Sie sind auf Seite 1von 11

Datenatlas für das deutsche Hochschulsystem - Schnellinformation | Seite 1

Markus F. Langer | Thimo von Stuckrad

Datenatlas für das deutsche Hochschul-


system – Schnellinformation
„Fächerpräferenzen“
Präferenzen der StudienanfängerInnen auf der Ebene von Fächer-
gruppen und Kreisen / kreisfreien Städten für das Studienjahr 2006

Fächerpräferenzen in Deutschland © CHE Consult GmbH 2008


Seite 2 | Datenatlas für das deutsche Hochschulsystem - Schnellinformation

Zusammenfassung
In allen Fragen der Hochschulpolitik und des Hochschulmanagements spielen fachbezogene
Differenzierungen eine Rolle. Dieser Beitrag analysiert die Präferenzen von Studienanfänge-
rInnen aus Deutschland für verschiedene Fächergruppen kreisgenau und stellt dabei einen
Zusammenhang zum Angebot von Studien- und Arbeitsplätzen sowie zu traditionalen Fakto-
ren in einer Region her. Ableiten lassen sich auf dieser Basis Konsequenzen sowohl für die
Hochschulplanung als auch für das Hochschulmarketing.

Inhalt
1 Hintergrund und Zielstellung der Auswertung ....................................................................3
2 Gegenstand, Datenstand und Datenquelle ........................................................................3
3 Methodik............................................................................................................................4
4 Ergebnisse ........................................................................................................................5
4.1 Mathematik und Naturwissenschaften ...............................................................................5
4.2 Sprach- und Kulturwissenschaften.....................................................................................6
4.3 Rechts-, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften................................................................7
4.4 Ingenieurwissenschaften ...................................................................................................8
5 Interpretation und Schlussfolgerungen...............................................................................9
6 Ihre Ansprechpartner .......................................................................................................11

Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Verwendete Fächerpräferenzklassen / -grenzen (2006).................................... 4
Abbildung 2: Fächerpräferenzen von StudienanfängerInnen in der Mathematik und in den
Naturwissenschaften (2006) .................................................................................................. 5
Abbildung 3: Fächerpräferenzen von StudienanfängerInnen in den Sprach- und Kultur-
wissenschaften (2006)........................................................................................................... 6
Abbildung 4: Fächerpräferenzen von StudienanfängerInnen in den Rechts-, Wirtschafts- und
Sozialwissenschaften (2006) ................................................................................................. 7
Abbildung 5: Fächerpräferenzen von StudienanfängerInnen in den Ingenieurwissenschaften
(2006).................................................................................................................................... 8

Fächerpräferenzen in Deutschland © CHE Consult GmbH 2008


Datenatlas für das deutsche Hochschulsystem - Schnellinformation | Seite 3

1 Hintergrund und Zielstellung der Auswertung


Mit dem Datenatlas für das deutsche Hochschulsystem stellt CHE Consult erstmalig für
Deutschland umfängliche Daten über Einzugsstrukturen von Hochschulen, Wettbewerbssitu-
ationen zwischen Hochschulen, Wanderungsverhalten von StudienanfängerInnen,
Fächerpräferenzen von StudienanfängerInnen und weitere Informationen auf Ebene von
Kreisen und kreisfreien Städten zur Verfügung. Mit diesen Daten können gleichermaßen
regional differenzierte hochschulpolitische Strategien von Regionen und Ländern untersetzt
sowie Geomarketingkonzepte für einzelne Hochschulen und Hochschulstandorte entwickelt
werden.

Die vorliegenden Auswertungen verdeutlichen die unterschiedlichen Fächerpräferenzen in-


nerhalb Deutschlands als Basis für bspw. fachbezogene Länderinitiativen (MINT-Förderung)
und/oder die fachlich und regional spezifizierte Marketingplanung von Hochschulen im Kon-
text von deren Student Recruitment-Aktivitäten.

2 Gegenstand, Datenstand und Datenquelle


Gegenstand der Auswertungen ist eine bundesweite Darstellung der Anteile von Studienan-
fängerInnen in Fächergruppen der amtlichen Statistik nach Herkunftsregion.
Herkunftsregionen sind die Kreise und kreisfreien Städte, in denen die StudienanfängerInnen
ihre Studienberechtigung erworben haben. Dargestellt werden nur die Fächerpräferenzen
von deutschen StudienanfängerInnen und BildungsinländerInnen.

Berücksichtigt wurden nur Studierende im 1. Hochschulsemester, und zwar nach Art der
Studienberechtigung, nach Kreis bzw. kreisfreier Stadt des Erwerbs der Studienberechtigung
und gewählter Fächergruppe (Erststudium) im Studienjahr 2006. Das Studienjahr ist (in die-
sem Fall) die Zusammenfassung des Sommersemesters 2006 und des Wintersemesters
2006/07. Die Art der ausgewerteten Studienberechtigung umfasst drei Gruppen (Allgemeine
Hochschulreife, Fachgebundene Hochschulreife und Fachhochschulreife), wobei diese hier
gemeinsam dargestellt werden. Die Verteilung der Studienfächer in den Fächergruppen folgt
derjenigen der amtlichen Statistik. Nicht dargestellt werden die Fächergruppen Sport, Hu-
manmedizin, Agrar-, Forst- und Ernährungswissenschaften, Veterinärmedizin und Kunst
wegen zu kleiner Fallzahlen bzw. annähernder Gleichverteilung der Präferenzen über das
Gebiet der Bundesrepublik Deutschland.

Gebietsstand der Auswertungen ist der 31.12.2006. Die durchgeführten Berechnungen, Dar-
stellungen und Analysen fußen auf einer Sonderauswertung aus der Studierendenstatistik
des Statistischen Bundesamtes 2007.

Fächerpräferenzen in Deutschland © CHE Consult GmbH 2008


Seite 4 | Datenatlas für das deutsche Hochschulsystem - Schnellinformation

3 Methodik
Auf Basis der vorstehend skizzierten Datenbestände wurden die Anteile von Studienanfän-
gerInnen in einer Fächergruppe an allen StudienanfängerInnen des betrachteten Kreises
bzw. der betrachteten kreisfreien Stadt gebildet.

Die sich ergebenden Anteilswerte wurden in fünf Werteklassen (vgl. Abbildung 1) zusam-
mengefasst. Maßgebliches Kriterium der Klassenbildung war das Herbeiführen einer
(fächerbezogenen) Gleichverteilung, d.h. in jeder Klasse findet sich die gleiche Anzahl an
Fällen (also Kreisen bzw. kreisfreien Städten).

Präferenzklassen
Ingenieurwissenschaften

Mathematik und Naturwissenschaften

Rechts-, Sozial- und Wirtschaftswissenschaften

Sprach- und Kulturwissenschaften

Abbildung 1: Verwendete Fächerpräferenzklassen / -grenzen (2006)

Folglich ist es möglich, innerhalb einer Fächergruppe Regionen mit einer hohen Präferenz
für das betrachtete Fach unter den StudienanfängerInnen, die ihre Hochschulzugangsbe-
rechtigung in der jeweiligen Region erworben haben, zu identifizieren. Aufgrund des
gewählten Vorgehens ist allerdings kein direkter Vergleich zwischen den Fächergruppen
möglich.

Hohe Präferenzen werden in den folgenden Darstellungen dabei durch eine tiefrote Einfär-
bung, niedrige Präferenzen hingegen durch eine hellgelbe Einfärbung verdeutlicht.

Fächerpräferenzen in Deutschland © CHE Consult GmbH 2008


Datenatlas für das deutsche Hochschulsystem - Schnellinformation | Seite 5

4 Ergebnisse

4.1 Mathematik und Naturwissenschaften


StudienanfängerInnen mit einer ausgeprägten (= hohen) Präferenz für die Mathematik
und/oder Naturwissenschaften finden sich – grob gesprochen – vor allem im Süden und
Westen der Bundesrepublik Deutschland.

StudienanfängerInnen (Studierende im 1. Hochschulsemester)


nach Art der Studienberechtigung, nach Kreis bzw. kreisfreier
Stadt des Erwerbs der Studienberechtigung und gewählter
Fächergruppe (Erststudium) im Studienjahr 2006. Gebietsstand
ist der 31.12.2006. Datenquelle: Statistisches Bundesamt 2007,
eigene Berechnungen und Darstellungen.

Abbildung 2: Fächerpräferenzen von StudienanfängerInnen in der Mathematik und in den Naturwis-


senschaften (2006)

Mit Blick auf einzelne Bundesländer scheinen es vor allem Bayern, Baden-Württemberg,
Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen und Hessen zu sein, die sich fast flächendeckend
durch eine gegenüber dem Bundesschnitt hohe Präferenz ihrer StudienanfängerInnen für die
Studienangebote der Fächergruppe Mathematik und Naturwissenschaften auszeichnen. Eine
ausgeprägt niedrige Präfenz für diese Fächergruppe wiederum kann für Mecklenburg-
Vorpommern, Berlin und Brandenburg angeführt werden.

Darüber hinaus fallen einzelne Regionen mit ausgeprägten mathematisch-


naturwissenschaftlichen Fächerpräferenzen ihrer StudienanfängerInnen auf, so beispielswei-
se der Kreis Nordfriesland in Schleswig-Holstein, die Kreise / kreisfreien Städte Osterode in
Niedersachsen, Halle an der Saale in Sachsen-Anhalt oder Dresden und Umland in Sach-

Fächerpräferenzen in Deutschland © CHE Consult GmbH 2008


Seite 6 | Datenatlas für das deutsche Hochschulsystem - Schnellinformation

sen. Instruktiv mit Blick auf Bedingungen für die Präferenzbildung ist die unterdurchschnitt-
lich ausgeprägte Präferenz für diese Fächergruppe in Kreisen des Mittleren Schwarzwalds
und der Schwäbischen Alb in Baden-Württemberg.

4.2 Sprach- und Kulturwissenschaften


StudienanfängerInnen mit einer ausgeprägten (= hohen) Präferenz für die Sprach- und/oder
Kulturwissenschaften finden sich – grob gesprochen – vor allem im Westen der Bundesre-
publik Deutschland, wobei Thüringen und Baden-Württemberg mit jeweils gegenläufigen
Tendenzen ein wenig aus diesem Bild herausfallen. Inbesondere Niedersachsen zeigt sehr
unterschiedliche Strukturen.

StudienanfängerInnen (Studierende im 1. Hochschulsemester)


nach Art der Studienberechtigung, nach Kreis bzw. kreisfreier
Stadt des Erwerbs der Studienberechtigung und gewählter
Fächergruppe (Erststudium) im Studienjahr 2006. Gebietsstand
ist der 31.12.2006. Datenquelle: Statistisches Bundesamt 2007,
eigene Berechnungen und Darstellungen.

Abbildung 3 Fächerpräferenzen von StudienanfängerInnen in den Sprach- und Kulturwissenschaften


(2006)

Mit Blick auf einzelne Bundesländer scheinen es vor allem Bayern, das Saarland, Rheinland-
Pfalz, Nordrhein-Westfalen und Hessen sowie mit Einschränkungen Schleswig-Holstein und
Thüringen zu sein, die sich fast flächendeckend durch eine hohe Präferenz ihrer Studienan-
fängerInnen für die Sprach- und Kulturwissenschaften auszeichnen. Eine ausgeprägt
niedrige Präfenz für diese Fächergruppe wiederum kann für Sachsen, Berlin und Branden-
burg angeführt werden.

Fächerpräferenzen in Deutschland © CHE Consult GmbH 2008


Datenatlas für das deutsche Hochschulsystem - Schnellinformation | Seite 7

Darüber hinaus fallen einzelne Regionen mit ausgeprägten sprach-und kulturwissenschaftli-


chen Fächerpräferenzen ihrer StudienanfängerInnen auf, so beispielsweise der Kreis
Leipzig, die Kreise Freiburg und Kreise in West-Niedersachsen bzw. dem Emsland sowie in
einer Achse zwischen Bremen, Hamburg und der Lüneburger Heide.

4.3 Rechts-, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften


StudienanfängerInnen mit einer ausgeprägten (= hohen) Präferenz für die Rechts-, Wirt-
schafts- und Sozialwissenschaften finden sich – grob gesprochen – vor allem im Norden der
Bundesrepublik Deutschland, jedoch nur punktuell in den „Südländern“.

StudienanfängerInnen (Studierende im 1. Hochschulsemester)


nach Art der Studienberechtigung, nach Kreis bzw. kreisfreier
Stadt des Erwerbs der Studienberechtigung und gewählter
Fächergruppe (Erststudium) im Studienjahr 2006. Gebietsstand
ist der 31.12.2006. Datenquelle: Statistisches Bundesamt 2007,
eigene Berechnungen und Darstellungen.

Abbildung 4: Fächerpräferenzen von StudienanfängerInnen in den Rechts-, Wirtschafts- und Sozial-


wissenschaften (2006)

Mit Blick auf einzelne Bundesländer scheinen es vor allem Schleswig-Holstein, Mecklenburg-
Vorpommern, Bremen, Hamburg, Berlin, Niedersachsen, Brandenburg, Nordrhein-Westfalen
und Hessen zu sein, die sich fast flächendeckend durch eine hohe Präferenz ihrer Studien-
anfängerInnen für die Rechts-, Wirtschafts- und Kulturwissenschaften auszeichnen. Eine
ausgeprägt niedrige Präfenz für diese Fächergruppe wiederum kann für Sachsen, Bayern
und Baden-Württemberg angeführt werden.

Darüber hinaus fallen einzelne Regionen mit ausgeprägten rechts-, wirtschafts- und/oder
sozialwissenschaftlichen Fächerpräferenzen ihrer StudienanfängerInnen auf, so beispiels-

Fächerpräferenzen in Deutschland © CHE Consult GmbH 2008


Seite 8 | Datenatlas für das deutsche Hochschulsystem - Schnellinformation

weise Saarbrücken oder der Stadtkreis Plauen sowie entgegen dem allgemeinen Trend eine
größere Zahl von Kreisen in Bayern und Baden-Württemberg (jeweils vor allem im Umland
der größeren Universitätsstädte).

4.4 Ingenieurwissenschaften
StudienanfängerInnen mit einer ausgeprägten (= hohen) Präferenz für die Ingenieurwissen-
schaften finden sich – grob gesprochen – vor allem im Osten und Süden der Bundesrepublik
Deutschland, kaum hingegen im Westen Deutschlands.

StudienanfängerInnen (Studierende im 1. Hochschulsemester)


nach Art der Studienberechtigung, nach Kreis bzw. kreisfreier
Stadt des Erwerbs der Studienberechtigung und gewählter
Fächergruppe (Erststudium) im Studienjahr 2006. Gebietsstand
ist der 31.12.2006. Datenquelle: Statistisches Bundesamt 2007,
eigene Berechnungen und Darstellungen.

Abbildung 5: Fächerpräferenzen von StudienanfängerInnen in den Ingenieurwissenschaften (2006)

Mit Blick auf einzelne Bundesländer scheinen es vor allem Mecklenburg-Vorpommern, Bran-
denburg, Sachsen-Anhalt, Sachsen, Thüringen, Bayern und Baden-Württemberg zu sein, die
sich fast flächendeckend durch eine hohe Präferenz ihrer StudienanfängerInnen für die In-
genieurwissenschaften auszeichnen. Eine ausgeprägt niedrige Präfenz für diese
Fächergruppe wiederum kann für Hessen und Rheinland-Pfalz angeführt werden.

Darüber hinaus fallen einzelne Regionen mit ausgeprägten ingenieurwissenschaftlichen Fä-


cherpräferenzen ihrer StudienanfängerInnen auf, so beispielsweise Aachen, Wismar,
wesentliche Teile des Ruhrgebietes sowie das Umland von Bremen und Oldenburg.

Fächerpräferenzen in Deutschland © CHE Consult GmbH 2008


Datenatlas für das deutsche Hochschulsystem - Schnellinformation | Seite 9

5 Interpretation und Schlussfolgerungen


Die regionalen Disparitäten sind auf Basis der vorstehenden Grafiken und Ausführungen
evident. Allerdings ist damit noch nichts über die Ursachen dieses Befundes sowie die
Schlussfolgerungen für Hochschulpolitik und Hochschulmanagement gesagt. Die vorgeleg-
ten Auswertungen und Abbildungen legen lediglich erste Ansatzpunkte zur
Hypothesenbildung über Bedingungen der fachlichen Präferenzbildung nahe, die im nachfol-
genden Abschnitt diskutiert werden.

Mit Blick auf die ursächlichen Faktoren für die regional differierenden Fächerpräferenzen
sind es offenbar drei angebots- und nachfragebezogene Faktoren, die die Unterschiede be-
wirken. Besonders transparent wird dies, wenn man die Verteilung der StudienanfängerInnen
der Ingenieurwissenschaften genauer betrachtet.

So ist eine besonders hohe Präferenz dort zu verzeichnen, wo es


• erstens traditionell oder nach der Wende eine regeneriert stark technisch geprägte mittel-
ständische Wirtschaft gibt, namentlich in weiten Teilen Sachsens und Baden-
Württembergs,
• zweitens traditionell eine höhere Präferenz für ingenieurwissenschaftliche Fächer, und das
auch (oder insbesondere) über Geschlechtergrenzen hinweg, gibt, namentlich in weiten
Teilen der neuen Bundesländer und
• drittens ein deutlich wahrnehmbares oder gar ein tendenziell exklusives Angebot dieser
Studienfächer gibt, was besonders deutlich wird mit Blick auf die technisch orientierten
Hochschullandschaften Sachsens, Baden-Württembergs oder des Ruhgebietes, was aber
auch sehr gut zu erkennen ist im Umfeld technisch orientierter Hochschulen wie beispiels-
weise der Hochschule Wismar in Mecklenburg-Vorpommern, der RWTH Aachen in
Nordrhein-Westfalen sowie der Universität und Hochschule Bremen und der Fachhoch-
schule Oldenburg/Ostfriesland/Wilhelmshaven mit Blick auf dort angrenzende Kreise.

Damit formen vermutlich drei Faktoren die fachspezifische Nachfrage:


• erstens ein vorhandenes und wahrnehmbares Studienangebot in der Region,
• zweitens eine regional vorhandene und/oder wahrnehmbare positive berufliche Perspekti-
ve und
• drittens familial oder bildungstraditional unterstützende Faktoren (bspw. Fortführung der
Bildungsbiographie der Eltern).

Als Gegenbeispiel zu differierenden Fächerpräferenzen könnte die Informatik dienen, die


eine annähernde Gleichverteilung von Präferenzen über das Bundesgebiet aufweist. Dies
korrespondiert hier mit dem nahezu flächendeckend vorhandenen Studiengangebot sowie
den bundesweit transparenten und möglicherweise gleichermaßen positiv bewerteten beruf-
lichen Perspektiven und lässt sich folglich nach ähnlichem Muster wie das vorstehende
Beispiel der Ingenieurwissenschaften interpretieren. Hinzu kommt, dass die Informatik als
relativ neue und in ihrem Anwendungsbezug sehr dynamische wissenschaftliche Disziplin
kaum traditionale Stimuli entfalten kann.

Fächerpräferenzen in Deutschland © CHE Consult GmbH 2008


Seite 10 | Datenatlas für das deutsche Hochschulsystem - Schnellinformation

Für die Hochschulpolitik lassen sich daraus vor allem folgende Schlussfolgerungen ziehen:
• Die regionale Wirtschaft formt indirekt über ihre regional wahrnehmbare Struktur die Fä-
cherpräferenzen von StudienanfängerInnen und damit auch die regionale Nachfrage nach
bestimmten Studienfächern.
• Dieser Weg der Konditionierung von Fächerpräferenzen ist jedoch auch abhängig von der
Persistenz, also der Langfristigkeit spezifischer regionaler Wirtschaftsstrukturen.
• Wenn regionale Studienangebote auch präferenzbildend wirken, dann ist ein Weg, ein
stärkeres Interesse für die so genannten MINT-Fächer zu wecken, auch das Vorhalten der
jeweiligen Angebote an Hochschulen der Region.
• In diesem Sinne kontraproduktiv wäre dann aber bspw. ein gleichzeitiges Erhöhen der
Kapazitäten in allen Fächern.
• Der nahegelegte Zusammenhang zwischen Fächerpräferenz und regionaler Wirtschafts-
struktur, beruflichen Perspektiven und traditionalen Mustern deutet zudem an, dass die
systematische Stimulierung der Nachfrage nach MINT-Fächern nicht von Schulen und
Hochschulen allein geleistet werden kann. Vielmehr erscheinen integrierte Konzepte zwi-
schen Wirtschaftsförderung, regionaler Entwicklungsplanung und bildungspolitischen
Programmen erfolgsversprechend.

Für das Student Recruitment und das Marketing von Hochschulen wiederum heißt dies, dass
grundsätzlich zwei strategische Ansatzpunkte voneinander unterschieden werden müssen.
Beide legen jeweils verschiedene Konzepte und Maßnahmen nahe.

• Hochschulen können im Rahmen eines datenbasierten Student Recruitment speziell auf


die Präferenzen einer Region zugeschnittene Maßnahmen entwickeln und durchführen,
um die Region und die vorhandenen Studienberechtigten mit den „passenden“ Fächerprä-
ferenzen als Markt zu erschließen.
• Hochschulen können aber auch vor dem Hintergrund einer in ihren wesentlichen Einzugs-
gebieten stark divergierenden Fächerpräferenz gezielt Maßnahmen entwickeln und
durchführen, die „passenden“ Präferenzen mit guten Argumenten zu generieren.

Gerade in der Region des Hochschulstandorts erscheinen integrierte Konzepte von Wirt-
schaftsförderung und der Stimulierung fächerspezifischer Nachfrage angezeigt und
vielversprechend. Ein kurzfristiger Erfolg ist hier zunächst nicht zu erwarten, da Präferenzen
nicht nur vor dem Hintergrund guter Argumente konditioniert werden können, sondern auch
eine gleichsam „lebensweltliche Nähe“ zu den entsprechenden Studienfächern und beson-
ders deren Inhalten hergestellt und spürbar werden muss. Hier haben die Hochschulen
bspw. die Möglichkeit, in der Region erfolgreiche Alumni als Botschafter in Schulen zu schi-
cken oder gemeinsam mit Unternehmen mittelfristige Projekte an Schulen zu unterhalten.

Die Hochschulen können das Student Recruitment jedoch auch auf weiter entfernte Regio-
nen mit passender hoher Fachpräferenz ausrichten, haben hier jedoch andere Schwellen
bzw. Aspekte zu berücksichtigen. Bspw. müssen gezielt Mobilitätshemmnisse abgebaut,
Konkurrenzanalysen durchgeführt und abgrenzende, möglichst (bspw. mit Blick auf die Wirt-
schaftsstruktur) passgenaue USPs formuliert werden.

Fächerpräferenzen in Deutschland © CHE Consult GmbH 2008


Datenatlas für das deutsche Hochschulsystem - Schnellinformation | Seite 11

Beide strategische Ansätze formulieren keine Alternativoptionen, sondern verhalten sich


komplementär zueinander. Hochschulen sollten das regionale Umfeld genau zu analysieren
in der Lage sein und eigene, situative Strategien entwickeln können. Welches für die einzel-
ne Hochschule der richtigere Weg ist, ist im Einzelfall zu entscheiden.

6 Ihre Ansprechpartner
Markus F. Langer
CHE Consult GmbH
Verler Straße 6
D-33332 Gütersloh
0049 5241 21179 31
markus.langer@che-consult.de

Thimo von Stuckrad


CHE Consult GmbH
Verler Straße 6
D-33332 Gütersloh
0049 5241 21179 51
thimo.vonstuckrad@che-consult.de

CHE Consult GmbH I Sitz Dortmund I Amtsgericht Dortmund HRB 14653


Geschäftsführer: Dr. Christian Berthold I Yorck Hener

Gütersloh, 06. Oktober 2008

Fächerpräferenzen in Deutschland © CHE Consult GmbH 2008

Das könnte Ihnen auch gefallen