Sie sind auf Seite 1von 17

Allgemeine Aspekte von

Fachkommunikation
Université de Lorraine
EMLex Modul A5 - Fachwörterbücher, Lexika und Enzyklopädien
Sommersemester 2017/2018
ReferentInnen: Nikola Zdravković, Mingming Zhao
DozentInnen: Prof. Dr. Stefan Schierholz, Prof. Dr. Idalete Dias
Inhaltsverzeichnis
1. Der Begriff „Fach“
• Die Wörter „Fach“ und „Fachlichkeit“ gehören zu den
Schlüsselwörtern der modernen Gesellschaften
• Trotzdem schenkt man keine besondere Beachtung den
Prozessen der näheren Betrachtung und sogar der Definition
dieser Begriffe
• Fünf Komplexe zu unterscheiden beim „Fach“-Begriff:
1) Die Kommunikationspartner (die Gesellschaft)
2) Das Aktionsumfeld (der soziokulturelle Kontext)
3) Der Referent (der Gegenstand)
4) Die Sprache und die Texte
5) Die fachsystematischen und fachrelativen Konstellationen
1.1 Gesellschaftsbezogene Dimension
• Kommunikationspartner- und
gesellschaftsbezogene Aspekte:

1) SOZIALE BEZÜGE
2) KULTURANTROPOLOGISCHE GRUNGLAGEN
1.1.1. “Fach” als soziale
Orientierungsgröße

• Dieses Dreieck bezeichnet eine im etwa fünftausendjährigen


Menschheitsgedächtnis eingegrabene Erfahrung
• Sie lässt sich im europäischen Kulturkreis im Begriff der
“Fachlichkeit” erkennen
• „Ein Selbstverständnis, das sich als systematisch, als gegenseitig
strukturbezogen, als eingebettet in eine übergeordnete Ganzheit
bestimmt, die als solche Rahmenbedingungen und unmittelbare
Voraussetzungen schafft, mit denen sich diese Handlungen, Tätigkeiten
und Arbeiten definieren oder rechtfertigen.“ (Kalverkämper 1998, S. 2)
• Der Begriff „Fachlichkeit“ beinhaltet Aspekte wie z.B. Gerichtetheit auf ein
Ziel, methodisch bewusste und kriteriengeleitete Vorgehensweise,
Kontrolle durch die Transparenz, Erfassbarkeit, und Lehrbarkeit
• Die Qualifikation oder die „Könnerschaft“ der Handelnden beruht auf
(Kalverkämper 1998, S. 2 ):
1) „Bereichspezifisches Wissen“
2) „Bereichsübergreifende heuristische Strategien des
Aufgabenbearbeitens und Problemlösens, verknüpft mit
verallgemeinertem Wissen“
3) „leitbildhaft wirksame Vorstellungen - eine professionelle Perspektive -
von idealen, aufgabenangemessenen Vorgehensweisen“
4) „das bewusst reflektierte Führen und Kontrollieren
aufgabenangemessener Vorgehensweisen…“
5) “…für welches Experten als reflective practitioners über metakognitives
Können verfügen”
Frage Nr. 1
Sozialprestige ist dem “Fachmann/Fachfrau”-
Status immanent. Da aus diesem Grund viele
“Nicht-Könner” oder die Laien in der
Gesellschaft im Abseits stehen, findet ihr solche
soziale Konstellation als ethisch berechtigt oder
nicht und warum?
1.1.2. Kulturanthropologische
Grundlagen
• Heutzutage befasst man sich nicht mehr mit der etymologischen
Forschung
• Zwei Gründe dafür:
1) Bestimmte Methoden der Forschung sind obsolet geworden
2) Diachrone Sprachwissenschaft trat wegen der struktularistischen
Strömungen hinter die synchron-aktuellsprachlich Linguistik zurück
• 1951 in seiner Arbeit beschäftigt sich Jost Trier mit dem
historischen Werdegang des “Fach”-Begriffs (Indogermanische Zeit
als Ausgangspunkt – za. vor 5000 Jahren)
• Ziel – mentalitätsgeschichtliche Tradition in den Gesellschaften und
Völkern zu sichern
• Das Wort “Zaun” als zentraler Begriff für die Urgemeinschaften
• Die indogermanische Wurzel *pag- und *pak- knüpft an die
gesellschaftliche Vorstellung vom „Ring“ an
• Althochdeutsch „fah“ – Teil, Abteilung (eines Raumes oder
Gewässers)
• „Fach“ als kulturwissenschaftlich zentraler Begriff, denn er:
1) führt auf die Urformen der sozialen Organisation zurück
2) nimmt die anfänglichen Weisen der Arbeitsteilung auf
3) wird eng mit der kulturellen Entwicklung der Menschheit
verbunden (das Phänomen in der Schriftkulturen, das Hand-Werk
durch die Kopf-Arbeit zu ergänzen)
• Schreibkulturen = Wissenschaftskulturen
• Erst am Ende des 5. Jh. V. Chr. wurde die Basis für
wissenschaftliches Denken in Griechenland festgelegt
• In der griechischen und römischen Antike erschien auch die
Arbeitsteilung als ökonomischer Ordnungsfaktor
• Zur Zeit der Sophisten kommt es zur Teilung der Ausbildung
(Allgemeinbildung > ein Spektrum von Fächern)
1.2. Soziokulturelle Dimension
• Zwei Vermittler zwischen der Gesellschaft und
„dem Fach:

1) Kommunikationsraum
2) Handlungsumfeld
1.2.1. „Fach“ als Kommunikationsraum
• Im Kommunikationsraum spielen sich zwei Prozesse, und
zwar:
1) Die Erstellung von Fachlichkeit
2) Die Konstituierung von „Fach“ durch eine entsprechende
fachsprachliche Kommunikation
• Hier erstellt eine fachsprachliche Kommunikation über die
Welt und die Gegenstände, Sachverhalte und
Handlungszusammenhänge in ihr „die Fachlichkeit“ und „das
Fach“
1.2.2. „Fach“ als Wirkfeld
• „Wirkfeld“ bezeichnet die Erweiterung des „Kommunikationsraums“
und dabei geht es um das „Fach“ als pragmatische und
Interaktionsgröße
• Die Dichotomie zwischen den Lebensbereichen von Alltag und von
Arbeit
• Der Bereich von Arbeit ist das Handlungsumfeld des Fachmanns
und wird durch verschiedene Merkmalen konstituiert:
1) zielgerichtet
2) methodisch geordnet
3) orientiert auf Erkenntnisgewinn
4) theoriegeleitet und praxisbestimmt in gegenseitiger Bedingtheit
5) in Lehrtradition stehend, erklärungsbedürftig
6) lernabhängig
1.3. Referentielle Dimension
• Obwohl man anhand des Aufzählens von Fächern einen
zweifellosen gesellschaftlichen Konsens des Verstehens vom
„Fach“-Begriff feststellen kann, benötigt man weitere
tiefgreifende Forschungen im Bereich der
Kulturgeschichtsschreibung, Sozialwissenschaften und der
vorhandenen institutionalisierten Sachfächern, besonders
unter drei Aspekten:
• Die inhaltliche Qualität von Fächern(Was macht ein Fach aus?)
• Die Fächer-Systematik
• Die horizontale Gliederung von (Fach-) der Fächer zueinander
1.3.1. Inhaltliche Qualität von „Fach“
• „Fach“ kann nicht in erster Linie mit Grenzziehungen und
aufgezählten Inhalten beschrieben werden, sondern es muss
prozessual, dynamisch und funktional erfasst werden
• „Ein sogenanntes wissenschaftliches Fach ist nur ein abgegrenztes
und konstruiertes Konglomerat von Problemen und
Lösungsversuchen. Was es aber wirklich gibt, das sind die Probleme
und die wissenschaftlichen Traditionen.“ (Popper 1979, S. 108)
• Fach (pragmatisch bestimmt) ist, was:
1) als solches institutionalisiert ist
2) von der (sozialen und sachlichen) Bedarfslage her sich als
ganzheitlicher Komplex motiviert ist
3) als identifizierbares Arbeitsfeld mit Effizienz funktioniert
4) durch soziale Konvention akzeptiert ist
• Roland Posner und seine Kombination der Erklärungsmodelle der
inhaltlichen Identifizierung von Fächern:
„[…] every discipline in the epistemological sense is a set of
activities with five components. […]: 1) a discipline, or rather a
person working in it, studies its domain [sc. i. e. a set of objects]; 2)
a discipline construes its perspectives [sc. the subject matter as the
set of relevant properties of theses objects]; 3) a discipline follows
its methods [sc. methods as a set of rules]; 4) a discipline results in
/ produces as a result its body of knowledge [sc. as a set of
propositions]; 5) a discipline employs its means of presentation [sc.
the presentation as a set of means of presentation].”
• Hoffmanns Stratifikationsmodell der beruflichen Zusammenhänge:
1) Theoretische Grundlagenwissenschaften
2) Experimentelle Wissenschaften
3) Angewandte Wissenschaften und Technik
4) Materielle Produktion
5) Konsumtion
1.3.2 Fächer-Systematik
• Hierarchisch aufgebaut, funktionieren nach dem Prinzip der
Relationen (Über und Unterordnung, und Nebenordnung)
• Fächersystematiken abhängig:
1) vom Lebensraum und Zeitpunkt ihrer Erstellung
2) vom Hauptinteresse der Klassifikation
3) von der Akzeptanz der Systematik in der Gemeinschaft
4) von der Aussagekraft und Steuerungsintensität der
systematischen Klassifikation
• Hauptrolle der Systematik – die Überschaubarkeit von Komplexität
• Die Systematik sollte auch pragmatisch sein, und zwar:
1) lebenspraktisch
2) dokumentarisch und datenverarbeitend (Wissensdarstellung
(Wissenschaft), Wissensverwendung und –vermittlung (Wirtschaft)
, und Wissensorganisation (Verwaltung)

Das könnte Ihnen auch gefallen