EDUARD MÖRIKE
Eduard Mörike (1804-1875) gilt heute als der bedeutendste Lyriker nach
Goethe
Seine Freunde sagten von ihm, dass er „die verkörperte Poesie“ gewesen
sei, wenn man unter Poesie alles verstand, „was gut, schön, lieb und
liebenswert ist“. Doch mit seine Persönlichkeit verbundet man auch eine
verträumte Passivität, eine krankhafte Ängstlichkeit vor dem Leben und
einen Widerwille gegen geregelte Arbeit. Er war ein Hypochonder, aber
litt oft an echten Krankheiten. Er arbeitete nicht viel (er war Pfarrer),
aber er dichtete er viel.
Mörike hatte nicht viel Glück in der Liebe. Die wichtigste Frau in seinem
Leben war Maria Meyer. Sie diente ihm als Inspiration (z.B. für das
Gedicht „Peregrina“)
Ähnlichkeit mit Goethe: der Sinn für das Einfache, die Nähe zum Volkslied
und zur Antike und eine schwerelose Kennerschaft der sprachlichen und
formalen Mittel
Unterschied zu Goethe: der stärkere Pendelschlag zwischen kindlich-
übermütiger Spielhaltung und einer tiefen, todeslüsternen Melancholie
In seinen frühen Gedichten finden sich romantische Züge, doch er ist
vorwiegend dem Biedermeier zugehörig mit seiner Liebe zum Kleinen,
Unbedeutenden, mit seiner Flucht vor bedrohlichen Mächten in die Idylle.
Mörike liebte wie die Romantiker das Wunderbare, das Geister- und
Märchenhafte und hatte eine Neigung zum Okkulten.
„Peregrina”
Im ersten Gedicht wird ein braunäugiges
Der „Peregrina-Zyklus“ entstand 1824-
Kind angebetet, und es entsteht das Bild
1828. In diesem Zyklus erscheint die einer heiligen Sünderin. Es zeigt sich zwei
berückende, verhängnisvolle Zigeunerin Seiten der Liebe: Unschuld und Sünde,
Elisabeth, eine Figur aus dem Lächeln und Tod.
Romangeschen („Maler Nolten“), als die Im zweiten Gedicht findet eine
rätselhafte, poetische Gestalt traumartige Hochzeit statt mit einer
Peregrina. Braut, die wie eine Zigeunerin in Schwarz
gekleidet ist und ein scharlachfarbenes
Peregrina (lat.)= die
Kopftuch trägt.
Umherschweifende, die Fremde
Im dritten Gedicht wird die Liebesaffäre
Der „Peregrina-Zyklus“ hat 5 Gedichte mit Maria Meyer am deutlichsten
erkennbar. Es ist das früheste Gedicht in
Die fünf Gedichte des Peregrina-Zyklus
diesem Zyklus.
sind nicht biografisch zu verstehen,
sondern als eine Mischung von Das vierte Gedicht, erst 1838 dem Zyklus
Wirklichkeit und Traum, Erleben und hinzugefügt, zeigt, wie dauerhaft die
Liebe zu der Verstoßenen ist, wie ihr Geist
Dichten.
immer wieder erscheint, wie Reue und
Wir haben ein geheimnisvolles Mitleid die Lebensfreude des Verlassenen
weibliches Bild, das schwer zu deuten stören.
ist und die Gefühlsspannung zwischen Das fünfte Gedicht zeigt die Geliebte
Leidenschaft, Enttäuschung, Eifersucht, schließlich als die unbehauste Wanderin,
Verstoßung, Liebesweh des Verlassenen als Leidende, von mythischer Glut in den
und Sehnsucht wiedergibt. Wahnsinn Getriebene. Wie die wahnsinnig
gewordene Ophelia hat sie Kränze im
Der Zyklus verbindet Balladenhaftes, wirren Haar, und ihr Anblick weckt einen
Züge eines Erzählgedichts mit neuen Liebesausbruch. Aber sie wendet
sich ab – und diesmal ist die Trennung
„Verborgenheit“ (1832)
Das Gedicht „Verborgenheit“ zeigt Mörikes Empfänglichkeit für den Wechsel von
heiteren und bitteren Empfindungen und seine Angst, sich an das übermächtige
Sein zu verlieren.
Das lyrische Ich ist den eigenen zwiespältigen Stimmungen ausgeliefert: einer
übermächtigen Liebe zur Welt und einer Melancholie, dem schwer erklärbaren
Urschmerz der Existenz. Es wehrt die Welt ab und zieht sich in die schützende
Einsamkeit zurück.
Das Gedicht ist ein Beispiel für die hohe Musikalität Mörikes (der Wechsel von
hellen und dunklen Vokalen, die Wiederholung und der Kontrast der
Konsonanten).
Wiederholung der ersten Strophe am Schluß (4 Strophen insgesamt)