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Bauer - Gescheiterte Innovationen Monographie
Bauer - Gescheiterte Innovationen Monographie
Band 893
Gescheiterte Innovationen
Fehlschläge und technologischer Wandel
Reinhold Bauer, Dr. phil. habil., ist Privatdozent am Seminar für Geschichtswissen- Campus Verlag
schaft der Helmut-Schmidt-Universität, Universität der Bundeswehr Hamburg.
Frankfurt/New York
1 1111
1
III 11111111
Gedruckt mit Unterstützung des Förderungs- und Beihilfefonds 'Wissenschaft der VG WORT.
Inhalt
1. Einleitung 9
1.1. Zum Begriff »Fehlgeschlagene Innovation« 11
1.2. Entwicklung der Forschung 18
1.3. Ausgewählte Fallbeispiele und Untersuchungsansatz 38
reicht aus, wenn die Erstmaligkeit der Verwertung für das innovierende
falls zwingend. Nicht selten kommt es zu einer Art Fragmentieruiag des
Subjekt bzw. die innovierenden Subjekte gegeben ist (»subjektive Innova-
Innovationsprozesses, bei der die Funktionen »Finanzierung«, »technische
tion«).7
Entwicklung« sowie »Fertigungsvorbereitung und Einführung« auf ver-
Charakteristisch für Innovationen ist stets ihrproesshafter Charakter: Bei
schiedene Akteure verteilt sind. Zu verweisen wäre etwa auf den Fall eines
Innovationen handelt es sich um planvolle, zielgerichtete Veriinderungs-
reinen Ingenieurbüros, das als Auftragsleistung zwar die Entwicklung eines
bzw. Entwicklungsproesse. Diese Prozesse können alle Phasen von der
neuen Produktes oder Verfahrens, nicht aber dessen tatsächliche Einfüh-
Ideengewinnung bis zum marktreifen Produkt/Verfahren umfassen, müs-
rung bzw. Produktionsaufnahme betreibt (vgl. Abschnitt 3.2.4.). In diesem
sen aber auf die wirtschaftliche Nutzung der Neuerung abzielen. Im Ideal-
Falle übernimmt das Ingenieurbüro zwar Teile der Innovatorfunktion, ist
fall führt der Innovationsprozess zur erfolgreichen Markteinführung und
selbst aber weder von einem späteren Erfolg der Innovation am Markt
Verbreitung eines veränderten, respektive neuen Produktes bzw. zur
noch von einem möglichen Misserfolg unmittelbar wirtschaftlich betrof-
erfolgreichen Einführung eines neuen Verfahrens.8
fen.
Über die Frage, was in diesem Zusammenhang eolgreich bedeutet, ist
Sinnvoller erscheint daher eine Erfolgs- bzw. Misserfolgsdefinition, die
viel diskutiert worden. Eine mögliche Definition bezieht sich auf die inno-
sich auf das neue Produkt bzw. Verfahren selbst bezieht, jedoch nur mit-
vierende Wirtschaftseinheit selbst: Eine Innovation kann in diesem Sinne
telbar auf den bzw. die beteiligten Akteure. Eine Innovation kann dann als
dann als erfolgreich bezeichnet werden, wenn sie die Wettbewerbsposition
erfolgreich bezeichnet werden, wenn ihre wirtschaftliche Verwertung grund-
des Innovators verbessert bzw. letztlich dessen Gewinn vergrößert.
9 sizklich gelingt, das heißt es grundthklich gelingt, durch ihre Vermarktung die
Problematisch an dieser zunächst einleuchtenden Definition erscheint
entstandenen Entwicklungskosten wieder zu erwirtschaften. Bei einer fehl-
allerdings, dass sie implizit unterstellt, die Entwicklung eines Verfahrens
geschlagenen Innovation misslingt hingegen die wirtschaftliche Verwer-
oder Produktes zur Marktreife und dessen tatsächliche Markteinführung
tung in diesem Sinne. Das entscheidende Kriterium bleibt zwar der kom-
liege stets in der Hand nur eines Innovators. Im Erfolgsfall wird dieser
Innovator für seine Entwicklungsanstrengungen durch die Einnahmen aus merzielle Erfolg oder Misserfolg der Neuerung, aber nicht jeder der betei-
ligten Akteure muss davon unmittelbar betroffen sein. Bei fehlgeschlage-
der Vermarktung der Innovation belohnt, im Misserfolgsfall gelingt es ihm
nen Innovationen gelingt es innerhalb der gegebenen Produktions- bzw.
hingegen nicht, seine Entwicklungskosten wieder zu erwirtschaften. De
Verwendungszeit nicht, Einnahmen zu erreichen, die einen Rückfluss der
facto ist die hier unterstellte Identität von »Entwickler zur Marktreife« und insgesamt investierten Innovationsaufwendungen sicherstellen bzw. inner-
»Anwender bzw. Produzent und Vermarkter« der Neuerung aber keines-
halb eines für den Produzenten bzw. Anwender wirtschaftlich akzeptablen
Zeitraums erwarten lassen. Der Begriff des »Akzeptablen« verdeutlich, dass
7 Trotz inzwischen zahlloser Vorschläge hat sich bisher keine allgemein akzeptierte eine umfassende Objektivierung von »Erfolg« und »Scheitern« auch mit
Definition des Begriffs »Innovation« durchsetzen können; zu vielfältig sind die Frage- dieser Definition nicht gelingt, ihre Stärke liegt aber m.E. darin, die Kate-
stellungen und Interessenlagen der verschiedenen Fachgebiete, die sich mit Innovation
gorien für die historische Forschung operationalisierbar zu machen.
auseinandersetzen. Jeder erneute Versuch stellt sich als Kompilation der verschiedensten
Ansätze dar. Vgl. etwa: Drucker, »Trends«, S. 18f., Pfetsch, »Innovationsforschung«, S.
Bereits die verwendeten Begriffe unterstreichen, dass es sich um eine
10f., Dierkes/Hoffmann, »Understanding«, systemspezifische Definition innovatorischen Scheiterns handelt. Die Aus-
S. 11, Brockhoff, Forschung, S. 28, Tronirns-
dorf/Schneider, »Grundzüge«, hier S. 3, Pleschak/Sabisch, Innomtionsmanagement, sagekraft der vorgeschlagenen Kriterien ist an das kapitalistische Kon-
S. 6,
Grupp, Alessun,g, S. 15, Greiling, Innovationsystem,
S. 15ff., Staudt/Kriegesmann, »Innova- kurrenzprinzip gebunden.") Diese Einschränkung scheint schon darum
tionsmanagement«, S. 356f., Grupp/Dominguez-Lacasa/Friedrich-Nishio, Innovationsys-
tem, S. 6.
8 Siehe u.a.: Greiling, Innovationsystem,
S. 18, Vahs/Burrnester, Innovationsmanagement, S. 44,
Staudt/Kriegesmann, »Innovationsmanagement«, S. 356f. 10 Die eingeführte Definition stößt da an ihre Grenzen, wo der Markt vollständig oder
9 Zur Relativität der Begriffe »erfolgreich« und »gescheitert« siehe u.a.: Braun, »Introduc- überwiegend ausgeschaltet ist. Insbesondere für Zentralverwaltungswirtschaften muss
fion", 216f, Gooday, »Re-Writing«, der Innovationsbegriff daher gleichsam »planwirtschaftskompatibel« definiert werden.
S. 280ff., Lipartito, »Picturephone«, insbesondere
S. 55f. Vgl. auch: Greiling, Innovationsystem, Auch in kapitalistischen Konkurrenzwirtschaften kann aber insbesondere durch staatli-
S. 20ff., Hauschildt, »Messung«.
ches Engagement, etwa im Bereich der Riistungs- oder Weltraumtechnologie, ein weit-
14 GESCHEITERTE INNOVATIONEN
EINLEITUNG 15
58 zierte
So führt Andreas Knie das Scheitern des Wankelmotors als Antrieb für massenprodu-
Gebr auchsautomobile
auf eine Art Verschwörung der etablierten Pkw-Hersteller
zurück, die den Wankelmotor Verbesserungen an Hubkolbenmotoren als
konventionellen eigenen Hu »abgewürgt« hätten, um den wirtschafdichen Erfolg der Knie, IFankel-Alut. vermeintlich unbedeutend aus dem Blick.
bkolbenmotore n
zu sichern. Problematisch daran ist einer-
seits, dass Knie technische
sacht hätte, a priori und wirtschaftliche Probleme, die der Wankelmotor verur- 59 Eine Auswahl muss hier willkürlich bleiben. Siehe u.a.:
als vorgeschoben Freeze, Electronic Video Recording,
Graham, RCA, Hult, »Itera
»revolutionäre Potential« und konstruiert interpretiert und andererseits das Plastic Bicycle«, Lipartito, Pi»cture phone«, Todd, »Electric
P1oughs«.
des Wankelmotors deutlich überschätzt Infolge d er Über-
schätzung des Wankelmotors geraten die tatsächlich seit den 1970er Jahren erreichten 60 Einen ersten entsprechenden Versuch unternalun Hans-Joachim Braun 1992. Vgl.:
Braun »Introduction«,
S. 219ff.
34
GESCHEITERTE INNOVATIONEN
EINLEITUNG
35
chere Faktoren« wie besseres Image der Konkurrenz oder generell höhere
Konformität der Technologie mit dem Nutzungsumfeld sein.61
auch -fähigkeiten, droht der Innovationsversuch an einer Fehleinschätzung
2. Innovationsversuche, die an technischen Problemen scheitern. der Nachfrage bzw. an fehlender Akzeptanz auf Seiten der potentiellen
Nicht eben erstaunlich ist auch die Feststellung, dass technische Prob-
Nutzer zu scheitern. Gerade bei langwierigen Entwicklungsvorhaben
leme für das Scheitern einer Reihe von Innovationsversuchen zumindest
besteht darüber hinaus die Gefahr, dass das Nutzungsumfeld, für das die
mitverantwordich waren. Die Neuerungen zeigten nicht die von den Ent- Innovation ursprünglich gedacht war, sich bis zum tatsächlichen Markt-
wicklern oder Nutzern envarteten bzw. gewünschten Eigenschaften, was eintritt erheblich verändert. Da Modifikationen des Innovationsvorhabens
letztlich zum Fehlschlag des Innovationsversuchs beitrug.
62 die Entwicklungsarbeit erschweren und bei den Entwicklern zudem häufig
Stelle könnte man mit einigem Recht einwenden, dass technische An dieser
Probleme
eine gewisse »Betriebsblindheit« entsteht, droht die eigentlich erforderliche
lediglich ein Sonderfall der ersten Kategorie seien, tragen sie doch zur
unzureichenden Kon Anpassung des Projekts an sich verändernde Rahmenbedingungen zu
ist es allerdings kurrenzfähigkeit des neuen Produktes bei. Tatsächlich unterbleiben. Der Erfolg des Vorhabens gerät damit in Gefahr.
63
im laufenden Innovationsprozess häufig alles andere als 4. Innovationsversuche, die aufgrund zu hoher Anpassungserforder-
einfach festzustellen, welche Eigenschaften eine neue Technik tatsächlich nisse scheitern.
hat. Auch die Unterscheidung zwischen
»funktionstüchtig« Innovationen können mitunter zu hohe Anpassungsleistungen von
und »nicht
funktionstüchtig« beruht in vielen Fällen auf einer problematischen Zu-
ihrem Nutzungsumfeld erfordern. Ist eine Innovation in diesem Sinne zu
schreibung, deren Ergebnis interpretationsabhängig ist. Insgesamt handelt radikal, passt sie ggf.
nicht in die herrschende »Produktions-0, »Produkt-«
es sich um einen Problemkomplex »eigenen Rechts«, auf den noch wie-
oder »Venvendungskultur«. Ihre Herstellung, Verbreitung oder Nutzung
derholt
führt einzugehen sein wird und der hier sinnvollerweise gesondert aufge-
wird. erfordert zu aufwändige technische, mentale oder auch soziale Verände-
rungen; die Anpassungskosten, ob im wörtlichen oder übertragenen Sinne,
tiellen
3. Innovationsversuche, die wegen einer Fehleinschätzung der poten-
Nutzer scheitern. sind zu hoch. Besonders groß ist die Gefahr, an diesem Problem zu schei-
tern, bei Innovationen, die in ein bereits vorhandenes (technisches) System
Ein offenbar entscheidender Punkt für die Erfolgsaussichten einer In- integriert werden müssen."
novation ist diedas
Nutzern. Fehlt möglichst enge Verbindung zwischen Innovatoren und
Verständni 5. Innovationsversuche, die aufgrund eines instabilen »Entwicklungs-
s raumes« scheitern.
für Nutzerbedürfnisse, -erwartungen und
61 Braun, »Kohlenstaubmotor«, Braun, Um erfolgreich umgesetzt werden zu können, sind Innovationsversuche
Additive, »
Automotive Gas Turbine«, Green, auf ein in mehrfacher Hinsicht stabiles Umfeld, einen stabilen »Entwick-
»Ramjets«,Buchanan, »Atmospheric Railway«, Freeze, Alcohol-Fuel
Heilige, »Leitbilder«, Electronic Video Recording
Electric Vehicle, Hendry, Computer, Hacker, lungsraum« angewiesen. Eine möglichst hohe Stabilität sollte bei den
Kunkel, »Electron Microscope«, Hult, »Itera Plastic Bicycle«, Kirsch,
Transport«, McCray,
Lipartito, »Picturephone«, Lyth, »Air
grundsätzlichen Entwicklungszielen, bei den beteiligten Akteuren (zum
Post, »Page »Telescope«, Mom,
Locomotive«, »Elektromobil«, Noble, »Machine Beispiel Auftraggeber, entwickelnde Firmen oder Abteilungen,
Schinkel, »LastrohrfloB«, Schramm, Design«, ggf. betei-
Schwartz Cowan, »Refrigerator«, Slater,
Fixation«, Steam Turbine Locomotive, ligte staadiche Stellen usw.) sowie beim Entwicklungsbudget gegeben sein.
Todd, Passively Safe Reactor
»False« »Electric Ploughs«, Design, Stranges, »Nitrogen
Eine schwankende oder sprunghafte Firmen- oder auch staatliche Innova-
Zitna,
(Wilmoth setzt sich u.a. mit der »Motorkonzeptionen«. Vgl. auch: Wilmoth,
Entwicklun
luftschiffen und Lastensegelflugzeugen auseinander).g und dem Verschwind en von Starr- tionspolitik, unerwartet starker administrativer Widerstand, Konkurrenz
62 wesentliche
Technische Rolle:
Probleme bzw. Unzulänglichkeiten spielten bei folgenden Beispielen eine
Bartels, 63 Graham,
Electronic Auctions, Mitev,
»Automotive Gas Turbine«, »Winterschmidt's«, Braun, Electronic Video Recording, Reservation Software,
Recording, »Kohlenstaubmotor«, Braun, Carlson, »Artefacts«, Freeze,
Buchanan, »Atmospheric Railway«, Freeze,
Hacker, »Paraglider«, Heilige, »Leitbilder«, Hilt,
»Electron Microscope«, Leslie, »Itera
Plastic Bicycle«, Kunkel,
Kunkel, »Electron Microscope«,Heymann, Electronic Video »Copper-cooled Engine«,
»Picturephone«, Mom,
Post, »Page Mitev, »Windenergietechnik«, Kirsch, Electric Vehicle, Lindgren, Glog, Lipartito,
Locomotive«, Reservation Software, Ploughs«. »Elektromobil«, Schmucki, »Verkehrssysteme«, Todd,
Schramm, Steam Ostersehlte, »Hydromotor«, »Electric
teme«. Siehe auch: Zima, »Motorkonzeption«,Turbine Locomotive, 64 Braun, »
insbesonder Schtnucki, »Verkehrssys- Automotive Gas Turbine«,
e S. 667f. Hey Callon, »Electrical Vehicle«,
-mann, »Windenergietechnik«, Hellige, »Leitbilder«,
Latour, Aramis,
»LastrohrfloB«, Todd, Lipartito, »Picturephone«, Schinkel,
»Electric Ploughs«.
Vgl. auch: Braun, »Failure«.
36
GESCHEITERTE ININOVATIONEN'
EINLEITUNG
zwischen verschiedenen Projekten innerhalb des »Entwicklungsraumsg, 37
Zielkonflikte, Alisstrauen oder auch Rivalität zwischen den beteiligten Ak-
rischen Zusammenstellung der bisherigen Forschungsergebnisse unsicht-
teuren — etwa zwischen verschiedenen Unternehmen oder auch Abteilun- bar bleiben würden.
gen innerhalb eines Unternehmen
s
— können zur Destabilisierung Warum aber lohnt es sich angesichts der bisher doch offenbar schon
»Entwick-lungsraums«, des
letztlich zum Scheitern eines Innovationsvorhabens
führen 65 umfassenden Ergebnisse, sich dem Thema »gescheiterte Innovationen«
erneut zuzuwenden? Zunächst könnte man rein quantitativ argumentieren:
Abschließend sei hier noch auf einen wichtigen Faktor für Erfolg oder Bisher sind es eben nur relativ wenige Fallbeispiele, die eingehender unter-
Nlisserfolg eines Innovationsversuchs verwiesen, der in den ausgewerteten sucht worden sind. Die Ergebnisse bedürfen insofern nach wie vor einer
Studien häufig genannt wird: der Innovationszeitpunkt. Sowohl
the Inan- Überprüfung, die vorhandenen Einblicke in die »Anatomie des Scheiterns«
griffnahme eine Innovationsvorhabens wie die erfolgreiche Markteinfüh- sollten durch weitere Untersuchungen ergänzt werden.
rung einer Innovation ist von geeigneten Rahmenbedingungen abhängig, Wichtiger ist jedoch, dass das Forschungsfeld »gescheiterte Innovatio-
die mitunter nur innerhalb eines relativ schmalen Zeitfensters gegeben nen« nach wie vor nicht ausreichend deutlich umrissen erscheint. Die
sind. Das richtige Timing des
Innovationsversuch
s ist insofern von großer inzwischen mehrfach betonte Heterogenität der vorliegenden Untersu-
Bedeutung, von den Akteuren mitunter aber nur bedingt zu beeinflussen.66 chungen illustriert diese Unsicherheit bei der Auseinandersetzung mit dem
Die zusammengestellten »Innovationstypen« kommen de facto fast Phänomen des Scheiterns. Nur in ihrer Gesamtheit decken die vorliegen-
niemals in Reinform Vor. Zudem existieren zahlreiche Überschneidungen den Arbeiten — wie soeben gezeigt — ein weites Spektrum möglicher Ursa-
Problem
zwischen e den Typen selbst. So führen natürlich nicht nur technische chen für innovatorischen Misserfolg auf. In Abhängigkeit vom jeweiligen
zu einer unzureichenden
Konkurrenzfähigkeit, sondern etwa Untersuchungsansatz nehmen sie im Einzelfall hingegen häufig ganz unter-
auch Fehleinschätzungen von Nutzerbedürfnissen oder zu hohe Anpas- schiedliche Aspekte des Innovationsprozesses in den Blick. Insofern ist das
Gründ
sungserfordernisse.
e Anders ausgedrückt: Wollte man die vorgestellten Forschungsfeld insgesamt nach wie vor unscharf definiert, verlangt im
für das Scheitern von Innovationen hierarchisiere Grunde immer noch nach »Pionierstudien«.
n, so käme dem
Faktor Konkurrenzfähigkeit eine besondere, gleichsam übergeordnete Die bisherige Auseinandersetzung mit den Gründen innovatorischen
Bedeutung zu. Darüber hinaus sind innerhalb der Typologie auch Wider- Scheiterns sollte schließlich nicht zu dem Fehlschluss verführen, es ginge
chender
sprüche erkennbar,
F zum Beispiel wenn bestimmte Projekte wegen unzurei- im Folgenden ausschließlich um das Identifizieren der Ursachen für Miss-
lexibilität,
dernde Rahmenbdin e das heißt unzureichender Anpassung an sich verän- erfolg. Natürlich spielt das Erklären des Fehlschlags eine wichtige Rolle,
gungen, and ere
hingegen wegen unzureichender natürlich gehört zu den für die Erforschung fehlgeschlagener Innovationen
Stabilität der Entwicklungsvorgaben scheitern. Trotz aller methodischen konstituierenden Überzeugungen, dass »Scheitern« ein komplexer Prozess
und inhaldichen Probleme vermag eine solche Typisierun
g aber Gemein- ist, der genauso erklärungsbedürftig ist wie »Erfolg«. Erinnert sei aber
samkeiten, ja Regelmäßigkeiten zu verdeutlichen, die bei einer rein summa- daran, dass es letztlich darum gehen sollte, dem Charakter technischen
Wandels insgesamt auf die Spur zu kommen. Fehlgeschlagene Innovatio-
65 Bartels, nen bilden also lediglich das Anschauungsobjekt, mit Hilfe dessen es gelin-
»Winterschmidt's«,
Callon, »Electrical Vehicle«, Braun, »Kohlenstaubmotor«, gen soll, Technik im Entstehungsprozess zu untersuchen. Genau darauf
tronic Video Green, Alcohol-Fuel Additive,
Recording, Efmertovi, »Television«, Flick, richten sich schließlich die Forderungen, sich stärker der Untersuchung
kel, »Electron Graham, »Ramjets«, Hendry, »Movement«, Freeze, Elec-
Nlicroscope«, Covuter, Howells, Retail von Fehlschlägen zuzuwenden. Die gescheiterte Innovation ist gleichsam
cooled Engine«, Latour, Aramis, Funds, Kun-
floB«, Slater, McCray, Law/Callon, »Aircraft«,
Passively »Telescope«, Leslie, »Copper- das Vehikel, durch dessen Nutzung ein anderer Blick auf die Entstehungs-
66 Braun, SO Reactor Desisn. Post, »Page bedingungen on
»Introduction«, Locomotive«, Schinkel, »Las trohr-
S. 225, Technik ermöglicht werden soll. Im Idealfall gewährt
Freeze,
»Paraglider«,
Engine«, Hellige, »Leitbilder«, Hult, Electmnic
»Itera Video gerade das Scheitern deutliche Einblicke in Technikgeneseprozesse und die
Post, »Page Recording, Grah am, RcA Hacker,
Locomotive«, , unvermeidbaren Unsicherheiten jedweder technischer Entwicklung. Genau
Plastic Bicycle«, Leslie,
Schinkel, »Lastrohrfloß«. »Copper-cooled
diese Möglichkeit macht es so reizvoll und gewinnbringend, sich mit Miss
-
;Us.
38
GESCHEITERTE INNOVATIONEN
EINLEITUNG 39
erfolgen zu beschäftigen. Bildlich gesprochen geht es nicht nur darum,
einen Blick anf
die Ursachen für innovatorisches Scheitern zu werfen, mit- Übriggeblieben sind schließlich vier gescheiterte Innovationsvorhaben,
hin das Scheitern selbst zu erklären, sondern darüber hinaus darum, mit deren Untersuchung sinnvoll und möglich erscheint. Die ausgewählten
Hilfe des Scheiterns hinter Fallbeispiele haben allesamt mit dem Bereich der Energietechnik im weite-
diese Ursachen zu blicken, um damit den Bedin-
gungen für technischen Wandel insgesamt näherzukommen. Trotz ent- ren Sinne zu tun, das heißt mit Energiewandlung bzw. Energieträgerge-
sprechender Forderungen wird die Chance, die die Fehlschlagforschun winnung. Sie verteilen sich auf zwei Zeiträume: Zum einen die 1920er und
g in 1930er Jahre mit den Innovationsvorhaben »Lokomotiven mit Koh-
diesem Sinne bietet, von den bisherigen Untersuchungen zu wenig genutzt.
In dieser Arbeit wird also erstmalig versucht, mehrere — genauer gesagt lenstaubfeuerung« und »Dampfturbinen-Lokomotiven«, zum anderen die
vier — Fallbeispiele für innovatorisches Scheitern auf der Basis einer ge- 1970er und 1980er Jahre mit den Projekten »Hydrobergbau im Ruhrgebiet«
meinsamen Definition sowie eines gemeinsamen Untersuchungsansatzes und »Automobil-Stirlingmotor«. Gemeinsam ist allen vier Beispielen, dass
zu analysieren. Dabei wird es selbstverständlich darum gehen, die Gründe es sich um Projekte handelt, mit denen auf ein Krisenphänomen reagiert
des Scheiterns zu identifizieren und damit die Ergebnisse der bisherigen wurde. Die 1920er Jahre wurden ebenso wie die 1 970er Jahre von den
Forschung kritisch zu überprüfen. Darüber hinaus soll aber der Frage Zeitgenossen als Phasen der Energiekrise wahrgenommen, was jeweils eine
nachgegangen werden, welche Aussagen sich anhand der ausgewählten intensive Energiediskussion und breite Innovationsbemühungen auslöste.
Fallbeispiele über En Die spezifisch deutsche Energiekrise der frühen 1 920er Jahre, die so
tstehungsprozesse
und Entstehungsbedingungen
neuer Technologien generell gewinnen lassen. genannte »Kohlennot«, betraf mit der Steinkohle den damals wichtigsten
Primärenergieträger. Verursacht wurde sie in erster Linie durch den Verlust
wichtiger Steinkohlelagerstätten als Folge des verlorenen Ersten Welt-
kriegs, wozu Steinkohle-Lieferverpflichtungen an die alliierten Sieger-
mächte kamen.68 Die Energiekrise der 1970er Jahre, die wiederum den
1.3. Ausgewählte Fallbeispiele und Untersuchungsansatz
wichtigsten Primärenergieträger, inzwischen Erdöl, betraf, wurde durch die
Förder- bzw. Exportbeschränkungen der arabischen OPEC-Länder in
Bei der Auswahl der zu untersuchenden Fallbeispiele galt es, theoretisch-
Reaktion auf den Yom-Kippur-Krieg Ende 1973 ausgelöst. Bei der
methodologische und rein pragmatische Überlegungen zu berücksichtigen.
Der beabsichtigte Ölpreiskrise der 1970er Jahre handelte es sich nicht um ein spezifisch deut-
durch hinreichendVergleich
ähnliche zwang dazu, Beispiele auszuwählen, die sich sches Phänomen, sondern sie betraf alle westlichen Industrieländer.69 In
branchenintern e
und gesamtwirtschaftliche beiden Untersuchungsperioden zeigte sich ein starkes Krisenbewusstsein,
Rahmenbedingungen auszeichnen. Andererseits verlangt die ohnehin stets
Strittige
Streuun Repräsentativität der getroffenen Auswahl eher eine breitere das die Phase der eigentlichen Versorgungsstörung bzw. -stockung zeitlich
g der Fälle. überdauerte.
Begleitet wurde die Suche nach geeigneten Fallbeispielen v Charakteristisch für die untersuchten Vorhaben ist weiterhin, dass in
pragmatischen Problem, dass die meisten Unternehme on dem eher keinem der Fälle unmittelbar ein neues oder modifiziertes Konsumgut
n zwar gerne ihre entstehen sollte, keines der Projekte also direkt auf Endverbraucher als
erfolgreichen Innovationen präsentieren, ihre Fehlschläge aber eher ungern
untersucht und veröffentlicht wissen möchten. Fast alle der angeschriebe- potentielle Käufer zielte. Die zukünftigen Abnehmer respektive Anwender
nen Firmen bzw. Firmenarchive antwo der neuen Technologie waren vielmehr Unternehmen, die mehr oder min-
. rteten ablehnend, konnt
eigenen Geschichte keine fehlgeschlagenen Innovationen entd en in der
zumindest keine entsprechenden Unterlagen finden.67 ecken oder decken, oder wenn darauf hingewiesen wurde, dass dank »überlegener« Management-
methoden im betreffenden Unternehmen innovatorische Fehlschläge zuverlässig ausge-
schlossen werden könnten.
67 etwa
Die erhaltenen Antwortschreiben hatten dabei z.T. unbeabsichtigt komische Züge, wenn 68 Siehe u.a.: Radkau, Technik, S. 286f, Abelshauser, »Wirtschaft«, S. 437, S. 454 und S. 467,
Vertreter alter, etablierter Unternehmen
v Henning, Deutschland, S. 52ff., Pierenkemper, Gewerbe, S. 38.
ersicherten,
Recherche nicht gelungen sei, in der eigeneu Geschichte dass es Fehlschlag
irgendeinen trotz intensivster 69 Hohensee, lpreisschock, S. 218ff., Petzina, »Ruhrgebiet«, S. 536 und S. 541f., Abels-
zu ent- hauser, REhrkohlenbetsbau, S. 161.
40
GESCHEITERTE INNOVATIONEN
EINLEITUNG
der eng und kontinuierlich in den Enmicklungsprozess eingebunden wa- 41
ren. Die Dampflokomotivprojekte der Zwischenkriegszeit wurden ent-
Kohlenbergbau spielten staatliche Subventionen Anfang der 1970er Jahre
scheidend durch die Interessen der noch jungen Deutschen Reichsbahn
ohnehin bereits eine große Rolle. Das Innovationsvorhaben Hydrobergbau
geprägt, der als einziger inländischer Abnehmerin für die neuen Maschinen
wurde darüber hinaus vom Bundesministerium für Forschung und Tech-
eine besondere Bedeutung zukam. Im Falle des Hydrobergbaus war sogar
nologie wesentlich mitfinanziert. Die Entwicklung des Automobil-Stir-
eine partielle Identität von Entwickler und Anwender gegeben, da das neue
lingmotors wurde schließlich seit Ende der 1970er Jahre im Wesentlichen
Steinkohlenabbau- und -förderungsverfahrens nicht nur zu großen Teilen vom US-amerikanischen Department of Energy
von, sondern auch ausschließlich für die Ruhrkohle AG (RAG), finanziert und vom NASA
the Ein- Lewis Research Center organisiert sowie koordiniert.
heitsgesellschaft des Ruhrbergbaus, entwickelt worden war. Das Innovati-
Es handelt sich also um vier Innovationsvorhaben, die im Vergleich zu
onsvorhaben Pkw-Stirlingmotor schließlich unterschied sich insofern von rein privatwirtschaftlich getragenen Projekten einige Besonderheiten auf-
den bisher
einigten angesprochenen
Staaten abspielte Projekten, als es sich überwiegend in den
7 Vet- weisen. Staatliche oder staatsnahe Akteure verfolgen andere Ziele als pri-
° und auf ein neues Produkt abzielte, das tatsäch- vate Firmen, zudem hat die staatliche Mitfinanzierung Einfluss auf die für
lich die AutomobilkeirOr hätte überzeugen müssen. Dennoch war es
US-amerikanische
Automo the die Entwicklungsarbeit zur Verfügung stehenden Ressourcen und deren
motors bdustrie, von der das Schicksal des
Stirling- Verwendung. Die technische Entwicklung selbst erfolgte allerdings in allen
abhing. Den Kraftfahrzeugherstellem kam innerhalb des Entwick- vier Fällen in privatwirtschaftlich organisierten Unternehmen.
lungsprozesses eine zumindest vorübergehend wichtige Rolle zu, da sie Es wird im Zuge der Einzelfallanalyse zu untersuchen sein, welche
über die Serieneinführung des neuen Motors zu entscheide
n hatten. Rolle die staatliche Beteiligung für den Verlauf des Innovationsvorhabens
Es war also eine überschaubare Zahl von Unternehmen, von denen in jeweils hatte. Wichtig ist noch darauf hinzuweisen, dass es sich bei den
erster Instanz der Erfolg oder Alisserfol
g der untersuchten Technologien meisten der von der Forschung bisher untersuchten Beispiele für fehlge-
abhing. Diese Unternehmen waren mit ihren spezifischen Interessen und schlagene Innovationen keinesfalls um »staatsfreie« Projekte handelte, dass
Zielen
lenmäßig imfassbar,
Entwicklungsprozess
was für die Analysunmittelbar präsent und sind auch quel- vielmehr staatliche Mitfinanzierung oder unmittelbare Beteiligung staatli-
e cher Stellen die Regel ist.71
von Vorteil ist. Dafür muss allerding der In novationsvorhaben zweifellos
sich In diesem Sinne sind die hier ausgewählten
the s in Kauf genommen werde
n, dass Innovationsvorhaben also durchaus an die bisherige Forschung »anschluss-
untersuchten Projekte in diesem Punkt von Innox-ationsvorhaben fähig«.
unterscheiden, bei denen es um die Entwicklun
g von Prod ukten für einen Der rein pragmatische Vorteil der staatlichen Beteiligung für die Bear-
relativ anonymen Massenmarkt geht. Wie tiefgreifend die Unterschiede beitung der ausgewählten Fallbeispiele liegt auf der Hand: Staatliches
letztendlich waren, wird noch zu diskutieren sein.
Engagement schlägt sich in Akten nieder, die, anders als Firmenmaterial,
Alle vier Fallbeispiele zeichnen sich darüber hinaus durch m
ehr oder für den Historiker zugänglich sind. So sind die Vorhaben Lokomotiven mit
minder umfangreichen staatlichen Einfluss bzw. Einfluss eines staatseige- Kohlenstaubfeuerung und Dampfturbinen-Lokomotiv
nen Unternehmens
Reichsbahn, the aus. Im Falle der en durch umfangrei-
Lok che Reichs bahnakten dokumentiert. Die ehemals zersplitterten Reichs-
omotivprojekte war es the
unmittelbar in die Entwicklung eingriff. bahnbestiinde sind mittlerweile im Zwischenarchiv Dahlwitz-Hoppegarten
70 Für the Im deutschen
des Bundesarchivs zusammengeführt worden. Für die Untersuchung der
hierUS-amerikanischen
lin Mittelpunkt stehendeund demFragestellung stellen dabei die Unter
schen dem deutschen
schred nvi-
Problem dar. Selbstverständlich wird aber bei der UntersuchInnovationssyst
ern kern wesente.lich es 71 Staatliche Finanzierung und/oder andere staatliche Beteiligung spielten u.a. bei den
ungund folgenden Innovationsvorhabe n eine Rolle:
jekts das Innovationsumfeld in den USA zu berücksichtigen desdie Fr
surjrugmotor-Pro- Bartels,
zess batten. motive Gas Turbine«, Callon, »Electrical Vehicle«, »Winterschrnidt's«, Braun, »Auto-
sein, welchen Einfluss die spezifischen Rahmenbedingungen auf den inuoyati age zu stellen Efmertovä, »Television«, Hacker,
Holtz Zusammenfassend zu »Paraglider«, Hacker, »Ramjets«,
onsp ro- Hellige, »Leitbilder«, Heymann,
,SYstems,
-Hart/Reuter/Vock, rettbewerb, Latour, Aram's, Callon/Law, »Windenergietechnik«,
Nelson, S:ystems, rn Konzept nationaler Innovatroussysteme »Aircraft«, Lewis/Trimble, »Airmail«,
P-1'quist , System siehe.. Lyth, »Air Trans-
----- S.
s. 9f. und S. 355ff. Vgl. auch: Lundvall, National
port«, McCray, »Telescope«,
Noble, »Machine
nology, Testing, Design«, Pinch/Ashmore/Mulkay, »Tech-
Text«, Schinkel, »Lastrohrfloß«, Schmucki, »Verkehrssysteme«,
Passioe/y Sale Reactor DeR:gn, Willi Slater,
, »Trütnmer«.
2. Innovationsprojekt INNOVATIONSPROJEKTE DER ZWISCHENKRIEGSZEIT
51
e der Zwischen-
wurde der Versorgungsengpass ab Herbst 1919 so akut, dass die deutschen
kriegszeit: Die Lokomotiven mit Kohlen- Eisenbahnen ihren normalen fahrplanmäßigen Zugverkehr nicht mehr
staubfeuerung
und die Dampfturbinen- aufrecht erhalten konnten. Der Kohlenmangel entwickelte sich zu einem
zentralen Problem der Eisenbahn in den Nachkriegsjahren. Ihren eigentli-
Lokomotiven der Deutschen Reichsbahn che Höhepunkt erreichte die Versorgungskrise dabei erst 1923, nachdem
es infolge von Ruhrbesetzung und »Ruhrkampf« zu einem dramatischen
Fördereinbruch im wichtigsten verbliebenen deutschen Abbaugebiet ge-
kommen war. Der Kohlenabbau im Ruhrgebiet sank auf weniger als die
Hälfte des Standes von 1922 (knapp 42 Millionen t statt über 96 Millionen
2.1.
Rahmenbedingungen t) und in das restliche Reichsgebiet konnte keinerlei Kohle mehr geliefert
werden.91
Da sich the
Mit dem Ende des »Ruhrkampfes« im September und der Währungs-
Innovationsvorhaben Kohlenstaub-Lokomotiven und
Dampfturbinen-Lokomotiven unter dem Einfluss der gleichen Rahmenbe- stabilisierung im November 1923 begann sich auch die Steinkohleversor-
dingungen entwickelt haben, sollen diese im Folgenden gemeinsam in den gung zu verbessern. Die Förderung erreichte 1925 im Ruhrgebiet annä-
Blick genommen hernd wieder den Vorkriegsstand. Die steigende Förderung, die Ablösung
vorzustellen sind.9 werden, bevor anschließend die Technologi
° Für the Loko en selbst der Steinkohle-Liefen-erpflichtungen Deutschlands durch die Neuregelung
waren fünf Bedingungen bzw. motivprojekte
E ntwicklunge der Zwischenkriegszeit der Reparationsfrage 1924 und die konjunkturelle »Zwischenkrise« der
n von besonderer Relevanz: 1.
die Versorgungslage der Bahn mit dem für den Zugförderdienst wichtigs- Jahre 1925/26 ließ zeitweise sogar Haldenbestände entstehen. Entschei-
ten Energieträger Steinkohle, 2. dend war aber, dass Mitte der 1920er Jahre die Kohlenknappheit überwun-
the
Organisation und Geschäftspolitik des den wurde und im gesamten Reichsgebiet auch hochwertige Steinkohle
Hauptakteurs Deutsche Reichsbahn, 3. das gesellschaftlich-kulturelle
4. the wieder problemlos beschafft werden konnte.92
»Geschwindigkeits-« bzw. »Beschleunigungsgebot« der Zwischenkriegszeit, Mit Ende der Inflation
Autarkiepolitik und Aufrüstung nach 1933 sowie 5. die Situati pendelten sich die Steinkohlepreise wieder auf einem mittleren Niveau von
deutschen Lokomotivindustrie. on der etwa 15,- Reichsmark (RM) pro Tonne ein. Lediglich Ende der 1920er
Die Kohlenstaub- wie
the Dampfturbi Jahre war ein vorübergehender leichter Preisanstieg zu verzeichnen, dem
nen-
nächst vor allem als Energiespartechnologien inLokomoti
Reaktionven
auf waren
d zu- Anfang der 1930er Jahre erneut ein krisenbedingter Preisrückgang folgte.
93
en akuten Ab Mitte der 1920er Jahre konnte der Bergbau in Deutschland nicht
Energieengpass, der in den Jahren nach Ende des Ersten Weltkriegs in
Deutschland herrschte, entwickelt worden. Durch die Gebietsabtretungen zuletzt aufgrund umfangreicher Rationalisierungsaktivitäten die Stein-
infolge des verlorenen Krieges (Lothringen,
derstatus des Saargebiets und Os
the Steinkohle-Li toberschlesien), den Son- 91 Pohl,
»Staatsbahnen«, S. 79, S. 85 und S. 104ff., Abelshauser, »Wirtschaft«, S. 437, S. 454
Alliierten Siegermächte verlor Deutschland etwaeferverpflichtungen an die und S. 467, Hermann/Hermann, Zechen, S. 79ff., Henning,
Deutschland, S. 52ff., Pieren-
kemper, Gewerbe, S. 38.
the
kriegs-Kohlenförderung bzw. -versorgung. Während Hälfte
auf denseiner Vor-
außerdeut- Siehe auch: Bleibtreu, Kohlenstaubfeuerungen 1922,
S. III, Gottwaldt, Einheits-Lokomaziwn,
in Deutschland
schen selbst » eine wahre »Kohlenschwemme« entstand, herrschte
Energiernärkten S. 41, Hinz, Kohlenstaubfeuerung,
S. V, Peters, » Rationalisierungsbestrebungen«, S. 198f.,
hochwertiger Steinkohle Rasch, »Paul Rosin«, S. 104 und 107.
Kohlennot«,
, das heißt ein empfindlicher Mangel an
wurde. Mit der jahresze wie sie u.a. für Loko Zur Bedeutung der »Kohlennot« für die breite Beschäftigung mit Fragen der Wärme-
itlich motivfeuerungen benötigt ökonomie in der Weimarer Republik siehe u.a.: Radkau, Technik, S. 286f.
bedingt steigenden allgemeinen Nachfrage 92 Siehe u.a.: Abelshauser, »Wirtschaft«, S. 437, S. 460, S. 474, S. 489, Hermann/Hermann,
Zechen, S. 82.
90 Zu den Verfahrenseigenschaften vgl. Abschnitt 2.2.1. und 2.3.1. 93 Statistisches Reichsarnt, Statistisches Jahrbuch,
diverse Jahrgänge (45/1924; 47 /1 928;
51 /1932; 56/ 1937; 57 / 1
938), Angaben zu jahredurchschnittlichen Großhandelspreisen
deutscher Steinkohle ab Zeche.
52 GESCHEITERTE INNOVATIONEN
INNOVATIONSPROJEKTE DER ZWISCHENKRIEGSZEIT 53