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Sicheres Arbeiten in

chemischen Laboratorien
Prof. Dr. Andreas Terfort
Wo diese Folien zu finden sind:
Studium BSc Chemie:
Online-Kurs "A.1 Allgemeine und Analytische Chemie Wintersemester 2022/23"
https://olat-ce.server.uni-frankfurt.de/olat/auth/RepositoryEntry/18987778057
▷ Veranstaltungen zur Laborsicherheit
▷ Sicherheitsvorlesung Terfort

Lehramtsstudium Chemie:
Online-Kurs "Sicherheitsvorlesung Lehramt Chemie"
https://olat-ce.server.uni-frankfurt.de/olat/auth/RepositoryEntry/19525861390
▷ Kursmaterial

Sicheres Arbeiten in chemischen Laboratorien - Wintersemester 2023/24 2


Warum Sicherheitsveranstaltungen?
Das Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) und die Gefahrstoffverordnung (GefStoffV) schreiben für
Arbeiten in Chemielaboren eine arbeitsplatzbezogene mündliche Sicherheitsunterweisung vor.

Ziel: Lernen des möglichst gefahrlosen Umgangs mit Chemikalien, Laborgeräten, Apparaturen:
• zum Selbstschutz
• zum Schutz der Kollegen / Mitstudierenden und des Aufsichtspersonals
• zur Vermeidung straf- und zivilrechtlicher Konsequenzen

Ablauf der Sicherheitsveranstaltungen:


• Sicherheitsvorlesungen (Anwesenheitspflicht)
• Laborführung (Anwesenheitspflicht)
• Sicherheitsklausur

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Sicherheitsklausur
Teilnahmevoraussetzungen:
Anmeldung im LSF/QIS
Dokumentierte Teilnahme an allen Terminen der Sicherheitsveranstaltungen

Klausurtermine :
1. Termin: Montag, 13. November 2023, 1800-1900 Uhr (bitte pünktlich sein!)
OSZ H1 und OSZ H2 (Chemie BSc) und OSZ H3 (Lehramt)
2. Termin: Montag, 11. Dezember, 2023, 1800-1900 Uhr (bitte pünktlich sein!)
OSZ H1 (Chemie BSc)

Hilfsmittel: Kugelschreiber, nicht programmierbarer Taschenrechner

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Literatur und Informationsquellen
GUV I-8553: "Sicherheit im chemischen Hochschulpraktikum"
https://publikationen.dguv.de/
▷ Bei "Titel, Bestellnummer, Webcode" eingeben: "8553"

man im Labor
wenn
Versicherung ,

hat
einen Unfall

Inhalte hieraus Prüfungsrelevant

Globally Harmonized System (GHS):

https://www.vci.de/vci/downloads-vci/gefahrensymbolik.pdf
https://www.baua.de/DE/Angebote/Publikationen/Praxis/Poster/GHS-01.html
https://www.baua.de/DE/Angebote/Publikationen/Praxis/Poster/GHS-02.html
https://www.baua.de/DE/Angebote/Publikationen/Praxis/Poster/GHS-03.html
https://www.baua.de/DE/Angebote/Publikationen/Praxis/Poster/GHS-04.html

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Vorerkrankungen u. ä. und die Möglichkeit, am Praktikum teilzunehmen
Einige Krankheiten / Behinderungen stellen ein Hindernis bei der Praktikumsteilnahme dar,
bzw. erhöhen das Risiko der betroffenen Studierenden:

• Querschnittslähmung u.ä.
Wir können und wollen betroffenen
• Epilepsie Studierenden die Teilnahme ermöglichen
und haben dies in der Vergangenheit bereits
• Diabetes
getan. Wir bitten darum, angesprochen zu
• andere (Narkolepsie, ...) werden.

Schwangere können am Praktikum leider nicht teilnehmen: Mutterschutzgesetz (MuSchG)

Wer von einem Arzt krank geschrieben wurde, kann während der Dauer der Krankschreibung
am Praktikum grundsätzlich nicht teilnehmen.

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Gefahren im Chemielabor
Unfallstatistik im Grundpraktikum im Zeitraum 12/2008 - 08/2012 (45 Monate):
Art absolut % Krankenhaus Arztgänge Anmerkungen
Schnittwunden 82 51 3 Hände
Mit: HCl, H2SO4, HNO3, HAc,
Reizungen / NaOH, NH3, SrCl2, Na2S2O5, H2O2;
35 22 3 3
Verätzungen 21 x Hände, 10 x in Gesicht/Augen,
4 x Dämpfe eingeatmet.
Verbrennung/ fast immer Hände, in einem
32 20
Verbrühung Fall Gesicht + Arme + Hände
Kratzer 5 3
Quetschungen 4 2 Hände

Vergiftungen 3 2 1 verdünnte HF-Lösungen


Kopf an offenstehendem Fenster
Platzwunde 1 1 1
gestoßen
Gesamt 162 101* 5 6

Entspricht ca. 33 meldepflichtigen Unfällen Zum Vergleich: im Haushalt ca. 34 Unfälle


pro Jahr und pro 1000 Personen. pro 1000 Personen im Jahr 2010.
(Annahme: ca. 90 Studierende pro Jahrgang.) Quelle: Bundesanstalt für Arbeitsschutz und
Arbeitsmedizin (BAuA).
*) Die Differenz zu 100 ergibt sich aus Rundungsfehlern.
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Gefahren im Chemielabor
Schnittverletzungen

• die am häufigsten auftretenden Verletzungen (von


kleinem Schnitt bis zur zerschnittenen Handsehne...)

• Gefahrenquellen:
 defekte / angebrochene Glasgeräte
(Bechergläser, Reagenzgläser, Rührstäbe...)
wikimedia.org
 große Gefahr beim Spülen
 Implosion von Vakuumapparaturen (Exsikkatoren, Saugflaschen)
 Zusatzgefahr: Inhalt der Glasgeräte (heiße Flüssigkeiten, ätzende/giftige
Substanzen...)

• Vorsichtsmaßnahmen:
 Glasrohre wenn möglich schmieren vor Schieben durch Stopfen bzw. auf Schläuche;
keine rohe Gewalt!
 Hände mit einem Handtuch schützen
 Scherben nicht mit der Hand aufsammeln und auch nicht zu reinigen versuchen.

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Gefahren im Chemielabor
Brandgefahr

• Definition Verbrennungsprozesse: chemische Reaktionen, bei denen der Luftsauer-


stoff als Oxidationsmittel wirkt. Es entstehen Verbindungen mit Sauerstoff, die Elektronen
der "verbrennenden" Substanz werden auf den Sauerstoff übertragen. Oxidationszahlen
ändern sich dabei (Redoxreaktionen). Verbrennungen liefern in der Regel viel Energie (sind
Wärmefrei-Wärm
Känschädlich sein

stark exotherm).

• Beispiele: 2 H2 + O2 → 2 H2O
CH4 + 2 O2 → 2 H2O + CO2
↳ Reaktion in beiden
(z.B. Gasbrenner)
relevante ika
Prahl

C6H10O5 + 6 O2 → 5 H2O + 6 CO2 (z.B. brennendes Papier)

• Sehr viele organische Lösungsmittel und sonstige flüssige Verbindungen mit niedrigem
Molekulargewicht sind brennbar.

• Dämpfe mit Luft geben häufig explosive Gemische.

• Dämpfe oft dichter als Luft (Ether, CS2) => Gefahr des "Kriechens" am Boden

• Bei Abfüllen und Umgießen Gefahr der Zündung durch elektrostatische Aufladung

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Gefahren im Chemielabor
Brandgefahr: Klassifizierung

Gefahren-
Flammpunkt Siedepunkt Beispiel H-Satz
bezeichnung
H2-physikal.

Gefahr
Acetaldehyd Flüssigkeit und
< 0 oC ≤ 35 oC Dampf extrem H224
entzündbar.

Aceton Flüssigkeit und


≤ 21 oC / Dampf leicht H225
entzündbar.

Butan-2-ol Flüssigkeit und


> 21 oC / Dampf H226
entzündbar.

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Gefahren im Chemielabor
Verbrennungen an heißen Gegenständen

• dunkle Rotglut: ab ca. 525 oC => Temperaturen, die nur etwas kleiner sind, sind mit
dem Auge nicht mehr erkennen, können aber dennoch zu schweren Verbrennungen führen.

• potentiell heiße Gegenstände: Magnesiastäbe, Magnesiarinne, Porzellantiegel,


Porzellanschale, Glasgeräte, Ceranplatte/Drahtnetz, ausgeschalteter Gasbrenner

• Vorsichtmaßnahmen:
 heiße Gegenstände immer an den gleichen Ort
 mit Kreide einkringeln, mit "heiß" markieren
 "Gummifinger", Tiegelzange, Pinzette

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Gefahren im Chemielabor
Pyrophore (= selbstentzündliche) Stoffe

Spontane Entzündung bei Kontakt mit Luft und/oder Wasser.

• Alkalimetalle, Alkalihydride
Hütte
besondere Gefahr: -bezeugt
Na (oder and. Alkalimetall) + H2O → NaOH + 1/2 H2
=> Löschen v. Metallbränden durch Ersticken
mit Sand, auf keinen Fall Wasser nutzen!

• weißer Phosphor (P4)

• feinstverteilte Metallpulver (Magnesiumpulver, Raney-Nickel = Ni/Al-Gemisch)

• viele metallorganische Verbindungen (Butyllithium)


↳ fürs Praktikum irrelevant
↳ nur interessanteif

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Gefahren im Chemielabor
Brandfördernde Stoffe

• Nicht selber brennbar, können aber brennbare Stoffe entzünden


(Oxidationsmittel).

• Beispiele:
Oxidationsstufe
?

 Wasserstoffperoxid (H2O2)
 Blei(IV)oxid (PbO2)
 Verbindungen mit Mangan in hohen Oxidationsstufen (MnO2, KMnO4)
 Sauerstoffsäuren und ihre Salze: Chlorsäure und Chlorate (HClO3, ClO3-),
Perchlorsäure und Perchlorate (HClO4, ClO4-), Hypochlorit (OCl-)
 u.v.m.

nicht erhitzen .
o verreiben

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Gefahren im Chemielabor
nievon
Gefahre Eigenschaften
Brennbare Stoffe im Anorganisch-Chemischen Grundpraktikum*
• organische Lösungsmittel (Methanol, Ethanol, 1-Pentanol)
• konzentrierte Essigsäure (Eisessig)
• Erdgas (CH4 u.a. Kohlenwasserstoffe)
• Metalle in Pulverform oder als Späne (Zink, Magnesium)
• Papier, Laborkittel, ...

Brandfördernde Stoffe im Anorganisch-Chemischen Grundpraktikum*


• Wasserstoffperoxid (H2O2)
• Nitrate (NO3-)
• Perchlorsäure (HClO4)
• Kaliumpermanganat (KMnO4)
• Braunstein (MnO2)
• Blei(IV)oxid (PbO2)

*) Kein Anspruch auf Vollständigkeit!


-
-

recherchieren

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Gefahren im Chemielabor
Unterschied
verpuffung
zu usw

Explosionen

• Schnelles Freiwerden von thermischer und mechanischer Energie.


Druckaufbau!
Druckwelle

• "endotherme" Verbindungen (HN3 und Azide (N3-), Hydrazin (N2H4), viele organische Stick-
stoff-Verbindungen mit Nitroso (NO)- oder Nitro (NO2)-Gruppen, Diazo (-N=N-) -Bindungen,
Peroxide (-O-O-), Bildung z. B. in Diethylether möglich)
↳ nicht im Praktikum
herstellbar
aber versehntlich

• gasförmige Mischungen aus Oxidations- und Reduktionsmitteln (Knallgas H2/O2, Chlor-


knallgas H2/CI2, Erdgas-Luft-Gemische, Lösemitteldampf-Luft-Gemische)
Filter
Dsp
Perchoria
.

↳sp :

• Mischungen aus starken Oxidationsmitteln mit brennbaren Stoffen oder Reduktionsmitteln.

• Besonders gefährlich: oxidierende und reduzierende


Gruppe in derselben Verbindung: TNT (Trinitrotoluol),
Glyzerintrinitrat (Nitroglyzerin), NH4NO3, NH4ClO4 TNT Nitrogly-
de
E

↳ aber inversehentlich
herstellbar
zerin
nicht in

praktikum

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Gefahren im Chemielabor
Explosionsgefahr: Vorsichtsmaßnahmen, Sofortmaßnahmen

• Gefäße mit brennbaren Flüssigkeiten verschlossen halten.

• Beim Austreten von brennbaren Flüssigkeiten alle offenen Flammen löschen, andere
Zündquellen beseitigen
warnen, ggf. Labor räumen.

• Keine explosionsfähigen Verbindungen oder Gemische herstellen, falls unbedingt nötig: nur
in kleinsten Mengen.

• Bei qualitativer Analyse von Feststoffen: Vorproben.


Nachweisreaktionen

 Erhitzen im Glühröhrchen: Peroxide, Chlorate, Perchlorate → O2


 Erhitzen mit konz. Schwefelsäure: Chlorat (ClO3-) → CIO2
Permanganat (MnO4-) → Mn2O7
seilnacht.com

Glimmsperprobe
/Nachweisreaktion
für Sauerstoff!

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Gefahren im Chemielabor
Ätzende und giftige / gesundheitsschädiche Stoffe

Toxikologische Begriffe

• die Toxikologie beschäftigt sich mit der Bewertung des Gefährdungspotentials durch giftige
Stoffe (Vorlesung im Rahmen des Erwerbs der Sachkunde im Umgang mit Chemikalien).

• Toxizität: Giftigkeit im biologischen Sinne. Kann stark vom betroffenen Organismus abhängen.

• Metabolismus / Stoffwechsel: die Gesamtheit (bio)chemischer Reaktionen in (einem)


Lebewesen.

• Metabolisierung: Umwandlung einer Substanz durch den Stoffwechsel.


Beispiel: Alkohol- Aldehyd-
dehydro- dehydro-
genase genase

Acetaldehyd Essigsäure
Ethanol
(Metabolit) (Metabolit)

• Bioverfügbarkeit: ein Maß dafür, wie schnell und in welchem Umfang ein Stoff im
Metabolismus aufgenommen wird.

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Gefahren im Chemielabor
Ätzende und giftige / gesundheitsschädiche Stoffe

Toxikologische Begriffe

• Akute Wirkung: Effekt eines Giftes nach Aufnahme einer einzelnen Dosis

• Chronische Wirkung: Effekt bei ständiger Belastung

• Latenzzeit: Zeitraum zwischen Aufnahme des Giftes und Eintritt der Symptome

• Biologische Halbwertszeit: Zeit, in der die aufgenommene Giftmenge im Körper auf die
Hälfte reduziert ist

• Schwellenwert: Konzentration oder aufgenommene Menge/Zeit, unterhalb der auch


langfristig keine Schäden eintreten
nicht auf Toxikologie beschränkt

• Synergie: gegenseitige Wirkungsverstärkung


BSp .:
Acetor

• Antagonismus: hemmende Auswirkung


Bsp :
Methanolvergiftung
↳ Ethanol Mittel
antagonistisches
als

Sicheres Arbeiten in chemischen Laboratorien - Wintersemester 2023/24 18


Gefahren im Chemielabor
Ätzende und giftige / gesundheitsschädiche Stoffe

Toxikologische Begriffe

• essentiell: lebensnotwendig

essentielle =

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Gefahren im Chemielabor
Ätzende und giftige / gesundheitsschädiche Stoffe

Toxikologische Begriffe

• Dosis: Menge eines (Schad)stoffes, die einem Metabolismus akut verabreicht wird.

Ein und dieselbe Dosis


wirkt sich auf unterschied-
vergleiche
liche Individuen unter-
LD50 / ED50
schiedlich aus.
(nächste Folie)

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Gefahren im Chemielabor
Ätzende und giftige / gesundheitsschädiche Stoffe

Toxikologische Begriffe: akute Wirkung (anhand v. Tierversuchen)

• LD50: (LD = lethal dose) - 50 % der Versuchstiere sterben nach einmaliger Aufnahme einer
auf das Körpergewicht bezogenen Menge (gewöhnlich) innerhalb von 14 Tagen.
Angabe des Verabreichungsweges (oral, dermal, subkutan, intravenös...) sowie der Tierart
(Ratten, Kaninchen, Mäuse, Fische, ...).
Bsp. für eine Angabe: LD50 oral, Ratte: 1 mg/kg

• LC50: (LC = lethal concentration) - Konzentration in Wasser, Boden oder Luft in ml/l oder
mg/l, bei der 50 % der Versuchsorganismen innerhalb eines bestimmten Beobach-
tungszeitraumes sterben. Angabe der Tierart und des Zeitraums und der Verabreichungs-
form (Aerosole, Stäube, inhalativ, ...).
Bsp. für eine Angabe: LC50 inhalativ, Ratte: 1 mg l-1 / 15 min

• ED50 /EC50: (ED = effective dose, EC = effective concentration) - wie LD50 /LC50, aber mit einer
anderen als der tödlichen Wirkung auf die Versuchstiere.

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Gefahren im Chemielabor
Ätzende und giftige / gesundheitsschädiche Stoffe

Toxikologische Begriffe, chronische Belastung: Grenzwerte

• Arbeitsplatzgrenzwert (AGW): zeitlich gewichtete durchschnittliche Konzentration eines


Stoffes in der Luft am Arbeitsplatz, bei der eine akute oder chronische Schädigung der
Gesundheit der Beschäftigten (8 Stunden/Tag, 5 Tage/Woche während der Lebensarbeits-
zeit) nicht zu erwarten ist.

• Quelle: Technische Regeln für Gefahrstoffe (TRGS 900)


nur BSp
• Beispiele für Arbeitsplatzgrenzwerte:
Stoff AGW / ml·m-3 = ppmv*
CO2 5000 (0,5 %)
C2H5OH 200
H2S 5
*) ppmv = parts per million, bezogen
HCI 2 auf das Volumen
HNO3 1 **) ppbv = parts per billion (amerik.
AsH3 0,005 (5 ppbv**) Engl. für Milliarde, 109), bezogen auf
das Volumen

Sicheres Arbeiten in chemischen Laboratorien - Wintersemester 2023/24 22


Gefahren im Chemielabor
Ätzende und giftige / gesundheitsschädiche Stoffe

Toxikologische Begriffe, chronische Belastung: Grenzwerte

• Biologischer Grenzwert (BGW): wird die maximal zulässige Konzentration eines Stoffes,
seines Metaboliten... im Blut eines Beschäftigten, bei der eine Schädigung der Gesundheit
des Beschäftigten (8 Stunden/Tag, 5 Tage/Woche während der Lebensarbeitszeit) nicht zu
erwarten ist.

• Quelle: Technische Regeln für Gefahrstoffe (TRGS 903)


nur Bsp

• Beispiele für biologische Grenzwerte:


Stoff Metabolit BGW
Aceton Aceton 80 mg l-1
Methanol Methanol 30 mg l-1
Blei Blei 400 µg l-1 (300 bei Frauen unter 45 J.)
Tetraethylblei Blei 25 µg l-1
Halothan Trifluoressigsäure 2,5 mg l-1
CO CO-Hämoglobin 5 % der Gesamtstoffmenge
Hämoglobin
Sicheres Arbeiten in chemischen Laboratorien - Wintersemester 2023/24 23
Gefahren im Chemielabor
HI gesundheitsgefährlich
Ätzende und giftige / gesundheitsschädiche Stoffe
Hu Umwelt gefährlich
lähnlich bei P's)
Toxikologische Begriffe, chronische Belastung: KMR-Stoffe
• Kanzerogenität / Karzinogenität (krebserregendes Potential) K
H350 (kann Krebs erzeugen), H350i (kann bei Einatmen Krebs erzeugen), H351 (kann vermutlich Krebs erzeugen)
• Mutagenität (erbgutveränderndes Potential) M
H340 (kann genetische Defekte verursachen), H341 (kann vermutlich genetische Defekte verursachen)
• Entwicklungsschädigend (fruchtschädigend = Schädigung des Ungeborenen) RD
H360d (kann das Kind im Mutterleib schädigen), H361d (kann vermutlich das Kind im Mutterleib schädigen),
H362 (kann Säuglinge über die Muttermilch schädigen)
• Reproduktionstoxizität (Beeinträchtigung der Fortpflanzungsfähigkeit / Fruchtbarkeit) RF
H360f (kann die Fruchtbarkeit beeinträchtigen), H361f (kann vermutlich die Fruchtbarkeit beeinträchtigen)

Kategorien:
 1A: Aus Erfahrung beim Menschen nachgewiesen.
 1B: Bei Tieren nachgewiesen, wird beim Menschen vermutet.
 2: Wirkung beim Menschen wird angenommen.

Verzeichnis der KMR-Stoffe:


Technische Regeln für Gefahrstoffe (TRGS 905).
*) kanzerogen, mutagen, reproduktionstoxisch. Englisch: carcinogenic, mutagenic and reprotoxic ("CMR")
Sicheres Arbeiten in chemischen Laboratorien - Wintersemester 2023/24 24
Gefahren im Chemielabor
Gefahren & Eigenschafter
Krebserregende, erbgutverändernde oder fortpflanzungsgefährdende Stoffe stoffen Bevor
mit
im Praktikum
arbeiten ,

im Anorganisch-Chemischen Grundpraktikum der Goethe-Universität Frankfurt informi


er

obKMR
USL ...

Antimon(III)oxid Sb2O3
K Cobalt(II)oxid CoO K Naphthylamin K
Antimon(V)oxid Sb2O5

Blei(II)acetat- Pb(O2C2H3)2 Cobaltsulfat-


R CoSO4·7H2O KMR Nickelsulfat NiSO4 KM
trihydrat ·3H2O heptahydrat

Diethylsulfat SO2(OC2H5)2 Phenolphthalein-


Blei(II)chlorid PbCl2 R SO2(OCH3)2
K KM
Dimethylsulfat Lösung 1 %

Dinatriumtetra- Na2[B4O5(OH)4]
Blei(IV)oxid PbO2 R ·8 H2O
R Thioacetamid K
borat-dekahydrat

Borsäure H3BO3 R Hydrochinon KM Thioharnstoff KR

Chloroform CHCl3
K Kaliumchromat K2CrO4 KM Zirkonylchlorid ZrOCl2 M
Dichlormethan CH2Cl2

Cobalt(II)nitrat Co(NO3)2 KMR Methylviolett 2B K ... keine Garantie


auf Vollständigkeit!
Sicheres Arbeiten in chemischen Laboratorien - Wintersemester 2023/24 25
Gefahren im Chemielabor
Gase: Übersicht über mögliche Gefahren

• Gase in Druckgasbehältern:
 Gefahr des Zerknallens des Behälters
 manchmal Gefahren durch (sehr) tiefe Temperaturen
• Verbreitung:
 Feste oder flüssige Gefahrstoffe werden meist nur lokal freigesetzt, Gase hingegen
können sich sehr schnell nahezu vollständig im ganzen Labor verbreiten.
• Brenngas im Grundpraktikum:
 pro Arbeitsplatz ein Anschluss für Erdgas
 Gefahr der Bildung explosiver Gemische bei Freisetzung (z. B. durch
nicht ordnungsgemäß geschlossenen Gashahn oder einen undichten
oder abgeplatzten Gasschlauch).

Gegenmaßnahmen
• Hantieren mit Lösungen, die schädliche Gase freisetzen können nur unter dem Abzug.
• bei Austritt: Quelle beseitigen.
• erste Hilfe: Frischluft.

Sicheres Arbeiten in chemischen Laboratorien - Wintersemester 2023/24 26


Gefahren im Chemielabor
Gase: grobe Einteilung in vier Klassen

• Blutgifte
 z. B. AsH3, SbH3
 führen zu Hämolyse (Auflösung der roten Blutkörperchen)
 Symptome häufig erst nach einigen Stunden.
• Atemgifte
 z. B. CO, HCN, H2S
 blockieren Enzyme (CO: Hämoglobin, HCN: Cytochromoxidase).
 Bringen die Zellatmung zum Erliegen, führt schnell zum Tod.
• Reizgase
 z. B. HCl, NH3, SO2, Cl2, NOx
 wirken auf Schleimhäute.
 Zerstören Atemwege, Lungenbläschen => Lungenödeme, oft erst na. mehreren Std.
• Stickgase wirken durch die Abwesenheit von Sauerstoff (z.B. N2, Edelgase). Erstickungstod
möglich; Sauerstoffgehalte in der Atemluft < 12 % sind gefährlich, bei 12-15 % gemindertes
Leistungsvermögen. (Sauerstoffkonzentration in der Atmosphäre: 21 %.)

Sicheres Arbeiten in chemischen Laboratorien - Wintersemester 2023/24 27


Gefahren im Chemielabor
Gase

Kohlendioxid ist kein reines Stickgas:


08. JULI 2013

• CO2-Konzentration in der Atmosphäre: 400 ppmv


(0,4 ‰); langfristig ungefährlich: 0,5 % (AGW, vgl.
Folie 22).
• Zu hohe CO2-Konzentrationen führen zur
Verminderung oder sogar zur kompletten Aufhebung
des Atemreflexes und schließlich zum Atemstillstand.
• Fünf Prozent CO2 in der eingeatmeten Luft bewirken
Kopfschmerzen und Schwindel.
• CO2-Konzentrationen größer als 5 % führen zu
Tachykardie, Blutdruckanstieg, Atemnot und
Bewusstlosigkeit (Kohlendioxid-Narkose).
• Acht Prozent CO2 in der eingeatmeten Luft: Tod
innerhalb von 30 bis 60 Minuten.
www.fr-online.de/rhein-main/gebhard-bucher-gestorben-
gastronom-soll-an-trockeneis-erstickt-sein-,1472796,23630916.html

Sicheres Arbeiten in chemischen Laboratorien - Wintersemester 2023/24 28


Gefahren im Chemielabor
Gase: Hinweise zu einzelnen Stoffen
↳ in Praktikum

Arsenwasserstoff (AsH3), Antimonwasserstoff (SbH3):

• Können auftreten bei der Marsh'schen Probe.


↳ .
2
Semester

• Knoblauchartiger Geruch. Geruchsschwelle liegt weit


oberhalb des AGW (0,05 bzw. 0,1 ppm).

• 1-10 ppm über eine Stunde können bereits gefährlich


sein.
250 ppm über eine Stunde sind tödlich.
1500 ppm sind sofort tödlich.

• Unter dem Abzug arbeiten!

wikimedia.org

Sicheres Arbeiten in chemischen Laboratorien - Wintersemester 2023/24 29


Gefahren im Chemielabor
Gase: Hinweise zu einzelnen Stoffen

Blausäure (HCN) und Cyanide (KCN, NaCN):

• Warnung durch Bittermandelgeruch, aber einige Menschen riechen HCN nicht,


außerdem Desensibilisierung.

• HCN kann aus cyanidhaltigen Lösungen und Cyaniden durch Ansäuern freigesetzt werden:
CN- + H+ → HCN
NaCN + H3O+ → HCN + H2O + Na+ (Natriumcyanid)
Fe(CN)63-/4- + H3O+ → HCN + H2O + Fe3+/2+ (rotes/gelbes Blutlaugensalz)

• Siedepunkt HCN: 26 oC => hoher Dampfdruck (hohe Konzentration von HCN in Atemluft)

• Wird im Körper schnell abgebaut: Aktuelle Konzentration ist entscheidend. Kaum Spätfolgen.

• AGW = 2 ppm.

• 50-60 ppm können nach einigen Stunden zum Tod führen.


↳ pr

Sicheres Arbeiten in chemischen Laboratorien - Wintersemester 2023/24 30


Gefahren im Chemielabor
Gase: Hinweise zu einzelnen Stoffen

Schwefelwasserstoff (H2S):

• In der Giftigkeit vergleichbar mit Blausäure (HCN).

• Wegen des unangenehmen Geruchs nach faulen Eiern aber eher Warnung.

• In der Regel Geruchsschwelle unterhalb der Schädigungsschwelle, aber:


Desensibilisierung, hohe Konzentrationen (200 ppm) führen zur Lähmung des
Geruchssinns.

• Mechanismus der toxischen Wirkung nicht ganz klar, wahrscheinlich Schädigung der
Atmungsenzyme. Spätschäden möglich. Eine Konzentration von 0,5 % (5000 ppmv) führt in
wenigen Sekunden zum Tod.

• Kann aus Sulfiden oder sulfidhaltigen Lösungen durch Säure freigesetzt werden:
S2- + 2 H+ → H2S ↑

• Wegen seiner hoher Dichte sammelt sich H2S in Bodennähe.


Sicheres Arbeiten in chemischen Laboratorien - Wintersemester 2023/24 31
Gefahren im Chemielabor
Gase: Hinweise zu einzelnen Stoffen

Nitrose Gase ("NOx"):

• Mischung aus NO und NO2.

• Entstehen bei der Reduktion von Salpetersäure durch organische Substanzen oder Metalle,
z.B.:
2 Cu + 2 HNO3 + 4 H+ → NO + NO2 + 2 Cu2+ + 3 H2O

• NO: farblos, geruchlos. Sehr giftig (LC50 Ratte = 57,5 ppm / 4h), oxidierend, wirkt ätzend
auf die Atemwege. Durchquert menschliches Gewebe (Zellmembranen), Einfluss auf die
Signaltransduktion (Gefäße, Nervensystem), oxidierende und additive Reaktionen mit
Biomolekülen.

• NO2: rotbraun, stechender Geruch. Giftig, oxidierend, wirkt ätzend auf die Atemwege.
Kann mit Verzögerung von mehr als 24 Stunden nach dem Einatmen noch zu einem
Lungenödem führen. Mögliche Spätfolge des Einatmens bei Männern: Impotenz.

Sicheres Arbeiten in chemischen Laboratorien - Wintersemester 2023/24 32


Gefahren im Chemielabor
Gase: Hinweise zu einzelnen Stoffen

Chlorgas:

• kann entstehen bei der Oxidation von Salzsäure oder bei der Reaktion von Salzsäure mit
Hypochloriten oder anderen Oxidationsmitteln:
Cl- + ClO- + 2 H+ → Cl2↑ + H2O

• Bei Einatmen Reizung der Schleimhäute, Bluthusten, Atemnot, Erstickungserscheinungen.


Ödeme, starke Lungenschäden möglich.

• Tod durch Atemstillstand bei 0,5–1 % Cl2 in der Atemluft. LC50 Ratte = 293 ppm / 1h.

• Starkes Oxidationsmittel (Explosionsgefahr bei Kontakt z.B. mit H2, Kohlenwasserstoffen,


Ammoniak).

Sicheres Arbeiten in chemischen Laboratorien - Wintersemester 2023/24 33


Gefahren im Chemielabor
Säuren und Basen: Basics

Definitionen nach Brønsted:


• Säuren sind Protonendonatoren = geben H+ ab (H3O+, H2SO4, HNO3, ...)
• Basen (Laugen) sind Protonenakzeptoren = nehmen H+ auf (OH-, NaOH, NH3, ...)

Definition pH-Wert / pOH-Wert (Maß für die H+- bzw. OH--Konzentration):


• pH = -log10(cH+ / mol∙l-1)
• pOH = -log10(cOH- / mol∙l-1)
• pH + pOH = 14
• reines Wasser: pH = pOH = 7
• "neutral": pH 7; "sauer": pH < 7; "basisch": pH > 7.

Definition pKS- bzw. pKB-Wert (Maß für die Säure- bzw. Basenstärke):
HA + H2O ⇌ A- + H3O+ B + H2O ⇌ BH+ + OH-

c(A-)∙c(H3O+) c(BH+)∙c(OH-)
KS = , pKS = -log10(KS / mol∙l-1) KB = , pKB = -log10(KB / mol∙l-1)
c(HA) c(B)

"c": Konzentration (in Mol pro Liter)


Sicheres Arbeiten in chemischen Laboratorien - Wintersemester 2023/24 34
Gefahren im Chemielabor
Säuren und Basen: Einschätzung der Gefahr

Grundsätzlich: Starke Säuren und Basen sind gefährlicher als schwache Säuren
und Basen. (Wichtige Ausnahme: Flusssäure HF.)

Je niedriger der pKS-Wert (pKB-Wert), desto stärker ist eine Säure (Base).

Sehr starke Säuren (Basen):


HCl, H2SO4 (NaOH, KOH)
• pKS (pKB) ≤ -1,74
• vollständig dissoziiert = es liegen nur A- und H+ vor, kein AH (nur BH+, kein B)

Starke Säuren (Basen):


HNO3, H3PO4
• -1,74 < pKS (pKB) ≤ 4,5
• immer noch zu einem erheblichen Anteil dissoziiert

"Schwache" Säuren (Basen):


CH3CO2H (NH3)
• pKS (pKB) > 4,5
• auch von diesen kann noch eine Gefahr ausgehen.

Besondere Gefahr durch kochende Säuren und Laugen.

Sicheres Arbeiten in chemischen Laboratorien - Wintersemester 2023/24 35


Gefahren im Chemielabor
Säuren und Basen: Schadwirkung

• Schädigung an den betroffenen Haut- oder Schleimhautpartien durch Zellzerstörung


- Säuren: Denaturierung von Proteinen
- Basen: Fettverseifung

• Schadwirkung nimmt zu mit steigender Konzentration der Säure oder der Lauge und mit
steigender Temperatur

• Bei verdünnten Säuren (außer HF) und auch konz. HCl Bildung eines Säureschorfs, der die
Verletzung auf obere Hautschichten begrenzt.

• Kein Säureschorf bei konz. HNO3, H2SO4, HF und organischen Säuren sowie allen Basen
=> höhere Schadwirkung

• Gefahren durch Säuren werden in der Regel überschätzt, Gefahren durch Laugen
unterschätzt!

Sicheres Arbeiten in chemischen Laboratorien - Wintersemester 2023/24 36


Gefahren im Chemielabor
Säuren und Basen: Erste Hilfe

• mit Wasser Spülen, Spülen, Spülen!

• bei großflächigen Verätzungen: Notdusche.

• gegebenenfalls Kleidung entfernen.

• Augenverletzungen: Spülen, Augendusche.


Sekunden können die Sehkraft retten.

• Verschlucken: Viel Wasser trinken zur Verdünnung.


Nicht Erbrechen lassen!

• Vorsorge: Hautcreme, Handschuhe.

Sicheres Arbeiten in chemischen Laboratorien - Wintersemester 2023/24 37


Gefahren im Chemielabor
Säuren und Basen: Hinweise zu einzelnen Stoffen

• H2SO4 (Schwefelsäure):
 Sehr starkes Erhitzen beim Verdünnen, kann bis zum Sieden und Verspritzen
führen => "Erst das Wasser, dann die Säure, ...".
 Konz. Säure zunächst von der Haut abwischen, dann spülen.
 SO2 / SO3-Nebel greifen Schleimhäute an => Abrauchen unter dem Abzug.
 Papier, mit dem verschüttete Schwefelsäure aufgenommen wurde, verkohlt (Entzug
von Wasser) => Wässern!
 Entzug von Wasser auch bei Baumwolle (Kleidung), Haut!
• HCl (Salzsäure):
 Entwickelt mit starken Oxidationsmitteln Chlorgas:
z.B. HCl + MnO4- → Cl2↑
• CH3COOH (Essigsäure):
 schwache Säure, wegen hoher Konzentration (100 %) aber dennoch gefährlich
(Ätzwirkung wie konz. HCl)
 starker Geruch
 außerdem: brennbar
Sicheres Arbeiten in chemischen Laboratorien - Wintersemester 2023/24 38
Gefahren im Chemielabor
Säuren und Basen: Hinweise zu einzelnen Stoffen

• HNO3 (Salpetersäure):
 Konzentrierte Säure ist stark oxidierend, schneller Angriff auf Haut und
Schleimhäute, Wunden heilen schlecht.
 Gelbfärbung mit aromatischen Aminosäuren (Xanthoproteinreaktion: Nitrierung
aromatischer Aminosäuren).

Tyrosin

 Mit Reduktionsmitteln entstehen nitrose Gase (NOx / vgl. Folie 32) => Abzug!

• HClO4 (Perchlorsäure):
 sehr starke Säure
 Perchlorate wirken im trockenen Zustand oxidierend (Explosionsgefahr bei Erhitzen)

Sicheres Arbeiten in chemischen Laboratorien - Wintersemester 2023/24 39


Gefahren im Chemielabor
Säuren und Basen: Hinweise zu einzelnen Stoffen

• Wässrige Lösung von HF (Flusssäure):


 auch verdünnt sehr gefährlich, ebenso lösliche Fluoride.
 wenig dissoziiert, dringt daher in die Haut ein.
 die Fluoridionen blockieren den Calcium- und Magnesiumstoffwechsel
(Hypocalcämie), hemmen wichtige Enzyme => akut bedrohliche Stoffwechsel-
störungen, multiples Organversagen (Herz! Nieren, ...), tödlicher Verlauf möglich.
 Schädigung des Nervensystems.
 löst Knochen an durch Bindung des Ca als CaF2.
 schmerzhafte, kaum sichtbare, schwer erkennbare Verletzungen.
 75%ige wässrige HF-Lösung: LD50 (Ratte): 25 mg/kg (oral)
 kann mit starken Säuren aus Fluoriden freigesetzt werden. Dämpfe ebenfalls
gefährlich.
 Erste Hilfe: Calciumlösungen auf die Wunde, am besten gesättigte
Calciumlactatlösung oder Calciumgluconatlösung:
Ca2+ + 2 F- → CaF2↓

Sicheres Arbeiten in chemischen Laboratorien - Wintersemester 2023/24 40


Gefahren im Chemielabor
Säuren und Basen: Hinweise zu einzelnen Stoffen

• Königswasser (HCl/HNO3):
 Sehr stark oxidierend, bildet aber Säureschorf.
 Bildet nitrose Gase (NOx) und Chlor: HNO3 + 3 HCl → NOCl + 2 Cl + 2 H2O

• NaOH (Natriumhydroxid, wässrige Lösung: Natronlauge):


 Starke Erwärmung beim Auflösen, neigt stark zu Siedeverzügen.
 Heiße NaOH gehört zu den am stärksten augengefährdenden Substanzen, Schädi-
gungen meist irreversibel. Gleiches gilt für KOH (wässr. Lsg.: Kalilauge).

• NH3 / NH4OH (Ammoniak, Ammoniumhydroxid):


 Wässrige Lösung setzt leicht NH3 frei, besonders mit Base => Lungenschädigung.

• Ba(OH)2 (Bariumhydroxid):
 als Base schwach und im wesentlichen unkritisch
 Giftwirkung des Bariums ist wesentlich kritischer

Sicheres Arbeiten in chemischen Laboratorien - Wintersemester 2023/24 41


Gefahren im Chemielabor
Schwermetalle: allgemeine Hinweise

• Hauptgefahr ist chronische Vergiftung, da biologische Halbwertszeiten teils


extrem lang (30 Jahre für Cd).

• großes Umweltproblem (Itai-Itai-Krankheit durch Cd-haltige Abwässer zum Bewässern von


Reisfeldern; Minamata-Krankheit in Japan durch Verzehr von Fisch, der mit
Methylquecksilberiodid CH3HgI belastet war).

• bei Beachtung der Laborordnung: keine Gefahr akuter Vergiftung.

• problematisch: hohe Flüchtigkeit (Vorsicht bei Einengen und Abrauchen) und Gefahr durch
Hautresorption.

• physiologische Verfügbarkeit bei Aufnahme über die Lunge besonders hoch.

Sicheres Arbeiten in chemischen Laboratorien - Wintersemester 2023/24 42


Gefahren im Chemielabor
Schwermetalle: allgemeine Hinweise

• Das Gefahrenpotential von Schwermetallverbindungen ist abhängig von ihrer


Löslichkeit. Kenngröße: Löslichkeitsprodukt KL

 Bsp. BaSO4:
KL = c(Ba2+)∙c(SO42-) = 1∙10-9 mol2/l2
=> mit c(Ba2+) = c(SO42-) erhält man für eine gesättigte Lösung von BaSO4 in Wasser:
c(Ba2+) = √ KL = √ (10-9 mol2/l2) = 3∙10-5 mol/l.

 Bsp. BaCl2:
KL = c(Ba2+)∙c(Cl-)2 = 800 mol3/l3
=> mit c(Cl-) = 2∙c(Ba2+) = erhält man für eine gesättigte Lösung van BaCl2 in Wasser:
3 3
c(Ba2+) = √ (KL/4) = √ (800 mol3/l3 / 4) = 5,8 mol/l
(ca. Faktor 200.000 mehr Ba2+ als bei einer ges. BaSO4-Lsg.).

"c": Konzentration in Mol pro Liter


Sicheres Arbeiten in chemischen Laboratorien - Wintersemester 2023/24 43
Gefahren im Chemielabor
Schwermetalle: Hinweise zu einzelnen Stoffen

• Barium (Ba):
 stark giftig (falls in bioverfügbarer Form)
 Symptome: Erbrechen, Schwindel, Hypotonie, Herzrasen.
 Auswirkung auf K+-Ionenkanäle in Muskelzellen => Lähmungen,
Herzstillstand.
 1-4 g BaCl2 können für Erwachsene tödlich sein.

• Silbernitrat (AgNO3):
 Auf Haut, Schleimhäuten und Augen ätzend.
 Zersetzung zu Ag, Ag2O und Ag2S (Schwarzfärbung der Haut). Dabei wird HNO3 frei
=> Silberspiegel!

Sicheres Arbeiten in chemischen Laboratorien - Wintersemester 2023/24 44


Gefahren im Chemielabor
Schwermetalle: Hinweise zu einzelnen Stoffen

• Quecksilber (Hg):
 in elementarer Form wenig kritisch, außer als Dampf. Dampfdruck hoch über
kleinen Kugeln.
 AGW für Hg: 0,02 mg/m3
 verschüttetes Quecksilber sofort binden (Zinkstaub, Schwefel) und aufnehmen.
 Hg(II)-Verbindungen im Allgemeinen kritischer als Hg(I)-Verbindungen (meist
höhere Löslichkeit).
 Organische Quecksilberverbindungen noch kritischer als anorganische:
Hg(CH3)2, CH3HgI (vgl. Folie 42)!
 Man kann die Temperatur einer Bunsenbrennerflamme nicht mit einem
Quecksilberthermometer messen. (Info aus gegebenem Anlass.)

Sicheres Arbeiten in chemischen Laboratorien - Wintersemester 2023/24 45


Gefahren im Chemielabor
Schwermetalle: Hinweise zu einzelnen Stoffen

• Arsen (As):
 in fast jeder Form toxisch (DNA-Schädigung, Störung Energiestoffwechsel)
 einige Arsenverbindungen sind kanzerogen (As2O3).
 AsH3: flüchtig, giftig (vgl. Folie 29)
 hohe Konzentrationen löslicher
Arsenverbindungen (AsO33-,
AsO43-) im Grundwasser vieler
Länder

(Cen. ACS. Org., 2013, Sep 23)

• Antimon (Sb):
 Sb2O3 ist vermutlich kanzerogen
 SbH3: flüchtig, giftig (vgl. Folie 29)

Sicheres Arbeiten in chemischen Laboratorien - Wintersemester 2023/24 46


Gefahren im Chemielabor
Schwermetalle: Hinweise zu einzelnen Stoffen

• Cadmium (Cd):
 In jeder Form toxisch.
 Biologische Halbwertszeit bis zu 30 Jahre.
 Wird in Nieren angereichert und schädigt diese.
 CdCl2 ist kanzerogen.

• Blei (Pb):
 Hinsichtlich der Toxizität ähnlich zu beurteilen wie Cd.
 Blei(II)acetat, Blei(II)chlorid, Blei(IV)oxid: reprotoxisch.
 Blei gelangt ins Gehirn und macht schwachsinnig.
 Blei(IV)oxid ist zusätzlich ein starkes Oxidationsmittel.

• Chrom (Cr):
 Essentiell (Bedarf: 0,05 mg Cr(III)/Tag)
 Normale Toxizität gering, aber Cr(VI), insb. Stäube, sind kanzerogen.
 Chromat (CrO42-) wird mit Phosphat verwechselt und in die DNA eingebaut.
Folge: Oxidationsschäden an der Erbinformation.

Sicheres Arbeiten in chemischen Laboratorien - Wintersemester 2023/24 47


Gefahren im Chemielabor
Schwermetalle: Hinweise zu einzelnen Stoffen

• Cobalt (Co):
 Salze können bei Einatmen Krebs erzeugen.
 Salze können vermutlich genetische Defekte verursachen.
 Salze können die Fruchtbarkeit beeinträchtigen.
 Allergiegefahr (Asthma, Haut)
 Sehr giftig für Wasserorganismen.

• Nickel (Ni):
 Einige Verbindungen kanzerogen, etwa Nickel-haltige
Stäube und Nickelverbindungen in Form atembarer
Tröpfchen, Ni(CO)4, NiCl2, Ni2SO4.
 Allergen.

Sicheres Arbeiten in chemischen Laboratorien - Wintersemester 2023/24 48


Gefahren im Chemielabor
Sonstige Gefahrstoffe

Wasserstoffperoxid (H2O2):

• Bei Konzentrationen über 3 % ätzend, stechender Schmerz,


weiße Flecken in der Haut

• Oxidationsmittel

• Hochkonzentrierte Lösungen zersetzen sich explosionsartig. Ein Staubkörnchen reicht oft


als Katalysator.

DT
• Entsorgung durch "Verkochen": H2O2 → H2O + 1/2 O2 ↑

Sicheres Arbeiten in chemischen Laboratorien - Wintersemester 2023/24 49


Gefahren im Chemielabor
Sonstige Stoffe

Organische Lösungsmittel:

• Im Grundpraktikum eingesetzt: Methanol, Ethanol, 1-Pentanol, Dichlormethan, Chloroform.

• Brand- und Explosionsgefahr (oben genannte Stoffe außer halogenhaltige Lösemittel).

• Giftwirkung (Methanol, halogenhaltige Lösemittel)

• halogenierte Lösungsmittel: KMR-Stoffe

• Bei Hautkontakt Entfernung der schützenden Fettschicht => anderen Stoffen wird das
Eindringen erleichtert.

• Diethylether: Bildung von explosiven Peroxiden unter Lichteinwirkung.


Teststäbchen einsetzen.

Sicheres Arbeiten in chemischen Laboratorien - Wintersemester 2023/24 50


Gefahren im Chemielabor
Sonstige Stoffe

Thioacetamid (CH3C(S)NH2):

• Nutzung im 2. Semester zur kontrollierten Freisetzung von H2S (Kationentrennungsgang):


CH3C(S)NH2 + 2 H2O → H2S + CH3C(O)O- + NH4+
• Kann Krebs erzeugen (Kategorie 1B), schwere Augenreizung, Hautreizungen

Thioharnstoff ((NH2)2CS):

• Nutzung im 2. Semester zum Bismut-Nachweis: Bi3+ + 3 (NH2)2CS → [Bi(SCN2H4)3]3+


• Fruchtschädigend (Kategorie 2)
• Krebserregend (Kategorie 2)
• giftig für Wasserorganismen

Sicheres Arbeiten in chemischen Laboratorien - Wintersemester 2023/24 51


Umgang mit Chemikalien
Informationen gewinnen

Herstellerbezeichnung
Kennzeichnung (Folie 53)
Betriebsanweisung (Folie 72)
Sicherheitsdatenblatt (Folie 54)
Datenbanken (Folie 55)

Sicheres Arbeiten in chemischen Laboratorien - Wintersemester 2023/24 52


Umgang mit Chemikalien
Informationen: Kennzeichnung

Gefahrensymbole, systematische Einführung in der Vorlesung "Ermittlung und Beurteilung von


Gefährdungen in der Chemie " (Dr. Schwind).
GHS Richtlinie 67/548/EWG (veraltet)

*
*) target organ systemic toxicity

Infos zu GHS: vgl. Folie 5!


Sicheres Arbeiten in chemischen Laboratorien - Wintersemester 2023/24 53
Umgang mit Chemikalien
Informationen: Sicherheitsdatenblätter (Engl.: material safety data sheet, "MSDS")

Jeder Lieferant eines Gefahrstoffs muss dem Käufer ein Sicherheitsdatenblatt zur Verfügung stellen.

Quellen für aktuelle Sicherheitsdatenblätter: Websites der Hersteller (alfa.com, carlroth.com,


sigmaaldrich.com etc.)

Inhalt des Sicherheitsdatenblatts:


1 Bezeichnung des Stoffes / der Zubereitung und des Unternehmens
2 Mögliche Gefahren
3 Zusammensetzung/Angaben zu Bestandteilen
4 Erste-Hilfe-Maßnahmen
5 Maßnahmen zur Brandbekämpfung
6 Maßnahmen bei unbeabsichtigter Freisetzung
7 Handhabung und Lagerung
8 Begrenzung und Überwachung der Exposition/Persönliche Schutzausrüstung
9 Physikalische und chemische Eigenschaften
10 Stabilität und Reaktivität
11 Toxikologische Angaben
12 Umweltspezifische Angaben
13 Hinweise zur Entsorgung
14 Angaben zum Transport
15 Angaben zu Rechtsvorschriften
16 Sonstige Angaben
Sicheres Arbeiten in chemischen Laboratorien - Wintersemester 2023/24 54
Umgang mit Chemikalien
Information: Datenbanken

• Gefahrstoffinformationssystem der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung


https://www.dguv.de/ifa/gestis/gestis-stoffdatenbank/

• Gefahrstoffinformationssystem der Berufsgenossenschaften


https://www.gischem.de/

• Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin: Technische Regeln für Gefahrstoffe


https://www.baua.de/DE/Angebote/Rechtstexte-und-Technische-
Regeln/Regelwerk/TRGS/TRGS.html

Sicheres Arbeiten in chemischen Laboratorien - Wintersemester 2023/24 55


Umgang mit Chemikalien
Lagerung von Chemikalien

• Am besten Originalverpackung des Herstellers

• Öffnungsdatum vermerken auf dem Etikett

• Alle Lagergefäße beschriften mit der Stoffbezeichnung und dem Gefahrensymbol

• Auf geeignete Werkstoffe achten:


 NaOH-Lösung nicht im Glas aufbewahren
 org. Lösemittel können Kunststoffe lösen
 Braune Glasflaschen bei lichtempfindlichen Substanzen

• Lagerung von Chemikalien, die Gase oder Dämpfe entwickeln können, im Abzug (hier nur
kurzfristig!), Säure-/Basenschrank bzw. Lösungsmittelschrank (abgesaugte Schränke)

• Größere Mengen im Chemikalienlager

Sicheres Arbeiten in chemischen Laboratorien - Wintersemester 2023/24 56


Umgang mit Chemikalien
Transport von Chemikalien

• Risiken:
 Glasbruchgefahr
 Platzen von Kunststoffverpackungen
 Umgebung wird mit Chemikalien kontaminiert

• Flaschen nie am Hals tragen.

• Längere Transportstrecken: Flaschen in Eimern,


fahrbaren Körben oder Wannen transportieren.

• Gefährliche Chemikalien nicht gemeinsam


mit Personen in Aufzügen befördern!

Sicheres Arbeiten in chemischen Laboratorien - Wintersemester 2023/24 57


Umgang mit Chemikalien
Entnehmen und Umfüllen von Chemikalien

• Risiken:
 Einatmen von Dämpfen und Stäuben
 Verschütten
 Zündfähige Gemische
 Verschmutzung
• Umfüllen von möglichst kleinen Mengen
• Giftige und ätzende Stoffe: Abzug, Wanne (flüssig) unterstellen oder Papier
(Feststoffe) unterlegen
• Trichter verwenden
• Pipetten oder Ansaughilfe verwenden. Nicht mit dem Mund ansaugen!
• Flaschen beim Umschütten: Etikett oben,
Stopfen umgedreht auf Arbeitsplatte
• Feststoffe: Spatel, Löffel
• Nichts in die Vorratsbehälter zurückgeben!
• ... und natürlich: Hautkontakt vermeiden.

Sicheres Arbeiten in chemischen Laboratorien - Wintersemester 2023/24 58


Schutzmaßnahmen
Persönliche Schutzmaßnahmen
Schutzbrille
Laborkittel
...

Technische Schutzmaßnahmen Priorität der Schutzmaßnahmen ("TOP"-Prinzip):


Abzug Technisch > Organisatorisch > Persönlich
Notdusche
Augendusche
...

Organisatorische Schutzmaßnahmen
Sicherheitsunterweisung
Laborordnung
Betriebsanweisung
Hautschutzplan
...

Sicheres Arbeiten in chemischen Laboratorien - Wintersemester 2023/24 59


Persönliche Schutzmaßnahmen
Eine Schutzbrille muss während des Aufenthalts in den Laboren ständig getragen werden.
Ebenfalls Pflicht: ein Laborkittel aus Baumwolle, geschlossen.

FALSCH RICHTIG

Sicheres Arbeiten in chemischen Laboratorien - Wintersemester 2023/24 60


Persönliche Schutzmaßnahmen

• Keine lockere Kleidung tragen, lose baumelnde


Gegenstände vermeiden: beides kann sich in
Glasgeräten u. ä. verfangen und Unfälle
verursachen.

• Lange und offene Frisuren können sich am


offenen Feuer (Bunsenbrenner) entzünden
=> zusammenbinden.

• Lange Hosen aus Baumwolle sind Pflicht.

• Offene Schuhe wie Sandalen sind unzweckmäßig.


Schnürsenkel müssen zugebunden sein.

• Kopftücher: nur aus Baumwolle

Sicheres Arbeiten in chemischen Laboratorien - Wintersemester 2023/24 61


Technische Schutzmaßnahmen
Abzug

Bei Luftgeschwindigkeiten unter Öffnungshö-


0,5 m/s ist mit Sicherheit die Gefahr he der Front-
gegeben, dass am Abzug vorbeige- scheibe (cm)
hende Personen durch die von ihnen
verursachte Luftbewegung Schadstof-
fe aus dem Abzug herausziehen.

Der Abzug schützt nur dann vor


Schadstoffen, wenn der Frontschie-
ber nicht weiter als 20 cm geöffnet ist.
mcgill.ca

Mittlere Luftgeschwindigkeit im Front-


schieberspalt (m/s) in Abhängigkeit da-
von, wie weit der Abzug geöffnet ist
Sicheres Arbeiten in chemischen Laboratorien - Wintersemester 2023/24 62
Technische Schutzmaßnahmen
Augendusche

Falls Säuren, Laugen oder andere Chemikalien trotz Schutzbrille ins Auge geraten sollten, hilft
die Augendusche.

Sicheres Arbeiten in chemischen Laboratorien - Wintersemester 2023/24 63


Technische Schutzmaßnahmen
Ein Argument für die Schutzbrille und die schnelle Nutzung der Augendusche

So kann ein Auge nach kurzer Laugen-Einwirkung (hier: NaOH-Lösung) aussehen:

Sicheres Arbeiten in chemischen Laboratorien - Wintersemester 2023/24 64


Technische Schutzmaßnahmen
Notdusche

Zum Löschen einer Person, die in Brand geraten ist oder zum Abspülen einer massiv mit
Chemikalien benetzten Person:

Fotos: Department of Chemistry, University of Nebraska-Lincoln

Sicheres Arbeiten in chemischen Laboratorien - Wintersemester 2023/24 65


Technische Schutzmaßnahmen
Löschdecke

Kann ebenfalls benutzt werden, um in Brand geratene Personen zu löschen.

Sicheres Arbeiten in chemischen Laboratorien - Wintersemester 2023/24 66


Technische Schutzmaßnahmen
Feuerlöscher

Brandklassen:
A feste Stoffe (Holz, Kohle, Papier, Kunststoffe, ...)
B flüssige oder flüssig werdende Stoffe (Benzin, Alkohol, org. Lösemittel, Lacke...)
C Gase (Wasserstoff, Erdgas, Acetylen, ...)
D Metallbrände (Al, Mg, Na, K, Li, Legierungen...)
F Speiseöle und -fette

Löschdecke oder
Sand (D)
Pulverlöscher (ABC) Kohlendioxidlöscher
(B, manchmal C) Na + H2O → NaOH + 1/2 H2 (vgl. Folie 12)
Sicheres Arbeiten in chemischen Laboratorien - Wintersemester 2023/24 67
Technische Schutzmaßnahmen
Feuerlöscher: Bedienung

Sicherung ziehen Öffnung auf den Brand richten, Feuer von unten nach
Hebel herunterdrücken. oben löschen.

Ein Feuerlöscher ist bereits nach 30-60 Sekunden Betrieb leer.

Sicheres Arbeiten in chemischen Laboratorien - Wintersemester 2023/24 68


Technische Schutzmaßnahmen
Im Brandfall

betätigen: betätigen: Fluchtwege ... aber nicht


Feuermelder Gas-Notausschalter benutzen den Aufzug!

... wohin fliehen? =>


Sicheres Arbeiten in chemischen Laboratorien - Wintersemester 2023/24 69
Organisatorische Schutzmaßnahmen
Gebäudealarm / Laborräumung

- Erkennbar an einem lauten Alarmton.

- Ausgelöst durch Feuermelder (Alarmknopf) oder Brandsensoren.

- Im Fall eines Foto: google earth

Gebäudealarms:
Treffpunkt
außerhalb des
Chemiegebäudes Fachschaft N160
(Wiese vor den
ehemalige
Chemie-Hörsälen)
Bibliothek
für alle H1
Anwesenden im
H2
Praktikum.

N140

Sicheres Arbeiten in chemischen Laboratorien - Wintersemester 2023/24 70


Organisatorische Schutzmaßnahmen
Sicherheitsunterweisung
• jährlich bzw. vor jedem Praktikum
• mündlich (Aushändigen von Unterlagen ist nicht ausreichend!)
• arbeitsplatzbezogen (= konkret auf das Labor / Praktikum eingehend)
• Dokumentation (Unterschrift der Teilnehmenden)

Laborordnung
• hängt an den Praktikumstüren aus
• siehe Folien 73 + 74.

Hautschutzplan
• regelt Gebrauch von Seife und Creme für die Hände
• hängt in den Praktikumslaboren aus

Betriebsanweisungen (siehe Folie 72)

Sicheres Arbeiten in chemischen Laboratorien - Wintersemester 2023/24 71


Organisatorische Schutzmaßnahmen
Betriebsanweisung

• Eine individuell für den Arbeitsplatz (z. B. das


Anorganik-Praktikum) erstellte Vorschrift für
sicheres Arbeiten mit Chemikalien, Geräten,
Methoden, Versuche, ...
• Nicht zu verwechseln mit einer Betriebsan-
leitung.
• Die Betriebsanweisung wird vom Leiter des
Arbeitsplatzes (z. B. dem Praktikumsleiter)
erlassen.
• Inhalt:
 Arbeitsplatz, Tätigkeit, Arbeitsbereich
 Gefahrstoffbezeichnung
 Gefahren für Mensch und Umwelt
 Schutzmaßnahmen und Verhaltensregeln
 Verhalten im Gefahrfall
 Erste Hilfe
 sachgerechte Entsorgung

Sicheres Arbeiten in chemischen Laboratorien - Wintersemester 2023/24 72


Organisatorische Schutzmaßnahmen
Laborordnung im Grundpraktikum I
In den Praktikumsräumen sind Laborkittel, geeignete Schutzbrille, festes Schuhwerk und lange
Baumwollhosen zu tragen. Die Laborkittel sollen außerhalb des Labors und des Bereichs zwischen den
Spinden und den Laboren nicht getragen werden.
Die Anweisungen des Aufsichtspersonals müssen stets befolgt werden.
In den Praktikumsräumen ist Essen, Trinken (auch das Mitnehmen von Nahrungsmitteln und das Kauen
von Kaugummi), Rauchen und Schminken strikt verboten.
Taschen und Rucksäcke etc. werden außerhalb der Labore in den Spinden untergebracht.
Arbeitsflächen und benutzte Geräte und Apparaturen müssen stets sauber gehalten werden.
Es dürfen nur Versuche in Absprache mit dem Aufsichtspersonal durchgeführt werden.
Vor Verwendung einer jeglichen Chemikalie müssen die jeweiligen H- und P-Sätze und deren Bedeutung
bekannt sein.
Keine Chemikalie darf mit den Händen berührt werden.
Mit übelriechenden, giftigen oder aggressiven Substanzen darf nur im Abzug gearbeitet werden. Dies
gilt insbesondere für das Abrauchen von Säuren, das Eindampfen von Lösungen und das Arbeiten mit
H2S.
Die Geräte zum Entnehmen von Chemikalien (Spatel, Pipetten etc.) müssen vor der Entnahme
gesäubert und getrocknet sein. In Vorratsgefäßen dürfen keine Chemikalien zurückgegeben werden.
Mit Gas, Wasser und Chemikalien muss sparsam umgegangen werden.

Sicheres Arbeiten in chemischen Laboratorien - Wintersemester 2023/24 73


Organisatorische Schutzmaßnahmen
Laborordnung im Grundpraktikum II
Chemikalienabfälle und Lösungen müssen immer vorschriftsmäßig und möglichst zeitnah in den dafür
vorgesehenen Abfallbehältern entsorgt werden. Vor dem Einfüllen immer den pH-Wert der Abfalllösung
überprüfen und gegebenenfalls neutralisieren sowie filtrieren. Wenn Sie nicht sicher sind, wie Abfälle
zu entsorgen sind, fragen Sie das Aufsichtspersonal.
Alle von Ihnen benutzten Behälter zur Aufbewahrung von Chemikalien, Reaktionsmischungen, Proben
etc. müssen ordnungsgemäß beschriftet sein (Inhalt, ggf. sauer/basisch).
Es dürfen keinerlei Chemikalien in den Schränken und Schubladen unterhalb der Arbeitsflächen
untergebracht werden.
Es dürfen keine Chemikalien aus dem Praktikum entfernt werden. Es dürfen keine Geräte oder Chemika-
lien zum Praktikum mitgebracht werden.
Keine brennbaren Flüssigkeiten (Ethanol, Amylalkohol, ...) in der Nähe offener Flammen!
Große Abfallmengen am Arbeitsplatz (Lösungen, Aufsaugmassen wie Papier) müssen vermieden
werden.
Laborjournal, Protokollheft, Lehrbücher u. Ä. müssen unbedingt sauber gehalten werden.
Verunreinigungen durch Chemikalien sind zu vermeiden.
Vor dem Verlassen des Labors werden der Arbeitsplatz aufgeräumt und die Geräte gereinigt.
Die Benutzung von Radios oder anderen Geräten zum Abspielen von Musik ist im Praktikum untersagt.
Grobe Verstöße gegen diese Laborordnung führen zum zeitweisen oder auch vollständigen Ausschluss
vom Praktikum.
Sicheres Arbeiten in chemischen Laboratorien - Wintersemester 2023/24 74
Verhalten im Labor
Richtiges Verhalten im Labor ist die wichtigste organisatorische Schutzmaßnahme!

Aller Anfang: sich selbst informieren


über die Schutzeinrichtungen.

Sicheres Arbeiten in chemischen Laboratorien - Wintersemester 2023/24 75


Verhalten im Labor
Richtiges Verhalten im Labor ist die wichtigste organisatorische Schutzmaßnahme!

... und sich selbstständig gründlich informieren über den durchzuführenden Versuch:

• Abschätzen und Recherchieren der Risiken (gefährliche Reagenzien, gefährliche Produkte,


Explosionsmöglichkeit, Implosionsmöglichkeit, Nebenreaktionen, Entsorgung...)

• Quellen:
 Sicherheitsseminar-Unterlagen
 Praktikumsskript
 Sicherheitsdatenblätter
 Betriebsanweisungen
 Etiketten der Chemikalienbehälter
 Auch die Betreuungspersonen des Praktikums können gefragt werden.
Anschließend.

Die Eigenverantwortung nimmt mit dem Fortschritt des Studiums zu.

Sicheres Arbeiten in chemischen Laboratorien - Wintersemester 2023/24 76


Verhalten im Labor
Informationsbeschaffung zum durchzuführenden Versuch

Unbedingt die Versuchsanleitung vor der


Arbeit im Labor durchsehen, nicht während
der Arbeit!
Fehler sind sonst vorprogrammiert.

=> Versuche gründlich planen!

Sicheres Arbeiten in chemischen Laboratorien - Wintersemester 2023/24 77


Verhalten im Labor
Ordnung halten im Labor

Ordnung erleichtert nicht nur die Arbeit im Labor, sie ist auch essentiell für die Sicherheit von
Ihnen und von Ihren Kommilitonen.

Sicheres Arbeiten in chemischen Laboratorien - Wintersemester 2023/24 78


Verhalten im Labor
Im Labor nicht herumalbern!

Das schließt u.a. ein: Rennen, Hüpfen, Herumtanzen, Schubsen, Rangeln, Gegenstände werfen ...
Schlimme Unfälle mit Chemikalien oder Glasgeräten können die Folge sein.

Sicheres Arbeiten in chemischen Laboratorien - Wintersemester 2023/24 79


Verhalten im Labor
Keine Experimente ohne Genehmigung

Es können sich unkalkulierbare Gefahren ergeben.

Sicheres Arbeiten in chemischen Laboratorien - Wintersemester 2023/24 80


Verhalten im Labor
Kein Essen, Trinken, Schminken, Rauchen im Labor!

Betrachten Sie alle Substanzen im Labor als toxisch.

Sicheres Arbeiten in chemischen Laboratorien - Wintersemester 2023/24 81


Verhalten im Labor
Erst recht dürfen keine Chemikalien getrunken / gegessen werden.

Dieses Verbot schließt auch destilliertes Wasser mit ein.

Sicheres Arbeiten in chemischen Laboratorien - Wintersemester 2023/24 82


Verhalten im Labor
Geruchsproben

Nicht direkt an der Gefäßöffnung riechen. Wenn eine Geruchsprobe nötig sein sollte, vorsichtig
Dämpfe mit der Hand der Nase zufächeln. Das Chemikaliengefäß dabei vom Gesicht fernhalten.

Sicheres Arbeiten in chemischen Laboratorien - Wintersemester 2023/24 83


Verhalten im Labor
Pipettieren

Flüssigkeiten NICHT mit dem Mund ansaugen, dabei kann Flüssigkeit in den Mund gelangen.
Benutzen Sie eine Pipettierhilfe, z.B. einen Peleusball.

Sicheres Arbeiten in chemischen Laboratorien - Wintersemester 2023/24 84


Verhalten im Labor
Unfälle: Vorsorge

Claudia Rittmeyer
112
112
Mainz 0-06131/19240
Augentagesklinik FFM MVZ,
Tituscorso 5, Eing. F; 0-50682430
Uni-Klinikum, Unfallchirurgie,
Theodor-Stern-Kai 7; 0-63015069

Sicheres Arbeiten in chemischen Laboratorien - Wintersemester 2023/24 85


Verhalten im Labor
Unfälle: Reaktion

Geringfügige Verletzungen werden mittels Verbandskasten von dem/der betroffenen Studieren-


den (ggf. mit Hilfe der Betreuungsperso-
nen oder Mitstudierenden) behandelt. Alle
Verletzungen werden aus Versicherungs-
gründen in das Verbandbuch eingetragen.

Eventuell auftretendes Blut nicht berühren.


Die/der Verletzte soll sich selber verbin-
den. Blutspuren auf Labortischen oder
Laborboden durch fachkundiges Personal
entfernen lassen.

Falls ärztliche Versorgung notwendig ist:


unverzüglich einen Arzt aufsuchen, nicht
bis zum Ende des Praktikums warten.

Sicheres Arbeiten in chemischen Laboratorien - Wintersemester 2023/24 86


Arbeitstechniken im Labor
Erhitzen von Glas

Erhitzte Gegenstände nicht an Andere weitergeben. Der erhitzte Zustand ist oft nicht sichtbar.

Sicheres Arbeiten in chemischen Laboratorien - Wintersemester 2023/24 87


Arbeitstechniken im Labor
Erhitzen von Reagenzgläsern

Die Öffnung des Reagenzglases nicht auf sich oder andere Personen richten. Aus der Öffnung
können Chemikalien spritzen (Siedeverzug). Die Öffnung des Reagenzglases von sich und ande-
ren Personen wegrichten. Am besten wird das Glas mit einer Reagenzglasklammer gehalten.

Sicheres Arbeiten in chemischen Laboratorien - Wintersemester 2023/24 88


Arbeitstechniken im Labor
Mischen von Wasser und Säure

Nicht Wasser zur konzentrierten Säure geben.


Die freiwerdende Mischungswärme kann zum
Verspritzen führen.

In Originalgebinde wie die hier dargestellte


Säureflasche kommt generell nie etwas hinein,
es darf allenfalls aus der Flasche durch
vorsichtiges Ausschütten (z.B. in ein Becherglas)
etwas entnommen werden.

Sicheres Arbeiten in chemischen Laboratorien - Wintersemester 2023/24 89


Arbeitstechniken im Labor
Mischen von Wasser und Säure

Die konzentrierte Säure zu dem Wasser geben.


So wird weniger Mischungswärme frei, es kann
aber trotzdem zum Verspritzen kommen. Es ist,
wie bei allen Laborarbeiten, empfehlenswert,
die Arbeit auf Armlänge von sich fernzuhalten.

Konzentrierte Säuren (HCl, HNO3, Essigsäure, ...)


und Laugen (Ammoniak!) können ätzende
Dämpfe abgeben, deren Einatmen gesund-
heitsschädlich ist. Unter dem Abzug abfüllen!

Sicheres Arbeiten in chemischen Laboratorien - Wintersemester 2023/24 90


Reinigung und Entsorgung
Grundsatz: schädliche Stoffe dürfen nicht unkontrolliert in die Umwelt gelangen =>
Entsorgung als Sondermüll oder vor Abgabe in die Umwelt unschädlich machen.

• Verspritzte oder verschüttete Chemikalien sofort entsorgen.

• Mengenminimierung wichtig (begrenzte Deponiekapazität, hohe Entsorgungskosten).

• Entsorgung von Gefahrstoffen im zentralen Zwischenlager für Chemische Sonderabfälle


(Ort und Öffnungszeiten werden im Praktikum mitgeteilt).

• Auch Spülwasser kann


belastet sein =>
angemessen entsorgen.

• Mengenminimierung
bei Spülwasser: Häufig
mit wenig Spülflüssigkeit
spülen ist besser als einmal
mit viel (siehe Rechen-
beispiel nä. Folie).
Sicheres Arbeiten in chemischen Laboratorien - Wintersemester 2023/24 91
Reinigung und Entsorgung
Ausspülen von Gefäßen, die mit Gefahrstoffen kontaminiert sind (typisches Beispiel)

Gefäß mit wässriger Schwermetallsalzlösung, c = 1 mol / l, einmal ausspülen mit (ca.) 100 ml:

ausgießen 1 ml bleibt mit Wasser ausgießen 1 ml bleibt


in Abfallbe- im Gefäß auffüllen auf in Abfallbe- im Gefäß
hälter 100 ml hälter

1 ml 100 ml 1 ml
1 mol / l => 10 mmol / l 10 mmol / l
=> 1 mmol 1 mmol => 0,01 mmol

Es verbleiben 0,01 mmol Gefahrstoff im Behälter.

Eine bessere Spülmethode =>


Sicheres Arbeiten in chemischen Laboratorien - Wintersemester 2023/24 92
Reinigung und Entsorgung
Ausspülen von Gefäßen, die mit Gefahrstoffen kontaminiert sind (bessere Methode)

Gefäß mit wässriger Schwermetallsalzlösung, c = 1 mol / l, zwei mal mit (ca.) 50 ml ausspülen:

mit Wasser ausgießen 1 ml bleibt mit Wasser ausgießen 1 ml bleibt


auffüllen auf in Abfallbe- im Gefäß auffüllen auf in Abfallbe- im Gefäß
50 ml hälter 50 ml hälter

1 ml 50 ml 1 ml 50 ml 1 ml
1 mol / l => 20 mmol / l 20 mmol / l => 0,4 mmol / l 0,4 mmol / l
1 mmol 1 mmol => 0,02 mmol 0,02 mmol => 0,0004 mmol

Es verbleiben 0,4 µmol Gefahrstoff im Behälter (Vgl. letzte Folie: 0,01 mmol).
Besser mehrmals nacheinander mit kleineren Wassermengen als einmal mit viel Wasser
spülen. "Standard": 3 x ausspülen.
Sicheres Arbeiten in chemischen Laboratorien - Wintersemester 2023/24 93
Reinigung und Entsorgung
Überführung von Schadstoffen in weniger gefährliche Verbindungen

• Schwermetalle: giftig / sehr giftig (Bsp. Hg, Cd, As, Tl)

• Ausnahme: schwerlösliche Schwermetallverbindungen (z.B. As2S3, BaSO4, HgS, Hg-Metall)

• Erzeugung einer sehr schwerlöslichen Verbindung:


Hg2+ + S2- → HgS ↓
2 As3+ + 3 S2- → As2S3 ↓
Ba2+ + SO42- → BaSO4 ↓

• Löslichkeitsprodukt KL: Beziehung zwischen Reaktionsgleichung und Konzentrationen


BaSO4 ⇌ Ba2+ + SO42- KL = c(Ba2+)∙c(SO42-)

• KL-Werte und pKL- Werte (negativer dekadischer Logarithmus):


KL pKL
BaSO4 10-10 10
PbS 10-28 28
HgS 10-52 52 (ca. 6 Teilchen pro m3 Lösung)

Sicheres Arbeiten in chemischen Laboratorien - Wintersemester 2023/24 94


Reinigung und Entsorgung
Überführung von Schadstoffen in weniger gefährliche Verbindungen

• Erzeugung eines stabilen Komplexes:


Bsp. Fe2+ + 6 CN- ⇌ [Fe(CN)6]4-

• Stabilitätskonstante:

≈ 1044
KCN: LD50 (Ratte): 5 mg/kg

• Dissoziationskonstante:
Kdiss = 1 / Kstab ≈ 10-44

seilnacht.com
• Große Kstab (bzw. kleine Kdiss) => stabiler Komplex

K4Fe(CN)6 · 3 H2O: LD50 (Ratte): 3613 mg/kg


Sicheres Arbeiten in chemischen Laboratorien - Wintersemester 2023/24 95
Reinigung und Entsorgung
Überführung von Schadstoffen in weniger gefährliche Verbindungen

• Oxidation

CN-: CN- + OCl- → OCN- + Cl-

DT
H2O2: H2O2 → H2O + 1/2 O2 ↑ ("Verkochen")

• Reduktion

MnO4-: 8 MnO4- + 3 S2O32- + H2O → 8 MnO2 ↓ + 6 SO42- + 2 OH-

Br2: 4 Br2 + S2O32- + 5 H2O → 8 Br- + 2 SO42- + 10 H+

Sicheres Arbeiten in chemischen Laboratorien - Wintersemester 2023/24 96


Reinigung und Entsorgung
Wässrige Schwermetall-Lösungen

Auftreten: bei fast allen Versuchen im anorganisch-chemischen Grundpraktikum.

Entsorgung:

• Lösung neutralisieren. Hierzu vorsichtig und unter Rühren ungefähr 2


M HCl-Lösung bzw. 2 M NaOH- oder KOH-Lösung zugeben, pH-Wert
mit pH-Indikatorpapier überprüfen. Vorsicht vor Hitzeentwicklung!
KEINE konzentrierten Säuren, keine NaOH/KOH-Plätzchen
verwenden!
KEIN pH-Meter verwenden!
KEINE pH-Indikator-Lösung (z.B. Phenolphthalein) verwenden!

• Bei der Neutralisation auftretende Niederschläge müssen abfiltriert


und entsorgt werden.

• Die neutralisierte Lösung kommt anschließend in die Abfallbehälter


für wässrige Schwermetall-Lösungen.

Sicheres Arbeiten in chemischen Laboratorien - Wintersemester 2023/24 97


Reinigung und Entsorgung
Feststoffabfälle

Entsorgung:
• Filterkuchen mit Schwermetall-Niederschlägen:
An geeignetem Ort (z. B. Plastikwanne) trocknen
lassen, anschließend entsorgen im Behälter für Feststoffabfälle.

• Verunreinigter Glasbruch und andere spitze/scharfe Gegenstände: vorsichtig umwickeln mit


Papier, damit die Plastiktüte im Behälter für Feststoffabfälle nicht beschädigt wird.

• pH-Indikatorpapier, das bei der Neutralisation von Schwermetall-Lösungen benutzt wurde,


gehört nicht in den Hausmüll! => Behälter für Feststoffabfälle.

• Aufsaugmassen / Papier, mit denen ausgelaufene Chemikalien aufgenommen wurden,


kommen ebenfalls in die Feststoffabfälle, ggf. nachdem man sie hat trocknen lassen.

• Chemikalien (z. B. Reste von Analysenproben) kommen nur in den Feststoffabfälle-Behälter,


wenn sie fest, trocken und nicht reaktiv sind (trifft nur auf einige Salze (Bsp. CaCl2) und Oxide
(Al2O3) zu. Alle anderen festen Stoffe müssen gelöst werden => siehe Entsorgung von
Schwermetall-Lösungen.

Sicheres Arbeiten in chemischen Laboratorien - Wintersemester 2023/24 98


Reinigung und Entsorgung
Feststoffabfälle

Entsorgung:

• Mörser bestehen aus Porzellan, nicht Glas. Daher haben kaputte Mörser im
Glasbruchbehälter nichts verloren!

• Saubere kaputte Mörser kommen in den Hausmüll, ggf. umwickelt, damit scharfe
Bruchkanten nicht die Tüten in den Mülleimern zerschneiden und damit sich das
Reinigungspersonal nicht verletzt.

• Kontaminierte kaputte Mörser werden mit Papier umwickelt und in die Feststoffabfälle
gegeben.

Sicheres Arbeiten in chemischen Laboratorien - Wintersemester 2023/24 99


Reinigung und Entsorgung
Quecksilberhaltige Abfälle

Entsorgung:

• Hg-haltige Abfälle werden gesondert gesammelt und entsorgt (sowohl Feststoffe als auch
Lösungen). Grund: Leichtflüchtigkeit von Hg, bei Verbrennung Hg-haltiger Abfälle würde es
in die Atmosphäre gelangen.

• Praktikum "Analytische Anorganische Chemie" (2. Sem.): erst Vorproben auf Quecksilber
und Rückfrage bei den Betreuungspersonen.

Sicheres Arbeiten in chemischen Laboratorien - Wintersemester 2023/24 100


Reinigung und Entsorgung
Quecksilberhaltige Abfälle

Vorproben auf Hg:

• Amalgambildung mit Kupfer (Kupferblech in Hg(I) oder Hg(II)-Ionen-haltige Lösung tauchen;


das Blech verfärbt sich schwarz. Die Verfärbung lässt sich durch Erwärmen wieder entfernen
(elementares Hg verdampft) - Unterschied zu einer ähnlich aussehenden Verfärbung durch
Silber.
Reaktionsgleichung: Hg2+ + Cu0 → Hg0 + Cu2+

Bild: chemgapedia.de

• Unlösliches "Kalomel" (Hg2Cl2, weißer Feststoff) wird in Gegenwart von konzentrierter


Ammoniaklösung erhitzt. Schwarzfärbung deutet auf die Anwesenheit von Hg hin.
Reaktionsgleichung: Hg2Cl2 + 2 NH3 → Hg↓+ [HgNH2]Cl↓ + NH4Cl

Sicheres Arbeiten in chemischen Laboratorien - Wintersemester 2023/24 101


Reinigung und Entsorgung
Lösemittelabfälle

Vorkommen im Anorganisch-chemischen Grundpraktikum:


Ethanol, Methanol, Amylalkohol (1-Pentanol), Chloroform, Dichlormethan, ...

Entsorgung:

• reine organische Phase, auch unbenutzte Reste: Kanister für organische, etherfreie
Lösemittel

• Gemische aus wässriger Phase und organischer Phase (z. B. aus Extraktionen im
Zweitsemesterpraktikum - Wasser/Amylalkohol, Wasser/Chloroform): organische Phase
und neutralisierte wässrige Phase (pH 5-9) in den Abfallbehälter für organische
Lösungsmittel geben.

Sicheres Arbeiten in chemischen Laboratorien - Wintersemester 2023/24 102


Reinigung und Entsorgung
Glasbruch

• Reinigung von Glasgeräten im anorganischen Grundpraktikum: meist mit Wasser.

• mechanische Reinigung => Bruchgefahr => Handschuhe.

• Glasbruch (nur sauberen!): mit dem Kehrblech in Abfallbehälter befördern.

• Achtung: kaputtes Glas wird wegen der Verletzungsgefahr nicht gereinigt!


=> Kontaminiertes zerbrochenes Glas wird in den Feststoffabfällen entsorgt
(Scherben dabei einwickeln in Papier).
Sicheres Arbeiten in chemischen Laboratorien - Wintersemester 2023/24 103
Selbsttest als Prüfungsvorbereitung
Studierende BSc Chemie:
Im Online-Kurs "A.1 Allgemeine und Analytische Chemie Wintersemester 2023/24"
▷ Veranstaltungen zur Laborsicherheit
▷ Übung für die Sicherheitsklausur
Direktlink:
https://olat-ce.server.uni-frankfurt.de/olat/auth/RepositoryEntry/
18987778057/CourseNode/1695695779685664002

Studierende Lehramt Chemie:


Im Online-Kurs "Sicherheitsvorlesung Lehramt Chemie"
▷ Übung für die Sicherheitsklausur
Direktlink:
https://olat-ce.server.uni-frankfurt.de/olat/auth/RepositoryEntry/
19525861390/CourseNode/1695695779698261002

Sicheres Arbeiten in chemischen Laboratorien - Wintersemester 2023/24 104


Laborführung
Die Betreuungspersonen werden Sie gleich durch die Praktikums-
säle führen. Dabei lernen Sie u. a. kennen:
• Sicherheitseinrichtungen innerhalb und außerhalb der Labore
• wichtige Anlaufstellen (Geräteausgabe, Praktikumsbüro, ...)
• das schwarze Brett mit Informationen zum Praktikum

Hinweis: für Lehramtsstudierende gibt es eine eigene Führung durch


die Lehramts-Praktikumsassistent(inn)en.

Sicheres Arbeiten in chemischen Laboratorien - Wintersemester 2023/24 105

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