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Leistungsphase 8

- Bauüberwachung ohne
Haftung

1
Die 5 schwerwiegendsten Fehler
im Bereich der Bauüberwachung
Fehlende vertragliche Grundlagen

Unzureichende Organisation der Kontrolltätigkeiten

Unzureichende Dokumentation der Tätigkeiten und Kontrollergebnisse

Ergreifen falscher rechtlicher Maßnahmen bei Störungen

Fehlende Abnahme der Planerleistung

2
1. Was ist Gegenstand / Ziel
der Bauüberwachung ?
Fallbeispiel:
Ein Jahr nach Abschluss einer Baumaßnahme bröckelt an
verschiedenen Stellen der Putz ab.

Ein Sachverständiger stellt die Ursache fest: Der Untergrund


Porenbeton sollte gemäß Leistungsbeschreibung vor Aufbringen
des Putzes mit einem Spritzbewurf versehen werden. Das ist aber
teilweise nicht erfolgt.

Handelt es sich um einen Ausführungsmangel des Verputzers ?

Liegt ein Planungsfehler vor ?

Liegt auch ein Überwachungsfehler des bauleitenden


Architekten vor ?
5
Was ist Gegenstand der Bauüberwachung ?

Beschrieben in Leistungsphase 8 der HOAI


(identisch bei allen wesentlichen Leistungsbildern):

Überwachen der Ausführung des Objekts auf Übereinstimmung


- mit der Baugenehmigung oder Zustimmung,
- den Ausführungsplänen und den Leistungsbeschreibungen
- sowie mit den allgemein anerkannten Regeln der Technik
- und den einschlägigen Vorschriften

= vertragsgemäße, mängelfreie, gesetzeskonforme und


störungsfreie Bauabwicklung
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Planervertrag (Bauüberwachung)
= Werkvertrag = Erfolg

Der Bauüberwacher schuldet den werkvertraglichen


Leistungserfolg, …

d.h. ein vertragsgemäßes und mängelfreies Bauwerk.

Das Ziel (Erfolg) ist nicht erreicht, wenn die Bauleistung


mangelhaft ist.

Folge: grundsätzlich Gewährleistungshaftung


- aber: Beschränkung nur auf Schadensersatz
- Voraussetzung: schuldhafte Pflichtverletzung
7
2.

Wie muss überwacht werden ?

Was muss überwacht werden ?

Wann liegt ein


Überwachungsmangel vor ?

8
Fallbeispiel - Anwesenheit auf der Baustelle

Der Lehrer L baut. Schon mehrmals hat er den


bauleitenden Architekten nicht auf der Baustelle
angetroffen. Er droht ihm nunmehr die fristlose
Kündigung an für den Fall, dass die Baustelle nicht
durchgängig durch eine kompetente Fachkraft aus dem
Architekturbüro besetzt ist.

Zu Recht ?

9
BGH zur Anwesenheit auf der Baustelle

„Der die Bauaufsicht führende Architekt ist nicht


verpflichtet, sich ständig auf der Baustelle aufzuhalten.“
BGH 9.11.2000 (BauR 2001, 273)

Daraus folgt:
Die Organisation der Bauüberwachungstätigkeit ist
Sache des Bauleiters; der AG kann ihm nicht einseitig
vorgeben, wann er auf der Baustelle zu sein hat.

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BGH – wie muss kontrolliert werden ?

„Der Architekt muss die Arbeiten in angemessener und zumutbarer


Weise überwachen und sich durch häufige Kontrollen
vergewissern, dass seine Anweisungen sachgerecht erledigt
werden.“ BGH 9.11.2000 (BauR 2001, 273)

Problem der BGH-Rechtsprechung: unbestimmte Rechtsbegriffe,


daher kaum greifbar

Mindestkonsequenzen:
1. Bauüberwachung muss machbar und zumutbar sein !
2. Es sind An- bzw. Einweisungen zu erteilen

11
BGH – wann bzw. was muss kontrolliert werden ?

„Bei wichtigen oder bei kritischen Baumaßnahmen, die

erfahrungsgemäß ein hohes Mängelrisiko

aufweisen, ist der Architekt zu erhöhter Aufmerksamkeit und zu


einer intensiveren Wahrnehmung der Bauaufsicht verpflichtet.“
(BGH 9.11.2000; BauR 2001, 273)

Problem: keine konkret greifbaren Anforderungen,


aber: nicht allein schwierige und wichtige Arbeiten sind besonders
zu überwachen, sondern ggf. auch einfache Arbeiten mit
erfahrungsgemäß hoher Mangelhäufigkeit, z.B.
Abdichtungsarbeiten

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BGH - Anlassbezogenheit der Bauüberwachung

„Besondere Aufmerksamkeit hat der Architekt auch solchen


Baumaßnahmen zu widmen, bei denen sich im Verlauf der
Bauausführung Anhaltspunkte für Mängel ergeben.“ (BGH
9.11.2000, BauR 2001, 273)

Anmerkung:
Handlungsbedarf immer dann, wenn Störungsmeldungen
(„Anlass“), z.B. Bedenkenanmeldungen aus dem Bauablauf
(Vorunternehmer) kommen.

13
Bedenkenanmeldung ernst nehmen !
1. Der objektüberwachende Architekt darf angemeldete
Bedenken ausführender Handwerker nicht achselzuckend
übergehen.

2. Er ist vielmehr in diesen Fällen zu erhöhter


Aufmerksamkeit und Überwachung verpflichtet.

BGH, Urteil vom 10.02.1994; BauR 1994, 392

Wenn der Bodenleger Bedenken gegen die Ausführung der


Estrichoberfläche anmeldet und Risse und Dehnungsfugen
erkennbar sind, muss der Architekt die ausgeführten
Estricharbeiten genau untersuchen.

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Was ist wichtig bei An- und Einweisungen ?

Zweckmäßigerweise sollten Anweisungen an die ausführenden


Unternehmen

vor Ausführung der Leistungen und

vor besonders kritischen Phasen erteilt werden


(schwierig, gefährlich - s. BGH-Rechtsprechung).

Weisungen sollten aus Beweisgründen möglichst auch schriftlich


erteilt werden.

Wer ist Adressat der Weisungen ?


Der Auftragnehmer oder sein Bauleiter – es besteht ein Anspruch
auf Benennung des AN-Bauleiters (§ 4 Abs. 1 Nr. 3 VOB/B)
15
Welche Inhalte sollten Weisungen haben ?

- Besonderheiten in technischer Hinsicht


(z.B. neue technische Regelwerke; Herstellerrichtlinien;
Verarbeitungshinweise)

- Besondere örtliche Gegebenheiten der Baustelle

- Hinweise auf etwaige Störungspotenziale


(Einwirken von Boden- oder Witterungsverhältnissen;
andere Gewerke)

- Konkrete Unfallgefahren bei der Ausführung

- Sicherheitsrelevante Bereiche (Gefahren für künftige Nutzer)


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Was ist wie zu kontrollieren ? (OLG-Rechtsprechung)

Die BGH-Rechtsprechung beschreibt hierzu kaum konkrete


Anforderungen, was möglicherweise daran liegt, dass häufig nicht
zu Ende entschieden, sondern an die Vorinstanzen zurückverwiesen
wird.

Eine Analyse der OLG-Rechtsprechung über einen Zeitraum von


15 bis 20 Jahren lässt aber genauere Anforderungen erfassen.
Hieraus ergeben sich

3 unterschiedliche Überwachungs- bzw. Kontrollstufen:

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Kontrollstufe A:
Schwierige und konkret gefährliche Arbeiten

unmittelbare Risiken für die auf der Baustelle tätigen


Personen
z.B. Abbruch-, Aushub- und Unterfangungsarbeiten
OLG Stuttgart, Urteil vom 13.02.2006, BauR 06,1772:

„Bei Aushub- und Unterfangungsarbeiten an einem solchen


Bauvorhaben hat der objektüberwachende Architekt in besonders
kritischen Phasen ständig vor Ort zu sein und die Arbeiten unter
Erteilung fachkundiger Weisungen zu überwachen.“

ausnahmsweise Anwesenheit vor Ort gefordert


während besonderer gefahrenträchtiger Abschnitte

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Überwachungsanforderungen Kontrollstufe A:
- vorherige An- und Einweisung der handelnden Personen
hinsichtlich einer ordnungsgemäßen und gefahrlosen
Leistungsausführung
- Anwesenheit zu Beginn der Ausführung
- zwingende Anwesenheit und Aufsicht
während kritischer gefahrenträchtiger Abschnitte
- (Foto) Dokumentation

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Fallbeispiel Estrichleger:

Der bauleitende Architekt fordert den Estrichleger vor Ausführung


seiner Arbeiten auf, ihn jeweils abschnittsweise zu informieren,
sobald die Vorarbeiten bis zur Einbringung des Mörtels
abgeschlossen sind. Er macht geltend, vorab kontrollieren zu
wollen. Erst danach solle der Mörtel aufgebracht werden.

Der Estrichleger fühlt sich unzumutbar in der Leistungsausführung


beeinträchtigt. Er meint, der Architekt müsse selbst dafür sorgen,
dass er solche Kontrollabschnitte nicht verpasse.

Wer hat Recht ?

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Sonderfall „technische Abnahme“ § 4 Abs. 10 VOB/B
- rechtlicher Anspruch auf Zustandsfeststellung:
„Der Zustand von Teilen der Leistung ist auf Verlangen
gemeinsam von Auftraggeber und Auftragnehmer festzustellen,
wenn diese Teile der Leistung durch die weitere Ausführung der
Prüfung und Feststellung entzogen werden. Das Ergebnis ist
schriftlich niederzulegen.“
Anmerkung:
Wesentliche Pflicht des Bauüberwachers, Leistungsteile, die
„verschwinden“, vorher zu kontrollieren.

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Was passiert bei Vereitelung der technischen Abnahme ?
Aus OLG Düsseldorf v. 23. 5.1995 (BauR 1996, 661; IBR 1995, 419):

Recht zur Verweigerung der Schlussabnahme


bei vereitelter technischer Abnahme
[Dem Bauherrn] stand es … frei, die rechtsgeschäftliche Abnahme bis
zur vertragsgemäßen Ermöglichung einer Überprüfung der früheren
Teilleistungen zu verweigern.

Die Funktion einer solchen Teilabnahme [techn. Abnahme] erschöpft


sich … in der Vorbereitung der späteren Endabnahme des Gesamtwerks;
sie dient … dazu, später nicht mehr – oder nur noch mit erheblichem
Aufwand – zu treffende Feststellungen zur ordnungsgemäßen
Beschaffenheit unselbständiger Leistungsteile zu ermöglichen und
hierdurch die tatsächliche Grundlage für die endgültige Abnahme zu
schaffen.
Hinweis: Wird also trotz entsprechenden Verlangens weitergearbeitet, kann der AG ggf.
sogar zerstörende Wiederaufnahme von Leistungen zwecks Durchführung der Prüfung
verlangen und die Abnahme verweigern. 22
Musterbrief „technische Abnahme“
Betr.: technische Abnahme (§ 4 Abs. 10 VOB/B) nach Abschluss der
Teilleistung …
Sehr geehrte Damen und Herren,
Sie beginnen am ...... mit der Ausführung der Teilleistung .... (z. B.
Außenabdichtung). Wir fordern Sie hiermit zu einer technischen Abnahme
gemäß § 4 Abs. 10 VOB/B nach Abschluss dieser Teilleistung auf mit der
Maßgabe, dass die Arbeiten auf keinen Fall weitergeführt werden dürfen, bevor
nicht die technische Abnahme erfolgt ist. Teilen Sie uns bitte per Telefax bis
spätestens einen Tag vor Fertigstellung der Teilleistung mit, zu welchem
Datum und zu welcher Uhrzeit die technische Abnahme durchgeführt werden
kann. Für den Fall, dass Sie gegen die vorgenannte Verpflichtung verstoßen und
dadurch eine ausreichende Feststellung aufgrund des Baufortschritts nicht mehr
möglich ist, weisen wir bereits jetzt darauf hin, dass wir die Schlussabnahme
verweigern müssen. Des weiteren werden wir sämtliche Kosten an Sie
weiterbelasten, die durch die nachträgliche Überprüfung der Leistungen
entstehen.
Mit freundlichen Grüßen
23
Zwischenfazit:
Erfolgreiche Bauüberwachung ist kein Zufall (!),
sondern eine Organisationsaufgabe
Grundfrage:
Wann werden bei welchem Gewerk Leistungsteile durch den
weiteren Baufortschritt einer Prüfung entzogen ?
Organisationsschritte:
- Jede Werkleistung vorab bzgl. „verschwindender“ Teilleistungen
zerlegen.
- Voraussichtliche Zeitpunkte dieser Teilleistungen ermitteln.
- Rechtzeitiges - möglichst schriftliches - Verlangen nach
„technischer Abnahme“ an den AN.
- Durchführen „technischer Abnahmen“.
- Dokumentation der Ergebnisse (Fotos, Protokolle, Bautagebuch)

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Kontrollstufe B (Kurzbeschreibung):
Hohe Überwachungsanforderungen

Schwierig und/oder erfahrungsgemäß schadensträchtig


und/oder sicherheitsrelevant

z.B. Schall- und Wärmeisolierung, Dämmung, Estrich, Drainage,


Installationen, Abdichtung, Brandschutz

keine ständige Anwesenheit vor Ort gefordert,


sondern regelmäßige Stichproben,
insbesondere „technische Abnahmen“ vor dem Verdecken und
Verschließen von später nicht mehr prüfbaren Leistungsteilen

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Überwachungsanforderungen Kontrollstufe B:
- vorherige An- und Einweisung der handelnden Personen
hinsichtlich einer ordnungsgemäßen Leistungsausführung
- organisierte Anwesenheit mit engmaschigen Stichproben
während der Ausführung (ggf. Rasterkontrollen)
- Organisation und Durchführung von „technischen Abnahmen“
(vor Verdecken, Verschließen, Übergang von Gewerken -
Schnittstellen sichern - Zeitdruck !)
- (Foto) Dokumentation

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Beispiel 1- Kontrollstufe B
Pflichtgemäße Bauüberwachung: Stichproben
Der mit der Leistungsphase 8 des § 15 HOAI beauftragte Architekt
ist verpflichtet, bei einer vorgehängten Natursteinfassade
zumindest stichprobenartig die Vorgaben der Statik hinsichtlich
ihrer Verankerung sowie die Haltbarkeit und Kraftschlüssigkeit der
eingebauten Gerüstanker zu überprüfen.
KG 6.1.2005 BauR 2006, 401

Auszug Urteilsgründe:
Unschwer hätte anhand der Verpackung festgestellt werden
können, dass Dämmmörtel verwendet wurde, der die Anker nicht
mit dem Mauerwerk verband, sondern ein Entfernen der Anker
durch bloßes Ziehen zuließ.

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Beispiel 2 - Kontrollstufe B
Dämmmaterial; Brandschutz – techn. Abnahmen

Der mit der Leistungsphase 8 des § 15 HOAI beauftragte Architekt


hat im Rahmen seiner Objektüberwachungspflicht in der Regel das
eingebaute Dämmmaterial durch Prüfung und Kontrolle vor Ort auf
Übereinstimmung mit den Anforderungen an den Brandschutz nach
örtlichen Bauvorschriften und dem Leistungsverzeichnis zu
untersuchen. (KG 6.1.2005; BauR 2006, 401)

Diese Pflicht hat der Architekt verletzt, weil er überhaupt nicht


geprüft hat, welches Dämmmaterial tatsächlich eingebaut worden ist.
Denn zur ordnungsgemäßen Erfüllung der Überwachungspflicht hätte
der Architekt zumindest durch entsprechende Anweisung dafür Sorge
tragen müssen, dass vor der Estrichverlegung die Dämmung zur
Abnahme vorgeführt wird.
28
Beispiel 3 - Kontrollstufe B
Bauüberwachung durch Stichproben
Abdichtungsarbeiten im Dachgeschoss gehören zu
solchen Baumaßnahmen, die einer zumindest
stichprobenweisen Bauüberwachung durch den
Architekten bedürfen.

OLG Dresden, Urteil vom 25.06.2009 - 10 U 1559/07


nachfolgend: BGH, 18.05.2010 - VII ZR 134/09;
IBR-Beitrag 10, 463
Beispiel 4 - Kontrollstufe B
Erhöhte Überwachungspflicht bei
Sanierungsarbeiten an einem Altbau! ibr 07,144
Der Architekt hat bei einer Altbausanierung seine regelmäßige
Bauaufsichts- und Überwachungspflicht an den Besonderheiten
dieser Arbeiten zu orientieren.

Eine stichprobenartige Überprüfung durch die Subunternehmer


reicht nicht aus, der Architekt muss sich selbst ein Bild vom
Zustand der Bausubstanz verschaffen.

OLG Rostock, Urteil vom 11.07.2006

Konsequenz: keine Weiterdelegation der Überwachung

30
Beispiel 5 - Kontrollstufe B
Dachdeckerarbeiten
- besonders überwachungsbedürftig
Von Bedeutung ist, dass sich Dachdeckerarbeiten
leichter kaschieren lassen als andere
Handwerksleistungen, wie etwa fehlerhafte
Maurerarbeiten, Putz- oder Malerarbeiten, weil ein
erheblicher Teil der ausgeführten Werkleistung
nach der Dacheindeckung nicht mehr sichtbar ist.

OLG Düsseldorf, Urteil vom 31.10.1996 - 5 U 33/96;


BauR 1998, 810

31
Beispiel 6 - Kontrollstufe B
Überwachung von Installationsarbeiten

Installationsarbeiten sind jedenfalls dann vom


bauleitenden Architekten besonders zu
kontrollieren, wenn sie durch den weiteren
Baufortschritt verdeckt werden.

OLG Schleswig, Urteil vom 06.07.1999 - BauR


2001, 1286; IBR 2001, 131 BGH, Beschluss vom
23.11.2000 - VII ZR 217/99 (Revision nicht
angenommen)

32
Beispiel 7 - Kontrollstufe B
Überwachung von Drainagearbeiten

Es gehört zu den Pflichten des bauleitenden Architekten,


die Funktionsfähigkeit einer Drainage zu überprüfen,
bevor die Arbeitsgräben wieder verfüllt werden.

OLG München, Urteil vom 14.07.1993; IBR 1993, 390

33
Kontrollstufe C:
Handwerkliche Selbstverständlichkeiten

Allgemein übliche, gängige und einfache Arbeiten,


deren Beherrschung durch den Fachunternehmer vorausgesetzt
werden kann, z.B. Malerarbeiten und Arbeiten, die frei, sichtbar
und zugänglich bleiben

Anforderungen an die Überwachungstätigkeit:


- gelegentliche Kontrollen (insbesondere in der Anfangsphase)
- i.d.R. kein Zeitdruck (Ausnahme: faktische Zwänge aus dem
Bauablauf, etwa bei Geräte- und Gerüstvorhaltung durch Dritte)
- Besonderheiten:
Qualitätsdefizite beim Personal; Sprachprobleme
- (Foto) Dokumentation
34
Beispiel 1 - Kontrollstufe C
Muss der Bauleiter Anstricharbeiten überwachen?

Bei Beschichtungen von Wärmedämmverbundsystemen und


Putzoberflächen handelt es sich um einfache und gängige
Bauarbeiten. Der Architekt kann deshalb grundsätzlich auf eine
ordnungsgemäße Ausführung durch den Handwerker vertrauen und
muss die Anstricharbeiten nicht selbst prüfen oder durch
Mitarbeiter überwachen lassen.
KG, Urteil vom 22.02.2001 (nicht rechtskräftig); BauR 2001, 1151

Anmerkung:
Zur Frage, was "handwerkliche Selbstverständlichkeiten" sind,
greifen qualifizierte Bausachverständige nicht selten mit
überraschenden Erkenntnissen dazu, was ein Handwerker in seinem
Gewerk alles wissen und beachten muss, auf die einschlägige
Ausbildungsliteratur zurück (aus ibr 01,436). 35
Beispiel 2 - Kontrollstufe C
Rohrdurchführungen und Bodeneinläufe: Keine
Sonderüberwachung durch Architekten! ibr 07,86
Die handwerkliche Ausführung eines nachträglich hergestellten
Bodeneinlaufes und/oder einer Rohrdurchführung durch die
Bodenplatte oder erdberührende Teile der Außenwand stellt eine
handwerkliche Selbstverständlichkeit dar, die der Architekt,
wenn nicht mit drückendem Wasser zu rechnen ist,
grundsätzlich nicht besonders überwachen muss.
OLG Köln, Urteil vom 19.10.2005
BGH, Beschluss vom 09.11.2006 - VII ZR 261/05
(Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen)

36
Beispiel 3 - Kontrollstufe C
Architekt muss Putzarbeiten nicht besonders
überwachen ! - ibr 07,631
Putzarbeiten gehören zu den handwerklichen
Selbstverständlichkeiten, angesichts derer sich der Architekt auf
eine hinlängliche Beherrschung durch den Fachunternehmer
verlassen kann; solche Arbeiten müssen nicht besonders
überwacht werden.
KG, Urteil vom 15.02.2006 - BGH, Beschluss vom 22.02.2007 -
VII ZR 67/06 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen)

37
Kontrollmethoden
Wie lassen sich Mängel feststellen ?

Augenschein Rasterprüfung
- bei Massen- und
Lieferscheinkontrolle Serienausführung

Materialprüfung Messungen

Daumenprobe Druckprüfung

Gitterritzprüfung Simulation
- z. B. künstliche Bewässerung

ggf. Abstimmung von Untersuchungsmethoden mit dem AG

Kompetenzen + weitere Befugnisse aus § 4 Abs. 1 VOB/B 38


Qualitätssicherung durch Bauüberwachung
4 Säulen der Bauüberwachung beachten:

Anweisungen „technische“
vor Ausführung: Abnahmen
z.B. DIN, a.R.d.T, - vor dem Verdecken
VerarbeitungsRiLi und Verschließen
Dokumentation:
- vor Folgegewerk
- Bautagebuch
- Baustellenprotokolle
- Bauablaufkorrespondenz

Kontrollen
während der Ausführung:
- Problemgewerke / -maßnahmen
- handwerkliche Selbstverständlichkeiten
39
3. Bedeutung der
Bauablaufdokumentation im
Rahmen der Bauüberwachung

Wie wird ein Bauüberwachungsfehler


nachgewiesen ?

Wer trägt die Beweislast ?

40
Zitat aus einem Sachverständigengutachten:

„Die Bauausführung verstößt gegen die DIN 18350 und


ist daher mangelhaft …

… im Rahmen der Objektüberwachung hätte die


mangelhafte Bauausführung der Verputzerarbeiten
festgestellt werden müssen.“

41
Überwachungsmangel
- Grundsätze / Abgrenzung

„Die Tatsache, dass ein Baumangel vorliegt,


rechtfertigt für sich allein nicht die Annahme eines
Überwachungsverschuldens des Architekten.“ (OLG
Celle, Urteil vom 28.03.2007 - ibr 07,691)

Folge:
Kein Automatismus Mangel = Haftung

42
Aber …

„Grobe Mängel bei kritischen Arbeiten begründen den


Anschein einer Pflichtverletzung des bauüberwachenden
Architekten.“

OLG Saarbrücken, Urteil vom 11.12.2006 – ibr 07,314

Das heißt: aus einem vorhandenen Mangel wird die

Vermutung = Anschein

einer Pflichtverletzung abgeleitet.

43
Sehr entscheidende Frage:

Wer muss im Streitfall was darlegen und


beweisen ?

44
BGH: Angabe der Mangelerscheinung reicht aus!

Der Auftraggeber legt einen Mangel des Architektenwerks, der


sich im Bauwerk realisiert hat, hinreichend substantiiert dar,
wenn er die Mangelerscheinungen bezeichnet und einer
Leistung des Architekten zuordnet.

BGH, Urteil vom 08.05.2003; ibr 03,365

45
Haftung des überwachenden Architekten:
Welche Beweisanforderungen?

1. Der Nachweis der Verletzung der Bauaufsichtspflicht eines


Architekten kann durch einen Anscheinsbeweis erleichtert sein.

2. Der Bauherr braucht nicht anzugeben, inwieweit es der Architekt im


Einzelnen an der erforderlichen Überwachung hat fehlen lassen.
Vielmehr ist es Sache des Architekten, den Beweis des ersten Anscheins
dadurch auszuräumen, dass er seinerseits darlegt, was er oder sein
Erfüllungsgehilfe an Überwachungsmaßnahmen geleistet hat.

Dazu genügt nicht die bloße Behauptung, er habe die Gründungsarbeiten


selbst oder durch seinen Bauleiter überwachen lassen. Erst wenn der
Architekt die ordnungsgemäße Wahrnehmung der von ihm geschuldeten
Bauaufsicht substantiiert vorgetragen hat, ist zu prüfen, ob damit der
Anscheinsbeweis erschüttert ist.
BGH, Urteil vom 16.05.2002 - VII ZR 81/00; BauR 2002, 1296 IBR 02, 494
Anscheinsbeweis für mangelhafte
Bauüberwachung?
1. …
2. Angesichts des ersten Anscheins einer mangelhaften
Bauüberwachung ist es Sache des Architekten, den Beweis
des ersten Anscheins dadurch auszuräumen, dass er
seinerseits darlegt, was er oder sein Erfüllungsgehilfe an
Überwachungsmaßnahmen geleistet hat.

OLG Dresden, Urteil vom 25.06.2009 - 10 U 1559/07


nachfolgend: BGH, 18.05.2010 - VII ZR 134/09; IBR-Beitrag 10, 463
Architekt muss Dicke der Abdichtung kontrollieren!
Die Behauptungen des Architekten, er habe die
Abdichtungsarbeiten "selbstverständlich regelmäßig und
stichprobenartig vor Ort in Augenschein genommen", genügt den
Anforderungen an substanziierten Vortrag zur Entkräftung des
Anscheinsbeweises einer ungenügenden Bauüberwachung nicht.
Vielmehr muss er im Einzelnen darlegen, wann er auf der Baustelle
war und welche konkreten Arbeiten dabei von ihm in Augenschein
genommen worden sind.
Der Architekt hätte vortragen müssen, wann er auf der Baustelle
anwesend gewesen sei, um die Abdichtung zu prüfen. Diese
Anforderungen lägen auch nicht außerhalb der Möglichkeiten des
Planers. Hätte dieser ein Bautagebuch geführt, hätte er ohne
Weiteres die notwendigen Angaben machen können.
KG, Beschluss vom 09.04.2010 - 7 U 144/09 ; IBR 2010, 402
BGH: Dokumentation durch Bautagebuch

Das Bautagebuch dient dazu, gegenüber dem Besteller


eine ordnungsgemäße Bauüberwachung zu
dokumentieren.

BGH, Urteil vom 28.07.2011 - VII ZR 65/10


vorhergehend: KG Berlin, 16.03.2010 - 7 U 53/08
Was ist die Konsequenz aus dieser Rechtsprechung ?

Erst wenn die im Rahmen der Bauüberwachung entfalteten


Tätigkeiten konkret beschrieben werden, ist überhaupt eine
weitergehende Prüfung möglich, ob diese Maßnahmen
ausreichend waren, …

d. h. ohne eine ausreichende


Dokumentation des Bauablaufs
und eine konkrete Beschreibung der eigenen
Bauüberwachungsmaßnahmen
ist die Haftung nicht abzuwenden.

(Erschütterung des Anscheinsbeweises notwendig !!!)

50
Mangel Mangel

Anscheinsbeweis Darlegung der Angaben werden widerlegt


Überwachungstätigkeit oder Überwachung war
(Pflicht des Planers) unzureichend
(Beweislast beim AG)

Haftung Haftung Haftung

51
Zur Darlegungs- und Beweislast bei
Bauüberwachungsfehlern

Zitat aus einem RA-Schriftsatz

52
Rechtsprechungsbeispiel zur Dokumentation
Durch die Vorlage von Protokollen über Bewehrungsabnahmen
kann der beklagte Architekt den Nachweis führen, dass er seiner
Überwachungspflicht nachgekommen ist.
(OLG Hamm, Urteil vom 30.10.2007; ibr 08, 104)

Anmerkung: Im Streitfall waren Mängel (zu geringe


Betonüberdeckung) vorhanden. Das führte aber nicht zu einem
Überwachungsmangel, weil ausreichende Kontrolltätigkeit belegt
werden konnte.

Einzelne Mängel lassen also nicht ohne weiteres den Rückschluss


auf Überwachungsfehler zu.
Aber: Nur durch die Dokumentation der Tätigkeit konnte die
Haftung abgewendet werden.
53
Bedeutung der Bauablaufdokumentation
Zusammenfassung:
1. Aus einem vorhandenen Mangel folgt zunächst der Rückschluss
auf einen Bauüberwachungsfehler (Anscheinsbeweis).

2. Der Anscheinsbeweis muss dadurch widerlegt werden, dass der


Bauüberwacher substantiiert (was? wann? wie?) darlegt, was er an
Bauüberwachungstätigkeit geleistet hat (nur durch Dokumentation).

3. Erst dann folgt die Beweisebene, also die Prüfung, ob die


Darlegungen zur Bauüberwachung zutreffend sind und ob die
durchgeführten Maßnahmen ausreichend waren.

4. Waren die Maßnahmen zur Prüfung (i.d.R. Stichproben)


ausreichend, kann zwar ein Mangel vorliegen; dies ist aber dann
kein Überwachungsfehler, weil Verschulden fehlt.
54
4.
Gegenstand der
Bauablaufdokumentation

Bauablaufkorrespondenz

Baustellenprotokolle

Bautagebuch

55
Bauablaufkorrespondenz
Eindämmen und Kanalisieren des Email-Verkehrs

Checklisten und Musterbriefe einsetzen


(Standardisieren und formalisieren)

Kompetenzen, Vollmachten und Befugnisse hinterfragen


Vollmachten erforderlich für rechtsgeschäftliche Vertretungshandlungen:
z.B. Nachträge, Abnahme, Kündigungen, Vertragsänderungen,
Anerkenntnisse
Unterschied: originäre Architektenvollmacht (aus Übertragung
der LPh 8):
„technische Abnahmen“, Aufmaß, Mängelrügen,
Inverzugsetzungen, Weisungen in technischer und
organisatorischer Hinsicht, Abzeichnen von Stundenlohnzetteln

Korrespondenz mit dem Bauherrn 56


Baustellenprotokolle
Keine rechtliche Verpflichtung

Anwesende mit Vor- und Nachnamen festhalten (Zeugenfunktion)

Kompetenzen, Vollmachten und Befugnisse hinterfragen


(Grundsätze der Anscheins- und Duldungsvollmacht)

Information an den Bauherrn (Mitwirkungspflichten einfordern)

Beweiskraft – Widerspruchsfrist – rechtliche Bedeutung

57
Baustellenverhandlungsprotokoll als
kaufmännisches Bestätigungsschreiben!

Der Vertretene, der auf Einladung zu einem Termin zur


Verhandlung über einen bereits geschlossenen Vertrag einen
Vertreter ohne Vertretungsmacht entsendet, muss sich dessen
Erklärungen nach den zum kaufmännischen
Bestätigungsschreiben entwickelten Grundsätzen zurechnen
lassen, wenn er den im über die Verhandlung erstellten
Protokoll enthaltenen und unterschriebenen Erklärungen des
Vertreters nicht unverzüglich nach Zugang des Protokolls
widerspricht.
BGH, Urteil vom 27.01.2011 - VII ZR 186/09

58
Führen des Bautagebuchs
Grundleistung Leistungsphase 8

Architektur: Führen eines Bautagebuchs

Technische Ausrüstung:
Mitwirken beim Führen eines Bautagebuchs

Verkehrsanlagen und Ingenieurbauwerke (Örtliche


Bauüberwachung – Anlage 1 HOAI „Besondere Leistung“):
Führen eines Bautagebuchs

Honorarmäßige Bewertung: 0,5 bis 1 % Honoraranteil

59
Kein Bautagebuch – Honorarkürzung? IBR 05, 600

1. Führt der Architekt, obwohl er dazu verpflichtet ist, kein


Bautagebuch, so ist die Vergütung für die Leistungsphase 8 des
§ 15 Abs. 2 HOAI um 0,5% zu mindern.

2. Einer Fristsetzung zur Nacherfüllung bedarf es nicht. Die


nachträgliche Erstellung des Bautagebuches kommt nicht in Frage.

OLG Celle, Urteil vom 11.10.2005 - 14 U 68/04; BauR 2005, 1972 (Ls.); BauR
2006, 1161; OLG-Report Celle 2005, 712

60
Honorarminderung bei nicht geführtem Bautagebuch
Vereinbaren die Parteien, dass für Inhalt und Umfang der werkvertraglichen
Leistungspflichten des Architekten das Leistungsbild des § 15 Abs. 2 HOAI
entsprechend gilt, hat der Architekt ein Bautagebuch zu führen.

Hat der Architekt den geschuldeten Teilerfolg nicht erbracht, indem er kein
Bautagebuch geführt hat, ist sein Werk mangelhaft (BGH, Urteil vom 24. Juni
2004 - VII ZR 259/02, BGHZ 159, 376, 382).

Der Auftraggeber kann dann unter den Voraussetzungen des § 634 BGB das
Honorar für die Leistungsphase 8 des § 15 Abs. 2 HOAI mindern.

Eine Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung ist jedoch entbehrlich, weil ein


Bautagebuch nachträglich nicht mehr zuverlässig erstellt werden kann (OLG
Karlsruhe, BauR 2007, 1770, 1772). BGH, Urteil vom 28.07.2011 - VII ZR 65/10
vorhergehend: KG Berlin, 16.03.2010 - 7 U 53/08; LG Berlin, 22.02.2008 - 8 O 116/06

Hinweis: Sagen Sie nie, dass Sie kein Bautagebuch geführt haben !
61
BGH: Zweck des Bautagebuchs

Das Bautagebuch hat den Zweck, das Baugeschehen mit allen


wesentlichen Einzelheiten zuverlässig und beweiskräftig festzuhalten.

Diese Dokumentation kann insbesondere bei Störungen des Bauablaufs


oder Auseinandersetzungen mit anderen Baubeteiligten von großer
Bedeutung sein.

Dieses Dokumentationsinteresse besteht nicht nur bei Neubauten,


sondern auch bei Bauten im Bestand, also bei
Modernisierungsmaßnahmen, Instandsetzung und Ausbau. Gerade bei
diesen Maßnahmen kann es von großer Wichtigkeit sein, Abweichungen
vom vorausgesetzten Bestand und sich daraus ergebende Probleme zu
dokumentieren, weil sie erfahrungsgemäß Grundlage von
Nachtragsforderungen der Bauunternehmer sein können.
BGH, Urteil vom 28.07.2011 - VII ZR 65/10
62
Mindestinhalte des Bautagebuchs I
(vertragliche Vereinbarungen beachten, z.B. VHB Bund)

Ausführungsfristen AN
Ausführungsbeginn, Zwischenfristen, Ende
- Abgleich und Fortschreibung

Planvorlagefristen (Abstimmung mit anderen an der Planung


Beteiligten) - tatsächliche Vorlage und Übergabe von Plänen

Witterungsbedingungen

Eingesetzte Kapazitäten
(Personal-, Geräte- und Materialausstattung)
Arbeitskräfte, Führungspersonal, Großgeräte, Subunternehmer

63
Mindestinhalte des Bautagebuchs II

Störungen, Unterbrechungen
wann ? wie lange ? durch wen ? warum ? welche Auswirkungen ?

Reaktionen auf Störungssituationen (Anordnungen,


Anweisungen, Mängelrügen, Inverzugsetzung) wann ? an wen ?
Inhalte ?

Bedenkenanmeldungen / Behinderungsanzeigen
welchen Inhalt ? von wem ? (z.B. AN, Projektsteuerung, AG,
Dritte) welche Auswirkungen ? welche Reaktionen ?

Nachträge
wer ? wann ? wem gegenüber ? Inhalte ?

64
Mindestinhalte des Bautagebuchs III
(Dokumentation der eigenen Überwachungstätigkeit)

Datum, Uhrzeit, Dauer von Baustellenbesuchen


wann ? wie lange ?

Geprüfte Gewerke – Leistungsstände

Anwesende Personen / Begleitpersonen / Gespräche


z.B. Bauleiter des AN

Getroffene Feststellungen
„technische Abnahmen“, Ergebnisse – Abrechnungsfeststellungen,
Aufmaße – Sonderfeststellungen bei Kündigungen

65
BGH: Pflicht zur Herausgabe des Bautagebuchs ?

Zur Erfüllung der Pflicht des Architekten, ein Bautagebuch zu


führen, ist die Aushändigung an den Besteller grundsätzlich nicht
erforderlich.

Der Architekt hat ein berechtigtes Interesse daran, dass das


Bautagebuch bei ihm verbleibt, da es auch dazu dient, gegenüber
dem Besteller eine ordnungsgemäße Bauüberwachung zu
dokumentieren.

BGH, Urteil vom 28.07.2011 - VII ZR 65/10


vorhergehend: KG Berlin, 16.03.2010 - 7 U 53/08;
LG Berlin, 22.02.2008 - 8 O 116/06

66
Das Bautagebuch - Mindestinhalte
Ausführungsbeginn notieren Empfangene
Bedenken und Hinweise
Witterungsbedingungen
Erteilte Anweisungen
Datum/Uhrzeit
von Baustellenbesuchen Verzugssituationen,
Mängelrügen u.a.

Geprüfte Gewerke
- Leistungsstände Kündigungen
- Schnittstellensicherung

Anwesende Personen Nachträge – Anordnungen


- Begleitpersonen Wer ? Wann ? Was ?

Besondere Vorkommnisse
Personal, Geräte- und
Materialausstattung

67
5. Welche rechtlichen Maßnahmen
sind bei welchen Störungssituationen
zu ergreifen ?
Mängelrüge ? Inverzugsetzung ?

Wer ? Wie ?

Wem gegenüber ?

68
Mängelbeseitigung vor Abnahme
beim VOB-Vertrag

§ 4 Abs. 7
Leistungen, die schon während der Ausführung als
mangelhaft oder vertragswidrig erkannt werden, hat der
Auftragnehmer auf eigene Kosten durch mangelfreie zu
ersetzen. ........

Kommt der Auftragnehmer der Pflicht zur Beseitigung des


Mangels nicht nach, so kann ihm der Auftraggeber eine
angemessene Frist zur Beseitigung des Mangels setzen
und erklären, dass er ihm nach fruchtlosem Ablauf der
Frist den Auftrag entziehe (§ 8 Abs. 3).

69
Ersatzvornahme vor der Abnahme
beim VOB-Vertrag

§ 8 Abs. 3 Nr. 1
Der Auftraggeber kann den Vertrag kündigen, wenn in den Fällen
des § 4 Abs. 7 die gesetzte Frist fruchtlos abgelaufen ist
(Entziehung des Auftrags). Die Entziehung des Auftrags kann auf
einen in sich abgeschlossenen Teil der vertraglichen Leistung
beschränkt werden.

§ 8 Abs. 3 Nr. 2
Nach der Entziehung des Auftrags ist der Auftraggeber
berechtigt, den noch nicht vollendeten Teil der Leistung zu Lasten
des Auftragnehmers durch einen Dritten ausführen zu lassen, doch
bleiben seine Ansprüche auf Ersatz des etwa entstehenden weiteren
Schadens bestehen.
70
Fristsetzung mit Gestaltungswirkung:
Erklärung durch einen Bevollmächtigten
erforderlich!

1. Die Fristsetzung mit Kündigungsandrohung gemäß


§ 643 Abs. 1 BGB kann nur durch einen bevollmächtigten
Vertreter wirksam erfolgen.
2. Eine nach Fristablauf erteilte Genehmigung der
Erklärung eines vollmachtlosen Vertreters ist wirkungslos.

BGH, Urteil vom 28.11.2002; BauR 2003, 299;


IBR 2003, 72

71
Kündigung: Vollmacht des Architekten ?

Die dem Architekten erteilte (übliche) Vollmacht umfasst


auch die Mängelbeseitigungsaufforderung, Fristsetzung
und Kündigungsandrohung zur Vorbereitung einer
Kündigung nach § 4 Nr. 7, § 8 Nr. 3 VOB/B.

LG Schweinfurt, Urteil vom 16.01.2007


nachfolgend: OLG Bamberg, 23.07.2007; IBR 2007, 547

72
Musterbrief M 25
Sehr geehrte Damen und Herren,

die Ausführung Ihrer geschuldeten vertraglichen Werkleistungen ist in


folgenden Bereichen mit Mängeln behaftet, die von uns nicht
hingenommen werden können:
....................................................................................................
Um den Bauablauf nicht zu beeinträchtigen, ist es erforderlich dass diese
Mängel unverzüglich, spätestens aber bis zum
........................
vollständig beseitigt werden, wozu wir Sie hiermit auffordern. Für den
Fall, dass Sie dieser Aufforderung innerhalb der gesetzten Frist nicht
nachkommen, kündigen wir bereits jetzt an, dass wir Ihnen unter
Hinweis auf § 4 Abs. 7 S. 3 i.V.m. § 8 Abs. 3 VOB/B den Auftrag
(bezogen auf die Teilleistung...............) entziehen werden.

Mit freundlichen Grüßen 73


Ersatzvornahme ohne vorherige Teilkündigung ?

Vor der Abnahme darf der Bauherr grundsätzlich ohne


vorherige Teilkündigung keine Ersatzvornahme zu Lasten
des Unternehmers veranlassen.

Etwas anderes kann ausnahmsweise gelten, wenn der


Unternehmer ernsthaft und endgültig die Ausführung einer
(Teil-) Leistung verweigert.

OLG Köln, Urteil vom 31.10.2000


BGH, Beschluss vom 08.11.2001 - VII ZR 450/00 (Revision
nicht angenommen) alles aus IBR 2002, 7

74
Fremdnachbesserung vor Abnahme:
Kostenerstattung auch ohne Kündigung?

Dem Auftraggeber steht ein Anspruch auf Kostenvorschuss


oder auf Ersatz der Fremdnachbesserungskosten auch ohne
die Entziehung des Auftrags zu, wenn der Auftragnehmer
endgültig die vertragsgemäße Fertigstellung verweigert.

BGH, Urteil vom 20.04.2000 (aus IBR 2000, 491)

75
Lösungsvorschläge

Schadensminderung durch genehmigte Ersatzvornahme


(Einigung mit dem AN)

Grundeinweisung Musterbrief M 69

Frühe Mängelrüge Musterbrief M 70

Androhung von Einbehalten bzgl. Mängel und Schäden


Musterbrief M 71

Info an AG – Mitwirkung Musterbrief M 72


6.

Was bedeutet
gesamtschuldnerische Haftung ?

Welche Folgen hat sie?

77
Fallbeispiel:
Ingenieur I wird von Lehrer L wegen fehlerhafter
Bauüberwachung auf Zahlung von Schadensersatz verklagt,
weil die Heizungsrohrleitungen, entgegen den Vorgaben der
Leistungsbeschreibung, unzureichend isoliert worden
waren.

Der Ingenieur wendet ein, dass L zunächst einmal den


Heizungsinstallateur in Anspruch nehmen müsse, denn
dieser sei für den Mangel verantwortlich und habe sogar die
volle Vergütung kassiert.

Hat er Recht ?

78
Auftraggeber /Bauherr
Werkvertrag

Architekt, Fachingenieur Bauunternehmer,


Handwerker
Leistungsgegenstand Leistungsgegenstand
Überwachen der Leistung Ausführen der Leistung

Leistungsziel:
Herstellung der Leistung nach Plänen, Leistungsbeschreibung,
vereinbarter Beschaffenheit und allgemein anerkannten
Regeln der Technik
79
Was bedeutet gesamtschuldnerische Haftung ?

Ausführungsmangel Überwachungsmangel
des AN des Planers

fallen zusammen

Folge:
beide haften in vollem Umfang gegenüber dem AG als
Gesamtschuldner nach dessen Wahl

80
Haftung des überwachenden Architekten:
Welche Beweisanforderungen?

Ist die schuldhafte Verletzung der Bauaufsichtspflicht eines


Architekten für einen Bauwerksschaden mitursächlich, so
führt dies zur vollen Haftung des Architekten gegenüber dem
Auftraggeber.

BGH, Urteil vom 16.05.2002 - VII ZR 81/00; BauR 2002, 1296;


IBR 02, 494

Strategische Überlegungen des AG:


wen soll er in Anspruch nehmen ???
Interessenabwägung
Bauüberwacher Bauunternehmer
- haftet als Freiberufler voll - häufig als Kapitalgesellschaft
persönlich (z.B. keine GmbH- mit Haftungsbeschränkung
Begrenzung) (z.B. GmbH) – Insolvenzrisiko

- haftet auf SEA (Geld) nicht - hat zunächst ein


Mängelbeseitigung Mängelbeseitigungsrecht

- Absicherung durch - keine Versicherung


Berufshaftpflichtversicherung

- verlängerte Verjährungshaftung - regelmäßige


durch Übernahme der LPh 9 Gewährleistungsfristen (4 bzw.
(mindestens 9-10 Jahre) 5 Jahre)
82
Wann beginnt die Gewährleistung des Planers ?
Wann endet sie ?

§ 634 a BGB (Verjährung der Mängelansprüche)


(1) Die in § 634 Nr.1, 2 und 4 bezeichneten
Ansprüche verjähren ....

2. in fünf Jahren bei einem Bauwerk und einem


Werk, dessen Erfolg in der Erbringung von
Planungs- oder Überwachungsleistungen hierfür
besteht, und [....]

(2) Die Verjährung beginnt in den Fällen des


Absatzes 1 Nr. 1 und 2 mit der Abnahme.

83
Schadensersatzansprüche gegen
Bauüberwacher verjährt?
1. Die Verjährungsfrist gegen einen Architekten beginnt erst mit
Abnahme sämtlicher geschuldeter Leistungen, bei Vereinbarung
der Leistungsphase 9 also regelmäßig erst 5 Jahre nach
Fertigstellung des Bauwerks (5+5).

2. Hat der Architekt seine Pflichten im Rahmen der Bauaufsicht


verletzt, so hat er den Auftraggeber, der seine Ansprüche
zunächst gegen den Unternehmer verfolgt, auf die Möglichkeit
einer eigenen Haftung aus fehlerhafter Bauaufsicht hinzuweisen.

BGH, Urteil vom 06.07.2000 - VII ZR 82/98; BauR 2001, 1513,


IBR 2000, 507

84
Lösungsansätze zur Verkürzung der
Gewährleistungspflichten des Planers ?

- vertragliche Haftungsbeschränkungen ?
i.d.R. Verstöße gegen AGBG (s. Beispiele)

- Verzicht auf LPh 9 ?


ja – aber möglichst beschränkte vertragliche
Leistungsinhalte nachweisbar (schriftlich) festlegen

- separaten Vertrag nur über LPh 9

- Teilabnahmevereinbarung mit Gewährleistungsbeginn


nach LPh 8 (schriftlich) festlegen

85
Die entscheidende Vertragsklausel zur
Teilabnahme:

„Die Gewährleistung richtet sich nach den gesetzlichen


Vorschriften.

Bei Gesamtübernahme eines Leistungsbildes der HOAI


(Leistungsphasen 1 bis 9) oder der Vereinbarung von
Teilleistungen einschließlich der Leistungsphase 9 erfolgt
eine Teilabnahme nach Erbringung der Leistungsphase 8.
Mit dieser Teilabnahme beginnt die Gewährleistung bzgl.
der bis dahin erbrachten Leistungen.“

86
Lauf der Gewährleistungsfristen

AN 1 Ausführung Gewährleistung

AN 2 Ausführung Gewährleistung

AN 3 Ausführung Gewährleistung

BÜ LPh 8 ?????

LPh 9 Gewährleistung

87
Wie komme ich zur Planer-Abnahme ?
Sehr geehrte Damen und Herren,
ich teile Ihnen der guten Ordnung halber mit, dass Ihre
Baumaßnahme mit Abschluss und Abnahme des Gewerks ...... am
....... insgesamt fertiggestellt wurde.
Ich habe meine Rechnungsprüfungstätigkeiten - die geprüften
Rechnungen liegen Ihnen bereits vor - abgeschlossen und übergebe
zum vollständigen Abschluss meiner Architekten-
/Ingenieurleistungen in der Anlage die Aufstellungen
"Kostenkontrolle" und "Kostenfeststellung". Sie können hieraus
nachvollziehen, dass der kalkulierte Kostenrahmen eingehalten
wurde. Als weitere Anlagen überlasse ich Ihnen noch folgende
Unterlagen (z.B. Herstellergarantien, Bedienungsanleitungen, u.a.):
Ich darf Sie bitten, den Empfang der Unterlagen wie auch die
vertragsgerechte Erbringung meiner Architekten-/ Ingenieur-
leistungen durch Ihre Unterschrift zu bestätigen.
88
Abschlussbestätigung
Bauvorhaben ............................
Übergabe Unterlagen - Architekten- / Ingenieurleistungen

Die beauftragten Bauleistungen sind im wesentlichen abgeschlossen und


abgenommen, die Abnahmeprotokolle liegen vor. Die Übergabe zur
Ingebrauchnahme ist am ……………….. erfolgt.
Die Rechnungsprüfungstätigkeiten sind abgeschlossen, ebenso Kostenkontrolle
und Kostenfeststellung. Weiterhin werden dem Auftraggeber noch folgende
Unterlagen übergeben:
(z.B.) Wartungsvertrag ……
(z.B.) Garantieurkunde …….
(z.B.) Bestandspläne Nr,: ….
(z.B.) Bedienungsanleitung ...
(z.B.) Dokumentation ………

Der Auftraggeber bestätigt hiermit durch seine Unterschrift den Empfang der
Unterlagen wie auch die im wesentlichen vertragsgerechte Erbringung der
Architekten-/ Ingenieurleistungen
89
(Teil-)Abnahme der Leistungsphase 1 bis 8 durch
Zahlung des Honorars? ibr 05,554

1. Kommt in der Zahlung des Auftraggebers zum Ausdruck,


dass er von einer ordnungsgemäßen Erbringung der
Leistung ausgeht, liegt in der Zahlung des Honorars die
Abnahme der Architektenleistung.

2. Wird einvernehmlich eine Teilabnahme vollzogen,


kommt es nicht darauf an, ob eine Teilabnahme vertraglich
vorgesehen war.

OLG Düsseldorf, Urteil vom 25.08.2005

90
Architektenverjährung gegenüber
Unternehmerhaftung
Hat der Architekt auch die Leistungen der Phase 9 des § 15 Abs.
2 HOAI übernommen, ist sein Werk erst dann vollendet, wenn
auch diese Leistungen erbracht sind.

Aus der Sicht der Parteien könnte es sich bei einer Abnahme vor
dem 23. April 1996 allenfalls um eine Teilabnahme handeln.
Eine solche setzt jedoch eine entsprechende Vereinbarung
voraus.

Der Wille des Bauherrn zur Teilabnahme muss wegen ihrer


gravierenden Folgen klar zum Ausdruck kommen.

BGH, Urteil vom 20.10.2005 - VII ZR 155/04


91
Verjährungsbeginn ab Leistungsphase 8 oder 9:
Wer hat Beweislast? ibr 05, 498
Der Architekt muss darlegen und beweisen, dass die
Leistungsphase 9 (Objektbetreuung) nicht Gegenstand des
Vertrages ist und somit die Verjährung mit Beendigung bzw.
Abnahme der Leistungsphase 8 (Objektüberwachung) begonnen
hat.

Gelingt ihm dieser Beweis nicht, beginnt die fünfjährige


Verjährung für Ansprüche gegen den Architekten erst nach
Beendigung der Objektbetreuung, also regelmäßig fünf Jahre
nach Abnahme der Bauleistungen.

OLG Düsseldorf, Urteil vom 06.08.2004


BGH, Beschluss vom 28.04.2005 - VII ZR 221/04
(Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen)
92
Was bedeutet Gesamtschuldnerausgleich ?

Ausführungsmangel Überwachungsmangel
des AN des Planers
Rechtsfolge: Rechtsfolge:
zunächst SEA in Geld
fallen zusammen
Nacherfüllung

Folge:
beide haften in vollem Umfang gegenüber dem
AG als Gesamtschuldner nach dessen Wahl

Gesamtschuldnerausgleich (Regress):
im Innenverhältnis volle Haftung des AN;
aber nur bei Überwachungs-, nicht bei Planungsfehlern
93
Alleinige Unternehmerhaftung trotz
Aufsichtspflichtverletzung des Architekten?
ibr 05,221

Ein in voller Höhe vom Bauherrn in Anspruch genommener, mit


der Bauüberwachung beauftragter Architekt muss sich im
Gesamtschuldnerinnenverhältnis zum Unternehmer kein
Mitverschulden anrechnen lassen. Der Fehler bei der
Objektüberwachung tritt bei der Abwägung des Maßes der
Mangelverursachung gegenüber der mangelhaften Leistung
vollständig zurück.

OLG Koblenz, Urteil vom 19.03.2004


BGH, Beschluss vom 08.12.2004 - VII ZR 78/04
(Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen)

94
Haftet der Architekt im Verhältnis zum
Bauhandwerker für Ausführungsmängel ?
ibr 08,282

Ist der Baumangel auf einen Ausführungsfehler des


Unternehmers zurückzuführen, den der Architekt im Rahmen
seiner Bauaufsicht lediglich nicht erkannt hat, so ist davon
auszugehen, dass den Unternehmer grundsätzlich die alleinige
Haftung trifft. Bei Baumängeln kann der Unternehmer dem
Architekten nicht entgegenhalten, dass dieser ihn nicht genügend
beaufsichtigt habe.

OLG Koblenz, Urteil vom 25.06.2007

95
7.
Welche Möglichkeiten der
Haftungsbeschränkung sind
zulässig ?

96
Vertragsklausel Gewährleistungsbeginn

Architektenhaftung
"fünf Jahre nach Bezugsfertigkeit":
Auslegung und Wirksamkeit?

Als vom Architekten gestellte Allgemeine


Geschäftsbedingung ist die Vereinbarung einer
Gewährleistungsdauer "fünf Jahre nach
Bezugsfertigkeit" unwirksam.

BGH, Urteil vom 15.04.2004; IBR 2004, 376

97
Architektenvertrag: Vorverlegung des
Verjährungsbeginns in AGB unwirksam!
ibr 06, 284

Die Regelung in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen


(AGB) eines Architekten, wonach die Verjährung sämtlicher
Ansprüche gegen ihn spätestens dann zu laufen beginnt, wenn
das Objekt in Nutzung genommen ist, ist unwirksam.

Unwirksam ist auch die AGB des Architekten, wonach die


Verjährung der Ansprüche jedenfalls zu dem Zeitpunkt eintritt,
zu dem Ansprüche des Bauherrn gegen die übrigen an der
Planung und Ausführung des Objektes Beteiligten verjähren.

OLG Rostock, Urteil vom 27.09.2005

98
Beratung bei einer Altbausanierung:
Wenig Honorar, aber volle Haftung! ibr 05,557

Ein Architekt, der eine "beratende und prüfende Ausführung"


von Sanierungsleistungen übernimmt, schuldet eine regelmäßige
und angemessene Bauüberwachung gefahrträchtiger
Bauabschnitte.

Das gilt auch dann, wenn die Parteien hierfür nur ein Honorar in
Höhe von 2.000 DM vereinbaren und mit der eigentlichen
Bauüberwachung ein Dritter beauftragt worden ist.

OLG Naumburg, Urteil vom 17.12.2004


BGH, Beschluss vom 25.08.2005 - VII ZR 30/05
(Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen)
99
Haftung auch bei geringem Honorar! ibr 07,380

Die Haftung für sog. Baustellenkontrollen ist unabhängig von


der Honorarhöhe. Sie ist jedoch durch den übernommenen
Pflichtenkreis beschränkt.

Bei der Übernahme sog. technischer Baustellenkontrollen besteht


grundsätzlich keine Pflicht, Abschlagszahlungen des Bauherrn an
den Auftragnehmer freizugeben.

OLG Oldenburg, Urteil vom 20.02.2007

100
Baubegleitende Qualitätskontrolle:
Werk- oder Dienstvertrag? ibr 02,87

Ein Vertrag über die stichprobenartige Kontrolle eines


Bauvorhabens und die gutachterliche Erfassung von Mängeln
ist ein Werkvertrag.

Das gilt auch dann, wenn nur eine begrenzte Anzahl von
Baustellenbesuchen bzw. sog. “Audits” - hier: ein Audit pro
Monat, fünf Audits insgesamt - vereinbart ist.

BGH, Urteil vom 11.10.2001; BauR 2002, 315

101
Baubegleitende Qualitätskontrolle:
Haftungsausschluss unzulässig
ibr 02,88

Wer eine auch nur stichprobenartige Kontrolle des Bauvorhabens


und die gutachterliche Erfassung von Mängeln übernimmt, kann
in seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen eine Haftung für
“Schadensersatzforderungen jedweder Art infolge nicht
erkannter, verdeckter oder sonstiger Mängel” nicht wirksam
vollständig ausschließen.

BGH, Urteil vom 11.10.2001; BauR 2002, 315

102
Architektenhaftung: GU-Vergabe reduziert nicht
Überwachungspflicht des Architekten! ibr 05,161
Schuldet auch der parallel vom Bauherrn beauftragte
Generalunternehmer die umfassende Objektüberwachung, liegt
darin keine Leistungskürzung des Architektenvertrages, die zum
Wegfall der Überwachungspflichten des Architekten führt.

Allein eine Honorarkürzung führt nicht zum Wegfall der


(Überwachungs-) Pflichten aus einer ursprünglich beauftragten
Leistungsphase.

OLG Saarbrücken, Urteil vom 13.01.2004 BauR 2005, 769 (Ls.)


BGH, Beschluss vom 13.01.2005 - VII ZR 38/04
(Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen)

103
Aus Gefälligkeit erbrachte Architektenleistungen:
Reduziert dies das Haftungsrisiko? ibr 06,38

Auch wer aus bloßer Gefälligkeit bauplanende oder -


überwachende Architektentätigkeiten ausübt, haftet nach
denselben Maßstäben wie ein Architekt aus einem
Architektenvertrag.

Für die Haftung aus einer faktischen Übernahme von


Architektenaufgaben gelten dieselben Maßstäbe wie für die
Vertragshaftung. Das gilt folglich auch für die Verjährung.

OLG Köln, Urteil vom 28.09.2005

104
8.
Abgrenzung der Verantwortung
zwischen Architekten und
Fachingenieuren

105
Verhältnis Architekt : Fachplaner

Architekt haftet nicht für fehlerhafte Fachplanerleistungen!

Durch die Verwendung der von einem Fachplaner erstellten


Ausschreibungsunterlagen übernimmt der Architekt keine
Verantwortung für deren Richtigkeit und Vollständigkeit gegenüber
dem Bauherrn.

Die sich aus der Sachwalterstellung des Architekten ergebende


Einstandspflicht für fehlerhafte Aufklärung und Beratung greift nur
soweit, wie der Pflichtenkreis des Architekten nach dem
abgeschlossenen Architektenvertrag geht.

OLG Karlsruhe, Urteil vom 20.12.2006; ibr 07,626

Haftpflichtversicherung: Abdeckung der berufstypischen Risiken


106
Architekt muss Fachplaner ausreichend
informieren! ibr 06,151

Der Architekt ist zur Weitergabe von Informationen als


Planungsgrundlagen an den Fachplaner auch dann
verpflichtet, wenn sie nicht aus seinem Planungsbereich
stammen.

OLG München, Urteil vom 15.03.2005


BGH, Beschluss vom 08.12.2005 - VII ZR 99/05
(Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen)

107
Informations- und Koordinierungspflichten
des Architekten

Übergeordnete Koordinierung der


Baumaßnahme durch den Architekten:

LPh 1:
Mithilfe bei der Auswahl anderer an der Planung fachlich Beteiligter

LPh 2-7:
Integrieren der Leistungen anderer an der Planung fachlich Beteiligter

LPh 8:
Koordinierung der an der Objektüberwachung fachlich Beteiligten
Schnittstellenbeispiele mit
gesamtschuldnerischer Haftung

Betonarbeiten: Statiker / Architekt

Trockenbauarbeiten: Haustechnikplaner / Architekt

Estricharbeiten: Haustechnikplaner / Architekt

Situation bei Trennung von Planung und


Überwachung ?
Haftung: Planer - Bauüberwacher

1. Der alleine mit der Bauüberwachung beauftragte Architekt ist


verpflichtet, die Ausführungsplanung auf ihre Übereinstimmung mit den
anerkannten Regeln der Technik zu überprüfen.
2. Für einen durch die erkennbar fehlerhafte und im Rahmen der
Bauüberwachung nicht korrigierte Ausführungsplanung entstandenen
Mangel des Bauwerks haftet der bauüberwachende Architekt
gesamtschuldnerisch mit dem bauplanenden Architekten.
OLG Köln, Urteil vom 12.09.1996 - 18 U 171/95; zitiert nach IBR 1997, 207

Anmerkung:
Sind planender und bauleitender Architekt Vertragspartner des Bauherrn
und ist ein Mangel auf Planungs- und Überwachungsfehler
zurückzuführen, so ist die Rechtslage wie zwischen Architekt und
Bauunternehmer mit beiderseitiger gesamtschuldnerischer Haftung.

110
Teilauftrag über Leistungsphasen 5 - 9: Haftung für "fremde"
Planung!
1. Auch wenn einem Architekten nur teilweise Leistungen nach den
Leistungsphasen 5 - 9 übertragen werden, obliegt ihm das Durcharbeiten
der Ergebnisse der Leistungsphasen 3 und 4 bis zur ausführungsreifen
Lösung. Dies gilt auch in Bezug auf die Ausführungsdetails einer
Abdichtung.
2. Schaltet der Auftraggeber einen Sonderfachmann ein, um eine
fachspezifische Frage abzuklären, scheidet eine Haftung des Architekten
grundsätzlich aus, falls dieser Fachbereich nicht zum allgemeinen
Wissenstand eines Architekten gehört.
3. Hat der Architekt nach dem Vertrag die weitergehende Werkplanung
des mit der Ausführung beauftragten Bauunternehmers zu genehmigen
und freizugeben, steht der Architekt planerisch in der Verantwortung und
hat jedenfalls als "Supervisor" Bedenken anzumelden, wenn sich die
vom Bauunternehmer zur Ausführung vorgesehene Leistung als erhöht
risikobehaftet darstellt.
OLG Köln, Urteil vom 12.01.2012 - 7 U 99/08; vorhergehend: LG Köln, 18.04.2008 -
32 O 290/07; IBR 12, 155
Haftungssituation
Haupt- / Subplaner
AG

GP

SP SP SP
112
Die 5 schwerwiegendsten Fehler
im Bereich der Bauüberwachung
Fehlende vertragliche Grundlagen

Unzureichende Organisation der Kontrolltätigkeiten

Unzureichende Dokumentation der Tätigkeiten und Kontrollergebnisse

Ergreifen falscher rechtlicher Maßnahmen bei Störungen

Fehlende Abnahme der Planerleistung

113

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