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… kennt auch einige Gesetzessammlungen, von denen die längste und bekannteste
der Codex Hammurabi ist, der auf einen babylonischen König des 18. Jh. v. Chr.
zurückgeht. Ob er praktisch angewandt wurde oder mehr literarisches Werk war, ist
allerdings unklar.
… verfügt über viele Preisvorschriften sowie zahlreiche Regeln zum Pachtvertrag, aber
wenige Vorschriften über Kaufverträge.
… entweder einen schon erfolgten Austausch und dienen dann vor allem als
Nachweis des rechtmäßigen Erwerbs für den Erwerber.
… einen noch zu erfolgenden Austausch, indem sich die Parteien sich gegenseitig
bescheinigen, etwas geliehen zu haben.
… kennt aber auch die Sanktion durch Bußleistung, die Privatstrafe ist:
§ 196 CH: „Hat ein Freier das Auge des Sohnes eines Freien ausgeschlagen,
werden sie sein Auge ausschlagen.“
§ 197 CH: „Hat er den Knochen eines Freien zerbrochen, werden sie seinen
Knochen zerbrechen.“
§ 198 CH: „Hat er das Auge eines muškēnum (= Halbfreien) ausgeschlagen oder
den Knochen eines muškēnum zerbrochen, wird er eine Mine Silber leisten.“
§ 199 CH: „Hat er das Auge eines Sklaven zerstört oder den Knochen eines
Sklaven zerbrochen, wird er die Hälfte seines Preises leisten.“
§ 200 CH: „Hat ein Freier den Zahn eines ihm gleichgestellten Freien
ausgeschlagen, werden sie seinen Zahn ausschlagen.“
§ 201 CH: „Hat er den Zahn eines muškēnum ausgeschlagen, wird er 1/3 Mine
Silber leisten.“
Das Recht von Babylon …
… ist beim Eheschluss noch von der Vorstellung eines Frauenkaufs
geprägt, der im Fall seiner Nichterfüllung indirekt sanktioniert wird,
nämlich
§ 159 CH: „Hat ein Freier, der in das Haus seines Schwiegervaters die
Verlöbnisgabe und den Brautpreis hat bringen lassen, nach einer
anderen Frau geschielt und zu seinem Schwiegervater gesagt: ‚Deine
Tochter werde ich nicht nehmen‘, wird der Vater der Braut alles, was ihm
gebracht worden ist, an sich nehmen.“
§ 160 CH: „Hat ein Freier in das Haus seines Schwiegervaters die
Verlöbnisgabe und den Brautpreis bringen lassen, jetzt aber der
Schwiegervater gesagt: ‚Meine Tochter werde ich dir nicht geben‘, wird
er alles, was ihm gebracht worden ist, doppelt zurückgeben.“
Das griechische Recht …
… ist nicht das Werk wissenschaftlich ausgebildeter und tätiger
Juristen. Die Entscheidungsfindung lag im Streitfall bei
Laiengerichten, an denen bis zu 501 Geschworene beteiligt
waren und die durch Gerichtsreden überzeugt werden mussten.
… baut auf dem Zwölftafelgesetz von 450 v. Chr. auf, das für 1000
Jahre die einzige Kodifikation des römischen Rechts blieb.
… erlebt eine erste Blüte noch in republikanischer Zeit, als im 1. Jh. v. Chr. die
ersten systematischen Darstellungen des Zivilrechts entstehen.
… tritt mit dem Beginn des Kaiserreichs (Prinzipat) in die ‚klassische Zeit‘ ein:
- In der Frühklassik (bis zum Ende des 1. Jh. n. Chr.) fallen wichtige
Grundentscheidungen für die Fortbildung des Rechts.
- In der Hochklassik (bis 180 n. Chr.) bildet sich ein umfassendes Geflecht von
verallgemeinerbaren Rechtssätzen heraus.
… tritt in der Nachklassik, die mit der politischen Krise des Prinzipats einsetzt, nicht
mehr durch einzelne Juristenpersönlichkeiten, sondern nur noch durch die
Tätigkeit der kaiserlichen Kanzlei in Erscheinung.
Bedeutende römische Juristen
• Servius (Konsul 51, gestorben 43 v.Chr.), bedeutendster Jurist der
republikanischen Periode
• Celsus (129 Konsul zum zweiten Mal), letztes und bedeutendstes Oberhaupt der
prokulianischen Rechtsschule
Durch Wortformel kommt eine Verpflichtung im Wege von Frage und Antwort zustande,
wie zum Beispiel: „Versprichst du, dass gegeben wird?“ – „Ich verspreche.“, „Wirst du
geben?“ – „Ich werde geben.“, „Versprichst du?“ – „Ich verspreche.“, „Verbürgst du dich?“ –
„Ich verbürge mich.“, „Wirst du tun?“ – „Ich werde tun.“
Durch Konsens entstehen die Verpflichtungen beim Kauf, bei der Verdingung, bei der
Gesellschaft und beim Auftrag. (136) Wir sagen, dass diese Verpflichtung durch Konsens
begründet werden, weil sie weder einer wörtlichen noch einer schriftlichen Formalität
bedürfen und es genügt, wenn die Geschäftspartner einig sind ... (137) Ferner werden bei
diesen Verträgen beide Vertragspartner einander dazu verpflichtet, was jeder dem anderen
nach Treu und Glauben zu leisten schuldig ist, während bei den Verbalverpflichtungen der
eine sich versprechen lässt, der andere verspricht ...
Das klassische römische Vertragsrecht
Gai 3.139 ff.
(139) Emptio et venditio contrahitur, cum de pretio convenerit quamvis nondum
pretium numeratum sit ac ne arra quidem data fuerit: nam quod arrae nomine datur,
argumentum est emptionis et venditionis contractae. …
(142) Locatio autem et conductio similibus regulis constituitur; nisi enim merces
certa statuta sit, non videtur locatio et conductio contrahi. …
(148) Societatem coire solemus aut totorum bonorum aut unius alicuius negotii,
veluti mancipiorum emendorum aut vendendorum. …
(155) Mandatum consistit, sive nostra gratia mandemus sive aliena; itaque sive ut
mea negotia geras sive ut alterius mandaverim, contrahitur mandati obligatio …
(139) Ein Kaufvertrag ist geschlossen, sobald man sich über den Preis einig ist,
auch wenn weder der Preis gezahlt noch ein Angeld geleistet worden ist; denn
dass ein Angeld geleistet wurde, ist bloß ein Indiz für einen Vertragsschluss. …
(142) Eine Verdingung wird nach ähnlichen Regeln begründet; nur wenn ein
Entgelt festgesetzt ist, ist eine Verdingung zustande gekommen. …
(148) Eine Gesellschaft gehen wir gewöhnlich entweder zum ganzen Vermögen
oder zum Betrieb eines Handelsgeschäfts wie zum Kauf und Verkauf von Sklaven
ein. …
(155) Ein Auftrag kommt zustande, wenn wir jemanden entweder in unserem
eigenen oder im fremden Interesse mit einem Geschäft betrauen; daher wird eine
Verpflichtung aus Auftrag begründet, wenn ich dir aufgebe, meine oder die
Geschäfte eines anderen zu führen ...
Das klassische römische Vertragsrecht …
… schließt auch den Vertrag griechischen Musters ein: Mit den erst nach Sachhingabe
zuständigen Klagen aus Realvertrag (Darlehen, Leihe, Verwahrung) wird die unberechtigte
Vorenthaltung einer Sache oder einer Mehrheit von Sachen sanktioniert.
… baut aber doch auf der Idee einer Verpflichtung aus Versprechen auf: Der Verbalvertrag
(Stipulation) begründet eine Verpflichtung aufgrund des in Frage-Antwort-Form erklärten
Konsenses. Er ist älter als die anderen Vertragsarten und bedeutet einen erheblichen
Fortschritt in der Entwicklung des Vertragsrechts.
… kennt schließlich auch Konsensualverträge, die ebenfalls eine Verpflichtung aus Versprechen
begründen und nicht auf ein Angeld angewiesen sind.
2) Anders als beim Verbalvertrag gibt es für die Konsensualverträge jedoch kein einheitliches
Vertragsmuster, sondern nur inhaltlich bestimmte Typen:
- Kauf (emptio venditio) und Verdingung (locatio conductio: Miet-, Pacht-, Werk-, Dienstvertrag)
für den Leistungsaustausch
CJ 4.44.2
Diocletianus et Maximianus AA. Aurelio Lupo. Rem maioris pretii si tu
vel pater tuus minoris pretii, distraxit, humanum est, ut vel pretium te
restituente emptoribus fundum venditum recipias auctoritate
intercedente iudicis, vel, si emptor elegerit, quod deest iusto pretio
recipies. minus autem pretium esse videtur, si nec dimidia pars veri
pretii soluta sit.
Im ersten Kapitel der lex Aquilia wird bestimmt: ‚Tötet jemand einen fremden
Sklaven oder eine fremde Sklavin oder ein (fremdes) vierfüßiges Herdentier
widerrechtlich, soll er verpflichtet sein, dem Eigentümer so viel Geld zu zahlen, wie
die Sache in diesem Jahr maximal wert gewesen ist’.
D 9.2.27.5 Ulp 18 ad ed
Tertio autem capite ait eadem lex Aquilia: ‚ceterarum rerum praeter hominem et
pecudem occisos si quis alteri damnum faxit, quod usserit fregerit ruperit iniuria,
quanti ea res [erit] <fuit> in diebus triginta proximis, tantum aes domino dare
damnas esto’.
Im dritten Kapitel der lex Aquilia heißt es: „Fügt jemand, ohne Sklaven oder
Herdentiere zu töten, einem anderen Schaden zu, indem er etwas widerrechtlich
verbrennt, zerbricht oder zerreißt, soll er verpflichtet sein, dem Eigentümer so viel
Geld zu zahlen, wie die Sache in den nächsten 30 Tagen wert gewesen ist.“
Die lex Aquilia …
… ist ein Volksgesetz von 286 v. Chr., das bis in das
19. Jh. die Grundlage für den außervertraglichen
Schadensersatz bildet.
Im dritten Kapitel [der lex Aquilia] werden alle anderen Schäden behandelt. Daher ist
eine Klage aus diesem Kapitel gegeben, wenn jemand einen Sklaven oder ein
vierfüßiges Tier, das zu den Herdentieren zählt, verletzt hat oder wenn er ein vierfüßiges
Tier, das nicht zu den Herdentieren zählt, wie einen Hund oder ein wildes Tier, wie einen
Bär oder einen Löwen, verletzt oder getötet hat. Auch bei allen anderen Tieren sowie bei
unbelebten Sachen wird der Ersatz des widerrechtlich zugefügten Schadens nach
diesem Abschnitt der verlangt. Die Klage ist aus diesem Kapitel nämlich gegeben, wenn
etwas verbrannt, zerrissen oder zerbrochen worden ist, obwohl der Ausdruck:
„zerrissen“, in allen diesen Fällen genügt hätte. Als zerrissen gilt nämlich, was auf
irgendeine Weise beschädigt worden ist. Daher wird von der gesetzlichen Formulierung
nicht nur erfasst, was verbrannt, zerrissen oder zerbrochen worden ist, sondern auch,
was geschnitten, zerschlagen, ausgeschüttet oder auf irgendeine andere Art verdorben,
untergegangen oder verschlechtert worden ist.
Reine Vermögensschäden …
… werden nicht von der Haftung aus der lex Aquilia abgedeckt.
… sind, wenn dem Täter Vorsatz vorgeworfen werden kann, Gegenstand der Arglistklage (actio de
dolo), die nicht durch Volksgesetz, sondern durch den Prätor eingeführt worden und Teil des
Honorarrechts ist:
D 4.3.1.1 Ulp11 ed
Verba autem edicti talia sunt: ‚quae dolo malo facta esse dicentur, si de his rebus alia actio non erit
et iusta causa esse videbitur, iudicium dabo.’
Der Wortlaut des Edikts aber ist folgender: ‚Wird vorgetragen, dass etwas arglistig geschehen ist,
werde ich, wenn in dieser Sache keine andere Klage gegeben ist und ein berechtigter Grund
vorliegt, eine Klage erteilen’.
D 4.3.1.2 Ulp 11 ad ed
Dolum malum Servius quidem ita definiit machinationem quandam alterius decipiendi causa, cum
aliud simulatur et aliud agitur. Labeo autem posse et sine simulatione id agi, ut quis circumveniatur:
posse et sine dolo malo aliud agi, aliud simulari, sicuti faciunt, qui per eiusmodi dissimulationem
deserviant et tuentur vel sua vel aliena: itaque ipse sic definiit dolum malum esse omnem
calliditatem fallaciam machinationem ad circumveniendum fallendum decipiendum alterum
adhibitam. Labeonis definitio vera est.
Servius hat Arglist zwar definiert als eine Art Machenschaft, um andere zu betrügen, indem das eine
vorgetäuscht, das andere getan wird. Aber Labeo sagt, es könne einerseits auch ohne Täuschung
bewirkt werden, dass jemand übervorteilt wird; man könne andererseits auch ohne Arglist das eine
tun, das andere vortäuschen, wie die, die sich verstellen und dadurch eigenes oder fremdes Gut
schützen. Er selbst definierte daher Arglist als jede Hinterlist, Betrügerei oder Machenschaft zu dem
Zweck, einen anderen zu übervorteilen oder zu täuschen. Die Definition Labeos ist richtig.
Der Eigentumserwerb …
… unterliegt im klassischen römischen Recht zwei
verschiedenen Mechanismen:
Die mancipatio ist aber, wie wir schon oben gesagt haben, eine Art
imaginären Kaufs; auch sie ist eine Einrichtung des den römischen
Bürgern eigentümlichen Rechts. Das Geschäft wird folgendermaßen
vollzogen: Unter Beiziehung von nicht weniger als fünf erwachsenen
römischen Bürgern als Zeugen und einer weiteren Person desselben
Status, die eine eherne Waage hält und Waagenhalter genannt wird,
spricht derjenige, der durch die mancipatio erwirbt, indem er die Sache
ergreift: „Ich sage und behaupte, dass dieser Sklave nach Zivilrecht mir
gehört, und er sei von mir gekauft mit diesem Erz und dieser Waage“.
Darauf schlägt er mit dem Erz gegen die Waage und gibt dieses Erz,
gleichsam anstelle des Kaufpreises, dem, von dem er durch die
mancipatio erwirbt.
Der Erwerb von res mancipi …
… erfolgt wegen der Aufwändigkeit des Rituals in der Praxis immer seltener
durch mancipatio.
… wird schon vor dem Ablauf der Ersitzungszeit dadurch geschützt, dass der
Prätor dem Erwerber Rechtsbehelfe gewährt, und zwar
- gegen alle Besitzer die actio Publiciana, eine Herausgabeklage, bei der
der Ablauf der Ersitzungszeit vorweggenommen wird. (Sie versagt beim
Erwerb vom Nichtberechtigten gegenüber dem wahren Eigentümer.)
Gai 1.113
Coemptione vero in manum conveniunt per mancipationem, id est per quandam imaginariam venditionem:
nam adhibitis non minus quam V testibus civibus romanis puberibus, item libripende, emit is mulierem,
cuius in manum convenit.
Bei der coemptio gelangen sie [die Frauen] in die Gewalt durch eine mancipatio, also gewissermaßen
durch einen scheinbaren Kauf. Denn unter Anwesenheit von nicht weniger als fünf erwachsenen Zeugen
mit römischem Bürgerrecht und einem Waagenhalter kauft sich mit einem As der die Frau, in dessen
Gewalt sie gelangt.
… ist in der klassischen Zeit, in der die meisten Frauen gewaltfrei und rechtsfähig sind, eine reine
Konsensehe, die durch den Dissens einer Seite jederzeit wieder aufgelöst werden kann:
Kaiser Alexander an Menophilus. Seit alters gilt, dass die Ehe frei sei. Daher steht fest, dass
Vereinbarungen, man werde sich nicht scheiden lassen, ebenso ungültig sind wie
Stipulationsversprechen, mit deren Hilfe eine Strafzahlung verspricht, wer sich scheiden lässt.
Das byzantinische Recht …
… ist für die spätere Rechtsentwicklung vor allem durch die
Kodifikation des römischen Rechts bedeutend geworden, die
später Corpus Iuris Civilis genannt wird. Sie erfolgt unter
Kaiser Justinian (527-565), der auch Teile Italiens erobert, in
den Jahren 528 bis 534 und umfasst drei Teile:
IJ 4.3.16
Ceterum placuit, ita demum ex hac lege actionem esse, si quis praecipue corpore suo damnum dederit.
ideoque in eum qui alio modo damnum dederit, utiles actiones dari solent: veluti si quis hominem alienum
aut pecus ita incluserit ut fame necaretur, aut iumentum tam vehementer egerit ut rumperetur, aut pecus in
tantum exagitaverit ut praecipitaretur, aut si quis alieno servo persuaserit ut in arborem ascenderet vel in
puteum descenderet, et is ascendendo vel descendendo aut mortuus fuerit aut aliqua parte corporis laesus
erit, utilis in eum actio datur. sed si quis alienum servum de ponte aut ripa in flumen deiecerit et is
suffocatus fuerit, eo quod proiecerit corpore suo damnum dedisse non difficiliter intellegi poterit ideoque ipsa
lege Aquilia tenetur. sed si non corpore damnum fuerit datum neque corpus laesum fuerit, sed alio modo
damnum alicui contigit, cum non sufficit neque directa neque utilis Aquilia, placuit eum qui obnoxius fuerit in
factum actione teneri: veluti si quis, misericordia ductus, alienum servum compeditum solverit, ut fugeret.
Im Übrigen hat sich die Meinung durchgesetzt, dass nach diesem Gesetz eine Klage nur gegeben ist, wenn
jemand den Schaden vornehmlich durch körperliche Einwirkung zugefügt hat. Deshalb pflegt man gegen
den, der den Schaden auf andere Weise zugefügt hat, analoge Klagen zu gewähren. Eine solche wird zum
Beispiel gegen den gewährt, der einen fremden Sklaven oder fremdes Vieh einsperrt, so dass sie
verhungern, oder ein Zugtier so heftig antreibt, dass es Schaden nimmt, oder Herdenvieh so antreibt, dass
es zugrunde geht, oder einen fremden Sklaven überredet, auf einen Baum oder in einen Brunnen zu
steigen, wenn der Sklave beim Hinaufklettern oder Hinabsteigen entweder zu Tode kommt oder sich an
irgendeinem Körperteil verletzt. Stößt aber jemand einen fremden Sklaven von einer Brücke oder vom Ufer
in den Fluss und ertrinkt dieser, kann man unschwer erkennen, dass er, indem er stößt, den Schaden durch
körperliche Einwirkung verursacht und deshalb aus der lex Aquilia selbst haftet. Wird der Schaden jedoch
nicht durch körperliche Einwirkung zugefügt und auch kein Körper verletzt, sondern entsteht jemandem auf
andere Weise ein Schaden, haftet der Schuldige, weil weder die unmittelbare noch eine analoge aquilische
Klage in Betracht kommt, nach allgemeiner Meinung mit einer auf den Sachverhalt zugeschnittenen Klage:
wie zum Beispiel, wenn jemand aus Mitleid einem fremden Sklaven die Fesseln löst, damit er fliehen kann.
… ist nicht mehr an die körperliche Einwirkung gebunden und damit im Grundsatz auch bei reinen
Vermögensschäden zuständig.
Das Regime der Übereignung …
… erfährt in byzantinischer Zeit eine entscheidende Veränderung durch die von
Justinian selbst verfügte Abschaffung der obsolet gewordenen mancipatio:
IJ 2.1.40
Per traditionem quoque iure naturali res nobis adquiruntur: nihil enim tam
conveniens est naturali aequitati, quam voluntatem domini, volentis rem suam in
alium transferre, ratam haberi. et ideo cuiuscumque generis sit corporalis res, tradi
potest et a domino tradita alienatur.
Auch durch Übergabe erwerben wir nach natürlichem Recht Eigentum. Der
natürlichen Gerechtigkeit entspricht es nämlich überaus, wenn dem Willen des
Eigentümers, freiwillig seine Sache auf einen anderen zu übertragen, Geltung
verschafft wird. Und daher kann eine Sache jeder Art übergeben und so vom
Eigentümer veräußert werden.
CTh 3.16.1
Imp. Constantinus A. ad Ablavium pf. p. Placet, mulieri non licere propter suas pravas cupiditates marito
repudium mittere exquisita causa, velut ebrioso aut aleatori aut mulierculario, nec vero maritis per
quascumque occasiones uxores suas dimittere, sed in repudio mittendo a femina haec sola crimina inquiri, si
homicidam vel medicamentarium vel sepulcrorum dissolutorem maritum suum esse probaverit, ut ita demum
laudata omnem suam dotem recipiat. nam si praeter haec tria crimina repudium marito miserit, oportet eam
usque ad acuculam capitis in domo mariti deponere, et pro tam magna sui confidentia in insulam deportari.
in masculis etiam, si repudium mittant, haec tria crimina inquiri conveniet, si moecham vel medicamentariam
vel conciliatricem repudiare voluerit. nam si ab his criminibus liberam eiecerit, omnem dotem restituere debet
et aliam non ducere. quod si fecerit, priori coniugi facultas dabitur, domum eius invadere et omnem dotem
posterioris uxoris ad semet ipsam transferre pro iniuria sibi illata.
Kaiser Konstantin an den Prätorianerpräfekten Ablavius. Eine Frau soll ihrem Mann nicht aus verwerflicher
Begierde einen Scheidungsbrief wegen vorgeschobener Gründe wie zum Beispiel seiner Trunk- oder
Spielsucht oder, weil er ein Schürzenjäger ist, schicken können; und auch den Männern soll es nicht erlaubt
sein, sich aus beliebigem Anlass von ihren Frauen zu trennen; bei der Scheidung durch eine Frau werden
nur bestimmte Verbrechen berücksichtigt, nämlich ob ihr Mann, von dem sie sich trennen will, nachweislich
ein Mörder, Giftmischer oder Grabschänder ist, und nur in diesem Fall wird sie ihre Mitgift zurückerhalten.
Denn wenn sie ohne den Vorwurf einer dieser drei Taten den Scheidungsbrief schickt, soll sie die Mitgift bis
auf die Haarnadel im Haus ihres Mannes zurücklassen und wegen ihrer Überheblichkeit auf eine Insel
deportiert werden. Bei Männern werden, wenn sie einen Scheidungsbrief schicken, drei bestimmte
Verbrechen berücksichtigt, nämlich ob sie sich von einer Ehebrecherin, Giftmischerin oder Kupplerin
trennen wollen. Denn wenn der Mann den Scheidungsbrief ohne diese Verbrechen schickt, muss er die
gesamte Mitgift zurückerstatten und darf nicht wieder heiraten. Tut er es doch, hat die erste Frau das Recht,
sein Haus zu betreten und wegen des ihr geschehenen Unrechts die gesamte Mitgift der späteren Frau an
sich zu nehmen.
… bleibt auch in byzantinischer Zeit durch dieses Scheidungsverbot geprägt, das nach Konstantin zunächst
wieder aufgehoben, später aber verallgemeinert wird.
Die Rezeption des römischen Rechts im Mittelalter …
… nimmt ihren Ausgang von der Wiederentdeckung einer Handschrift der Digesten, die
anders als die Institutionen und der Codex nach der Verdrängung der Byzantiner durch die
Langobarden in Italien in Vergessenheit geraten sind. Die Handschrift, seit 1406 in Florenz
und deshalb Florentina genannt, soll bei der Eroberung Amalfis durch Pisa erbeutet worden
sein.
… erfolgt zunächst durch wissenschaftliche Bearbeitung des CIC an der Universität von
Bologna, wo Irnerius (gestorben 1130) wirkt, später auch in Montpellier, wo Placentinus
(gestorben 1170) tätig ist. Der bedeutendste Schüler von Irnerius ist Martinus, auf den viele
Neuerungen bei der Interpretation der Digesten zurückgehen.
… vollzieht sich …
… inhaltlich durch die Interpretation der römischen Quellen, die, da sie aus
Einzelfallentscheidungen der Kaiser und Auszügen aus den Schriften der klassischen
Juristen bestehen, häufig einander widersprechen und daher harmonisiert werden müssen.
… äußerlich vor allem durch die Anfertigung von Bemerkungen (Glossen) zum antiken
Text, nach denen die hochmittelalterlichen Juristen Glossatoren genannt werden.
- die Glossa ordinaria seines Schülers Accursius (gestorben 1260), in der die wichtigsten
der von den Glossatoren verfassten Glossen aufgeführt sind.
Die Rezeption des römischen Rechts im Mittelalter …
… wird zwar als Teil der Wiederbelebung des römischen Reichs durch die
deutschen Kaiser begriffen.
… ist aber in erster Linie ein intellektueller Vorgang und schlägt in den meisten
Ländern Westeuropas zunächst kaum auf die Rechtspraxis durch.
… verändert das praktisch angewandte Recht vor allem in Spanien, wo unter Alfons
X. ( 1252-1284) aus den römischen Quellen das kastilianische Gesetzbuch Siete
Partidas geschaffen wird, und in Südfrankreich, wo das römische Recht seit der
westgotischen Herrschaft als droit écrit ohnehin weitergegolten hat.
… geht mit der Ausbildung des kanonischen Rechts einher, dessen Sammlung mit
dem am Beginn des 12. Jh. in Bologna geschaffenen Decretum Gratiani beginnt.
Aus ihm und späteren Sammlungen entsteht das schließlich im 16. Jh.
zusammengestellte Corpus Iuris Canonici.
... wird an der Wende vom 13. zum 14. Jh. von der Rechtschule von
Orléans geprägt, wo Jacobus de Ravannis und Petrus de Bellapertica
lehren.
… nimmt seinen Ausgang vom Begriff des pactum, das in Rom noch Gegenbegriff
zum contractus war und die nicht klagbaren Vereinbarungen bezeichnete, aus
denen allenfalls eine Einrede erwuchs.
… erfolgt in der weltlichen Rechtswissenschaft durch die Lehre von den ‚bekleideten‘
pacta (pacta vestita), zu denen man alle Vereinbarungen zusammenfasst, aus
denen doch eine Klage entsteht. Deren Liste wird stets länger:
Bekleidet ist ein pactum aber auf sechsfache Weise: durch Sachhingabe, Wortformel,
Konsens, den Zusammenhang mit einem contractus und durch Vorleistung.
… licet stipulatio non intervenerit obligatur enim nuda promissione saltem et si non
civiliter unde tenetur ad promissum persolvendum. … peccaret enim quis nisi nudum
pactum observaret honestum tamen, licet nulla sollempnitas intervenerit. Nota quoad
observantiam Deus nullam differentiam vult esse inter simplicem promissionem et
iuramentum vel aliter firmitam promissionem …
Kraft des richterlichen Amtes wird der Kauf aufgehoben, wenn zum Beispiel der
Käufer über die Hälfe des gerechten Preises verkürzt ist … getäuscht nicht wegen
eines Betrugs des Verkäufers, sondern durch die Sache selbst, wird diese
Ungerechtigkeit aufgehoben …
… ein Vorbild in einer Entscheidung des Hochklassikers Julian in einem speziellen Fall
hatte.
Hat sich jemand versprechen lassen, dass die Leistung entweder ihm selbst oder dem
Titius erbracht wird, spricht nach Julians Ansicht mehr dafür, dass dem Titius nur dann
wirksam geleistet wird, wenn er in der gleichen Lage verbleibt, in der er sich befand, als die
Stipulation abgeschlossen wurde. Daher wird ihm nicht wirksam geleistet, wenn er adoptiert
worden ist, ins Exil gegangen, verbannt oder versklavt worden ist. Stillschweigend sei der
Stipulation nämlich die Vereinbarung inhärent: „wenn er in derselben Lage verbleibt“.
… wird schließlich dadurch verändert, dass auf dem Konzil von Trient 1563
das Decretum tametsi ergeht, das den feierlichen Eheschluss vor dem
Pfarrer sowie ein Aufgebotsverfahren vorsieht.
Das Decretum tametsi (1563)
Tametsi dubitandum non est, clandestina matrimonia, libero contrahentium consensu facta, rata et vera
esse matrimonia, … Verum, cum sancta Synodus animadvertat, et gravia peccata perpendat, quae ex
eisdem clandestinis coniugiis ortum habent, praesertim vero eorum, qui in statu damnationis
permanent, dum priore uxore, cum qua clam contraxerant, relicta, cum alia palam contrahunt, … idcirco
sacri Lateranensis Concilii praecipit, ut in posterum, antequam matrimonium contrahatur, ter a proprio
contrahentium parocho tribus continuis diebus festivis in ecclesia inter Missarum solemnia publice
denuntietur, inter quos matrimonium sit contrahendum; quibus denuntiationibus factis, si nullum
legitimum opponatur impedimentum, ad celebrationem matrimonii in facie Ecclesiae procedatur, ubi
parochus, viro et muliere interrogatis, et eorum mutuo consensu intellecto, vel dicat: 'Ego vos in
matrimonium coniungo, in nomine Patris et Filii et Spiritus Sancti' … Qui aliter quam praesente parocho
… et duobus vel tribus testibus matrimonium contrahere attentabunt: eos sancta Synodus ad sic
contrahendum omnino inhabiles reddit, et huiusmodi contractus irritos et nullos esse decernit ...
Auch wenn außer Zweifel steht, dass heimliche Ehen, wenn sie auf der freien Einigung der Parteien
beruhen, gültige und wirkliche Ehen sind … Aber, wie das heilige Konzil erkennt, … ist die Begehung
schwerer Sünden in Rechnung zu stellen, die aus diesen heimlichen Ehen erwachsen, insbesondere
derer, die verdammt sind, weil sie eine frühere Frau verlassen haben, mit der sie heimlich verheiratet
sind, indem sie eine neue offen heiraten. … Daher bestimmt das heilige Konzil, dass in Zukunft, bevor
eine Ehe geschlossen wird, der für die Eheleute zuständige Pfarrer dreimal an drei aufeinander
folgenden Festtagen in der Kirche während der Messe förmlich öffentlich ankündigen soll, zwischen
wem die Ehe geschlossen werden soll, und dass, wenn nach den Ankündigungen kein
Hinderungsgrund für die Ehe vorgebracht worden ist, zur feierlichen Hochzeit vor der Kirche
geschritten werden soll, wobei der Pfarrer, nachdem er Mann und Frau gefragt und deren Zustimmung
erhalten hat, sagen soll: „Ich verbinde Euch in der Ehe, im Namen des Vaters, des Sohnes und des
Heiligen Geistes.“ … Wer versuchen sollte, anders als vor dem Pfarrer … und zwei oder drei Zeugen
die Ehe zu schließen, dem versagt das Konzil die Möglichkeit zum Eheschluss, und es beschließt, dass
diese Ehen unwirksam und nichtig sind …
Die Naturrechtslehre …
… geht statt vom römischen Recht von der Vorstellung eines stets
richtigen naturgegebenen Rechts aus, das der Vernunft zugänglich
ist.
… beruht im Wesentlichen auf den Werken von Jean Domat (1625-1696) und Robert
Joseph Pothier (1699-1772), die unter dem Einfluss des Naturrechts stehen.
… wird auf der Basis einiger Vorentwürfe von Cambacérès unter Napoleon in nur vier
Monaten erstellt und 1804 in Kraft gesetzt.
… nicht so unhandlich wie das ALR, sondern ähnlich kurz und prägnant wie das
ABGB ist.
… ein Produkt der bürgerlichen Revolution und nicht der Monarchie ist.
… gilt heute auch in Belgien und ist zum Vorbild für die Gesetzbücher der Niederlande
(1838), Italiens (1865), Portugals (1867) und Spaniens (1888) sowie vieler Staaten
in Südamerika und Asien geworden.
Das Vertragsrecht in der Naturrechtslehre …
… geht von dem Versprechen (promissio) aus, das als Übertragung des Rechts auf die eigene
Freiheit verstanden wird:
Damit die Sache richtig verstanden wird, müssen drei Stufen der Rede über künftige
Sachverhalte unterschieden werden, die in unserer Macht stehen oder von denen wir dies
glauben. … (4) Die dritte Stufe ist, dass zu diesem Entschluss auch ein äußeres Zeichen des
Willens tritt, das eigene Recht einem anderen zu übertragen. Hierdurch wird das Versprechen
perfekt und hat eine ähnliche Wirkung wie die Eigentumsübertragung. Es ist nämlich entweder
der Weg zu dieser Übertragung oder die Übertragung eines Teils unserer Freiheit. …
… kennt die gute Treue (bona fides) nicht mehr nur als Merkmal bestimmter Verträge, sondern
als einheitlichen Standard des Vertragsrechts:
Die Unterscheidung zwischen Klagen nach der guten Treue und solchen strengen Rechts, wie
sie im römischen Recht erfolgt, erstreckt sich nicht auf das Naturrecht. …
Der einheitliche Vertragsbegriff …
… kommt in den Naturrechtsgesetzbüchern in inhaltsneutralen Vertragsdefinitionen und
uniformen Auslegungsregeln zum Ausdruck:
Art. 1101 CC: Le contrat est une convention par laquelle une ou plusieurs personnes
s'obligent, envers une ou plusieurs autres, à donner, à faire ou à ne pas faire quelque
chose.
Art.1134 CC: Les conventions légalement formées tiennent lieu de loi à ceux qui les ont
faites. - … - Elles doivent être exécutées de bonne foi.
§ 861 ABGB: „Wer sich erkläret, daß er jemanden sein Recht übertragen, das heißt, daß er
ihm etwas gestatten, etwas geben, daß er für ihn etwas thun, oder seinetwegen etwas
unterlassen wolle, macht ein Versprechen; nimmt aber der Andere das Versprechen gültig
an, so kommt durch den übereinstimmenden Willen beyder Theile ein Vertrag zu Stande.“
§ 914 ABGB: „Bei Auslegung von Verträgen ist … der Vertrag so zu verstehen, wie es der
Übung des redlichen Verkehrs entspricht“
Die Lehre von der Austauschgerechtigkeit …
… übernimmt das Vernunftrecht von der Scholastik, in der sie von Thomas von Aquin nach
dem Vorbild Aristoteles‘ ausgebildet worden war.
Es wirkt die Austauschgerechtigkeit im Vertrag derart, dass auch wenn keine Täuschung
über das, was gesagt worden ist, dagegen eine Unausgewogenheit in der Sache vorkam,
wie zum Beispiel bei einem versteckten Sachmangel oder bei einem Irrtum über den Preis,
auch wenn kein Verschulden der Parteien vorliegt, der, der mehr hat, dem, der weniger
hat, zum Ausgleich verpflichtet ist. Denn im Vertrag haben beide die Absicht oder müssen
sie haben, dass ein jeder das Seine erhält. Das römische Gesetz hat dies nicht für jede
Unausgewogenheit festgelegt, weil Kleinigkeiten nicht verfolgt werden, um eine
Prozesswelle zu vermeiden, sondern nur für eine schwere Unausgewogenheit, so dass die
Hälfte des gerechten Preises überschritten war.
Die Lehre von der Austauschgerechtigkeit …
… wird später mit dem Irrtumsrecht verknüpft: Auch wenn der bevorzugte
Vertragspartner das Missverhältnis wolle, scheitere der Vertrag daran, dass der
verkürzte Vertragspartner einem Irrtum unterliege:
Hat der Käufer einen überhöhten Preis, den er für den wahren hielt, an den
Verkäufer bezahlt, ist dieser verpflichtet, entweder den gesamten empfangenen
Preis zurückzuzahlen und die Kaufsache zurückzunehmen, oder den Teil des
Preises, um den der gezahlte den wahren übersteigt, zurückzugewähren. Denn
beim Kauf scheint die Absicht der Vertragsparteien zu sein, dass Gleichheit
gewahrt ist, wenn es nicht starke Anhaltspunkte für das Gegenteil gibt ... . Daher
kann ein Kaufvertrag, wenn der Käufer einen höheren als den gewöhnlichen oder
wahren Preis gezahlt hat, den er für den wahren hielt, nicht zum wahren Preis
bestehen, da der Käufer nicht anders zuzustimmen scheint als zum wahren
Preis.
Die Verkürzungsanfechtung …
… und nicht die naturrechtliche Lehre von der Austauschgerechtigkeit findet Eingang in die
sogenannten Naturrechtsgesetzbücher.
… findet sich in der allgemeinen Gestalt, die sie im Gemeinen Recht gefunden hat, nur im
österreichischen ABGB (§ 934):
„Hat bey zweyseitig verbindlichen Geschäften ein Theil nicht einmahl die Hälfte dessen,
was er dem andern gegeben hat, von diesem an dem gemeinen Werthe erhalten; so räumt
das Gesetz dem verletzten Theile das Recht ein, die Aufhebung und die Herstellung in den
vorigen Stand zu fordern. Dem andern Theile steht aber bevor, das Geschäft dadurch
aufrecht zu erhalten, daß er den Abgang bis zum gemeinen Werthe zu ersetzen bereit ist.
Das Mißverhältniß des Werthes wird nach dem Zeitpuncte des geschlossenen Geschäftes
bestimmt.“
… ist im ALR (in Anlehnung an Christian Wolff) zur Grundlage für die Vermutung eines
relevanten Irrtums des Käufers (nicht des Verkäufers) gemacht:
§ 58 I 11:„Der Einwand, daß der Kaufpreis mit dem Werthe der Sache in keinem
Verhältnisse stehe, ist für sich allein den Vertrag zu entkräften nicht hinreichend.“
§ 59 I 11: „Ist jedoch dieses Mißverhältniß so groß, das der Kaufpreis den doppelten Betrag
des Werths der Sache übersteigt, so begründet dieses Mißverhältniß, zum Besten des
Käufers, die rechtliche Vermutung eines den Vertrag entkräftenden Irrthums.“
Die Verkürzungsanfechtung …
… sollte im Code civil erst völlig aufgegeben werden und ist
dann auf Betreibens Napoleons zumindest in der Form
eines besonderen Anfechtungsrechts für einen
Grundstücksverkäufer weitergeführt worden, der sein
Eigentum für weniger als 5/12 seines Wertes veräußert hat:
Art. 1683 CC: La rescision pour lésion n'a pas lieu en faveur
de l'acheteur.
Die clausula rebus sic stantibus …
… stößt in der Naturrechtslehre merkwürdigerweise auf Kritik.
… findet sich in sehr eingeschränkter Form noch im ALR, das aber nur eine
Berufung auf ausdrücklich erklärte oder selbstverständliche Zwecke zulässt und
eine Entschädigung vorsieht:
§ 380 I 5: „Wird durch die Veränderung der Umstände nur der ausdrückliche
erklärte oder sich von selbst verstehende Zweck des einen Theils ganz vereitelt,
so kann derselbe zwar von dem Vertrag zurücktreten;“
§ 381 I 5: „Er muß aber, wenn die Veränderung in seiner Person sich ereignet hat,
den Andern vollständig entschädigen.“
… erscheint im ABGB nur in Form eines Vorbehalts für die Erfüllung von
Vorverträgen:
§ 936 ABGB: „Die Verabredung, künftig erst einen Vertrag schließen zu wollen, ist
nur dann verbindlich, wenn sowohl die Zeit der Abschließung, als die wesentlichen
Stücke des Vertrages bestimmt, und die Umstände inzwischen nicht dergestalt
verändert worden sind, daß dadurch der ausdrücklich bestimmte, oder aus den
Umständen hervorleuchtende Zweck vereitelt, oder das Zutrauen des einen oder
andern Theiles verloren wird.“
Delikt nennen wir jede Schuld, bestehe sie im Handeln oder Unterlassen, die
dem widerspricht, was die Menschen überhaupt oder nach ihrer besonderen
Eigenschaft zu tun haben. Aus einer solchen Schuld entspringt kraft des
Naturrechts die Verpflichtung, den zugefügten Schaden zu ersetzen. (2) Der
Begriff Schaden stammt aber von dem Wort „wegnehmen“ … wenn jemand
weniger als das ihm Zustehende hat, sei es, dass ihm dieses durch die Natur
zukommt, sei es, dass es ihm durch menschliche Handlung zusteht wie das
Eigentum oder ein Vertrag, sei es, dass es ihm durch Gesetz zukommt. Kraft der
Natur steht dem Menschen sein Leben zu, nicht um es zu verlieren, sondern um
es zu bewahren, ferner der Körper, die Glieder, der Ruf, die Ehre, seine
Handlungen. …
Das Deliktsrecht …
… bekommt eine Perspektive in der Lehre von Thomasius, der
- die Rezeption der lex Auqilia in Deutschland bestreitet,
- für eine reine Schadensersatzfunktion und
- eine objektive Haftung ohne Rücksicht auf das Verschulden eintritt:
Thomasius, Larva legis Aquiliae detracta actioni de damno dato („Die Maske des aquilischen
Gesetzes von der Deliktshaftung heruntergerissen“) § 4:
Quare non solum recta ratio suadet, ut damnum culpa quacunque datum aeque resarciam,
ac si dolo idem dederim, sed et si plane nulla mea culpa, verum mero casu alteri damnum
datum sit, modo a me id fuerit datum. … Finge: sum apud amicum: vitrum aliquod pretiosum
adspicio, manibus id meis circumvolens: ex improviso alqiuid accidit, quod maximum terrorem
non mihi saltem, sed et domino vitri incutit; terror hic ita me occupat, ut vitrum ex manibus
cadat. Quis jam damnum hoc ferre debet? … Sed idem adversus me allegabit dominus vitri.
Neque ego, inquiet, habui intentionem vitrum frangendi; nec ulla negligentia mihi imputari
potest. Et intuitu mei merus casus est. Quid ergo faciendam? … Quam innocens igitur sit
curiositas mea, mea tamen est, non domini vitri.
Daher spricht die Vernunft dafür, dass ich nicht nur jeden Schaden wiedergutmache, den ich
vorsätzlich zugefügt habe, sondern auch, wenn es ohne meine Schuld, durch bloßen Zufall
geschehen ist. … Nehmen wir an: Ich bin bei einem Freund. Ich betrachte ein wertvolles Glas
und drehe es in meiner Hand. Plötzlich geschieht etwas, das nicht nur mich, sondern auch
den Eigentümer sehr erschreckt. Der Schrecken erfasst mich derart, dass ich das Glas fallen
lasse. … Aber der Eigentümer wird erwidern: Auch ich hatte keine Absicht, das Glas zu
zerstören; und mir kann auch keine Nachlässigkeit zugeschrieben werden. … Wie unschuldig
meine Neugier auch sein mag, es ist meine Neugier, nicht die des Eigentümers. …
… wandelt sich so von der Sanktion unrechten Verhaltens zu einem Instrument der
Schadensverteilung.
Das Deliktsrecht …
… baut in allen drei Naturrechtsgesetzüchern auf einer Generalklausel auf, die reine
Vermögensschäden einschließt, ist aber in ALR und ABGB mit einer Abstufung der Haftung nach
Verschuldensgraden verquickt, die Straffunktion hat:
§ 10 I 6 ALR: „Wer einen Andern aus Vorsatz oder grobem Versehen beleidigt, muß demselben
vollständige Genugthuung leisten.“
§ 12 I 6 ALR: „Wer aus mäßigem Versehen den Andern durch eine Handlung oder eine Unterlassung
beleidigt, der haftet nur für den daraus entstandnen wirklichen Schaden.“
§ 1295 ABGB: „Jedermann ist berechtigt, von dem Beschädiger den Ersatz des Schadens, welchen
dieser ihm aus Verschulden zugefügt hat, zu fordern; der Schade mag durch Übertretung einer
Vertragspflicht oder ohne Beziehung auf einen Vertrag verursacht worden sein.“
§ 1324 ABGB: „In dem Falle eines aus böser Absicht, oder aus einer auffallenden Sorglosigkeit
verursachten Schadens ist der Beschädigte volle Genugtuung; in den übrigen Fällen aber nur die
eigentliche Schadloshaltung zu fordern berechtigt.“
Art. 1382 CC: Tout fait quelconque de l'homme, qui cause à autrui un dommage, oblige celui par la
duquel il est arrivé, à le réparer.
… erhält im Code civil auch eine Generalklausel der Gefährdungshaftung für Gehilfen und Sachen:
Art.1384 CC: On est responsable non seulement du dommage que l'on cause par son propre fait,
mais encore de celui qui est causé par le fait des personnes dont on doit répondre, ou des choses
que l'on a sous sa garde.
Das Regime der Übereignung …
… bekommt einen neuen Impuls durch die Kritik der Naturrechtslehre an der
Diskrepanz zwischen Eigentumserwerb und Gefahrverteilung beim
Kaufvertrag:
Zu den Kaufverträgen ist festzuhalten, dass das Eigentum auch ohne Übergabe in
dem Moment des Vertragsschlusses übertragen werden kann, und dies sehr
einfach. … Ist aber vereinbart, dass das Eigentum nicht sofort übergehen soll,
wird der Verkäufer dazu verpflichtet, das Eigentum zu übertragen, und in der
Zwischenzeit sind Gefahr und Nutzen dem Verkäufer zugewiesen. Daher ist es
eine bloße Erfindung des römischen Rechts, dass Gefahr und Nutzen der Sache
dem Käufer noch vor dem Eigentum zugewiesen sein sollen; und es wird auch
keineswegs überall beachtet …
§ 1 I 10 ALR: „Die mittelbare Erwerbung des Eigenthums einer Sache erfordert, außer den
dazu nötigen Titel, auch die wirkliche Übergabe derselben.“
§ 424 ABGB: „Der Titel der mittelbaren Erwerbung liegt in einem Vertrage …“
§ 425 ABGB: „Der bloße Titel gibt noch kein Eigentum. Das Eigentum und alle dinglichen
Rechte überhaupt können, außer den in dem Gesetze bestimmten Fällen, nur durch die
rechtliche Übergabe und Übernahme erworben werden.“
… steht jetzt nicht mehr in dem von Grotius kritisierten Widerspruch zur Gefahrtragung beim
Kauf, weil der Gefahrübergang auf den Zeitpunkt der Übergabe verschoben ist:
§ 95 I 11 ALR: „So lange der Verkäufer dem Käufer die Sache noch nicht übergeben hat,
bleibt bey allen freywilligen Verkäufen, wenn sie nicht in Pausch und Bogen geschlossen,
oder sonst ein Anderes ausdrücklich verabredet worden, Gefahr und Schade dem
Verkäufer zur Last.“
§ 1049 ABGB (zum Tausch, gilt nach § 1064 auch für den Kauf): „Andere in dieser
Zwischenzeit durch Zufall erfolgte Verschlimmerungen der Sache und Lasten gehen auf die
Rechnung des Besitzers. Sind jedoch Sachen in Pausch und Bogen behandelt worden; so
trägt der Übernehmer den zufälligen Untergang einzelner Stücke, wenn anders hierdurch
das Ganze nicht über die Hälfte am Werte verändert worden ist.“
Das Regime der Eigentumsübertragung …
… erlangt eine neue Wendung durch die Einführung des gutgläubigen Erwerbs vom
Nichtberechtigten, der die Ersitzung weitgehend überflüssig macht. Er erscheint zum
ersten Mal im Codex Theresianus und findet seinen Weg auch in die endgültige Fassung
des ABGB:
§ 367 ABGB:
„Die Eigentumsklage findet gegen den redlichen Besitzer einer beweglichen Sache nicht
statt, wenn er beweist, daß er diese Sache entweder in einer öffentlichen Versteigerung,
oder von einem zu diesem Verkehre befugten Gewerbsmanne, oder gegen Entgelt von
jemandem an sich gebracht hat, dem sie der Kläger selbst zum Gebrauche, zur
Verwahrung, oder in was immer für einer andern Absicht anvertraut hatte. In diesen Fällen
wird von den redlichen Besitzern das Eigentum erworben, und dem vorigen Eigentümer
steht nur gegen jene, die ihm dafür verantwortlich sind, das Recht der Schadloshaltung
zu.“
Das Regime der Eigentumsübertragung …
… im ALR kennt den gutgläubigen Erwerb nur in eingeschränkter Form:
§ 42 I 15 ALR: „Sachen, die von dem Fisko, oder bey öffentlichen Versteigerungen erkauft
worden, sind keiner Vindikation unterworfen.“
§ 43 I 15 ALR: „Ein Gleiches gilt von Sachen, die in den Läden solcher Kaufleute, welche die
Gilde gewonnen haben, erkauft worden.“
§ 44 I 15 ALR: „Wer außerdem eine Sache auf Messen und Märkten, oder sonst von Leuten,
welche Sachen dieser Art unter obrigkeitlicher Erlaubniß öffentlich feil haben, erkauft hat,
dem kommen, wegen der nur gegen Ersatz zu leistenden Rückgabe, die Rechte eines
redlichen Besitzers zu.“
… geht beim Erwerb vom Nichtberechtigten am weitesten im Code civil, der jeglichen Besitz für
unangreifbar erklärt und einen Vorbehalt nur für abhanden gekommene Sachen macht (und
deshalb erst bei der Rechtsanwendung auf den Fall des gutgläubigen Besitzers beschränkt
wird):
Art. 2279 CC: En fait de meubles, la possession vaut titre. - Néanmoins celui qui a perdu ou
auquel il a été volé une chose peut la revendiquer pendant trois ans à compter du jour de la
perte ou du vol, contre celui dans les mains duquel il la trouve ; sauf à celui-ci son recours
contre celui duquel il la tient.
Art. 2280: Si le possesseur actuel de la chose volée ou perdue l'a achetée dans une foire ou
dans un marché, ou dans une vente publique, ou d'un marchand vendant des choses
pareilles, le propriétaire originaire ne peut se la faire rendre qu'en remboursant au
possesseur le prix qu'elle lui a coûté.
Das Eherecht …
… verändert sich seit den Naturrechtskodifikationen durch die Einführung der Zivilehe. Diese
…
… findet sich noch nicht im ABGB, das die Begründung der Ehe durch kirchliche Trauung
und keine Scheidung, sondern lediglich die auch im Kirchenrecht anerkannte Trennung von
Tisch und Bett zulässt.
… ist im ALR (das die Ehe nach protestantischer Auffassung als „weltlich Ding“ behandeln
kann) noch an den Eheschluss in der Kirche geknüpft, kann aber vom Richter geschieden
werden, und zwar zumindest bei einer kinderlosen Ehe sogar wegen „unüberwindlicher
Abneigung“:
§ 136 II 1: Eine vollgültige Ehe wird durch die priesterliche Trauung vollzogen.
§ 718 II 1: Doch soll dem Richter erlaubt seyn, in besonderen Fällen, wo nach dem Inhalte
der Akten der Widerwille so heftig und tief eingewurzelt ist, daß zu einer Aussöhnung und
zur Erreichung der Zwecke des Ehestandes gar keine Hoffnung mehr übrig bleibt, eine
solch unglückliche Ehe zu trennen.
… ist rein im Code civil ausgeführt, der sowohl nicht nur eine richterliche Scheidung bei
Einverständnis der Ehegatten, sondern auch einen Eheschluss vor dem Standesbeamten
vorsieht, der die Rolle des Priesters einnimmt:
Art. 165: Le mariage sera célébré publiquement devant l'officier de l'état civil de la
commune où l'un des époux aura son domicile ou sa résidence …
Die Rechtsentwicklung in England …
- die Equity, die vom Kanzlergericht (Court of Chancery) in den Fällen geübt
wurde, in denen kein writ existierte oder sonst eine unbillige Entscheidung drohte.
Die Verschmelzung mit dem Common Law findet erst im 19. Jahrhundert statt.
… ist bis heute noch im Kern Richterrecht: Die Rechtsordnung besteht aus den
tragenden Entscheidungsgründen der Urteile der obersten Gerichte (des Court of
Appeal und des House of Lords), die als Präjudizien (precedents) bindend sind
(doctrine of stare decisis), und zwar bis in die 60er Jahre des 20. Jahrhunderts
sogar für die obersten Gerichte selbst.
… nimmt das römische Recht wieder als geltendes Recht hin, widmet sich jedoch
weniger seinen Abwandlungen durch die Gemeinrechtslehre, sondern unterzieht es
einer neuen systematisierenden Interpretation, vor allem mit Hilfe der
Denkfiguren der Naturrechtslehre (z. B. der Willenserklärung).
… hat als bedeutende Vertreter des germanistischen Zweigs Karl Friedrich Eichhorn
(1781-1854), Jacob Grimm (1785-1863) und Georg Beseler (1809-1888).
Die Pandektenwissenschaft …
… setzt die Arbeit an den römischen Quellen nach der Methode der
historischen Rechtsschule systematisierend fort.
… hat als weiteren wichtigen Vertreter Rudolf von Jhering (1818-1892), der
sich zunächst der naturwissenschaftsähnlichen Rechtsfindung durch
„Konstruktionsjurisprudenz“ widmet, um dann zu erkennen, dass Recht
Mittel zur Durchsetzung von Interessen ist („Der Kampf ums Recht“ 1872,
„Der Zweck im Recht“ 1877-1884). Auf dieser Basis entstehen im frühen
20. Jh.
- die Interessenjurisprudenz mit ihrem Hauptvertreter Philipp Heck
(1858-1943), die dafür eintritt, den Rechtsfall als Interessenkonflikt zu
verstehen und zu lösen, indem man dem Gesetzesrecht eine
Interessenbewertung durch den Gesetzgeber entnimmt.
… hat im Bereich des Schuldrechts einen Vorläufer in dem 1866 vorgelegten Entwurf eines
Allgemeinen Deutschen Obligationenrechts (‚Dresdener Entwurf‘).
… wird durch einen 1888 vorgelegten Entwurf der später sogenannten „ersten Kommission“
vorbereitet, die unter Beteiligung von Windscheid von 1874 bis 1887 tagt.
… erhält seine nahezu endgültige Fassung durch den zweiten Entwurf von 1895, der von
der zweiten Kommission unter Gottlieb Planck geschaffen wird.
… wird im 20. Jahrhundert zum Vorbild für die Überarbeitung des italienischen und des
portugiesischen Gesetzbuchs und gemeinsam mit dem Code civil Vorbild für viele
asiatische Rechtsordnungen (Japan, China, Thailand).
… steht als Frucht der Pandektenwissenschaft dem römischen Recht noch näher als die
Naturrechtsgesetzbücher.
Die Zivilrechtsgesetzgebung in der Schweiz …
… wird vorgeprägt durch das 1855 von dem Savigny-Schüler
Bluntschli entworfene „Privatrechtliche Gesetzbuch für den
Kanton Zürich“.
Art. 19 Abs. 1 OR: „Der Inhalt des Vertrages kann innerhalb der
Schranken des Gesetzes beliebig festgestellt werden.“
§ 138 Abs. 2 BGB: „Nichtig ist insbesondere ein Rechtsgeschäft, durch das
jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an
Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen sich oder
einem Dritten für eine Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren
lässt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung stehen.“
Art. 21 Abs. 1 OR: „Wird ein offenbares Missverhältnis zwischen der Leistung und
der Gegenleistung durch einen Vertrag begründet, dessen Abschluss von dem
einen Teil durch Ausbeutung der Notlage, der Unerfahrenheit oder des Leichtsinns
des andern herbeigeführt worden ist, so kann der Verletzte innerhalb Jahresfrist
erklären, dass er den Vertrag nicht halte, und das schon Geleistete
zurückverlangen.“
Art. 21 Abs. 1 OR
„Wird ein offenbares Missverhältnis zwischen der Leistung und der Gegenleistung durch
einen Vertrag begründet, dessen Abschluss von dem einen Teil durch Ausbeutung der
Notlage, der Unerfahrenheit oder des Leichtsinns des andern herbeigeführt worden ist, so
kann der Verletzte innerhalb Jahresfrist erklären, dass er den Vertrag nicht halte, und das
schon Geleistete zurückverlangen.“
… wird auch bei der Kontrolle vorformulierter Geschäftsbedingungen nicht überprüft, die nur bei
einer Abweichung oder Ergänzung vom Gesetzesrecht unwirksam sein können (§ 307 Abs.
3 BGB).
… wird in Deutschland indirekt doch wieder dadurch kontrolliert, dass nach der Rechtsprechung
des BGH ab einem bestimmten Missverhältnis die sittenwidrige Ausbeutung eines
Kontrahenten durch den anderen widerleglich (bei 100%) oder unwiderleglich (bei 200%)
vermutet wird, so dass der Vertrag nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig ist.
Das Deliktsrecht des BGB …
… soll nach seinem ersten Entwurf ebenso wie das OR (Art. 41) gleichfalls eine
Generalklausel erhalten. § 704 E I lautet:
„(1) Hat jemand durch eine aus Vorsatz oder Fahrlässigkeit begangene
widerrechtliche Handlung - Thun oder Unterlassen - einem anderen einen
Schaden zugefügt, dessen Entstehung er vorausgesehen hat oder voraussehen
mußte, so ist er dem anderen zum Ersatze des durch die Handlung verursachten
Schadens verpflichtet, ohne Unterschied, ob der Umfang des Schadens
vorauszusehen war oder nicht.
(2) Hat jemand aus Vorsatz oder Fahrlässigkeit durch eine widerrechtliche
Handlung das Recht eines anderen verletzt, so ist er den durch die
Rechtsverletzung dem anderen verursachten Schaden diesem zu ersetzen
verpflichtet. Als Verletzung eines Rechtes im Sinne der vorstehenden Vorschrift ist
auch die Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit und der
Ehre anzusehen.“
… wird dann von der zweiten BGB-Kommission aus Furcht vor einer zu großen
Ausweitung der außervertraglichen Haftung wieder auf die beiden
Haftungstatbestände der Rechtsgutsverletzung (§ 823 Abs. 1 BGB) und des
Vorsatzes (§ 826 BGB) beschränkt, die der gemeinrechtlichen Haftung aus der lex
Aquilia und mit der actio de dolo entsprechen.
Jherings Jahrbücher 4 (1861), S. 34: „Das legislative Motiv unserer Klage kann
also nicht … in der bona fides des Käufers gesucht … werden. … Die
regelmäßige Voraussetzung der Verpflichtung zum Schadensersatz auf Seiten
des Beklagten ist die Verschuldung.“
… glaubt der BGB-Gesetzgeber durch §§ 122, 179 BGB und eine Haftung
für anfängliche Unmöglichkeit nach § 306 BGB a. F. hinreichend
umgesetzt.
… wird von der Rechtsprechung dann auch auf die Fälle angewandt, in
denen ein reiner Vermögensschaden durch die Bindung an einen
nachteiligen Vertrag wegen eines vorvertraglichen Informationsdefizits
entstanden ist.
… wird im Zuge der Schuldrechtsreform von 2002 in Gestalt von § 311 Abs.
2, 3 kodifiziert.
Das Schadensersatzrecht des BGB …
… hat grundsätzlich keine Straffunktion und nimmt auch keine
Differenzierung nach Verschuldensgraden vor.
… geht auf Hugo und Savigny zurück, die sich gerade auf IJ 2.1.40 berufen und mit
Hilfe dieses Textes erklären, warum die römischen Quellen so viele
Entscheidungen zum Bereicherungsausgleich enthalten, obwohl bei nichtigem
Vertrag nach dem Traditionsprinzip doch eigentlich schon der Eigentumserwerb
scheitern müsste:
… dient im Gemeinen Recht vor allem dem Verkehrsschutz, dem in den kodifizierten
Rechtsordnungen schon durch die Möglichkeit des gutgläubigen Erwerbs gedient
ist. Wo es darüber hinausgeht, schützt es den Falschen, nämlich den
bösgläubigen Erwerber.
Das Eherecht …
… folgt in BGB und ZGB dem Muster des Code civil, indem es einen
Eheschluss vor dem Standesbeamten (und ursprünglich auch ein
mittlerweile beseitigtes staatliches Aufgebotsverfahren) vorsieht (§§ 1310,
1312 BGB).
… hat schon auf die Schuldrechtsreform von 2002 gewirkt, die viele
Anregungen aus den Rechtsvereinheitlichungswerken erhalten hat.