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Gedichtsinterpretation: Die schöne Stadt

"Die schöne Stadt" von Georg Trakl (1887 - 1914) ist ein "altes" Gedicht, das wahrscheinlich am
Anfang des 20. Jahrhunderts verfasst worden ist. Mein Eindruck nach dem ersten Lesen war,
dass eine lebhafte Stadt mit aktivem Stadtleben beschrieben wird.

Das Gedicht selbst ist in 7 Strophen mit je 4 Versen eingeteilt, wobei ein Trochäus als Metrum
vorliegt. In jeder Strophe gibt es vier Endreime, die als ein umarmender Reim angeordnet sind.
Das letzte Wort im 1. und 4. Vers der jeweiligen Strophe stimmen überein. In Strophe 2, Vers 5
+ 6 liegt ein Anapher-ähnliches Konstrukt vor: Die beiden Wörter "braun" und "Schaun" reimen
sich, jedoch steht das Zweitgenannte nicht an erster Stelle, weshalb dieser Reim nur einem
Anfangsreim ähnelt. In Strophe 2, Vers 7 steht eine Alliteration mit den beiden Worten "schöne
Schilder" und eine weitere Alliteration steht in Strophe 4, Vers 14 mit "Schauen scheu". Es
konnten 8 Enjambements im Gedicht gezählt werden.

Das Gedicht beinhaltet eine gekünstelte und detaillierte Sprache, wobei unübliche Ausdrücke
für alltägliche Dinge verwendet werden, z.B. "Blütenkrallen" in Strophe 3, Vers 10, 47 gezählte
Nomen und 18 entdeckte Adjektive. Der Großteil an Nomen erzeugt das Bild einer Vielzahl an
Personen und Objekten. Am häufigsten wird die Metapher als Stilmittel verwendet, einige
Beispiele sind: "Tief in Blau und Gold versponnen" in Strophe 1, Vers 2, "Rösser tauchen aus
dem Brunnen" in Strophe 3, Vers 1 und "Hoch im Blau sind Orgelklänge" in Strophe 4, Vers 20.

Im Bezug des Gedichtstitels liegt die schöne Stadt, die vom Autor ausgiebig beschrieben wird
und es wird eine gewisse Nostalgie vom lyrischen Ich zu dieser Stadt vermittelt. Die Stadt wird
positiv, lebhaft und mit blühenden Gewächsen beschrieben. Wie in Vers 13 - 14 würden
Mädchen an den Toren stehen und scheu ins farbige Leben schauen, wahrscheinlich blicken
sie mit Erwartung und Aufregung auf das spätere Erwachsensein. Es wird eine schöne und
starke Blüte vermittelt. Knaben würden wirr von Träumen sogar abends leise dort am Brunnen
spielen, wie in Vers 11 beschrieben ist. Der Nachwuchs dieser Stadt hängt an der Stadt und
genießt das Zusammenleben.

Es werden die Kirche, die Nonnen und die Jugend der Stadt in den Strophen 1-4 positiv
beschrieben, aber in der 5. Strophe wird Marschtakt und Wacherufen erwähnt. Das Grauen des
Krieges brachte den Autor Georg Trakl dazu, an einer Kokainüberdosis zu sterben.
Möglicherweise wollte der Autor mit den nachfolgenden Versen ausdrücken, dass das lyrische
Ich in den Krieg gezogen sei und die letzten beiden Strophen die letzten Erinnerungen an eine
schönere Zeit seien. Vielleicht rät der Autor mit dieser Entscheidung des lyrischen Ichs, nicht
in den Krieg zu ziehen und lieber die Schönheit des Lebens zu genießen. Falls das Gedicht zur
Zeit des ersten Weltkriegs geschrieben ist, stellt hier der Autor Georg Trakl möglicherweise
dar, wie er seine Entscheidung, in den Krieg zu ziehen, bereut und dass er lieber mehr Zeit in
der schönen Stadt verbracht hatte, anstatt die verwundeten Soldaten aus den Graben zu
versorgen, deren Elend und Leiden ihn zu seinem Selbstmord getrieben haben. Die letzten
beiden Strophen sind vielleicht eine letzte Hommage an eine schönere Zeit.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das Gedicht "Die schöne Stadt" eine schöne,
lebhafte Stadt beschreibt, die blüht und gedeiht. Besonders hat mich der Marschtakt und das
Wacherufen in Vers 18 angesprochen, weil die persönliche Verbindung des Autors mit dem
Krieg und der spätere Selbstmord durch Kokainüberdosis wegen seiner Leiden mich viel an die
heutige Situation erinnert. In den Kriegen "Russland gegen Ukraine" und "Israel gegen
Palästina" sind ähnliche Soldaten, die sterben und leiden müssen, beim letzteren sogar
Zivilisten und unschuldige Festivalbesucher. Die heutige Situation erinnert mich an das
Leiden der Soldaten in den Graben des 1. Weltkriegs, weshalb Friedensverhandlungen meiner
Meinung nach umso nötiger sind.

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