksichtigt die Situation der Schülergruppe und der einzelnen Individuen (Di-
versität), geht vom Vorwissen der Schüler aus, lässt Selbsteinschätzungen zu.
→→ Kompetenzorientierung berücksichtigt alle Erkenntnisse, die die Lernmotivation
steigern, z. B. eine maßvolle Vielfalt von Sozialformen und Methoden, pragmati-
sche Zielsetzungen, Erklärungsmodelle von Bottom-up- zu Top-down, Verfeine-
rung der Allgemeinbildung, Prozesse des Selbstlernens etc. (vgl. Gruschka 2011,
S.  42 f.)
→→ Kompetenzorientierung ist beschreibbar als Problemorientierung/Problemfokus-
sierung und (vorläufige) Problemlösung. Für eine vorläufige Problemlösung sind
drei Schritte nötig: grundlegendes Wissen reproduzieren, Wissen verknüpfen und
transferieren, das Gelernte reflektieren und mit Wissen kreativ umgehen.
→→ Kompetenzorientierung bedeutet einen Perspektivenwechsel: weg von einer aus-
schließlichen Orientierung auf Wissenserwerb, hin zu einer intelligenten Anwen-
dung von Wissen. Dabei ist der Fokus auf das Exemplarische/Wesentliche zu
richten: Verfügungswissen und Anwendungswissen sind gleich wichtig.

Was für Psychologie und Pädagogik bezüglich Kompetenzorientierung


wichtig ist:
→→ Kompetenzen beschreiben das Zusammenspiel von Wissen, Können (überprüfbar)
und Haltungen (im Unterricht nicht überprüfbar).

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→→ Kompetenzen werden primär an exemplarischen Inhalten erworben. Da Kompe-


tenzen an exemplarischen Inhalten erworben werden, lassen sich diese vernetzt
vermitteln und müssen nicht Punkt für Punkt abgearbeitet werden, das heißt, eini-
ge Kompetenzen sind durch andere Kompetenzen bereits immanent abgedeckt.
→→ Detaillierte Kompetenzmodelle bergen die Gefahr in sich, den Unterricht durch
das bürokratische/technizistische Abarbeiten von überdimensional vielen Zielen
(Lern­ergebnissen) zu normieren.

Das Buch Grundlagen der Pädagogik und Psychologie unterstützt die Lehrpersonen
mit Strategien und Heuristiken, im Wirrwarr von Details das Wesentliche zu erkennen
und dieses lernwirksam im Unterricht zu vermitteln.

Methodische Ableitungen
Unterricht ist situationsabhängig, je nach Lehrperson, Klasse und Thema wird die Me-
thode ausgewählt: Die Situation und der Inhalt bestimmen die Methode, nicht umge-
kehrt! So gesehen gibt es keine didaktische Form oder clevere Methode, die wie ein
Rezept umgesetzt werden könnte, es gibt aber Facetten von lernförderlichen Maß-
nahmen. Dazu gehören:
→→ Vorwissen aktivieren: Die Aktivierung des Vorwissens als motivationaler Faktor
scheint unbestritten. (vgl. Felten/Stern, 2012, S. 20–39, 139 und 141). Vorkennt-
nisse begünstigen den Wissenserwerb. Eine unzureichende Vernetzung des neuen
Wissens mit den Vorkenntnissen begünstigt das Vergessen. Wenn das Vorwissen
dem neuen Wissen widerspricht, regt das zum Nachdenken an. Die Bedeutung des
Vorwissens ist jedoch nicht nur motivations- oder lernpsychologisch zu begrün-
den, sondern hat in hohem Maß einen humanen, demokratischen und sozialen
Wert. Wenn wir als Lehrpersonen im Unterricht das Vorwissen der Lernenden ge-
bührend würdigen, behandeln wir die Lernenden mit Respekt, wir erklären ver-
ständlich, berücksichtigen ihre lebensweltliche Erfahrung. Anders ausgedrückt:
Wir setzen kommunikative Rationalität in die Tat um. Kommunikative Rationalität
umschreibt den fairen Umgang im Gespräch und die Bereitschaft, eigene und
fremde Argumente zu prüfen (vgl. Nida-Rümelin, 2013, S. 46).
→→ Verstehensprozesse anleiten: Andreas Gruschka (geb. 1950), Kritiker eines kompe-
tenzorientierten Unterrichts, sieht im Verstehen den Maßstab für Bildung (vgl.
Gruschka, 2011, S. 24 f. und 135–138)1: Der Blick auf das Wesentliche und Exemp-
larische muss geschärft werden. So wird Lernen sinnvoll, wenn man versteht, wor-
um es geht. Man muss sich anstrengen und durchhalten, Erkenntnis muss mit viel
Disziplin erarbeitet werden. Nur so stellt sich im intrinsischen Sinn eine Hingabe an
die Sache ein, eine Neugier, ein Staunen. Konkretisiert sind die Gedanken von
Gruschka durch die Aktivierung des Vorwissens als motivationalen Faktor, durch
Verzicht auf störende Details, durch Aufzeigen des Wesentlichen.

1 Gruschka kritisiert an der Kompetenzorientierung vor allem die Überbetonung des Metho­
dischen, während die Inhalte nur mehr eine untergeordnete Rolle spielen; es muss alles
vermieden werden, was das Verstehen behindert; der Inhalt bestimmt das methodische
Vorgehen, nicht umgekehrt.

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→→ Detailwissen reduzieren: Ernst Mach, Physiker und Philosoph, hat bereits im 19. Jh.
beklagt: „Ich kenne nichts Schrecklicheres als die armen Menschen, die zu viel
­gelernt haben. […] Was sie besitzen, ist ein Spinnengewebe von Gedanken, zu
schwach, um sich darauf zu stützen, aber kompliziert genug, um zu verwirren.“
(zitiert aus Lehner, 2009, S. 134) Das hier beschriebene Wissen ist ein totes Wis-
sen, nutzlos und inhuman, weil es verwirrt. Die einzige Möglichkeit, der Verwirrung
entgegenzuwirken, besteht darin, Detailwissen zu reduzieren, auf Fachausdrücke
ohne Bezugsrahmen zu verzichten. Alle Maßnahmen, die das Arbeitsgedächtnis
entlasten, sind deshalb sinnvoll, weil sie Platz für eigenständiges Denken, kreative
Assoziationen etc. schaffen. Alles, womit das Arbeitsgedächtnis beschäftigt ist,
schränkt ein reflektiertes Denken ein. (vgl. Kahneman, 2016, S. 44)
→→ Wesentliches/Exemplarisches aufzeigen: Ein Aspekt kompetenzorientierten Unter-
richts ist die Betonung des Exemplarischen. Die Kunst des Unterrichtens besteht
u. a. darin, das Allgemeine/Typische am Konkreten zu zeigen. Um das Exemplari-
sche/Wesentliche einer Sache für den Unterricht vorzubereiten und darzustellen,
sind Lehrpersonen – neben Wissensvermittler – vor allem Künstler, weil sie im
Konkreten/Alltäglichen das Wesentliche erkennen müssen.
→→ Dem Unterricht Struktur geben: Bei der Organisation der Lernprozesse scheint ein
Mittelweg zwischen Instruktion und Handlungsorientierung aus pragmatischer
Sicht sinnvoll.

Kompetenzorientierung als Mitte zwischen zwei negativen Extremen

nur frontal, nur spontan ohne Struktur nur offen, nur zielorientiert ohne Kreativität

Kompetenzorientierung
exemplarisch, sich auf Wesentliches konzentrieren, vom Konkreten zum Abstrakten, Aktivierung des
Vorwissens, weniger Verfügungswissen und mehr Anwendungswissen

Abbildung 2: Kompetenzorientierung als maßvolle Mitte (Lahmer, 2014, S. 10)

Heuristiken
Immer, wenn dir eine Theorie als die einzig mögliche erscheint, nimm das als Zeichen,
dass du weder die Theorie noch das zu lösende Problem verstanden hast. (Popper,
1993) Karl R. Popper drückt hier eine Skepsis gegenüber Expertenwissen aus. In kom-
plexen Systemen, die durch viele Einflussfaktoren unberechenbar werden, kann es
kein sicheres Wissen geben, maximal Wahrscheinlichkeiten. Was sollen wir anstelle
von Expertenwissen einsetzen? Anstelle von Expertenwissen können wir uns auf Heu-
ristiken stützen. Heuristiken sind schlichte Faustregeln, die Dinge vereinfachen. Die
Benutzer von Heuristiken müssen sich jedoch bewusst sein, dass diese Regeln nicht
perfekt, sondern lediglich zweckdienliche Hilfsmittel sind. Besonders nützlich sind
Faustregeln oder Heuristiken, wenn Entscheidungen in komplexen Situationen schnell
und intuitiv getroffen werden müssen. (vgl. Gigerenzer, 2013, Pos. 623 f. und 723 f.)

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Für die Beschäftigung mit Themen aus Psychologie und Pädagogik können die fol-
genden Heuristiken zweckdienlich sein:
→→ Heuristik 1 – Kontrafaktizität: Die „Was wäre, wenn-Frage“ eignet sich bei vielen
Themen, um Querdenken zu provozieren.
Kontrafaktisches Denken wirkt sich auf unser Urteilsvermögen, unsere Entschei-
dungen und Gefühle aus und beeinflusst nachhaltig unsere Erfahrung. Wir können
alternative Versionen der Welt ausdenken, Handlungsalternativen entwickeln und
diese in die Tat umsetzen. Kontrafaktizität bedarf der Fähigkeit, die Beziehung
zwischen Realität und möglichen Alternativen zu dieser Realität zu erfassen.
→→ Heuristik 2 – Via negativa: Worin besteht das Geniale am David von Michelange-
lo? Ganz einfach, ich nehme eben alles weg, was nicht David ist. Das heißt anders
formuliert: Wir wissen wesentlich besser, was falsch als was richtig ist. Wissen
wächst also eher durch Subtraktion bzw. Selektion als durch Addition. (vgl. Taleb,
2014)
Konkret lässt sich das im Unterricht mit einfachen Fragen umsetzen: Was ist ko-
operatives Verhalten nicht? Was ist Fairness nicht? Was ist Erziehung nicht?
→→ Heuristik 3 – Begriffe schärfen: Wenn wir Diskurse (Gespräche) über psychologi-
sche oder pädagogische Probleme führen, müssen wir zuallererst klären, worüber
wir sprechen. Dazu brauchen wir klare Begriffe. Auch wenn wir nicht endgültig
angeben können, was ein Wort wirklich bedeutet, müssen wir den Bedeutungsbe-
reich abgrenzen: Was verstehen wir unter Lebensbeginn? Was verstehen wir unter
Bewusstsein? Was verstehen wir unter Identität?
→→ Heuristik 4 – Dissonanzen aushalten, Supergedanken gibt es nicht: Am Beispiel
der verschiedenen psychologischen und pädagogischen Richtungen sehen wir,
dass es – je nach Perspektive ­– verschiedene Schwerpunkte in den Antworten
gibt: Menschen sind vom Unbewussten bestimmt oder Menschen streben nach Sinn
oder Menschen konstruieren ihr Weltbild. Es gibt also in den meisten Fragen, die
menschliches Handeln und Denken betrifft, keine Rezepte, kein endgültiges Ex-
pertenwissen. Die Konsequenz: Wir müssen die Unvollkommenheit akzeptieren.
Bezogen auf komplexe Probleme gibt es keine Supergedanken, keine einfachen
Lösungen.

Planungsmodell für den Unterricht


Wie lässt sich Problem- und Kompetenzorientierung im Unterricht umsetzen? Das
folgende Modell verzichtet auf einen verengten Begriff von Methodenkompetenz oder
Kompetenzraster. Methoden sind je nach Thema oder Situation wählbar (vgl. Sister-
mann, 2005, 2008, 2011 und 2015):
1. Problemorientierung, Lebensweltbezug, Selbstbezug: Hinführung, Vorwissen akti-
vieren, subjektive Vermutungen formulieren … Nach Kersten Reich (2008) ist dies
die Stufe der Konstruktion, die „Erfindung der Wirklichkeit“ durch den Lernenden.
Wenn wir über Probleme reden, wollen wir wissen, warum sie da sind.
2. Angeleitete Problemlösung: Die Lernenden beschäftigen sich mit Texten oder an-
deren Medien und bearbeiten Arbeitsaufträge. Dies ist die Stufe der Rekonstrukti-
on, die „Entdeckung der Wirklichkeit“ anderer. Diese Phase orientiert sich an der
hermeneutischen Methode. Wir wollen nicht nur über Probleme reden, sondern
auch über die Problemlösung, wir beschäftigen uns mit dem Erreichen von Zielen.

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3. Zusammenfassung, Wiederholung: Mit einfachen Transfer- oder Wiederholungs-


aufgaben werden die Lerninhalte gefestigt.
4. (nächste Stunde, eventuell Hausaufgabe) Transfer, Reflexion: Die Lernenden neh-
men zu den Inhalten Stellung, bilden sich reflektierte Urteile. Nach Reich (2008) ist
dies die Stufe der Dekonstruktion, das „Enttarnen der Wirklichkeit“. Konstruktio-
nen werden hinterfragt, Selbstverständliches in Frage gestellt. Eine mögliche Auf-
gabenstellung: Was wäre, wenn …

Checkliste: Verben für Anforderungsniveaus

Reproduktion von Wissen

überprüfbar: nennen, wiedergeben, definieren, herausarbeiten, aufzählen,


zusammenfassen, wiederholen, beschreiben, erkennen, auflisten, darlegen …
nicht überprüfbar: aufmerksam wahrnehmen, Interesse zeigen, Anteil nehmen …

Transfer

überprüfbar: erklären, vergleichen, auswerten, zuordnen, gegenüberstellen,


widerlegen, gliedern, übertragen, anwenden, ableiten, unterscheiden, umwandeln,
Beziehungen herstellen, strukturieren, koordinieren, umsetzen, präzise ausführen

nicht überprüfbar: für richtig oder falsch/gut oder schlecht halten, tolerieren,
einschätzen, würdigen …

Reflexion/Problemlösen

überprüfbar: beurteilen, bewerten, erörtern, Stellung nehmen, Hypothesen


entwickeln (= Vermutungen anstellen), begründet diskutieren, verfassen, kritisie-
ren, interpretieren, gestalten, weiterentwickeln, ausdifferenzieren, umorganisie-
ren, selbstständig handeln …
nicht überprüfbar: überzeugt sein, kritisch reflektieren, Überzeugungen vertreten

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Mögliche Methoden

World-Café Deskriptoren, Verben Informations-


Textanalysen input
beurteilen nennen Lückentext
Rollenspiel
bewerten wiedergeben Arbeitsblatt
Erkundung
erörtern definieren Brain­
Placemat
Hypothesen heraus­ storming
Fishbowl
entwickeln Reflexion Repro­duktion arbeiten Vortrag
Präsentation
begründen aufzählen Quiz
Feedback
diskutieren wiederholen Rätsel
635-Methode
verfassen beschreiben Faktencheck

kritisieren erkennen Texte lesen
interpretieren identifizieren Mindmap
gestalten auflisten …
… darlegen

erklären Transfer zuordnen


Stationen­ vergleichen widerlegen Arbeitsblatt
betrieb anwenden gliedern
auswerten übertragen Einzelarbeit
Streit­ gegenüber- …
gespräch stellen

Pro-Kontra- Partner- Interview- Cognitive …


Debatte briefing Methode Apprenticeship

Abbildung 3: Anforderungsniveaus und Methoden (Lahmer, 2014, S. 14)

Methodenmanual
Je nach Lehrperson, Klasse und Thema ist die Methode zu wählen: Die Situation und
der Inhalt bestimmen die Methode! Es gibt sicherlich keine didaktische Form oder Su-
per-Methode für den Unterricht, es gibt jedoch eine Struktur, die Lernprozesse sinn-
voll anleiten kann:
→→ Mitteilung der Ziele (vgl. jeweils die Eingangsseite zu den Kapiteln), um Lernpro-
zesse zu strukturieren,
→→ Verknüpfung der neu vermittelten Informationen mit dem Vorwissen (vgl. jeweils
Eingangsseite und Hinweise bei den Aufgabenstellungen),
→→ Vermittlung von Informationen mit Bezug auf Lebenspraxis (durchgängig), alle In-
halte werden immer mit konkreten Beispielen dargeboten, auf theoretische Konst-
rukte ohne Bezug zur Lebenspraxis wird verzichtet,
→→ Lernhilfen wie vorangestellte Strukturierungshilfen an strategisch wichtigen Stel-
len, Zwischenzusammenfassungen, die den Lernprozess unterstützen.

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Die Methode „Denken – Austauschen – Besprechen“ (Think – Pair – Share) setzt ak-
tuelle Erkenntnisse der Lernforschung in die Tat um. Dabei wird die generelle Anfor-
derung, dass sich jeder Schüler zunächst allein Gedanken macht, im ersten Schritt
erfüllt. Die Schritte werden wie folgt instruiert:
1. Denken: Die Schüler denken zunächst allein nach, sie notieren eventuell Stich­
worte.
2. Austauschen: Mindestens zwei Schüler tauschen ihre Ideen oder Kenntnisse aus
und fassen diese anschließend zusammen.
3. Besprechen: Dies kann unterschiedlich geschehen, in Form einer Überprüfung, ei-
nes Lehrer-Schüler-Gesprächs, einer Präsentation etc.

Lückentext: Lückentexte werden in der didaktischen Literatur des Öfteren als trivial
bezeichnet. Die Verwendung von Lückentexten hat folgende Gründe: Sie stellen in
einfacher Form eine Verknüpfung von Reproduktion und Transfer her, provozieren
eine variierte Wiederholung und fassen Wesentliches strukturiert zusammen.

Streitgespräch: Zu einem Thema werden drei oder vier verschiedene, möglichst kont-
roverse Meinungen gefunden. Aus der Klasse werden nun drei oder vier Personen
bestimmt, die diese Meinungen vertreten können. Anschließend findet ein Streitge-
spräch zwischen diesen Personen statt. Sie setzen sich in einen Kreis oder Halbkreis.
Hinter denen, die die Meinung vertreten, sitzen die anderen Schüler, die den jeweili-
gen Meinungen zustimmen. Das Streitgespräch dauert etwa fünf Minuten. Danach
wird eine Beratungspause eingelegt. In dieser Pause beraten sich die Meinungsver-
treterinnen/Meinungsvertreter mit ihren Gruppen, neue Argumente werden gesam-
melt. Die Meinungsvertreterin/Der Meinungsvertreter kann ausgetauscht werden.
Nun wird wieder fünf Minuten diskutiert. Am Schluss kann man sich die Frage stellen:
→→ Haben sich Annäherungen der Standpunkte ergeben?
→→ Ist man zu einer gemeinsamen Lösung gekommen?

Kugellager-Diskussion: Für die Kugellager-Diskussion wird eine gerade Anzahl von


Personen benötigt. Bei einer ungeraden Zahl kann eine Person eine Beobachterrolle
übernehmen. Die eine Hälfte setzt sich in den Außenkreis mit dem Gesicht in Richtung
Kreismitte, die andere Hälfte bildet einen Innenkreis – es sitzen sich dann immer zwei
Personen gegenüber. Zu einem vereinbarten Thema diskutieren alle Paare gleichzeitig
miteinander, etwa drei bis fünf Minuten. Nach einem vereinbarten Signal geht der In-
nenkreis um einen Platz weiter, d. h. die Diskutierenden bekommen neue Gegenüber
und diskutieren das gleiche Thema nochmals. Nach weiteren drei bis fünf Minuten
kann der Innenkreis wieder einen Platz weiterrücken. Am Ende der Diskussion haben
alle Beteiligten mit drei anderen intensiv (immer zu zweit) über ein Thema gespro-
chen.

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Fischbowl: Beim Fischbowl sitzen alle Schüler in einem Innen- und einem Außenkreis.
Im Innenkreis sitzen etwa drei Personen, außerdem befinden sich ein oder zwei unbe-
setzte Stühle im Innenkreis. Alle übrigen Personen sitzen im Außenkreis. Nur die drei
Personen im Innenkreis diskutieren
über ein vereinbartes Thema. Alle im
Außenkreis hören zu. Wenn sich eine ★ ★ ★ ★ Zuhördende
Person aus dem Außenkreis an der Dis- ★ ★  Moderatorin/
kussion beteiligen will, so muss sie sich ★★ ★ ★ Moderator
auf einen der freien Stühle im Innen-
kreis setzen. Sie kann den Stuhl – wie ★ ★ ★ ★ ★ Diskutierende

alle aus dem Innenkreis – wieder ver- ★ freier Platz


lassen und ihn für jemand anderen frei- ★ ★
machen.

Erweiternde Diskussion: Mit dieser Methode soll erreicht werden, dass sich die Schü-
ler einer großen Klasse in immer größer werdenden Kleingruppen zu einem Thema
austauschen. Zu Beginn wird die Gesamtgruppe in Paare aufgeteilt – jedes Paar setzt
sich irgendwo in den Raum und spricht zirka fünf Minuten über das zuvor vereinbarte
Thema. Anschließend suchen sich die Paare ein zweites Paar und sprechen nun zu
viert wieder etwa fünf Minuten miteinander. Danach sucht sich jede Vierergruppe eine
andere Vierergruppe und spricht noch einmal über das Thema. Im Plenum werden von
jeder Gruppe drei wichtige Sätze (Argumente) genannt und an die Tafel geschrieben.

Allgemeiner Hinweis zu Diskussionen: Um die Ergebnisse der Diskussionen festzu-


halten, ist es empfehlenswert, Gedächtnisprotokolle anzufertigen bzw. anfertigen zu
lassen.

Methode 432: 4 Personen haben 3 Vorschläge in 2 Minuten zu einer Thematik schrift-


lich zu fixieren. Die Lehrperson gibt das Thema oder die Frage vor. Vier Schüler bilden
jeweils eine Gruppe. Die Schüler erhalten ein Blatt, das drei Spalten mit je vier Zeilen
enthält. Der erste Schüler trägt in der obersten Zeile drei Ideen ein. Dafür hat er zwei
Minuten Zeit. Dann wird das Blatt im Uhrzeigersinn weitergegeben. Bezüge zu vorhe-
rigen Ideen sind möglich. Es müssen nicht immer alle Kästchen mit Ideen gefüllt wer-
den.

Idee 1 Idee 2 Idee 3

Gruppen-Puzzle (Jigsaw-Methode): Das Interessante an diesem Verfahren ist, dass


alle Schüler an der Weitergabe und dem Austausch der Gruppenergebnisse beteiligt

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sind und nicht nur Einzelne. Diese Methode können Sie bei allen Kapiteln einsetzen,
indem Sie die Themen jeweils gruppenweise aufteilen.
1. Jede Gruppe bekommt verschiedene Aufgabenstellungen.
2. Bearbeiten Sie in Ihrer Gruppe die gestellten Übungen. Stellen Sie sicher, dass je-
des Gruppenmitglied die Ergebnisse der Gruppenarbeit verstanden hat. Alle müs-
sen im nächsten Schritt die Ergebnisse den anderen vermitteln können.
3. Nun sollen die Ergebnisse der Stammgruppen untereinander ausgetauscht wer-
den.

Aus den ursprünglichen Gruppen …

Gruppe A Gruppe B Gruppe C Gruppe D


A1 – A2 – A3 – A4 B1 – B2 – B3 – B4 C1 – C2 – C3 – C4 D1 – D2 – D3 – D4

werden Gruppen mit Expertinnen und Experten.

Gruppe 1 Gruppe 2 Gruppe 3 Gruppe 4


A1 – B1 – C1 – D1 A2 – B2 – C2 – D2 A3 – B3 – C3 – D3 A4 – B4 – C4 – D4

Interview-Methode (Partnerbriefing): Themen kann man auch bearbeiten, indem


man sie verändert oder umgestaltet. Eine interessante Möglichkeit ist, einen durchge-
nommenen Abschnitt in einem Interview zu bearbeiten.
→→ Frage: „Wie würden Sie Vorurteile definieren?“ Antwort: „Vorurteile sind …“
→→ Frage: „Was kann man gegen Aggression unternehmen?“ Antwort: „Maßnahmen
gegen Aggression sind …“

World-Café: Die Teilnehmenden sitzen im Raum verteilt an Tischen mit vier bis acht
Personen. Ein Moderator pro Tisch führt als Gastgeber zu Beginn in die Arbeitsweise
und das Thema ein. Nach einer bestimmten Zeit wechseln die Gäste die Tische, der
Moderator begrüßt nun die nächsten Gäste.

Placemat: Zunächst wird eine Aufgabenstellung in Einzelarbeit behandelt, anschlie-


ßend in Partnerarbeit besprochen. Im nächsten Schritt werden Vierergruppen gebil-
det und die Erfahrungen ausgetauscht und dann vor der Klasse präsentiert: einzeln
nachdenken – Gedanken austauschen – präsentieren.

Erkundung ist eine Methode der Informationsbeschaffung. Erkundungen können in


Form von Beobachtungen und/oder Befragungen (Interviews/Umfragen) stattfinden.

Cognitive Apprenticeship beinhaltet vier Stufen: Modeling (Vorführen), Scaffolding


(unterstützte Eigentätigkeit), Fading (Nachlassen der Unterstützung durch die Lehr-
person), Coaching (betreutes Beobachten).

Rollenspiel – Walt Disney-Methode: Der Name dieser Kreativitätstechnik geht auf


Zeichentrick-Pionier Walt Disney zurück. Diese Kreativitätstechnik basiert auf einem
kleinen Rollenspiel, bei dem jede Teilnehmerin/jeder Teilnehmer eine von vier Rollen
übernimmt.

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→→ Träumer sind Visionäre und Ideenlieferanten, sie kümmern sich nicht um Details
oder praktische Umsetzungsmöglichkeiten, sondern haben das große Ganze im
Blick, Visionen.
→→ Realisten sind die Macher und Pragmatiker. Sie versuchen, die Ideen der Träumer
realistisch zu betrachten und Umsetzungsmöglichkeiten zu beachten.
→→ Kritiker stellen Fragen, sie versuchen z. B. Argumente zu finden, warum eine Idee
umsetzbar ist.
→→ Neutrale sind Beobachter und Berater. Sie schreiben Ideen mit, sorgen für die Rol-
leneinhaltung.

Concept-Cartoon-Methode: Das dialogische Lernen soll durch einige Concept Car-


toons angeregt werden. Concept Cartoons fordern dazu heraus, sich mit Behauptun-
gen auseinanderzusetzen. Sie geben in schriftlich pointierter Form Orientierungen vor
und regen eine Diskussion an.

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Literatur
Arendt, Hannah: Vita activa oder vom tätigen Leben. München: Piper 2007.

Bieri, Peter: Wie wäre es, gebildet zu sein? Verfügbar unter: http://www.hwr-berlin.
de/fileadmin/downloads_internet/publikationen/Birie_Gebildet_sein.pdf (2.12.2014).

Dewey, John: Demokratie und Erziehung. Eine Einleitung in die philosophische Päda-
gogik. Weinheim und Basel: Beltz 2011.

Felten, Michael/Stern, Elsbeth: Lernwirksam unterrichten. Im Schulalltag von der


Lernforschung profitieren. Berlin: Cornelsen 2012.

Fromm, Erich: Die Kunst des Liebens. Frankfurt am Main: Ullstein 1974.

Gigerenzer, Gerd. Risiko. Wie man die richtigen Entscheidungen trifft. Kindle-Ver-
sion. München: Bertelsmann 2013.

Gruschka, Andreas: Verstehen lehren. Ein Plädoyer für guten Unterricht. Stuttgart:
Reclam 2011.

Hentig, Hartmut von: Bildung. Ein Essay. Weinheim und Basel: Beltz 2004.

Kahneman, Daniel: Schnelles Denken, langsames Denken. München: Penguin 2016.

Kompetenzorientiertes Unterrichten. Grundlagenpapier. Verfügbar unter: http://


www.berufsbildendeschulen.at/fileadmin/content/bbs/KU/Grundlagenpapier_KU_
Maerz2011.pdf, (Mai 2011).

Korte, Martin: Wie Kinder heute lernen. Was die Wissenschaft über das kindliche Ge-
hirn weiß. München: Goldmann 2012.

Lahmer, Karl: Kernbereiche der Psychologie und Philosophie – kompetent. Matu-


raleitfaden mit CD-ROM. LehrerInnenmaterial. Wien: E. Dorner 2014.

Lahmer, Karl: Kompetenzorientierung versus Kompetenznormierung – Aspekte einer


humanen Unterrichtskultur. In: ph.script. Pädagogische Hochschule Salzburg. Beiträ-
ge aus Wissenschaft und Lehre 8/2015, S. 82–86. Online abrufbar: http://www.
phsalzburg.at/fileadmin/PH_Dateien/Wallner/phscript08_www.pdf .

Lehner, Martin: Allgemeine Didaktik. UTB Basics. Bern u. a.: Haupt 2009.

Martens, Ekkehard: Philosophieren mit Kindern. Eine Einführung in die Philosophie.


Stuttgart: Reclam 1999.

Nida-Rümelin, Julian: Philosophie einer humanen Bildung. Hamburg: Edition Körber-


Stiftung 2013.

Reich, Kersten: Konstruktivistische Didaktik. Lehr- und Studienbuch mit Methoden-


pool. Weinheim und Basel: Beltz 2008.

Schier, Carmen/Schwinger, Elke (Hrsg.): Interdisziplinarität und Transdisziplinarität


als Herausforderung akademischer Bildung. Innovative Konzepte für die Lehre an
Hochschulen und Universitäten. Bielefeld: transcript 2014.

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Sistermann, Rolf: Unterrichten nach dem Bonbonmodell, Ein Musikvideo als Hinfüh-
rung zur Reflexion über die Endlichkeit des Lebens (ab Klasse 8). In: Zeitschrift für Di-
daktik der Philosophie und Ethik, 4/2008, 299–305 (weitere Beispiele vgl. Zeitschrift
für Didaktik der Philosophie und Ethik, 1/2005, 1/2011, 1/2015).

Taleb, Nassim Nicholas: Antifragilität. Anleitung für eine Welt, die wir nicht verste-
hen. München: btb 2014.

Tiedemann, Markus: Problemorientierung. In: Julian Nida-Rümelin/Irina Spiegel/


Markus Tiedemann (Hrsg.): Handbuch Philosophie und Ethik. Band 1: Didaktik und
Methodik. Paderborn: Schöningh 2015, S. 70–78.

Winterhoff, Michael: Lass Kinder wieder Kinder sein. Oder: Die Rückkehr zur Intuiti-
on. München: Gütersloher Verlagshaus 2011.

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