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Schueller Linke Weihnachten Erzaehlen 2016 4
Schueller Linke Weihnachten Erzaehlen 2016 4
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WEIHNACHTEN ERZÄHLEN
Wie war Weihnachten, als Sie Kind wa- methodisch unter beiden Gesichts- Georgakopoulou 2008, S. 381) dar, Larissa Schüller ist
ren? Diese Frage haben Studierende punkten sehr bewährt hat. Was zu denen etwa gerade sehr kurze Masterstudentin der
Fächer Germanistik
im Kontext eines linguistischen nicht heißt, dass unter den vielen Erzählungen gehören, die nicht und Geschichte an der
Forschungsseminars zur Erzählfor- ganz unterschiedlichen Erzählun- dem Labov’schen Erzählschema Universität Zürich und
schung im Herbst 2015 den von ih- gen, welche die Fokusgruppenge- entsprechen oder die nur einzelne Studentische
nen organisierten Fokusgruppen spräche prägen, nicht auch zahlrei- Elemente daraus realisieren oder Hilfskraft am
Deutschen Seminar
gestellt, und sie hat in allen diesen che solche sind, die unerhörte und unvollendet bleiben. Auch die von der Universität Zürich.
Gruppen1 zu lebhaften Gesprächen einmalige Weihnachtsereignisse the- Bamberg und Georgakopoulou als
geführt, die zudem reich an Erzäh- matisieren – so wenn eine Ge- shared stories bezeichneten Erzäh- Angelika Linke ist
lungen sind. Genau das war beab- sprächsteilnehmerin davon erzählt, lungen gehören als eine Untergrup- Professorin für
Deutsche Sprachwis-
sichtigt. Das Fokusgruppen-Arran- wie „damals der Weihnachtsbaum pe hierher (vgl. Bamberg/Georga- senschaft an der
gement war methodisch darauf in Flammen aufging“. Es sind sol- kopoulou 2008, S. 381). Universität Zürich.
angelegt, Erzählungen zu elizitie- che Erzählungen, die dann auch am
ren, die nicht, wie in der klassischen ehesten dem von Labov und INDIVIDUELLE WEIHNACHTS-
Interviewsituation, von einem ein- Waletzky (Labov/Waletzky 1967) ERINNERUNGEN WERDEN IM
zelnen Sprecher bzw. einer einzel- entwickelten Erzählmodell samt
nen Sprecherin mehr oder weniger dessen relativ klarer Anfang-Mitte- INTERAKTIVEN ERZÄHLEN
monologistisch produziert und ver- Ende-Struktur entsprechen, und ZU ETWAS GEMEINSAMEM
antwortet werden, sondern die in die zudem – abgesehen von ermun- VERKNÜPFT
den interaktiven Austausch einer ternden und evaluierenden interak-
kleineren Gesprächsrunde einge- tiven Beiträgen der ZuhörerInnen – In solchen shared stories werden In-
bettet sind. Mit der Frage nach von einer einzigen ErzählerIn halte thematisiert, die den Zuhö-
Weihnachtserinnerungen war zu- vorgetragen werden (vgl. Bamberg/ renden bereits bekannt sind, entwe-
dem unter inhaltlicher Perspektive Georgakopoulou 2008, S. 381). der weil sie die Geschichte selbst
die Hoffnung verbunden, Erzäh- schon einmal – und vielleicht sogar
lungen zu stimulieren, die nicht, Small stories, shared stories mehrfach – gehört haben oder weil
wie in der Erzählforschung üblich, In erster Linie sind unsere Fokus- das Ereignis, das (wieder)erzählt
ein singuläres und außergewöhnli- gruppendaten jedoch von Er- wird, von allen oder zumindest den
ches biografisches Ereignis zum zählaktivitäten dominiert, die sich meisten GesprächsteilnehmerInnen
Gegenstand haben,2 sondern im unter den von Michael Bamberg gemeinsam erlebt wurde (vgl. Ge-
Gegenteil das Übliche und Typi- und Alexandra Georgakopoulou orgakopoulou 2005, S. 204).3 Gera-
sche eines wiederkehrenden Festes, geprägten Terminus small stories de Letzteres hat dann häufig auch
dem allerdings ein hoher alltags- fassen lassen. Dieser stellt einen zur Folge, dass sich mehrere Ge-
kultureller Wert zukommt und das Sammelbegriff für „underrepresen- sprächspartner am Erzählprozess
– so unsere Hypothese – Gegen- ted narrative activities“ (Bamberg/ beteiligen: ‚Geteilt’ ist dann nicht
stand eines generational gebunde- mehr nur das erzählte Ereignis und
nen kulturellen Gedächtnisses ist. damit ein Ausschnitt aus der Ver-
Die inzwischen vorliegenden Daten gangenheit, sondern auch das Er-
zeigen, dass sich das Arrangement zählen als sprachliche Handlung
im Hier und Jetzt. In der For-
((50.12-50.53))
03 A: 1
[het mer sich so chli] [FE:schtlich]1 agleit.
hat man sich so bisschen festlich angezogen
04 E: 1
[°hhh] [SCHÖn agleit.]1
schön angezogen
05 E: 2
[JA.]2
06 C: 2
[ja]2 genAU.
07 C: 3
[das wür ich AU imfall,]3
das würde ich auch übrigens
08 E: 3
[mir hend immer müse s RÖCKli]3 azieh.
wir haben immer müssen das Röckchen anziehen
09 E: 4
[IM:mer mit]4 wullige strumpfhose (.) IM:mer;
immer mit wollenen Strumpfhosen immer
10 C: 4
[das wür ich AU-]4
das würd ich auch
12 E: [JA] immer.
13 E: JA=
15 A: [JA.]
18 C: [mhm]
19 C: JA.
20 E: JA.
((25.08-25.48))
01 C: ja am FüfeZWÄNzigschte-
ja am Fünfundzwanzigsten
04 B: [<<lachend>ja genAU:.>]
05 B: ((lacht))
06 A: ((lacht))
08 T: 1
[(würklich?)]1
wirklich?
09 B: 1
[ja genAU;]1 2
[JA:;]2
10 A: [JA;]
11 T: [((lacht))]
13 C: =!HÖ:CH!schtens am sechsezwänz[igschte.]
höchstens am Sechsundzwanzigsten
14 A: [JA]
15 B: [JA]
16 C: A::h. ((lacht))